rEvOlUTion

HÖrEn

Tragedia dell’ascolto Eine Tragödie des Hörens für Vokal- und Instrumentalsolisten, Chor, Instrumentalgruppen und Live-Elektronik

Musik: Luigi Nono Libretto zusammengestellt von: Massimo Cacciari

Mit: Ekkehard Abele (Bass, SCHOLA HEIDELBERG), Michael Acker Gruppe 3), Catherine Eisele (Horn, EMO, Gruppe 3), Carlo (Live-elektronische Realisation, EXPERIMENTALSTUDIO des SWR), Eisenmann (Posaune, EMO, Gruppe 3), Matthias Engel Harald Adams (Technik), Adonis Alvanis (Violine, EMO, Gruppe 2), (Vorderhaus), Shelly Ezra (Klarinette in B, EMO, Gruppe 2), Florian Susanna Andersson (Sopransolo), Vanessa Athanasiou (Violine, Fischer (Mitarbeit Regie), Eva Fodor (Probenassistenz­ SCHOLA EMO, Gruppe 1), Martin Backhaus (Bass, SCHOLA HEIDELBERG), HEIDELBERG), Markus Francke (Tenorsolo), Marieke Franssen Dana Barak (Klarinette in B, EMO, Gruppe 3), Mirko Bartos (Technik), (Flöte, EMO, Gruppe 2), Noa Frenkel (Altsolo), Stefan Frenzel Wolfgang Bender (Violine, EMO, Gruppe 3), Timothy Beck (Posaune, (Technik), Georg Gädker (Bass, SCHOLA HEIDEL­BERG), Valentín EMO, Gruppe 4), Alexander Bednarz (Technik), Melanie Bluhm Garvie (Trompete in C, EMO, Gruppe 4), Aglaya Gonzales (Viola, (Technik), Frank Böhle (Technik), Steven Böhm (Technik), Eva EMO, Gruppe 1), Deepa Goonetillecke (Horn, EMO, Gruppe 1), Veronica Born (Raum), Jaan Bossier (Klarinette in B, EMO, Gruppe 1), Clemens Gottschling (Horn, EMO, Gruppe 4), Joachim Haas (Live- Reinhold Braig (Live-elektronische Realisation, EXPERIMENTAL­ elektronische Realisation, EXPERI­MENTAL­STUDIO des SWR), STUDIO des SWR), Gunnar Brandt-Sigurdsson (Technik), Christian Alexander Hadijev (Fagott, EMO, Gruppe 3), David Haller (Glas, Brühl (Kontrabass, EMO, Gruppe 2), Paul Cannon (Kontrabass, Solist Ensemble Modern), Kirsten Harms (Violine, EMO, Gruppe 3), Solist Ensemble Modern), Tina Carstens (Technik), Rainer Casper Heike Heilmann (Sopran, SCHOLA HEIDELBERG), Vincent Hepp (Licht), Caroline Chaniolleau (Sprecherin), Peyee Chen (Sopran, (Violine, EMO, Gruppe 4), Matilda Hofman (Musi­kalische Leitung), SCHOLA HEIDEL­BERG), Kija Cho (Klarinette in B, EMO, Gruppe 4), Marlene Husung (Vorder­haus), Alfred Janousek (Nebeltechnik, Nadav Cohen (Fagott, EMO, Gruppe 1), Matthew Conley Raintime), Nina Janßen-­Deinzer (Klarinetten, Kontrabassklarinette; (Trompete in C, EMO, Gruppe 2) Katrin Cuber (Vorderhaus), Solistin Ensemble Modern), Els Janssens-Vanmunster (Altsolo), Christian Dahley (Technik), Christina Daletska (Sopransolo), Dorothea Jakob (Alt, SCHOLA HEIDELBERG), Gerd Jordan Yvonne Danilewski (Vorderhaus), Jörg Deutschewitz (Tenor, (Technik), Mathias Jung (Sprecher), Megumi Kasakawa (Viola, SCHOLA HEIDELBERG), Uwe Dierksen (Posaune, Tuba, Euphonium; Solistin Ensemble Modern), Michael M. Kasper (Violoncello, Solist Solist Ensemble Modern), Milosz Drogowski (Violoncello, EMO, Ensemble Modern), Carola Keil (Sopran, SCHOLA HEIDEL­BERG), Matthew Kline (Kontrabass, EMO, Gruppe 3), Matthias Klosinski Jana Wiechers (Künstlerische Produktionsleitung), ­Markus Wiemann (Tenor, SCHOLA HEIDELBERG), Till Künkler (Posaune, EMO, (Technik), Dietmar Wiesner (Flöte, Piccoloflöte, Bassflöte; Solist Gruppe 1), Simon Küsters (Vorder­haus), Kyung-Won Lee (Viola, Ensemble Modern), Wolfgang Zamastil (Violon­cello, EMO, EMO, Gruppe 2), Karl Loader (Technik), Jana Machalett (Flöte, Gruppe 2), Laura Zarina (Violine, EMO, Gruppe 3), György Zsovar EMO, Gruppe 1), Junya Makino (Violine, EMO, Gruppe 4), Ian (Horn, EMO, Gruppe 2) Edward Marceau (Technik), Katarína Marková (Vorderhaus), Yuri Matsuzaki (Flöte, EMO, Gruppe 4), Johannes Mayer (Tenor, Chor: SCHOLA Heidelberg SCHOLA HEIDELBERG), (Musika­lische Leitung), Orchester: Ensemble Modern Orchestra (EMO) Jagdish Mistry (Violine, EMO, Gruppe 1), Barbara­ Mueller (Vorder­ Live-elektronische Realisation: EXPERIMENTALSTUDIO des SWR haus), Boris Müller (Glas, Solist Ensemble Modern), Christine Mundt (Vorderhaus), Daniel Neffgen (Technik), Anke ­Niehammer Eine Produktion der Ruhrtriennale. (Technik), Alfonso Noriega Fernandez (Viola, EMO, Gruppe 4), Walter Nußbaum (Leitung SCHOLA HEIDELBERG), Christian Mit freundlicher Unterstützung der Rudolf Augstein Stiftung. Sängercasting in Kooperation mit Holland Festival, Zürich Tonhalle und Festival Oberdorf (Klima Engineering Nebelinstallation, Transsolar), Rumi d’Automne à Paris. Ogawa (Glas, Solistin Ensemble Modern) Maurizio Onano (Vorder­ haus), Kerstin Orlowski (Vorderhaus), Desiree Pagel (Technik), Kostas Die Mitwirkung von Stipendiaten und Absolventen der Internationalen Ensemble Panagiotidis (Violine, EMO, Gruppe 4), Felix Parlasca (Fagott, EMO, Modern Akademie (IEMA) am Ensemble Modern Orchestra wird unterstützt von der Kulturstiftung des Bundes. Gruppe 4), Alicja Pilarczyk (Violine, EMO, Gruppe 1), Ina Pins (Vorderhaus), Tom Poulson (Trompete in C, EMO, Gruppe 1), Arlette Probst (Fagott, EMO, Gruppe 2), Inken Renner (Violine, EMO, Gruppe 2), Emi Ohi Resnick (Violine, EMO, Gruppe 3), André ­Richard (Klangkonzept und Supervision), Christiane Rittner (Alt, SCHOLA HEIDELBERG), Swantje Ritz (Vorderhaus),­ Delphine Roche­ (Flöte, EMO, Gruppe 3), Jesús Rodriguez Diaz (Technik), Ella Rohwer (Violoncello, EMO, Gruppe 4), Christine Rox (Violine, EMO, Gruppe 1), Denis Rudolph (Technik), Anne-Sophie Schimmele (Vorder­haus), Peter Schlier (Kontrabass, EMO, Gruppe 1), Marius Schmoll (Vorderhaus), Diana Schuster (Vorderhaus),­ Andreas Semmler (Technik), Yutaka Shimoda (Violine, EMO, Gruppe 2), Ioannis Siaminos (Technik), Athanasios ­Sourgounis (Viola, EMO, Gruppe 3), Charlotte Spichalsky (Bühnenbild­ assistenz),­ Sava Prometeo Stoianov (Trom­pete in C, EMO, Gruppe 3), Ulrike Stortz (Violine, Neuproduktion EMO, Gruppe 2), Mirko Striepling (Technik), Anna Tamse 08., 11., 12. und 13. September 2015 (Vorderhaus), Daniel Teusner (Technische Projektleitung), Jan-Filipp Kraftzentrale, Landschaftspark Duisburg-Nord Tupa (Violoncello, EMO, Gruppe 1), Jan Vandenhouwe (Dramaturgie), ca. 2 h 30 min, keine Pause Gregory Vartian-Foss (Kontrabass, EMO, Gruppe 4), Biliana Voutchkova (Violine, EMO, Gruppe 4), Esther Weigold (Alt, SCHOLA Einführung jeweils 45 min vor Vorstellungsbeginn HEIDELBERG), Jonathan Wettermark (Posaune, EMO, Gruppe 2), „Höre, schwingt nicht hier noch ein Hauch der Luft, die die Vergangenheit atmete.“

Massimo Cacciari: „Der Meister des Spiels“ Hyperions Schicksalslied Friedrich Hölderlin

Ihr wandelt droben im Licht Auf weichem Boden, selige Genien! Glänzende Götterlüfte Rühren euch leicht, Wie die Finger der Künstlerin Heilige Saiten.

Schicksallos, wie der schlafende Säugling, atmen die Himmlischen; Keusch bewahrt In bescheidener Knospe, Blühet ewig Ihnen der Geist, Und die seligen Augen Blicken in stiller Ewiger Klarheit.

Doch uns ist gegeben, Auf keiner Stätte zu ruhn, Es schwinden, es fallen Die leidenden Menschen Blindlings von einer Stunde zur andern, Wie Wasser von Klippe Zu Klippe geworfen, Jahr lang ins Ungewisse hinab. Luigi Nono Nono hatte seine Aufgaben als Komponist deutlich vor Augen. 1959 Von Erwin Roebroeks sagte er, dass man immer nachdenken müsse, um das Warum und Wieso der musikalischen Entwicklung herauszufinden und um die Luigi Nono wurde von Venedig geformt. Hier wurde er 1924 in ein Ursache, Herkunft und Tendenz jeder Erfahrung zu verstehen. Dass altes venezianisches Künstlergeschlecht hineingeboren. Die Lagu- man sich selbst (wieder)erkennen müsse, um eine klare und genaue nenstadt, Quelle des Konzertlebens und reich an echoenden Ge- Verantwortung für das eigene Tun und Lassen zu haben, da man wässern, wurde in seiner Kompositionsarbeit zu einem bestimmen- nicht zufällig lebe und nichts zufällig tue, sondern immer aus einer den Faktor. Es führte zu einem historisch motivierten, modernen bestimmten und bestimmenden Situation heraus. Und dass man vor Klangbewusstsein. allem eine neue emotionale Kraft erzeugen müsse, eine Kraft, die Nach dem Ursprung seiner Klangvorstellungen gefragt, sagte nur durch die erweckt werden könne. Nono zwei Jahre vor seinem Tod zu Klaus Kropfinger, er sei sich Bewusstsein war für Nono das A und O. Er wollte ein neues sicher, dass Venedig eine ganz besondere Art des Sprechens und Klangbewusstsein bei seinen Hörern erzeugen, um so die Revolu- Hörens besitze: „Dieser Klang der Glocken mit Hall und Widerhall tion zu entfesseln und die Welt zu verbessern. Diese Idee verfolgte durchzieht Venedig, durchzieht das Wasser. Und die verschiedenen er auch jenseits der Musik. Konrad Boehmer, der mit Nono befreun- Echos, die auch von unten kommen, werden von den Häusern re- det war, beschreibt ihn so: „Im Gegensatz zu allen Komponisten flektiert, und in das alles kommt plötzlich ein Rhythmus hinein – seiner Generation war sein Blick auf die Welt gerichtet und nicht das ist wirklich ganz besonders und unvergleichlich.“ Wer zu Fuß auf seinen eigenen kleinen Laden. Aufrichtig, ehrlich, oft verlegen, auf Giudecca unterwegs ist, der venezianischen Insel, auf der Nono bescheiden. Völlig unorthodox – in seinem Werk und in seinem wohnte und auf der heute das Archivio Luigi Nono seinen Sitz hat, Blick auf die Welt um ihn herum. Von anderen habe ich Technik wird die besondere Akustik sofort bemerken. gelernt, von Nono die Ethik, ohne die jede Technik sinnlos ist.“ Luigi Nono lebte in permanenter Verbindung mit längst vergan- In seinem Spätwerk brachte Nono seine politische Botschaft genen Zeiten. Die Avantgarde seiner Zeit hat radikal mit der Ver- weniger explizit zum Ausdruck. Missstände im Abendland wurden gangenheit gebrochen, obwohl Nono darin eine zentrale Figur war. nicht so sehr direkt thematisiert, sondern eher sublimiert, indem er Während sein Kollege davon überzeugt war, seine Musik für Einflüsse aus der ganzen Welt öffnete. Außerdem dass bald niemand mehr Bach und Beethoven hören würde, betrieb wurde Stille in seinem Werk wichtiger. Auch das war Politik, denn Nono zusammen mit Bruno Maderna in der zweiten Hälfte der Vier- es passte zu seiner Auffassung, mit den kleinsten Mitteln große zigerjahre ein intensives Quellenstudium in der Biblioteca Marciana dramatische Aussagen zu tätigen. von Venedig. Er las dort Werke venezianischer Musiktheoretiker Luigi Nono hat seine ethisch motivierte kompositorische Haltung des 16. Jahrhunderts wie Gioseffo Zarlino, dem Theoretiker der bis zuletzt durchgehalten. 1990 wurde er auf der Isola di San Mi- „cori spezzati“, der mehrchörigen Musik mit im Raum verteilten chele in Venedig begraben. Er hinterlässt ein Oeuvre, das zeitlos Musikern, die für Nonos Werk so wichtig werden sollte. Er stu- inspiriert. dierte die von denselben Musiktheoretikern bisweilen verachteten französisch-flämischen Komponisten wie Ockeghem und Desprez. Und er arbeitete dort an der Transkription der polyphonen weltli- chen Lieder aus der 1501 in Venedig veröffentlichten „Harmonice Musices Odhecaton“. In Nonos musikalischem Bewusstsein gingen historische Zeit und musikalische Zeit eine Verbindung zu einem „ewigen Heute“ ein. Eine ‚schwache messianische Kraft‘ verschiedene vokale, später auch instrumentale Gruppen im Raum Luigi Nonos Hörtragödie „Prometeo“ verteilt wurden. Die Kompositionen bezogen sich konkret auf die Von Regine Elzenheimer räumlichen Möglichkeiten der Basilika San Marco mit ihren gegen- überliegenden Sängeremporen und Galerien, durch die sich die Musik über den Köpfen der Hörer im Raum entfaltete. Luigi Nono „... der Irrtum ist es, der die Regeln zerbricht.“ hat die Entstehungsgeschichte seiner Komposition als eng verknüpft Luigi Nono mit der hörenden Wahrnehmung des Raumes von San Lorenzo beschrieben, der sich derart, gleichsam als „écriture“, als Schrift Dramaturgie des Raumes des Raumes in die Musik eingeschrieben hat: „Jetzt fühle ich mich, Er wolle „keine Oper, keinen Regisseur, keinen Bühnenbildner, keine als wäre mein Kopf San Lorenzo... Ich fühle, dass ich ihn in Besitz traditionellen Figuren“, stattdessen eine „neue Tragödien-Drama- nehme und suche auch, mich von ihm in Besitz nehmen zu lassen turgie mit beweglichen Klängen, die den Raum lesen, entdecken, vom Raum der Kirche San Lorenzo und von ihren Stillen... und indem leeren und füllen“. Diese Zeilen schrieb Luigi Nono 1983 an Claudio ich alles höre, versuche ich, die Klänge zu finden, die diesen Raum Abbado, den Dirigenten der Uraufführung seines „Prometeo“. Die und diese Stillen deuten und entdecken können: die Klänge, die Sprengkraft dieses Konzepts, mit dem sich der Komponist von der dann Prometheus werden. / [...] Tatsache ist, dass heute mein Kopf klassischen monoperspektivischen Zweiteilung der Theater- und mir nicht mehr gehört; er lebt von diesem Problem; und das Werk, Konzerträume in Bühne und Zuschauerraum distanzierte, führte für das noch nicht da ist, dessen Schreibweise und Klänge abwesend die Uraufführung zu einer einzigartigen Realisierung dieses Werkes, sind, lebt schon: es ist schon das Werk dieses Hörens!“ das nach seinen ersten beiden Musiktheaterwerken „Intolleranza 1960“ und „Al gran sole carico d’amore“ zunächst als dritte „azione Der bewegliche Klang scenica“, also als szenisches Musiktheater geplant war. In Zusam- Hören und Komponieren sind also untrennbar miteinander ver- menarbeit mit dem Architekten Renzo Piano entstand für die ersten knüpft, die Aufforderung „Ascolta! / Höre!“ zieht sich schließlich wie beiden Aufführungen in Venedig (1984) und Mailand (1985) eine ein Leitmotiv durch den „Prometeo“. Dieses Hören des Raumes ist spektakuläre Raumlösung, die als „barca“ oder „Arche“ in die Werk- zugleich ein Lesen des Raumes, ein dynamischer Prozess der Wahr- geschichte einging. Renzo Piano hatte in die säkularisierte Kirche nehmung, der im Gegensatz zur vermeintlichen Statik und San Lorenzo, für die Nono das Stück komponiert hatte, eine riesige Geschichtlichkeit­ architektonischer Räume steht. In diesem Sinne durchlässige Holzkonstruktion hineingebaut, einen „spazio musi- sind Räume und Orte für Nono auch lebendige Klang-Speicher der cale“, den er auch „Instrument“ nannte, und der ein Jahr später für Geschichte, die stetig mit der Gegenwart kommuniziert. Die spezi- die Uraufführung der überarbeiteten zweiten Fassung des Stücks fische aus dem Zusammenspiel von Wasser, Stein und Luft entste- in den zweiten Aufführungsort, die industrielle Halle „Stabilimento hende Klangcharakteristik seiner Heimatstadt Venedig, die Nono Ansaldo“ in Mailand übertragen wurde. Die grundsätzliche An- einmal ein „akustisches Multiversum“ genannt hat, war für ihn zeit- nahme, dass der Raum als Instrument zu verstehen sei, dass er lebens eine Art Matrix für seine Art, Musik, aber auch Geschichte konstitutiver Teil der Aufführung ist, diese Annahme bezog sich zu denken. Eindrücklich hat er die besondere Art der Klangübertra- nicht nur auf den künstlerisch konstruierten Raum, der Anklänge an gung dort beschrieben, die sich aus verschiedenen Richtungen und die Konstruktion von Schiffsrümpfen und Resonanzkörpern von Zeiten kommend im aktuellen Hören zusammensetzt. In diesem Instrumenten hatte, sondern auch auf den architektonisch gegebe- Sinne „hörte“ er noch immer die vergangene Arbeitskraft in den nen Raum. Ein historisches Vorbild hierfür war für Nono die vene- stillgelegten Werften der Insel Giudecca, aber auch die politischen zianische Mehrchörigkeit im 16. Jahrhundert, in der zunächst Stimmen der Vergangenheit, die der historischen, aber auch der jüngeren linken Bewegungen, insbesondere der 68er, die auch dies im Motiv der Irrfahrt, der zerbrochenen Navigationskurse und seine eigene politische Aktivität prägten und repräsentierten. In eines polyzentrischen hierarchiefreien Inseldenkens nieder. Neben seinen späten Kompositionen insgesamt, aber besonders im der Archipel-Struktur seiner Heimat Venedig hat Nono als weitere „Prometeo“ verfolgte Nono indes eine Abkehr vom „abgestandenen“ initiale Inspirationsquelle für die Insel-Struktur der Komposition Systemdenken, wie er es nannte, von „abgestandenen“ Ideologien ein Gemälde Tintorettos erwähnt: Die „Fußwaschung Christi“, die und festgefahrenen Mustern des Wissens. Seine intensive Arbeit im die Auflösung hierarchischer Ordnungen nicht nur im Bildgegen- Experimentalstudio des SWR, in der er zusammen mit Hans-Peter stand repräsentiert – Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße – Haller mikrotonale Strukturen und die Möglichkeiten live-elektroni- ­sondern auch in der Darstellung, die statt eines Bildzentrums scher Klang-Transformation erforschte, verdichtete sich zusammen verschie­dene Bildebenen, Raumtiefen und Personengruppen zeigt, mit seinem unruhigen Gestus des Suchens nach neuen Möglich­ die wie Inseln gleichberechtigt koexistieren, ohne dass dem Be- keiten des Denkens und Hörens zur Idee des „suono mobile“, des trachter eine Perspektive aufgezwungen wird. „Vari isole – spazi beweglichen Klangs, der mittels der Live-Elektronik einen immate- – tempi“ / „Verschiedene Inseln – Räume – Zeiten“ notierte sich riellen Raum erzeugen sollte. Diese Leitgedanken des Nicht-Stati- Nono als strukturgebende Idee für „Prometeo“ auf der Rückseite schen und Immateriellen haben ebenso wie Nonos Abkehr von einer Postkartenreproduktion des Bildes, das er in London gesehen einer visuellen Theatralik letztendlich zur langfristigen Preisgabe hatte. Innerhalb der Stückstruktur, die in enger Zusammenarbeit von Renzo Pianos Raumkonstruktion geführt und dazu, dass das mit dem Philosophen Massimo Cacciari entstand, der auch den Stück bis auf eine Inszenierung durch Robert Wilson in Brüssel 1997 Text erstellte, realisiert sich dieses fragmentarische, inselhafte seither nur konzertant aufgeführt wurde. Renzo Pianos „Arche“ hat Denken auf der musikalischen, der Raum- und der Textebene. Die sich aber ebenso wie der jahrelange Arbeits-Prozess des Kompo­ Gesangssolisten, Sprecher, der Chor, und verschiedene Instrumen- nisten mit ausführlichen farb-, licht- und raumdramaturgischen talgruppen sind von zwei Dirigenten geleitet im Raum verteilt und Studien wie eine Aufforderung zur Suche nach neuen musik-thea- die Live-Elektronik­ greift als Akteur wesentlich in Gestalt und tralen Raumlösungen, die keine bildhaften Theater-Inszenierungen Räumlichkeit des Klangs ein. Die Idee eines Archipels aus Klang-In- sind, in die Komposition eingeschrieben. seln bezieht auch das Publikum mit ein, das in verschiedenen Grup- pen und in verschiedene Richtungen sitzt und hört. Ohne Handlung Inseln, Irrfahrt, Wanderschaft und lineare Erzählstränge ist dieses Stück ein Klang-Raum, der die Grenzen des Hörens erforscht. „Wenn dir gegeben ein Held zu sein vermagst Du es nur Die Komposition gliedert sich in folgende Abschnitte: Prologo – auf dem Meer.“ Isola 1 – Isola 2: a) Io–Prometeo b) Hölderlin c) Stasimo 1 – Interlu- Prometeo, Vierte Insel dio 1 – Tre Voci a – Terza/ Quarta/ Quinta Isola – Tre Voci b – Inter- ludio 2 – Stasimo 2. Der hörbare Text erklingt in verschiedenen Nonos Idee der Beweglichkeit, der offenen, nicht durch ein be- Sprachen (griechisch, italienisch, deutsch) und enthält neben der stimmtes Ziel und eine bestimmte Perspektive limitierten Suche wiederholten Aufforderung „Ascolta!“ („Höre!“) vor allem eine kom- nach neuen Möglichkeiten der Wahrnehmung, der Erfahrung plizierte Verflechtung von Fragmenten aus Hesiods „Theogonie“, und des Wissens (und letztendlich auch nach neuen politischen seinen „Werken und Tagen“ und der Aischyleischen „Prometheus“- Denkweisen), diese Idee lagerte sich in das Leitmotiv seines späten Tragödie mit der dritten Strophe von Hölderlins „Hyperions Schick- Schaffens ein: „Caminantes no hay caminos hay che caminar.“ / saalslied“ und Walter Benjamins „Thesen über den Begriff der Ge- „Wanderer, es gibt keine Wege, es gibt nur das Gehen.“ Im Entste- schichte“. Die Benjaminschen Thesen hat Cacciari in einen eigenen hungsprozess und in der Werkstruktur des „Prometeo“ schlägt sich lyrischen Text mit dem Titel „Il Maestro del Gioco“ („Der Meister des Spiels“) übertragen. Neben diesen Texten gibt es – auch auf Notwendigkeit von Gesetzen und der gleichzeitigen Notwendigkeit musikalischer Ebene – zahlreiche weitere direkt und indirekt ver- ihrer Übertretung. Wie seine Anmerkungen in seiner Ausgabe von wendete Quellen und Zitate, die jedoch nach dem Willen der Auto- Hesiods „Werken und Tagen“ zeigen, interessierte ihn dieses Kon- ren nicht identifiziert werden sollen. Die diskontinuierliche und flikthafte zwischen notwendiger Hybris und deren unvermeidlicher bruchstückhafte Montage der Texte zersetzt ihre Verständlichkeit – innerer oder äußerer – Beschränkung. Das „Andere“ bedeutete im Hinblick auf einen zusammenhängenden und einheitlichen Text- auch eine Abkehr von ideologischen Gewissheiten und das Wagnis sinn. Cacciari wollte „das Wort von seiner Funktion als Inhaltsträger einer stetigen Suchbewegung, die das Sagbare durch das Hören befreien“ und „zu einer poetischen Struktur kommen“. Dieses Ver- ersetzt. In diesem Sinne geht es auch um ein anderes Verständnis fahren der Dekomposition wird von Nono kompositorisch noch von Wissen als es die prometheische Emanzipation hervorgebracht einmal verstärkt, indem er nur Teile (bisweilen auch nur Satzteile) hat, die im 20. Jahrhundert auch zur Grundlage einer sich verselb- von Cacciaris Libretto vertont und Texte und Worte musikalisch ständigenden, zerstörerischen Technik wurde. zersprengt. Alles solle „diskontinuierlich“ und „fragmentiert“ sein, schrieb Nono an Renzo Piano, er wolle „keine Lösungen“ aber „viele Das ,zersprengte Kontinuum der Geschichte‘ Möglichkeiten“. „Streift denn nicht uns selber ein Hauch der Luft, die um die Prometheus – ‚Der Wille nach dem Anderen‘ Früheren gewesen ist? Ist nicht in Stimmen, denen wir unser Konsequenterweise ist auch der Blick auf die Prometheus-Figur ein Ohr schenken, ein Echo von nun verstummten? (...) Ist dem so, gebrochener. Während Prometheus bei Hesiod das Ende des Gol- dann besteht eine geheime Verabredung zwischen den gewe- denen und den Beginn des Eisernen Zeitalters verantwortet, in dem senen Geschlechtern und unserem.“ die Menschen hart für Ihren Lebenserhalt arbeiten müssen, da Zeus Walter Benjamin zur Strafe für Prometheus’ Betrug an ihm den Menschen das Feuer und nach Prometheus’ Feuerraub ihnen die Nahrung entzieht, wird Walter Benjamins Geschichtsverständnis, wie er es in seinen „The- er bei Aischylos als Menschenfreund und Kulturstifter gezeigt: sen zur Geschichte“ und dort besonders in der Interpretation von „Was Menschen wissen, von Prometheus haben sie’s“, heißt es dort. Paul Klees Bild „Angelus Novus“ als „Engel der Geschichte“ formu- Er vermittelt den Menschen kulturelles und technisches Wissen liert hat, ist grundlegend für die Raum- und Zeitstruktur von Nonos und im Dienste dieser Emanzipation der Menschen von den Göttern und Cacciaris „Prometeo“. Benjamin entwirft die Idee „einer Ge- übertritt er Zeus’ Gesetze und wird dafür mit großen körperlichen genwart, die nicht Übergang ist, sondern in der die Zeit einsteht Qualen und Einsamkeit gestraft. Zweifellos ist hier eine Parallele und zum Stillstand gekommen ist“, Gegenwart und Vergangenheit zur Situation des Künstlers auszumachen, der in Nonos Verständnis gehören für ihn „aus dem Kontinuum der Geschichte herausge- ebenfalls notwendig bestehende Gesetze übertreten muss, um zu sprengt“. Es ist die Idee einer Stillstellung der Zeit in der Gegen- einer neuen und erweiterten Wahrnehmung der Welt und zu politi- wart, in der die Vergangenheit ihre Ansprüche ans Jetzt geltend scher Veränderung zu gelangen. Gleichwohl vermeiden Nono und machen kann. Vergangenheit wird also nicht als abgeschlossen im Cacciari durch die fragmentarische Struktur des Textes und der Sinne eines gerichteten Fortschreitens der Zeit, also eines ‚Fort- Musik eine ungebrochene Idealisierung des Revolutionären in der schritts‘ verstanden, sondern als eine Zeitschicht, die in der Still- Prometheus-Figur, wie sie auch in Goethes Gedicht aufscheint. Für stellung der räumlichen Wahrnehmung augenblickshaft („schock- Nono war Prometheus „nicht der Mann, der das Feuer brachte“, haft“, wie es bei Benjamin heißt) in die Gegenwart hineinreicht. In sondern er verkörperte für ihn vor allem „ein Problem“: „den Willen diesem „schockhaften“ Aufblitzen der Vergangenheit im Jetzt liegt nach dem Anderen“, mit all der Ambivalenz zwischen der mit Benjamin ein revolutionäres Potential, eine „schwache messianische Kraft“, die die Vergangenheit aus ihrer Unterdrückung Grundlage nicht nur für technische Errungenschaften, sondern durch ein fortschrittliches Denken befreit. Im „Prometeo“ ist daher auch für die unheilvolle Produktion von technischem keine lineare Zeiterfahrung im Sinne einer fortlaufenden theatrali- Vernichtungspotential.­ schen Handlung konzipiert, sondern eine Zeiterfahrung, die in der Die Herausforderung für eine Umsetzung von Nonos „Hörtragö- Stillstellung zur Raumerfahrung wird. die“, die über eine konzertante Aufführung hinausgeht, liegt darin, die räumliche Theatralität des Stückes zu entfalten, ohne dem Eine ‚schwache messianische Kraft‘ in der Kraftzentrale Stück erneut eine bildliche Theatralität hinzuzufügen, die der Kom- ponist mit seiner Abkehr von Regie, Bühnenbild und konventionel- „In der Erde Innerem / Verborgne Nutzbarkeiten für die len Figuren bewusst umgehen wollte. Die Raumgestaltung von Eva ­Menschen: Erz/ Von Kupfer und von Eisen, Gold und Silber, Veronica Born greift daher Aspekte des Immateriellen, des Unvor- wer / Vermöchte zu behaupten, daß er’s fand vor mir?“ hersehbaren und der Grenzen zeitlicher und räumlicher Wahrneh- Aischylos, Prometheus mung auf, die auch für das Konzept der Komposition und der Live-­ Elektronik entscheidend sind. Hierbei werden die Bilder des Meers, Die Kraftzentrale, eines der gigantischen Gebäude der Industrie- der Wüste und der Wanderschaft, die im Stück aufgerufen werden, denkmäler des Ruhrgebiets, wird heute im Hinblick auf ihre Ver- aus dem Stückkontext herausgelöst und jenseits ihrer bildlichen marktung als Ort für kommerzielle Großveranstaltungen als „In- Symbolik in eine individuelle, sinnlich-körperliche Raumerfahrung dustriekathedrale“ bezeichnet. (Die Verbindung säkularisierter überführt, die der Musik vorausgeht. Wenn Nono und Cacciari am Sakralität mit industrieller Produktion verweist im Zusammenhang Ende des Stücks mit einem Verweis auf Arnold Schönbergs „Moses von Nonos „Prometeo“ auf ebendiese Charakteristik der beiden von und Aron“ die „Unbesiegbarkeit“ in der Wüste einbringen, so ist Nono bewusst gewählten gegensätzlichen Orte der ersten beiden dies auch eine Anspielung auf die jüdische Thematik der ewigen Aufführungen in San Lorenzo und dem Stabilimento Ansaldo.) Die Wanderschaft und auf eine Kultur des kontinuierlichen Fragens. Die ursprüngliche Funktion der Kraftzentrale innerhalb der Stahlpro- Verbindung des Sakralen mit dem Thema der Wüste lässt sich hier duktion – die Erzeugung des „Hochofenwindes“ (d. h. vorgeheizter auch als Verhältnis von Vertikale und Horizontale beschreiben, als Luft für die Hochöfen) und des notwendigen Stroms – ist nur an- preisgegebene Orientierung an göttlichen Gesetzen (die auch in hand von Archivfotos nachzuvollziehen, auf denen die gewaltigen Gestalt politischer Ideologien oder Utopien auftreten können) und Maschinen noch zu sehen sind. Heute beeindruckt sie vor allem der Weite und Richtungslosigkeit menschlicher Suche nach immer durch ihre gigantische Leere, durch die Abwesenheit der enormen neu zu befragenden und zu erneuernden Regeln. Die Wüste ist das technischen Kraft und Energie, aber auch der menschlichen Arbeit. Symbol für die Orientierungslosigkeit in der Abwesenheit Gottes, Eine Aufführung von Nonos „Prometeo“ an diesem Ort ist ein Ver- aber sie ist „Symbol jener Abwesenheit, die trotzdem positiv ruft“ such, die Gegenwart über das Hören und die Erfahrung des Rau- (Massimo Cacciari). mes mit der Geschichte dieses Ortes im Sinne von Benjamins „schwacher messianischer Kraft“, auf die im Libretto immer wieder verwiesen wird, in Kontakt zu bringen. An diesem Ort stillgelegter Prof. Dr. Regine Elzenheimer ist Dramaturgin und Theaterwissenschaftlerin mit den Produktivität (die Kraftzentrale wurde 1965 „stillgesetzt“ und da- Arbeitsschwerpunkten Musiktheater, zeitgenössische Musik und postdramatische nach als Ersatzteillager benutzt) atmet man heute Ambivalenzen: Theaterformen. Sie war bis 2012 Leitende Dramaturgin des Musiktheaters am Nationaltheater Mannheim und lehrte zuletzt an der Goethe Universität und der die industrielle Verarbeitung von Bodenschätzen als promethei- Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in am Main. Seit dem sches Erbe war Existenzsicherung der Menschen der Region und Wintersemester 2014 ist sie Professorin für Musiktheaterdramaturgie an der Hoch- zugleich Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, Ausbeutung der Natur und schule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« in Leipzig. „Verschwende sie nicht, diese schwache messianische Kraft.“

Massimo Cacciari: „Der Meister des Spiels“ Eine Revolution des Hörens Duisburg hoffe ich nun, nach 30 Jahren, das Werk wieder in den Jan Vandenhouwe im Gespräch mit André Richard Geist des ursprünglichen Konzepts bringen zu können.

Luigi Nono war sein Leben lang ein politischer Komponist. Als Mit- Wie gehen Sie dabei vor ? glied der Kommunistischen Partei Italiens vertonte er in seinen Wenn eine neue Aufführung von „Prometeo“ geplant wird, muss ich frühen Werken explizite politische Standpunkte. Oft ließ Nono schon Monate zuvor die Raumakustik genau analysieren, um ent- seine Stücke in Fabriken vor Arbeitern aufführen. „Prometeo“ scheiden zu können, wie und wo die Musikergruppen und die Elek­ wurde allerdings in einer Kirche in Venedig uraufgeführt. Die Musik tronik aufgestellt werden müssen. Noch bevor ein Ton erklungen ist von zarten, oft kaum hörbaren Klängen und Stille gekennzeich- ist, versuche ich, innerlich zu hören, wie „Prometeo“ an diesem Ort net. Dadurch dass Nono den Chor, die vier Orchester, die Solisten klingen wird. Schon vor einem Jahr habe ich die Kraftzentrale zu- und die Live-Electronics um das Publikum platziert entsteht ein sammen mit einigen Musikern besucht, um zu untersuchen, welche akustisches Labyrinth, in dem der Hörer sich einen Weg sucht. Seit räumlichen Abstände das Werk hier verträgt. Denn ab einem ge- der ersten Aufführung 1984 war es der Schweizer Komponist und wissen Abstand zwischen den Musikern droht die Musik Dirigent André Richard, der Nono als Klangregisseur bei der Reali- ‚auseinanderzufallen‘. sierung von „Prometeo“ assistierte. Auch für die Aufführung bei der Ruhrtriennale entwickelt Richard eine raumgreifende Hör-Installa­ Wie war es, mit Luigi Nono selbst an „Prometeo“ zu arbeiten ? tion, zugeschnitten auf die Kraftzentrale des Landschaftsparks in In einer ersten Phase experimentierte Nono mit der Live-Elektronik Duisburg. im Experimentalstudio in Freiburg zusammen mit einigen eng be- freundeten Musikern. In „Prometeo“ wird der Klang der Solisten Ist „Prometeo“ weniger politisch als Nonos frühere Werke? mithilfe von Computersoftware verändert und wieder im Raum „Prometeo“ ist von dem Humanismus durchdrungen, der alle späte- verbreitet. Nono verhielt sich niemals fordernd, sondern ließ uns ren Stücke von Nono charakterisiert. Schon aus dem Libretto sehr vieles ausprobieren. In einem Interview sagte er einmal: spricht deutlich die engagierte Stimme des Komponisten. Nehmen „Heute gehe ich ins Studio, und ich habe keine Ahnung, was ich Sie zum Beispiel den Aufruf „Ascolta !“ – „Höre !“ –, der früh machen werde. Wir werden zusammen suchen.“ Diese offene Zu- im Stück auftaucht. Hier wird ein grundsätzliches Thema der „Tra- sammenarbeit berührte uns und war sehr inspirierend. Niemand gödie des Hörens“ berührt: Können wir noch unbefangen hören ? wusste, wohin die Reise eigentlich gehen würde. Mit uns ging Sind wir zu abgelenkt von dem, was in unserer Gesellschaft ge- Nono auf die Suche nach Möglichkeiten, seine Vorstellungen kon- schieht ? Können wir uns von herrschenden Meinungen befreien kret umzu­setzen. In der zweiten Phase sollten wir dann das Stück und zu einer eigenen Vorstellung der Realität kommen ? Musik war in der Kirche San Lorenzo in Venedig realisieren. Die Partitur war für Luigi Nono ein Vehikel, um Fragen wie diese zu stellen und geschrieben und der ­Elektronik-Einsatz stand im Wesentlichen fest. um einen ethischen Appell an den Hörer zu richten. Das Hören hat Während der Proben fragte Nono uns alle immer wieder, was wir mit Beziehungen zwischen den Menschen und mit unserer Einstel- hörten und wie wir es fanden. Er brauchte Feedback von den unter- lung zum Leben zu tun. Nono zeigt, dass jeder Hörer die Möglich- schiedlichsten Menschen. Eines Tages fragte er auch einen Lkw- keit hat, sein Leben zu verändern. „Prometeo“ ist ein kollektiver Fahrer, der die Lautsprecher lieferte, nach seiner Meinung. Das Prozess. In dem Werk verschwimmt die übliche Arbeitsteilung zwi- schärfte seine Sensibilität. Beispiele wie diese gibt es viele, auch schen Dirigent, Musikern und Regisseur. Für jede einzelne Vorstel- darin zeigt sich für mich seine humanistische Einstellung. Nono lung ging Nono zusammen mit den Musikern auf die Suche nach schrieb seine Musik nicht für eine Elite. Er schrieb „Prometeo“ für den besten akustischen Lösungen. In der Kraftzentrale von jeden, der die Welt mit offenen Ohren hören will. Über den Begriff der Geschichte Von Walter Benjamin (Ausschnitt)

II „Zu den bemerkenswerthesten Eigenthümlichkeiten des menschli- chen Gemüths“, sagt Lotze, „gehört – neben so vieler Selbstsucht im Einzelnen die allgemeine Neidlosigkeit jeder Gegenwart gegen ihre Zukunft.“ Diese Reflexion führt darauf, daß das Bild von Glück, das wir hegen, durch und durch von der Zeit tingiert ist, in welche der Verlauf unseres eigenen Daseins uns nun einmal verwiesen hat. Glück, das Neid in uns erwecken könnte, gibt es nur in der Luft, die wir geatmet haben, mit Menschen, zu denen wir hätten reden, mit Frauen, die sich uns hätten geben können. Es schwingt, mit andern Worten, in der Vorstellung des Glücks unveräußerlich die der Erlö- sung mit. Mit der Vorstellung von Vergangenheit, welche die Ge- schichte zu ihrer Sache macht, verhält es sich ebenso. Die Vergan- genheit führt einen heimlichen Index mit, durch den sie auf die Erlösung verwiesen wird. Streift denn nicht uns selber ein Hauch der Luft, die um die Früheren gewesen ist? ist nicht in Stimmen, denen wir unser Ohr schenken, ein Echo von nun verstummten? haben die Frauen, die wir umwerben, nicht Schwestern, die sie nicht mehr gekannt haben? Ist dem so, dann besteht eine geheime Verabredung zwischen den gewesenen Geschlechtern und unse- rem. Dann sind wir auf der Erde erwartet worden. Dann ist uns wie jedem Geschlecht, das vor uns war, eine schwache messianische Kraft mitgegeben, an welche die Vergangenheit Anspruch hat. Billig ist dieser Anspruch nicht abzufertigen. Der historische Mate- rialist weiß darum.

VI Vergangenes historisch artikulieren heißt nicht, es erkennen ‚wie es denn eigentlich gewesen ist‘. Es heißt, sich einer Erinnerung be- mächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt. Dem his- torischen Materialismus geht es darum, ein Bild der Vergangenheit festzuhalten, wie es sich im Augenblick der Gefahr dem histori- schen Subjekt unversehens einstellt. Die Gefahr droht sowohl dem Bestand der Tradition wie ihren Empfängern. Für beide ist sie ein und dieselbe: sich zum Werkzeug der herrschenden Klasse herzu- XVII geben. In jeder Epoche muß versucht werden, die Überlieferung Der Historismus gipfelt von rechtswegen in der Universalgeschichte. von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, Von ihr hebt die materialistische Geschichtsschreibung sich metho- sie zu überwältigen. Der Messias kommt ja nicht nur als der Erlöser; disch vielleicht deutlicher als von jeder andern ab. Die erstere hat er kommt als der Überwinder des Antichrist. Nur dem Geschichts- keine theoretische Armatur. Ihr Verfahren ist additiv: sie bietet die schreiber wohnt die Gabe bei, im Vergangenen den Funken der Masse der Fakten auf, um die homogene und leere Zeit auszufüllen. Hoffnung anzufachen, der davon durchdrungen ist: auch die Toten Der materialistischen Geschichtsschreibung ihrerseits liegt ein werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein. Und dieser konstruktives Prinzip zugrunde. Zum Denken gehört nicht nur die Feind hat zu siegen nicht aufgehört. Bewegung der Gedanken sondern ebenso ihre Stillstellung. Wo das Denken in einer von Spannungen gesättigten Konstellation plötzlich einhält, da erteilt es derselben einen Chock, durch den es sich als IX Monade kristallisiert. Der historische Materialist geht an einen Mein Flügel ist zum Schwung bereit ich kehrte gern zurück denn ge­schichtlichen Gegenstand einzig und allein da heran, wo er ihm blieb’ ich auch lebendige Zeit ich hätte wenig Glück. als Monade entgegentritt. In dieser Struktur erkennt er das Zeichen Gerhard ­Scholem, Gruß vom Angelus einer messianischen Stillstellung des Geschehens, anders gesagt, einer revolutionären Chance im Kampfe für die unterdrückte Ver- Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist gangenheit. Er nimmt sie wahr, um eine bestimmte Epoche aus dem darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von homogenen Verlauf der Geschichte herauszusprengen; so sprengt etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, er ein bestimmtes Leben aus der Epoche, so ein bestimmtes Werk sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel aus dem Lebenswerk. Der Ertrag seines Verfahrens besteht darin, der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangen- daß im Werk das Lebenswerk, im Lebenswerk die Epoche und in der heit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns er- Epoche der gesamte Geschichtsverlauf aufbewahrt ist und aufge­ scheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trüm- hoben. Die nahrhafte Frucht des historisch Begriffenen hat die Zeit mer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er als den kostbaren, aber des Geschmacks entratenden Samen in möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene ihrem Innern. zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm. „… und ist in der Wüste unbesiegbar …“

Luigi Nono / Massimo Cacciari: „Prometeo“ Biografien A–Z Kompositionen sind für ihn geschrieben verschiedenster Richtungen wie Karl- und von ihm uraufgeführt worden. Als heinz Stockhausen, Pierre Boulez, Vinko international konzertierender Solist Globokar, Luigi Nono und viele andere Susanna Andersson (Sopran) ist eine der Rainer Casper (Licht) arbeitete zunächst spielte er u. a. mit dem Arditti Quartett, mehr haben Werke für Live-Elektronik gefragtesten Sängerinnen in Schweden. am Schauspiel Köln und ist zurzeit an dem Bayerischen­ Rundfunksinfonie­ ­ realisiert. Sie werden durch das EXPERI- Ihre flexible lyrische Koloraturstimme den Münchner Kammerspielen enga- orchester und dem Scharoun Ensemble. MENTALSTUDIO in Zusammenarbeit wird sowohl auf der Konzert- als auch auf giert. Als Beleuchtungschef war er am Seit jüngster Zeit schreibt er immer mehr mit Interpreten, Ensembles und Orches- der Opernbühne hoch gelobt. In der Spiel­- Schauspiel Hannover, am Central Thea- Musik zu Filmen und Dokumentarfilmen. tern in ganz Europa aufgeführt. Zu den zeit 2014/2015 ist Susanna Andersson als ter in Leipzig und an der Berliner Volks- jüngeren Produktionen im EXPERIMEN- Musetta in „La Bohème“ an der Königlich bühne tätig, wo seine langjährige Zu- Das Ensemble Modern Orchestra (EMO) TALSTUDIO zählen Arbeiten von (u. a.) Dänischen Oper Kopenhagen sowie als sammenarbeit mit Frank Castorf begann. würde 1998 gegründet und ist eines der Peter Ablinger, , Marco Königin der Nacht in „Die Zauberflöte“ Er arbeitete erfolgreich mit Regisseuren weltweit ersten Orchester, das aus­ Stroppa, Mark Andre, Chaya Czernowin, am Deutschen National­theater Weimar wie Nicolas Stemann und Sebastian schließ­lich Musik des 20. und 21. Jahr- Alvin Curran, . zu erleben. Sie ist Mitwirkende in „Die Er- Hartmann. Bei den Wiener Festwochen hunderts zur Aufführung bringt. Den oberung von Mexiko“ von 2008 schuf er das Licht für Castorfs Kern des bis zu 130 Musiker umfassen- Florian Fischer (Mitarbeit Regie) gebo- bei den Salzburger Festspielen 2015. Inszenierung von Rihms „Jacob Lenz“. den Orchesters bilden die Solisten des ren in Altötting. Studierte Englisch, Ensemble Modern, unterstützt von Geschichte und Philosophie in Eichstätt Eva Veronica Born (Raum) studierte Caroline Chaniolleau (Sprecherin) ist jungen Instrumentalisten und Spezialis- und München bevor er an der Otto- Architektur an der Universität der Künste eine französische Theaterschauspielerin, ten auf dem Gebiet der Neuen Musik. Falckenberg Schule in München sein Berlin und der Akademie der bildenden die im klassischen und zeitgenössischen Das Ensemble Modern, 1980 gegründet Regiestudium absolvierte. Mit "Der Fall Künste Wien. Als freie Bühnen­bildnerin Repertoire zu Hause ist. Zuletzt war und seit 1985 in Frankfurt am Main be- M." gewann er den fastforward Preis arbeitet sie seit einigen Jahren u. a. an sie zu sehen in „Don Juan kommt aus ­heimatet,­ ist eines der weltweit führen- für junge Regie 2014. Er inszeniert in den Münchner Kammerspielen, dem dem Krieg“ von Ödön von Horvath am den Ensembles für Neue Musik. Derzeit Mannheim, Basel und Gent. Hamburger Schauspielhaus und der Athénée Théatre in Paris und in „Medea­ vereint das Ensemble 22 Solisten aus Ruhrtriennale. Außerdem arbeitet sie in land“ von Sara Stridsberg in Grenoble. neun Ländern. Seine unverwechselbare Markus Francke (Tenor) war von 2012 der freien Theaterszene. In den Jahren Als Sprecherin in Luigi Nonos „Prometeo“ programmatische Bandbreite umfasst bis 2014 Ensemblemitglied am Staats­ 2012 und 2013 war sie mit dem Regis- war sie schon an verschiedenen Thea- Musiktheater, Tanz- und Videoprojekte, theater Wiesbaden. 2014 hat er sein seur Johan Simons als Bühnenbildnerin tern und Festivals unter der Leitung von Kammermusik, Ensemble- und Orches- Debut an der Bayerischen Staatsoper zum Theatertreffen eingeladen. Zuletzt Dirigenten wie Claudio Abbado, Peter terkonzerte. Tourneen und Gastspiele München als Tanzmeister in Strauss’ gestaltete sie das Festivalzentrum für Etvös, Emilio Pomàrico und Ingo Metz- führen das Ensemble Modern in jährlich „Ariadne auf Naxos“ gegeben. Eine das diesjährige Theater­treffen 2015 im macher beteiligt. ca. 100 Konzerten zu renommierten lang­jährige Zusammenarbeit verbindet Haus der Berliner Festspiele. Festivals und Spielstätten weltweit. Die ihn mit dem Stadttheater Pforzheim, er Christina Daletska (Mezzosopran) trat Gründung des Ensemble Modern hat an zahlreichen Bühnen gastiert und Paul Cannon (Kontrabass) ist seit 2014 mit zahlreichen renommierten Orches- Orchestra­ ist ein künstlerisches Plädoyer war Gast bei den Sommerfestspielen Mitglied des Ensemble Modern. Cannon tern und Dirigenten auf. U.a. debutierte für die zeitgenössische Orchestermusik. in Bregenz. Sein Repertoire ist weit begann mit zehn Jahren Bass zu spielen. sie 2009 bei den Salzburger Festspielen Es bietet den Komponisten unserer gefächert und beinhaltet Werke von der Mit 14 Jahren trat er dem Olympia Sym- und in der Spielzeit 2012/13 beim Ensem­ Zeit ein hoch qualifiziertes und enga- Renaissance bis zur Moderne. Seine phony Orchestra bei. Cannon hat mit ble Intercontemporain mit Pierre Boulez giertes Instrument zur Verwirklichung Konzerttätigkeit führte ihn durch ganz Or­ches­tern wie dem Houston Symphony in Paris. Ihr herausragendes musikali- ihrer Ideen. Europa, nach Russland und Israel. Orchstra, dem Boston Symphony Or- sches Können konnte sie auch im Reper- chestra, dem Austin Symphony Orches­ toire des 20. und 21. Jahrhundert, u. a. Das EXPERIMENTALSTUDIO des SWR Noa Frenkel (Alt) ist eine vielseitige tra und dem Orchester der Houston in sieben Uraufführungen beweisen. verfolgt den Weg der Synthese von Künst­lerin, die sich für ganz unter- Grand Opera zusammengearbeitet. Er Kunst und Technik über das Prinzip des schiedliche Musikstile interessiert. Ihr hat bei Festivals wie dem Aspen, Tangle­ Uwe Dierksen (Posaune, Tuba, Eupho- Dialogs. In der Regel entstehen hier Konzertrepertoire reicht von der Renais- wood, Sarasota, Speleto USA und dem nium) ist seit 1983 Posaunist im Ensem- Kompositionen mit Elektronik als sance bis zur zeitgenössischen Musik. Domaine Forget gespielt und war Gast ble Modern und arbeitete seitdem mit Koproduktio­­ nen­ von Komponisten und Sie sang u. a. in Opern von Stockhausen, beim TCU Kontrabass Symposium und namhaften Musikern, Komponisten und erfahrenen Musikinformatikern und Czernowin, Kalitzke und Glass. Sie tritt bem zeitgenössischen Ensemble Musiqa. Dirigenten zusammen. Zahlreiche Klangregisseuren. Komponisten regelmäßig mit anerkannten Ensembles auf den wichtigsten europäischen Festi- Nina Janßen-Deinzer (Klarinetten, Megumi Kasakawa (Viola) ist seit 2010 und Berliner Staatsoper auf und gab vals auf. Zahlreiche Komponisten haben Kontrabassklarinette) gehört zu den Bratscherin des Ensemble Modern. Sie internationalzahlreiche Konzerte mit Stücke eigens für ihre Stimme geschrie- führenden KlarinettistInnen ihrer Gene- war zu Gast in bekannten Konzerthäu- führenden Orchestern der Alten und ben. Noa Frenkel arbeitete mit Dirigen- ration. Neben dem klassisch-romanti- sern wie Tonhalle Zürich, Neuen Welt. ten wie Reinbert de Leeuw, Ingo Metz- schen Repertoire widmet die Klarinettis- Frankfurt, Konzerthaus und Philharmo- macher, Sylvain Cambreling, Gabriel tin sich auch mit großem Enthusiasmus nie Berlin, Philharmonie Köln und Barbi- Boris Müller (Glas) arbeitet ständig mit Garrido, Emilio Pomàrico und Steven der zeitgenössischen Musik. Seit 2006 can Hall in London. Sie spielt auch in führenden Formationen wie dem Ensem- Sloane. ist sie Mitglied im Ensemble Modern. verschiedenen Kammermusikformatio- ble Modern, dem Klangforum Wien, Zahlreiche Werke sind von ihr uraufge- nen. Unter anderem wurde sie ausge- dem und dem David Haller (Glas) war Mitglied der führt und für sie komponiert worden zeichnet mit dem Albert Lullin Preis KlangForum Heidelberg. Seit 2001 ist er Münchner Symphoniker und spielte z. B. von Mark Andre, Genf und dem Verbier Academy Preis Mitglied des Schlagquartetts Köln, 2003 unter anderem beim Sinfonieorchester und Saed Haddad. Außerdem verfolgt für Viola. Gründungsmitglied des Stuttgarter des Bayerischen Rundfunks, dem SWR die Klarinettistin mit großem Interesse Ensembles ascolta. Er entwickelte 2001 Sinfonieorchester Stuttgart, den Münch- die Aufführung des klassischen Reper- Michael M. Kasper (Violoncello) war die Holzschlaginstrumente für Lachen- ner Philharmonikern, der Kammerphil- toires mit historischen Klarinetten. von 1980 bis 1985 Mitglied des Ensem- manns Oper „Das Mädchen mit den harmonie Bremen, der Staatsoper Mün- ble Modern, anschließend bis 1997 Schwefelhölzern“. Seither ist er als chen und dem NDR Sinfonieorchester Els Janssens-Vanmunster (Sopran) Cellist im Kölner Rundfunksinfonie­ Instrumentenbauer mit eigener Manu- Hamburg. Seine Tätigkeiten umfassen interpretiert dank ihrer flexiblen Stimme, orchester. In Aachen gründete er 1997 faktur tätig. Als Komponist von Schlag- Filmmusiken, Theaterproduktionen, reich an Klangfarben, verbunden mit eine eigene Konzertreihe für Neue zeugmusik erkundet Boris Müller in Hörspielproduktionen,­ Solokonzerte einwandfreier Aussprache und Textbe- Musik. Seit 1997 ist er wieder Mitglied seinen Stücken neue Klangräume mit und Kammermusikproduktionen. Er wusstsein ein sehr breites Repertoire, des Ensemble Modern, ist Gründungs- selbst entwickelten Instrumenten. spielte unter anderem mit Ensemble das von mittelalterlicher Musik und mitglied der Internationalen Ensemble Modern, Musikfabrik und Klangforum Barockopern bis hin zu zeitgenössischen Modern Akademie (IEMA) und von 2006 Walter Nußbaum gründete 1992 die Wien. Uraufführungen und Jazz-Konzerten bis 2014 Leiter der ‚Internationale En- SCHOLA HEIDELBERG und das ensem- reicht. Ihre internationale Tätigkeit semble Modern Akademie – Master­ ble aisthesis. Als Gastdirigent war er Matilda Hofman (Musikalische Leitung) führte sie auf bedeutende Bühnen in u. a. studiengang der Hochschule für Musik u. a. beim RIAS-Kammerchor und inter- ist musikalische Leiterin der Diablo New York, Belgien, Berlin, Paris. Sie und Darstellende Kunst Frankfurt am national beim Nederlands Kamerkoor, Symphony in Walnut Creek und Dirigen- singt mit zahlreichen internationalen Main‘ gewesen. beim Finnischen Rundfunkchor sowie tin des Empyrean Ensemble in Davis, Ensembles. nach Korea eingeladen. 2006 gab er mit California. Sie arbeitet außerdem für das Ingo Metzmacher (Musikalische Lei- „Passaggio“ von Luciano Berio sein in San Francisco beheimatete Left Coast Mathias Jung (Sprecher) arbeitete mit tung) begann seine Karriere beim En- Debüt als Operndirigent am Mannheimer Chamber Ensemble und als Assistenz­ zahlreichen Theaterregisseuren – u.a. semble Modern in Frankfurt und an der Nationaltheater. Dort leitete er 2010 dirigentin an der Sacramento Opera. André Engel, Bernard Sobel, Georges Brüsseler Oper. Ab 1997 leitete er als auch die Uraufführung von Bernhard Vor kurzem war sie Gastdirigentin beim Lavaudant, Matthew Jocelyn – und dies Generalmusikdirektor der Hamburgi- Langs Oper „Montezuma“. Sierra Summer Festival in Mammoth in einem vielseitigen Repertoire. Er hat schen Staatsoper während acht Spiel- Lakes. 2011 führte sie mit dem Ensemble auch an zahlreichen Opern zeitgenössi- zeiten zahlreiche international beach- Rumi Ogawa (Glas) sammelte bereits Modern Luigi Nonos „Prometeo“ bei den scher Komponisten mitgewirkt, unter tete Aufführungen. Danach war er während ihrer Studienzeit – hauptsäch- Salzburger Festspielen und bei den ihnen , Philippe Hersant, Chefdirigent an der Niederländischen lich beim Basel Radio Orchester und Berliner Festspielen in Zusammenarbeit Michaël Lévinas. Seit den 1990er Jahren Nationaloper in Amsterdam und von dem Neue Musik Institut Freiburg – so- mit Ingo Metzmacher auf. Weitere ist er in regelmäßigen Abständen Rezita- 2007 bis 2010 Chefdirigent und künstle- wohl in klassischer als auch in moderner Auftritte folgten u. a. beim Holland tor in „Prometeo“ von Luigi Nono. Er ist rischer Leiter des Deutschen Sympho- Musik vielfältige Erfahrungen. Seit sie Festival und in der Tonhalle in Zürich. auch in vielen Kino- und Fernsehfilme zu nie-Orchesters Berlin. Ab 2016 ist er 1981 Mitglied des Ensemble Modern Sie engagiert sich sehr in der Jugend­ sehen. Ferner war er an zwei Produktio- Intendant der KunstFestSpiele Herren- wurde, setzt sie sich für den kontinuier- arbeit und kulturellen Bildung. nen der Choreografin Mathilde Monnier hausen. In den letzten Jahren trat er lichen Auf- und Ausbau der Gruppe ein. beteiligt. regelmäßig bei den Salzburger Festspie- Darüber hinaus war sie Gast bei ver- len, am Grand Théâtre de Genève, am schiedenen Orchestern und Ensembles Royal Opera House in London, am im In- und Ausland und ist vielfach als Opernhaus Zürich sowie an der Wiener Solistin aufgetreten. André Richard (Klangkonzept und Jan Vandenhouwe (Musikdramaturgie) Supervision) ist Interpret von live-elek­ war 2005 bis 2008 Musikdramaturg tronischer Musik, Dirigent und Kompo- Gerard Mortiers an der Opéra nationale nist. Er studierte Komposition bei Klaus de Paris. Er arbeitete als freier Musik- Huber und Brian Ferneyhough. Von 1984 dramaturg u.a. für das Ensemble Inter­ bis 2005 war er künstlerischer Leiter Contemporain (Paris) und das Klara des Solistenchors Freiburg. Von 1989 bis Festival (Brüssel). Er hat mit Regisseuren 2005 stand er als künstlerischer Leiter wie Alain Platel („C(H)ŒURS“ in Madrid), Museum Folkwang dem Experimentalstudio der Heinrich-­ Ivo van Hove („Macbeth“ in Lyon und Strobel-Stiftung des SWR Freiburg vor. „Brokeback Mountain“ in Madrid) und Los Carpinteros In den 1980er Jahren arbeitete André Johan Simons („Fidelio“ in Paris und Richard eng mit Luigi Nono für die Auf­- „Boris Godunov“ in Madrid) zusammen- führungen seines Spätwerkes als Dirigent gearbeitet. Heute ist er Leitender Helm/Helmet/Yelmo oder Klangregisseur zusammen. Richard Dramaturg­ der Ruhrtriennale 2015–2017. ist bei zahlreichen internationalen Seit 15. November 2014 Kon­zertveranstaltern zu Gast, darunter Dietmar Wiesner (Flöte, Piccoloflöte, wiederholt die Salzburger Festspiele, die Bassflöte) ist als Mitbegründer und Berliner Philharmonie, die Cité de la Flötist des Ensemble Modern seit Beginn ­Musique, Salle Pleyel Paris, Teatro alla aktiv in alle künstlerischen und organisa- Scala Mailand, das Konzerthaus Berlin torischen Prozesse des Ensembles und das Teatro Colón Buenos Aires. eingebunden und arbeitete mit den wich­tigsten Komponisten seiner Zeit Das Vokalensemble SCHOLA HEIDEL- zusammen. Regelmäßige Auftritte im In- BERG unter der Leitung von Walter und Ausland, auch als Solist u. a. mit Nußbaum schlägt seit seiner Gründung Orchestern wie dem SWR Sinfonie­ die Brücke zwischen Alter Musik und orchester Baden-Baden und Freiburg. Neuer Vokalmusik. Die bis zu 16 Solisten Regelmäßige Arbeiten von ihm als des Ensembles beherrschen unter- Komponist für Installationen und Musik­ schiedlichste Stile und Vokaltechniken, theaterproduktionen waren an der so die mikrotonale Intonation, Stimm- Comédie Française (Paris), am Deut- und Atemgeräusche. In engem Kontakt schen Schauspielhaus (Hamburg) und mit führenden Komponisten der Gegen- am Schauspiel Frankfurt zu hören. wart (u. a. Heinz Holliger, Helmut 1994 gründete er zusammen mit Her- Lachen­mann, Peter Eötvös, Hans mann Kretzschmar und Cathy Milliken © Los Carpinteros, Foto: MuseumSebastian Folkwang/ Drüen Auf Einladung des Museum Folkwang hat das kubanische ­Zender, Georg Friedrich Haas, Salvatore die Komponistenformation HCD Künstlerduo Los Carpinteros eine raumgreifende Installation Sciarrino) erarbeitet die SCHOLA HEI- Productions. gescha en, die wechselnde Objekte der Sammlung Archäologie, DELBERG ein umfangreiches Repertoire. Weltkunst, Kunstgewerbe neu präsentiert. Die SCHOLA HEIDELBERG gastiert immer wieder auf internationalen Festi- vals und arbeitet u.a. mit dem Ensemble Modern, dem WDR-Sinfonieorchester Köln, dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, den Bam- berger Symphonikern und dem DSO Berlin zusammen.

Museumsplatz 1 45128 Essen T +49 201 8845 000 www.museum-folkwang.de

_MFE_Sammlung-Weltkunst_Anzeigen_125x180.indd 1 27.07.15 11:41 Das Feuilleton im Radio.

Deutschlandradio Kultur berichtet von der Ruhrtriennale

Studio 9 Kultur und Politik Mo bis Fr • 5:07, 12:07, 17:07

Rang 1 Das Theatermagazin Sa • 14:05

Kompressor LASS BENJAMIN Das Kulturmagazin Mo bis Fr • 14:07 UNTER DEINE HAUT

Fazit 10.03. – 12.03.2016 Kultur vom Tage Mo bis So • 23:05 ZEITINSEL GEORGE BENJAMIN George Benjamin, Mahler Chamber Orchestra, Barbara Hannigan und Solisten | »Written on Skin«, »Into the Little Hill« und weitere Werke von George Benjamin

bundesweit und werbefrei An Rhein und Ruhr auf UKW 96,5 KONZERTHAUS DAB+, Kabel, Satellit, Online, App DORTMUND deutschlandradiokultur.de Impressum Team Prometeo

Texte: Erwin Roebroeks: Luigi Nono. Amsterdam: Holland Festival 2014. Mit SCHOLA HEIDELBERG: Geschäftsführung: Dominique Mayr; Assistenz: Josefine freundlicher Abdruckgenehmigung des Autors. Aus dem Niederländischen von Stammnitz rent-a-journalist.de. Ensemble Modern: Hauptgeschäftsführung: Roland Diry; Projektkoordination: Eine Revolution des Hörens. Jan Vandenhouwe im Gespräch mit André Richard. Christoph Dennerlein; Stage Management: Ernst Neisel Erstabdruck Ruhrtriennale-Zeitung, Mai 2015. Regine Elzenheimer: Eine ‚schwache messianische Kraft‘. Luigi Nonos Hörtragödie „Prometeo“ ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft. Fotos: S. 1, 6, 9, 24, 28: Heinrich Hauser, aus: Schwarzes Revier: Reportagen. Bonn, Team der Ruhrtriennale 2015 2010; S. 20 / 21: Chargesheimer, 1957. Rheinisches Bildarchiv Köln, Bildnummer rba_cch_001808_01. Intendanz: Johan Simons, Sabine Krüger / Geschäftsführung: Lukas Crepaz, Wir haben uns bemüht, alle Urheberrechte zu ermitteln. Sollten darüber hinaus Susanne Schuran, Karin Weixler, Simon-André Wensing / Ansprüche bestehen, bitten wir, uns dies mitzuteilen. Dramaturgie: Jan Vandenhouwe, Dr. Vasco Boenisch, Dorothea Neweling, Tobias Staab, Jeroen Versteele, Friederike Landmann; Junge Kollaborationen: Cathrin Herausgeber: Kultur Ruhr GmbH, Leithestraße 35, 45886 Gelsenkirchen Rose, Meriel Brütting, Malina Hoffmann, Elisa Kühnl; Campustriennale: Christoph Geschäftsführung: Johan Simons, Lukas Crepaz Bovermann, Jana Mila Lippitz / Künstlerisches Betriebsbüro, Produktionsbüro: Redaktion: Jan Vandenhouwe Boris B. Ignatov, Philip Decker, Christiane Biallas, Susanne Blank, Katharina Heib, Konzept und Design: Base Design Brüssel / Grafik: Moritz Kappen Monique Stolz / Marketing und Vertrieb: Martin Obermayr, Franca Lohmann, Druck: Griebsch & Rochol Druck GmbH, Hamm Marie Zimmermann, Arne Schüttler; Grafik: Moritz Kappen, Judith Cleve; Ticketing: Ulrike Graf, Anja Nole, Lars Riedel / Presse: Dijana Tanasić, Sarah Beer, Pia Schneider, Daniela Maag / Technik, Ausstattung: Will-Jan Pielage, Kirsten Ballhorn, Carina Baring, Imed Ben Abdallah, Georg Bugiel, Tina Carstens, Bastian Dämmrich, Andreas Dietmann, Harald Frings, Katharina Haus, Georg Kolacki, Stefanie Kusenberg, Bernd Lucke, Tanja Martin, Anne Prietzsch, Julia Reimann, Alicia Pires Rodrigues, Mareike Schneider, Daniel Teusner, Erik Trupin, Anke Wolter, Benjamin zur Heide / Kostüm / Maske: Jan Meier, Dorothee Meyer, Monika Frenz, Brigitte Olbrisch, Sybille Ridder / Verwaltung: Uwe Peters, Tanja Alstede, Programmhinweise: Muharrem Aslan, Anne Burke, Fatima Derhai-Unger, Renate Ingenwerth, Alexandra Kühntoph, Franz-Josef Lortz, Natalja Riffel, Annika Rötzel, Julia Schmidt, Michael Turrek / Veranstaltungsorganisation: Claudia Klein, Eileen Berger / Werkstattgespräch IV Auszubildende: Leonie Burgmer, Lisa Fumega Rodrigues, Felicia Moldenhauer, Teodor Currentzis, Ingo Metzmacher, André Richard, Nina Sabath Moderation: Nicolas Tribes 13. 09., 11.00 Uhr: The Good, the Bad and the Ugly Festivalteam Marketing / Ticketing: Ann-Katrin Adams, Linda Ammons, Lisa Bühl, Anne Burzlaff, Katharina Ciax, Manischa Eichwalder, Alexander Fall, Philipp Gold, (Refektorium), Jahrhunderthalle Bochum Fabio Gorchs, Pascal Guttmann, Sascha Hahn, Annika Hornkamp, Marlene Kirsten, Christine Kopietz, Cornelius Mücke, Lisa Rölleke, Josephine Scheuer, Nina-Marie Musik: Sinfoniekonzert MusicAeterna Schüchter, Tim Schwermer, Angelika von Ammon Teodor Currentzis, MusicAeterna 19. 09. 2015: Jahrhunderthalle Bochum www.ruhr3.com/SI Bringen Sie Farbe aufs Programmheft: Hier ist Platz für einen Stempel mit ­Datum im Ruhrtriennale-Rot der Saison. Auf zu unserer Stempelstation im Foyer!

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