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Neuigkeiten und Informationen von der Universal Edition 7

Universal 100 Jahre im Musikverein Edition

Mai 2014 Musikblätter 7

Liebe Musikfreunde!

»Damals war keiner unter ihnen scharfhörig genug, das große Räderwerk der verborgenen großen Mühlen zu vernehmen, die schon den großen Krieg zu mahlen begannen«, schreibt Joseph Roth in seinem Roman Radetzkymarsch. Als am 26. Juni 1914 , der die Leitung der Universal-Edition 1907 übernommen hatte, den Mietvertrag für die Büroräumlichkeiten im Wiener Musikverein unterschrieb, schien auch für ihn die alte Welt noch in Ordnung. Erst zwei Tage später begann diese mit dem Attentat in Sarajevo unterzugehen. 100 Jahre später ist der Sitz der UE immer noch der Wiener Musikverein. In denselben Räumlichkeiten, in denen früher , Arnold Schönberg, , Béla Bartók, Leoš Janáček oder aus- und eingingen, verkehren heute mit derselben Selbstverständlich , Arvo Pärt, und . Wie war es möglich, dass die UE zwei Weltkriege überstand und auch heute noch als ein Verlag besteht, der auf dem Fundament der Schlüssel­ 1 werke der Moderne sich für die Musik der Gegenwart engagiert? Diese Ausgabe der Musikblätter versucht die UE-Geschichte anhand des Wirkens dreier großer Männer nachzuzeichnen, ohne die der Verlag in seiner heutigen Gestalt undenkbar wäre: Emil Hertzka (1869–1932), der dem Verlag mit seinem Bekenntnis zur Musik der Zeitgenossen eine neue Identität gab. Hans W. Heinsheimer (1900–1993), der mithalf, die großen Bühnenwerke vom Beginn des 20. Jahrhunderts durchzusetzen. Alfred Schlee (1901–1999), der während des Zweiten Weltkriegs viele Kompositionen vor ihrer Vernichtung rettete und nach 1945 in der UE so gut wie alle bedeutenden Komponisten seiner Zeit versammelte. Wir verneigen uns vor diesen Visionären, die stets die Zeichen der Zeit erkannten. Am Beginn des 21. Jahrhunderts stehend, fragen auch wir uns, wie wir auf die Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren haben. Der Musikmarkt hat sich stark ausdifferenziert und jede Nische will von einem Musikverlag, der auf der Höhe seiner Zeit agiert, bedient sein. Um der großen Nachfrage an den Musikblättern gerecht zu werden, haben wir uns entschlossen, diese künftig ausschließlich in elektronischer Form zu publizieren. Wir wollen Ihnen ab sofort in multimedialer Form ADAM’S PASSION alle jene Inhalte aufbereiten, die für Ihre Arbeit und dramaturgischen Detailinformationen Entscheidungen wichtig sind. siehe Seite 46 Alle Interessenten, die noch nicht im E-Mail-Verteiler sind, können sich an dieser Adresse ohne großen Aufwand registrieren: www.universaledition.com/anmeldung-mb Wir hoffen sehr, dass Sie den Musikblättern auch in ihrer neuen Form die Treue halten!

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen Ihr UE-Promotion-Team [email protected] Inhalt

Emil Hertzka 6 Hans W. Heinsheimer 14 Alfred Schlee 19

1 Editorial

UE – 100 Jahre im Musikverein 2 6 »Institut mit kultureller Mission« von Wolfgang Schaufler

14 »Hertzkas instinktiver Wünschelrutengeist« von Hans W. Heinsheimer

19 »Die Zukunft stand immer im Vordergrund« von Alfred Schlee

22 Schönbergs »Jetzt« von Christopher Hailey

26 Was ist atonal? Alban Berg im Interview Mai 2014 Musikblätter 7

Arnold Schönberg 22 Alban Berg 26 Kurt Weill 36

29 Aus einem Briefwechsel

zwischen Arnold Schönberg und Alban Berg ;

32 Aus einem Briefwechsel zwischen Arnold Schönberg und Helene Berg 3 G erda oedhart

35 Der musikalische Reaktionär von Hanns Eisler B arbara P flaum ; ; 36 »Mahagonny« und die Folgen von Nils Grosch ainwright

Serviceteil 44 UE aktuell 58 Neue CDs, DVDs und Bücher 61 Neuerscheinungen F rances H einsheimer W 64 Gedenktage und Jubiläen for M usic N ew Y ork courtesy of the K urt W eill F oundation

IMPRESSUM »Musikblätter 7« (Mai–November 2014) Universal Edition ∙ Österreich: 1010 Wien, Bösendorferstr. 12, Tel +43-1-337 23-0, Fax +43-1-337 23-400 UK: 48 Great Marlborough Street, London W1F 7BB, Tel +44-20-7292-9168, Fax +44-20-7292-9165 USA: European American Music Distributors LLC, 254 West 31st Street, 15th Floor, New York, NY 10001-2813 Tel +1-212-461-6940, Fax +1-212-870-4565 ∙ www.universaledition.com ∙ [email protected] Chefredaktion: Wolfgang Schaufler ∙ Koordination (Serviceteil, Anzeigen, Fotos): Angelika Dworak ∙ Mitarbeit: Eric Marinitsch, Pia Toifl, Bettina Tiefenbrunner, Jana Gajdosikova, Johannes Feigl, Sarah Laila Standke, Kerstin Schwager, Aygün Lausch, Katja Kaiser, Christopher Hailey und Christina Meglitsch-Kopacek ∙ Titelbild © Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ∙ Corporate Publishing: Egger & Lerch, i onalb bl othek ; M adame d ’O ra /Ö sterre i ch sche N at © U niversal E dition (G em ä lde von T om R ichard D reger ) ; 1030 Wien, www.egger-lerch.at ∙ Druck: REMAprint, 1160 Wien ∙ DVR: 0836702 ∙ ISSN: 2306-7837 Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

4 © S ammlungen der G esellschaft M usikfreunde in W ien Mai 2014 Musikblätter 7

Die 1901 gegründete Universal Edition bezog 1914 ihre Büros im Wiener Musikverein, Sitz der »Gesellschaft der Musikfreunde in Wien« und zugleich einer der weltweit bedeutendsten Konzertsäle. 1870 erbaut, war hier auch das Konservatorium der Gesellschaft untergebracht, ein Sammelplatz für Talente aus der gesamten Monarchie. Anton Bruckner 5 unterrichtete hier Harmonielehre, Kontrapunkt und Orgelspiel. Sein Unterrichtszimmer ist heute das Büro der UE-Lizenz­abteilung. Gustav Mahler, der 1875 nach Wien kam, Alexander Zemlinsky und Leoš Janáček drückten im Musikverein die Schulbank. Mahler dirigierte hier als Chefdirigent von 1898 bis 1901 die Abonnement­ konzerte der Wiener Philharmoniker. 1909 wurde das Konservatorium als »K. K. Akademie« verstaatlicht. Die Gesellschaft der Musikfreunde reagierte auf das Ansuchen der Universal Edition, die frei gewordenen Räume zu mieten, mit »wärmster Sympathie«. Am 26. Juni 1914 wurde der Mietvertrag unter­ schrieben. Zwei Tage später fielen die Schüsse in Sarajevo. Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

»Institut mit kultureller Mission« Mit dem Bekenntnis zur Moderne legte die Universal Edition zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Grundstein für einen zukunftsfähigen Verlag, der zur künstlerischen Heimat für die großen Namen einer neu anbrechenden Epoche der Musikgeschichte wurde. Entscheidend für diese Entwicklung war mit Emil Hertzka ein Mann, dessen visionärer Mut noch heute staunen macht.

Wolfgang Schaufler

6 Der 28. Juni 1914, der Tag, an dem in Sarajevo der großen Mühlen zu vernehmen, die schon den großen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Krieg zu mahlen begannen.« erschossen wurden, war sonnig und warm. Man könnte Auch im Abstand von einhundert Jahren ist die Ana- dies anhand von meteorologischen Aufzeichnungen lyse der Kräfte, die zum Ausbruch des Krieges führten, erfahren. Es existiert aber auch ein Tagebucheintrag von Gegenstand intensiver Diskussionen unter Historikern. Arthur Schnitzler, der über das Attentat berichtete, dann Der Cambridge-Professor Christopher Clark – er hält die einen Gedankenstrich setzte und die Notiz beendete: Eröffnungsrede der diesjährigen Salzburger Festspiele »Schöner Sommertag«. Ein paar Tage später schrieb er: – vertrat jüngst in seinem Buch Die Schlafwandler die »Die Ermordung F. Fs nach der Erschütterung wirkte nicht These, dass man die vielschichtigen Entscheidungsprozes- mehr stark nach. Seine ungeheure Unbeliebtheit.« se, die den Krieg herbeiführten, in ihrer Unabhängigkeit Schnitzler hatte offenbar die Angewohnheit, große voneinander rekonstruieren müsse, um das ganze Bild Ereignisse seiner Zeit lapidar zu kommentieren. Er war zu erhalten. Die Julikrise von 1914 sei »das komplexeste auch ein Zeitzeuge des sogenannten Skandalkonzertes am Ereignis der Moderne« und verlange nach einer multi­ 31. März 1913 im Wiener Musikverein. Nach einer kurzen perspektivischen Erzählung. Schilderung der Vorgänge (»Einer im Parkett ›Lausbub‹. Der Herr vom Podium ins Parkett, unter athemloser Stille; In der Chefetage der Universal-Edition (damals noch haut ihm eine herunter. Rauferei aller­orten.«) schloss er mit Bindestrich) saß zu dieser Zeit mit Sicherheit kein seine Notiz mit: »… hernach suppiert im Imperial.« Schlafwandler. Emil Hertzka, 1869 in Budapest geboren, Schnitzler war nicht der Einzige, der die Lage nach hatte den Verlag 1907 übernommen und mit ihm trat die der Ermordung des Thronfolgers falsch einschätzte. große Wende in der Verlagsgeschichte ein. schrieb am 31. Juli 1914, also einige Tage 1901 in Wien gegründet (u. a. auf Anregung eines nach der Kriegserklärung, an Gerty von Hofmannsthal, Schwagers von Johann Strauß) und im Wiener Tagblatt die Frau seines Librettisten Hugo: »Ich bin auch heute angekündigt, wollte man dem Übergewicht des aus­ noch fest überzeugt, daß es erstens keinen Weltkrieg ländischen Musikhandels in Wien entgegentreten. Es war gibt, daß die kleine Rauferei mit Serbien bald beendigt eine Art »kulturpolitischer Unabhängigkeitserklärung« sein wird und daß ich den dritten Akt meiner Frau ohne der Hauptstadt der österreichisch-ungarischen Monar- Schatten doch noch bekomme.« In Bezug auf die Ein- chie. Wien zählte damals mit seinen ca. zwei Millionen schätzung der Situation schrieb Joseph Roth später im Ein­wohnern zu den größten Städten weltweit und Radetzkymarsch: »Damals war keiner unter ihnen scharf- das k. k. Ministerium für Inneres bewilligte, ohne große hörig genug, das große Räderwerk der verborgenen Hürden zu errichten, die neue Aktiengesellschaft. Mai 2014 Musikblätter 7 © U niversal E dition (G em ä lde von T om R ichard D reger )

Emil Hertzka (1869–1932) leitete die UE von 1907 bis zu seinem Tod.

Der Name des neuen Verlags war Programm und geahnt, dass Schönberg mit magnetischer Wirkung für 7 Strategie zugleich: Man meinte schlicht die ganze Welt seine Schüler seine eigene, große Schule gründen würde, der Musik, in der man einiges aufzuholen hatte. So dass er »die Batterie, die Ladung« werden würde, »an der tragen Klaviersonaten von Joseph Haydn die Katalog- Aufladung zum Gebot wird« (Wolfgang Rihm)? nummer 1. Die Nummer 1000, nur drei Jahre später, ist Hertzka musste sich als genuiner Geschäftsmann der ein Klavierauszug von Beethovens Missa solemnis. Als der Schwierigkeit bewusst gewesen sein, ein derartiges Pro- »zu schnell erwartete Erfolg sich noch nicht eingestellt gramm auch im Hinblick auf die öffentliche Anerkennung hatte« – wie es Alfred Schlee, der Nachfolger Hertzkas, realisieren zu können. In diesem Zusammenhang mag es einmal formulierte – erhielt die Universal-Edition mit genügen, sich das erwähnte Skandalkonzert in Erinnerung ihrer programmatischen Neuausrichtung »das Gesicht, zu rufen. Auch Franz Schreker, mit dem ein Generalver- mit dem sie heute in der Welt bekannt ist« (Schlee). Über trag über sein musikdramatisches Schaffen abgeschlossen Hertzkas Motive, das Profil des Verlags entscheidend zu verändern, gibt es keine Dokumente. In jedem Fall setzte die Universal-Edition fortan auf die Zeitgenossen. Eine musikalische Ausbildung hatte Hertzka nicht, da- Der Name des neuen Verlags signalisierte: für aber mit Josef Venantius von Wöss einen vorzüglichen musikalischen Berater. Hertzka ließ sich von einem aus- Man meinte die ganze Welt der Musik. geprägten Spürsinn leiten und wurde damit zu einem der größten Förderer der Moderne, den die Musikgeschichte je gesehen hat. Rein statistisch betrachtet dokumentierte worden war, hatte zu diesem Zeitpunkt als Operndrama- sich diese Einstellung schon in den ersten Jahren seiner tiker noch keinen Erfolg gehabt. ­Hertzka muss den Erfolg Direktionstätigkeit: Im Juni 1909 wurde der Vertrag mit buchstäblich vorausgesehen haben, und tatsächlich wurden Gustav ­Mahler abgeschlossen, im Juli 1909 folgte jener die Schrekerschen Opern in den folgenden 15 Jahren zu mit Franz ­Schreker. Im Oktober 1909 nahm Hertzka den meistgespielten Bühnenwerken der Zeit und machten Arnold Schönberg in den Verlag auf, im Juni 1910 folgten jenen von Richard Strauss ernsthafte Konkurrenz. Alfredo Casella und fast gleichzeitig Alexander Zemlinsky. Mit dem Ansehen des Verlags häuften sich auch die Die Tendenz ist unverkennbar, aber das Erstaunliche ist Angebote der Komponisten. Die Auswahl lag am Ende wohl, dass Hertzka innerhalb von nur zwei (!) Jahren den natürlich beim Verlag, und hier kann man rückblickend für die weitere Geschichte des Verlags bedeutungsvollen immer wieder nur verwundert feststellen, mit welcher Schritt zur musikalischen Moderne vollzog. Hatte Hertzka Sicherheit die nun einmal begonnene Linie fortgesetzt Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

wurde. Fast alljährlich wurde das Verlagsprogramm durch großer Anstrengungen bedurfte, die neu verlegten Werke einen bedeutenden Namen erweitert. durchzusetzen. Es ist überflüssig zu betonen, wie sehr der Daneben wurde eine ganze Generation von Schülern – Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in das ohnehin schwie- vor allem die Arnold Schönbergs – zu Arbeiten im Verlag rige Geschäft der internationalen Promotion eingriff. Nur herangezogen. Die Universal-Edition stand gleichsam im zwei Tage nach Abschluss des Mietvertrages fielen die Zentrum, und Hertzka war, wie Zoltán Kodály es einmal Schüsse in Sarajevo. ausdrückte, »wie ein Familienvater, der für unzählige Der etwas gekürzte Geschäftsbericht über das drei- Kinder zu sorgen hat«, folglich der geistige Vater, der zehnte Geschäftsjahr der »Universal-Edition« Aktienge- sich nicht nur um den Geschäftsgang kümmerte, sondern sellschaft für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember auch ein persönliches Interesse an den Sorgen der 1914, erstattet in der XII. ordentlichen Generalversamm- Komponisten zeigte. Als , der 1912 lung am 9. August 1915, liest sich so: zum Verlag stieß, in den Kriegswirren jahrelang nichts von sich hören ließ, war Hertzka zutiefst beunruhigt. »Geehrte Herren! Erst 1918 wird der Briefverkehr wieder aufgenommen. Das abgelaufene Dreizehnte Geschäftsjahr der Universal- (»Es war für mich immer eine große Sorge, wie es Ihnen Edition berechtigte in der ersten Hälfte zu den besten in all den Jahren ergangen ist«, Hertzka an Szymanowski, Hoffnungen. Es wurden Absatz-Steigerungen erzielt 15. 6. 1918; siehe Musikblätter 5). und in Erwartung eines allgemeinen Aufschwunges alle

Hertzka war es auch, der der UE vorstand, als sie 1914 Vorkehrungen getroffen, um die voraussichtlich günstige , R esearch C entre for the H umanities ungarian A cademy of S ciences in den Halbstock des Wiener Musikvereins einzog. 1909 Konjunktur voll und ganz auszunützen. Die Beziehungen 8 war das hauseigene Konservatorium verstaatlicht worden mit dem Auslande, insbesonders mit England, wo wir und wurde als »K. K. Akademie« zur Vorläuferin der heuti- gerade volle Lieferungsfreiheit erhielten, wurden unter gen Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. günstigen Auspizien entwickelt, mehrere groß ange-

Am 17. Februar 1913 schrieb Hertzka erstmals legte Verlagswerke, die in den vorhergehenden Jahren arua /A rnold S chönberg C enter , Wi en ; A lexander Z emlinsky F onds L ipnitzki /R oger -V iollet / konkret über den Raumbedarf an die Gesellschaft der erworben wurden, hatten erfolgverheißende Aussichten, Musikfreunde: »Es ist uns gleichgiltig (sic!), in welchem so zum Beispiel: die Oper Der ferne Klang von Schreker, Geschoss sich die uns zur Verfügung zu stellenden die erfolgreichsten symphonischen Werke der letzten ­Räume befinden.« Für »Direktions-Bureauxs« brauchte er Jahre auf dem Gebiete der gesamten Musikliteratur, wie: 8–10 Räume, dazu »trockene Souterrain- oder Keller- Die VIII. Symphonie von Mahler, die Gurre-Lieder von räumlichkeiten« für das Lager. Schönberg und die neuerworbene Symphonie von Franz B art ó k A rchives , I nstitute of M usicology Am 17. 6. 1913 begrüßte der Eigentümer das Projekt Schmidt, sollten alle zu Beginn der Saison 1914/15 im In- »mit wärmster Sympathie«. Die Gesellschaft wolle »mit und Auslande an vielen Orten zur Aufführung gebracht allen Kräften« an einer Verwirklichung arbeiten. werden. Es lagen bindende Aufführungsverträge für diese Man einigte sich rasch. Am 26. 7. 1913 erfüllt es Werke, sowie für einige Opern des Verlages nicht nur ­Hertzka »mit lebhafter Freude«, dass die Universal- im Inlande, sondern auch mit Bühnen und Orchestern in Edition als Mieter in den Musikverein einzog. Am 26. Juni Paris, London, Brüssel, New York, Philadelphia etc. vor. 1914 erfolgte die Unterzeichnung des Mietvertrages. Die Vorarbeiten für die Übersiedlung in unsere neuen Die Adresse lautete Adresse Giselastraße 12, noch nicht Räume, die eine ersprießliche Betriebs-Konzentration und Bösendorferstraße 12 wie heute. Vereinfachung bedeutet hat, waren beendet, demnach

Man war voller Hoffnung, in eine wirtschaftlich alles in fürsorglichster Weise vorgekehrt, damit die Saison G ett y Images ; L eo š J an áč ek M useum B rno prosperierende Zeit zu gehen, wenngleich es immer noch 1914/15 eine volle, reiche Ernte ergebe. M ahler G esellschaft W ien ; U niversal E dition D e P G ustav I nternationale ©

1909 1910

Gustav Mahler Franz Schreker Arnold Schönberg Alfredo Casella Alexander Zemlinsky Mai 2014 Musikblätter 7

Es sollte leider ganz anders kommen. Gerade inmit- Hertzka bestätigte auch mit diesem Schritt seinen visio- ten dieser arbeits- und aussichtsreichsten Periode, die nären Sinn in künstlerischen Fragen. Man bedenke die unser Unternehmen jemals zu verzeichnen hatte, ist der politische Lage um 1916. Hier an teure Opernpläne zu Weltkrieg hereingebrochen und hat mit einem Schlage denken, war schlicht und einfach kühn. das Bild in schrecklichster Weise verändert. 1917 folgte Béla Bartók. Dieser schrieb voller Enthu- Wir haben sofort nach Kriegsausbruch alles daran siasmus an einen Freund: »Dies ist eine große Sache.« gesetzt, um den neuen Verhältnissen Rechnung zu (siehe Musikblätter 6). tragen, haben alle Veranlassungen, die noch rückgän- In die Zeit des Ersten Weltkriegs fielen sogar bedeu- gig gemacht werden konnten, sistiert und die Spesen tende Uraufführungen. Am 30. Jänner 1917 wurde Alex- zu verringern getrachtet. Naturgemäß ist dies jedoch ander Zemlinskys Eine florentinische Tragödie in Stuttgart nur in geringem Maße durchführbar gewesen. Denn es aus der Taufe gehoben. Am 25. April 1918 erlebte Franz konnten Spesen-Posten, wie: Gehalte, Miete, Steuern, Schrekers Oper Die Gezeichneten in Frankfurt ihre Urauf- Übersiedlungskosten, Abschreibungen u. dgl. keine führung. Am 24. Mai 1918 fand in Budapest die Urauf- Ermäßigung finden. (...) führung von Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg statt. Geradezu erschreckend gestalteten sich die Ver- hältnisse in den ersten Kriegsmonaten, in denen jede Geschäftstätigkeit und jeder Verkehr völlig stockte. Erst nach und nach begann in den zwei letzten Monaten des Jahres der Absatz im Inlande sich zu heben, aber auch Man war voller Hoffnung, in dieser Zeit fiel das Auslandsgeschäft beinahe gänzlich in eine wirtschaftlich prosperierende 9 weg und die vielen wertvollen Abmachungen, die sich auf Bühnen- und Konzert-Aufführungen, auf Reise- Zeit zu gehen. vertrieb, Inseratengeschäfte usw. bezogen haben, sind durchwegs zunichte gemacht worden. (…) Wir wollen noch der 14 Angestellten gedenken, die unter den Waffen stehen und hoffen, dass sie alle nach Kurz nach dem Krieg ging es weiter mit den großen einem siegreichen Frieden wieder an ihre Arbeit zurück- Namen, die ihre ersten Vertragsabschlüsse hatten: 1919 kehren werden können.« Walter Braunfels, 1920 , Zoltán ­Kodály, 1921 Ernst Krenek, Ottorino Respighi, 1922 Darius Die Universal-Edition überstand den Ersten Weltkrieg Milhaud, Francesco Malipiero, 1923 Alban Berg, Hanns erstaunlich gut. Auch während des Krieges wurde der Eisler, 1924 Kurt Weill. Betrieb aufrechterhalten und es kam zu ersten Vertrags- 1919 erschien zum ersten Mal die Halbmonats- abschlüssen mit folgenden Komponisten: Nach Franz schrift Musikblätter des Anbruch (bis 1937), die ab dem Schmidt, der 1914 zur UE kam, stießen 1915 Joseph Jahrgang 1922 (Heft 7) von Paul Stefan herausgegeben Marx und zum Verlag. wurde. 1923 trat Hans W. Heinsheimer als Leiter der Im Dezember 1916 schloss Hertzka auf Vermittlung Bühnenabteilung in den Verlag ein. Seine Erinnerungen von Max Brod, der selbst mit dem Verlag schon seit finden Sie auf den Seiten 14–18. 1910 wegen der Übernahme einzelner Kompositionen 1927 wurde Alfred Schlee über Vermittlung von in Verbindung stand, mit Leoš Janáček einen Verlags- Heinsheimer Mitarbeiter der UE, zunächst als Heraus­ vertrag. Janáček übergab zunächst seine Oper Jenůfa. geber der Vierteljahresschrift Schrifttanz (1928–1931).

1912 1914 1916 1917

Karol Szymanowski Franz Schmidt Leoš Janáček Béla Bartók Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Bald wurde ihm die Repräsentanz der UE in Berlin ange- oder Hugo Wolfs, … wie stand es erst um die Auswirkung boten, ein Ruf, dem er »freudigst folgte« (siehe Seite 19). der Musik Mahlers und Schönbergs? Was sich hier, in den Als Emil Hertzka 1932 starb, ging eine Ära zu Ende. Sälen dieses Hauses abspielte, wenn solche Musik erklang, Alban Berg erinnerte in seiner Trauerrede – gehalten übri- braucht nicht erzählt zu werden. Hatte auch Mahler eine gens im Brahms-Saal des Musikvereins – an die schwieri- große ›Gemeinde‹ gefunden, der musikalischen Welt gen Anfangsjahre: von damals war die Begeisterung dieser Gemeinde für diese ›sezessionistische‹, für diese ›Kapellmeistermusik‹ »Es genügt ein Rückblick auf 20 bis 30 Jahre, ja es ge- völlig unbegreiflich. So unbegreiflich, wie ihr die allge- nügt ein Blick auf das Programm dieser unserer Gedenk- meine Ablehnung der ›Kakophonien‹ des ›Hochstaplers‹ feier mit seinen drei Komponisten Bruckner, Mahler und Schönberg begreiflich und sympathisch war. Stand sie Schönberg, die, vereinigt in einem hier ja nicht einmal im Gegensatz zu Konzert zu finden, uns heute ebenso den Bestrebungen eines ›Vereines‹, selbstverständlich erscheint, wie es zu der Begeisterung einer ›Gemein- damals gewagt war, auch nur einen de‹, sondern nur zu der Ansicht einer von ihnen aufzuführen. Ich habe keine ganz kleinen Anhängerschaft, für die Erinnern Sie sich, meine Damen andere Antwort es keine andere Bezeichnung gab, als und Herren, was sich in den Sälen die ›Schönberg-Clique‹. dieses Hauses abspielte, wenn solche und für uns So sah also, vor einem Viertel- 10 Musik erklang. Selbst der damals Musiker gibt jahrhundert circa, die Auswirkung schon 10 Jahre tote Bruckner war weit dessen aus, was der Welt als neue von dem entfernt, was man allgemein es keine andere Musik vorgesetzt wurde, und von der ›anerkannt‹ und ›durchgesetzt‹ nennt. Erklärung als die: die Komponisten und ihre Vereine, Um sein Werk dem Verständnis der Gemeinden und Cliquen allen Ernstes for M usic N ew Y ork appe ; P feifer U niversal E dition courtesy of the K urt W eill F oundation Welt näher zu bringen, mussten Ver- Es war die Macht glaubten, sie müsste nicht nur aufge- eine gegründet werden, die sich die der Idee! führt und angehört werden, sondern Aufgabe stellten, durch einführende auch der Nachwelt erhalten bleiben, Vorträge und vierhändige Aufführun- also gedruckt – also verlegt werden! gen seiner Symphonien – ich erlebte Ich muss schon sagen, dass es selbst so etwas in diesem Saale hier für einen Geschäftsmann – und – das zu machen, was man heute Propaganda nennt, und das ist der Verleger immerhin – eine gehörige Zumu- was damals für Bruckner eben noch notwendig war. Ja tung bedeutet, eine solche Ware zu vertreiben, eine selbst seine Schüler und die, die als seine nächsten Freun- Ware, die die Konsumenten als ungenießbar abgelehnt de galten, hielten es damals noch für angemessen, seine hatten. Wenn Sie, meine Damen und Herren, sich das B raunfels ; M aria H albich orst T alter Werke zu retuschieren, sie mit weitgehenden ›Strichen‹ vergegen­wärtigen, und sich die Diskrepanz dieser beiden zu versehen, sie also – um sie für die musikalische Welt ­Interesse-Sphären vor Augen halten, so werden Sie es überhaupt genießbar zu machen – zu verstümmeln. nicht übertrieben finden, wenn ich eingangs von einer War also die Pflege selbst dieser Musik damals noch ›schier unüberbrückbaren Kluft‹ zwischen Künstler und ein Problem und mehr eine interne Angelegenheit von Verleger sprach, ja von der ›Feindschaft‹, die entstehen

Vereinen, die Bruckners Namen trugen oder den Wagners muss, wenn zwei solche Welten aneinander geraten. © E rbengemeinschaft W

1919 1920 1921

Walter Braunfels Anton Webern Zoltán Kodály Ernst Krenek Mai 2014 Musikblätter 7 © U niversal E dition

Und dennoch! Was nicht zu erwarten war, und gegen alle rechnerische Logik, gegen alle kaufmännische Usance spricht: geschah! Es fand sich ein Geschäftsmann, der sich in diesem scheinbar aussichtslosen Kampf zwischen Produzenten und Konsumenten auf die Seite dessen stellte, der nicht nur der wirtschaftlich Schwächere war, sondern der auch sonst nie Recht behalten hatte!: Denn was bedeutete schon dieses Häuflein Musiker im Ver- gleich mit der Weltmacht der damals anerkannten Musik; was machte es schon aus, dass sich zu dem (wenn es viel waren) einen Dutzend junger Komponisten ein paar publizistische Helfer fanden; und wenn selbst ein paar Aufführungen ›Sensation‹ erregten, also ein geistiges Plus erzielten, welches über das Minus des Defizits nicht hinwegtäuschen konnte; wie musste das Gehirn eines die sonst in Wien nichts durchgesetzt und zur Geltung Kaufmanns (und, wie sich später herausstellte, eines, der gebracht werden kann, wie die der Presse, wie die der sein Geschäft versteht) beschaffen sein, dass er sich für Wiener Gesellschaft, ›soweit sie Rang und Namen‹ haben so etwas entschließen konnte, für etwas, was damals und ›Beziehungen‹ zu den ›Spitzen der Behörden, der weder zur Ehre gereichte, noch Aussicht auf materiellen Kunst und Wissenschaft‹. 11 Erfolg hatte, und von dem daher auch kein Verleger Welche Macht war es also, die hier etwas vollbrach- der Welt etwas wissen wollte; was musste nur in einem te, was sonst ohne die Mitwirkung jener Faktoren fast Kaufmanns-Hirn vor sich gehen, um diese paar musikali- undenkbar erscheint? schen Ereignisse als den Beginn einer Bewegung über- Ich habe keine andere Antwort und für uns Musiker haupt zu erkennen, einer Musikbewegung, die dann ein gibt es keine andere Erklärung als die: Es war die Macht Vierteljahrhundert eine bleiben sollte, ja die einzige blei- der Idee! Der Idee, die mit der ›Musikbewegung‹, von ben sollte, von der man sagen kann, dass sie heute noch der ich früher sprach, in die Welt gesetzt wurde, und auf eine Bewegung ist. Und wir müssen uns schließlich noch welche Idee das gesamte geistige Soll und Haben dieses fragen: über welche Macht gebot dieser kleine Kauf- Verlages zurückzuführen ist, und selbst der materielle mann – denn das war er damals – solche phantastischen Erfolg, der nicht ausblieb, selbst die reale Macht, die Erkenntnisse zu Plänen werden zu lassen, diese in die Tat schließlich von diesem Verlag ausging, die führende umzusetzen, und sie dann im Lauf eines Vierteljahrhun- Stellung, die er heute einnimmt. So dass es Sie, meine derts der gesamten musikalischen Welt unwiderstehlich Damen und Herren, und auch die Nicht-Musiker unter mitzuteilen, sie ihr förmlich aufzuzwingen? Ihnen, nicht wundern wird, wenn ich behaupte, dass Wir wissen, dass es nicht eine jener Mächte war, in der Vorstellung von uns Komponisten dieser geistige auf die fast alles zurückzuführen ist, wenn große und Begriff, der von dem Wort ›Universal-Edition‹ ausgeht, erfolgreiche Unternehmungen, und selbst solche geistiger eine viel wichtigere Rolle spielt, als dass dies zugleich der Natur, ins Leben gerufen werden, dass es also nicht die Name eines so gutgeführten, so glänzend organisierten Macht des Geldes war und nicht die der Stellung; ja, und dementsprechend: so erfolgreichen Verlagsgeschäftes dass es nicht einmal einer jener Machtfaktoren war, ohne ist; und Sie nicht wundern wird, wenn ich – auf die Gefahr

1922 1923 1924

Darius Milhaud Gian Francesco Malipiero Alban Berg Hanns Eisler Kurt Weill Universal Edition 100 Jahre im Musikverein © A rnold S chönberg C enter Wi en

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»Ich meine, da könnten Sie mir hier, indem Sie ein wenig nur von Ihren geschäftlichen Prinzipien abgehen, diesmal einen günstigeren Vertrag machen (…), und erwarte mir von Ihrer Noblesse, daß sie dem guten Kaufmann einen Possen spielen wird.« Arnold Schönberg (re.) an Emil Hertzka (li.), 1911 Mai 2014 Musikblätter 7

hin, dass es paradox klingt – weiter behaupte, dass es gar »Der Direktor der Universal Edition nicht so sehr auf alles das ankommt, was sonst gepriesen wird, wenn ein großer Verleger stirbt, wie er.« oder der UE, als die sie allgemein bekannt war, war Emil Hertzka, eine Aus dem Handel mit Noten hatte sich »ein Institut mit kultureller Mission« entwickelt, wie dies Alfred Schlee auffallende Erscheinung, wo immer er 1976 in einem Ausstellungskatalog zum 75. Geburtstag sich zeigte, denn er trug einen imposanten der Universal Edition formulierte: Brahmsbart und die wallende Frisur »Dadurch, dass sich das Hauptaugenmerk von der des romantischen Künstlers. Die Macht Vergangenheit auf die Gegenwart verlagerte, ergab sich notwendigerweise eine Planung mit langfristiger, Genera- und die Herrlichkeit, die er seinem tionen überdauernder Zielsetzung in die Zukunft. Mit der Verlag so eifrig verschaffte, standen Instinktsicherheit eines Wünschelrutengängers erkannte man schöpferische Begabung noch im Verborgenen und in seltsamem Widerspruch zu seiner erlag gern der Verführung, eine Produktion aufzubauen, normalerweise schäbigen Kleidung, und für deren Auswahl Qualität und Fortschrittlichkeit maß­ gebender waren als unmittelbarer materieller Erfolg. ein etwas provozierendes Detail war, 13 Durch den Zerfall des Kaiserreiches war aus dem dass dieser Förderer zeitgenössischer nationalen Verlagsprogramm, das Werke des Vielvölker- staates enthielt, ein internationales geworden. Es lag Musik schwerhörig war. Ich hatte jedoch auf der Hand, die Internationalität nach allen Richtun- häufig Grund zu der Annahme, dass gen zu erweitern. Weltoffenheit und echtes Mittlertum zwischen Schaffenden und Empfangenden aller Länder er bedeutend weniger taub war, als er zugleich mit der Erhaltung der Unabhängigkeit wurden seine Gesprächspartner glauben machen auch in den Zeiten der schwersten Prüfung als eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit wollte, ein sehr schlauer, wenn auch nicht und als Rechtfertigung für den Standort im heutigen immer fairer Trick. Die Würde seiner Österreich angesehen. Verlacht, verhöhnt, beschimpft und verdächtigt Erscheinung war ebenfalls ein taktisches wurden wir lange genug. Wir teilen damit das Schicksal Mittel, um seine außergewöhnliche derer, die wir zu fördern bestrebt sind. Es grenzt an ein Wunder, dass es gelang, den Verlag, für dessen Ambiti- Raffiniertheit zu tarnen.« onen oft die vorhandenen Mittel nicht genügten, durch Aus: Ernst Krenek »Im Atem der Zeit – Erinnerungen an die Moderne« alle Schwierigkeiten hindurchzulavieren. Persönliche (Verlag Hoffmann und Campe) Beziehung bis zur Freundschaft zwischen Mitarbeitern © Copyright by Gladys N. Krenek des Verlages und Komponisten, Interpreten und Veran- staltern haben geholfen, die gemeinsamen Ziele leichter zu erreichen. Gelegentliche menschliche Unzulänglich- keit, Misserfolge sowie berechtigte und unberechtigte Beschwerden konnten unsere Vorsätze nicht erschüttern. Immer aber mussten alle Kräfte voll eingesetzt werden, um die Balance zwischen Wollen und Können, zwischen Mäzenatentum und Geschäft, zwischen Ehrgeiz und Scham schicklich herzustellen.«

Mitarbeit: Katja Kaiser (Textarchiv), Angelika Dworak (Fotoarchiv) Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

»Hertzkas instinktiver Wünschelrutengeist«

Hans W. Heinsheimer

Die ersten Eindrücke sind oft die bleibendsten. Das Buchstaben auf schwarzem Marmor über einer alters­ Allererste, was mir ins Auge fiel, als ich, gerade frisch- gebeizten Holztür: K. K. Gesellschaft der ­Musikfreunde. fröhlich als neugebackener Dr. jur. aus Deutschland Ich schaute mich hastig um, zog – man kann nie angekommen, um einen Posten als Volontär bei der ­wissen, vor allem, wenn man ein eben erst Zugereister Wiener Universal-Edition anzutreten, das Musikvereins- ist – verstohlen den Hut und begann eine ausgetretene gebäude von der Bösendorferstraße her betrat und mich Stein­treppe hinaufzuklettern. Oben, im ersten Stock, so 14 zur Portierloge wandte, um nach dem Weg zu fragen, hatte ein kleines Zeichen gesagt, waren die Büros der war ein kleines, kritzeliges Schild an der Universal-Edition. verschlossenen Logentür: »Bin plakatie- Die Stufen, die dann weiter hinauf ren.« Ich wusste es damals noch nicht, zur Bibliothek und zum Archiv der aber es wurde mir bald genug klar. Die Stufen Gesellschaft der Musikfreunde führten, Wien, Österreich, hatte mich symbolisch diese Stufen hatten vor mir Gustav willkommen geheißen. hatten vor mir Mahler und Anton Bruckner, Hugo Wolf Der symbolische Pförtner, so stellte Gustav Mahler und Johann Strauß, sich später heraus, war, wie alltäglich, und den Erzherzog Eugen getragen. auf ein prolongiertes Gabelfrühstück in getragen. Ich hielt den Hut noch immer in der der Schwemme des Hotels Imperial, und Hand. Jeder Schritt wurde in Ehrfurcht so hatte ich mich ungeleitet weiterzu- gesetzt. Aber am Abend, als ich, behu- tasten. Ich war in einer weiten Einfahrt, ein gepflasterter tet, wieder hinabstieg, waren die Geister verschwunden. Weg, fast eine Straße, gerade breit genug, um einen Hatten mich am Morgen Bruckner und Brahms geleitet, Zwei- oder gar einen Vierspänner passieren zu lassen so dachte ich jetzt an Schönberg, Bartók und Janáček. und die prominenten Insassen trockenen Fußes und Ein einziger Tag in der U.E. selbst in der armseligen Posi- unbehelligt vom gaffenden Pöbel zu kaiserlichen Logen tion eines Volontärs, hatte mein Leben geändert und für oder Künstlerzimmern zu bringen. Als ich das ­schmale immer bestimmt. Trottoir weiterging, hatte ich mich an die Wand zu ­drücken, um Kutschen mit Richard Wagner oder Pade- Die Universal-Edition, seit 1914 und bis zum ­heutigen Tag rewski oder gar mit dem Kaiser Franz Joseph persönlich im Musikvereinsgebäude situiert, wurde 1901 von einer passieren zu lassen. Gruppe von Wiener Interessenten unter der Führung einer Zur Linken eine dunkle Tür mit undurchsichtigem Glas der sagenhaften Figuren des österreichischen Musikver- – erst später erfuhr ich, dass sie nichts Geheimnis­volleres lages gegründet, des Kommerzialrates Weinberger, des verbarg als das staubig-düstere Lager der Universal- Verlegers von Franz Lehár und zahlloser ähnlicher Köst- Edition – und dann, am Ende des imposanten Korridors lichkeiten. Die Gründer hofften, eine neue, grün- und ein paar Stufen zur Linken. War ich noch immer von den rosenfarbene, mit einer im Jugendstil verschnörkelten Geistern meiner Phantasie umgeben? Nein, da stand, Leier verunzierte Ausgabe der Klassiker könne erfolg- im hellen Morgenlicht des republikanischen Wiens von reich mit den alteingeführten Editionen konkurrieren. 1923, in schönen, scheinbar für die Ewigkeit gemeißelten Sie begannen mit Haydns Klaviersonaten U. E. Nr. 1 und Mai 2014 Musikblätter 7

hatten nach einem Jahr bereits die erstaunliche Anzahl Max von Schillings, Alban Berg, Anton von Webern und von 500 Titeln in ihrem jungen Katalog. Sie machten Dutzenden und Dutzenden anderer. gute Fortschritte in Nordbulgarien und gewissen Regio- Was hätte es für einen jungen Volontär ­Schöneres nen Rumäniens, aber darüber hinaus erwiesen sich ihre geben können, als in solcher Umgebung Bleistifte zu ­Hoffnungen als trügerisch. Nach sechs Jahren hatten sie spitzen, Linien auf gelbes Papier zu ziehen und zu war- einen Katalog von 1550 Nummern, ein vollgestopftes ten, bis – sehr, sehr selten am Anfang, aber dann immer Lager und einen minimalen Umsatz. Da erinnerte sich häufiger – die Klingel in meinem winzigen Büro schrillte, 15 einer der Gründer an einen Geschäftsmann, der in der »His Masters Voice«, wie wir sie nannten, um mich in Textilbranche reüssiert hatte. Emil Hertzka, ein hoch- Hertzkas ragenden Saal zu rufen, durch dessen bogenar- gewachsener Mann mit imposantem Bart, blitzenden, tige Fenster man im Winter die schönen Säulen der Karls- durchdringenden und immer etwas misstrauischen kirche und im Frühling und Sommer den Flieder und die Augen und einem breitkrempigen Schlapphut, wurde mit Bäume, und das ganze Jahr die Zweierlinie sehen konnte. der Leitung des wankenden Unternehmens betraut. Er Man musste direkt eintreten, man konnte an der schwer- sollte retten, was noch zu retten war, oder nötigenfalls gepolsterten, schwarzen Tür nicht anklopfen. Da war liquidieren. Stattdessen machte er aus der U.E. eines der dann oft ein für immer unvergesslicher Besucher, dem ich führenden Musikverlagshäuser der Welt. Er blieb der vorgestellt wurde. Alban Berg etwa, zu dessen - allein­herrschende Boss, der »Herr Direktor«, in seinem Premiere ich den großen Chef im Dezember 1925 nach Fall ein Titel von Gottes Gnaden (schon der Gedanke, Berlin begleiten durfte. Oder Béla Bartók, scheu, leise, dass jemand ihn Emil nennen könne, war Majestätsbelei- digung, und sogar seine Frau sprach von ihm nur als vom Herrn Direktor), bis zu seinem Tode im Jahre 1932, gerade rechtzeitig, bevor die große Flut die meisten seiner Er sollte retten, was noch zu retten war, Errungenschaften für viele Jahre fortschwemmte. Hertzka war von Anfang an nicht interessiert an oder nötigenfalls liquidieren. Haydn-Sonaten. In den ersten Jahren seiner Amtsführung schloss er bereits Exklusivverträge mit Gustav Mahler, Arnold Schönberg und Franz Schreker. Er erwarb die leicht verletzt, unendlich liebens- und verehrenswert, wie Bruckner-Symphonien und Messen von anderen Verlagen. ich ihn kennen sollte bis zu seinem letzten Tag in New Er ging über heimatliche Grenzen und brachte Alfredo York mehr als zwanzig Jahre später. Heinrich Kaminski Casella aus Italien, Karol Szymanowsky aus Polen, kam, mit Schillerkragen und Wadenstrümpfen: Er und Leoš Janáček aus Mähren, aus England Hertzka waren besonders gute Freunde, und ­Hertzka in die U.E. Er druckte die Lieder von Joseph Marx und besuchte ihn und seine Familie oft in einem oberbayri- Leo Blech, den großen Balletterfolg Klein Idas Blumen schen Nest, wo er wohnte. Sie sprachen sich gut, denn von Klenau, Julius Bittners Das höllisch’ Gold und wurde sie waren beide Antialkoholiker und Vegetarier, obwohl der Verleger und damit der Freund, Vertraute und Hertzka, wie in allem, auch hier ins Überdimensionale Berater von Béla Bartók, Zoltán Kodály, Darius Milhaud, ging. Ich zittere noch heute, wenn ich an ein festliches Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Essen im Hause von Walter Braunfels in Köln zurück- Außer den Bewährten, den Arrivierten, den »Meis- denke (auch er einer von Hertzkas sehr geschätzten und tern«, gab’s Altersgenossen – Komponisten wie Ernst unermüdlich verlegten Komponisten), zu dem köstlich Krenek oder Kurt Weill, beide im selben Jahr 1900 gebratene Hühner aufgetragen und Hertzka, dem natürli- ­geboren wie ich. Sie waren meine Kameraden. Es war chen Ehrengast, als erstem angeboten wurden. »Danke«, leicht, uns zu verstehen und unsere Schlachten gemein- © U niversal E dition sagte er mit gehobener Stimme, »danke, ich esse keine sam zu schlagen. Aber in seinen Beziehungen zu dieser Tierleichen.« jüngeren Generation zeigte sich Hertzkas instinktiver In Hertzkas Vorzimmer, von seinem Prunkraum durch Wünschelrutengeist aufs Brillanteste. Oft war es ein eine ungepolsterte, also anklopfbare Tür getrennt, saß durchaus unkommerzielles Werk, ein Streichquartett an einem Rollschreibtisch Fräulein Rothe, ganz allein, etwa oder, wie im Falle Kurt Weills, ein Liederzyklus zu was ihr großes und gewiss geplantes Prestige gab, da Texten von Rilke, das ihn veranlasste, jungen, unbekann- alle übrigen Büros buchstäblich mit Personal vollgestopft ten Komponisten Verträge und ein monatliches Stipen- waren. Fräulein Rothe war sogar länger als Hertzka selbst dium anzubieten, das für sie lebenswichtig war. Er hielt bei der U.E. Sie war der Zerberus, der eifersüchtig die Tür ihnen, oft durch viele Jahre, die Treue, bis dann plötzlich zum Allerheiligsten hütete, Privatsekretärin für Briefe, eine Dreigroschenoper oder ein Johnny spielt auf die die in der Regel mit der Anrede »Mein lieber Meister« an deprimierend sich auftürmenden Vorschüsse über Nacht ­Hertzkas Komponisten hinausgingen, Mutter, oder viel- von der Tafel wischte und aus einem ein wenig hoch- 16 leicht eher Tante der Sekretärinnen des Unternehmens, mütig, ungeduldig geduldeten Herrn Krenek oder Herrn die mit jedem Liebes- oder anderen Kummer zu ihr ka- Weill einen »lieben Meister« machte. Nach Hertzkas Tod men, und für viele von uns, deren Salär gegen Ende des wurde alles schnell anders. Statt eines genialischen Men- Monats schon längst den mannigfachen Verlockungen schen sahen uns säuerliche Bankiers mit offensichtlichen des Wiener Lebens geopfert worden war, eine ständige Anzeichen von Magengeschwüren über die Schulter, und Quelle von Vorschüssen, die man erst nach langen Pre- was sie sahen, war in jenen Jahren sich rasch anbahnen- digten, der Versicherung, dass das aber ganz bestimmt der Katastrophen nicht schön. Bald wurde alles auf das das letzte Mal sei, und der Bemerkung bekam, dass der absolute Minimum reduziert. Bevor es den Nullpunkt erreichte, trug mich ein gnädiges Geschick in den ersten Märztagen 1938 nach Amerika. Nach dem Krieg kam ich wieder nach Wien auf Nach Hertzkas Tod wurde alles schnell anders. Besuch. Das Musikvereinsgebäude war unversehrt, nur die russischen Inschriften auf dem Trottoir gegenüber und die spanischen Reiter und vermummten Schildwa- chen ums Hotel Imperial, die sogar dem plakatierenden verschwenderische Bittsteller ein »Niegerl« sei, was halb Portier den Zutritt zur geliebten Schwemme verwehrten, wie ein strenger Tadel, halb wie eine Liebkosung klang waren neu. Die alten Stiegen waren noch da, vielleicht und von der keiner wusste, was sie bedeutete. ein wenig mehr ausgetreten. Im Empfangsraum der Um die Mittagszeit, wenn das Wetter es erlaubte U.E. dasselbe unsichere Dunkel, nur eine fesche Junge, (wenn nicht, wurde der Lunch im Direktionszimmer, das wo eine verschrumpelte Alte nach Stand, Namen und eine anheimelnde Nische mit einem grasgrünen Sofa Begehr gefragt hatte – inspirierendes Zeichen einer hatte, ausgepackt und serviert), marschierte der Herr neuen Zeit. In ­Hertzkas großem Büro hing sein Bild mit Direktor eilenden Schrittes, gefolgt von Fräulein Rothe, Bart und Hut und blitzend-spöttischen Augen über dem zu einem vegetarischen Restaurant, im zweiten Stock grünen Sofa. Mein alter Freund und Kollege Alfred Schlee eines brüchigen alten Hauses am Naschmarkt gelegen, saß an Hertzkas Schreibtisch, ein anderer hatte sich in und viele von uns, die auf ihre Karriere bedacht waren, Fräulein Rothes privatem Reich einquartiert, ein dritter – marschierten mit, aßen entsetzliche Grünkernschnitzel man brauchte offenbar eine Troika, um den einmaligen und tranken Rüben- oder sonst einen grauenhaften Saft, ­Hertzka zu ersetzen – hatte sein Hauptquartier in London gingen aber dann auf dem Rückweg diskret verloren, um und kam, ein unermüdlicher Patriarch, ab und zu ange- beim Kaserer im Stehen ein Saftgulasch zu absolvieren. flogen. In den Kulissen wartete die nächste Generation. Mai 2014 Musikblätter 7

Oben: Alfred Schlee (Dritter von li.) 1929 mit Kolleginnen und Kollegen im sogenannten Bruckner-Zimmer. Hier unter­ richtete und komponierte Anton Bruckner, als der Halbstock das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde beherbergte. Vermutlich fanden hier auch die beiden Unterrichtseinheiten statt, die Gustav Mahler bei Bruckner erhielt. Heute arbeiten im Bruckner-Zimmer Dr. Isabella Hangel (li.; Copyright) und Irene Baumann (Licensing). Unten: »In Hertzkas Vorzimmer, von seinem Prunkraum durch eine ungepolsterte, also anklopfbare Tür getrennt, saß an einem Rollschreibtisch Fräulein Rothe, ganz allein, was ihr großes und gewiss geplantes Prestige gab«, erinnerte sich Hans W. Heinsheimer. Heute arbeitet in diesem Zimmer Eric Marinitsch (Head of Promotion). Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Das ganze Arsenal der neuen Alles schien wieder nach vorwärts zu Neuen Musik mann zu zweifeln begann – für uns zielen, wie in den alten, schönen Tagen. war’s hübsch zu denken, dass die jungen

Alles ging mit der neuen Zeit – elektroni- Herren nun risikolos all die Pfeile und ainwright sche Partituren mit Nummern und Pfeilen, Nummern und Wäscheklammern und Pa- aleatorische Musik mit Pfeilen und Nummern, riesige Pa- piermachérollen produzieren und auf herrliche Reisen ge- piermachérollen, in denen Klavierstücke von Stockhausen, hen können, weil der abgesetzte Wozzeck von 1925 und komplett mit Wäscheklammern, geliefert wurden, mit die verbotene Lulu von 1935 die internationalen Goldgru- Hans W. denen man die Noten ans Klavier heften konnte. Filme, ben von heute sind, weil Webern gespielt wird wie Strauß,

Heinsheimer Tonbänder – das ganze Arsenal der neuen Neuen Musik. weil Schönberg mit einer Gesamtausgabe seiner Werke © F rances H einsheimer W Eine Schauspielabteilung war entstanden, eine Musikalien­ anerkannt wird, weil Janáček der Puccini der siebziger handlung, die hinter einem sentimental-walzerischen Jahre zu werden verspricht, Mackie Messer der ungekrönte Namen den modernsten Firlefanz des Hi-Fi-Zeitalters Jukebox-König ist und Bartók, der vor fünfundzwanzig anbot. Eine Rote Reihe (»Lange bevor Rot zur Farbe der Jahren in Armut starb, heute ein reicher Mann wäre. Revolution gemacht wurde, war es die Farbe der Liebe. Seit dem Krieg hat die U.E. 46 neue Komponisten in Für die Rote Reihe bedeutet es beides«, sagt der Prospekt) ihren Verlag aufgenommen von Apostel bis Wolkonsky, befasst sich mit neuem Unterrichtsmaterial, eine andere, alphabetisch gesprochen. Einer von ihnen wird halt die schlicht und farblos einfach Die Reihe geheißen, versucht Miete im Musikvereinsgebäude zahlen müssen, wenn das in der mysteriös-unverständlichen Sprache der neuen Neu- 200-Jahr-Jubiläum kommt.

en Musik die neue Neue Musik zu erklären. (Erschienen in »Die Presse«, 23. 5. 1970; zum 100-Jahre-Jubiläum Es war alles großzügig, interessant und teuer und des Wiener Musikvereins) gewiss nicht von magenkranken Bankiers, sondern von unternehmenden und hellsichtigen modernen Musik- verlegern geplant. Die vielen jungen Männer, die es Hans W. (Walter) Heinsheimer (1900 Karlsruhe–1993 ausdachten und produzierten und propagierten – die New York City) war ein österreichisch-amerikanischer ­Volontäre der siebziger Jahre –, waren geschäftig am Musikverleger, Autor und Journalist. Er übernahm mit Werk von früh bis spät, genau wie wir es gewesen 23 Jahren die Bühnenabteilung bei der Universal-Edition in waren, die Volontäre der zwanziger Jahre. Alle sind Wien und setzte sich u. a. für Alban Berg, Kurt Weill und ständig auf Reisen zu Musikfesten, wo Musik mit Pfeilen Leoš Janáček ein. Er schrieb viele Artikel für die Musik- und Nummern und Wäscheklammern aufgeführt und zeitschrift Anbruch, auch über Themen des Musikbetriebs diskutiert wird, wo Filme surren, Ton- und Bildmontagen und der Musiksoziologie. Heinsheimer, der sich 1938 zum aufleuchten, zerfetzte Zitate von Mao und Fidel Castro Zeitpunkt des Anschlusses Österreichs an das Dritte Reich durch die Luft schwirren, zehn Tonbänder gleichzeitig aus beruflichen Gründen in New York aufhielt, kehrte nicht zu hören sind. Für uns, die dabei waren, als Wozzeck nach Österreich zurück. Er arbeitete in den USA für den abgesetzt und Lulu verboten und Webern ausgelacht und Musikverlag Boosey & Hawkes, in dem nun die Arbeiten Schönberg verhöhnt wurde und Kurt Weill so tief in der des 1940 emigrierten Komponisten Béla Bartók erschienen, U.E.-Kreide steckte, dass sogar der große Wünschelruten­ den er auch in Amerika bis zu seinem frühen Tod betreute. Mai 2014 Musikblätter 7

»Die Zukunft stand immer im Vordergrund«

Alfred Schlee

Als ich im Jahre 1927 den mir schon gut bekannten fragte, ob er mich in der Universal-Edition unterbringen könne, hatte ich keineswegs eine Lebens- stellung im Sinne. Bewunderung für die risikoreiche inter- nationale moderne Produktion des Verlages und seines © A lexander S chlee Leiters Emil Hertzka hatte mich neugierig gemacht, das Funktionieren eines solchen Apparates kennenzulernen. 19 Ich rechnete damit, zwei bis drei Jahre diesem Studium zu widmen. Mir wurde jedoch bald darauf die Repräsentanz der Universal-Edition in Berlin angeboten, ein Ruf, dem ich freudigst folgte. Berlin war damals – besonders auf musikalischem Gebiet – Mittelpunkt der Welt. Damals hat noch kein Mensch danach gefragt, ob die Universal-Edition ein jüdischer Verlag sei oder nicht. Doch die Situation hat sich dann rasch verändert, als unerwartet Hitler mit der bereits im Absinken begriffenen Nazi-Partei die Macht in Deutschland übernahm. Meine Einstellung zum Nationalsozialismus war eindeutig. Als Student hatte ich ein einziges Mal eine Rede Hitlers ge- hört und es für unmöglich gehalten, dass dieser Mensch Alfred Schlee (li.) hatte von Beginn an die persönliche Betreuung von je einen bedrohlichen Erfolg werde haben können. Dieser Pierre Boulez (re.) übernommen und lud ihn auf eine Hütte in die Alpen ein. schreckliche Irrtum verhinderte jedoch nicht, dass ich Doch leider war überall Nebel und man sah nichts. Da erwarb Schlee eine auch in schlimmsten Zeiten und tragischen Verwicklun- Postkarte und schenkte sie Boulez: »So sieht es hier normaler Weise aus.« gen unbeirrbar die Überzeugung wie ein Wissen auf- Boulez erinnerte sich später an diese Episode mit den Worten: »Schlee hat recht hielt, dass dieses Regime auf eine absehbare Zeit immer die Ansichtskarte der Utopie gekauft.« begrenzt sein werde. Meine Tätigkeit erhielt nun einen neuen Schwer- punkt. Der größte Teil meiner neu erworbenen Freunde verließ nach und nach Berlin. Die meisten wichtigen satz für den Verlag warnen, und das erfüllte mich mit ­Werke des Verlagskatalogs gerieten unter den Boykott Schrecken. Alarmzeichen dieser Art bewirkten, dass sich nazistischer Rassen- oder Kulturgesetze. Die UE selbst meine Überlegungen auf das Überleben des Verlags zu geriet unter Beschuss. Eine gezielte Hetze gegen die konzentrieren begannen. Aber mein Vorschlag, in der jüdischen Leiter, Mitarbeiter und Autoren des Verlages Schweiz eine Ausweichfirma zu gründen, fand nicht die setzte jetzt auch in Wien ein. In der österreichischen Zustimmung meiner Wiener Vorgesetzten. Sie fühlten Botschaft in Berlin, wo ich Rat holen wollte, gewann ich sich in Österreich sicher und hielten mich für einen von den Eindruck, man wolle mich vor allzu starkem Ein- den Nazis geschreckten Pessimisten. Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

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Alfred Schlee (ganz links) feierte am 19. November 1991 seinen 90. Geburtstag und alle waren sie ins Wiener Konzerthaus gekommen: Martin Haselböck, Günter Kahowez, Rolf Liebermann, , Irvine Arditti und David Alberman (Violine), Harald Ossberger (Klavier), György Kurtág, Beat Furrer, Paul-Heinz Dittrich, Pierre Boulez, , Francis Miroglio, Wolfgang Rihm, , Arvo Pärt (halb verdeckt), Hans Zender, Nigel Osborne, Thomas Daniel Schlee, Francis Burt, Roman Haubenstock-Ramati, Zygmunt Krauze Mai 2014 Musikblätter 7

Doch 1938/39 ging es der UE an den Kragen. Der »Geben Sie mir Ihre Werke exklusiv, ich verspreche Wiener Verlag wurde vom deutschen Verlag Schott aufgekauft. Ein Angestellter von Schott jedoch, der den Ihnen, dass ich sie, wenn die Schweinerei vorbei Verlag Peters »arisiert« hatte, überzeugte das zuständige ist, drucken werde. Schicken Sie die Partituren Ministerium, Schott sei nicht »zuverlässig« genug, und so wanderte die UE weiter in das Eigentum von Peters – an unseren Freund Kurt Hirschfeld ans das Kapital dazu stammte aus dem Bereich Görings. In Schauspielhaus Zürich – von dort werden sie mich Wien gab es dann kommissarische Verwalter. Wir hatten Schutz, es waren anständige Menschen auch gegenüber dann erreichen. Ich kann natürlich die Werke jetzt Heinsheimer und Direktor Winter, dessen Auswanderung nicht drucken – aber Vertrauen gegen Vertrauen.« durch diese Leute möglich wurde. Nun kam es darauf an, achtzugeben, dass nichts pas- Alfred Schlee 1943 oder 1944 zu Rolf Liebermann, der diese Erinnerungen 1998 aufzeichnete siert, was die Universal-Edition in eine Situation bringt, durch die die Wiederaufnahme der internationalen Arbeit in der »Zeit nachher« unmöglich wird: Dass also der Grundstock bleibt, dass Manuskripte nicht verschwinden, Vordergrund der Überlegungen. Wenn man keine Angst 21 dass auch die verbotenen oder nicht gespielten Werke hatte, konnte man später auch bei den Russen vieles nicht verloren gehen, dass von ihnen reproduzierbare erreichen, und so ist es – mit Hilfe vieler Freunde – ge- Unterlagen erhalten bleiben, dass auch bei den Verlage- lungen, den Bestand des Verlages in Wien zu erhalten

© C harlotte O swald rungen wegen Bombengefahr im Falle des verlorenen und für den Tag der Befreiung die Wiederaufnahme einer Krieges diese Sachen in unseren Händen bleiben. Und unbehinderten Tätigkeit vorzubereiten. Als dann in Wien dabei gab es natürlich Auseinandersetzungen mit Peters. kein Schuss mehr fiel, begann die schönste Zeit meines Mit großer Hilfe Gottfried von Einems, vor allem Lebens. Als im Zuge der Wiederherstellung gleich nach dessen Mutter, wurde wertvolles Material in die Ramsau Kriegsende noch die Gefahr auftauchte, die UE könne verlagert. Es gab so etwas wie österreichischen Patrio- als »Deutsches Eigentum« verschachert werden, rettete tismus auch in Nazi-Kreisen, in denen sich Widerstand Egon Seefehlner die Situation. konnte die gegen die Ausplünderung bildete. Der damalige Bür- Aktiengesellschaft wiederherstellen und sich mit Ernst germeister in Wien, ein Nationalsozialist, hat mir sehr Hartmann, mir und einer Schar begeisterter junger Mitar- geholfen, weiters ein Beamter in der Kulturabteilung des beiter reiner Verlagsarbeit widmen. Magistrats. Die Gestapo kam nur einmal in die UE und (aufgezeichnet von Lothar Knessl) beschlagnahmte komischerweise nur Weill und Schen- ker. Die Notenschätze der UE sind demnach gleichsam halboffiziell abtransportiert worden, wurden unter dem Alfred Schlee (1901 Dresden–1999 Wien) war zunächst Titel »Bombenschutz« größtenteils in Kirchen verborgen; Repräsentant der Universal-Edition in Berlin, dann von in Zwettl, zum Beispiel hinter der Orgel, lagerten Werke 1938 an ausschließlich in Wien. In der Zeit der Nazi- von Weill und Schönberg. Privat hatte ich ein Haus am Diktatur versteckte Schlee Partituren u. a. in Kirchen Semmering gemietet, dort lagerten wir in einem Raum und in seinem Haus am Semmering oder brachte sie Partituren, Manuskripte und Stimmen, so dass man leicht ins sichere Ausland. Er schuf mit diesen Aktivitäten die neues Material wiederherstellen konnte. Solange noch Voraussetzungen dafür, dass es nach 1945 spielbares nicht Krieg war, funktionierte auch der Export ins Aus- Material jener Komponisten gab, die heute als Klassiker land. Das Interesse der Nazis an den Devisen war größer der Moderne gelten. Ab 1951 bildete er mit Alfred als ihre Sorge, das bekämpfte Kulturgut durch Export Kalmus und Ernst Hartmann den Verlagsvorstand. Er sogar zu fördern. brachte Komponisten wie , Pierre Ich habe in erster Linie nicht an den Augenblick Boulez, Luciano Berio, , , gedacht, sondern an die Zukunft, sie stand immer im Arvo Pärt und Wolfgang Rihm zum Verlag. Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Schönbergs »Jetzt«

Christopher Hailey

Einer bekannten Anekdote zufolge antwortete Schön- bezeichnend für die Auflösung der Tonalität waren. berg einmal auf die Frage eines vorgesetzten Offiziers der Wesentlich für Schönbergs »Schwierigkeit« jedoch war k. u. k. Armee, ob er der Schönberg sei: »Einer hat es sein die Konzentration der Entwicklung des musikalischen müssen, keiner hat es sein wollen. Da habe ich mich halt Materials von einem Augenblick zum nächsten. So hatte hergegeben.« Schönbergs entwaffnende Behauptung der Schönberg, noch bevor er die Emanzipation der Disso- Unvermeidbarkeit des eigenen Weges – ganz zu schwei- nanz erklärt hat, eingeleitet, was Martin Eybl einmal als gen von jener berüchtigten Prognose einer weiteren »die Befreiung des Augenblicks« bezeichnete. 22 100-jährigen Vormachtstellung der Dodekaphonie – war eine Provokation für seine vielen Kritiker, die sich darin Die Spannung zwischen diesem Fokus auf den Augen­ gefielen, darauf hinzuweisen, dass sich seine erhofften blick und der Notwendigkeit einer umfassenderen atonalen, zwölftönigen und seriellen Zukunftsvisionen strukturellen Geschlossenheit innerhalb des zerfallenden nicht durchgesetzt hatten. Aber Schönbergs Bedeutung tonalen Systems wird dann schließlich zu der Entwick- beruhte nie auf seiner Unvermeid- lung von Schönbergs »Methode barkeit oder seiner Art, Zukünf- der Komposition mit zwölf nur tiges zu definieren, sondern aufeinander bezogenen Tönen« darin, wie er die Gegenwart neu führen mit der Absicht, auf definierte. Es ist die Art, wie sich Geblieben ist jedoch kleiner und großer Skala neue Schönberg auf den Augenblick Schönbergs Präsenz – Beziehungen innerhalb eines einließ, die seine Musik mit ihrer atonalen Kontextes herzustellen. gespannten Energie erfüllt und eine beharrliche Präsenz. Der Anspruch des Systems war den Kern seines schöpferischen ästhetisch, sogar ethisch, ent- Vermächtnisses ausmacht. sprach aber nie einem Dogma, Es ist bezeichnend, dass wie von seinen Kritikern (und Alban Bergs bedeutender Aufsatz »Warum ist Schön- einigen seiner Anhänger) behauptet. Schönbergs eigene bergs Musik so schwer verständlich?« (Arnold Schönberg Anwendung seines Systems war sicher nicht doktrinär zum 50. Geburtstage, 13. September 1924. Sonderheft und seine kompositorischen Entscheidungen waren auch der Musikblätter des Anbruch, 6. Jg., August-September- weiterhin von musikalischem Instinkt und seinem Gehör Heft 1924, p. 329–341) gerade nicht ein atonales oder geleitet. Wenn Webern rigoroser war, so liegt das an zwölftöniges Werk behandelt, sondern Schönbergs einer radikalen Beschränkung der Mittel; Bergs Ansatz Streichquartett in d-Moll op. 7, um den »unermesslichen wiederum war expansiv, und er nahm außerordentliche Reichtum« in Schönbergs Kunst mit ihren komplexen Mühen in Kauf, um das Netzwerk tonaler Zusammen- motivischen Zusammenhängen, ihren sich kontinuierlich hänge in seiner Musik zu bewahren. Jedenfalls leisteten entwickelnden Variationen und vielschichtigen poly- die verschiedenen Strategien, mit welchen Schönberg phonen Strukturen aufzuzeigen. Berg bekräftigt das, und sein Kreis versuchten, dem neuen System eine indem er auf die rhythmischen Unregelmäßigkeiten, historische Folgerichtigkeit zu verleihen, der gängigen die asymmetrische Strukturierung der Phrasen und die Meinung Vorschub, die Verbreitung dieses »Systems« beschleunigten harmonischen Tempi hinweist, die schon sei der entscheidende Durchbruch der musikalischen Mai 2014 Musikblätter 7

Moderne gewesen, das eigentliche Verdienst Schönbergs Aleatorik in der Musik herausforderte. Die Ästhetik des und das Wesentliche seiner Unvermeidbarkeit. Augenblicks in Cages 4’33” schließt den Kreis zu dieser In seinem Aufsatz über Schönbergs »Schwierigkeit« grundlegendsten Dimension von Schönbergs Revolution: deutet Berg das allerdings an, wenngleich seine etwas Zeit. Eben dieses beharrliche »Jetzt« Schönbergs führte zurückhaltendere Vorhersage der 50-jährigen Dominanz zu einer erneuten Reaktion, dem Minimalismus, der sich des Komponisten sich im Allgemeinen als zutreffend seines eigenen 50 Jahre währenden Einflusses erfreute. erwies. Man könnte einwenden, dass Schönbergs spezi- fischer Einfluss, vor allem im akademischen Bereich und Die Antwort auf Schönberg, die in den 1960er-Jahren in 23 unter Berücksichtigung der Zwölftonmusik der 1950er- den Werken von Philip Glass, Steve Reich und anderen und 1960er-Jahre mit ihrer Bezugnahme auf Webern, bis in Erscheinung trat, war weniger eine Reaktion gegen in die 1970er-Jahre andauerte. Aber die schwindende Dissonanz, intellektuellen Anspruch oder zwanghaftes Vormachtstellung der Dodekaphonie verminderte die Dogma (obwohl das alles eine Rolle spielte) als vielmehr ­herausragende Bedeutung von Schönbergs atonaler das starke Bedürfnis, den Augenblick zurückzufordern, Revolution (die sogar Eingang in die Musiksprache ihn durch Entwicklung mit einer Art evolutionärer Hollywoods gefunden hatte) ebenso wenig wie den Reiz, Autonomie zu durchdringen. Ihre Werke sind auch die chromatische Skala vollständig zu nutzen, entweder eine implizite Reaktion auf Bergs Lob der Schwierigkeit melodisch, wie es William Walton in seiner 2. Symphonie Schönbergs, weil sie eine ganz andere Art des Hörens, tun sollte, oder systematisch wie in Luigi Dallapiccolas eine neue Art der Beziehung zum Publikum voraussetzen, kreativer Adaptation der Ideen Schönbergs. Im Laufe basierend auf einer ganz anders gearteten Beschaffen- der Zeit verlor Schönbergs Zwölftontechnik viel von ihrer heit des musikalischen Moments, radikal beschränkt in dogmatischen Aura und wurde zu einem historischen seiner Syntax und bedeutend langsamer fortschreitend. Artefakt, zu einem einfach verfügbaren und verschie- Es mutet deshalb wie eine köstliche Ironie an, wenn ein dentlich anwendbaren kompositorischen Werkzeug. früherer Minimalist, John Adams, mit einem seiner Werke Geblieben ist jedoch Schönbergs Präsenz – eine be- Schönbergs Kammersymphonie Tribut zollt; einem Werk, harrliche Präsenz –, die nichts von ihrer Anziehungskraft dessen Intensität und wilde Energie aus seinem Vorbild noch an Herausforderung eingebüßt hat – einschließlich ebenso wie aus Cartoons für Kinder Inspiration schöpft, der Fähigkeit, Reaktionen hervorzurufen (was etwas ganz eine gewollte Kollision verschiedener Welten ... wie anderes als Ablehnung ist). Die erste bedeutsame Reak- Schönberg es geliebt hätte. tion kam aus dem Inneren der Sache selbst. Mit seiner Ja, geliebt, denn es ist nicht verwunderlich, Schön- berühmten Proklamation vom Tod Schönbergs (in seinem berg in Gesellschaft von Mickey Mouse oder Charlie Aufsehen erregenden Aufsatz »Schönberg ist tot«) ver- Chaplin zu finden. Die Begeisterung für sie war schon suchte Pierre Boulez, Schönberg zu »überwinden« und lange geweckt, bevor der Lauf der Geschichte ihn nach seine Neuerungen von überlieferten Formen und Syntax Los Angeles führte, und zeigt, wie aufmerksam und unabhängig zu machen. Eine noch radikalere Reaktion, aufgeschlossen der Komponist kreativen Neuerungen ebenfalls von innen heraus, kam von John Cage, einem gegenüberstand. Schönberg hat sich nie einem Mode­ ehemaligen Schüler Schönbergs, der die Überheblich- diktat unterworfen, aber nur wenige Komponisten haben keit der intellektuellen Kontrolle durch die Idee der in ihren Werken eine Reihe historischer Momente mit Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

solch erschütternder Intensität aufgezeichnet. In diesem Energie und sinnlichem Reiz verbinden, was großen Ein- Sinn zählt er, wie auch Strawinsky oder Picasso, zu einer fluss auf unterschiedlichste Komponisten hatte. Anklänge neuen Generation von Künstlern im 20. Jahrhundert. an die Chorsätze in Glückliche Hand, Jakobsleiter und Man muss sich Schönbergs stilistische Entwicklung von vor allem Moses und Aron finden sich zum Beispiel bei der Spätromantik über den Expressionismus bis zum Neo- so unterschiedlichen Komponisten wie Penderecki und klassizismus, von der Verklärten Nacht und den Gurre- Feldman wieder, die Klangfarben des op. 16 kündigen die Liedern, über die Kammersymphonie und das Zweite Musik von Ligeti und Lutosławski an, und jeder Kompo- Streichquartett, von der Erwartung und Pierrot lunaire bis nist, der für großes Orchester schreibt, tut gut daran, das zur Serenade und der Suite für Klavier op. 25 vor Augen vorbildliche Beispiel klarer Transparenz der Variationen für führen. Eine gleichermaßen auffallende thematische Orchester op. 31 zu beachten. Das plakativste Beispiel für Entwicklung bestimmt die zweite Hälfte von Schönbergs Schönbergs Klangwelt ist natürlich Pierrot lunaire, der, Laufbahn, beginnend mit der »Weltanschauungsmusik« abgesehen von seinem formalen Einfluss auf Werke von der Jakobsleiter bis zu der »Bekenntnisoper« Moses und Komponisten wie Strawinsky, Boulez und Peter Maxwell Aron, von seiner Anprangerung des Faschismus in der Davies, die Kombination von Tasteninstrument, Bläsern Ode to Napoleon bis zu seiner Antwort auf den Holo- und Streichern paradigmatisch einführte und damit neue caust in A Survivor from Warsaw (Ein Überlebender aus Musikensembles bis heute definiert. Pierrot zeigt außer- 24 Warschau). Jedes dieser Werke, so unterschiedlich sie dem auf, wie Schönberg mit jedem Ausflug in neues Ter- auch sind, ist eine einzigartige Reaktion auf einen spezi- rain, mit jedem Fortschritt in der musikalischen Sprache, ellen Zeitpunkt; jedes sprengt sprichwörtlich eine Form gleichzeitig auch Fortschritte hinsichtlich Notation und oder schafft einen Präzedenzfall – wenn auch nicht für Aufführungspraxis entwickelt hat. Pierrots Sprechstimme, Schönberg selbst, für den es keine Wiederholung geben wenn auch nicht ganz beispiellos, öffnete die Tür zu den konnte. Er war von einer intensiven Vorwärtsbewegung erweiterten stimmlichen Techniken, wie sie heute Teil der getrieben, was erklären könnte, weshalb er so viele Frag- Ausbildung jedes Sängers sind. Darüber hinaus stellte mente und Torsos hinterließ – darunter Jakobsleiter sowie Pierrot lunaire in seiner Auslotung von Avantgarde und Moses und Aron, – die Zeugnis für eine rastlose, dem Kabarett (eine Welt, die Schönberg schon zuvor mit Augenblick geschuldete Kreativität geben. seinen Brettlliedern erkundet hatte) auf bahnbrechende Jeder einzelne dieser aufeinanderfolgenden Momen- Art eine Verbindung von unterschiedlichen Welten her. te in Schönbergs Entwicklung hat dauerhafte Spuren hinterlassen, nicht zuletzt, indem er neue Formen und Schönbergs facettenreiches Œuvre ist sicherlich ein Genres hervorgebracht hat. Verklärte Nacht verband Ergebnis der zerrissenen Zeit, in der er lebte, aber im Kammermusik mit dem symphonischen Gedicht; das Rahmen der Krisen der historischen Ereignisse hat seine Zweite Streichquartett fügte der Textur die Stimme hinzu; Entschlossenheit, sich die Kontrolle über seine eigene die Kammersymphonie regte eine Wiederbelebung Entwicklung zu sichern, für seine Zeitgenossen, vor allem des Kammerorchesters als symphonisches Medium an. für seine Schüler, einen hohen Maßstab gesetzt. Als Erwartung und Die glückliche Hand sind Vorläufer des Autodidakt war sein Zugang zur Musiktheorie ein sehr psychischen Monodramas und des modernen Gesamt- rigoroser und eigenwilliger – wie es in seiner großartigen kunstwerks, während Pierrot lunaire das Melodram neu Harmonielehre von 1911 deutlich wird – und dieselbe Art belebte. Zahlreiche spätere Arbeiten erfüllten traditionelle von individualistischer Denkweise erwartete er sich von Gattungen mit neuem Leben und brillantem Witz (Pace seinen Schülern. Die Begabtesten unter ihnen wie Anton Boulez!), zum Beispiel Suite, Serenade, Streichquartett, Webern, Alban Berg, Hanns Eisler und Nikos ­Skalkottas, Instrumentalkonzert und Variationsform. ob Anhänger oder Revoltierende, griffen solche An- sprüche zu ihrem Vorteil auf und schufen Identitäten Ganz abgesehen von der Frage nach Genre und Gattung von unverkennbarer Originalität. Ihr Beispiel wiederum zeichnet sich Schönbergs Musik durch den charakteris- inspirierte so unterschiedliche Komponisten wie Milton tischen Klang aus, in dem sich, wenn auch von Werk zu Babbitt, Luigi Nono, George Perle und Stefan Wolpe bis Werk unterschiedlich, immer Klarheit mit einer starken hin zu den heutigen Neoromantikern und Spektralisten, Mai 2014 Musikblätter 7

welche Sprachen und Stile gestaltet haben, die ihren auf dieselben literarischen Einflüsse – darunter Wede- Wiener Vorbildern gleichermaßen verpflichtet wie auch kind, Weininger und Wilde – zurück, die auch Schreker unabhängig von ihnen sind. angeregt haben; es gibt auch zahlreiche Berührungs- Kaum jemand würde heute seine ausschließliche zwischen Schönbergs Neigung zu philosophischer Loyalität zur »Zweiten Wiener Schule« erklären. Der Mystik oder Zahlensymbolik und den Theorien von Hauer. Begriff selbst hat tatsächlich viel von seinem historischen Eben dieses ausgedehnte Terrain der Wiener Moderne, Nutzen eingebüßt. Es ist sicherlich Schönbergs Verdienst, das die Räume zwischen den einst starren Kategorien den Prinzipien der motivischen Organisation, der sich ent- »tonal« und »atonal«, »fortschrittlich« und »konserva- wickelnden Variation und des formalen Zusammenhangs tiv«, »zeitgenössisch« und »modern« geöffnet hat, ist für neue Aktualität innerhalb eines modernen Kontextes heutige Komponisten reizvoll, die Systematiken ablehnen, gegeben, eine musikalische Prosa als Antwort auf die um sich unvoreingenommen auf die Suche zu machen, metrische Freiheit erweiterter Chromatik entwickelt und und sich dabei überlieferten Formen und Traditionen mit Aufführungs- sowie Interpretationspraktiken eingeführt neuem Interesse nähern. zu haben, um den Interessen der musikalischen Idee zu dienen – nicht zuletzt durch die Aktivitäten seiner Die ungebrochene Vitalität von Schönbergs Musik und »Gesellschaft für musikalische Privataufführungen«. In Ideen ist jedoch nicht seiner historischen Rolle geschul- dem Maß, wie Schönberg seinen Schülern und deren det, maßgeblich für die atonale Revolution gewesen zu 25 Nachfolgern normative Einstellungen und Verfahren ver- sein; sie lässt sich nicht auf irgendeine »Methode« oder mittelte, hat er eine »Schule« geschaffen. Aber die Blüte ein »System« eingrenzen; noch beruht sie auf seiner der Musik in Wien um 1900 war reich und vielfältig, wie ­zentralen Stellung innerhalb des weiten Phänomens man aus dem Katalog der Universal Edition ersehen kann, der Wiener Moderne. Vielmehr besteht sie in seiner der, dank der phantastischen Erwerbungen Emil Hertzkas, bemerkenswerten Fähigkeit, mit aufeinanderfolgenden ein großes Spektrum an Komponisten zusammenbrach- Zeitumständen und Milieus schöpferisch umzugehen. te, darunter Alexander Zemlinsky, Franz Schmidt, Josef ­Matthias Hauer, Julius Bittner, Franz Schreker, Joseph Marx, Egon Wellesz und Erich Wolfgang Korngold ebenso wie deren unmittelbare Vorgänger Bruckner und Schönbergs facettenreiches Œuvre ist Mahler sowie die Generation ihrer Schüler. Unser heuti- ges Verständnis der Wiener Moderne hat sich neben den sicherlich ein Ergebnis der zerrissenen Zeit. Genannten um andere Komponisten erweitert, die um die Wende des letzten Jahrhunderts in Wien gearbeitet haben. Als Ergebnis sehen wir, dass der Schönberg-Kreis Jedes einzelne der Werke Schönbergs ist eine Art Stel- alles andere als hermetisch abgeriegelt und die Preisgabe lungnahme zum Augenblick, unerwartet und unvorbe- der Tonalität keineswegs alleine für den musikalischen reitet, eine Erkundung der Möglichkeiten, in denen ein Fortschritt entscheidend war. Mahlers stilistischer Pluralis- Komponist hervortritt – sich buchstäblich »hergibt«, – um mus, Schrekers Besessenheit von Klangfarben, Zemlinskys den nächsten Moment in der sich entfaltenden Variation Experimente mit musikalischer Form, Wellesz’ Aneignung kompositorischen Denkens anzuregen. War Schönberg französischer und russischer Einflüsse – sie alle trugen unvermeidlich oder gar notwendig? Gewiss nicht. Gerade zu einem aufregend kreativen Umfeld bei, das bis heute deshalb wird er weiterhin beides sein. Komponisten in Staunen versetzt und anregt. Und trotz (Übersetzung: Angelika Worseg) ihrer unterschiedlichen Anliegen teilten diese Komponis- ten ein gemeinsames Wiener Erbe wie auch ein Spektrum thematischer Interessen. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn man die Einspielungen von Webern mit denen Christopher Hailey ist Direktor der Franz Schreker Zemlinskys hinsichtlich Phrasierung, Tempobeziehungen Foundation und war von 1999–2003 Gastprofessor des oder Akzentuierungen vergleicht; Bergs Opern greifen Arnold Schönberg Instituts in Wien 26

Alban Berg (1885–1935) Mai 2014 Musikblätter 7

Was ist atonal? 27 Interview mit Alban Berg im Wiener Rundfunk vom 23. April 1930

Also, verehrter Meister Berg, wir müssen beginnen! Das soll wohl heißen: Im Anfang war das Wort, oder Alban Berg: Fangen nur Sie an, es genügt mir, wenn ich besser gesagt, ein Wort, mit dem die Hilflosigkeit das letzte Wort habe. ausgeglichen werden sollte, mit der man einer neuen Erscheinung gegenüberstand. So sicher sind Sie Ihrer Sache? Alban Berg: Ja, das will ich sagen, aber noch mehr: Alban Berg: So sicher, wie man einer Sache sein kann, Diese Bezeichnung »atonal« geschah zweifellos in der an deren Entwicklung und Wachstum man selbst seit Absicht, herabzusetzen, so wie dies bei den zur selben einem Vierteljahrhundert Anteil genommen hat, und Zeit aufgebrachten Worten, wie arhythmisch, amelodisch, zwar nicht nur mit der Sicherheit, die einem Verstand und asymmetrisch der Fall ist. Während sich aber diese Worte Erfahrung gegeben haben, sondern – was mehr ist – mit nur zu einer gelegentlichen Kennzeichnung spezieller der des Glaubens. Fälle eigneten, wurde die Bezeichnung »atonal« – ich muss schon sagen: leider – zu einem Sammelbegriff für Also schön! Es ist wohl am einfachsten, wenn ich gleich eine Musik, von der man nicht nur annahm, dass sie den Titel unseres Dialoges aufgreife: Was ist atonal? keine Bezogenheit zu einem harmonischen Zentrum Alban Berg: Die Antwort lässt sich nicht leicht mit einer hat (um mich des von Rameau eingeführten Begriffes Formel abtun, die gleichzeitig Definition wäre. Dort, der Tonalität zu bedienen), sondern, dass sie auch wo dieser Ausdruck zum ersten Mal gebraucht wurde – allen anderen Erfordernissen der Musik, wie Melodik, wahrscheinlich in einer Zeitungskritik –, kann es, Rhythmik, formale Gliederung, im Kleinen und im wie das Wort deutlich sagt, natürlich nur gewesen sein, Großen nicht entspricht, so dass die Bezeichnung heute um eine Musik zu bezeichnen, deren harmonischer eigentlich soviel heißt, wie keine Musik, ja wie Unmusik. Verlauf nicht den bis dahin bekannten Gesetzen der Tatsächlich stellt man sie ja auch in völligen Gegensatz zu

i onalb bl othek © M adame d ’O ra /Ö sterre i ch sche N at Tonalität entsprach. dem, was man bisher unter Musik verstand. Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Aha, ein Vorwurf! Ich muss ihn freilich gelten lassen. Bezogenheit auf eine Tonika nicht tatsächlich das ganze Nun sagen Sie aber selbst, Herr Berg, besteht nicht Gebäude der Musik ins Wanken gekommen ist? tatsächlich ein solcher Gegensatz, und ist durch den Alban Berg: Nun, wo wir uns geeinigt haben, dass durch Verzicht auf die Bezugnahme auf eine bestimmte den Verzicht auf die Dur- und Molltonalität keineswegs Tonika nicht tatsächlich das ganze Gebäude der Musik harmonische Anarchie einzureißen braucht, kann ich erschüttert? diese Frage viel leichter beantworten. Selbst wenn Alban Berg: Bevor ich Ihnen das beantworte, möchte durch den Verlust von Dur und Moll einige harmonische ich Folgendes vorausschicken: Wenn diese sogenannte Möglichkeiten verloren gegangen sind, so sind doch atonale Musik in harmonischer Hinsicht auch nicht alle anderen Erfordernisse wirklicher und echter Musik auf eine Dur- oder Mollskala bezogen werden kann – geblieben. schließlich hat es ja auch schon vor der Existenz dieses harmonischen Systems Musik gegeben … Heute weiß man ja, dass atonale Kunst für sich genommen fesseln kann, ja in bestimmten Fällen sogar … und was für eine schöne, kunstvolle und fesseln muss. Dort nämlich, wo echte Kunst ist! Es phantasiereiche! … handelt sich nur darum, zu zeigen, ob atonale Musik Alban Berg: … so ist damit noch gar nicht festgestellt, wirklich in jenem gleichen Sinn als Musik zu bezeichnen 28 ob sich nicht doch in den »atonalen« Kunstwerken des ist wie alles frühere Schaffen. Das heißt, ob – wenn sich, letzten Vierteljahrhunderts, zumindest in Hinblick auf die wie Sie behaupten, nur das harmonische Fundament chromatische Skala und die daraus resultierenden neuen geändert hat – alle anderen Elemente der bisherigen Musik auch in der neuen vorhanden sind. Alban Berg: Das behaupte ich allerdings und könnte dies anhand einer modernen Partitur in jedem Takt nach- weisen. Vor allem nachweisen – um mit dem Wichtigsten Selbst wenn durch den Verlust von Dur zu beginnen –, dass dieser Musik, wie jeder anderen, die Melodie, die Hauptstimme, das Thema zugrunde liegen, und Moll einige harmonische Möglichkeiten beziehungsweise ihr Verlauf dadurch bedingt ist. verloren gegangen sind, so sind doch Ja, ist denn innerhalb dieser Musik Melodie im alle anderen Erfordernisse wirklicher und herkömmlichen Sinn überhaupt möglich? echter Musik geblieben. Alban Berg: Ja natürlich, sogar eine gesangliche. Nun, was den Gesang betrifft, Herr Berg, so befindet sich die atonale Musik ja doch auf neuen Wegen. Hier gibt es unbedingt bisher Ungehörtes, ja, ich möchte Akkordbildungen, ein harmonisches Zentrum, welches fast sagen vorläufig Unerhörtes. natürlich nicht mit dem Begriff der alten Tonika identisch Alban Berg: Aber doch nur in Bezug auf das Harmo- ist, finden lassen wird. Selbst wenn dies in Form einer nische; darüber sind wir uns ja einig. Es ist aber ganz systematischen Theorie nicht gelingen sollte … falsch, dies im Hinblick auf die sonstige Eigentümlichkeit der melodischen Linienführung als einen neuen Weg, wie Ach, diesen Zweifel finde ich unberechtigt! Sie behaupten, oder gar als Ungehörtes und ­Unerhörtes Alban Berg: Na, umso besser! zu bezeichnen. Auch bei einem Gesangspart nicht, auch wenn er sich, wie unlängst zu lesen war, durch Sie haben ja auch auf meine frühere Frage noch gar ­instrumental chromatische, verkrauste, verzackte, weit- nicht geantwortet, ob nämlich nicht wirklich ein solcher sprüngige Intervalle auszeichnet, ebensowenig, wie damit Gegensatz zwischen der früheren und der jetzigen allen gesanglichen Notwendigkeiten der Menschenstimme Musik besteht und ob also durch den Verzicht auf die widersprochen wird. Mai 2014 Musikblätter 7

Arnold Schönberg (re.) ersucht Alban Berg (li.), sich einer Vereinigung anzuschließen, die den Komponisten im Fall eines Wechsels der UE-Leitung mehr Spielraum ermöglichen sollte. Berg aber, siehe Seite 30, lehnte ab. © A rnold S chönberg C enter Wi en

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Schönberg an Berg

Berlin-Charlottenburg, 4. 4. 1928 Arnold Schönberg Charlottenburg 9 Nussbaum-Allee 17 Tel.: Westend 2266a

Lieber Freund, wenn es dir zusagen sollte an beiliegender Aktion teilzunehmen – zwinge dich bitte nicht – so unterzeichne als Proponent und sende mir es sofort. Eventuell kannst du auch Frau Mahler dazu einladen und Bittner. Selbstverständlich bitte ich dich Webern zu fragen (ich habe kein Exemplar mehr). Schreker tut auch mit.

Wie geht’s? Dir u. Helene.

Viele herzlichste Grüße und: fröhliche Ostern

Dein Arnold Schönberg

Used by permission of Belmont Music Publishers © Copyright Belmont Music Publishers Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Berg an Schönberg

Wien, 10. 4. 1928 Berg, Wien XIII./1

Tausend Dank, mein liebster Freund, für deine freundschaftliche Absicht, mich an Deiner Aktion als Proponent teilnehmen zu lassen. Aber ich muss leider von deiner Erlaubnis, »mich nicht zu zwingen« Gebrauch machen und Dir sagen, daß ich mich nicht traue, mitzutun. Ich kann es im augenblicklichen Zeitpunkt nicht riskieren, daß sich Hertzka – als Reaktion auf diese Aktion – auf den Geschäftsstandpunkt stellt, und meine monatliche Rente von 600 Schilling einstellt oder reduziert, eine Rente, die mein einziges Einkommen bedeutet (die paar Stundenhonorare zählen nicht), und für die meine Einnahmen aus meinen Werken dzt. keine Deckung bieten. (Ich schulde aus dieser seit erst 2 ¼ Jahren laufenden Rente – wenn auch nur rechnerisch, und nicht moralisch – heute bereits ca. 6000 Schilling.) Bei Dir ist das natürlich ganz etwas anderes: Die ganze Welt und damit auch Hertzka wissen, daß alle Dich betreffenden Spesen der UE, wenn auch nicht nächstes Jahr, so doch in absehbarer Zeit hundertfälltig hereinkommen. Auch Schreker kann – wenn auch in anderer Art, nämlich: auf Grund seiner 1000 Bühnenaufführungen – diktieren. Ich aber, mit meinen zwei Dutzend Wozzeck-Vorstellungen und der (nicht einmal sicheren) Aussicht auf eine weitere Annahme in – – Oldenburg, bin, wenn ich den Fortbestand meiner Rente in ihrem vollen Ausmaß für die nächsten Jahre (bis ich wieder eine Oper fertig habe) nicht gefährden will, von der persönlichen Geneigtheit Hertzkas abhängig. Denn mein bis 1932 laufender Vertrag bietet mir diesbezüglich nicht die geringste Sicherheit. Ich brauche Dir nicht zu sagen, wie schwer mir diese Absage wird und wie gut ich weiß, daß, 30 wenn Du mir darob bös bist, meine Bitte, es nicht zu sein, daran nichts ändern kann. Trotzdem wage ich diese Bitte … Mit Bittner sprach ich ausführlich über diese Angelegenheit. Er findet die Gründung einer solchen Vereinigung – namentlich im Hinblick auf einen Wechsel in der UE-Leitung – für sehr nothwendig, glaubt aber, daß es, wenn es einmal dazu kommt, immer noch Zeit ist und leicht möglich wäre, eine solche Vereinigung gleichsam über Nacht zu bilden. Heute aber möchte er, der sich dem Hertzka auch menschlich sehr verbunden fühlt, für seine Person von einem solchen Schritt, den Hertzka unbedingt kränkend empfinden würde, absehen. ist nicht in Wien. Ich sende ihr sofort eine Abschrift der zwei Drucksorten nach Venedig und nehme an, daß entweder Du oder ich postwendend – und wie eigentlich zu erwarten wäre: eine zusagende Antwort erhalten werden. Ebenso verständige ich »unter Einem« Webern.

Deine liebe Frage, wie’s uns geht, klingt so, als hättest Du längere Zeit von mir nichts gehört. Hast Du denn meinen vor ca. 8 –10 Tagen geschriebenen Brief nicht erhalten? Ich erzählte Dir ausführlich über Paris (wo’s herrlich schön) und über Zürich (wo’s scheußlich war) und über die dortige Jury-Sitzung der I.G.f.l.M.i.A., von deren Ergebnis mich nur das eine mit Genugtuung erfüllte, daß ich (außer Weberns Trio) für Österreich noch Zemlinskys III. Streichquartett durchsetzte. Hoffentlich ist nicht auch dieser Brief verloren gegangen! Indessen ist nichts Neues vorgefallen, außer die immer noch hin und her gehenden ­Verhandlungen mit S. Fischer-Berlin wegen der Pippa. Hauptmann besteht nach wie vor auf seiner 50%igen Tantièmen- Beteiligung, weiters auf 20% Textbuch- und 5% Noten-Anteil. Eine Zustimmung zu diesen außerge- wöhnlich drückenden Bedingungen fällt mir (u. auch Hertzka) sehr schwer. So daß ich diese Ostern weniger »fröhlich« als rathlos verbrachte. Hoffentlich ist es Dir und Deiner l(ieben) Frau und auch ihrer Frau Mama, die wir Euch alle herzlichst grüßen, in diesen Feiertagen recht gut gegangen! Und hoffent- lich – ich bitte Dich nochmals darum – bist Du nicht böse

Deinem Alban Berg

Mit freundlicher Genehmigung der Alban-Berg-Stiftung © G erda oedhart 31

Arnold Schönberg (1874–1951) Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Schönberg an Helene Berg

Hollywood, 1. 1. 1936 5860 Canyon Cove Hollywood, California Tel. Hempstead 1095a

Liebe Helene, noch immer kann ich es nicht fassen, dass mein lieber Alban nicht mehr da ist. Noch immer rede ich in Gedanken mit ihm, so wie vorher und stelle mir seine Antworten vor und es ist mir noch immer, als ob er nur so weit von mir weg wäre, als eben Europa von Amerika. Und ich kann mir deinen Schmerz vorstellen, wo ich weiss, wie innig ihr beide miteinander gelebt habt. Es ist schrecklich, dass er so früh gehen musste, menschlich vor Allem und auch künstlerisch. Jetzt eben, wo er mit seiner Lulu-Suite neuerdings soviel künstlerische Anerkennung gefunden hatte, die sicherlich zu einer baldigen Aufführung der ganzen Oper geführt hätte, die ja wohl nun trotzdem wahrscheinlich bald kommen wird, die ihm aber eine Genugtuung für das gewesen wäre, was er in Deutschland und Oesterreich erleben musste. Denn hier in Amerika war er voll anerkannt. Das beweisen mir nicht nur die sehr vielen Nachrufe, die voll ehrenden Ausdrucks sind, sondern auch die Teilnahme, die mir, der ich ja einer der Haupt-Leidtragenden bin, bezeigt werden. Und wie sehr die Oeffentlichkeit daran teilnimmt, beweist, dass sogar im Radio über ganz Amerika eine dramatisierte Scene aus seinem Leben gesendet worden ist, in der er selbst, der Kapellmeister Richard Lert und ich als sprechende Personen auftreten. Ich selbst habe diese Sendung leider nicht gehört, denn ich wusste nichts davon. Aber ich werde an die amerikanische Zeitschrift Time nach Chicago, Ill. schreiben und um eine Kopie des Manuskripts bitten, die ich dir senden werde. Vielleicht willst du eventuell auch selbst hinschreiben, für den Fall, als man sie mir nicht schickt. Es soll sehr schön gewesen sein. 32 Ist das ein Trost? Ich bezweifle es, aber ich weiss, dass es dir wohltun wird, dich jetzt mit allem zu beschäftigen, was seinen Nachruhm ausmacht und ich bin davon überzeugt, dass dir das Gefühl der Pflicht, alles zu sammeln, was diesem Nachruhm hilft und ihn betrifft, dass diese Beschäftigung mit allem, was seinem Werk Leben geben kann, helfen wird, den Schmerz zu ertragen. Man kann nichts anderes tun: um den Toten trauern und sich stark machen, damit man kräftig genug bleibt, um so zu trauern, wie er es verdient! Soll ich viel von meiner Teilnahme sprechen. Ich denke, die kannst du dir vorstellen. Aber eine Bitte habe ich: schreibe mir so ausführlich als möglich, wie das alles gekommen ist. Hat er viel gelitten? War er bei Bewusstsein? War das wirklich eine Todeskrankheit oder ein verhängnisvoller Zufall?

Tausend innige Grüße Dein Arnold Schönberg

Ich muss noch nachtragen: Als ich in einem New Yorker Zeitungsausschnitt las, dass die Lulu nicht fertig instrumentiert ist und dass Krenek oder ein Anderer das machen sollte, hatte ich die spontane Idee, dich zu fragen, ob ich es nicht soll. Aber meine Frau machte mich darauf aufmerksam, dass bei den jetzigen Verhältnissen in Deutschland, das dem Werk sicher schaden würde. Nun aber, falls Alban den Wunsch geäussert haben sollte, dass ich den Rest instrumentiere, so stehe ich, falls Du es auch für richtig findest, selbstverständlich ganz und unentgeltlich zur Verfügung. Und selbstverständlich auch in jeder anderen künstlerischen, menschlichen oder finanziellen Angelegenheit. Hier, hoffe ich, wird Klemperer voraussichtlich zur Gedenkfeier die Lulustücke aufführen. Dann habe ich Maurice Zam zu einem Vortrag veranlasst, wo er die Sonate spielen und besprechen wird. Vielleicht kann ich selbst auch etwas arrangieren.

Nochmal herzlichst Arnold Schönberg

Used by permission of Belmont Music Publishers © Copyright Belmont Music Publishers Mai 2014 Musikblätter 7

Helene Berg (1885–1976) war die Ehefrau von Alban Berg. Sie heirateten am 3. Mai 1911. Offiziell war sie die Tochter von Franz und Anna Nahowski. A lban B erg S tiftung Jedoch erwähnen Persönlichkeiten wie Alma Mahler-Werfel, Peter

F otografie : Altenberg, Bruno Walter und Soma Morgenstern in verschiedenen Publikationen Helene Berg wie selbstverständlich als eine biologische Tochter des Kaisers Franz Joseph I. Sie gründete 1968 die »Alban-Berg-Stiftung«. Das Foto stammt aus dem Jahr 1909.

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Helene Berg an Schönberg Wien, 14. 1. 1936

Verehrtester Freund! Ich danke Dir für Deinen lieben Brief u. Deine wundervolle Freundschaft, die über den Tod fortbesteht. Noch fass ich es nicht, dass uns Alban für immer verlassen hat, aber wenn Augenblicke des Bewusstwerdens kommen, glaube ich in einen Abgrund zu stürzen. Alban hat so viel gelitten und sein Sterben war schwer. Er sprach noch am Tag, an dem ich Euch schrieb, so lieb von Dir und drängte, dass ich mich beeilen möge. Er war bis zuletzt bei Bewusstsein und sein Todeskampf war furchtbar. Über 4 Stunden. Immer sehe ich sein verzweifeltes Gesicht vor mir und diese traurigen Augen! Immer frage ich: Warum nicht ich? Dass du, verehrter Freund nun in meine tiefe Verzweiflung hinein mit Deinem herrlichen Vorschlag gekommen bist, die restliche Instrumentation des letzten Aktes von Lulu zu übernehmen, war der erste Lichtstrahl in meiner Finsternis! Wie kann ich Dir danken! Ich weiß, dass Alban glücklich darüber wäre, dass Lulu nun doch etwas Vollkommenes wird, dass man weder an Vorteile, noch Politik denken kann, wenn es um ein Kunstwerk geht.

Ich danke dir von ganzem Herzen dafür. Dir und deiner lieben Frau alles erdenklich Gute.

Deine Helene

Mit freundlicher Genehmigung der Alban-Berg-Stiftung Universal Edition 100 Jahre im Musikverein © A rnold S chönberg C enter Wi en

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Arnold Schönberg in seinem Garten in der Rockingham Avenue, Los Angeles, ca. 1940 Mai 2014 Musikblätter 7

Der musikalische Reaktionär

Hanns Eisler

Die meisten Musiker und Journalisten behaupten (auch Mit op. 21 (Pierrot lunaire) beginnt eine neuerliche Stil- wenn sie anerkennend sein wollen), dass die »atonalen« wandlung. Hier greift Schönberg wieder auf alte Formen Werke Schönbergs mit den Werken der Klassiker nichts zurück; er schreibt wieder zwei- und dreiteilige Liedfor- mehr gemeinsam haben, dass man sie mit dem vorhan- men, einen Walzer, eine Passacaglia, eine Fuge. In den denen theoretischen Wissen nicht mehr erklären und ver- neuesten Werken Schönbergs, in den beiden Serien von stehen könne. Aus einem Bruch mit einer Konvention, wie Klavierstücken (op. 23 und op. 25), in der Serenade op. 24 es die Tonalität war, schloss man bei Schönberg auf eine und in dem Bläserquintett op. 26 geht das Zurückgreifen allgemeine Negierung jeder musikalischen Vergangenheit. auf alte Kunstformen, die Geschlossenheit der Schreib- »Schönberg« ist heute nicht nur der Name eines großen weise so weit, dass man geradezu von einem reaktionären Komponisten, sondern auch ein Begriff, der Umsturz und Stil sprechen kann. Hier gibt es wieder Themenbildungen, einen vollkommenen Bruch mit der Tradition bedeutet. Gliederungen, Formen, wie sie die Klassiker geschrieben Es ist verständlich, dass man Schönberg immer nur von haben; ja es gibt sogar Repetitionen, worüber ein richtiger dieser Seite gesehen hat. Über den Streit um die »Atona- Revolutionär entsetzt sein müsste. (Dass der Fasslich- lität«, um die Dissonanzen vergaß man völlig die sonstige keit halber bei einer so gedrängten Darstellung, wie sie musikalische Struktur seiner Werke. Was an Kontrapunkt, Schönberg eigen ist, ein Teil wiederholt werden muss, ist Motivik, Thematik und Formgebung im älteren Sinne auch klar.) Das beste Beispiel hierfür ist die Klaviersuite op. 25. in den umstrittensten, »atonalsten« Werken vorhanden ist, Diese hat bei aller Neue und Selbstständigkeit der Details 35 wird heute von den meisten noch nicht erkannt. Aber ge- dieselben Formen, wie eine Suite von Bach. Hier gibt es rade diese Kunstmittel sind mit denen der Vergangenheit sogar eine neue Tonalität, wenn man die »Komposition nah verwandt oder gehen zumindest aus ihnen hervor. mit zwölf Tönen« so bezeichnen darf: dazu eine Musizier- Die Werke op. 11 und op. 15 bis op. 20 haben bei aller freudigkeit, wie sie seit langem nicht da war. Knappheit eine freiere und lockerere musikalische Darstel- Dass es zu einer solchen Stilwandlung kommen muss- lung. Man könnte sie als radikale Periode bezeichnen. Es te, ist für den, der die Persönlichkeit Schönbergs wirklich ist aber ganz falsch, zu glauben, dass nur eines von diesen versteht, nichts Überraschendes. Denn selbst in seinen Werken »futuristische Seelenkunst« sei. Jedes dieser »radikalsten« Werken war Schönberg nie Artist, nie Werke besitzt eine gesunde musikalische Struktur, die mit Literat, sondern nur Musiker. Ein Satz aus seiner Harmo- unserem heutigen theoretischen Wissen sehr wohl erklärt nielehre ist bezeichnend für seine künstlerische Gesinnung und verstanden werden kann. Zum Beispiel das Mono- und zeigt, in welchen Gegensatz er sich zu dem Schwulst dram Erwartung, op. 17: Formal kann man es am ehes- und der Artistik seiner Zeit stellte: »Wenn es mir gelingen ten mit einem Finale oder einer »Szene und Arie« einer sollte, einem Schüler das Handwerkliche unserer Kunst so vorwagnerischen Oper vergleichen. Auch im Monodram restlos beizubringen, wie es ein Tischler immer kann, dann wechseln geschlossene ariose Stellen mit aufgelösteren bin ich zufrieden.« ab. Es wird vollkommen auf das Leitmotiv verzichtet, ein So spricht kein Umstürzler. So hätte vielleicht ein Meis- beinahe reaktionärer Zug. Diese Musik hat eben wieder ter vor 200 Jahren von seiner Kunst gesprochen und wie andere Aufgaben, als zu illustrieren. Sie begnügt sich anders geartet ist dieser Künstler als die modernen Ton- nicht damit, sobald nur die Hauptperson den Kopf aus der dichter, denen es mehr auf die Psychologie ankam, und die Kulisse hervorsteckt, dieser ihr Leitmotiv vorzuspielen. Es durch einen Quartsextakkord die Welt erlösen möchten. ist hier leider nicht der Raum, die Fülle technischer Details Die musikalische Welt muss umlernen und Schönberg zu besprechen; um nur wenige zu nennen: die Mittel, mit nicht mehr als einen Zerstörer und Umstürzler, sondern denen ein Arioso eingeführt wird, die Motivik, Melodie- als Meister betrachten. Heute ist es uns klar: Er schuf sich bildung, die Arten der Anschlüsse, der Übergänge in eine ein neues Material, um in der Fülle und Geschlossenheit neue Szene etc. etc. Aber gerade diese Mittel stammen der Klassiker zu musizieren. Er ist der wahre Konservative: trotz der Verschiedenheit und Neue des Materials eher aus er schuf sich sogar eine Revolution, um Reaktionär sein zu dem Geiste der klassischen Musik als das Leitmotiv­klischee können. sowie das ganze Werk eher auf einen Stil der Oper zu- Aus: Musikblätter des Anbruch, Jahrgang 1924 rückgreift, wie er vor Wagner bestanden hat. (zum 50. Geburtstag von Arnold Schönberg) Universal Edition 100 Jahre im Musikverein for M usic N ew Y ork © courtesy of the K urt W eill F oundation

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»Ich glaube ebenfalls, dass wir bei einem Stück wie ›Mahagonny‹ keine Uraufführung im üblichen Sinne machen sollten, denn eine Uraufführung an einem Berliner Opernhaus hat sich ja in vielen Fällen als sehr gefährlich erwiesen, und ebenso gefährlich wäre es, auf irgendeine Provinzaufführung das Interesse der ganzen deutschen Presse zu lenken.« Kurt Weill an Emil Hertzka, 2. August 1929 Mai 2014 Musikblätter 7

»Mahagonny« und die Folgen Aus einem Briefwechsel zwischen Kurt Weill und der Universal Edition

Nils Grosch

Das Jahrzehnt nach Ende des Ersten Weltkrieges war 10. März im Theaterausschuss des Leipziger Stadtrats, gezeichnet von massiven gesellschaftlichen Veränderun- dann in einer Stadtratssitzung am 14. März, eine Abset- gen, die auch den Kulturbetrieb stark beeinflussten. Kurt zung der Produktion aus politischen Erwägungen heraus Weill sprach 1927 in einem Aufsatz von »Verschiebungen zu erreichen. 37 in der musikalischen Produktion«, die er als notwendige Dies war das Ereignis, von dem die Presse in ganz Konsequenz aus der »Umschichtung des Publikums« Deutschland berichtete. Von den zahlreichen Folge­ verstand. Weills Forderungen reichten weit über die inszenierungen, die Weill und die UE sich erhofft hatten Veränderung der musikalischen Konzeption hinaus. Sie und über die teilweise bereits Verträge abgeschlossen betrafen in gleicher Weise die waren, bleiben nur Kassel, Bedingungen, unter denen die Braunschweig und Frankfurt am neuen Werke an die Öffentlich- Main übrig. Selbst Häuser, die keit kommen sollten. Das Ergebnis der sich – wie die Essener Oper – Die hier in Auszügen wieder- Leipziger Uraufführung noch zuvor heiß um das Werk gegeben Briefe zwischen Weill, bemüht hatten, verschieben die Emil Hertzka und Hans Heinshei- stellt sich als entscheidend Aufführungen ins Ungewisse. Im mer zeigen, wie sehr um einen für das Schicksal von Mai denkt man an geschlossene geeigneten Ort für die Urauf- (Volksbühnen-) Veranstaltungen, führung von Aufstieg und Fall »Mahagonny« heraus. einige werden auch durchge- der Stadt Mahagonny gerungen führt. Große Hoffnungen Weills wurde. Diese fand schließlich am und Heinsheimers richten sich 9. März 1930 in statt. Es war einer der größten noch auf die Frankfurter Premiere am 17. Oktober. Doch Theaterskandale des Jahrhunderts. Vor dem Hintergrund begeisterten Telegrammen und positiven Reaktionen der sich anbahnenden Wirtschaftskrise und gestört vom von Publikum und Presse folgen wieder rechtsradikale inszenierten Krawall der Nationalsozialisten wurde die Stör­aktionen. Eine Berliner Mahagonny-Produktion rückt Aufführung zum sinnfälligen Vexierspiel mit der Realität. ferner denn je. Hatte sich zu Beginn des Jahres wieder Das Ergebnis der Leipziger Uraufführung stellt sich als die Kroll-Oper interessiert gezeigt, so erschien Weill die entscheidend für das Schicksal von Mahagonny heraus, Perspektive einer Aufführung an einem Privattheater we- nicht etwa, weil die Neuartigkeit und musikalische Quali- sentlich attraktiver. Die zögerliche, ängstliche Haltung der tät des Werkes von Kritik und Publikum erkannt werden, von städtischer und staatlicher Zustimmung abhängigen auch nicht wegen des hohen Anspruchs der Leipziger Häuser auf der einen, die immer erfolgreicher hervor- Inszenierung. Ausschlaggebend sind die organisierten tretenden kommerziellen Unterhaltungstheater auf der Störaktionen, die die Nationalsozialisten veranstalteten, anderen Seite lenken Weills Aufmerksamkeit in eine Rich- und die Versuche der politischen Rechten, zuerst am tung, die für seine Entwicklung entscheidend sein wird. Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

Weill an Hertzka, 13. Juli 1929 kung des Herrn Legals ändert an dieser Sache nichts und Die Mahagonny-Angelegenheit hat nun eine sehr überra- ich glaube, dass Sie meinen Standpunkt absolut verste- schende Wendung genommen. Nachdem ich Klemperer hen werden und dass wir nun die Kroll-Oper aus unserer den 3. Akt vorgespielt hatte, ging ich fort. Legal (Anm.: Kombination ausschalten. Ernst Legal; ab 1928 Intendant der Kroll-Oper und Regis- seur; 1881–1955), der ausserordentlich beeindruckt war, verlangte kategorisch die sofortige Annahme des Werkes. Klemperer erklärte sich grundsätzlich einverstanden. Weill an Hertzka, 22. Juli 1929 2 Stunden später telefoniert Klemperer (Anm.: Otto Klem- Indem ich Ihnen, sehr geehrter Herr Direktor Hertzka, für perer, Dirigent, 1885–1973) in meiner Wohnung an, er Ihr Schreiben danke, möchte ich Ihnen über den weite- 38 wolle sofort zu mir kommen. Er kommt in einem völlig de- ren Verlauf der Mahagonny-Angelegenheit berichten. solaten Zustand und erklärt mir mit Tränen in den Augen, Tietjen (Anm.: Heinz Tietjen; Intendant; 1881–1967) hat er habe jetzt 2 Stunden mit sich gerungen, aber es ginge das Werk kennen gelernt und hat, wie mir Curjel (Anm.: nicht, er erkenne die Wichtigkeit des Ganzen, er sehe die Hans Curjel, Dirigent, Regisseur, Dramaturg der Kroll- musikalischen Schönheiten, aber das Ganze sei ihm fremd Oper; 1896–1974) und Legal bestätigen, »dezidiert er- und unverständlich. Er glaube allerdings, dass er sofort klärt, er habe einen starken Eindruck sowohl musikalisch von dem Werk überzeugt sein könnte, wenn er es einmal wie textlich und er glaube an einen Erfolg«. Er hat aber sehen würde. Wir sollen es also so schnell wie möglich weder den Mut, anzunehmen noch abzulehnen und hat irgendwo in der Provinz herausbringen, dann würde er es, daher zuletzt Vertagung der Angelegenheit bis Septem- wenn es ihn überzeugen würde, gleich hinterher machen. ber vorgeschlagen. Es ist sicher, dass dabei sowohl Ein- Auf diesen Vorschlag bin ich gar nicht eingegangen. wirkungen von oben her als auch taktische Erwägungen, Es taucht also für uns die Frage auf: Sollen wir Maha­ die mit meinem Werk selbst nichts zu tun haben, eine gonny der Krolloper auch geben, wenn Klemperer es grosse Rolle spielen. Die volle Schuld an diesem Zustand nicht dirigiert. Ich glaube, wir können diese Frage ohne trifft trotz allem Klemperer. weiteres mit ja beantworten, wenn Legal einen Dirigenten dafür engagiert, den ich auswähle. Auch dazu hat man sich bereit erklärt. Hertzka an Weill, 24. Juli 1929 Es ist jedenfalls erfreulich, dass Tietjen sich ebenfalls positiv zu dem Werk einstellt. Eine weitere Bedeutung Hertzka an Weill, 18. Juli 1929 soll es aber für uns zunächst nicht haben. Die Frage der Ihr Schreiben vom 13. ds. ist erst am 16. hier eingelangt Uraufführung soll also jetzt ohne Berlin gelöst werden und war für mich tatsächlich eine recht grosse Überra- und Frankfurt, Essen und Breslau soll mit in Betracht schung. Wir können uns nicht in den Konflikt Klemperer- gezogen werden. Vielleicht käme auch noch Leipzig in Legal einmischen und ich bin dagegen, dass wir Maha- Betracht, wenn wir eine nicht zu frühe Aufführung in gonny der Kroll-Oper geben. Ich würde es für absolut Aussicht nehmen würden. Leipzig wäre mir jedenfalls verfehlt halten, wenn man durch einen anderen Dirigen- sympathischer als Breslau, aber Leipzig hat als erste ten bei Kroll Mahagonny aufführen liesse. Die Kroll-Oper Novität Boris Godunow, der voraussichtlich in der 2. Ok- ist derzeit äusserlich und innerlich eine Klemperer-Oper toberhälfte ­herauskommen wird. Im Dezember kommt und keine Legal-Oper. Die verärgerte gegenteilige Bemer- eine grosse neue Offenbach-Sache, im Jänner Leben des Mai 2014 Musikblätter 7

Orest und im Februar voraussichtlich die Marienlegende Weill an Hertzka, 2. August 1929 von Dressel (alles das aus unserem Verlag). Nachdem der Ich habe in Baden-Baden Gelegenheit gehabt, den Boris bereits im Studieren ist und die Offenbach-Sache Fragenkomplex Mahagonny in Weiterverfolgung der von eine ausgesprochene Faschings-Novität bedeutet, fürchte Ihnen gegebenen Gedankengänge nochmals mit Herrn ich, dass vor der Krenek Uraufführung Mahagonny kaum Dr. Heinsheimer durchzusprechen. Dr. Heinsheimer hat herauskäme. Es wäre aber immerhin die Möglichkeit Ihnen über unsere Unterredungen ausführlich berichtet, vorhanden, nach dem Orest, also in der 2. Februarhälfte, und ich möchte nur noch einmal hinzufügen, dass ich Mahagonny in Leipzig zu bringen und Dressel hinaus- mit den Vorschlägen Dr. Heinsheimers, die sich ja mit den zuschieben. Wenn Sie sich mit einem solchen Termin Ihren decken, vollkommen einverstanden bin. Ich glaube abfinden würden, könnte ich wohl Brecher in seinem ebenfalls, dass wir bei einem Stück wie Mahagonny keine Urlaubsort befragen. Leipzig schwebt mir hauptsächlich Uraufführung im üblichen Sinne machen sollten, denn 39 deswegen vor, weil ja dort die Dreigroschenoper nach eine Uraufführung an einem Berliner Opernhaus hat sich Berlin und Wien die längste Serie hatte. ja in vielen Fällen als sehr gefährlich erwiesen, und eben- so gefährlich wäre es, auf irgendeine Provinzaufführung das Interesse der ganzen deutschen Presse zu lenken. Also erscheint es mir am einleuchtendsten, das ausser- Hertzka an Weill, 1. August 1929 ordentliche Interesse, das für Mahagonny vorhanden ist, Den Zeitungen entnehme ich zu meiner Freude, dass in der Weise auszunützen, dass man einer ganzen Reihe ihre Lindbergh Kantate einen sehr starken Erfolg hatte von Bühnen das Werk überlässt und von einem bestimm- und allen Anscheines nach der Clou der Baden-Badener ten Tag an (etwa 31. Dez.) das Werk diesen Bühnen zur Tage war. (…) Uraufführung freilässt. Ich bin auch vollkommen Ihrer Und nun zu Mahagonny. Dr. Heinsheimer hat mir die Meinung, dass sich unter diesen Bühnen mindestens Idee der Freigabe der Uraufführung an den, der zuerst eine grosse Bühne befinden müsste, und zwar glaube kommt, geschrieben und wenn ich auch im Prinzip ich, dass Leipzig am günstigsten wäre, weil dort die absolut dafür bin, dass mehrere Bühnen zur gleichen Zeit, Dreigroschen­oper so gewaltig eingeschlagen hat. wenn auch nicht unbedingt gerade am selben Abend, die Erstaufführung vorbereiten, so bin ich einerseits nicht dafür, dass die Anzahl zu sehr forciert wird und es wären mir etwa 4 Bühnen, die möglichst weit von einander ent- Heinsheimer an Weill, 10. August 1929 fernt sind, am sympathischsten. Allerdings sollte es sich Die Angelegenheit Mahagonny ist also nun durch den da immerhin um eine grosse Bühne und um 3 kleinere Brief des Herrn Direktor Hertzka an Sie vollkommen Bühnen handeln. An dieser grossen Bühne müssten Sie klar und wir können sobald als möglich mit der Arbeit und Brecht Proben und Erstaufführung mitmachen, wäh- beginnen. Wir möchten nun schleunigst ausser dem rend bei den kleineren Bühnen die Arbeit und die Ver- Klavierauszug auch das Buch fertigstellen, denn um nun antwortung den Bühnenvorständen, die allerdings schon wirklich eine grössere Reihe von Bühnen für das Werk von vorneherein auf ihre Eignung erprobt werden sollen, zu interessieren, müssen wir ja Ansichtsmaterial haben. überlassen werden kann. Ergibt sich dann bei den letzten Hoffentlich kommt die angekündigte Zusendung des Proben und bei der Aufführung die Zweckmässigkeit oder zweiten Aktes Mahagonny recht bald. Wir werden dann Notwendigkeit von Änderungen, dann wird sich das bei nach den dort vorgenommenen Textkorrekturen das den kommenden Bühnen leicht durchführen lassen. Textbuch richtigstellen und auch dieses sofort zum Satz Universal Edition 100 Jahre im Musikverein

geben. Der erste Akt des Klavierauszuges wird im Laufe Novembertermin nicht halten. Er kann uns, das ist das kla- der nächsten Woche fertiggestochen werden und Sie re Resultat eingehender telefonischer Erwägung, keines- werden dann sofort die Korrekturen erhalten, die wir Sie falls einen anderen Termin anbieten als den 9. März, das bitten, raschestens durchzuarbeiten. Inzwischen arbeiten ist ein Sonntag. Generalprobe am Samstag, den 8. März. wir mit Hochdruck am 2. Und 3. Akt weiter. So wird es Diesen Termin würde er unter allen Umständen einhalten, hoffentlich möglich sein, bis Ende des Monats einige und er ist bereit sofort Vertrag zu schliessen. Probeabzüge des Klavier­auszuges und des Textbuches für Ich habe Ihnen gestern schon am Telefon gesagt, dass die wichtigsten Bühnen zu haben. Es zeigt sich übrigens, ich diesen Märztermin mit Rücksicht auf das Besonde- dass augenblicklich noch kein Mensch bei den Bühnen re, das wir mit Mahagonny vorhaben, für nicht zu spät vom Urlaub zurück ist, so dass wirklich bis Ende des Mo- halte. Ich kann Ihnen jetzt berichten, dass Herr Direktor nats Zeit ist. Sie wissen ja, wie ungemein wichtig wir die Hertzka diese Ansicht vollkommen billigt und dass er ganze Angelegenheit Mahagonny nehmen und nachdem damit einverstanden ist, wenn wir nun mit Leipzig in der Herr Direktor Hertzka all das, war wir in Baden-Baden Weise abschliessen, dass das Werk dort am 9. März 1930 besprochen haben, im wesentlichen billigt (er schreibt mir herauskommt. heute wieder in diesem Sinne), wird die Arbeit jetzt mit 40 besonderer Energie und wie ich Ihnen nicht erst versi- chern brauche, mit besonderer Liebe aufgenommen. Weill an UE, 1. Dezember 1929 Ich schicke Ihnen hier den gewünschten Beitrag zu Ihrem Anbruch-Heft. Ich bin froh, hier einmal eine andere Weill an UE, 12. August 1929 Form als den üblichen Aufsatz gefunden zu haben. Bitte Ich freue mich sehr, dass die Angelegenheit Mahagonny setzen Sie unter die Überschrift klein gedruckt folgende nun in dem geplanten Sinne weiterbearbeitet wird, und Vorbemerkung: ich hoffe, dass wir ungefähr in einem Monat schon Kurt Weill arbeitet gemeinsam mit Caspar Neher und übersehen können, wie die Sache läuft. Für die Druck- Bert Brecht an einem Regiebuch zur Oper Mahagonny, legung des Textbuches muss man übrigens eine ganz das genaue Vorschläge für die szenische Ausführung des andere Zeilen-Einteilung machen als die in Ihrem Schreib- Werkes enthält und das zusammen mit dem musikali- maschinen-Manuskript. Das meiste muss ja in Versen ge- schen Aufführungsmaterial und mit den Projektionstafeln druckt werden. Dafür müsste ich mit Brecht das Textbuch Nehers an die Bühnen gegeben wird. Wir bringen hier die nochmals überarbeiten. prinzipiellen Ausführungen des Vorworts.

Expressbrief von Heinsheimer an Weill, Heinsheimer an Weill, 4. März 1930 27. August 1929 Herr Direktor Hertzka lässt Ihnen sehr für Ihren freund- Soeben hat Brecher (Anm.: Gustav Brecher, 1879–1940, lichen Gruss danken und freut sich mit uns, dass die Dirigent, GMD Leipzig) angerufen und wir haben nun die Vorbereitungen für Mahagonny so gut vorwärts gehen. ganze Frage Mahagonny ausführlich und definitiv bespro- Er ist leider zur Zeit noch bettlägerig, da er eine starke chen. Zunächst wird es Sie freuen, dass Brecher von dem Erkältung hinter sich hat, und musste die für heute ange- zweiten Akt einen äusserst starken Eindruck hat und sich setzte Abreise nach Berlin aufgeben. Er hofft bestimmt, in rückhaltsloser Weise positiv darüber geäussert hat. Den dass es ihm möglich sein wird, Ende der Woche wieder dritten Akt wird er heute abends in Händen haben. zu reisen, muss aber leider schon jetzt darauf aufmerk- Nun zur Terminfrage: Nach neuerlichen genauen Über- sam machen, dass es unter diesen Umständen fraglich ist, legungen kann Brecher, vor allem mit Rücksicht auf eine ob er zur Premiere nach Leipzig kommen kann. Ich werde bevorstehende Gastreise des Orchesters nach Paris, den spätestens Samstag früh in Leipzig eintreffen. Mai 2014 Musikblätter 7 © S toll -N eher

Weill an UE, 20. März 1930 besten Dank für Ihre neuerlichen Nachrichten. Ich bin sehr erfreut, dass sie die Propaganda für Mahagonny jetzt gleich in Angriff genommen haben. Was würden Sie davon halten, im Prospekt einen Anhang zu machen, der den Leipziger Skandal behandelt, und zwar ebenfalls als Aneinanderreihung von Zeitungsnachrichten. Man könn- te dadurch eine völlige Isolierung der Leipziger Neuesten Nachrichten und der paar nationalistischen Blätter, die ebenfalls für die Zensurierung eintraten, erreichen und könnte, was sehr wichtig wäre, die Theaterleiter darüber aufklären, dass es sich lediglich um verabredete Ma- chenschaften rechtsradikaler Elemente handelte (wie ja Braunschweig deutlich zeigte). Unterdessen höre ich auf Umwegen, dass man 41 in Essen und Dortmund mit dem Gedanken umgeht, Mahagonny »auf unbestimmte Zeit« zu verschieben. Gegen diese Absicht müssen wir uns mit allen zu Gebote stehenden Mitteln wehren. Es handelt sich offenbar um Treibereien aus Zentrumskreisen, die sich auf Dauer zu einer schweren Schädigung für jede moderne Unterneh- mung auf dem Theater auswachsen würden, wenn man sie durchgehen liesse. Ich bitte sie daher, alle rechtlichen Mittel, die Ihnen zur Verfügung stehen (Konventional- Projektionstafeln für die Uraufführung von »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« strafe, Schadenersatz) anzuwenden, um durchzusetzen, von Caspar Neher dass die Aufführungen auf jeden Fall zustandekommen. Das Werk liegt heute in einer Fassung vor, die auch vor einem katholischen Publikum gespielt werden kann, und es ist blinde Voreingenommenheit, wenn man jetzt Hertzka an Weill, 5. März 1930 schon, bevor man diese Fassung gesehen hat, gegen die Wie Ihnen mein Büro schon mitgeteilt hat, bin ich seit Aufführung hetzt. einigen Tagen an einer starken Erkältung erkrankt und es zeigt sich leider, da ich heute und morgen noch nicht einmal das Haus verlassen und ins Büro gehen darf, dass Aus: Kurt Weill »Briefwechsel mit der Universal Edition« es ausgeschlossen sein wird, dass ich zur Uraufführung (Hrsg.: Nils Grosch; Verlag J. B. Metzler) Reprinted with the permission of the Kurt Weill Foundation for Music, schon wieder reisebereit sein kann. Wie leid es mir tut, New York. All rights reserved. bei dieser für uns alle so wichtigen Premiere zu ­fehlen, wissen Sie. Dr. Heinsheimer wird Ihnen auch noch per- sönlich meine Grüsse und meine herzlichen Wünsche überbringen. Am Sonntag werde ich jedenfalls nach Kräften Daumen halten. Ich hoffe sehr bald eine Wiederholung von Maha­ gonny in Leipzig oder anderen Orts zu sehen und bin mit den herzlichsten Grüssen für Sie und Frau Lenja. (1901–1999) Alfred Schlee

© Alexander Schlee Mai 2014 Musikblätter 7

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Neuerscheinungen Seite 61

Gedenktage und Jubiläen Seite 64 UE aktuell

BEDFORD, LUKE (* 1978) Neues Werk für Orchester | ca. 20–25‘ UA: 2015/2016 BBC Orchestra, tba Auf den folgenden Seiten finden Sie Informationen über spannende Projekte, die die Universal Edition BERG, ALBAN (1885–1935) Natürlich haben die Stücke stark unter- aktuell beschäftigen: neu edierte schiedliche Charaktere; einige haben auch Ausgaben und Bearbeitungen Sonate op. 1 Titel wie Scherzo, Intermezzo oder Etüde. von bereits etablierten Werken, für Streichorchester | 13’ Es ging mir um die Spontaneität der Entdeckungen sowie die aktuellsten bearbeitet von Diktion. Leicht und schnell mit dem Pinsel Vorhaben unserer Komponisten. Wijnand van Klaveren (2011) hingeworfen, wollen sie nichts anderes Diese Liste spiegelt die Vielfalt Vl I, Vl II, Va, Vc, Kb sein als gute Musik. Und mein besonderes unserer Aktivitäten wider. (mind. 6 6 5 4 2 Spieler empfohlen) Anliegen: Der Zuhörer sollte nichts von UA: 18.05.2011 Amsterdam, Amsterdam der kompositorischen Arbeit merken, die Die Uraufführungen sind mit Sinfonietta gleichwohl dahintersteckt.« gekennzeichnet. (Friedrich Cerha) BORISOVA-OLLAS, Drei Orchesterstücke (2006/2011) VICTORIA (* 1969) für Orchester | 50’ 44 ORCHESTER Neues Werk 4 3 4 3 - 4 4 4 1 - Pk, Schl(6), Hf, Cel - Str für Orchester UA: 07.02.2014 Köln, WDR Sinfonieorchester, Göteborg, Gothenburg Symphony BADINSKI, NIKOLAI (* 1937) UA: 2015 Dir. Jukka-Pekka Saraste Orchestra, Stockholm RSO Konzert für Violine und Orchester Das Alterswerk von Friedrich Cerha, Nr. 2 »Die Lebensaufgabe …« Der gute Ruf, den Borisova-Ollas in 2012 Preisträger des Ernst von Siemens (1970–1972) Schweden genießt, kommt in diesem Musikpreises, zeichnet sich durch große für Violine und Orchester | 26’ neuen Auftrag des Symphonieorchesters handwerkliche Meisterschaft und – immer 2 2 2 2 - 4 2 2 0 - Schl(3), Cel - Str Göteborg und des Radio-Sinfonie­ wieder – die Originalität seiner Erfindungen UA: 14.03.2014 Xiamen, China, Zhijong Wang, orchesters Stockholm zum Ausdruck. aus. Berceuse céleste (2006), Intermezzo Vl; Xiamen Philharmonic Orchestra, Dir. Renchang Fu (2011) und Tombeau (2011) wurden von Erst mehr als 40 Jahre nach der Fertig­ Anfang an als Zyklus konzipiert, zunächst CERHA, FRIEDRICH (* 1926) stellung wurde Nikolai Badinskis 2. Violin- aber nur die Berceuse uraufgeführt. In konzert in China uraufgeführt. Das Werk Tagebuch (2012) überarbeiteter Form umfassen dieses erste mit dem Untertitel Die Lebensaufgabe … für Orchester | 15‘30‘‘ der drei Stücke, das von heller Klang- ging 1976 verloren, als Badinski von 3 2 3 3 - 4 3 3 1 - Pk, Schl(3), Hf - Str lichkeit geprägt ist, und das unerbittlich Ost- nach Westberlin flüchtete. Das UA: 06.02.2014 Frankfurt, hr-Sinfonieorchester, auf ein Ende gerichtete Tombeau den ­Manuskript tauchte erst lange Zeit nach Dir. Andrés Orozco-Estrada längsten, ironischerweise als Intermezzo der deutschen Wiedervereinigung wieder »Nach den gewichtigen, ­umfangreichen, betitelten Mittelteil des Werks, der von auf. »Die philosophische Idee, die der im Ausdruck ›bekenntnishaften‹ Drei überraschendem, heftig bewegtem Leben Komposition zugrunde liegt, ist die Orchesterstücken: Berceuse céleste, erfüllt ist. Beziehung ­eines jungen Menschen zur Intermezzo und Tombeau sind im Herbst Gesellschaft. Einen Platz in einer Gemein- 2011 die viel einfacheren elf Skizzen Nacht (2014) schaft zu finden, ist für jeden eine zentrale für Orchester entstanden, kurze Stücke, für Orchester | 20’ Aufgabe und gibt dem Leben Sinn. Für durchsichtig im Satz und leicht fasslich. 3 0 5 3 - 6 3 5 0 - Schl(6), Hf(2), Klav - Str jeden Einzelnen ist es sehr wichtig, eine Schon während der Arbeit daran habe ich UA: 17.10.2014 Donaueschinger Musiktage, Verbindung zwischen dem ›Ich‹ und dem einige musikalische Situationen weiter- SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg ›Wir‹ zu finden, aktiv am gemeinschaft­ gedacht und in der Folge acht Stücke Für die Donaueschinger Musiktage lichen Leben teilzunehmen und damit zu von epigrammatischem Zuschnitt – noch arbeitet Cerha akribisch an der Ausge­ einer besseren Welt beizutragen. Das ge- sparsamer und durchsichtiger als die staltung eines Werks, das er selbst als samte Konzert strahlt jugendliche Energie Skizzen – geschrieben. Tagebuch heißt eines seiner komplexesten empfindet. und emotionale Vitalität aus.« die Komposition, weil fast jedes Stück an Mehr wollte er zunächst nicht verraten. (Nikolai Badinski) einem Tag entstanden ist. Wir sind gespannt! Mai 2014 Musikblätter 7

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Friedrich Franz Johannes Cerha Liszt Maria Staud N adar ; F ranz L iszt © Fé lix M ahler G ustav © Ö sterre i ch sche ahler M ustav G G esellschaft

David Gustav Alexander -O llas C hlala ; V ictoria B orisova ; L uke B edford © en E alovega A lban erg U niversal dition H arrison irtwistle © H anya © M arion K alter B altakas N ikolai B adinski © H enk ; V ykintas F oerster © U niversal E dition ; F ennessy © U niversal E dition /E ric M arinitsch ; J osef B ohuslav © U niversal E dition /E ric M arinitsch ; F riedrich C erha D avid /P riska K etterer ; C r i st ó bal G eorg F riedrich H aas © L ucerne estival alffter H © U n i versal E d i t on /E r c ar i n tsch ; M L eo š J an áč ek © J an áč ek useum M B rno ; P eter K olman © C iccone ; S tanley ; © U niversal E dition /E ric M arinitsch ; auricio S otelo /W olfgang chaufler S chwartz ; J ay © A zzurra P rimavera S awer E ric M arinitsch ; G ioachino R ossini © Fé lix N adar D avid I rons ; A lexander Z emlinsky © U niversal E dition © U niversal E dition /J onathan J ohannes M aria S taud Fennessy Mahler Zemlinsky ORCHESTER Fortsetzung

HAAS, GEORG FRIEDRICH (* 1953) dark dreams (2013/2014) für Orchester | 23’ allo K ruuser 3 3 3 4 - 4 3 3 1 - Pk, Schl(2), Hf(2) - © V Str(16 14 12 10 8) UA: 20.02.2014 Berlin, Berliner Philharmoniker, Dir. Simon Rattle »Dass man sich dem Sog der Klänge und der Emotionen hingibt und dass die sich unmittelbar mitteilen, ohne dass man viel erklären muss«, dies wünschte sich Georg Friedrich Haas vor der Uraufführung von dark dreams, dem neuen Orchesterwerk, geschrieben für Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker. Arvo Pärt und Robert Wilson »Dabei geschieht bei diesem Stück etwas Spezielles: Gegen Ende taucht plötzlich 46 eine ganz klare melodische Struktur auf. Nach 17 Minuten beginnt das Fagott mit ADAM‘S PASSION einer solistischen Melodie. Nach der vor- hergehenden lang andauernden Klang­ Regisseur Robert Wilson würdigt den Komponisten Arvo Pärt entwicklung erscheint diese Linearität wie anlässlich dessen 80. Geburtstages im Jahr 2015 mit einer ein Fremdkörper – ein expressiver Fremd- Hommage, die im Mai 2015 in Tallinn erstmals gezeigt wird. Die körper.« Wenn man das Werk von Haas Live-Veranstaltung umfasst ein Orchester von 34 Musikern, einen kennt, kann man erahnen, dass er hier, 24-köpfigen Chor, 5 Solisten, Schauspieler und etwa 30 lokale trotz der von ihm bekannten Verwendung Schauspielstudenten, die den unkonventionellen Raum der von Obertonakkorden, Neuland betritt. Noblessner Foundry bespielen, einen Ort, an dem früher U-Boote dark dreams ist das erste Werk, das er in gebaut wurden und der nur vom Meer aus zugänglich ist. Amerika komponierte. Am 06.10.2014 ist es mit den Berlinern in 2012 trafen sich die Produzenten und der Dirigent Tõnu Kaljuste, der Carnegie Hall zu hören. den eine langjährige Zusammenarbeit mit Arvo Pärt verbindet, zu einem Workshop im Watermill Center von Robert Wilson. Arvo Pärt concerto grosso Nr. 1 (2013) nahm über Skype (übrigens: eine estnische Erfindung!) daran teil. für vier Alphörner und Orchester | 30’ Arvo Pärt hat für dieses Projekt drei wichtige Werke ausgewählt: die 3 3 3 3 - 6 3 3 1 - Pk, Schl(3) - zwei Chorwerke Adam‘s Lament (2010) und Miserere (1989/1992) Str(12 10 8 6 6) und das Doppelkonzert für 2 Violinen Tabula rasa (1977). Pärt UA: 28.03.2014 München, musica viva, schreibt derzeit neue Musik, die ebenfalls in das Gesamtkonzept HORNROH modern alphornquartet (Balthasar Streiff, aufgenommen wird. In weiteren Treffen zwischen Arvo Pärt und Bob Heléne Berglund, Rudolf Linder, Michael Büttler), Wilson wurde das Konzept für das Projekt weiterentwickelt. Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Dir. Susanna Mälkki Es ist geplant, weitere Spielstätten für diese Produktion zu »Die Alphörner werden nicht als Symbole gewinnen – konventionelle und unkonventionelle. Die einzigartige einer folkloristischen Kultur verstanden, Zusammenarbeit der beiden großen Künstler ist ein Ereignis von sondern als Tongeber einer anderen internationaler Bedeutung. Intonationswelt (Obertonakkorde), die als Kontrast und als Erweiterung der Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Produzenten traditionellen zwölftönigen Stimmung des Madis Kolk [email protected] oder Elisabetta di Mambro Symphonieorchesters eingesetzt werden.« [email protected] (Georg Friedrich Haas) Mai 2014 Musikblätter 7

Imágenes (2013–2014) für Orchester UA: Ende Sept. 2015 Madrid, Orquesta Sinfónica de Madrid Unübersehbar ist der Titel von ­Claude Debussys Images inspiriert. Halffter bezieht sich in seinem zweisätzigen Werk Vexilla regis prodeunt ist eines jener Haas lässt die Alphörner aber nicht nur (I. Scherzo – »En la pradera de San Isidro«, Stücke, die bislang nur als Klavierwerk die reinen Obertonakkorde spielen, 1788; II. Adagio –»Romería de San Isidro«, bekannt waren. Die Orchesterfassung sondern komponiert ganz bewusst 1821–1823) auf Werke von Francisco de galt als unvollendet, obwohl nur drei Schwebungen, die auch vom Orchester Goya (Pinturas Negras). Er schlägt aber Takte am Schluss fehlten, die aber leicht übernommen werden. Kein geringer im Adagio auch die Brücke zum 1825 rekonstruiert werden konnten. Es ist ein Teil der Faszination des Werks geht komponierten, letzten Streichquartett reich instrumentierter Hymnus aus der von diesem Wechselspiel aus: concerto op. 131 von Ludwig van Beethoven, dem römischen Schaffensperiode von Liszt. grosso eben. Zeitgenossen Goyas. concerto grosso Nr. 2 (2014) MAHLER, GUSTAV (1860–1911) für Kammerensemble und Orchester | 22’ Kammerensemble: 1 1 1 1 - 1 1 1 0 - KOLMAN, PETER (* 1937) 1. Symphonie Schl(1), Akk, Klav - Str(1 1 1 1 1) Drei Essays (2011) (Hamburger Fassung, »Titan«) Orchester: 2 2 2 2 - 3 2 2 1 - Schl(3) - für Orchester | 12’ Kritische Ausgabe herausgegeben von Str(1 1 1 1 1) 3 3 3 3 - 4 3 3 0 - Pk, Schl(2), Hf, Reinhold Kubik UA: 10.05.2014 Glasgow, Tectonics Festival, Klav - Str Diese Version der 1. Symphonie stellt BBC Scottish Symphony Orchestra, Dir. Ilan Volkov UA: 09.11.2013 Bratislava, MELOS-ÉTOS eine eigens für Hamburg hergestellte Festival, Slowakische Philharmonie, Dir. Zsolt Nagy Auch im 2. concerto grosso prallen Fassung dar, die eine deutlich unter- 47 zwei Welten aufeinander: Der Gegensatz In Kolmans Drei Essays wird die Be- schiedliche Instrumentierung aufweist zwischen kammermusikalischer Intimität gegnung mit dem Klang in drei unter- und in welcher sich der später verworfene und orchestraler Fülle. Das Werk wird schiedlich konzipierten Essays immer neu Blumine-Satz findet. auch bei Wien Modern zu hören sein, wo betrachtet. Der erste Essay Ferne Klänge UA: 09.05.2014 Hamburg, Laeiszhalle, es das Klangforum und das RSO Wien besteht aus unbestimmten, vibrieren- NDR Sinfonieorchester, Dir. Thomas Hengelbrock aufführen werden. den und impressionistisch anmutenden ­Klängen. Im zweiten Essay Stop and go 1. Symphonie begegnet man stehenden Klängen, die (Fassung letzter Hand) HALFFTER, CRISTÓBAL (* 1930) unvermittelt in eine Bewegung übergehen. Kritische Ausgabe herausgegeben Der dritte Essay Episoden wird von einer von Reinhold Kubik Elegías a la muerte de tres poetas steigenden bzw. sinkenden Tonstruktur españoles (1975/2013) Diese Neuausgabe der 1. Symphonie umrahmt, in der diverse musikalische reduzierte Fassung für Orchester | 30’ entspricht weitgehend jener Fassung, Episoden erklingen, die jeweils ineinander 3 3 4 3 - 4 3 3 1 - Schl(4), Hf, die bisher von der UE angeboten wurde, übergehen oder sich kontrastieren. E-Org - Str(16 14 12 10 8) jedoch nun nach den Erfordernissen der UA: 24.10.2014 Madrid, Orquesta Sinfónica Neuen Gustav Mahler Gesamtausgabe de Madrid, Dir. Ramon Tebar bezüglich der wissenschaftlichen LENTZ, GEORGES (* 1965) Aufbereitung. Concerto grosso (2012/2013) Neues Werk (2015) für Streichquartett und Orchester | 25’ für Orchester 2 2 3 3 - 3 2 0 0 - Schl(3), Cel - Str UA: 2015 Luxembourg, Orchestre Philharmonique PÄRT, ARVO (* 1935) UA: 19.02.2014 Duisburg, Duisburger de Luxembourg La Sindone (2005/2013) Philharmoniker, Auryn Quartett, Dir. Giordano für Orchester | 11‘ Bellincampi revidierte Fassung Das Werk ist »ein Spiel im besten Sinn«. LISZT, FRANZ (1811–1886) 0 0 0 0 - 0 1 1 0 - Pk, Schl(4) - Str Das Orchester tritt gegen ein ­Instrument Vexilla regis prodeunt UA der rev. Fassung: 24.01.2014 New York, an, »das vier Köpfe hat« (Cristóbal für Orchester | 7’ New Juilliard Ensemble, Dir. Joel Sachs Halffter). Hin und wieder begleitet es 3 2 2 2 - 4 2 3 1 - Pk, Org, Bck - Str Das Turiner Grabtuch (»La Sindone«) nur, manchmal interferiert es, manch- rekonstruiert von Martin Haselböck (2012) war der Ausgangspunkt und Quelle der mal nimmt es Impulse auf und treibt das UA: 20.10.2013 Franz Liszt Festival Raiding/ Inspiration für dieses Werk, das Arvo Geschehen so voran, ein produktiver Österreich, Orchester Wiener Akademie, Pärt nun einer weitgehenden Revision Wettstreit. Dir. Martin Haselböck unterzogen hat. UE aktuell

Verwandlung 5 (2013) für Orchester | 15’ 2 2 2 2 - 4 2 3 1 - Pk, Schl - Str UA: 20.11.2013 Wien, Cleveland Orchestra, Dir. Franz Welser-Möst Diese Verwandlung beginnt so, als sei ORCHESTER das Stück bereits seit Längerem im Fortsetzung ­Gange. Man ist also sofort mitten im Werk und Rihm unternimmt alles, damit die Aufmerksamkeit nicht mehr abreißt. Swan Song (1991/2013) »Ein hinreißend gekonnt und raffiniert auf für Orchester | 6‘ der Klaviatur der Orchestermöglichkeiten 2 2 2 2 - 4 2 3 0 - Pk, Hf, Glsp - Str spielender Zehnminüter, variantenreich, UA: 29.01.2014 Salzburg, Mozartwoche, überraschend eingängig und mit einem Wiener Philharmoniker, Dir. Marc Minkowski knallenden Pizzicato-Ton der Solovioline zum Schluss auch humorig.« Neues Werk (2014) Kardinal John Henry Newman (1801– (Die Presse, Stefan Musil, 22.11.2013) für Horn und Orchester | 20’ 1890), Theologe, Dichter und Denker, UA: 19.08.2014 Lucerne Festival, Stefan Dohr, Hr; war eine der prägenden Persönlichkeiten Transitus (2012/2013) Mahler Chamber Orchestra, Dir. Daniel Harding Englands seiner Zeit. Arvo Pärt vertonte für Orchester | 15’ Schon lange trug sich Rihm mit dem anlässlich der 200-Jahr-Feier der Geburt 3 3 3 3 - 4 3 3 1 - Pk, Schl(2), Hf - Str 48 von Newman einen seiner bekanntesten Gedanken, für Stefan Dohr, den - UA: 05.05.2014 Mailand, Filarmonica della hornisten der Berliner Philharmoniker, Texte, den Littlemore Tractus. Ursprünglich Scala, Dir. Riccardo Chailly als Chorwerk mit Orgelbegleitung kon- ein Hornkonzert zu schreiben. Anders als zipiert, entstand im Auftrag der Mozart- Transitus ist ein Auftragswerk der György Ligeti, der in seinem Hornkonzert woche Salzburg 2014 eine Weiterführung Mailänder Scala mit dem Wunsch einer auch im Orchester Hörner verwendet, des Werkes für Orchester. inhaltlichen Bezugnahme auf das Werk spart Rihm in seiner Orchesterbesetzung von Richard Strauss. »Virtuosität ist kein das Horn aus. Dem Soloinstrument gab Wert an sich«, sagt Rihm auf die Frage, Rihm dafür Linien von großem ­kantablen ob er von der Virtuosität Strauss‘ als Reiz und grundierte diese mit einer RIHM, WOLFGANG (* 1952) Orchestrator beeinflusst wurde: »Jeder erstaunlichen Farbpalette, ohne dass die IN-SCHRIFT 2 (2013) Musterschüler kann virtuos sein. Worauf dahinterstehende Virtuosität gleich plaka- für Orchester | 15’ es ankommt: welche und wie viel Energie tiv sichtbar würde. Hier kündigt sich ein 1 2 7 6 - 6 4 4 2 - Schl(6), Hf, Klav - bewegt wird! Es gibt so viele virtuose neues Repertoirestück an. Vc(12), Kb(8) Musik, die auf der Stelle tritt. Nichts UA: 20.10.2013 Berlin, Berliner Philharmoniker, bewegt sich, aber alles wackelt, fuchtelt, Violinkonzert (2014/2015) Dir. Simon Rattle glitzert. Musik ist aber Energieweitergabe. für Violine und Orchester | 20–25’ Zum 50-jährigen Jubiläum des Scharoun- Erst durch ihre energetische Ladung UA: 09.01.2015 Wien, Konzerthaus, Renaud Baus (Berliner Philharmonie) schrieb Rihm und deren Strömen entscheidet sich Capuçon, Vl; Wiener Symphoniker, Dir. Philippe Jordan ein Werk, das den akustischen Besonder- die Qualität eines Musikwerkes. In heiten des Konzertsaals Rechnung trägt, seinen besten Momenten gibt es bei Neues Werk (2014/2015) indem sechs Klarinetten und drei Schlag- Strauss einen unvergleichlichen Sog des für Klaviertrio und Orchester werker im Raum verteilt sind. »So impro- unablässigen Fließens.« UA: 2014/2015 WDR, Jean-Paul Trio, visatorisch der Gestus, so gedanklich klar Dallas Symphony Orchestra reagiert Rihms Musik doch auf das Thema Neues Werk (2014) Musik und Raum – statt den Raum bloß für Orchester | ca. 15’ Doppelkonzert für Violine, Violoncello für ein musikalisches Arrangement zu UA: 04.06.2014 Essen, Essener Philharmoniker, und Orchester (2014) nutzen«, schrieb die Berliner Zeitung Dir. Tomas Netopil UA: 18.10.2015 New York, Carnegie Hall, (Peter Uehling, 21.10.2013). »In der Mira Wang, Vl; Jan Vogler, Vc; Orpheus Orchestra sinnlich packenden Schönheit und der Zweites Konzert für Klavier fasslichen Dramaturgie stellt dieses Stück, und Orchester (2014) Neues Werk (2014/2015) wie oft bei Rihm, schnell eine Affinität UA: 25.08.2014 Salzburger Festspiele, für Chor und Orchester zum Hörer her«, meinte die FAZ Tzimon Barto, Klav; Gustav Mahler Jugendorchester, UA: 10.12.2015 Madrid, Orquesta y Coro de la (Jan Brachmann, 21.10.2013). Dir. Christoph Eschenbach Comunidad de Madrid, Dir. Ramon Encinar 1

Salzburger FeStSpiele 18. Juli — 31. auguSt 2014

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KlaNgFOruM WieN luigi NONO guai ai gelidi mostri (1983) WOlFgaNg riHM Will Sound More (2005/2011) ∙ gejagte Form für Orchester (2. Version 1995/2002) Sylvain Cambreling, Dirigent ∙ Susanne Otto ∙ Noa Frenkel Mo 4. august ∙ KOLLEGIENKIRCHE

gOetHe bei SCHubert uND riHM FraNz SCHubert ausgewählte goethe-Vertonungen WOlFgaNg riHM auswahl aus „goethe-lieder“ (2004/2007) ∙ Harzreise im Winter (Österreichische erstaufführung) Christian gerhaher ∙ gerold Huber Di 5. august ∙ HauS FÜr MOzart

guStaV MaHler JugeNDOrCHeSter WOlFgaNg riHM Konzert für Klavier und Orchester (uraufführung, auftragswerk der Salzburger Festspiele) aNtON bruCKNer Symphonie Nr. 7 e-Dur Christoph eschenbach, Dirigent ∙ tzimon barto Mo 25. august ∙ grOSSeS FeStSpielHauS

CONCertgebOuWOrKeSt aMSterDaM JOHaNNeS braHMS Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56a WOlFgaNg riHM lichtes Spiel – ein Sommerstück für Violine und kleines Orchester (2009) riCHarD StrauSS ein Heldenleben op. 40 Mariss Jansons, Dirigent ∙ leonidas Kavakos So 31. august ∙ grOSSeS FeStSpielHauS

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UE Musikblaetter April 2014.indd 1 28.04.14 11:44 UE aktuell

ORCHESTER Fortsetzung

SCHWARTZ, JAY (* 1965) Delta – Music for Orchestra IV (2014) für Orchester | 25’ KAMMERORCHESTER / 4 4 4 4 - 6 4 4 1 - Kb (5-saitig), ENSEMBLE / Schl(3) - Vl.I, Vl.II, Va, Vc UA: 08.02.2014 Stuttgart, ECLAT Festival Zimt (2008–2010) KAMMERMUSIK Neue Musik Stuttgart, Radio-Sinfonieorchester Ein Diptychon für Bruno Schulz Stuttgart des SWR, Dir. Johannes Kalitzke für Orchester | 35’ BALTAKAS, VYKINTAS (* 1972) bestehend aus On Comparative Meteoro- Delta – Music for Orchestra IV experi­men­ Eselsbrücke (2013) logy (2008–2009/2010) und Contrebande tiert mit dem Phänomen der Periodizität für Ensemble | 10’ (On Comparative Meteorology II) (2010) und der Synchronizität eines Pendels 1 1 1 0 - 1 1 1 0 - Schl(2), Cemb - Vl, 5 3 3 3 - 4 3 3 1 - Schl(5), Hf, Cel, Klav, wie auch einer Wellenbewegung und Vl, Va, Vc, Kb BaHn - Str verbindet mithin erneut Schwartz‘ UA: 24.08.2013 Salzburger Festspiele, UA der Gesamtfassung: 06.09.2014 Affinität zur Physik mit den poetischen Scharoun Ensemble, Dir. Matthias Pintscher Lucerne Festival, Lucerne Festival Academy und ästhetischen Dimensionen von Klang. Orchestra, Dir. Matthias Pintscher Das Werk Eselsbrücke entstand im Auftrag der Salzburg Foundation und Als Johannes Maria Staud erstmals die Er- ist inspiriert von der Lichtinstallation zählungen des jüdisch-polnischen Dichters SOTELO, MAURICIO (* 1965) Beyond Recall von Brigitte Kowanz, Bruno Schulz las, war er davon zutiefst Bruckner Nachklang (2014) die auf der Staatsbrücke in Salzburg 50 berührt. Er habe die Welt »mit völlig neuen zu sehen ist. für Orchester | 3’30‘‘ Augen zu sehen gelernt«. Und so schrieb 2 2 2 2 - 4 3 3 1 - Pk - Str Staud seine beiden Orchesterwerke On Wien, Konzerthaus, Redditio 2 (2013) UA: 23.05.2014 Comparative Meteorology und Contreban- Bamberger Symphoniker, Dir. Jonathan Nott für Bläserquintett | 10’ de, die der geheimnisvollen Welt von Schulz Fl, Ob, Kl(B), Hr(F), Fg Mit seinem kurzen Stück Bruckner mit verwunschenen Gärten, labyrinth­ UA: 10.01.2014 London, Cataleya Quintet Nachklang – ein Auftrag der Bamberger artigen Dachböden und dem Gassengewirr Symphoniker – bezieht sich Sotelo auf des Schtetls auf musikalischem Wege »Meine Sicht der musikalischen die 7. Symphonie Bruckners mit ihren nachspüren, ohne sie indes »zu verdoppeln Komposition und des Dirigierens ist eine ausgewogenen Proportionen und ihrer oder gar zu illustrieren«. In Luzern erklingt der Gegenseitigkeit. Ich bin überzeugt, klanglichen Eleganz. Das Werk wird an- nun erstmals die Gesamtfassung Zimt. dass man als Komponist und Dirigent ein lässlich der Europatournee der Bamberger Werk beeinflussen, Ideen vorschlagen, in Wien uraufgeführt. es in eine bestimmte Richtung führen und Entscheidungen treffen kann. TAKÁCS, JENÖ (1902–2005) Man gibt Impulse, erhält aber auch Tarantella (1937) STAUD, JOHANNES Impulse aus der Musik, die man für Klavier und Orchester | 15‘ dann weiterentwickelt und die sich MARIA (* 1974) 2 2 2 2 - 2 2 1 1 - Pk, Schl - Str widerspiegelt. Die Definition des Konzert für Violine und Orchester Tarantella entstand 1937 in Kairo, wo lateinischen Wortes redditio lautet: (2014) Takács als Professor für Klavier am Kon- eine Aufführung einer musikalischen für Violine und Orchester | 20’ servatorium unterrichtete, und wurde im Komposition oder die Darstellung UA: 27.08.2014 Lucerne Festival, Midori, Vl; gleichen Jahr in Wien uraufgeführt. Das einer dramatische Rolle; der Akt der Luzerner Sinfonieorchester, Dir. James Gaffigan rhythmisch effektvolle, virtuose Stück mit Interpretation einer künstlerischen Towards A Brighter Hue für Violine solo volkstanzhaftem Gepräge begründete den Darstellung. Die Partitur meines (2004) war eine Auftragskomposition für Weltruhm des Komponisten und erlebte Werks Redditio 2 besteht aus den Internationalen Musikwettbewerb mit ihm am Klavier eine Unzahl von Auf- gemischten Notationen. Ich verwende der ARD. Midori war von diesem Werk führungen. Takács bewies mit Tarantella, präzise, ​​grafische und aleatorische so angetan, dass sie sich von Staud ein welch starke Anregungen echte boden- Notationssysteme. Meine wichtigste Werk für Violine und Kammerorchester ständige Volksmusik zu geben vermag. Motivation dafür ist, dass die Musiker wünschte. Beim Lucerne Festival kommt Sie erscheint in der elementaren Kraft des auf die gegebenen Momente es nun zur Uraufführung. Elemente von vom exotischen Schlagzeug und Klavier reagieren und ihre eigene authentische Towards A Brighter Hue werden darin getragenen Rhythmus durch Strawinsky Interpretation gestalten können.« Eingang finden. und Bartók beeinflusst. (Vykintas Baltakas) Mai 2014 Musikblätter 7

LUCERNE FESTIVAL IM SOMMER 51 14. August – 15. September 2014

Johannes Maria Staud – «composer-in-residence»

Moderne 2 | 17. August 2014 Musiktheater | 3. September 2014 Staud Monodram Der Riss durch den Tag Staud Die Antilope (Uraufführung) Ensemble intercontemporain | Matthias Pintscher | Luzerner Sinfonieorchester | Chor und Solisten des Robert Hunger-Bühler Luzerner Theaters | Howard Arman | Dominique Mentha | Werner Hutterli | Experimentalstudio des SWR Weitere Vorstellungen am 5. und 7. September LUCERNE FESTIVAL 40min 5 | 27. August 2014 Staud Ausgewählte Kammermusikwerke Studierende der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Sinfoniekonzert 20 | 6. September 2014 Staud Zimt. Ein Diptychon für Bruno Schulz (Uraufführung der Gesamtfassung) Sinfoniekonzert 10 | 27. August 2014 LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Orchestra | Matthias Pintscher Staud Violinkonzert (Uraufführung) Luzerner Sinfonieorchester | James Gaffigan | Midori

www.lucernefestival.ch univers parallèles Dix nouvelles pièces pour piano inspirées des chefs-d’oeuvre du Louvre Ten new pieces for piano inspired by masterpieces in the Louvre conçu et coordonné par / conceived and coordinated by Anne-Lise Gastaldi & Valérie Haluk piano Hugues Dufourt Georg Friedrich Haas Cristóbal Halffter György Kurtág Mauro Lanza Philippe Manoury Bruno Mantovani Gérard Pesson Wolfgang Rihm

KAMMERORCHESTER / ENSEMBLE / KAMMERMUSIK UE 36 021 Fortsetzung Universal Edition

BEDFORD, LUKE (* 1978) HAAS, GEORG FRIEDRICH (* 1953) Wonderful Four-Headed petit hommage à un grand maître (2014) Nightingale (2013) für Klavier solo für Streichquartett | 9’ UA: 28.10.2013 Wien Modern, Arditti Quartet HALFFTER, CRISTÓBAL (* 1930) »Dieses Werk ist eine Bearbeitung meines Contanto a una historia … (2014) Wonderful Two-Headed Nightingale für für Klavier solo Violine, Viola und 15 Spieler. Der Original­ titel stammt von einem Werbeplakat RIHM, WOLFGANG (* 1952) aus dem 19. Jahrhundert, das ein Paar 52 Rembrandts Ochse, plötzlich im Louvre (2014) singender siamesischer Zwillinge zeigt: für Klavier solo Millie und Christine McCoy. Ihre Geschich- UA: 18.06.2014 Paris, Cité de la musique te und das Plakat faszinierten mich. Im Streichquartett gibt es vier klar definierte Abschnitte. Nach einem Duett zwischen Mit einem neuen, schönen Projekt wird die erfolgreiche der 1. Violine und der Viola kommen all- Zusammenarbeit der zwei Pianistinnen und Pädagoginnen mählich die 2. Violine und das Violoncello Anne-Lise Gastaldi und Valérie Haluk mit der Universal Edition hinzu und übernehmen die rhythmischen fortgesetzt. Nach dem Piano Project (UE 33662), das im Jahr Impulse. Diese steigern sich zu einem 2006 erschien, schreibt erneut eine illustre Auswahl von kritischen Höhepunkt, an dem die Musik zeitgenössischen Komponisten kurze Klavierstücke für junge kollabiert, nur eine Folge nackter Akkorde Musiker, die etwa vier Jahre Klavierunterricht haben. bleibt übrig. Aber anstatt zu verklingen, lebt der Anfang erneut auf und beendet Bei dem neuen Projekt sollen die Musik und die Malerei bzw. damit das Stück.« (Luke Bedford) Bildhauerei miteinander vereint werden. Hierfür konnten die zwei Pariser Institutionen Musée du Louvre und Cité de la musique als Partner gefunden werden. Die zehn teilnehmenden CERHA, FRIEDRICH (* 1926) Komponisten wählten unter den Gemälden und Skulpturen des Louvre eines aus und ließen sich davon zu kurzen Klavierstücken Acht Stücke (2012) pädagogischen Charakters von je etwa 1–2 Minuten Länge für 3 Klarinetten | 19‘30‘‘ inspirieren, die jungen Musikern einen Einstieg in die Neue UA: 15.06.2014 Wien, Musikverein, Musik ermöglichen sollen. In dem Heft, das unter dem Titel the clarinotts Univers parallèles (UE 36021) erscheinen wird, werden sowohl »Die Stücke sind für Ernst Ottensamer, die neue Komposition als auch das dazu ausgewählte Kunstwerk Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, abgebildet. Unter den Komponisten, die für dieses Projekt und seine zwei Söhne geschrieben und von geschrieben haben, finden sich auch drei UE-Komponisten: sehr unterschiedlichem Charakter. Sie ma- Georg Friedrich Haas, Cristóbal Halffter, der bereits ein Werk zum chen von allen Spielarten – von der fließen- Piano Project beigesteuert hatte, und Wolfgang Rihm. den Legato-Kantilene bis zum kapriziösen, manchmal karikierenden, kurzen Staccato Die Uraufführung aller Werke wird am 18.06.2014 im – Gebrauch. Die Formen ergeben sich Amphithéâtre in der Cité de la musique stattfinden. Es spielen zumeist aus der rhapsodischen Entwick- Schülerinnen und Schüler der zwei Herausgeberinnen des Heftes, lung, es gibt keine Reprisen und fast keine Anne-Lise Gastaldi und Valérie Haluk. motivischen Bezüge.« (Friedrich Cerha) Mai 2014 Musikblätter 7

FENNESSY, DAVID (* 1976) Hauptstimme (2013) für verstärkte Soloviola und Ensemble | 17‘ 1 1 1 1 - 0 0 0 0 - Rhodes piano, Schl, MAHLER, GUSTAV (1860–1911) E-Git - Vl, Va, Vc, Kb Lieder nach Texten von UA: 16.11.2013 Huddersfield Contemporary Friedrich Rückert (1991/2013) Music Festival, Garth Knox, Va; Red Note Ensemble für hohe Singstimme und Ensemble | 22‘ Scotland, Dir. Garry Walker bearbeitet von Daniel Grossmann (2009) »Viele meiner Werke der letzten Jahre – 1 1 1 1 - 1 0 0 0 - Harm, Klav - Vl(2), Va, von graft für Streichquartett (2000) bis Vc, Kb hin zu 13 Factories für Ensemble (2009) – konzentrieren sich auf das Konzept Vierzehn Lieder und Gesänge des Individuums und darauf, was es zu 8. Streichquartett (2014) aus der Jugendzeit (1880/1891) einer Gruppe beitragen kann und wie ca. 25‘ für Singstimme und Ensemble | 22‘ Basel, JACK Quartet es in dieser funktioniert. Es geht auch UA: 21.10.2014 bearbeitet von Pierre Hoppé (2011–2012) darum, wie diese Gruppe aussagekräftig Fl (+Picc; Afl(G)), Klar in B (+Bkl(B)), Perc, mit einer Stimme sprechen kann. Der Saxophonquartett (2015) Akk, Klav - Vl, Va, Vc Gedanke steht auch bei diesem neuen ca. 10–12‘ Köln, SIGNUM saxophone Werk für Solo-Viola und Ensemble im UA: 26.04.2015 quartet Mittelpunkt. Einen Gutteil der Zeit ist die PÄRT, ARVO (* 1935) Solo-Viola unter den dichten Klängen des My Heart’s in the Highlands Ensembles begraben und will vor allem (2000/2013) einfach gehört werden. Hat sie das einmal HALFFTER, CRISTÓBAL (* 1930) für Countertenor (oder Alt), Streichtrio 53 geschafft, stellt sich eine komplexere Sones del prebarroco español und Klavier | 8’30‘‘ Frage: Was möchte sie ausdrücken?« (2012/2013) UA: 29.05.2014 Washington, The Phillips (David Fennessy) Transkriptionen über Werke von Antonio Collection, Iris Oja, Alt; Harry Traksmann, Vl; de Cabezón, Cristóbal de Morales und Laur Eensalu, Va; Leho Karin, Vc; Marrit Gerretz- Alonso Mudarra Traksmann, Klav HAAS, GEORG FRIEDRICH (* 1953) für Blechbläseroktett | 12–14‘ Ursprünglich für den Countertenor David Valladolid, Orquesta Sinfónica Anachronism (2013) UA: 30.10.2013 James des Hilliard Ensemble und Orgel de Castilla y León für Ensemble | 14’ komponiert, war dieses Werk zum ersten Ob, Kl(B) (+Kl(A), Bkl(B)), Fg (+Kfg), Hr, Seit 25 Jahren gibt es in Kastilien eine Mal im Jahr 2000 in Avignon zu hören, Klav - Vl, Kb Initiative, die verborgene Kunstwerke des als Teil einer internationalen Ausstellung UA: 14.02.2014 New York, Carnegie Hall, 15. und 16. Jahrhunderts in alten Kirchen zum Thema »Schönheit« (»La Beauté«). Ensemble ACJW aufstöbert und versucht, sie der Vergessen­ Mit dieser neuen Fassung für Solostimme, In Anachronism sind Assoziationen zur heit zu entreißen. Halffter hat sich nun Streichtrio und Klavier verlässt das Werk Minimal Music ein wesentliches Ele- Werke von drei spanischen Komponisten nunmehr den Kirchenraum. Arvo Pärt ment – obwohl »die Zeitstruktur und die aus dieser Zeit vorgenommen und deren wird bei der Uraufführung dieser neuen ­kompositorischen Prozesse weit entfernt Substanz für Blechbläseroktett bearbeitet. Fassung in der Phillips Collection in sind von den historischen Bezugspunkten« Sie erscheinen somit in neuem Licht. Washington anwesend sein. (Georg Friedrich Haas). Haas hat in einem Gespräch mit der New York Times an Sevillanas (2014) alte Zeitungsfotos erinnert, in denen für Gesang und Klavier | 1’30‘‘ RIHM, WOLFGANG (* 1952) Festival International de Música Fotografien durch einen groben Raster UA: Juni 2014 Drei Sonette von Michelangelo (2013) y Danza de Granada einzelner Punkte aufgelöst wurden. in Rilkes Übertragung Anachronism verfährt vergleichbar. Haas‘ für Bariton und Klavier | 12’ harmonische Welt wird in die Körnung UA: 07.07.2013 Bad Kissingen, Kissinger eines »unbarmherzig durchpulsierenden JANÁČEK, LEOŠ (1854–1928) Sommer, Peter Schöne, Bar; Axel Bauni, Klav 11/8-Taktes« projiziert. Ouvertüre zur Oper »Aus einem Totenhaus« (1927) Harzreise im Winter (2012) Dido (2012) für Solovioline und Ensemble | 6’ für Bariton und Klavier | 13’ für Sopran und Streichquartett | 9’ bearbeitet von Kimmy Szeto (2011) Text von Johann Wolfgang von Goethe UA: 09.05.2013 Schwetzinger SWR Festspiele, UA: 11.09.2011 New York, David Fulmer, Vl; UA: 01.06.2014 Würzburg, Residenz, Sarah Wegener, S; Kairos Quartett Argento Chamber Ensemble, Dir. Michel Galante Christian Gerhaher, Bar; Gerold Huber, Klav UE aktuell

Music for Chamber Ensemble (2006/2014) für Ensemble | 11' KAMMERORCHESTER / UA der Neufassung: 06.12.2014 Paris, ENSEMBLE / KAMMERMUSIK Cité de la musique, Ensemble Intercontemporain, Fortsetzung Dir. Paul Fitzsimon

Neues Werk (2014) Sextett (2014) für Streichquartett für Streichquartett, Klarinette UA: 2015 Asasello Quartett und Horn | 15’ Für dieses Projekt wird das Asasello UA: 18.09.2014 Amsterdam, Quatuor Danel Quartett die Streichquartette von Schön- berg gemeinsam mit vier Uraufführungen ZEMLINSKY, ALEXANDER Will Sound More Again Anew präsentieren. (1871–1942) (2014) für Ensemble | 15’ Kammersymphonie (1934) nach dem 2. Streichquartett (1915) UA: 07.08.2014 Darmstadt, Int. Ferienkurse für SOTELO, MAURICIO (* 1961) Neue Musik, Studio musikFabrik, Dir. Peter Veale für 14 Instrumente oder Ancora un segreto (2013) Kammerorchester | 40’ 54 Hommage-Sonate für Alfred Brendel bearbeitet von Richard Dünser (2013) für Klavier | 22’ 1 2 2 1 - 2 0 0 0, BaHn - Vl, Vl, Va, Vc, Kb SAWER, DAVID (* 1961) Bozen, Int. Klavierfestival, UA: 25.08.2014 UA: 21.10.2013 Wien, Ensemble Kontrapunkte, Juan Carlos Garvayo, Klav Bronze and Iron (2014) Dir. Peter Keuschnig für Blechbläserquintett mit Musikpavillon | 15’ Die Besetzung ist identisch mit Schön- bergs 1. Kammersymphonie (allerdings Hr(F), 1. Trp(B), 2. Trp(B), Pos, Tb STAUD, JOHANNES MARIA (* 1974) UA: 22.03.2014 Glasgow, Onyx Brass ohne Kontrafagott). Daher ist das Werk K’in (2012/2013) ideal mit der 1. Kammersymphonie kom- »Ich finde Musikpavillons unglaublich für Fagott und Streichquartett | 12’ binierbar. Das Original, von dem Richard eindrucksvoll, voller Geister und kindlicher UA: 19.09.2013 Schwaz, Klangspuren Schwaz, Dünser ausgegangen ist, also Zemlinskys Erinnerungen, und gleichzeitig sind sie Pascal Gallois, Fg; Hugo Wolf Quartett 2. Streichquartett, ist Schönberg gewid- funktionelle und praktische Plattformen »In der Sprache der Maya bedeutet K‘in met und enthält Anspielungen auf die be- für populäre Freilichtaufführungen. Die Sonne. Zugleich ist K‘in auch die kleinste rühmten Quartenakkorde in Schönbergs Idee, ein Stück zu komponieren, das die Einheit des Maya-Kalenders und entspricht 1. Kammersymphonie. Vom Stil her ist es Aufmerksamkeit auf diese einzigartigen, einem Tag. Am 21. Dezember 2012, als nicht selten von frühem Schönberg und überlebenden Denkmäler in freien, offenen ich mich mitten in der Arbeit an diesem spätem Mahler beeinflusst, aber natürlich und öffentlichen Räumen lenkt, hat Werk befand, hätte ja eigentlich die Welt ist es hauptsächlich genialer Zemlinsky. auf mich sofort große Anziehungskraft untergehen sollen – zumindest wenn es Man kann das Werk nicht nur in der ausgeübt. Mein Stück erhöht die Thea- nach einigen Apokalyptikern gegangen 14-Soloinstrumente-Fassung aufführen, tralik dieser Räume durch die räumliche wäre, die sich auf die Lange Zählung des sondern auch mit chorischen Streichern, Anordnung und Bewegung der fünf Spie- Maya-Kalenders berufen, in Wahrheit also einem großen Kammerorchester bzw. ler, sowohl einzeln als auch in Gruppen, aber wohl zu viel H. P. Lovecraft gelesen kleinem Orchester. die sich in und um den Musikpavillon haben. Dass sie nicht untergegangen ist, bewegen, mit dem Ziel, das Publikum zu nahm ich als schönes Motto, mein Stück Sieben Lieder von Nacht überraschen.« (David Sawer) nach der Sonne der Maya, die auch am und Traum 22. Dezember 2012 wieder aufgegangen für mittlere Stimme und Ensemble ist, zu taufen. Dieses durchaus rituelle (Kammerorchester) | 20’ SCHWARTZ, JAY (* 1965) Werk nimmt phasenweise den Charakter gesetzt von Richard Dünser (2013) Lament (2013) einer Evokation an. Das Fagott ist dabei 1 2 1 1 - 2 0 0 0 - Hf, BaHn - Vl, Vl, Va, für Solostimme und Saxofonquartett | 12’ häufig blockhaft einem kompakt gesetz- Vc, Kb UA: 08.10.2013 Freiburg, Sibylle Kamphues, ten, skordierten Streichquartett gegen- UA: 27.10.2014 Wien, Peter Weber, Bar; MS; Raschér Saxophon-Quartett übergestellt.« (Johannes Maria Staud) Ensemble Kontrapunkte, Dir. Peter Keuschnig Mai 2014 Musikblätter 7

BORISOVA-OLLAS, VICTORIA (* 1969) Dracula VOKAL- UND Oper in 2 Akten | 100’ Libretto: Claes Peter Hellwig CHORWERKE und Kristian Benkö UA: 2016/2017 Stockholm, FENNESSY, DAVID (* 1976) The Royal Swedish Opera Letter to Michael (2014) Der Romanklassiker von Bram Stoker, für Chor (16 Stimmen) a cappella | 7’ OPER / BALLETT erzählt aus der Sicht der emanzipierten UA: 02.05.2014 Cork, 60th Cork International Frau. Ein Kompositionsauftrag der Royal Choral Festival, National Chamber Choir of Ireland, BIRTWISTLE, HARRISON (* 1934) Swedish Opera. Dir. Paul Hillier Gawain (1990 / 2013) »Vor einigen Jahren wurde ich auf ein Oper in 2 Akten | 150’ außergewöhnliches Kunstwerk einer 3 3 3 3 - 4 3 3 3 - Pk, Schl, Vib, Hf, Mba, FOERSTER, JOSEf Frau namens Emma Hauck aufmerksam. Cimb - Vl(24), Va(9), Vc(9), Kb(9) BOHUSLAV (1859–1951) Sie wurde vor etwa hundert Jahren in Morgan le Fay, S; Lady de Hautdesert, Eva (Marja-Eva) (1895–1887) einer deutschen psychiatrischen Klinik MS; Arthur, T; Guinevere, MS; Der Narr, Oper in 3 Akten op. 50 | 150’ 55 aufgrund der Diagnose Schizophrenie T; Agravain, Bar; Ywain, T; Gawain, Bar; Libretto von Josef Bohuslav Foerster behandelt. Während dieser Zeit pro­ Baldwin, T; Der Grüne Ritter/Bertilak, B; nach dem Drama Gazdina Roba von duzierte sie seitenweise Texte. Sie schrieb UA der Fassung 2013: 16.05.2014 Gabriela Preissová ihrem Mann, der aufgehört hatte, sie zu London, Barbican, Leigh Melrose, Gawain; Sir John deutsche Übersetzung: Johannes Brandt besuchen, Tausende Bleistiftzeilen. Sie Tomlinson, The Green Knight; Laura Aiken, Morgan hg. von Světlana Přibilová schrieb immer und immer wieder ein- Le Fay; Jennifer Johnston, Lady de Hautdesert; Jeffrey 3 3 3 3 - 4 3 3 1 - Pk, Schl, Hf, Org - Str fach die Worte »Herzensschatzi komm«, Lloyd Roberts, King Arthur; John Graham Hall, A Fool; Aufführung Herbst 2014 Liberec, Divadlo manchmal auch nur das Wort »komm«. Rachel Nicholls, Guinevere; William Towers, Bishop F. X. Šaldy Jede Seite war eng mit überlappendem Baldwin; Ivan Ludlow, Agravain; Robert Anthony Text bedeckt, manchmal unleserlich. »Josef Bohuslav Foerster, ein Zeitgenosse Gardiner, Ywain; BBC Singers, BBC Symphony Orchestra, Janáčeks, wird selbst in seiner Heimat Ich war tief beeindruckt von diesen sich Dir. Martyn Brabbins, Regie: John Lloyd Davies wiederholenden Bitten und überzeugt, seit Jahrzehnten nicht mehr gespielt. dass die verzweifelte Leidenschaft, die Nach dem großen Erfolg von ­Birtwistles Wer jedoch seine in Wexford aufgeführte diese Seiten ausdrücken, tatsächlich nur Gawain bei den Salzburger ­Festspielen Oper Eva gesehen hat oder den mit Stimmen übermittelt werden kann. 2013 kommt die Oper in einer semi- Mitschnitt dieser Aufführung hört, Ich stelle mir eine dichte Schichtung einer szenischen Produktion im Jahr des fragt sich verwundert, wie es zu dieser einfachen Linie vor; jede weitere Stimme 80. Geburtstages von Harrison Birtwistle Vernachlässigung kommen konnte.« verstärkt die Kraft der Bitte ...« im Londoner Barbican Centre mit dem (Fono Forum 04/06, Jürgen Gahre) (David Fennessy) BBC Symphony Orchestra erneut auf die Den Stoff für diese tragische Oper Bühne. Sir John Tomlinson, der bereits die entnahm Foerster Gabriela Preissovás Rolle des Grünen Ritters bei der Urauffüh- Schauspiel Gazdina Roba (Gazdina – rung des Werkes im Jahr 1991 gesungen Hauswirtin; roba – Schmähbezeichnung HAAS, GEORG FRIEDRICH (* 1953) hat, wird die Titelpartie erneut bei der für eine Frau, die ihren Mann verlässt). Im nocturno (2013) Londoner Aufführung übernehmen. Mittelpunkt steht ein gesellschaftlicher Musik für Frauenchor und Akkordeon Bisher hatte es drei Fassungen der Oper Konflikt: Die arme Näherin Eva und (ossia: Klavier) | 8–10’ gegeben. Nun hat Birtwistle eine neue der reiche Bauernsohn Mánek lieben UA: 23.03.2013 Bonn, Theater Bonn Version von Gawain angefertigt, die ab einander, ohne auf die sozialen Barrieren Das Stück soll in völliger Dunkelheit sofort alle vorherigen Fassungen ersetzen zu achten. Máneks Mutter sowie das aufgeführt werden, die Musikerinnen und wird. In dieser Version 2013 wird etwa die dörfische Volk erlauben aber als Folge der Musiker singen/spielen auswendig, d. h. Rolle des Fool von einem Tenor gesungen damals geltenden sozialen und religiösen jede Chorsängerin und der Akkor­deon- und nicht wie bisher von einem Bariton. Gesetze diese Liebe nicht. Den Ausgang oder Klavierspieler benötigen nur zur In London wird die neue Fassung nun zum aus der verzweifelten Lage sucht Eva im Einstudierung eine Partitur. ersten Mal aufgeführt werden. freiwilligen Tod in den Fluten der Donau. UE aktuell

Die Neue Musikzeitung schrieb: »Die Schreibweise des Madrider Komponisten ist sich in diesen sechs Jahrzehnten, bei mancher Weiterentwicklung im Detail, prinzipiell treu geblieben: Es ist Moderne OPER / BALLETT vom guten alten Schlag. Die Fließge- Fortsetzung schwindigkeiten, Intonationen und feinen Färbungen des Tonsatzes, der zuvorderst seinen eigenen Gesetzen und Regeln folgt, korrespondieren freilich den Raum- und STAUD, JOHANNES HAAS, GEORG FRIEDRICH (* 1953) Zeitvorgaben des Textes und insbesondere MARIA (* 1974) Morgen und Abend (2014/2015) dessen psychischen Konstellationen. Am Die Antilope (2013–2014) Oper für Soli und Orchester hörbarsten knüpft Halffter an Alban Bergs in 2 Akten | 85–125‘ Oper in 6 Bildern für 7 Gesangssolisten, Opern an.« Bei so viel Lob sollte eine Folge­ Chor, Orchester und Elektronik | 70–75’ nach der gleichnamigen Novelle aufführung nur eine Frage der Zeit sein. von Jon Fosse Libretto: Durs Grünbein Lucerne Festival, Solisten, Libretto: Jon Fosse UA: 03.09.2014 Orchester und Chor des Luzerner Theaters, Deutsche Übersetzung des Librettos: ROSSINI, Gioachino (1792–1868) Dir. Howard Arman, Experimentalstudio des SWR, Hinrich Schmidt-Henkel Regie: Dominique Mentha (Koproduktion mit dem Solisten: 3 weibliche Rollen (S, MS, La Cenerentola – Das Aschenputtel Tiroler Landestheater Innsbruck und der Kölner Oper) dunkler Alt); 2 männliche Rollen (Bar, T), (1816/1817–2014) 1 Schauspieler Oper in 2 Akten, Fassung für Kinder »Die Oper erzählt die Geschichte eines in einem Aufzug | 65’ 56 Chor: SATB (32–44 Stimmen) jungen Mannes, Victor, der ein entfernter UA: 13.11.2015 London, Royal Opera House, für Soli und Ensemble Verwandter und Wiedergänger des Victor Koproduktion mit der Deutschen Oper Berlin; bearbeitet von Alexander Krampe (2014) Krap (Samuel Beckett, Eleutheria) und des Regie: Ole Anders Tandberg Libretto: Jacopo Ferretti Schreibers Bartleby (Herman Melville) ist. Sprache: Deutsch/Italienisch Jon Fosse erzählt die Geschichte des Victor, ein Verweigerer und gesellschaft- 1 1 1 1 - 1 0 0 0 - Mar, Akk - Str(1 1 1 1 1) lich Außenstehender, entzieht sich einer Fischers Johannes, eines einfachen, alten UA: 26.07.2014 Salzburger Festspiele, Solisten Mannes. Er erinnert sich an sein vergan- immer klaustrophobischer werdenden Fir- des Young Singers Projects, salzburger orchester menfeier (inklusive sinnlos leerlaufendem genes Leben, an diejenigen Menschen, solisten, Dir. Maxime Pascal, Regie: Ulrich Peter die ihm am meisten bedeutet ­haben, Partygeschwätz) durch einen Sprung aus seine Frau und seinen Freund Peter, beide Nicht einmal fünf Wochen blieben bis zur dem Fenster. In der Folge irrt Victor durch längst verstorben. Johannes‘ Sehnsucht geplanten Premiere am 25. Januar 1817 eine absurd verzerrte städtische Welt und wird sich an diesem Tag erfüllen. Als seine noch Zeit, als Rossini mit seinem Libret- gerät bei seiner ›Reise durch die Nacht‹ Tochter am nächsten Morgen nach ihm tisten nach einem guten Abendessen in die eigenartigsten Situationen, die sieht, ist er tot. beschloss, eine Oper nach der Märchen- sich ihm teils bedrohlich und entsetzlich, erzählung Cinderella oder der kleine dann wiederum komisch und grotesk, gläserne Pantoffel von Charles Perrault zu stets auf der Kippe zwischen Realem und schreiben. Unbestritten ist das Märchen ­Irrealem, darstellen. Unser Mann wird da- HALFFTER, CRISTÓBAL (* 1930) eine der schönsten und eingängigsten Ge- bei hin- und hergerissen zwischen einem Schachnovelle (2011/2012) schichten der Weltliteratur. Die Kinderfas- beobachtenden Abseitsstehen, einem Oper in 1 Akt | 115’ sung hat sich gegenüber dem Original nur spontanen Eingreifen-Wollen (er ist nicht Libretto: Wolfgang Haendeler, nach dem eine kleine Korrektur erlaubt: Der gläserne ohne moralische Reizbarkeit) und einem Roman Schachnovelle von Stefan Zweig Pantoffel, der einzig auf den hübschen Sich-treiben-Lassen durch die Dynamik der 4 3 4 3 - 4 4 4 1 - Schl(4), Asax(Es), Fuß von Cenerentola passt, musste unbe- kuriosen und sonderbaren Situationen, Tsax(B), E-Klav - min. 12 12 10 8 6 - dingt wieder hinein ins Stück. Den hatten in die er stolpert. Am Ende dieser Reise max. 16 14 12 10 8 Meister Rossini und sein Librettist einst kehrt Victor, dessen wahre Motivation ein UA: 18.05.2013 Oper Kiel, Philharmonisches gegen einen schnöden Armreif ersetzt … Rätsel bleibt, jedenfalls wieder unerwartet Orchester Kiel, Opernchor Kiel, Dir. Georg Fritzsch Wie mit der Geschichte, so ist es auch und auf höchst eigenartige Weise auf die Halffter hat es mit seinem Librettisten mit Rossinis Musik: Kein Ohr kann sich ihr Firmenfeier zurück. Die Zeit ist während Wolfgang Haendeler geschafft, den verschließen. Die 12-köpfige Orchester- seiner Abwesenheit gleichsam stehenge- Roman Stefan Zweigs gültig und packend besetzung, einschließlich Akkordeon und blieben und die Party geht weiter, als ob auf die Bühne zu bringen. Für zwei Marimbaphon gibt die originale Vorlage nichts passiert sei. Die Möbius-Schleife hat Kritiker der FAZ war die Schachnovelle in schillernden Farben und mit gehörigem sich geschlossen.« (Johannes Maria Staud, »die Uraufführung des Jahres«. Temperament wieder. Durs Grünbein) Mai 2014 Musikblätter 7

BEDFORD, LUKE (* 1978) Through His Teeth (2013–2014)

C ummiskey Kammeroper | 60’ für 3 Sänger und 8 Musiker Libretto: David Harrower Kl(B) (+Bkl(B)), Trp (C), Schl, Hf, Akk - Vl, Vc, Kb

© ROH/S tephen UA: 03.04.2014 London, Royal Opera House, Linbury Studio Theatre (Faust-Festival), Dir. Sian Edwards, Regie: Bijan Sheibani

Nach dem Erfolg von Luke Bedfords erster Kammeroper Seven Angels, die 2015 in Freiburg in einer Neuinszenierung zum wiederholten Male auf die Bühne kommen wird, wurde im April dieses Jahres Bedfords zweite Kammeroper im Linbury Studio Theatre am Royal Opera House in London zur Uraufführung gebracht. Through His Teeth ist in enger Zusammenarbeit mit dem schottischen Dramatiker David Harrower entstanden. Der Inhalt basiert auf einer wahren Begebenheit, die sich vor einigen Jahren in England zugetragen hat. Luke Bedford erzählt, dass das vom Royal Opera House in Auftrag gegebene Werk etwas mit Faust zu tun haben sollte. »Dabei sind wir auf die Geschichte eines Mannes gestoßen, der über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren acht Frauen verführte, indem er sich als eine Art ›Superagent‹ mit schnellen Autos und einem glamourösen Leben ausgab. Doch all dies war ein einziger 57 großer Schwindel. Dennoch nahm er Geld von diesen Frauen und entführte sie sogar, ohne jedoch dabei Gewalt anzuwenden.«

Luke Bedfords kompositorischer Arbeit waren zwei Workshops am Royal Opera House vorausgegangen, in denen er zusammen mit dem Librettisten David Harrower, dem Regisseur Bijan Sheibani und den für diese Proben extra engagierten Schauspielern am Libretto arbeitete. So entstanden letztendlich 16 kurze Szenen, die teils mitten im Geschehen spielen und teils in Form von Interviews auf dieses zurückblicken. Eine Can this be the best British opera in years? dieser Interviewszenen eröffnet, eine weitere beschließt die Oper, Luke Bedford’s »Through His Teeth« at wodurch die eigentliche Geschichte umrahmt wird. the Royal Opera House’s Linbury Theatre is exceptional. Drop everything and go. Die Oper ist mit drei Sängern besetzt: Die Hauptrollen, der Mann, der (Opera Today, Anne Ozorio, 09.04.2014) sich als MI5-Agent ausgibt, und die von ihm verführte und getäuschte Frau, tragen keine Namen, sondern heißen schlicht »R« und »A«. Sie werden von einem Bariton und einem Sopran gesungen. Die dritte Gesangsrolle ist ein Mezzo-Sopran, der die Rolle der Schwester von »A« sowie die der Gesprächspartnerin in den Interviewszenen mit »A« übernimmt. Zu den Sängern kommen acht Instrumente hinzu, die teilweise Vierteltöne spielen. Einige dieser Instrumente können diese leichter realisieren, etwa die Klarinette, die Trompete, die Violine, das Violoncello sowie der Kontrabass, für andere wiederum sind diese schwieriger machbar, wie für die Harfe, das Akkordeon und das Schlagzeug, beschreibt Luke Bedford.

Die Entstehungsgeschichte von Through His Teeth hat die UE zum ersten Mal in einem Blog auf der UE-Website mitverfolgt. Hier finden Sie Videobeiträge, Texte und Fotos, die Luke Bedford beim Kompositionsprozess des Werkes begleiten, bis hin zur Herstellung und zum Druck der Noten in Wien sowie zu Eindrücken von den Proben am Royal Opera House bis hin zur Uraufführung. Reinschauen lohnt sich: http://www.universaledition.com/through-his-teeth Neue CDs, DVDs und Bücher

ANTHEIL, GEORGE 1 Endechas, Trauergesänge, sind eine musikalisch-literarische Ouverture und Tango aus FURRER, BEAT 4 Form, die im 16. Jahrhundert der Oper Transatlantic Chiaroscuro sehr gebräuchlich war und Guy Livingston, Klav fast immer eine Bedeutung WERGO CD 67622 hr-Sinfonieorchester, als Hommage an eine Person Dir. Paavo Järvi Wie viele nordamerikanische oder ein geschichtliches Pan Classics CD PC10290 Künstler beschloss George Ereignis hat. Als Halffter Antheil (1900–1959) An- Die neue CD von hr-music 2007 sein 7. Streichquartett fang der 1920er-Jahre, seine und Pan Classics präsentiert komponierte, nahm er Bezug Heimat, die USA, zu verlassen Kompositionen, die das auf Beethovens 14. Streich- und als Pianist die Konzertsäle hr-Sinfonieorchester in den quartett und schrieb seinen Euro­pas zu erobern. Als Sohn vergangenen Jahren mit Paavo Espacio de silencio (Raum der deutscher Einwanderer in Carmen Paschale ist ein Auf- Järvi realisiert hat, darunter Stille) ebenfalls in sieben Tei- New Jersey war er gut ge- trag des British Transcription das 1983/1986 entstandene len, die ineinander übergehen. rüstet, um Europa mit seinen Service aus dem Jahr 1965 Orchesterstück Chiaroscuro Kurz unterbrochen werden verwegenen Kompositionen für Chor und Orgel, wobei des Schweizer Komponisten die Sätze allein durch Verse und seiner gewagten Pianistik Birtwistle kürzlich meinte, er Beat Furrer. Im Werk bildet des spanischen Dichters Jorge zu verblüffen. ziehe eine Flöte der Orgel vor. sich ein facettenreiches Wech- Manrique. In seiner Oper Transatlantic On the Sheer Threshold of the selspiel der musikalischen geht es um eine fiktive ameri- Night für 4 Soli und 12-stim- Kontraste ab. Es geht um das 58 kanische Präsidentenwahl mit migen Chor entstand 1980 Zusammen- und Widerspiel MAHLER, GUSTAV 6 zwischen Erwartung und all ihren Intrigen, Korruptio- und bezieht sich auf seine 2. Symphonie nen und Liebesgeschichten. Oper The Mask of Orpheus. Ereignis, zwischen wirklicher (reduzierte Fassung von Die Oper verzeichnete 1930 und möglicher, klingender und G. Kaplan und R. Mathes) in Frankfurt einen beachtli- verschatteter, gleichsam weg- Marlis Petersen, S; chen Uraufführungserfolg, die geblendeter Musik, zwischen FOERSTER, JOSEF Janina Baechle, MS; Musik ist gekennzeichnet von 3 Grundklang und aufgetra- BOHUSLAV Wiener Kammerorchester, rhythmisierten Instrumental- gener Bewegung, zwischen Träumereien, Rosen Wiener Singakademie, passagen und der Einbezie- Hintergrund und Vordergrund. der Erinnerung, Dir. Gilbert Kaplan hung von Jazz, Folklore und Abendmusik, Impressionen, Avie Records CD AV2290 Gesellschaftstänzen. Maskenspiel des Eros HALFFTER, Gilbert Kaplan, einem der Patricia Goodson, Klav CRISTÓBAL 5 angesehensten Interpreten Brilliant Classics CD 9283 von Mahlers 2. Symphonie, ist BIRTWISTLE, Espacio de silencio, Diese Sammlung von 4 CDs es mit seinem Ko-Bearbeiter HARRISON 2 Endechas para una reina enthält die komplette Solo- Rob Mathes gelungen, eine de España, Canciones Carmen Paschale, Klaviermusik von Josef Bo- reduzierte Fassung der Zweiten de al Andalus On the Sheer Threshold huslav Foerster (1859–1951), Mahlers zu erstellen und of the Night eines wichtigen, aber zu Marina Pardo, MS; Cristina trotzdem den musikalischen BBC Singers, Unrecht vernachlässigten Pozas, Va; Miguel Jiménez, Absichten und Orchesterfar- Nash Ensemble, tschechischen Komponisten, Vlc; Leipziger Streichquartett ben Mahlers treu zu bleiben. Dir. Nicholas Kok der von seinen Zeitgenossen BBVA Foundation-Verso Collection Die vorliegende Aufnahme Signum Classics CD SIGCD368 verehrt wurde. Seine Klavier- CD/DVD VRS2148 entstand anlässlich der Urauf- Im Juli 2014 begeht ­Harrison musik ist geprägt von lyrischen Das Leipziger ­Streichquartett führung der Kammerfassung Birtwistle seinen 80. Geburts­ Melodielinien, ungewöhnli- legt hier seine 2. CD mit Kom- im Wiener Konzerthaus am tag. Die vorliegende CD cher Harmonie und vom ro- positionen Cristóbal Halffters 17.02.2013. Sie bietet auch präsentiert Ersteinspielun- mantischen Idiom der böhmi- vor. In seinen ­Canciones den zahlreichen Kammer- gen jüngerer Auftragswerke schen Folklore, die eine Welt de al Andalus verwendet orchestern und regionalen sowie älterer Kompositionen, der Märchen und malerischen ­Halffter sogenannte ­Hargas Opernorchestern die Gelegen- makellos interpretiert von den Waldlandschaften auferstehen als Textgrundlage, die ältesten heit, das Werk mit nur 56 Mu- BBC Singers unter Nicholas lassen. Die Träumereien zählen Zeugnisse spanischer Spra- sikern aufzuführen, wofür Kok und begleitet vom Nash zu den beliebtesten Klavier- che und wahrscheinlich man normalerweise mehr als Ensemble. werken des Komponisten. romanischer Lyrik überhaupt. 100 Interpreten benötigt. Mai 2014 Musikblätter 7

»Uns‘re Zeit ist voll seltsamer Dinge.« Mit diesen Worten beginnt die schöne Carlotta Nardi den Buckligen Alviano Salvago im zweiten Akt von RIHM, WOLFGANG 7 Franz Schrekers Oper Die Ge- Oedipus zeichneten (1915) zu verfüh- Emily Golden, MS; ren. Es ist eine Szene zärtlicher William Pell, T; Intimität und beunruhigender Andreas Schmidt, Bar; Enthüllungen, verschleierter William Dooley, Bar; Anspielungen und nackter Lenus Carlson, Bar; Wahrheit – alles in geschmei- William Murray, Bar; diger Musik von lyrischer Orchester und Chor der Schönheit ausgedrückt, die Die Nederlandse Opera eröff- Deutschen Oper Berlin, in der Opernliteratur kaum nete die Saison 2012/2013 mit Dir. Christof Prick; ihresgleichen findet. Die CD einer Neuproduktion dieser Regie: Götz Friedrich gibt die Produktion der LA psychologischen Märchenoper. Arthaus Musik DVD 101667 Opera von 2010 wieder, die Eindrucksvolle Farbfotos der Oedipus, Wolfgang Rihms die reduzierte Fassung von Amsterdamer Produktion mit Auftragswerk der Deutschen George Stelluto zur Urauffüh- ihren filmischen Lösungen 59 Oper aus dem Jahr 1987, rung brachte. werten die als Buch mit 2 CDs strahlt bis heute eine unge- herausgegebene Edition auf.« meine Ausdruckskraft aus. (nmz, Peter P. Pachl, Die Inszenierung des damali- SCHREKER, FRANZ 9 6 30.10.2013) gen Intendanten und Chef­ Der Schatzgräber 1 regisseurs Götz Friedrich mit Manuela Uhl, S; Andreas Schmidt (am Beginn Raymond Very, T; SZYMANOWSKI, 10 seiner internationalen Karriere) Graham Clark, T; KAROL in der Titelrolle wurde bei Tijl Faveyts, B; Sonate op. 9 für Violine ­Publikum und Presse ein gro- Netherlands Philharmonic und Klavier ßer Erfolg. Rihm erstellte auch Orchestra, Lea Birringer, Vl; das Libretto nach Friedrich Chorus of De Nederlandse 2 7 Hölderlins Sophokles-Über­ Esther Birringer, Klav Opera, Avi Music CD 4260085534326 setzung Oedipus der Tyrann Dir. Marc Albrecht »Alle Phrasen sind gemeinsam und Texten von Friedrich Challenge Classics CD CC 72591 Nietzsche und Heiner Müller. geatmet, alle ­Erregungskurven (2 discs) gemeinsam empfunden. »Mit der frei erfundenen Packend, wie Lea und Esther Handlung einer männermor- Birringer die nervöse Span- SCHREKER, FRANZ 8 3 8 denden Jungfrau als Reinkar- nung und das permanente Die Gezeichneten nation der mythischen Ilse Vorandrängen der Szymanow- (reduzierte Fassung vom Ilsenstein, einer in ihrem ski Sonate ausleben. Da ist die von George Stelluto) Besitz befindlichen, geraub- Aufbruchstimmung der Musik Anja Kampe, S; ten Schmucksammlung der zu Beginn des 20. Jahrhun- Robert Brubaker, T; Königin und dem fahrenden derts deutlich zu spüren. Die Martin Gantner, Bar; Sänger und Schatzgräber Elis 4 9 Schwestern bleiben auch dann James Johnson, Bar; als ihrem positiv besetzten, hoch konzentriert, wenn der Wolfgang Schöne, BBar; männlichen Imago, hatte Überdruck einmal nachlässt. Los Angeles Opera Orchestra Franz Schreker 1920 mit In den langsamen Sätzen and Chorus, Der Schatzgräber seinen gelingen ihnen Momente Dir. James Conlon anhaltendsten Bühnenerfolg von poetischer Schönheit.« Bridge Records CD BRIDGE 9400A/C in Frankfurt errungen. 5 10 (NDR Kultur, 10.01.2014) Neue CDs, DVDs und Bücher

BÜCHER

MICHALEK, ANDREAS 11 FINKEL, CAROLA 12 Gustav Mahler und »Ich selbst bin ein Rosa Papier unverbesserlicher aus der Reihe »Bibliothek Romantiker« der Internationalen Die Sinfonien Kurt Gustav Mahler Gesellschaft« Atterbergs hrsg. von Reinhold Kubik, Reihe Musikwissenschaft, Wien 2013 Band 6, Tectum Verlag, UE 26330 Marburg 2013

60 Die zu ihrer Zeit berühmte »Kurt Atterberg (1887–1974) Opernsängerin Rosa Papier war in der ersten Hälfte des spielte in der Biografie 20. Jahrhunderts die einfluss- VARGA, BÁLINT Gustav Mahlers eine beson- reichste, aber auch umstrit- ANDRÁS 13 dere Rolle. Sie war mit Hans tenste Musikpersönlichkeit From Boulanger to Paumgartner, einem heraus- Schwedens. Im europäischen Stockhausen, Interviews ragenden Klavierbegleiter, Ausland wurde er als and a Memoir verheiratet, ihr Sohn Bernhard ›nordischer Richard Strauss‹ Paumgartner prägte als Direk- bezeichnet und schrieb zwi- University of Rochester Press,

BIBLIOTHEK DER INTERNATIONALEN tor des Mozarteums und als schen 1909 und 1956 neun GUSTAV MAHLER GESELLSCHAFT Rochester 2013 www.universaledition.com wien | london | new york Gustav Mahler UE 26 330 und Rosa Papier Leiter der Salzburger Festspiele Sinfonien. Trotzdem fand er in Andreas Michalek Von Boulanger bis Stockhau- Die zu ihrer Zeit berühmte Opernsängerin Rosa Papier spielte in der Biographie Gustav Mahlers eine besondere Rolle. Sie war mit einem der herausragendsten Klavierbegleiter, Hans Paumgartner, verheiratet, ihr Sohn Bernhard Paumgartner prägte als Direktor des Mozarteums und als Leiter der Salzburger Festspiele Österreichs Musiklandschaft bis 1970. Rosa Papier war – gemeinsam mit ihrem engen Freund Eduard Wlassack, dem Kanzleidirektor in der Generalintendanz der Hoftheater, – am Zustandekommen von Mahlers Engagement an die Wiener Hofoper maßgeblich beteiligt. Nach dem krankheitsbedingten Verlust Österreichs Musiklandschaft der musikwissenschaftlichenihrer Stimme wirkte sie noch Jahrzehnte als Pädagogin. Ihre wohl berühmteste sen, von Menuhin bis Schwarz- Schülerin war Anna von Mildenburg; auch sie nimmt in Mahlers Biographie eine bedeutende Position ein, künstlerisch wie privat. Nachdem Mahler Hofopern- direktor geworden war, kühlte das Verhältnis zu Rosa Papier erheblich ab und endete in dem hö ichen Bemühen, den Schülerinnen Papiers zu helfen.

Kern der vorliegenden Monographie ist die Publikation des Briefwechsels GUSTAV MAHLER UND ROSA PAPIER GUSTAV

zwischen Gustav Mahler und Rosa Papier. In seiner Unmittelbarkeit wirft er ein • unersetzliches Licht auf die Lebendigkeit einer Beziehung, in der Beru iches bis 1970. Rosa Papier war – Forschung als Komponistund Privates gemischt erscheinen.bis kopf, von Rubinstein bis

gemeinsam mit ihrem engen heute nur wenig Beachtung, ANDREAS MICHALEK Brendel, von Kurtág bis Ligeti:

ISMN 979-0-008-08566-6 UPC ISBN 978-3-7024-7235-1 UE 26 330

9 790008 085666 8 03452 06947 8 9 783702 472351 Universal Edition Freund Eduard Wlassack, dem vielmehr standen bislang Printed in Hungary, PRd 2/2014 das neue Buch des ungarischen

RosaPapier_v5.indd 1 18.02.2014 16:17:20 Kanzleidirektor in der Gene- sein Verhältnis zum National­ 11 Musikverlegers und -publizisten ralintendanz der Hoftheater, sozialismus und seine Aktivi- Bálint András Varga ist eine – am Zustandekommen von täten als Musikfunktionär im Sammlung von Interviews, Mahlers Engagement an der Vordergrund. entstanden zwischen 1966 Wiener Hofoper maßgeblich Carola Finkel hat nun die und 2008. Den Gesprächen beteiligt. Nach dem krank- erste umfassende Monografie sind Einführungen vorange- heitsbedingten Verlust ihrer zu den Sinfonien Atterbergs stellt – Portraitskizzen und Stimme wirkte sie noch Jahr- zusammengestellt. Neben Erinnerungen, die den zweiten, zehnte als Pädagogin. der musikalischen Analyse, autobiografischen Teil vorweg- 12 Kern der vorliegenden Mono- durch die sie den spezifischen nehmen. Vargas Memoiren grafie ist die Publikation des sinfonischen Stil des Kompo- behandeln seine Erlebnisse im Briefwechsels zwischen Gustav nisten herausarbeitet, stellt sie Zweiten Weltkrieg, im kom- Mahler und Rosa Papier. In auch den Entstehungsprozess munistischen Ungarn und in seiner Unmittelbarkeit wirft er sowie die Rezeptionsgeschich- den beiden Musikverlagen, in ein unersetzliches Licht auf die te der Werke dar und ergänzt denen er Jahrzehnte für die Lebendigkeit einer Beziehung, die Monografie um das erste neue Musik aktiv war: Editio in der Berufliches und Privates vollständige Werkverzeichnis Musica Budapest und Universal gemischt erscheinen. Atterbergs.« (Tectum Verlag) 13 Edition in Wien. Mai 2014 Musikblätter 7

Dem Andenken eines Engels in der reihe »listening lab« öffnet alban Bergs »violinkonzert« vielfältige Hörräume für das Publikum

coNstaNze Wimmer

»Alban Bergs Violinkonzert gehört für mich zu den Volkslied Ein Vogerl auf’m Zwetschgenbaum. Das Kapitel mystischsten Werken in der Musikliteratur. Als Requiem »Fremdkörper« greift diese Thematik auf und stellt dem für Manon Gropius gedacht, wurde es letztendlich Bergs Publikum eine Palette an Möglichkeiten vom gemein- eigenes Requiem. Auch wenn man das nicht weiß, spürt samen Singen des Chorals und des Volksliedes bis zum man vom ersten Takt an, dass diese Musik nicht ›von Einweben von Zitaten in eigene musikalische Erfi ndun- dieser Welt‹ ist«, meint Arabella Steinbacher. Was lohnt gen zur Verfügung. Die besondere Position Alban Bergs es sich also für den jungen Zuhörer zu wissen, was sich innerhalb der Zweiten Wiener Schule und die Zeit zu nicht von selbst erschließt? Beginn des 20. Jahrhunderts fokussiert der Kontext Die neue Reihe Listening Lab unterstützt Orchester- »Alban Berg in Wien um 1900«. Historische Fakten und musiker und Musikvermittler in Schulen und Kulturein- ästhetische Auseinandersetzungen geben Anlass, über richtungen dabei, das Publikum auf anregende und eigene Maßstäbe zu philosophieren und das Gegenwär- interaktive Weise an Kompositionen der Moderne tige im Vergangenen zu entdecken. Zuletzt steht noch heranzuführen. Dafür werden verschiedene Kontexte des einmal das Solo-Konzert im Mittelpunkt. »Ein Konzert jeweiligen Werks geöffnet, die sich für eine interdiszipli- für Violine und Orchester« greift das Solo im Tutti auf 61 näre Annäherung im Unterricht oder in Workshops an und lädt zu vielfältigen improvisatorischen Einstiegen mit Konzerthäusern besonders eignen. Mittlerweile fi nden Musik und Stimme als Solist und in der Gruppe ein. Zahl- in Kultureinrichtungen Workshops für alle Altersgruppen reiche weitere Tipps, Videos und praktische Materialien statt, weil sowohl junges als auch erwachsenes Publikum fi nden sich auf der Website www.universaledition/listeninglab1 Einführungen schätzt, die die Zuhörer direkt ins musika- Alle Workshops und Kontexte können nach Belieben lische Geschehen führen. Die Materialien, die Listening zu längeren Projektphasen verbunden oder in kürzeren Lab dafür bereitstellt, sind für Kinder, Jugendliche und Einheiten zur kompakten Vorbereitung für ein Konzert Erwachsene geeignet und unterscheiden sich lediglich in genutzt werden. Im Konzert selbst spürt dann der Besu- der individuellen Aufbereitung, die der Musikvermittler cher vielleicht, »dass diese Musik nicht ›von dieser Welt‹ vornimmt. ist«, und erkennt darüber hinaus vieles mehr, weil er Für das Violinkonzert von Alban Berg haben wir uns sich davor bereits einige Kontexte zum Violinkonzert von für sechs unterschiedliche Kontexte entschieden: Das Alban Berg erschlossen hat. Kapitel »Dem Andenken eines Engels« rückt zunächst die früh verstorbene Widmungsträgerin Manon Gropius ins Zentrum und fi ndet dabei unmittelbare Anknüpfungs- listening punkte zum eigenen Umgang der Zuhörer mit der lab Endlichkeit des Lebens. Berg entwickelte den Beginn seines Konzerts ganz aus der Eigenart der Violine – der Alban Berg Quintstimmung – heraus: »Das Einstimmen« nimmt darauf Bezug und lädt die Workshopteilnehmer dazu ein, Violinkonzert über die Stimme und das Singen in der Gruppe Quinten MaterialienViolin zur Musikvermittlung Concerto zu fi nden und zueinander in Beziehung zu setzen. in Materials for communicating music Constanze Wimmer & Helmut Schmidinger »Musikalische Portraits« skizzieren die Zuhörer sich selbst in Analogie zum musikalischen Portrait von Manon Gropius, in dem sie spielerisch eine individuelle Zwölfton- reihe entwickeln und damit klanglich improvisieren. Eine

www.universaledition.com Besonderheit des Violinkonzerts bildet daswien | londonEinweben | new york von UE 26 315 zwei Zitaten, die wie Fremdkörper in der Komposition Universal Edition 1 wirken: der Bach-Choral Es ist genug und das Kärntner Neuerscheinungen

THE FLUTE COLLECTION THE FLUTE COLLECTION

Emmanuel Pahud

Emmanuel Pahud Henrik Wiese presents presents presents

Pyotr I. Tchaikovsky / Guy Braunstein Johann Sebastian Bach listening listening Lensky’s Aria from the opera ‘Eugene Onegin’ Sonatas for Viola da Gamba and Harpsichord for flute and piano for flute (transverse flute, oboe or violin) Luciano Berio UE 35 313 & piano (harpsichord) lab lab UE 35 578 Giuseppe Verdi / Yoel Gamzou Fantasy on ‘La Traviata’ based on the fantasies by E. Krakamp & G. Briccialdi Kadenzen for flute and piano Orchester und Konzertveranstalter wünschen sich ein Publikum, das sich für Musik begeistert UE 35 314 zum Flötenkonzert D-Dur KV 314 und neugierig auf die Moderne zugeht. Vielfältig sind mittlerweile die Wege, um diese Begeisterung von Wolfgang A. Mozart zu wecken: Musiker, Musikvermittler und Konzertpädagogen bilden neue Allianzen, um junge Giuseppe Verdi / Franz & Karl Doppler und erwachsene Menschen ganz nah an Musik heranzuführen. Fantasy on ‘Rigoletto‘ Die neue Reihe Listening Lab zeigt anregende und praxisnahe Zugänge für Kinder, Jugendliche und for two flutes and piano UE 35 315 Erwachsene. Musikvermittler finden allgemeine Tipps zum kreativen künstlerischen Gestalten mit Laien sowie konkrete Anregungen, die ein tiefes Verständnis für das jeweilige Werk ermöglichen. Carl M. von Weber / Claude-Paul Taffanel György Ligeti Fantasy on ‘Der Freischütz‘ Orchestra and concert promoters long for a public that is excited by music and curious about for flute and piano the modern repertoire. Today there are many ways to awaken this excitement. Musicians as well UE 35 316 as music educators are forming new alliances to bring young people and adults into close contact Emmanuel Pahud with music. Cadenzas Listening Lab is a new series that offers practical and inspiring approaches for children, young to Flute Concertos K. 313, K. 314 & K. 315 people and adults. Music educators will find general tips for the creative design of programmes Atmosphères by Wolfgang A. Mozart for music lovers as well as concrete suggestions that open up and allow for a deeper understanding Materialien zur Musikvermittlung UE 36 025 of each work. www.universaledition.com Materials for communicating music wien | london | new york Veronika Großberger & Johannes Voit

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        Printed in Hungary UE 35 949 PRd 10 / 2013 listening Alban Berg listening Luciano Berio lab lab Violinkonzert Rendering

UE35949_Berio_Kadenzen3.indd 2-3 12.09.13 13:03 Violin Concerto Constanze Wimmer & Alban Berg Constanze Wimmer & Luciano Berio Helmut Schmidinger Helmut Schmidinger Violinkonzert MaterialienRendering zur Musikvermittlung Materials for communicating music Constanze Wimmer & Helmut Schmidinger MaterialienViolin zur Musikvermittlung Concerto Materials for communicating music Constanze Wimmer & Helmut Schmidinger

erscheint im Frühjahr 2015 / available spring 2015 UE 26 315 UE 26 317 Universal Edition 1 Universal Edition 3 UE 26 315 UE 26 317

www.universaledition.com THE FLUTE COLLECTION www.universaledition.com wienwien | | london london | new new york york UE 26 316 62 ISMN 979-0-008-08554-3 UPC ISBN 978-3-7024-7223-8 Emmanuel Pahud presents Universal Edition          2 KADENZEN luciaNo Berio Listening Lab meisterliche verknüpfung neuer ausdrucksmittel mit klassischer genialität. Die Frage nach der idealen Kadenz kann mit dem vorliegenden Band aus The Flute Collection ATMOSPHÈRES möglicherweise ein Stück konkreter beantwortet werden: györgy ligeti Flötistinnen und Flötisten wird die Möglichkeit eröffnet, ihre Virtuosität nach der Idee von Luciano Berio zu zeigen, der ein stück musikgeschichte. Orchester- und Konzertveranstalter diese Kadenz 1985 im Auftrag des damaligen Solofl ötisten wünschen sich ein Publikum, das sich für Musik begeistert der Mailänder Scala geschrieben hat. Emmanuel Pahud hat sie und neugierig auf die Moderne zugeht. Vielfältig sind herausgegeben, revidiert und somit zu einem weiteren kostbaren mittlerweile die Wege, um diese Begeisterung zu wecken: Puzzlestein des unendlichen Repertoires der Flötenwelt gemacht. Musiker, Musikvermittler und Konzertpädagogen bilden neue Allianzen, um junge und erwachsene Menschen ganz nah kadeNzeN an Musik heranzuführen. Die neue Reihe Listening Lab zeigt zum Flötenkonzert D-Dur KV 314 von Wolfgang A. Mozart anregende und praxisnahe Zugänge für Kinder, Jugendliche hrsg. und revidiert von Emmanuel Pahud und Erwachsene. Musikvermittler fi nden allgemeine Tipps zum UE 35949 kreativen künstlerischen Gestalten mit Laien sowie konkrete Anregungen, die ein tiefes Verständnis für das jeweilige Werk ermöglichen. Der vorliegende Band zum Werk Atmosphères von György Ligeti möchte auf diesen Wegen ein hilfreicher und praktischer Begleiter sein.

atmosPHÈres Materialien zur Musiksammlung hrsg. von Constanze Wimmer und Helmut Schmidinger UE 26316 Mai 2014 Musikblätter 7

BERN, ALAN PODGORNOV, NICOLAI World Music Klezmer Romantic Piano Album 3 für Akkordeon für Klavier UE 35580 UE 36122

BRUCKNER, ANTON RAE, JAMES THE FLUTE Drei frühe Lieder 42 More Modern Studies COLLECTION für sechsstimmigen für Flöte gemischten Chor (SAATBB) UE 21647 Emmanuel Pahud presents Chorpartitur UE 36073 Edvard Grieg – Emmanuel Pahud Clarinet Album Kadenzen für Klarinette und Klavier zu den Flötenkonzerten COLLATTI, DIEGO UE 21648 KV 313, KV 314 & KV 315 IGUDESMAN, ALEKSEY World Music Tango von Wolfgang A. Mozart für Akkordeon Miles & More UE 36025 UE 36120 für 2 Violinen RIHM, WOLFGANG UE 33655 Tango Clarinet Duets Vier Elegien für 2 Klarinetten für Klavier UE 36019 UE 34534 KRENEK, ERNST WIENER URTEXT 63 Sonate Nr. 1 Drei Klavierstücke in H EDITION für Violine für Klavier CORNICK, MIKE BACH, CARL PHILIPP UE 36096 UE 36018 Style Collection – Jazz EMANUEL für Klavier mit CD Sonate Nr. 2 Drei Sonette Werke UE 21650 für Violine von Michelangelo für Violine und obligates UE 36097 für Bariton und Klavier Cembalo (Klavier) Four Afro-Caribbean Songs UE 36082 Band 1 UT 50288 für 5 rechte Hände Band 2 UT 50289 an einem Klavier MAMUDOV, HIDAN UE 21649 World Music Balkan Play Along Violin LISTENING LAB CHOPIN, FRÉDÉRIC für Violine mit CD oder DICKBAUER, KLAUS Berg, Alban Polonaise op. 53 As-Dur Klavierbegleitung für Klavier Groove Connection UE 35576 Violinkonzert UT 50401 Üben wie noch nie! Materialien zur Das Workout. World Music Balkan Musikvermittlung für Flöte UE 36410 Play Along Saxophone Band 1 SCHUBERT, FRANZ für Violine UE 36411 für Saxophon (A/T) mit CD UE 35732 Drei Scherzi D 593, D 570 für Altblockflöte UE 36412 oder Klavierbegleitung für Klavier für Klarinette UE 36413 UE 35577 UT 50294 für Trompete UE 36414 für Tenorsaxophon UE 36415 GESAMTAUSGABE für Altsaxophon UE 36416 MARX, JOSEPH Klavierstücke Berg, Alban für Klavier Sämtliche Werke DIE NEUE STUDIEN- GISLER-HAASE, BARBARA UE 33665 Lulu, Supplement, PARTITUREN REIHE RAHBARI, FERESHTEH Particell 3. Akt Orgelwerke Band 1 My First Play-Alongs I. Abt.: Musikalische Werke CERHA, FRIEDRICH UE 34697 Flute Volume 2 Band 2 Konzert für Flöte und CD oder Klavier Orgelwerke Band 2 Faksimile UE 18152C für Schlagzeug und Orchester UE 36092 UE 34698 Kommentarband UE18152D UE 36509 Jubiläen und Gedenktage

2014 60. Todestag Franco Alfano † 27.10.1954 100. Todestag † 01.01.1916 80. Geburtstag Harrison Birtwistle * 15.07.1934 80. Geburtstag Steve Reich * 03.10.1936 75. Todestag Julius Bittner † 09.01.1939 80. Todestag Ottorino Respighi † 18.04.1936 60. Todestag Walter Braunfels † 19.03.1954 100. Geburtstag Karl Schiske * 12.02.1916 70. Geburtstag Barry Conyngham * 27.08.194 4 80. Geburtstag Hans Zender * 22.11.1936 80. Todestag Frederick Delius † 10.06.1934 60. Geburtstag Beat Furrer * 06.12.1954 2017 90. Geburtstag Karl Heinz Füssl * 21.03.1924 80. Geburtstag Nikolai Badinski * 19.12.1937 75. Todestag Wilhelm Grosz † 10.12.1939 25. Todestag Theodor Berger † 21.08.1992 60. Geburtstag Martin Haselböck * 23.11.1954 70. Todestag Alfredo Casella † 05.03.1947 90. Geburtstag Milko Kelemen * 30.03.1924 70. Geburtstag Mike Cornick * 10.12.1947 70. Todestag Hans Krása † 17.10.1944 50. Geburtstag Richard Filz * 15.07.1967 50. Todestag Alma Maria Mahler † 11.12.1964 25. Todestag Karl Heinz Füssl † 04.09.1992 50. Todestag Joseph Marx † 03.09.1964 50. Geburtstag Richard Graf * 05.05.1967 60. Todestag Karol Rathaus † 21.11.1954 90. Geburtstag Michael Gielen * 20.07.1927 75. Todestag Franz Schmidt † 11.02.1939 50. Todestag Zoltán Kodály † 06.03.1967 80. Todestag Franz Schreker † 21.03.1934 80. Geburtstag Peter Kolman * 29.05.1937 150. Geburtstag Richard Strauss * 11.06.1864 25. Todestag Olivier Messiaen † 27.04.1992 50. Geburtstag Ian Wilson * 26.12.1964 125. Geburtstag Darius Milhaud * 04.09.1892 80. Geburtstag Gösta Neuwirth * 06.01.1937 64 2015 80. Geburtstag Bo Nilsson * 01.05.1937 70. Todestag Béla Bartók † 26.09.1945 70. Geburtstag Paul Patterson * 15.06.1947 90. Geburtstag * 04.07.1925 60. Geburtstag James Rae * 29.08.1957 80. Todestag Alban Berg † 24.12.1935 60. Geburtstag Thomas Daniel Schlee * 26.10.1957 90. Geburtstag Pierre Boulez * 26.03.1925 60. Todestag Othmar Schoeck † 08.03.1957 60. Todestag Willy Burkhard † 18.06.1955 75. Todestag Erwin Schulhoff † 18.08.1942 125. Geburtstag Hans Gál * 05.08.1890 80. Todestag Karol Szymanowski † 29.03.1937 125. Geburtstag Manfred Gurlitt * 06.09.1890 25. Todestag Alfred Uhl † 08.06.1992 70. Geburtstag Vic Hoyland * 11.12.1945 75. Todestag Felix Weingartner † 07.05.1942 50. Geburtstag Georges Lentz * 22.10.1965 60. Geburtstag Julian Yu * 02.09.1957 125. Geburtstag Frank Martin * 15.09.1890 75. Todestag Alexander Zemlinsky † 15.03.1942 125. Geburtstag Bohuslav Martinů * 08.12.1890 25. Todestag Otmar Nussio † 22.07.1990 2018 80. Geburtstag Arvo Pärt * 11.09.1935 75. Todestag Joseph Achron † 29.04.1943 70. Todestag Emil Nikolaus von Reznicek † 02.08.1945 50. Todestag Mario Castelnuovo-Tedesco † 17.03.1968 50. Todestag Peter Ronnefeld † 06.08.1965 50. Geburtstag Alberto Colla * 02.07.1968 90. Todestag Erik Satie † 01.07.1925 50. Todestag Max Brod † 20.12.1968 90. Geburtstag Gunther Schuller * 22.11.1925 100. Geburtstag Gottfried von Einem * 24.01.1918 50. Geburtstag Jay Schwartz * 26.06.1965 80. Geburtstag Jean-Claude Eloy * 15.06.1938 80. Todestag Josef Suk † 29.05.1935 75. Geburtstag Bill Hopkins * 05.06.1943 70. Todestag Nikolai Tscherepnin † 26.06.1945 90. Todestag Leoš Janáček † 12.08.1928 70. Todestag Anton Webern † 15.09.1945 80. Geburtstag Zygmunt Krauze * 19.09.1938 90. Geburtstag Gerhard Lampersberg * 05.07.1928 2016 70. Geburtstag Nigel Osborne * 23.06.1948 90. Geburtstag Friedrich Cerha * 17.02.1926 70. Geburtstag Peter Ruzicka * 03.07.1948 70. Geburtstag Michael Finnissy * 17.03.1946 25. Todestag Karl Scheit † 22.11.1993 70. Todestag Heinrich Kaminski † 21.06.1946 150. Geburtstag * 19.06.1868 25. Todestag Ernst Krenek † 22.12.1991 80. Geburtstag Tona Scherchen * 12.03.1938 90. Geburtstag György Kurtág * 19.02.1926 150. Geburtstag Max von Schillings * 19.04.1868 125. Geburtstag Sergei Prokofieff * 23.04.1891 90. Geburtstag Karlheinz Stockhausen * 22.08.1928 » Nur die Nacht darf Nicht aufhör’N, Nur der tag darf Nicht seiN!« Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, 3. Akt, Nr. 17

premiere 6. Juni

aufstieg uNd fall der stadt MahagoNNy Kurt Weill musikalische leitung Wayne Marshall | inszenierung Vincent Boussard BühnenBild Vincent Lemaire | kostüme Christian Lacroix 8. / 12. / 15. / 20. / 25. Juni 2014 | tickets 030 – 20 35 45 55 | www.staatsoper-Berlin.de »Die Zukunft stand immer im Vordergrund.« Alfred Schlee