MATERIALMAPPE AM KÖNIGSWEG Von Elfriede Jelinek

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MATERIALMAPPE AM KÖNIGSWEG Von Elfriede Jelinek MATERIALMAPPE AM KÖNIGSWEG von Elfriede Jelinek Ansprechperson für weitere Informationen Mag.ᵃ Julia Perschon | Theatervermittlung T +43 2742 90 80 60 694 | M +43 664 604 99 694 [email protected] | www.landestheater.net INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 1. ZUR PRODUKTION ……………………………………………………….... 4 2. INHALT ………………………………………………………………………… 5 3. AUTORIN ELFRIEDE JELINEK ………………………………………… 6 4. DER BEGRIFF DER SPRACHFLÄCHE …………………………………. 7 5. TEXTAUSSCHNITT ………………………………………………………… 9 6. REGISSEUR NIKOLAUS HABJAN …………………………………………. 10 7. INTERVIEW MIT NIKOLAUS HABJAN …………………………………. 11 8. PUPPENSPIEL: INTERVIEW MIT MANUELA LINSHALM ………….. 14 9. REFERENZEN IM STÜCK …………………………………………………. 16 9.1. DONALD TRUMP …………………………………………………. 16 9.2. KU-KLUX-KLAN …………………………………………………. 28 9.3. KÖNIG ÖDIPUS …………………………………………………. 31 9.4. ABRAHAM UND ISAAK …………………………………………. 32 10. VOR – UND NACHBEREITUNG …………………………………………. 33 2 VORWORT Liebe Pädagoginnen und Pädagogen, liebe Besucherinnen und Besucher, „gewählt ist gewählt“ – nach der letzten amerikanischen Präsidentschaftswahl sitzt der Schock bei den Verlierern so tief wie der neu gewählte „König“ Donald Trump hoch auf seinem Thron. Das neueste Stück der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, das im Landestheater Niederösterreich erstmalig in Österreich gezeigt wird, wagt den Blick in die jüngste Vergangenheit und nahe Zukunft und stellt die brisanten politischen Fragen unserer Zeit: Wie wollen wir künftig leben? Wieso lernen wir nicht aus den Fehlern der Vergangenheit? Wieso scheinen alle mit Blindheit geschlagen, vom König angefangen bis hin zu seinem Volk? Elfriede Jelinek gehört seit Jahren zu den wichtigsten Stimmen des zeitgenössischen Theaters. Mit ihren sprachlich brillanten und assoziativen Textflächen findet sie historische Parallelen zu den Phänomenen unserer politischen Gegenwart, von den Idolen der Popkultur bis hin zum antiken König Ödipus. Der junge Regisseur, Puppenbauer, Spieler und Nestroypreisträger Nikolaus Habjan bringt das Stück bildgewaltig mit Musik und Projektionen auf die Bühne. Neben den SchauspielerInnen des Landestheaters Niederösterreich und Gästen sind auch eigens für die Inszenierung entworfene Puppen von Nikolaus Habjan zu sehen. Mit der vorliegenden Mappe wollen wir Ihren Theaterbesuch begleiten und Ihnen und Ihren SchülerInnen und Schülern die Möglichkeit bieten, vertiefend in die Thematiken, Texte und Hintergründe des Stückes einzutauchen. Ich stehe Ihnen jederzeit gerne für Fragen, Anregungen und Feedback zur Verfügung und komme auch bei einer Vorstellungsbuchung kostenlos zu Ihnen an die Schule für eine Vor- oder Nachbereitung. Ich wünsche Ihnen und Ihren SchülerInnen einen interessanten Vorstellungbesuch! Mit herzlichen Grüßen, Julia Perschon Theatervermittlung Landestheater Niederösterreich 3 1. ZUR PRODUKTION AM KÖNIGSWEG von Elfriede Jelinek ÖSTERREICHISCHE ERSTAUFFÜHRUNG Premiere: Sa 16.03.2019, 19.30 Uhr im Großen Haus des Landestheaters Niederösterreich empfohlen ab 16 Jahren | Dauer: 1h 55 Min. (ohne Pause) mit Hanna Binder Tim Breyvogel Sabrina Ceesay Bettina Kerl Manuela Linshalm Tilman Rose Inszenierung Nikolaus Habjan Bühne Jakob Brossmann Kostüme Cedric Mpaka Musik Kyrre Kvam Video Johannes Hammel Ausstattungsassistenz Ruth Erharter Puppenbau Nikolaus Habjan und Marianne Meinl Kartenbestellung Kartenbüro St. Pölten/niederösterreich kultur karten Rathausplatz 19 3100 St. Pölten T 02742 90 80 80 600 [email protected] 4 2. INHALT Die Wahl Donald J. Trumps zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika war für Elfriede Jelinek der Anlass, ein Stück über heutige Phänomene, wie den erstarkenden Rechtspopulismus und die dunklen Seiten des Superkapitalismus zu schreiben. Bei Jelinek steht der amerikanische Präsident Trump als Verkörperung des Rückwärtsgewandten, des patriarchalen Systems, er steht für die Spaltung zwischen reich und arm, zwischen schwarz und weiß. Wortmächtig umkreist sie seine Person, ohne auch nur einmal seinen Namen zu erwähnen. Er wird nur als „der König“ betitelt. Dieser König dient seinen Untertanen als Projektionsfläche, die er bestens zu bedienen weiß. So schafft es der amerikanische König Trump als Medienprofi immer wieder, sich mittels Fernsehen, dem Internet und Twitter ins Blickfeld zu schieben. Trump schreit die einfachen Lösungen lauthals hinaus und ist bereit, diese notfalls mit Gewalt durchzusetzen. Er sucht sich seine Opfer, ist aber auch im Sinne René Girards selbst das „Opfer“, auf das sämtliche Übel unserer Zeit projiziert werden. Eine Anspielung auf „König Ödipus“ von Sophokles – auch hier wird der König wegen seiner Verfehlungen für die sich ausbreitende Pest in seiner Stadt beschuldigt, dafür geblendet und weggejagt. Es ist ein zynischer Kommentar, der zugleich auch auf die antiken Dramen oder die Königsdramen von Shakespeare anspielt. Dabei nimmt Elfriede Jelinek auch sich selbst in die sprichwörtliche Mangel, positioniert und hinterfragt sich. Gleich zu Beginn des Stückes tritt die Autorin als blinde Seherin auf: stellvertretend für das Volk, das bereits von den Heilslehren selbsternannter Polit-Missionare verblendet ist. „Am Königsweg“ ist eine Parodie auf die Selbstinszenierung der gegenwärtigen Herrscher, gleichzeitig Anklage und ein verzweifelter Schrei gegen Nationalismus, Rassismus und das Abstumpfen einer Gesellschaft, die auf schnelle, einfache Lösungen aus ist. Am Ende bleibt den Denkern und Dichtern das Wort, um gegen die falschen „Könige“ dieser Welt anzukommen. Der junge Regisseur, Puppenbauer, Spieler und Nestroypreisträger Nikolaus Habjan, der zuletzt mit der Oper „Oberon“ an der Bayerischen Staatsoper sowie mit „Der Streit“ am Münchner Residenztheater große Erfolge bei Presse und Publikum feierte, wird in der Saison 2018/19 zum ersten Mal am Landestheater Niederösterreich arbeiten. Eigens für die Inszenierung entworfene Puppen von Nikolaus Habjan sind Teil dieser Österreichischen Erstaufführung von „Am Königsweg“. 5 3. AUTORIN ELFRIEDE JELINEK Elfriede Jelinek wurde am 20. Oktober 1946 in Mürzzuschlag (Steiermark) als Tochter von Friedrich und Olga Ilona Jelinek geboren. Jelineks Vater, der jüdischer Herkunft war, konnte im Zweiten Weltkrieg der nationalsozialistischen Verfolgung als Chemiker in kriegsdienlicher Forschung entkommen. In den 1950er Jahren erkrankte er psychisch sehr schwer und starb 1969 in einer psychiatrischen Anstalt. Ihre Erziehung übernahmen die Mutter und die katholischen Nonnen einer Klosterschule. Bereits als Kind bekam sie Klavier-, Gitarren-, Flöten-, Geigen- und Bratschenunterricht und wurde schließlich am Konservatorium der Stadt Wien aufgenommen. 1964 absolvierte Jelinek die Matura. Im gleichen Jahr erlitt sie einen psychischen Zusammenbruch. Sie schrieb erste Gedichte sowie Kompositionen und inskribierte Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Nach einigen Semestern brach sie das Studium ab. 1968 verschlechterte sich der psychische Zustand Jelineks so sehr, dass sie das Haus für ein Jahr nicht mehr verlassen konnte. 1975 gelang ihr mit dem Roman „die liebhaberinnen“ der literarische Durchbruch. Es folgten Hörspiele, Romane und Theaterstücke. 1983 erschien mit „Die Klavierspielerin“ einer ihrer bis heute bekanntesten Texte, der später von Michael Haneke verfilmt wurde. Die Uraufführung des Theatertextes „Burgtheater“ 1985 in Bonn provozierte in Österreich einen Skandal und begründete Jelineks Ruf als „Nestbeschmutzerin“. Immer wieder mischte sie sich in die politische Diskussion um den Rechtsruck Österreichs ein. 1995 veranlassten politische Angriffe vor allem der FPÖ sowie persönliche Diffamierungen Jelinek, ihren Rückzug aus der österreichischen Öffentlichkeit bekannt zu geben. 2004 wurde ihr der Nobelpreis verliehen. Sie nahm die Auszeichnung nicht persönlich entgegen, reagierte aber mit einer Rede auf die Ehrung. Ihre Texte der letzten Jahre beziehen sich wie „Am Königsweg“ auf aktuelle Themen wie den europäischen Umgang mit den Geflüchteten an den Außengrenzen der Union oder die Anschläge auf das Satireblatt Charlie Hebdo in Paris. Ihr unerbittlicher, kritischer und satirischer Stil machen sie zu einer der wichtigsten künstlerischen Stimmen unserer Zeit. 6 4. DER BEGRIFF DER SPRACHFLÄCHE Der Begriff der Sprachfläche gehört zum Standardvokabular der Auseinandersetzung mit den Bühnentexten Elfriede Jelineks. Bezeichnet wird damit sowohl die literarische Beschaffenheit ihrer Werke als auch die poetologische Auffassung und Vorgangsweise der Schriftstellerin, die 2004 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. In der damaligen Begründung der Jury hieß es: „Der Nobelpreis in Literatur des Jahres 2004 wird der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek verliehen für den musikalischen Fluß von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen.“ Was hier im Bild des Flusses angedeutet wird, verweist auf diese Metapher der Sprach- beziehungsweise Textfläche: So wird die glatte Außenansicht einer aus der Vogelperspektive wahrgenommenen Flusslandschaft evoziert, genauer: der Blick auf die Tektonik einer Sprachkruste. Dies ist ganz im Sinne des Literaturtheoretikers und Philosophen Roland Barthes der dem modernen Text das Charakteristikum zuschreibt, nicht mehr nur „aus einer Wortzeile“ zu bestehen, „die einen einzigen gewissermaßen theologischen Sinn freisetzt, sondern aus einem mehrdimensionalen Raum, in dem vielfältige Schreibweisen, von denen keine ursprünglich ist, miteinander harmonieren oder ringen: Der
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