Beihefte der

Bd. 2

1974

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Herausgegeben vom Deutsdien Historischen Institut

Band 2

Prosopographie der Amtsträger des Merowingerreidies von Chlothar IL (613) bis Karl Martell (741)

von Horst Ebling

WILHELM FINK VERLAG MÜNCHEN HORST EBLING

PROSOPOGRAPHIE DER AMTSTRÄGER DES MEROWINGERREICHES

VON CHLOTHAR IL (613) BIS KARL MARTELL (741)

1974

WILHELM FINK VERLAG MÜNCHEN gayerische Staatsbibliothek Mönchen

© 1974 Wilhelm Fink Verlag, München Satz und Druck: Druckerei Loibl, Neuburg Buchbindearbeiten: Großbuchbinderei Monheim, Monheim VORWORT

Die vorliegende Prosopographie wurde angeregt durch Prof. Dr. Eugen Ewig. Sie wurde im Sommersemester 1971 von der Philosophischen Fa• kultät der Rheinischen Friedrich Wilhelms-Universität als Dissertation angenommen. Die Arbeit stützt sich auf das von Eugen Ewig erarbeitete merowingi- sche Namenmaterial. Der Bestand an Personennamen wurde vollständig überarbeitet und auf die Bedürfnisse einer Prosopographie zugeschnitten. Meinem Doktorvater gebührt herzlicher Dank für manchen Rat, den er mir während der Arbeit an der Prosopographie zuteil werden ließ. Ich habe Herrn Prof. Dr. Karl Ferdinand Werner, Direktor des Deut• schen Historischen Instituts in Paris, aufrichtig zu danken, der die Pro• sopographie in die Reihe der Beihefte der "Francia" aufgenommen hat, sowie Herrn Dr. Hartmut Atsma, der die Arbeit redaktionell betreute. Die vorliegende Prosopographie will als Versuch verstanden werden, Namenmaterial personengeschichtlich aufzuarbeiten. Die gewonnenen Er• kenntnisse bleiben in mancher Hinsicht hypothetisch. Inwieweit sie kor• rigiert werden können, hängt in erster Linie von der Interpretation der Quellen selbst ab. Die Prosopographie ist Prof. Dr. Eugen Ewig in herzlicher Dank• barkeit zugeeignet.

Bonn, am 16. Dezember 1972 Horst Ebling

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INHALTSVERZEICHNIS

Vorbemerkung 9 Die verfassungsgeschichtliche Diskussion; Amt und Amtscharakter; Dux und Comes; Comes und Grafio 10 Die personengeschichtlichen Ergebnisse 12 Chronologische Liste der Duces, Comites und Grafiones 12 Administrative Zuordnung der Duces und Comites 17 Duces; Comites; Grafiones; Vicarii; Domestici (Ergebnisse) .... 21 Prosopographie der Amtsträger. Nummer I - CCCXVI 27 Abkürzungsverzeichnis 249 Quellen- und Literaturverzeichnis 250 Personenregister 256 Genealogische Tafel: Über den Zusammenhang von Wulfoalden, Gundo- inen und Etichonen 244

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VORBEMERKUNG

Die vorliegende Prosopographie setzt einige Bemerkungen zu ihrem Verständnis voraus. Der Personenkreis, der in ihr aufgenommen wurde, umfaßt — die Vorfahren der Karolinger ausgenommen, über die eine umfangreiche Li• teratur vorliegt — Große des Merowingerreiches, die entweder durch eine Amtsbezeichnung oder durch ein Standesprädikat hervortreten, aber auch Urkundenschreiber, die mit einer Amtsbezeichnung genannt werden. Die Nachrichten über diesen Personenkreis gehen nach Aussage der Quellen naturgemäß weit auseinander. Bei der Zusammenstellung der Prosopographie wurde in jedem einzelnen Fall der zeitgenössische Beleg aufgesucht und zugrundegelegt, der gegebenenfalls durch spätere Quel• lenaussagen ergänzt worden ist. Es wurden also nur Personen aufgenom• men, die durch eine zeitgenössische Quelle bezeugt sind. Dieser strenge Maßstab schien notwendig, um in dem oft verwirrenden Bild der Quel• lenüberlieferung Klarheit zu gewinnen und eine einigermaßen sichere Grundlage für eine weiterführende Diskussion zu schaffen. Innerhalb der einzelnen Artikel wurde die bis 1970 erschienene kritische Literatur — soweit diese nicht kontrovers war — berücksichtigt, wenn sie bestimm• te Landschaften im Zusammenhang behandelte und auch die Identifizie• rung bestimmter Amtsträger eindeutig erschien. Die einzelnen Prosopographien mußten aus Gründen der Übersicht• lichkeit alphabetisch geordnet werden, da Familienzusammenhänge oder Amtskontinuitäten nur in ganz wenigen Fällen sichtbar geworden sind. Die Zusammenstellung der Namenformen folgt den Namen desselben Bestimmungswortes. Die innerhalb eines solchen Bestimmungswortes zu• sammengefaßten Personennamen verzeichnen die Namenträger wiederum in chronologischer Reihenfolge. Vieles blieb Wagnis. Der Personenname konnte nur in ganz wenigen Fällen als Mittel zur Identifikation heran• gezogen werden. Gleichheit der Namen weist auf Identität oder Ver• wandtschaft hin, genügt aber als alleiniges Argument nicht. Die Prosopo• graphie stellt insofern einen Versuch dar, mit Hilfe zuverlässiger Quel• lenaussagen eine Grundlage für die Erforschung von Ämtern zu schaffen und damit Einblick in die Verfassungsverhältnisse der Merowingerzeit zu geben. Die prosopographische Erfassung von Großen, die nachweislich ein Amt ausgeübt haben, gibt dabei auch eine Antwort auf die Frage, was die Führungsschicht vorwiegend des VII. Jhdts. ausgezeichnet hat.

9 DIE VERFASSUNGSGESCHICHTLICHE DISKUSSION

In den vergangenen Jahren ist die wissenschaftliche Diskussion über Probleme der frühfränkischen Verfassungsgeschichte recht lebhaft geführt worden. Ihr zentrales Anliegen war die Frage nach der Herkunft und Zusammensetzung der frühfränkischen Führungsschicht. Daß noch keine Übereinstimmung insbesondere über den rechtlichen Status der fränki• schen Aristokratie erreicht wurde, zeigt, um welch schwierige Materie es sich handelt. In der vorliegenden Prosopographie bildet die zeitgenössische Über• lieferung über den einzelnen Amtsträger und den mit einem Standes• prädikat bezeichneten Großen die Grundlage für die Identifizierung der Personen und die Bestimmung ihres Wirkungskreises. Die im VII. und frühen VIII. Jhdt. rechtlich und sozialgeschichtlich relevanten Amts• bezeichnungen waren jeweils in dem ganz konkreten Bezug Quelle für Quelle zu untersuchen. In einer an Institutionen noch armen Zeit sind es die amtsausübenden Großen, die das regnum durch ihre Teilnahme an der Staatsführung tra• gen. Das Amt erweist sich als hervorragendes Mittel, an den politischen Entscheidungen mitzuwirken. Dies gilt bereits für das VI. und besonders für das VII. Jhdt. Die Bedeutung der Ämter im Merowingerreich ist in der Diskussion zwischen D. Claude und R. Sprandel erneut in den Vordergrund gerückt worden. In der lebhaft geführten Auseinandersetzung ging es — was das Dux- und Comes-Amt betrifft — im wesentlichen um die Klärung der Konti• nuität der beiden Ämter. R. Sprandel hat in einer ersten Darstellung zum "Dux und comes in der Merovingerzeit*1 eine Kontinuität des spät• antiken Dux-Amtes mit dem merowingischen dux verneint und dabei in Frage gestellt, ob es im VII. Jhdt. überhaupt ein Dux-Amt gegeben hat2. Sprandel ist der Meinung, der dux Fredegars und der anderer Chronisten sei kein Amtsträger, sondern lediglich "ein großer Adeliger, der vom König mit Aufträgen versehene Führer von Truppen und Volkshaufen*3. Ausführlicher behandelte Sprandel das Comes-Amt. Zwischen dem Stadt- comes des VI. und dem Landcomes des VII. Jhdts. besteht nach Sprandel ein deutlicher Gegensatz, der auf einen Bruch in der Kontinuität hin• weist4. Im VII. Jhdt. war comes nur mehr "der persönliche Titel eines Mannes"5, eines Großen aus königlicher Umgebung, "die comes-Bezeich-

1 ZRG. GA. 74 (1957) p. 41-84. * A. a. O., p. 52. 5 A. a. O. 1 A. a. O., p. 54. 4 A. a. O., p. 69.

10 nung war nur eine unter vielen"6, "war immer nur eine unter mehreren Möglichkeiten*7. Diesen Auffassungen ist D. Claude entgegengetreten. Seine "Unter• suchungen zum frühfränkischen Comitat*8 tragen insofern einen grund• legenden Charakter, als sie die verfassungsgeschichtliche Bedeutung der beiden Ämter in engen Zusammenhang mit der Wechselwirkung von Kö• nigtum und Oberschicht stellen. Im Gegensatz zu Sprandel zeigte Claude, der die überzeugendere Interpretation der Quellen bietet, daß der comes des VII. Jhdts. vielfach noch geschlossene civitates verwaltete, wenn auch seine Amtsbefugnisse nicht immer eindeutig aus den Quellen der Zeit geklärt werden können. Neben dem comes civitatis weist Claude auch comites pagi als Amtsträger nach. Den Amtscharakter des Dukats hat Claude für das VI. Jhdt. ein• wandfrei erhärtet, für das VII. Jhdt. aber eine Entwicklung zur Herr• schaft unter gleichzeitiger Abschwächung des Amtscharakters festgestellt. Diese Entwicklung trat namentlich in den nicht zentral gelegenen Gebie• ten des Reichs ein. Auf Claudes Argumentation ist Sprandel in einer Miszelle eingegan• gen9, in der er erneut gegen die Kontinuität des comes civitatis-Amtes Stellung bezog und Claudes Auffassung des Dux-Amtes in Frage zu stel• len suchte. Die Argumente für den Amtscharakter des Dukats konnte Sprandel jedoch nicht entkräften. Gegen den von Claude auch noch für das VII. Jhdt. postulierten Civitascomitat führte Sprandel an, daß die für diese Zeit bezeugten comites civitatis außerhalb des Loire-Raumes auftreten, in dem diese Amtsträger vor allem für das VI. Jhdt. überliefert werden10. Claude begegnete diesem Einwand mit dem Hinweis auf den geographischen Standort der Chronisten11. Auf einer noch wesentlich schmaleren Quellenbasis ruhte die Diskus• sion über das Amt des grafio im VII. Jhdt. Hier war es Claude, der auf die regionale Verschiedenheit im Auftreten von grafio und comes hin• wies; die grafiones des VII. Jhdts. seien im Norden und Osten des Fran• kenreichs anzutreffen, die comites dagegen in dessen Süden und Westen12. Im Verlauf des VII. Jhdts. habe zudem der grafio die rangmäßige Gleich• stellung mit dem comes erreicht13. Sprandel hat dem entgegengehalten, daß es grafiones überall dort gegeben habe, "wo Franken lebten"14. Er bezog sich dabei ausdrücklich auf den Geltungsbereich der Lex Salica, nach der Streitigkeiten, die Franken betrafen, vom grafio entschieden

• A. a. O. » ZRG. GA. 83 (1966) p. 273-280, 7 A. a. O., p. 74. insbesondere p. 277/78. 8 ZRG. GA. 81 (1964) p. 1-79. 1£ ZRG. GA. 81 (1964) p. 36. 9 ZRG. GA. 82 (1965) p. 288-291. 1S A. a. O., p. 37. 10 A. a. O., p. 289. 14 ZRG. GA. 82 (1965) p. 289.

11 wurden. Sieht man einmal von der damit berührten Frage der fränki• schen Siedlungsdichte vor allem in den Gebieten südlich der Loire ab, ist das Verhältnis von grafio und comes erneut zu untersuchen und in en• gem Zusammenhang mit der räumlichen Verbreitung der Amtsgruppen der comites und duces zu klären.

DIE PERSONENGESCHICHTLICHEN ERGEBNISSE

Verfassungsgeschichtliche Ergebnisse können — wie die Erfahrung längst gelehrt hat — auch auf dem Umweg über die Personengeschichte erzielt werden. Die Personenforschung erweist sich als eine historische Arbeitsrichtung, die durch die Betrachtung des Verhältnisses von Person und Gemeinschaft und über die Kenntnis der Personen Einblicke in be• stimmte Verfassungsverhältnisse geben kann. Die Prosopographie erscheint in besonderem Maß quellengebunden. Was über einen Amtsträger erfahren werden kann, hängt nicht zuletzt von der Art der Quelle selbst ab. So stellen sich die Merowingerdiplome, bei denen offiziöser Sprachgebrauch vorausgesetzt werden darf, als ge• sicherter Bestand an Amtsbezeichnungen dar. Sie kehren in den großen Chroniken, wie bei Pseudo-Fredegar, wieder. In anderen erzählenden Quellen, so vor allem in den Viten, wandeln die Verfasser die Amts• bezeichnungen oft ab, indem sie das Amt umschreiben. Nach R. Sprandel hat es im VII. Jhdt. kein Dux-Amt mehr gegeben. Befragt man die zeitgenössischen Quellen, so sind fast sechzig duces nach• weisbar, die man sicherlich nicht alle als Träger einer selbständigen Herr• schaft bezeichnen kann.

CHRONOLOGISCHE LISTE DER DUCES, COMITES UND GRAFIONES

DUCES

613 (bis 629) WALDELENUS Cisiuranus Pseudo-Fredegar CCC. (Besan9on) Vita Columbani 613 SIGOALDUS Burgund Pseudo-Fredegar CCLXXIX. 613 FAR(A)ULFUS Neuster Vita Lupi CLXXIII. (unsicher) Vita Rusticulae 613/14 ROCCO Burgund Pseudo-Fredegar CCLXXI. 613/14 EUDILA Ultraiuranus Pseudo-Fredegar CLXXI. 613/14 HERPO Ultraiuranus Pseudo-Fredegar CLXVIII. nach 614 BOSO LANDEGISILUS Amiens Vita Lupi XCI. 622/23 BERTOALDUS Sachsen Liber historiae LXXVIIL (fraglich) Francorum 626/27-636/37 ARNEBERTUS Neustroburgund Pseudo-Fredegar XLIII.

12 626/27 und 636/37-637/38AIGHYNA Aquitanien Pseudo-Fredegar XVIII. (Bordeaux, Toulouse) 629/30-642 AMALGARIUS Dijon Pseudo-Fredcgar.XXVII. MGH. DM. nach 629 GUNDOINUS Elsaß Vita Germani CXCVIII. 631/32 CRODOBERTUS Alemannien Pseudo-Fredegar CXXII. 631 ABUNDANCIUS Toulouse Pseudo-Fredegar II. (erschlossen) Gesta Dagoberti 631 VENERANDUS Bordeaux Pseudo-Fredegar CCXCVI. (erschlossen) 631/32-636/37BARONTUS Toulouse Pseudo-Fredegar LXII. Pard. II 632/33-642 WANDALBERTUS Chambly/Oise MGH. DM. CCCV. Pseudo-Fredegar nach 632-642 CHRAMNELENUS Cisiuranus Pseudo-Fredegar CXIX. (Besancon) Vita Columbani vor 634 — RADULFUS Thüringen Pseudo-Fredegar CCLXI. nach 641 636/37 CHAIRAARDUS Burgund Pseudo-Fredegar CI. 636/37 WALDERICUS Burgund Pseudo-Fredegar CCCI. 636/37 ERMENO Burgund Pseudo-Fredegar CLXIV. 636/37 LEUDEBERTUS Burgund Pseudo-Fredegar CCXXV. 636/37-654 WANDALMARUS Ultraiuranus Pseudo-Fredegar CCCVI. 641-648 ADALGISILUS Auster MGH. DM. V. Pseudo-Fredegar 641 BOBO Auvergne Pseudo-Fredegar LXXXVI. Gesta Dagoberti nach 641 NODDO Mosel-Gau Vita Arnulfi CCXLVII. (erschlossen) 642 (-671) AMALBERTUS Neuster Pseudo-Fredegar XXIV. (erschlossen) Liber historiae Francorum 642-663 ADALRICUS Dijon Chronicon VII. Besuense 643 LEUTHARIUS Alemannien ' Pseudo-Fredegar CCXXVIII. 644/(648) BOBO Auster MGH. DM. LXXXVII. 648/50-673 FULCOALDUS Champagne MGH. DM. CLXXVII. Vita Lantberti vor 649 BERCHARIUS Peronne Virtutes Fursei LXVIII. 649 BERCHARIUS Auster (Laon) Virtutes Fursei LXVIII. vor 658 HAIMO Neuster Virtutes Fursei CCIV. 662-673 WULFOALDUS Auster Liber historiae CCCXIIL (675-680) Francorum Vita Lantberti Fred. cont. Traditiones Wiz. 663/64 SICHELMUS Dijon MGH. DM. CCLXXVIII. Pard. II. 664/66 (-673) AMALRICUS Auster MGH. DM. XXIX. Vita Lantberti 662- BONIFATIUS Elsaß Vita Germani LXXXVIII. vor 675 MGH. DM. Traditiones Wiz.

13 nach 664 ADALRICUS Dijon MGH. DM. VIII. -673 (ETICHO) Passio I Leud. Vita Germani 669-vor 699 GUNDOINUS Auster MGH. DM. CXCIX. um 670 RABIACUS Eis-Gau Passio Desiderii CCLIV. (fraglich) et Reginfridi 673- ADALRICUS Elsaß cf. supra VIII. nach 683 (ETICHO) 675 WAIMER Champagne Passio Leudegarii CCXCVIII. Passio Praeiecti Pard. II 680 MARTINUS Champagne Liber historiae CCXXXVII. Francorum Fred. cont. nach 683 ADALBERTUS Elsaß Pard. IL III. - vor 723 691 GODEFRIDUS Auster MGH. DM. Sp. CXCI. (fraglich) 692 AERICUS Ardenner-Gau MGH. DM. XIV. um 700 GODAFREDUS Alemannien Fred. cont. cxc. ÜB. St. Gallen 704-717 HEDENUS Thüringen C. Wampach, cxv. Echternach Vita Bonifatii 706 THEOTCHARIUS Mosel-Gau MGH. CCLXXXIX. (erschlossen) Hausmeier-Dipl. Traditiones Wiz. 710 CHRODEGARIUS Le Mans Pard. IL CXXXI. um 710 THEOTBALDUS Thüringen Inschrift (Nilkheim) Vita Bonifatii CCLXXXVIII, 719-735 EUDO Aquitanien Liber historiae CLXXII. Francorum Fred. cont. 723-739 LIUTFRIDUS Elsaß A. Brückner, CCXXIX. Regesta Alsatiac Traditiones Wiz. 732 CHRODEBERTUS Hasbanien Vita Eucherii CXXIX. 734 BUBO Friesland Fred. cont. XCIII. (735)-742 CHUNOALDUS Aquitanien Fred. cont. CXXXIX. 737-739 MAURONTUS Provence Fred. cont. CCXLI. (fraglich) (Avignon) 739-743 OTILO Baiern Fred. cont. LIV. Bonifatii epistolae

COMITES 609/10 ABBELENUS Pagus Pseudo-Fredegai• 1. Ultraiuranus 609/10- HERPINUS Pagus Pseudo-Fredegar CLXIX. 613/14 Ultraiuranus 610 THEUDOALDUS Nantes Vita Columbani ccxc. 610 BERTHARIUS Burgund Vita Columbani LXXIV. (-vor 612) 618 SIAGRIUS Albi Vita Desiderii CCLXXVII.

14 626 GAINOALDUS Pard. II. CLXXXI. (erschlossen) 626 BARONTUS Limoges Pard. II. LXII. (erschlossen) 631-644 GUNDOENUS Neuster MGH. DM. Sp. CC. (fraglich) (fraglich) vor 639 DOTTO Neuster Vita Amandi CXLV. 635-641 CHAINULFUS Meaux Pseudo-Fredegar C. MGH. DM. 639 RADULPHUS Rouen Gesta abb. Font. CCLXII. nach 640 u. vor 660 INGOMARUS Th^rouanne Vita Eligii CCXVIII. 640/47 CARIATO nicht zu Desiderii CVII. ermitteln epistolae 640/47 MAURINUS Aquitanien Vita Desiderii CCXL. (P^rigueux unsicher) 641 AENOVALES Saintois Pseudo-Fredegar XII. 642 GYSO Burgund Pseudo-Fredegai • CCII. (Valence unsicher) 652/53 MODEGISILUS Nantes MGH. DM. CCXLIII. nach 653 bis um 675 GAERINUS Paris MGH. DM. CLXXIX. nach 660 GARIFREDUS Vermand Vita Eligii CLXXXIII. (St.-Quentin) nach 660 AMALBERTUS Noyon Vita Eligii XXV. 661 BERTUINUS Pagus Laon MGH. DM. LXXXI. 661 CHARIBERtUS Neuster Pard. IL CVIIL (662-675) GENESIUS Clermont Passio Praeiecti CLXXXIV. Vita Menelei 666/675 ERICHUS Oberelsaß Vita Germani XV. (erschlossen) 675 RODEBERTUS Oberelsaß MGH. DM. CXXV. (- vor 683) (Colmar erschlossen) 676 (-687/88) INGOBERTUS Paris MGH. DM. ccxv. vor 683 ADALBERTUS Elsaß MGH. DM. Sp. III. 687 GODEFRIDUS Auster MGH. DM. Sp. CXCI. (fraglich) 692 CHARIEVIUS Ardenner-Gau MGH. DM. CXIII. 693 ADREBERCTHUS Neuster MGH. DM. X. (unsicher) 693 ANGLIBERCTHUS Neuster MGH. DM. XXXII. (unsicher) 693 CHILLO Neuster MGH. DM. CXVI. (unsicher) 693 ETTHERIUS Neuster MGH. DM. CLXX. (unsicher) 693 GHISLEMARUS Neuster MGH. DM. CLXXXVIIL (unsicher) 693 MODEGHISELUS Neuster MGH. DM. CCXLIV. (unsicher) 693 OGMIRUS Neuster MGH. DM. CCXLIX. (unsicher)

15 693-697 IONATHAN Neuster MGH. DM. CCXIX. (unsicher) 693-697 ADALRICUS Neuster MGH. DM. IX. 697 ERMENTHEUS Neuster MGH. DM. CLXVII. vor 699 (ODO) Auster Traditiones Wiz. LL 700 MUMMOLUS Paris Pard. II. CCXLVIL 700-719 ADALCHARDUS Saar-Gau Traditiones Wiz. IV. 702 ANSBERTUS Auster MGH. Hausmeier-Dipl. XXXIII. 702 ANSIGISILUS Auster MGH. Hausmeier-Dipl. XXXVII. 702 BATGIS(IL)US Auster MGH. Hausmeier-Dipl. LXIV. 702 BOVO Auster MGH. Hausmeier-Dipl. XCII. 702 ERIMARDUS Auster MGH. Hausmeier-Dipl. CLVIII. 702 HARDRICUS Auster MGH. Hausmeier-Dipl. CCVI. 702 GONDUINUS Auster MGH. Hausmeier-Dipl. CCI. 702 RAMFRIDUS Auster MGH. Hausmeier-Dipl. CCLXIX. 709-728 WOLFAUDUS/ Pagus Verdun Pard. IL CCCXIV. WULFOALDUS A. Brückner, Regesta Alsatiae 713 WILLIBERTUS Saar-Gau Traditiones Wiz. CCCXII. 714 ADALRAMNUS Saar-Gau Traditiones Wiz. VI. 714 CHAMMINGO Auster MGH. (Mosel-Gau Hausmeier-Dipl. CIV. erschlossen) 721 AMALSINDUS Semur Pard. IL XXX. (Burgund) 721 CHARIBERTUS Laon C. Wampach, CIX. Echternach Beyer ÜB. 723 TEUDERICUS Ribuarien Gesta abb. Font. CCLXXXVI, (erschlossen) 723 HROTGARIUS Le Mans Gesta abb. Font. CXXXII. 723 BERTHARIUS Ducat Le Mans Gesta abb. Font. LXXVI. (S£ez erschlossen) 723 ANGINULFUS Auster Gesta abb. Font. XXXI. (unsicher) 723-726 HAREGARIUS Auster Gesta abb. Font. CXI. MGH. Hausmeier-Dipl. 724 AUDACHRO/ Saar-Gau Traditiones Wiz. XLVII. OTACAR (unsicher) 726 BERGETHOSIENIS ► Auster MGH. LXXI. Hausmeier-Dipl, 726 ERKANFREDUS Auster MGH. CLV. (Utrecht unsicher) Hausmeier-Dipl. 726 FOLCARIUS Auster MGH. CLXV. Hausmeier-Dipl.

16 726 MAGINHARIUS Auster MGH. CCXXXIV. Hausmeier-Dipl. 726-741 SALECO Auster MGH. CCLXXIII. Hausmeier-Dipl. 728-737 EBROHARDUS Elsaß-Gau Pard. II. CXLVIIL MGH. DM. Traditiones Wiz. 734 RATHARIUS Rouen Gesta abb. Font. CCLXIV. 741 RADBERTUS Auster MGH. CCLVI. Hausmeier-Dipl. 741 RAYGANBALDUS Auster MGH. CCLXVIII. Hausmeier-Dipl. GRAFIONES 613 INGOBOD(US) Neuster Pseudo-Fredegar CCXVII. 639/42 EBRULFUS Chambly/Oise MGH. DM. CLL 651 CHUNEBERTUS Th6rouanne Pard. II. CXXXVIIL resp. DB. um 659 BASENUS Neuster MGH. DM. LXIII. um 659 WARATTO Neuster MGH. DM. CCCVIII. (Rouen erschlossen) 660 GARIFREDUS Vermand Vita Eligii CLXXXIII. (St.-Quentin) 692 ERCONALDUS Neuster MGH. DM. CLVII. 692-693 MADELULFUS Neuster MGH. DM. CCXXXIIL 693 ARIGIUS Neuster MGH. DM. XLIL 693 AURILIANUS Neuster MGH. DM. LVI. 693 CHRODMUNDUS Neuster MGH. DM. CXXXIV. 693 ERMENT(H)EUS Neuster MGH. DM. CLXXVII. 693 GHIBOINUS Neuster MGH. DM. CLXXXVI. 693 GODINUS Neuster MGH. DM. CXCIL 693-(vor 710)SIGOFRIDUS Neuster MGH. DM. CCLXXX. 715 SILVESTER Auster Pard. IV. CCLXXXIII. (unsicher)

ADMINISTRATIVE ZUORDNUNG DER DUCES UND COMITES AUSTER Auster (ohne genauere Zuordnung) 641-648 ADALGISILUS dux V. 644/(648) BOBO dux LXXXVII. 662-673 (675-680) WULFOALDUS dux CCCXIII. 664/66 (-673) AMALRICUS dux XXIX. 669 - vor 699 GUNDOINUS dux CXCIX. 687 Godefridus <:ome s (fraglich) CXCI. 691 GODEFRIDUS dux (fraglich)1 CXCI. vor 699 Audoin (Odo) comes LI. 702 Ansbertus comes XXXIII. 702 Ansigisilus comes XXXVII. 702 Batgis(il)us comes LXIV. 702 Bovo comes XCII. 702 Erimardus comes CLVIII. 702 Hardricus comes CCVI. 702 Gonduinus comes CCL

17 702 Ramfridus comes CCLXIX. 723 Anginulfus comes (unsicher) XXXI. 723-726 Haregarius comes CXI. 726 Bergethosienis comes LXXI. 726 Erkanfredus comes CLV. 726 Folcarius comes CLXV. 726 Maginharius comes CCXXXIV. 726-741 Saleco comes CCLXXIII. 741 Radbertus comes CCLVI. 741 Rayganbaldus comes CCLXVIII. Hasben-Gau 732 CHRODEBERTUS dux CXXIX. Ribuarien 723 Teudericus comes CCLXXXVI. Ardenner-Gau 692 AERICUS dux XIV. 692 Charievius comes CXIII. Champagne 648/50-673 FULCOALDUS dux CLXXVII. 675 WAIMER dux CCXCVIII. 680 MARTINUS dux CCXXXVII. Laon um 649 BERCHARIUS dux LXVIII. 661 Bertuinus comes LXXXI. 721 Charibertus comes CIX. Mosel-Gau nach 641 NODDO dux CCXLVII. 706 THEOTCHARIUS dux CCLXXXIX (erschlossen) 714 Chammingo comes CIV. (erschlossen) Verduner Gau 709-728 Wolfaudus/Wulfoaldus comes CCCXIV. S aintois 641 Aenovales comes XII. Saar-Gau 700-719 Adalchardus comes IV. 724 Audachro/Otacar comes XLVII. (unsicher) Auvergne 641 BOBO dux LXXXVI. (662-675) Genesius comes CLXXXIV. Elsaß-Gau nach 629 GUNDOINUS dux CXCVIII. 662 - vor 675 BONIFATIUS dux LXXXVIII. 666/675 Erichus comes XV. 673 - nach 683 ADALRICUS (ETICHO) dux VIII. 675 (- vor 683) Rodebertus comes CXXV. vor 683 Adalbertus comes III. nach 683 - vor 723 ADALBERTUS dux III. 723-739 LIUTFRIDUS dux CCXXIX. 728-737 Ebrohardus comes CXLVIII. Eis-Gau um 670 RABIACUS dux (fraglich) CCLIV.

18 Alemannien 631/32 CRODOBERTUS dux CXXII. 643 LEUTHARIUS dux CCXXVIII. um 700 GODAFREDUS dux CXC. Baiern 739-743 OTILO dux LIV. Thüringen vor 634 - nach 641 RADULFUS dux CCLXI. 704-717 HEDENUS dux CXV. um 710 THEOTBALDUS dux CCLXXXVIIl Sachsen 622/23 BERTOALDUS dux (fraglich) LXXVIII. NEUSTER

Neuster (ohne genauere Zuoi•dnung ) 613 FAR(A)ULFUS dux (fraglich) CLXXIII. 626/27-636/37 ARNEBERTUS dux XLIII. 631-644 Gundoenus comes (fraglich) CC. vor 639 Dotto comes CXLV. 642 (-671) AMALBERTUS dux XXIV. vor 658 HAIMO dux CCIV. 661 Charibertus comes CVIII. 693 Adrebercthus comes X. 693 Anglibercthus comes XXXII. 693 Chillo comes CXVI. 693 Ettherius comes CLXX. 693 Ghislemarus comes CLXXXVIII. 693 Modeghiselus comes CCXLIV. 693 Ogmirus comes CCXLIX. 693-697 Ionathan comes CCXIX. 693-697 Adalricus comes IX. 697 Ermentheus comes CLXVIII. P^ronne vor 649 BERCHARIUS dux LXVIII. The* r ou a n ne nach 640 und vor 660 Ingomarus comes CCXVIII. V e r m a n d (St.-Quentin) nach 660 Garifredus comes CLXXXIII. Am iens nach 614 BOSO LANDEGISILUS dux XCI. Rou e n 639 Radulphus comes CCLXII. 734 Ratharius comes CCLXIV. Noy on nach 660 Amalbertus comes XXV. C h a m b 1 y / Oise 632/33-642 WANDALBERTUS dux cccv. Paris nach 653 - um 675 Gaerinus comes CLXXIX. 676 (-687/88) Ingobertus comes ccxv. um 700 Mummolus comes CLXXXIII. Me aux 635-641 Chainulfus comes c. 19 Le Ma ns 710 CHRODEGARIUS dux CXXXI. 723 Hrotgarius comes CXXXII. 723 Bertharius comes LXXVI. (Sitz in S£ez?) Nantes 610 Theudoaldus comes ccxc. 652/53 Modegisilus comes CCXLIII. Friesland 734 BUBO dux XCIII. BURGUND B u r g u n d (ohne genauere Zuordnung) 610 - (vor 612) Bertharius comes LXXIV. 613 SIGOALDUS dux CCLXXIX. 613/14 ROCCO dux CCLXXI. 636/37 CHAIRAARDUS dux CI. 636/37 WALDERICUS dux CCCI. 636/37 ERMENO dux CLXIV. 636/37 LEUDEBERTUS dux ccxxv. 642 Gyso comes CCII. Pagus Ultraiuranus 609/10 Abbelenus comes I. 609/10-613/14 Herpinus comes CLXIX. 613/14 EUDILA dux CLXXI. 613/14 HERPO dux CLXVIII. 636/37-654 WANDALMARUS dux CCCVI. Pagus Cisiuranus (Besanc,on) 613 (-629) WALDELENUS dux ccc. nach 632-642 CHRAMNELENUS dux CXIX. Pagus Attoariens i s (Dijon) 629/30-642 AMALGARIUS dux XXVII. 642-663 ADALRICUS dux VII. 663/64 SICHELMUS dux CCLXXVIII nach 664-673 ADALRICUS (ETICHO) dux VIII. S emur 721 Amalsindus comes XXX. Provence (Avignon) 737-739 MAURONTUS dux (fraglich;) CCXLI. AQUITANIEN Aquitanien (ohne genauere Zuordnung) 640/47 Maurinus comes CCXL. 719-735 EUDO dux CLXXII. (735)-742 CHUNOALDUS dux CXXXIX. Toulouse 631 ABUNDANCIUS dux II. (erschlossen) 631/32-636/37 BARONTUS dux LXII. Poi t ier s 626 Gainoaldus comes (erschlossen) CLXXXI. Li m oges 626 Barontus comes (erschlossen) LXII.

20 Bordeaux 626/27 AIGHYNA dux XVIII. 631 VENERANDUS dux CCXCVI. (erschlossen) 636/37-637/38 AIGHYNA dux XVIII. Albi 618 Siagrius comes CCLXXVII.

In der chronologisch geordneten Zusammenstellung der duces wird in einigen Fällen eine Amtskontinuität sichtbar. Mehrere Jahre hindurch sind duces für ein bestimmtes Gebiet bezeugt, so für die Champagne, den Ultraiuranus und für Toulouse. Im Elsaß, Alemannien, dem Cisiuranus, dem Attoariensis und auch noch Aquitanien besteht eine Kontinuität nicht nur im Amt, sondern auch in den Familien der Amtsträger. In Auster sind sieben Dukate besonders deutlich als Organisations• form zu erkennen. Bis zur ersten Hälfte des VIII. Jhdts. sind als austra- sische Dukate sicher bezeugt: die Champagne, das Elsaß, Hasbanien und — im aquitanischen Teil Austers — die Auvergne. Erschlossen werden können: Ribuarien, der Mosel- und der Ardenner-Gau. Daß noch weitere Dukate für Auster wahrscheinlich sind, zeigen Nach• richten über fünf duces, deren Amtsbereiche in der zweiten Hälfte des VII. Jhdts. in Auster gelegen haben, ohne daß die wenigen Quellen eine nähere Zuordnung erlauben. Für Neuster sind die Duces-Belege weniger zahlreich. Neben fünf duces, die als Amtsträger dieses regnum erschlossen werden können, ist den Quellen zu entnehmen, daß in den civitates P^ronne und Le Mans ein dux residiert hat. Andere Orte, so Amiens und Chambly/ Oise, sind als Mittelpunkte von Dukaten zu erschließen. In Frankoburgund sind drei Dukate gut bezeugt: der Ultraiuranus zwischen Jura und Alpen, der Cisiuranus um Besang:on und der Attoariensis um Dijon. Vier weitere Dukate sind wahrschein• lich, wenn man die Nachricht Pseudo-Fredegars über den Heereszug Da• goberts I. gegen die aufständischen Basken (636/37) vor Augen hat15. Anläßlich dieses Zuges, an dem neben den in Aquitanien eingesetzten duces Aighyna und Barontus vor allem Amtsträger Burgunds teilneh• men, nennt Pseudo-Fredegar an der Seite der duces des Ultraiuranus und des Attoariensis vier weitere, deren Amtsbereiche aber nicht er• schlossen werden können und die auch nur zum Jahr 636/37 bezeugt sind.

15 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78).

21 636/37 ist Aquitanien in zwei Dukate organisiert, von denen der eine mit dem Zentrum Bordeaux durch Aighyna, der andere mit dem Zen• trum Toulouse durch Barontus verwaltet wird. In der ersten Hälfte des VIII. Jhdts. erscheint Aquitanien dann als geschlossener Dukat in der Hand der Familie Eudos. Westlich des Rheins waren einzelne Gebiete mithin deutlich als Dukate organisiert. Der Dukat war hier jedoch nicht die Regel, zumal es — wie• derum nach dem Zeugnis Pseudo-Fredegars16 — auch comites gegeben hat, die keine duces über sich kannten. Die Nachricht des Chronisten be• zieht sich ausdrücklich auf Burgund, schließt aber Aquitanien mit ein. Die Comites-Belege setzen für Auster zahlreich erst im frühen VIII. Jhdt. ein. Vereinzelt werden comites im VII. Jhdt. im Ardenner-Gau, in der Champagne (Laon), im Saintois, der austrasischen Auvergne, so• wie dem Elsaß genannt. Comites sind dagegen in Neuster bereits im VII. Jhdt. zahlreich be• zeugt für Th^rouanne, Vermand (St.-Quentin), Rouen, Noyon, Paris, Meaux und Nantes. Aus der ersten Hälfte des VIII. Jhdts. ist nur noch je ein comes in Rouen, Paris und Le Mans namentlich bekannt. In Burgund erscheinen am Beginn des VII. Jhdts. zwei comites pagi im Ultraiuranus sowie in der ersten Hälfte des VIII. Jhdts. ein comes im castrum Semur. Für Aquitanien ist in der ersten Hälfte des VII. Jhdts. ein comes für Albi sicher nachweisbar sowie ein weiterer für Poitiers und Limoges zu erschließen. Aus späterer Zeit fehlen Belege für comites in Aquitanien. Die Nachrichten über die comites und deren Amtsbereiche lassen er• kennen, daß es im VII. und frühen VIII. Jhdt. noch Civitascomitate ge• geben hat, von denen aber nur zwei, nämlich der von Albi (618)17 und der von Clermont (662-675)18 für Aquitanien bezeugt sind. Für Franko- burgund und für Auster ist kein Civitascomitat belegt. In Neuster sind der Civitascomitat von Meaux (635-641)19 und der von Nantes (610 und 652/53)20 nachzuweisen. Die Amtskontinuität in der im aquitanisch- neustrischen Grenzgebiet liegenden Stadt Nantes war wohl kein Zufall, da Nantes als Schiffahrts- und Handelsplatz große wirtschaftliche Bedeu• tung besaß. In Le Mans, dem Vorort eines großen Dukats, begegnet 723 ein Hrotgar als comes21, der jedoch mit dem gleichnamigen, 710 bezeug• ten dux C(h)rodegar von Le Mans22 identisch sein könnte. Ein weiterer

16 MGH., a. a. O. 17 Cf. Prosopographie Nr. CCLXXVII. 18 Cf. Prosopographie Nr. CLXXXIV. 19 Cf. Prosopographie Nr. C. *° Cf. Prosopographien Nr. CCXC. und CCXLIII. 21 Cf. Prosopographie Nr. CXXXII. * Cf. Prosopographie Nr. CXXXI.

22 Civitascomitat war der von Paris, wo nach 653 bis 675 Gaerin23, der Bruder des Bischofs Leudegar von Autun, 676 bis 687/88 Ingobert24 und 700 Mummolus25 als comites eingesetzt waren. Die Amtskontinuität ist bei der sedes regia besonders deutlich. Problematischer ist die Einstufung der comites, die für Rouen 63926 und 73427, für Th^rouanne nach 640 und vor 66028, für Noyon 66029 und für Vermand (St.-Quentin) nach 66030 bezeugt sind. Die ehemaligen civitates Rouen, Th£rouanne und Vermand bildeten in merowingischer Zeit keine territorialen Einheiten mehr. Aus den einstigen Civitasbezir- ken waren pagi ausgegliedert worden. Auch den comes von Noyon wird man nicht als comes civitatis ansprechen können, da Noyon zwar mero- wingische Bischofsstadt, nicht aber Civitasvorort war. Die genannten comites amtieren zwar in einstigen Civitasvororten oder Bischofsstädten; ihr Sprengel umfaßte jedoch nur Teile alter civitates. Der im ersten Drittel des VIII. Jhdts. bezeugte comes des austrasi- schen Verdun31 ist den comites von Rouen zur Seite zu stellen, da auch die alte civitas Virdunensium in pagi aufgegliedert war. Das austrasi- sche castrum Laon, wo 66132 und 72133 ein comes bezeugt ist, war seit dem frühen VI. Jhdt. Vorort eines pagus und Sitz eines Bischofs. Das burgundische castrum Semur, wo Amalsind 721 als comes amtierte34, ist als Vorort eines pagus früh aus der civitas Autun ausgegliedert wor• den. Semur war keine Bischofsstadt, besaß aber eine eigene curia. Comites pagi sind für den burgundischen Ultraiuranus zwischen Jura und Alpen zu Beginn des VII. Jhdts. belegt35; für das Elsaß vom letzten Drittel des VII. Jhdts. bis zur Mitte des VIII. Jhdts.36. Die für den Saar-Gau im ersten Drittel des VIII. Jhdts. genannten comites pagi37 treten wie der comes Chainulf von Meaux in der ersten Hälfte des VII. Jhdts.38 als Vorsitzende des mallus in Erscheinung, der jeweils

11 Cf. Prosopographie Nr. CLXXIX. 84 Cf. Prosopographie Nr. CCXV. " Cf. Prosopographie Nr. CCXLVII. * Cf. Prosopographie Nr. CCLXII. 87 Cf. Prosopographie Nr. CCLXIV. 18 Cf. Prosopographie Nr. CCXVIII. » Cf. Prosopographie Nr. XXV. 80 Cf. Prosopographie Nr. CLXXXIII. 81 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIV. 88 Cf. Prosopographie Nr. LXXXI. 88 Cf. Prosopographie Nr. CIX. 84 Cf. Prosopographie Nr. XXX. 85 Cf. Prosopographien Nr. I. und CLXIX. 88 Cf. Prosopographien Nr. IIL, XV., CXXV. und CXLVIII. 87 Cf. Prosopographien Nr. IV., VI., XLVII. und CCCXII. 88 Cf. Prosopographie Nr. C.

23 an verschiedenen Orten des Amtsbereiches tagte. Weitere comites pagi sind 641 für das austrasisdie Saintois39 und 692 für den Ardenner-Gau40 bezeugt. Ähnlich wie bei den Dukaten kann auch bei den Comitaten mit keiner durchgehenden Organisation gerechnet werden. Am Ende des VII. Jhdts. scheint der comes aus manchen Gebieten des Frankenreiches ganz zu ver• schwinden, so vor allem in Burgund, in Aquitanien, aber auch in Auster. Die frühen Karolinger greifen dann erneut auf comites zurück, deren Stellung am Beginn des VIII. Jhdts. aber aus den Quellen nicht geklärt werden kann. Untersucht man die Belege zum merowingischen grafio, fällt sofort deren regionale Bindung an Neuster auf, wo sie im Norden in Thörou- anne41, im Kerngebiet um Vermand (St.-Quentin)42, sowie in Chambly/ Oise43 anzutreffen sind. Auch die übrigen Nachrichten verweisen auf Neuster. Eine genauere Zuordnung ist für insgesamt zwölf grafiones nicht möglich. Der 715 bezeugte grafio Silvester, der als Zeuge in einer Donatio des Reimser Abtes Ado genannt wird,44 kann dem neustrischen Grenzgebiet zugewiesen werden. Das Amt des grafio ist aus den wenigen zur Verfügung stehenden Quellen kaum zu erhellen. Die neustrischen grafiones treten zumeist als Beisitzer in königlichen Gerichtsurkunden auf. Ein vereinzelter Beleg läßt vermuten, daß der grafio um 640 ähnlich wie der domesticus mit der Aufsicht über Fiskalgut befaßt war45. Der Zeitraum, in dem grafio• nes bezeugt werden, umfaßt das VII. Jhdt. — sieht man einmal von dem Beleg von 715 ab. Zwischen dem comes und dem grafio bestand bis in das letzte Drittel des VII. Jhdts. ein Rangunterschied. In den Listen der Beisitzer mero- wingischer Placita, denen eine Rangordnung nicht abzusprechen ist, wird der grafio jeweils nach dem comes genannt. Am Ende des VII. Jhdts. er• scheint der grafio dem comes gleichgestellt. Die Verschmelzung der beiden Ämter ist bereits im letzten Drittel des VII. Jhdts. in einer Nachricht der überarbeiteten Vita des Bischofs Eligius von Noyon angedeutet, deren Verfasser beide Amtsbezeichnungen synonym gebraucht46. In der Ämterhierarchie des Merowingerreiches erweisen sich duces und comites als die eigentlich tragenden Schichten der staatlichen Ordnung

89 Cf. Prosopographie Nr. XII. 40 Cf. Prosopographie Nr. CXIII. 41 Cf. Prosopographie Nr. CXXXVIII. 41 Cf. Prosopographie Nr. CLXXXIII. 48 Cf. Prosopographie Nr. CLL 44 Cf. Prosopographie Nr. CCLXXXIII. 45 Cf. Prosopographie Nr. CLL 48 Cf. Prosopographie Nr. CLXXXIII.

24 des VII. Jhdts. In den zeitgenössischen Quellen sind die mit beiden Äm• tern verbundenen Aufgaben jedoch kaum voneinander zu unterscheiden. In den Auseinandersetzungen, die durch Feldzüge entschieden wurden, ist der beiden Ämtern gemeinsame militärische Auftrag unverkennbar und in der Forschung längst bekannt. Die staatliche Ordnung des VII. Jhdts. bestimmt sich aber auch durch die Friedenswahrung. So erscheint der dux Herpo als Vertrauensmann Chlothars II. bei der Wiederher• stellung des inneren Friedens seines Dukats, des Ultraiuranus, bemüht47. Als Vollstreckungsorgane der Rechtsprechung treten die duces Boso Landegisel48 im neustrischen Amiens nach 614 und Chrodebert49 im austrasisdien Hasbanien 732 in Erscheinung. Ihnen werden bedeutende Gegner der Zentralgewalt zur Internierung in die Hand gegeben. Außer den Aufgaben der Exekutive sind andere rechtliche Merkmale des Dux- Amtes für das VII. und frühe VIII. Jhdt. auf prosopographischem Weg nicht zu ermitteln. In der Gerichtsverfassung des Merowingerreiches nahm der comes anscheinend die bedeutendere Funktion ein. Der comes war Vorsitzender des mallus, öffentlicher Richter50, und er war Exekutivorgan51; seine richterliche Zuständigkeit ist allenthalben gut belegt. Sie war ein wich• tiger Bestandteil der umfassenden Tätigkeit des comes. Seine vielfältigen Aufgaben waren nicht ohne Helfer durchzuführen. In dem von der Prosopographie behandelten Zeitraum ist nur verein• zelt ein vicarius als Unterbeamter des comes zu erschließen52. Der im pagus Laon amtierende Berteland erscheint als Vertreter des comes in den Angelegenheiten der inneren Verwaltung, insbesondere der Auf• sicht über das im pagus gelegene Fiskalgut. Es bleibt fraglich, ob der vicarius vom comes ernannt wurde, der anscheinend die Oberaufsicht über das Fiskalgut hatte. Andere Belege führen neben der Verwaltung von Fiskalgut53 noch die Kompetenz des comes über Gebietsfragen innerhalb seines Amtsberei• ches54 sowie für Zölle55 auf. Dem dux waren vielleicht die in seinem Amtsgebiet eingesetzten do- manialen Amtsträger, die domestici, zugeordnet56. Die Verwaltungsauf-

47 Cf. Prosopographie Nr. CLXVIII. 48 Cf. Prosopographie Nr. XCI. 49 Cf. Prosopographie Nr. CXXIX. 60 Cf. Prosopographien Nr. IV., VI., C, CXLV. und CCCXII. 51 Cf. Prosopographie Nr. XXV. « Cf. Prosopographie Nr. LXXIII. 58 Cf. Prosopographien Nr. CXIIL, CXXV. und CCLXII. 54 Cf. Prosopographien Nr. LXII. und CLXXXI. 65 Cf. Prosopographie Nr. CCXLIII. 66 Cf. Prosopographien Nr. CXCIX. und CCCV.

25 gaben des dux werden deutlich an dessen Verhältnis zu den in seinem Amtsbereich liegenden Domanialgütern. Die Quellen lassen erkennen, daß der dux wie der comes die Oberaufsicht über Fiskalgüter wahr• nahm57. Die eingangs erwähnte inhaltliche Entsprechung beider Ämter läßt beide Gewalten als miteinander konkurrierend erscheinen. Die Stel• lung des dux ist aber vom comes letztlich dadurch zu unterscheiden, daß dem dux das größere Amtsgebiet unterstand. In einigen Fällen war der dux wahrscheinlich Vorgesetzter des comes58. Duces haben ferner über bewaffnetes Gefolge verfügt59, was sich für comites nicht nachweisen läßt. Insgesamt bot das Amt des dux die größeren Möglichkeiten einer politischen Einflußnahme. So begegnen die duces Adalgisel60 und Wul- foald61 in der Rolle von Regenten für das austrasische Unterkönigtum. Wulfoald war zudem vom dux in Auster zum maiordomus des unter Childerich II. vereinigten regnum aufgestiegen. Der Aufstieg zum Amt des dux konnte — wie schon für das VI. Jhdt. bezeugt ist — in Zeiten einer starken Zentralgewalt über den Königsdienst erfolgen. Im ersten Drittel des VII. Jhdts. ist ein solcher Aufstieg für comites und comites stabuli bezeugt62. Auch konnten domestici zu comites ernannt werden63. Die Nachrichten von solchen Ernennungen sind, vergleicht man sie mit dem VI. Jhdt., jedoch seltener. Das Amt des dux erweist sich aber noch im VII. Jhdt. als eine Art sozialer Katalysator. Der mit dem Amt ver• bundene Aufstieg war ohne die Nähe seines Trägers zum Königtum nicht denkbar64.

57 Cf. Prosopographien Nr. VIII., LXXXVIII. und CCCV. 68 Cf. Prosopographien Nr. XV., LI., CXIII. und CXXV. M Cf. Prosopographie Nr. XVIII. 60 Cf. Prosopographie Nr. V. •* Cf. Prosopographie Nr. CCCXIII. w Cf. Prosopographien Nr. LXIL, CLXVIII. und CCLXXI. M Cf. Prosopographien Nr. LI. und CXLVIII. M Cf. Prosopographien Nr. LXXXIX., CCX., CCLXV., CCLXXI., CCLXXVIL, CCCVIII. und CCCXIII.

26 PROSOPOGRAPHIE DER AMTSTRÄGER

I. ABBELENUS Comes des pagus Ultraiuranus

"Cum citeris de ipso pago comitebus"1 zieht Abbelen 609/10 zusam• men mit seinem Amtskollegen Herpin gegen die von Norden in den Ultraiuranus einbrechenden Alemannen. Das Aufgebot dieses pagus, dem Abbelen angehört, erleidet bei Wangen eine empfindliche Niederlage. Die Alemannen brandschatzen daraufhin das Gebiet um Avenches. Der im pagus Ultraiuranus neben anderen comites eingesetzte Amtsträger ist wahrscheinlich ein einheimischer Großer2.

1 J. M. WALLACE-HADRILL, Fredegar, p. 29 (= Fred. IV, cap. 37). Auf diese Ausgabe sei hier ein für allemal verwiesen. Des besseren Zugangs wegen wird jedoch nach der Ausgabe B. KRUSCHS in den MGH. zitiert. WALLACE-HADRILL folgt der Edition KRUSCHS weitgehend, die er als "susceptible of correction but never of replacement" (p. LXIII) charakterisiert. Das Zitat findet sich in den MGH. SSRM. II, p. 138. * Pseudo-Fredegar gibt die Volkszugehörigkeit nicht an. Der Personenname weist je• doch auf burgundisches "abba* (= "Mann") und ist mit Hilfe eines Deminutivsuffixes gebildet; cf. dazu E. GAMILLSCHEG, Romania germanica, III, p. 95. Berücksichtigt man dazu die nicht unbedeutende Rolle, die Abbelens Amtskollege Herpin im Kreis der alt- burgundischen Opposition gegen Chlothar II. gespielt hat (cf. Prosopographie Nr. CLXIX), so gewinnt eine burgundische Deszendenz Abbelens an Wahrscheinlichkeit.

IL ABUNDANCIUS Dux (in Toulouse)

Zum Jahr 631 berichtet Pseudo-Fredegar über eine groß angelegte militärische Hilfsaktion Dagoberts I. für den westgotischen Prätendenten Sisenand, der die Opposition westgotischer Großer gegen König Sintela anführt1. An der Spitze des Frankenheeres "de totum regnum Burgun- diae" wird neben Venerandus auch Abundancius — wenngleich ohne Amts• bezeichnung — genannt. Beide Großen dringen mit dem Kontingent von Toulouse bis Zaragoza vor, greifen aber nicht mehr entsdieidend in die westgotische Auseinandersetzung ein, da Sisenand in Zaragoza zum Kö• nig erhoben wird. Von diesem beschenkt zieht Abundancius in das Fran• kenreich zurück. In diesem Zusammenhang verzeichnet Pseudo-Fredegar beide Großen erneut als Führer des exercitus Tolosanus — wiederum ohne das Amt ausdrücklich zu erwähnen. Nach Ausweis des Chronisten tritt die militärische Funktion beider Großer besonders hervor. Anschei-

27 nend handelt es sich um duces, deren Amtssprengel im Gebiet südlich der Loire zu suchen sind. Amtssitz des Abundancius ist wohl Toulouse, das diesem dux vor Barontus2 unterstellt war, während Venerandus zur gleichen Zeit wahrscheinlich in Bordeaux residiert hat. Cl. Perroud schließt nicht aus, daß der von Abundancius mitbefehligte exercitus To- losanus möglidberweise mit dem Kontingent des gesamten, kurz zuvor durch Dagobert I. eingezogenen regnum Chariberts identisch war3. Dem Namen nach ist Abundancius wie sein Amtskollege Romane, d. h. wohl ein einheimischer aquitanischer Großer. Der Verfasser der erst karolingischen Gesta Dagoberti4 ergänzt die von ihm ausgeschriebenen Nachrichten Pseudo-Fredegars durch die An• gabe des Dux-Amtes für Abundancius5.

1 MGH. SSRM. II, p. 158 (=Fred. IV, cap. 73). 2 Cf. Prosopographie Nr. LXIII. 8 Cl. PERROUD, Dudie* d'Aquitaine, p. 44/45. Cf. dazu aber p. 230; PERROUD rechnet hier beide Heerführer unter die comites, über deren Amtsbereich nichts ausgesagt wird. 4 Die Gesta sind im IX. Jhdt. verfaßt worden, cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutsch• lands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 113. 5 MGH. SSRM. II, p. 411 (= Gesta Dagoberti, cap. 29).

III. ADALBERTUS Comes im Elsaß. Dux des Elsaß

Nach dem Zeugnis der freilich späten Vita der Odilia ist Adalbert der Sohn des Etichonen Chadalricus-Eticho und der "ex nobilissimis proge- nitoribus orta" Berhtsuind1. Nach der Vita stammt die Mutter der Odilia von der Familie Leudegars von Autun ab. Diese Verbindung wird zumindest in der ausgeprägten Verehrung Leudegars im Kreis der Etichonen deutlich2. In keiner Urkunde wird Adalbert ausdrücklich Sohn Adalricus-Etichos genannt. Ein solches verwandtschaftliches Verhältnis legt nun aber die Nachfolge im Amt als dux des Elsaß, wo sich Adalricus nach 675 bereits eine deutliche Machtposition geschaffen hatte, wie der Personenname nahe, der im Bestimmungswort den Namen des Vaters, im Grundwort den der Mutter deutlich anklingen läßt, was sicher nicht auf einem Zufall beruht. Nach 683 Feb 9, der letzten urkundlichen Erwähnung des Vaters als dux, wird Adalbert die Nachfolge im Amt angetreten haben. Das Diplom Theuderichs III. zugunsten des Elsaß-Klosters Novientum ( = aEbersheim,>) wird an Vater und Sohn zugleich adressiert8; der Letzt• genannte führt die Amtsbezeichnung comes. Dem Elsaß-Dux steht ein einzelner comes seit dem Auftreten der Etichonen in diesem Gebiet zur

28 Seite. In der Frühzeit des etichonischen Hauses wird ein solches Amt zu• nächst von den comites Rodebert und Erich wahrgenommen, als deren Amtsbereich sich das Oberelsaß anbietet. Beide comites sind sicher nicht den Etichonen zuzurechnen. Den Comitat des Elsaß haben spätestens mit Adalbert bis in die Generation der Enkel Adalricus-Etichos die Eticho• nen selbst inne. Für Adalbert scheint das Comes-Amt ein Durchgangs• stadium zum bedeutenderen Dux-Amt gewesen zu sein. Als dux wird Adalbert dann 722 Juni in einer Donatio zugunsten der Etichonen- Gründung Hohenaugia (= "Honau") belegt4. Es ist zugleich die letzte Erwähnung Adalberts, der noch vor 723 Dez gestorben sein muß, da bereits seine Söhne Liutfrid und Ebrohard dem Kloster Honau den von Vaterseite ererbten Besitz schenken5. Liutfrid und Ebrohard sind ur• kundlich als Söhne Adalberts gesichert. Dessen Frau Ingina ist offen• sichtlich selbst im Ducat ihres Mannes beheimatet gewesen, da ihr Sohn Liutfrid 737 einen Weiler im Elsaß aus ihrem Besitz weiterveräußert6.

1 MGH. SSRM. VI, p. 38 u. 47. Nur in dieser Vita begegnet Berhtsuind als Gattin des Etichonen. Urkundliche Zeugnisse fehlen ganz. 2 Der Enkel Adalricus-Etichos und Berhtsuinds, der comes Ebrohard, errichtet 728 in suo proprio das Kloster Murbach, das er später zu Ehren des Autuner Bischofs weihen läßt. In seinen Anfängen hatte Murbach ein Mauritius-Patrozinium. Auch dies deutet auf den burgundischen Raum. Cf. A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 112, p. 52 und Nr. 113, p. 53-57. Das Privileg des Straßburger Diözesans ist echt. 8 MGH. DM. Spuria Nr. 72, p. 189. Weder die Datierung von PERTZ (672 Feb 9) noch dessen Einordnung des Diploms unter die Spuria sind ohne Widerspruch geblieben. Schon Pard. II, Nr. 402, p. 195, hatte es für echt erklärt. Ebenso L. DUPRAZ, Le regnum Francorum, p. 272, dessen Datierung wir hier übernehmen. A. BRÜCKNER, a. a. O., p. 21, ordnet das Diplom aber als Fälschung des XII. Jhdts. ein, die er aufgrund des paläogra- phischen Befundes zu erkennen glaubt. Form und Inhalt weisen allerdings keinen Fäl• schungsverdacht auf. Auch die Schreibung des noch nicht umgelauteten Personennamens weist auf eine frühe Stufe der Überlieferung hin. 4 Pard. II, Nr. 514, p. 337. Cf. A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 100, p. 44. 5 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 103, p. 47: ". . . quantumcunque genitor noster Adel- bertus dux nobis moriens dereliquit, .. .* 8 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 126, p. 66.

IV. ADALCHARDUS Vir illuster. Comes des Saargaus

Adaichard ist Subskribent der Donatio Weroalds für das Kloster Wei• ßenburg von 700 Dez 181. Er erscheint als erster Zeuge hinter dem Do• nator der Gundoin-Familie und vor dem centenarius Chardoin, sowie zwölf weiteren Zeugen. Weroald, der Sohn des comes Audoin-Otto und Enkel des dux Gundoin, schenkt in seiner Urkunde an Weißenburg Besitz im Saargau, in Ottweiler (südostw. Saarunion), aus dem Erbe

29 seines Vaters. Adaichard ist 719 Juli 12 im Besitz der villa Biberkirch im Saargau aus dem Erbe von Weroalds Vater Audoin-Otto und dessen Bruder Ermbert. Eigentümer der genannten villa ist hingegen das Kloster Weißenburg, das die villa als Precarie an Adaichard ausgegeben hatte2. 719 verfügt Adaichard im Fall seines Ablebens den Heimfall dieser villa an das Kloster. Nach Adaichard unterschreibt wiederum der centenarius Cardoin. Aus anderem Zusammenhang3 kennen wir die Funktion dieses Centenars im Saargau. Adaichard scheint 700 und 719 als dessen Vor• gesetzter fungiert und dem mallus präsidiert zu haben4, auf dem die Donatio Weroalds und Adalchards Urkunde gerichtlich verhandelt wur• den. Für knapp zwei Jahrzehnte ist Adaichard als comes des Saargaus nachweisbar, wo er offenbar über kein Eigentum verfügt hat5. Vielleicht darf man in Siewiller, dem Ausstellungsort der Donatio Weroalds, den Amtssitz Adalchards sehen.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 243, p. 235. Villare Sone chone, der Ausstellungs• ort der Urkunde, ist bei H. OESTERLEY, Historisch-geographisches Wörterbuch, p. 643, als "unbekannt* verzeichnet. W. GLEY hingegen macht die Identifikation mit Siewiller, nordostw. Sarrebourg, wahrscheinlich, cf. Elsaß-Lothringisches Jb. 9 (1930) p. 87. Sie• willer ist dazu Orten benachbart, die nachweislich für die Ausstellung mehrerer Weißen• burger Urkunden als Tagungsorte des mallus unter dem Vorsitz namentlich bekannter Centenare des Saargaus überliefert sind: Assweiler und Durstel, zwei km nördlich Sie• willer. 2 Traditiones Wizenburgenses Nr. 268, p. 256. 8 Cf. Prosopographie Nr. CVI. 4 Cf. Titel L (De testibus adhibendis) § 1 der Lex Ribuaria II, hg. v. K. A. ECKHARDT, Hannover 1966. 5 Vielleicht darf man daraus schließen, daß Adaichard selbst nicht aus seinem Amts• bereich, dem Saargau, stammt.

V. ADALGISILUS Vir illuster. Dux in Auster

Dieser Große erscheint um 644 unter den consiliarii des jungen austra- sischen Unterkönigs Sigibert III. in der echten Gründungsurkunde für das im Westen der Trierer Diözese gelegene Kloster Casecongidunus (= rCugnon*)1. Er ist als vir illuster ausgewiesen wie der in diesem Diplom genannte Grimoald (d. Ä.)> den die Adresse des Praecepts be• reits als maiordomus belegt, ein Amt, das dieser 643 übernommen hatte2, und ein Bobo, der wohl den austrasischen duces zugehörig ist. Mit Adalgisel ist wohl jener gleichnamige Große identisch, der als dux gemeinsam mit dem Bischof Kunibert von Köln als Berater und Regent für den noch unmündigen austrasischen Unterkönig in dessen Metzer

30 Residenz fungiert, nach Pseudo-Fredegar ad gobernandum palacium et regnum3. Mit Grimoald rettet dux Adalgisel 641 dem jungen Sigibert III. das Leben während des Feldzuges gegen den aufständischen Radulf4. Während Pseudo-Fredegar Adalgisel mit der Amtsbezeichnung dux belegt, erwähnt das genannte Diplom Sigiberts III. nur das vir illuster- Prädikat, das auch auf Grimoald und Bobo Anwendung findet. Der darin enthaltene Hinweis auf eine Amtstätigkeit bestätigt sich auch für Adalgisel, der 670 Sep 6 in dem echten Diplom Childerichs II. für Stablo- Malm^dy neben Grimoald und Bobo als dux erscheint5. Das Praecept dieses Königs bezieht sich dabei auf jenes Diplom Sigiberts III., das Stablo-Malm^dy um 648 mit umfangreichem Besitz aus dem königlichen Ardennerforst ausgestattet hatte. Derselbe Personenname findet sich im Testament des Verduner Dia• kons Adalgysel qui et Grimo, das dieser 634 ausstellen läßt6. Es ist nicht auszuschließen, daß dieser Diakon mit dem gleichnamigen dux verwandt• schaftlich in Beziehung steht, wobei dem identischen Personennamen eine nicht geringe Beweislast zufällt, die jedoch gestützt wird durch die Be• sitzangaben, die das Testament des Diakons enthält. Der im Süden der Trierer Diözese beheimatete Diakon verfügt über Eigenbesitz tarn in Wabrense quam in Ardenense seu Treverense, einem Gebiet, in dessen Umkreis dux Adalgisel immer wieder begegnet. Über den freilich nur angedeuteten verwandtschaftlichen Zusammenhang mit dem gleichnami• gen Diakon hinaus weist ein namenkundliches Indiz auf eine mögliche Verwandtschaft mit den Arnulfingern selbst hin. Der Beiname des Dia• kons, Grimo, ist in dieser Zeit eindeutig arnulfingisches Namengut. Dazu paßt die schon erwähnte Angabe von Besitz in der Woevre, in der auch die Arnulfinger begütert sind. Dazu paßt aber auch die reibungslose Zu• sammenarbeit zwischen dem als Regenten eingesetzten dux Adalgisel und Grimoald.

1 MGH. DM. Nr. 21, p. 22. Neu ediert von HALKIN-ROLAND, Recueil des diartes de Pabbaye de Stavelot-Malm^dy, Nr. 1, p. 1-4. « MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 88). * MGH. SSRM. II, p. 159 (= Fred. IV, cap. 75). 4 MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 88). 5 MGH. DM. Nr. 29, p. 28. Den Adregisel dieses Praecepts wird man ohne weiteres mit Adalgisel identifizieren dürfen, zumal dieser in dem schon bekannten Umkreis Gri- moalds und Bobos erscheint und das Praecept Childerichs II. deutlich Bezug nimmt auf jenes Diplom Sigiberts III., der um 648 (= MGH. DM. Nr. 22, p. 22) pro consensu der genannten Großen das nämliche Kloster ausgestattet hatte. • W. LEVISON, Frühzeit, p. 124-136.

31 VI. ADALRAMNUS Comes des Saargaus

714 Juli 21 subskribiert dieser comes die im saargauischen Ungstein ausgestellte Donatio Nordolfs für das Kloster Weißenburg, dem dieser Große die von seinem Vater Gariulf ererbten Besitzrechte an der Mar• tinskirche in dem im Saargau gelegenen Ottweiler tradiert1. Adalram hat anscheinend dem mallus präsidiert, auf dem die Donatio gerichtlich verhandelt worden ist2. Vielleicht ist der Ausstellungsort der Urkunde zugleich Sitz dieses comes. Als centenarius des Saargaus ist in der nämlichen Zeit Chardoin3 nachzuweisen, der diejenigen Schenkungen an das Kloster Weißenburg testiert, die innerhalb seines Amtsbereiches liegen. Die Erwähnung von comes und centenarius deutet auf den Einfluß der Lex Ribuaria hin. Die Frage der tatsächlichen Geltung dieser Lex im austrasisdien Süden kann indes nur mit einem non liquet beantwortet werden.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 41, p. 44. Der nach Nordolf, dem Schenker, und noch vor dem comes Adalram als Zeuge subskribierende Rantolf ist vermutlich ein Ver• wandter des Donators, da sowohl dessen Vater Gariulf wie Rantolf selbst dasselbe Grundwort in dem jeweils zweigliedrigen germanischen Personennamen aufweisen. 2 Lex Ribuaria II, hg. v. K. A. ECKHARDT, Hannover 1966, Titel L (de testibus adhi- bendis) § 1, sowie LIX (de venditionibus) § 1 und 2. 8 Cf. Prosopographie Nr. CVI. Cf. vor allem das zum Einfluß der Lex Ribuaria Ge• sagte.

VII. ADALRICUS Dux des pagus Attoariensis (Dijon)

Dem Nachweis der erst späten Chronik des burgundischen Klosters B£ze zufolge1 ist Adalrich als Nachfolger seines Vaters Amalgar Atto- arierdux von 642 bis 663/64 gewesen2. 658, fünfzehn Jahre vor der er• sten sicheren urkundlichen Erwähnung des Elsaß-Dux Adalricus (-Eti- cho), verzeichnet die Chronik von B&ze bereits einen der Söhne des Amal• gar mit diesem Namen. Anhand der Donatio Adalsinds, einer Schwester des Adalricus, die ihr Kloster Dornatiacum (= aSt. Martin de Brigille", ostwärts Besan9on) aufgrund widriger Zeitereignisse verlassen muß und dessen Besitzungen dem zweiten von ihrer Familie gegründeten Kloster, Föns Besuae (= "B&ze") im pagus Attoariensis, überträgt, läßt sich deren Familie wie folgt aufzeigen: Aus der Ehe Amalgars und der Aquilina3

32 entstammen die Kinder Adalsind, Waldelen — dieser ist als Abt in B&ze nachweisbar — und der schon erwähnte Adalrich. Neben Amalgar wird ein Amoloaldus genannt, der wohl ein Verwandter der Familie ist4. Den Umfang des Besitzes dieser Familie hat L. Dupraz nachgewiesen5. Er hat wahrscheinlich gemacht, daß Adalrich nach dem Tod seines Vaters vermutlich selbst Urheber der gewaltsamen Besitzverschiebungen bei B£ze gewesen ist6, um den Umfang der elterlichen Schenkung wieder ein• zuschränken. Nachdem Adalsind den Besitz des Klosters Dornatiacum an Beze übertragen hatte, muß dessen Besitzstand etwa dem der Amal• gar-Familie entsprochen haben. Zwischen 658, dem Zeitpunkt der Do• natio Adalsinds an B£ze, und 663/64, einer Zeit, in der noch Sichelm als Attoarierdux bezeugt ist7, erfahren wir nichts über Adalrich. Als dux dieses pagus verschwindet Adalrich spätestens 663 aus der Geschichte des regnum Burgund. Daß der Sohn Amalgars und Aquilinas nach 663 überhaupt noch gelebt hat, ist recht unwahrscheinlich.

1 Das Chronicon Besuense wurde 1119 verfaßt von dem Bezer Mönch Iohannes. Cf. WATTENBACH-HOLTZMANN, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Teil 2, Neuausgabe von H. J. SCHMALE, p. 794. 2 Cf. dazu vor allem L. DUPRAZ, Le premier duch^ de Bourgogne, M&anges P. E. Martin, p. 30 Anm. 7. 8 Pard. II, Nr. 328, p. 105, gibt die Donatio der Adalsind auszugsweise aus dem Chronicon Besuense wieder. Die Donatio ist wohl echt, weist aber sicher einige Inter• polationen auf. 4 Darauf deutet einmal der Personenname mit dem burgundischen Bestimmungs• wort amal-, das ja auch im Namen von Adalsinds Vater enthalten ist. Das Grundwort wald- ist auch sonst in dieser burgundischen Familie nachweisbar. Die aufgrund namen• kundlicher Kriterien vermutete Verwandtschaft Amoloalds mit der Amalgar-Familie findet eine Bestätigung durch eine Besitzangabe der Donatio, derzufolge Amoloald die eine Hälfte einer villa besitzt, deren andere Hälfte Amalgar aus Eigengut an seine Gründung Beze schenkt. 5 L. DUPRAZ, a. a. O., p. 26/27. • Ders., a. a. O., p. 29. 7 Pard. II, Nr. 348, p. 131. Cf. dazu im übrigen Prosopographie Nr. CCLXXVIII.

VIII. ADALRICUS (-Eticho) Dux des pagus Attoariensis (Dijon) Dux des Elsaß (um 673 — nach 683)

675 März 4 wird ein echtes Praecept Childerichs II. für das Elsaß• kloster Conflentis (= "Münster im Gregoriental") an den dux Chadich sowie den comes Rodebert adressiert1. Beiden Amtsträgern wird darin die Vergabung von Dienstleistungen der Leute auf Fiskalland im ober- elsässischen Munzenheim (ostwärts Colmar), das dem Fiskalkomplex

33 Colmar zuzurechnen ist, und Ohnenheim (südostwärts Schlettstadt) an den Abt des genannten Klosters mitgeteilt. Der hier belegte Chadich wird in anderen zeitgenössischen Quellen als Adalricus bezeichnet, des• sen Kurzform namenkundlich gesehen Chadich ist2. Der 675 als Elsaß- Dux zum erstenmal nachgewiesene Adalrich ist Nachfolger des zweiten bekannten dux dieses Gebietes, Bonifatius, der vor 670 gestorben war3. Seit F. Vollmers Darstellung über die Etichonen4 ist die Personenfor• schung einen entscheidenden Schritt durch L. Dupraz weitergekommen5. L. Dupraz hat das Chronicon Besuense zur Klärung der Etichonen-Her- kunft herangezogen. Diese 1119 verfaßte Chronik ist wegen der starken, allenthalben nachweisbaren Benutzung der alten Urkundenbestände die• ses Klosters für die Erörterung der Herkunftsfrage sehr bedeutsam. L. Dupraz hat nun wahrscheinlich gemacht, daß 675 wohl der gleich• namige Sohn jenes Adalricus in die Geschichte eintritt, der bis 663 als dux des pagus Attoariensis bezeugt ist und der seine neustroburgundi- schen Besitzungen wegen seiner feindlichen Haltung gegenüber Chlot- har III. verloren hatte6. 664, nachdem Sichelm als "Interimsdux" im Attoariense belegt ist, scheint der Sohn jenes Adalricus wieder im Amt des Vaters als Attoarierdux bestätigt worden zu sein. 676 Sep 4 wird dieser Adalrich von Theuderich III. wegen infidelitas seines burgundi- sdien Besitzes enthoben7. Als entscheidender Grund dieser infidelitas wird Adalrichs Verbindung zu den Austrasiern genannt8. Der Besitz Adalrichs wird dem Kloster B&ze zugeschlagen, einer Gründung seiner Familie. Vor 675, wahrscheinlich schon 673, muß Adalrich daher bereits von dem austrasischen König Childerich IL als dux des Elsaß und damit als Nach• folger des Bonifatius eingesetzt worden sein. Nach der Ermordung Chil- derichs II. und der Flucht Wulfoalds nach Auster, 675, nimmt Adalrich auf der Seite Ebroins, also der Gegner Wulfoalds, an einem Zug gegen den burgundischen Clan um den Bischof Leudegar von Autun teil — auch mit dem Ziel, dabei den Patriciat der Provence zu erlangen9. Dieses Vorhaben scheitert allerdings an Genesius, dem Bischof von Lyon. Als dux des Elsaß versucht Adalrich seine Herrschaft auch in den Süden in Richtung auf den Sornegau mit Hilfe alemannischer Kontingente aus• zudehnen10. Beide Bewegungsrichtungen zeigen, wie Adalrich ständig bemüht ist, die vorhandene Machtposition weiter auszubauen. Daß ihm dies auch gelingt, zeigt sich letztlich darin, daß das Dux-Amt den Eti• chonen bis zum Aufkommen Pippins (d. J.) vorbehalten bleibt. In die Gegnerschaft zu den Pippiniden ist Adalrich von vornherein einbezogen, wenn man berücksichtigt, daß er um 673 zu einem Zeitpunkt als Elsaß- Dux eingesetzt wird, in dem der Austrasier Wulfoald als maiordomus des unter Childerich IL vereinigten regnum die Regierungsgeschäfte wahrnimmt. Der aus dem Gebiet von Verdun stammende Wulfoald ist

34 über die Gundoine eng mit den Weißenburger Gründersippen verbunden, die wie Gundoin und Otto zu den Gegnern der Pippiniden zählen11. Die Etichonen wiederum sind über die Wulfoalde in diesen Kreis auch ver• wandtschaftlich hineingewachsen12. In Weißenburg haben die Etichonen offensichtlich nicht den Anschluß an die Pippiniden, sondern an die süd- austrasische Opposition gegen diese gefunden. Zieht man das Privileg des Straßburger Diözesans Widegern von 728 für das Kloster Murbach, eine Gründung des Etichonen-Comes Ebrohard, heran, ergibt sich ein aufschlußreicher Einblick in die Verbindung des etichonischen Herzogs• hauses mit dieser südaustrasischen Oberschicht13. Neben dem comes Wul- foald, der wohl ein Verwandter des gleichnamigen dux ist14, subskribie• ren zuletzt ein Audachrus, Nordoldus, Gundoberth, Witharius und Wig- rao. Diese gehören eindeutig in den Umkreis der Weißenburger Donato• ren. Audachrus subskribiert um 724 als der erste unter einunddreißig Zeugen das Zusatzprotokoll zur Prestarie Chrodoins für Weißenburg15. Nordold ist in drei Urkunden des Etichonen-Dux Liutfrid, einem Enkel des Adalrich, jedesmal der erste unter den Zeugen16. Eine Donatio Nor- dolds nennt dazu Besitzungen im etichonischen Amtsbereich, dem Elsaß, aus dem Erbe von Nordolds Vater Hugibert17. Witharius ist noch enger mit dem etichonischen Haus verbunden. Aus dessen Besitz hat Withar den Nießbrauch einer im Elsaß gelegenen villa18. Wigrao ist wohl iden• tisch mit dem im Zusatzprotokoll zur Prestarie des Chrodoin verzeich• neten Zeugen Wicrat19. Gundoberth ist schließlich als cancellarius in einigen Weißenburger Traditionen nachweisbar, in denen er als Schrei• ber vor allem für die mit Weißenburg eng verbundenen Familien der Chrodoine und Gundoine auftritt20. Die Weißenburger Urkunden zeigen so ein Geflecht von Beziehungen, in denen die Etichonen eine eigene Rolle spielen, die im Zusammenhang mit der südaustrasischen Opposition ge• gen die Pippiniden gesehen werden muß. Stimmt man der These von L. Dupraz zu, der die Identität des zweiten Attoarierdux, der den Namen Adalrich trägt, mit dem gleichnamigen Elsaßdux bestätigt sieht, dann ist der dritte bezeugte dux des Elsaß "de la race franque des Amalgaires"21, und die Herkunft der Etichonen aus dem burgundischen Raum ist damit geklärt. Sie wird durch ein weiteres Zeugnis gestützt, auf das E. Ewig unlängst erneut aufmerksam gemacht hat, das als Heimat der Etichonen den Raum um Dijon bezeichnet22. Damit ist aber auch dann die Nachricht der späten Vita der Odilia, einer Tochter Adalrichs, glaubwürdig, die von ihrem Vater berichtet, er sei aex nobilissimis parentibus generis originem sortiens, Galliensium terri- torio oriundus"2*. Dieselbe Vita nennt als Frau Adalrichs Berhtsuind, eine Verwandte Leudegars von Autun24. Als Bruder Odilias begegnet Adalbert, der 683 Feb 9 neben seinem Vater Attico in der Adresse eines

35 Praecepts Theuderichs III. für das Kloster Novientum (= "Ebersmün- ster") als comes auftaucht25. Nach 683 wird Adalrich-Attico nicht mehr erwähnt.

1 MGH. DM. Nr. 30, p. 29. Die Lautung dieses frühen Belegs zeigt noch keinen Um• laut (a>e) und ein noch unverschobenes inlautendes -d-: Chadicus. Cf. dazu BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 52, p. 19. Das genannte Praecept ist in einer frühen Abschrift des VIII. Jhdts. erhalten. Der Stamm Chad- zeigt ferner die unetymologische h-Prothese. 2 Chad- stellt sich als die namenrhythmisch verkürzte Form des hochtonigen Stammes *athal-dar. Die mit einem k-Suffix gebildete Kurzform trägt kosenden Charakter. Die Graphie überliefert zugleich die älteste Schreibweise des Personennamens. Erst die spä• tere Überlieferung zeigt Etich, so in der aus dem IX. oder X. Jhdt. stammenden Vita der Odilia (zur Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 136 Anm. 330). 8 MGH. DM. Nr. 28, p. 27. Das Diplom ist vor 670 Sep 6 ausgestellt worden. Boni- fatius begegnet hier zum letzten Mal urkundlich als Intervenient für St. Maria und St. Stefan in Speyer. Cf. Prosopographie Nr. LXXXVIII. 4 F. VOLLMER, Etichonen (=Studien und Vorarbeiten, hg. v. G. TELLENBACH), p. 137-84, hier vor allem pp. 141—47 (Anfänge der Etichonen). 5 L. DUPRAZ, Le premier dudie* de Bourgogne, M&anges P. E. MARTIN, p. 30. • L. DUPRAZ, a. a. O. 7 MGH. DM. Nr. 46, p. 43. Cf. dazu L. DUPRAZ, a. a. O., p. 31 und 33/4. 8 MGH. DM. Nr. 46, p. 43: "... qualiter Adalricus dux Deo sibi contrario nobis infidelis apparuit et se Austrasiis consociavit,..." 9 MGH. SSRM. V, p. 307 (= Passio I Leudegarii, cap. 26). 10 MGH. SSRM. V, p. 37 (= Vita Germani, cap. 10). Germanus, der Abt von Gran- felden, kommt bei den Kämpfen Etichos gegen die Leute des Sornegaus um, als er ver• mittelnd eingreifen will. Die phalangas Alemannorum gentis iniquae hebt der Schreiber der zeitgenössischen Vita ausdrücklich hervor. 11 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIV und Nr. CCCXIII. 12 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIV. Die Etichonin Adalsind ist mit dem Gründer von St.-Mihiel, dem austrasischen comes Wulfoald, verheiratet. 18 A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 113, p. 53. 14 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIV. 15 Traditiones Wizenburgenses Nr. 196, p. 186. 18 Traditiones Wizenburgenses Nr. 13 von 733 Dez 22, Nr. 10 von 739 März 16 und Nr. 11 mit demselben Ausstellungsdatum. 17 Traditiones Wizenburgenses Nr. 17 resp. 159. Der Hugibert-Sohn Nordold ist nicht identisch mit dem gleichnamigen Vater Ercamberts, dem Zeugen der Schenkungsurkunde des comes Wulfuald für St.-Mihiel. Ercamberts Vater ist 715 bereits verstorben (cf. Tra• ditiones Wizenburgenses Nr. 255, p. 254). 18 Traditiones Wizenburgenses Nr. 9, p. 17. 19 Traditiones Wizenburgenses Nr. 196, p. 186. 20 Traditiones Wizenburgenses Nr. 218, p. 209 von 715 Jan 1. u. Nr. 224, p. 215 von 718 Feb 13. 21 L. DUPRAZ, a. a. O., p. 34. 22 MGH. SSRM. IV, p. 153 (= Versus de Bobuleno abbati I): "Atticorum ex genere oriundus nobili Bobulenus monachorum praefuit coenubii." Cf. dazu E. EWIG, FMSt. 2 (1968) p. 70 Anm. 23. 28 A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 71, p. 29. 24 MGH. SSRM. VI., p. 29 und 38.

36 » MGH. DM. Spuria Nr. 72, p. 189. Weder die Datierung bei PERTZ (672 Feb 9) noch dessen Einordnung des Diploms unter die Spuria sind unwidersprochen geblieben. Pard. II, Nr. 402, p. 195 erklärt das Diplom für echt. Ebenso L. DUPRAZ, Le regnum Fran- corum, p. 272, dessen Datierung wir hier folgen. H. BÜTTNER, Geschichte des Elsaß, Bd. I, p. 72, stellt das Diplom trotz der ungünstigen Quellenlage für Ebersmünster nicht in Frage.

IX. ADALRICUS Vir illuster. Comes (in Neuster)

Dieser Amtsträger begegnet 693 Feb 28 unter den Beisitzern eines in Valenciennes anläßlich des Märzfeldes tagenden Königsgerichts, dessen Urkunde im Original erhalten ist1. In der Reihe der zweiundfünfzig Beisitzer wird Adalrich an sechster Stelle einer Gruppe von neun comi• tes genannt, nach den Bischöfen und den optimates, aber noch vor den grafiones, den referendarii, den domestici, den seniscalci sowie dem co• mes palatii. In einer ähnlichen Zusammensetzung der Beisitzer erscheint Adalrich dann 697 März 14 erneut in einer Gruppe von comites an zweiter Stelle nach den Bischöfen, den optimates und vor den domestici, den seniscalci sowie dem comes palatii2 einer im Original erhaltenen Gerichtsurkunde Childeberts III., der in Compi&gne zugunsten des Klosters Tussonval entscheidet. Die genannten Ausstellungsorte und der enge zeitliche Zu• sammenhang machen wahrscheinlich, daß Adalrich ein in Neustrien ein• gesetzter Amtsträger ist; über seinen Amtsbereich kann aber nichts gesagt werden, zumal beide Gerichtsurkunden im Anschluß an das Märzfeld ausgestellt worden sind8.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 8 Für eine solche Identität spricht auch, daß neben Adalrich in beiden Gerichtsurkun• den der comes Ionathan auftaucht, dessen Name auch nur in diesen Diplomen verzeich• net ist.

X. ADREBERCTHUS Vir illuster. Comes

Dieser Große nimmt 693 Feb 28 aus Anlaß des Märzfeldes an einem Placitum Chlodwigs III. in Valenciennes teil, dessen Diplom im Original erhalten ist1. Adrebercth erscheint in der Gruppe der comites an fünfter Stelle, nach den Bischöfen, den Optimaten und vor den grafiones, den domestici) den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii. Über

37 den Amtsbereich Adrebercths kann nichts gesagt werden. Sein Name, ein westfränkischer zweigliedriger Personenname mit auffälliger r-Meta- these2, ist nur in diesem Diplom bezeugt.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (- LS. Nr. 23). 2 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I., p. 183.

XL ADROWALDUS Vir illuster (pagus Therouanne) 648 Sep 13 läßt dieser Große in Aix-en Issart für das neuzuerbauende Kloster Sitdiu, das nachmalige St.-Omer, eine große Schenkungsurkunde ausstellen, die ausschließlich Besitzungen im pagus Therouanne aus dem Erbgut des Adrowald umfaßt1. Als Kernstück dieser Schenkung erscheint die villa Sitdiu, der elf kleinere villae umfangreicher Pertinenz zugeord• net werden. Während Inscriptio und Dispositio der Urkunde nur den Personennamen belegen, der den zweigliedrigen germanischen zuzuord• nen ist und als Indiz für Adrowalds fränkische sc. neustrische Herkunft herangezogen werden kann, verzeichnet das EschatokoU zusätzlidi das vir *7/#ster-Prädikat. Der Zusammenhang deutet darauf hin, daß der Urkundenschreiber damit vielleicht weniger den Amtsträger bezeichnet als wohl eine Umschreibung für die Machtfülle Adrowalds gegeben hat. Diese Machtfülle, die im übrigen auch durch die signa zahlreicher neu- strischer Amtsträger (grafio und sacebarones) im EschatokoU repräsen• tiert erscheint, belegt denn auch die karolingische Vita jenes Bischofs, dem die Schenkung Adrowalds gilt, Audomar2. Der Vitenschreiber schildert Adrowald als "vir potens . . in diviciis huius seculi variis valde dives"s, der mit seiner Familie von Audomar getauft worden sei. Die Vita nennt kein Amt.

1 Pard. II, Nr. 312, p. 87. Der ältere, dem Chartular des Folquin entnommene Ab• druck dieser Tradition findet sich bei M. GU£RARD, Cartulaire de Tabbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/9. Neu ediert in den DB. Nr. 1, p. 7. 2 Die Vita datiert in die erste Hälfte des IX. Jhdts., cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 137. 8 MGH. SSRM. V, p. 759 (= Vita Audomari, cap. 10).

XII. A E G A Neustrischer maiordomus (639? — 641) Dieser Große begegnet wohl schon 616 März 27 in dem Testament des Bischofs Berthram von Le Mans, dem Aega die käuflich erworbene colonica Satovera ( = "Souvre", Allonnes) in der Nähe der Stadt über-

38 eignet hatte1. Eine Amtsbezeichnung nennt das Testament nicht. Die Kar• riere Aegas, auf dessen neustrische Herkunft das Berthram-Testament schließen läßt, beginnt unter Dagobert I., nachdem dieser das Gesamt- regnum übernommen hatte. Nach dem Zeugnis Pseudo-Fredegars nimmt Aega unter den neustrischen Großen einen hervorragenden Platz ein, der sich durch besondere Königsnähe auszeichnet2. Wenige Tage vor seinem Tod kommendiert Dagobert I. Aega die Königin und ihren Sohn, um einen Garanten für den Fortbestand des regnum zu haben8. Aega er• scheint nun als alleiniger Berater des erst siebenjährigen Chlodwig IL in dessen ersten drei Regierungsjahren von 639 bis 6414. Der Chronist um• schreibt die Stellung Aegas recht eindeutig als eine Regentschaft, die sich auf palatium und regnum erstreckt. Diese bedeutende Stellung, die auch darin zum Ausdruck kommt, daß in den ersten Regierungsjahren Chlod• wigs II. kein einziger Großer in den Königsdiplomen genannt wird5, verdankt Aega nach den Worten des Chronisten vor allem seiner Her• kunft aus vornehmem Geschlecht wie seiner klugen Führung der Regie• rungsgeschäfte6. Diese zeigen ihn Zeit seines Lebens als loyalen Amts• träger seines Königs. Auch Ionas, der Biograph Columbans, bezeugt den hohen Rang dieses neustrischen Großen, des "vir in saeculo sublimis*, und dessen besondere Stellung am Hof Dagoberts I. — bezeichnender• weise ohne ein Amt zu nennen. Aega wird von Ionas zu den Wider• sachern der Luxeuiler Mönchsgemeinde gerechnet7. Zum maiordomus ist Aega anscheinend erst unter Chlodwig IL aufgestiegen8. 641 stirbt Aega in der königlichen villa St.-Ouen9. Sein Nachfolger im Maiordomat wird Erchinoald. Nach Ausweis Pseudo-Fredegars ist eine Tochter Aegas mit Ermenfred verheiratet10, der aber nicht mit dem gleichnamigen neustri• schen Großen identisch ist, der 680 beseitigt.

1 Pard. I, Nr. 230, p. 202. Zur Identifizierung des Ortsnamen cf. H. LECLERCQ, DACL. X, 2 p. 1519, der das Berthram-Testament nach den Actus pontificum ediert (p. 1499-1518). 1 MGH. SSRM. II, p. 151 (= Fred. IV, cap. 62): 'Aega vero a citeris Neptrasiis consilio Dagoberti erat adsiduos" » MGH. SSRM. II, p. 161 (Fred. IV, cap. 79). 4 MGH., a. a. O. (= Fred. IV, cap. 80). Zur Chronologie cf. Chr. COURTOIS, Melanges Halphen, p. 157 ff. 5 Von dem noch unmündigen Chlodwig II. ist während der Regentschaft Aegas nur das im Original erhaltene Diplom MGH. DM. Nr. 18, p. 19 (= LS. Nr. 7) um 640 überliefert, durch das Chlodwig II. der Kirche von St.-Denis eine Schenkung seines Va• ters Dagobert I. bestätigt. Die Königsunterschrift ist nach PROU (Pr^face zu LS., p. VI) nicht eigenhändig. Erst in der Bestätigungsurkunde des Landerich-Privilegs für St.-Denis von 654 Juni 22 (MGH. DM. Nr. 19, LS. Nr. 6) werden geistliche und weltliche Große unter den Beisitzern erwähnt. Dieses darf freilich nicht überbewertet werden, da die wenigen Diplome Chlodwigs IL wohl vor allem Ausdruck der Minderjährigkeit des Königs sind. • MGH. SSRM. II, a. a. O. 7 SS. rer. Germ. p. 269 (Ionae Vitae sanctorum, II, cap. 17).

39 8 MGH. SSRM. II, a. a. O. Aega wird 640 zum erstenmal mit dieser Amtsbezeich• nung belegt. • MGH., a. a. O., p. 163 (= Fred. IV, cap. 83). 10 MGH., a. a. O.

XIII. AENOVALES Comes des Saintois

Der nur von Pseudo-Fredegar 641 bezeugte Amtsträger Sigiberts III. nimmt gemeinsam mit dem Arverner dux Bobo und dem zweiten austra- sischen dux, Adalgisel, mit dem Aufgebot des Saintois (südlich Toul) am Feldzug gegen den aufständischen Radulf teil1. Aenovales fällt in dieser Auseinandersetzung, die deutlich zeigt, daß dieser Große, der wie Bobo seinen Platz unter den fortissimi pugnatores einnimmt, im Gegensatz zu einem Kreis austrasischer Großer steht, die an diesem Feldzug Sigi• berts III. nur halbherzig teilnehmen, indem sie heimlich dem aufständi• schen Thüringer-Dux in die Hand arbeiten2.

1 MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 87): "... Aenovales comex Sogiontinsis cum pagensibus suis ..." Die einzelnen Handschriften Pseudo-Fredegars geben verschiedene Lautungen des Personennamens wieder, über des• sen Herkunft keine gesicherten Aussagen gemacht werden können: Innowales, Innowalaus, Aenovalaus und Enovalaus. * MGH., a.a.O.: uRadulfus cum aliquibus ducebus exercitus Sigyberti fiduciam ha- beritt quod super ipsum nun voluissent viribus inruerey .. .* Die von Pseudo-Fredegar vor allem hervorgehobene infidelitas der Mainzer Großen macht wahrscheinlich, daß Radulf, der sicher Austrasier ist, vielleicht selbst aus dem Gebiet von Mainz stammt.

XIV. AERICUS Vir illuster. Dux (im Gebiet der Ardennen)

Ein Praecept Chlodwigs III. von 692 Juni 25 für den Abt des Klo• sters Stablo-Malmedy verzeichnet Aericus mit dieser Amtsbezeichnung neben dem comes Charievius in der Adresse1. Chlodwig III. bestätigt dem Kloster den bereits unter Childerich II. erfolgten Tausch eines locellum aus Fiskalbesitz im Gebiet der Ardennen2. Eben jener Fiskalkomplex hat Aericus wohl unterstanden. Der nach dem dux in der Adresse er• wähnte comesy der nur in diesem Diplom genannt wird, ist anscheinend Untergebener des Aericus gewesen.

1 MGH. DM. Nr. 62, p. 55. 1 Dieses Gebiet wird an keiner Stelle der Urkunde ausdrücklich genannt. Es kann je• doch aus der Lage des Klosters erschlossen werden wie der Tatsache, daß Stablo-Mal• medy auf dem Weg des Tausches jenes locellum Maipa erhält "cum terris quas excolere videntur*, ein Fiskalbesitz also, der durch Rodung erschlossen wird.

40 XV. E R I C H U S Comes (des Oberelsaß?)

Die zeitgenössische Vita des Abtes Germanus von Granval1 berichtet zwischen 666 und 675 von einem Zug des Etichonen-Dux Chaticus (sc. Adalricus-Eticho) in den Sornegau, der außerhalb des etichonischen Herr• schaftsbereiches liegt2. An diesem machtpolitischen Ausgriff, in dessen Verlauf Abt Germanus umkommt, sind starke alemannische Kräfte be• teiligt. Erich, dem der Vitenschreiber die Amtsbezeichnung comes zu• legt, erscheint in der Rolle des militärischen Führers und Beraters des Etichonen-Dux. Es ist wahrscheinlich, daß der Amtsbereich Erichs, der über die Verhältnisse des Sornegaus orientiert scheint, im Süden des Elsaß gelegen hat. Erich gehört neben dem comes Rodebert3 zu den Amtsträgern, die in der Frühzeit des etichonischen Herzogtums als diesem Haus nicht zuge• hörig in Erscheinung treten. Schon die achtziger Jahre des VII. Jhdts. verzeichnen dann Etichonen auch als comites oder domestici des Elsaß.

1 Die Vita ist noch im VII. Jhdt. abgefaßt. Cf. F. PRINZ, Mönchtum, p. 282 und p. 495 Anm. 130, F. GRAUS, Heiliger, p. 133 Anm. 479 und E. EWIG, Volkstum, p. 619. 2 MGH. SSRM. V, p. 38 (= Vita Germani, cap. 11). 8 Cf. Prosopographie Nr. CXXV.

XVI. (A)GLYBERTUS (Angeblicher) notarius Theuderichs III. Referendar desselben Königs

Aglybert1 begegnet als Notar dieses Königs 677 Sep 4 in dessen Pri• vileg für das burgundische Kloster Beze, dem Theuderich III. konfiszier• ten Besitz des Attoarierdux Adalrich2 zuspricht8. Es fällt auf, daß die Urkunde nur die subscriptio des Notars erwähnt. Die für ein Königs• diplom ungewöhnliche Amtsbezeichnung wie der lautlich enstellte zwei• gliedrige germanische Personenname sind anscheinend auf die erst aus dem Beginn des XII. Jhdts. vorliegende kopiale Überlieferung des Chro- nicon Besuense zurückzuführen, das dieses Diplom enthält. Derselbe Amtsträger erscheint nämlich in einem Praecept des genannten Königs von 667 Sep 15 als Referendar, der das im Original erhaltene Diplom recognosziert4. Dieses Amt hat Aglibert offenkundig ausgeübt; seine Wirksamkeit ist nach der Überlieferung auf Theuderich III. beschränkt5.

1 Diese Lautung ist der durch späte kopiale Überlieferung vorliegenden "Glybertus" vorzuziehen. * Cf. Prosopographie Nr. VIII.

41 1 MGH. DM. Nr. 46, p. 43. 4 MGH. DM. Nr. 48, p. 44 (= LS. Nr. 15). 5 Dieser Referendar Theuderichs III. ist nicht identisch mit dem Referendar Childe- berts III., Aigoberthus, der dessen Placitum von 697 März 14 ad vicem recognosziert. Beide Diplome liegen als Originale vor, die jeweils ein anderes Bestimmungswort des zweigliedrigen germanischen Personennamens zeigen.

XVII. AGULFUS Vir illuster

In dem Praecept Chlothars III., der den Besitztausch zwischen dem Bischof von Noyon, Mummolus, und dem Abt von St.-Bertin 662 Feb 1 bestätigt, begegnet Agulf mit diesem Prädikat als Besitzer einer portio der vom Abt des Klosters St.-Bertin eingetauschten villa Vausune1 im pagus Cotentin2. Agulf erwirbt dafür Besitzanteile einer villa im pagus Th^rouanne. Das vir illuster-Prädikat kann als Indiz für eine Amtstätigkeit Agulfs gewertet werden. Das Amt ist nicht zu erschließen. Für Neuster spre• chen neben der Besitzlage dieses Großen auch der Ausstellungsort des Praecepts, Cr£cy-en-Ponthieu, und der zweigliedrige germanische Per• sonenname, der in Agulf einen einheimischen neustrischen Großen ver• muten läßt.

1 Der Ortsname ist nicht zu identifizieren. 1 MGH. DM. Nr. 39, p. 36.

XVIII. AIGHYNA Sächsischer1 dux in Aquitanien unter Chlothar II. Dux terrae Wasconiae Dagoberts I.

Als dux wird Aighyna 626/27 zum erstenmal von Pseudo-Fredegar erwähnt2*. Der Amtsträger Chlothars IL beschuldigt Palladius und des• sen Sohn Sidocus, der Bischof im aquitanischen Eauze ist, mit den rebel• lierenden Basken in heimlichem Einverständnis zu stehen. Beide aquita• nischen Großen werden daraufhin verbannt. Der Ducat Aighynas, als dessen wahrscheinlicher Amtssitz wohl Bordeaux in Frage kommt, das ja selbst auch nicht zum Charibert-Regnum gezählt wird, ist anscheinend von Chlothar IL als Grenzducat gegen die Basken im Südwesten Aqui- taniens eingerichtet worden, wobei Chlothar IL auf den unter Theu• derich und Theudebert 601/02 gebildeten Grenzducat zurüdkgegriffen haben mochte2b. Aighyna, wohl ein Sachse von der Garonne3, scheint 626

42 von den Basken mit Unterstützung der einheimischen Großen daraus verjagt worden zu sein. Ein Jahr danach, 627/28, ist Aighyna unter den proceres anzutreffen, die sich aus Neuster und Burgund, nicht dagegen aus Austrasien zu einer Reichsversammlung in Clichy zusammenfinden4. Bewaffnete pueri der zahlreichen Mannschaft des sächsischen dux bringen dabei einen der vornehmsten Amtsträger von Dagoberts (I.) jüngerem Bruder Charibert (IL) um. Die ausbrechenden Streitigkeiten zwischen Aighyna und Brodulf, dem Onkel und wichtigsten Berater Chariberts, schlichtet Chlothar IL mit Hilfe der burgundischen Großen. Unter Dago• bert I. wird Aighyna dann 636/37 als einer der zehn duces jenes großen fränkischen Heeres genannt, das von Burgund aus gegen die aufständi• schen Basken operiert5. Der erfolgreiche Ausgang dieses Feldzuges, in dem sich die Basken der ditio Dagoberts I. unterwerfen müssen6, hat zur Folge, daß dieser dem Sachsen die terra Wasconia als Ducat überträgt7. Dieser Ducat ist wohl größer als der vor 626 behauptete Amtsbereich. Mit den Großen der Basken erscheint Aighyna im folgenden Jahr, 637/38, in Clichy bei Dagobert L, dem die baskische Oberschicht den Gefolg• schaftseid leistet8. Danach berichten die Quellen nichts mehr von dem Sachsen. Nach E. Ewig9 hat Aighyna bereits 627/28 auf der Seite Dago• berts (I.) gestanden. Es ist auffällig, daß Dagobert 626 bereits sehr deut• lich in aquitanische Verhältnisse eingreift10, obschon ihm Aquitanien erst drei Jahre später mit der Übernahme der Gesamtherrschaft zufällt. Eine Verbindung Dagoberts zu Aighyna ist daher wohl nicht auszuschließen. Aighyna gehört wie der comes Barontus11 zum Anhang Dagoberts in Aquitanien. Für den sächsischen dux ist wahrscheinlich die Gegnerschaft zu Charibert (IL) und dessen Clan ausschlaggebend gewesen, da sich der Ducat Aighynas und die Interessensphäre Chariberts aufs engste be• rührten. Die Beseitigung des als gubernator palatii Chariberts (IL) be• zeichneten Ermarius durch Aighyna sollte den Gegner treffen12. Aighyna ist wohl kaum identisch mit dem 654 Juni 22 als Subskribenten in Clichy genannten gleichnamigen Großen, den das im Original erhaltene Diplom Chlodwigs IL für St.-Denis nennt13.

1 MGH. SSRM. II, p. 148 (= Fred. IV, cap. 55) sowie Anm. 5. *a MGH. SSRM. II, p. 148 (= Fred. IV, cap. 54). *b MGH., a. a. O., p. 129 (== Fred. IV, cap. 21). 8 Cf. E. EWIG, Volkstum, p. 13 Anm. 37 und p. 35 Anm. 97. * MGH. SSRM. II, p. 148 (== Fred. IV, cap. 55). * MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78). * MGH., a. a. O.: *... (Wascones) ... prominent se gluriae et conspectum Dagoberti regi presentaturus, et suae dicione traditi, cumta ab eodem iniuncta empleturus* 7 MGH., a. a. O., p. 161: "... Wascones omnes seniores terre illius cum Aiginane duci ad Dagobertum Clipiaco venerum,.. .*. 8 MGH., a. a. O.

43 • E. EiriG, Volkstum, p. 13 Anm. 37. 10 Cf. Prosopographie Nr. LXII. 11 wie vorige Anm. 11 Cf. dazu Cl. PERROUD, Duch^ d€ Aquitaine, p. 28. Die Rivalität zwischen Aighyna, dem dux in Bordeaux, und dem Clan um Charibert hebt auch Ch. HIGOUNET, Bordeaux, Bd. I, p. 20, hervor. 18 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (=LS. Nr. 6). Gegen eine Identität spricht, daß der hier genannte Große nicht das vir illuster-Prädikat trägt, das hingegen all diejenigen Subskri• benten tragen, die in dieser Zeit nachweislich Amtsträger sind.

XIX. A I G L U S Referendar Chlodwigs III.

Die im Original erhaltene und im neustrischen Valenciennes 693 Feb 28 ausgestellte Gerichtsurkunde des genannten Königs verzeichnet Aiglus an zweiter Stelle einer Reihe von vier Referendaren, die in der umfang• reichen Liste der Beisitzer nach den Bischöfen, den optimates, den comi- teSy den grafiones, den domestici, aber noch vor den seniscalei und dem comes palatii erscheinen1. Das anläßlich des Märzfeldes ausgestellte Di• plom, das Große aller Reichsteile nennt, sagt nichts über die Amtstätig• keit des nur hier überlieferten Aiglus. Dieser ist vielleicht fränkischer Großer gewesen, wie dies die Kurzform des germanischen Personen• namens mit auffallender westfränkischer Metathese nahelegt2.

* MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (== LS. Nr. 23). f Cf. dazu E. FOERSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, I, p. 28.

XX. AIGOBERTUS Vir illuster. Ministerialis Childeberts III.

Dieser Große wird nur ein einziges Mal in dem im Original erhaltenen Placitum des genannten Königs von 695 Dez 23 verzeichnet1, der St. Denis Besitz im Beauvaisis zuspricht. In Compi&gne, wo das Diplom ausgestellt ist, erscheint Aigobert als Zeuge des urkundlich vor Jahren geschlossenen Rechtsgeschäftes für den Abt Chaino. Der mit dem vir illuster-Prädikat und als ministerialis Childeberts III. ausgewiesene Amtsträger ist der Umgebung von Paris, vielleicht aber auch dem Beau• vaisis zuzuordnen. Der Amtscharakter des ministerialis ist durch das vir illuster-Prädikat gesichert. Über seine Funktionen ist nichts bekannt. An• scheinend handelt es sich um ein Hofamt.

1 MGH. DM. Nr. 68, p. 60 (= LS. Nr. 25).

44 XXI. A I G U L F U S Vir illuster. Comes palatii Chlodwigs IL

Die im Original erhaltene Urkunde des genannten Königs von 654 Juni 221 verzeichnet den vir illuster und comes palatii an fünfzehnter Stelle unter den Subskribenten nach den Bischöfen, dem domesticus und anderen Großen, deren Amt nicht genannt wird, vor anderen weltlidien Großen ohne Amtsbezeichnung, aber teilweise mit dem vir illuster-Prä- dikat. Aigulf ist als Amtsträger wohl nicht in jedem Fall dem palatium Clichy zuzuordnen, wo Chlodwig II. "cum consilio pontefecum et in- lustrium virorum, nostrorum procerum"2 St.-Denis das Bischof Lande• rich gegebene Privileg bestätigt. Aufschlußreich ist hier wohl einzig die ausdrücklich bezeugte Zugehörigkeit des comes palatii zu den proceres des Königs. Unter den Amtsträgern am Hof ist Aigulf zugleich der erste urkundlich überlieferte comes palatii.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). 2 MGH., a. a. O.

XXII. ALETHEUS Patricius in Burgund1

613 nennt Pseudo-Fredegar Aletheus unter den burgundischen Großen, die mit Warnachar, dem maiordomus Burgunds, Absprachen gegen Sigi- bert und sein von Brunichild gestütztes Königtum treffen2. Wenige Mo• nate später tritt Aletheus dann auf der Seite der Gegner Chlothars IL in den Vordergrund. Der burgundische patricius ist maßgeblich an der Ver• schwörung gegen den von Chlothar IL im Ultraiuranus eingesetzten dux Herpo beteiligt, einen fränkischen Amtsträger, der den Burgunder Eudila abgelöst hatte3. Als eigentlicher Führer einer altburgundischen Faktion gegen die neustrische Zentralgewalt plant Aletheus 613/14 schließlich, Chlothar IL zu beseitigen, mit dem Ziel, selbst König zu wer• den, da er — nach den Worten Fredegars — selbst aus königlichem Ge• schlecht der Burgunder stamme4, wobei die burgundische Deszendenz zumindest durch den ostgermanischen Personennamen des patricius ge• stützt erscheint. Den Fehlschlag seines Hochverrates büßt Aletheus mit seinem Leben anläßlich einer Teilreichsversammlung in Malay-le-Roi im neustrisch-burgundischen Grenzgebiet5. Aletheus hat offenbar über einen Rückhalt im pagus Ultraiuranus, vor allem in dessen östlichem Teil, ver• fügt, wie dies sein Einschreiten gegen den von Neustrien dekretierten

45 dux beweist. Auch die Rolle Leudemunds, des Bischofs von Sitten, der als Mitverschwörer und Mittelsmann des patricius auftritt, und die des im Ultraiuranus eingesetzten comes Herpinus machen dies wahrscheinlich.

1 Cf. dazu R. BUCHNER, Die Provence in merowingischer Zeit, p. 103. f MGH. SSRM. II, p. 141 (= Fred. IV, cap. 42). • MGH., a. a. O., p. 142 (= Fred. IV, cap. 43). 4 MGH., a.a.O., (= Fred.IV,cap.44): "... eo quod esset regio geriete de Burgundio- nibus, ..." « MGH., a. a. O.

XXIII. AMALBERCTHUS Seniscalc Chlothars III.

Dieser Große begegnet 657 Oct 31/673 März 10 unter den Beisitzern der im Original erhaltenen Gerichtsurkunde Chlothars III., der in einem Rechtsstreit um den Besitz einer villa zwischen der Kirche von Rouen und der Basilica St.-Denis entscheidet, zwischen denen auf königliches Gebot die strittige villa aequa lancia geteilt wird1. Das Placitum ver• zeichnet Amalbercth und seinen Amtskollegen Madeland nach den gra- fiones und vor dem comes palatii in einem protokollartigen Bericht über den Verhandlungsgegenstand. In diesem Zusammenhang verdient es Be• achtung, daß in dieser wie anderen merowingischen Gerichtsurkunden, in denen seniscalci unter den Beisitzern aufgezählt werden, stets zwei dieser Amtsträger genannt werden2; das macht eine Verteilung der Amts• befugnisse wahrscheinlich. Mit dem seniscalc Chlothars III. wird man vielleicht den gleichnamigen Subskribenten des ebenso im Original er• haltenen Praecepts Chlodwigs II. für St.-Denis von 654 Juni 223 identi• fizieren dürfen. Eine Amtsbezeichnung fehlt hier zwar; doch ist dies bei den meisten der aufgeführten Großen der Fall, die aus anderen Di• plomen teilweise mit Amt bekannt sind. Schenkt man der freilich späten Vita des Abtes Geremar4 Glauben, so scheint eine Identifikation des seniscalc mit dem gleichnamigen Sohn Geremars durchaus möglich. Nach der Vita ist Amalbert, dessen Familie im Beauvaisis beheimatet ist, vor 640 durch Audoin getauft worden5, dessen Rat Geremar, der Gründer von St.-Germer-de-Fly, oft gesucht hat. Geremar kannte Audoin von seinem Aufenthalt am Königshof6, an dem Amalbert schließlich selbst erscheint7.

1 MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11). * Cf. MGH. DM. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). Nr. 66, p. 58 und Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). MGH. DM. Nr. 66 (=LS. Nr. 23) nennt sogar drei dieser Amtsträger.

46 * MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). 4 Die Vita datiert aus dem IX. Jhdt. Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Ge• schichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 139 Anm. 343. Diese Vita wird man im allge• meinen nur mit Vorsicht benutzen können. 5 MGH. SSRM. IV, p. 629 (= Vita Geremari, cap. 2). Der Vitenschreiber bezeichnet den nachmaligen Bischof von Rouen (641-660) als "amicus eins (sc. Geremari) quidam in palatio regis" 6 MGH., a. a. O., p. 628. 7 MGH., a. a. O., p. 631.

XXIV. AMALBERTUS Dux (?) in Neuster (?)

Amalbert ist als Bruder des burgundisdien maiordomus Flaochad 642 bezeugt, als die beiden Brüder gemeinsam mit den duces Amalgar und Chramnelen gegen den burgundisdien patricius Willebad ziehen1. Nach dem 642 erfolgten Tode Flaodiads scheint Amalbert politisch weiter ge• wirkt zu haben. Es ist wahrscheinlich, daß er zu der Gruppe neustro- burgundischer Großer gehört, die 671 den Austrasier Childerich IL ins Land rufen, sich 675 jedoch gegen Childerich wegen seines nicht eingehal• tenen Regierungsprogramms und seiner zahllosen Übergriffe verschwören und den König, seine Frau Bilihild und beider Sohn Dagobert ermorden2. Amalbert ist fränkischer Herkunft. Seine exponierte Stellung unter den neustrischen Großen läßt vermuten, daß Amalbert wohl dux in Neuster gewesen ist.

1 MGH. SSRM. II, p. 166 (= Fred. IV, cap. 90). 2 MGH. SSRM. V., p. 612 (= Vita Lantberti, cap. 5) nennt neben Amalbert Lupus, Bodilo und Ingobert, alle ohne Amtsbezeichnung. Der Liber historiae Francorum hinge• gen — eine spezifisch neustrische Quelle — verweist nur auf Amalbert und Ingobert und nennt sonst nur noch reliqui maiores natu Francorum: MGH. SSRM. II, p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45).

XXV. AMALBERTUS Vir illuster. Comes von Noyon

Eine spezifisch neustrische Quelle, die Vita des Bischofs Eligius von Noyon1, berichtet von einem comes dieses Namens. Amalbert residiert in Noyon nach 660, wo er offensichtlich richterliche Funktionen ausübt. Im Auftrag des Königs hält er einen vornehmen Franken in Haft, um ihn der Strafe zuführen zu können2. An anderer Stelle berichtet die Vita, daß der Nachfolger des Eligius und der comes eine Gerichtsverhandlung gemeinsam abhalten3. Damit ist wahrscheinlich gemacht, daß das neu-

47 strische Noyon einen vom König bestellten comes hatte, der in seinem Auftrag als öffentlicher Richter tätig war.

1 Der erhaltenen Vita des Eligius liegt teilweise noch die ältere, von Audoin verfaßte zugrunde, der im selben Jahr wie Eligius, 640, den Bischofsstuhl im benachbarten Rouen bestieg. Zur Datierung der stark kompiliert vorliegenden Vita, die nicht ohne Ein• schränkung benutzt werden kann, cf. F. PRINZ, Mönchtum, p. 133 Anm. 70 sowie p. 490. Ferner F. GRAUS, Heiliger, p. 120 Anm. 415 und E. EWIG, Teilreiche II, p. 99 und p. 100 Anm. 61. Nach F. PRINZ, a. a. O., entstand die vorliegende Fassung der Vita in der er• sten Hälfte des VIII. Jhdts. * MGH. SSRM. IV, p. 733 (== Vita Eligii, cap. 66). Die Vita berichtet von dem vor• nehmen Franken (vir quidam saecularis ex nobili genere), dem wegen seiner Feindselig• keiten dem König gegenüber die Todesstrafe droht, dieser habe am Grabmal des Eligius gebetet und dort Rettung gefunden. Für die Datierung der Amtszeit des comes von Noyon ergibt sich daher die Zeit nach 660. 8 MGH., a. a. O., p. 732 (= Vita Eligii, cap. 62).

XXVI. AMALFRIDUS Vir illuster

685 Feb 8 schenkt dieser Große, der sich selbst als vir illuster aus• weist, dem Kloster Sitdiu, dem nachmaligen St.-Bertin, mit Zustimmung seiner Tochter Auriana das auf Eigenbesitz an der Scheide errichtete Kloster Hunulfocurtis {= "Honnecourt") mit sehr umfangreicher Per- tinenz im pagus Cambrai1. Auriana, welche die in Vermand ausgestellte Donatio als erste Äbtissin dieses Klosters tradiert, wird dieses Amt bis zu ihrem Tod verbürgt. Auf Bitte Amalfrids bestätigt Theuderich III. 687 Apr 1 in Crecy-en-Ponthieu diese Schenkung, die Bertin von Sitdiu und Amalfrid urkundlich vorlegen2. Das echte Praecept Theuderichs III. ver• zeichnet als Frau Amalfrids Childeberta. Amalfrid erscheint wiederum als vir illuster. Dieses Prädikat deutet anscheinend nur die Ranghöhe Amalfrids an. Eine Amtstätigkeit ist wahrscheinlich, aber nicht nachweis• bar. Die neustrische Herkunft dieses Großen ist wohl nicht in Frage zu stellen.

1 Pard. II, Nr. 404, p. 197. Ältere maßgebende Ausgabe bei M. GU£RARD, Cartulaire de Pabbaye de St.-Bertin, Nr. XI, p. 29-31. Das vir illuster-Prädikat findet sich p. 29. Diese Traditio Amalfrids ist neu ediert in den DB. Nr. 5, p. 16. * MGH. DM. Nr. 56, p. 50. Cf. M. GU£RARD, a. a. O., Nr. XII, p. 32/3.

XXVII. AMALGARIUS Dux des pagus Attoariensis (Dijon)

Pseudo-Fredegar erwähnt diesen Großen, für den er die wichtigste Quelle darstellt, zum erstenmal 629/30 als dux neben seinem Amtskol-

48 legen Arnebert und dem patricius Willibad auf der Seite Dagoberts I., der sich durch die Genannten Brodulfs, des Onkels seines Bruders Chari- bert (IL), entledigt1. Wenig später, 631, tritt Amalgar erneut durch einen besonderen königlichen Auftrag hervor2. 636/37 gehört Amalgar schließ• lich zu jenen duces an der Spitze des burgundischen Heeres, das von Da• gobert I. gegen die aufständischen Basken aufgeboten wird3. In den Par- teiungen des Jahres 642 erscheint Amalgar auf der Seite des burgundi• schen maiordomus Flaochad, eines Franken, dessen Bruder Amalbert so• wie des dux Chramnelen, eines Romanen, gegen den mächtigen Willi• bad, der in dieser Auseinandersetzung fällt4. Die Nachricht, daß Amalgar eines der burgundischen Heereskontin• gente als dux geführt hat wie auch der Umstand, daß er gemeinsam mit anderen burgundischen Großen im Auftrag der Zentralgewalt handelt, wobei immer wieder die starke Orientierung nach Neuster auffällt, und schließlich das Vorgehen gegen den in Burgund mächtigen Willibad un• ter Führung Flaochads, dessen Bruder und Chramnelens, der ja selbst aus dem Gebiet von Besan9on stammt, läßt unschwer erkennen, daß Amalgar im regnum Burgundiae verwurzelt ist. Auch der Personenname, der mit Hilfe eines ostgermanischen amal-Stammes gebildet ist, deutet auf burgundische Herkunft seines Trägers hin. Nach dem Zeugnis des Chronicon Besuense5 ist Amalgar dux des pagus Attoariensis gewesen6, der sich um Dijon erstreckt. Von Dijon bis Besan9on erstrecken sich auch die Besitzungen Amalgars, wie deutlich bei der Ausstattung der von ihm und seiner Frau Aquilina gegründeten Klöster Föns Besuae (= "B&ze") und Dornatiacum (= "Braille", d.i. St.-Martin de Braille im Osten der Stadt am jenseitigen Ufer der Saone7) hervortritt. Das Chronicon des burgundischen Klosters nennt auch die Kinder des Attoarierdux: Adalricus, der dem Vater von 642 an im Amt nachfolgt, Waldelenus, der nachmalige Abt des Familienklosters B£ze, und Adalsind, die Äbtissin in Bregille ist8. Diesen attoarischen Ducat Amalgars überliefert auch eine Urkunde des "InterimsduxM Sichelm9, der 663 als Fürsprecher des Klo• sters Beze Chlothar III. um die Bestätigung der Schenkungen ersucht, die diesem Kloster gemacht worden sind10. Amt und Herkunft Amalgars sind damit deutlich geworden. Amalgar ist Amtsträger in einem Gebiet, in dem er auch begütert ist. Weiterhin hat L. Dupraz wahrscheinlich gemacht, daß Amalgar auch über Aqui• lina, seine Frau, burgundisch versippt ist11; sie ist wohl mit der gleich• namigen Tochter des als dux im benachbarten cisiuranischen Besan9on amtierenden Waldelenus identisch. Schließlich fällt auf, daß der Sohn Amalgars und Aquilinas denselben Personennamen trägt wie deren Va• ter. Diese Nachbenennung nach dem Großvater erscheint nicht zufällig.

49 Die Verbindung der beiden großen burgundisdien Familien findet darin einen sinnfälligen Ausdruck12.

I MGH. SSRM. II, p. 150 (= Fred. IV, cap. 58). f MGH., a. a. O., p. 158 (= Fred. IV, cap. 73). 8 MGH., a. a. O., p. 160 (== Fred. IV, cap. 78). 4 MGH., a. a. O., p. 166 (= Fred. IV, cap. 90). Der patricius übt im Gebiet von Lyon, vermutlich auch noch in Vienne und Valence (so E. EWIG, Teilreiche II, p. 119 Anm. 137) seine Herrschaft aus. Der dux Arnebert ist mit der Familie des burgundisdien maiordo- mus Warnachar versippt, dessen Tochter er geheiratet hatte (MGH. SSRM. II, p. 147 = Fred. IV, cap. 54). 5 Zur Datierung cf. Prosopographie Nr. VIII. 6 Cf. L. DUPRAZ, Melanges offerts a P. E. Martin, p. 30 Anm. 7. 7 Cf. C. FOHLEN, Histoire de Besancon, p. 190. 8 In der wohl echten, aber interpolierten Donatio Adalsinds für Beze von 657 nennt diese als ihren Vater Amalgar, als ihre Mutter Aquilina. Die im Chronicon Besuense erhaltene Urkunde verzeichnet dagegen nicht die Brüder Adalsinds; daß Adalsind Brüder besitzt, geht aber aus der Urkunde hervor. Diese ist ediert bei Pard. II, Nr. 328, p. 105. • Pard. II, Nr. 348, p. 131 und MGH. DM. Nr. 42, p. 39. P. CLASSEN bezweifelt zwar die Echtheit dieser Urkunde (AfD. 2 (1956) p. 44 Anm. 207), gibt aber zu, daß die Namensadressen "merowingischen Charakter'' zeigen (P. CLASSEN, a. a. O., p. 62 Anm. 297). Der 654 Juni 22 in einem in Clichy ausgestellten, im Original erhaltenen Diplom Chlodwigs II. für St.-Denis unter den Subskribenten genannte Syghichelmus ist wohl mit dem nachmaligen Attoarierdux identisch (MGH. DM. 19, p. 21 = LS. Nr. 6). Cf. im übrigen Prosopographie Nr. CCLXXVIII. 10 MGH. DM. Nr. 42, p. 39. II L. DUPRAZ, a. a. O., p. 28. 11 R. SPRANDEL, Merovingischer Adel, p. 38, hält zwar auch eine burgundische Aszen- denz Amalgars für möglich, ohne die Quellen in dieser Frage jedoch auszuschöpfen. Die Familie Amalgars ist nicht in dem Sinn an die Warnachars "anzureihen", daß sie etwa miteinander versippt gewesen seien.

XXVIII. AMALGIS(I)LUS Iudex und thesaurarius des Bischofs von Maastricht

Die Vita I des Maastrichter Bischofs Landibert1 verzeichnet Amalgisel als einstigen iudex des Bischofs2. Der verstorbene Landibert erscheint seinem früheren Amtsträger, der nun Thesaurar ist, in einer nächtlichen Vision. Beide Funktionen übt Amalrich als kirchlicher Amtsträger des Maastrichter Bischofs aus. Die Zeit seiner Wirksamkeit als iudex fällt noch in die Episkopatsjahre Landiberts von 675 bis 705, sieht man von dessen zeitweiser Absetzung von 675 bis 682 ab. Thesaurar ist Amalrich wohl erst nach Landiberts Tod, 705, geworden. Der 686 in einer Urkunde des Bischofs Reolus von Reims genannte gleichnamige Zeuge8 ist vielleicht mit dem Maastrichter iudex identisch4.

1 Die Vita I vetustissima gehört nach F. GRAUS, Heiliger, p. 128, noch in die erste Hälfte des achten Jahrhunderts. Eine spätere Entstehung nimmt E. EVIG, Teilreiche II, p. 102 Anm. 61, an, der die Vita in die Zeit des Königs Pippin datiert.

50 * MGH. SSRM. VI., p. 376 (= Vita I. Landiberti, cap. 24). 8 Pard. II, Nr. 406, p. 202. 4 Für die sehr unsichere Identität spricht allein der Personenname und die Zeit seines Auftretens.

XXIX. AMALRICUS Vir illuster. Dux (in Auster?)

Ein echtes Diplom Childerichs II. für die Kirche S. Maria und St. Ste• phan in Speyer von 664/66 Sep 61 nennt unter den weltlichen Interve- nienten die viri illustres und duces Amalrich und Bonifatius2. Als vir illuster, aber ohne Amtsbezeichnung3 führt ein Deperditum desselben Königs von 673 für St.-Wandrille Amalrich auf4, der sich neben von Autun und dessen Bruder Gerin, neben dem maiordomus Vulfoald und dem vir illuster Fulcoald für das Kloster verwendet. Die späte Vita Bercharii, deren Verfasser offensichtlich das schon genannte merowingisdie Deperditum mit seiner Petentenreihe vorgelegen hat, reiht Amalrich unter die optimates ein und legt ihm die Amtsbezeichnung maiordomus zu5. Amalrich war wohl dux in Auster6.

1 MGH. DM. Nr. 28, p. 27. Der Ort der Ausstellung ist nicht überliefert. 2 Er ist der dux des Elsaß, der in dieser Urkunde zum erstenmal bezeugt ist. Cf. Pro- sopographie Nr. LXXXVIII. 8 Die fehlende Amtsbezeichnung läßt kaum an der Identität mit dem 664/66 genann• ten Amalrich zweifeln. Auch der 673 unter den Petenten ebenso ohne Amtsbezeichnung aufgeführte Fulcoald ist als dux sicher bezeugt (cf. Prosopographie Nr. CLXXVIL). Ähnliches gilt für Gerin, der nachweislich comes in Paris gewesen ist (cf. Prosopographie Nr. CLXXIX.). Die umfangreiche Petentenliste des Deperditums ist unverdächtig. 4 MGH. SSRM. V, p. 610 (= Vita Lantberti, cap. 3). Erwähnt auch in den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii VI, 2 ed. F. LOHIER — J. LAPORTE, p. 49. 5 Nach der im X. Jhdt. durch Adso verfaßten Vita hätten neben Amalrich auch der optimas Wlfaudus — er ist wohl mit dem austrasischen dux gleichen Namens identisch - und Fulcoald, dessen Namen nur überliefert wird, die Gründungen Berchars begünstigt: AA. SS. OSB. Saec. II, p. 840/41 (= Vita s. Bercharii, cap. 15/16). • Darauf deutet das Diplom Childerichs II. für Speyer mit den ausschließlich austrasi• schen geistlichen wie weltlichen Intervenienten hin. Für das Deperditum von 673 gilt Ähnliches.

XXX. AMALSINDUS Vir illuster. Comes in Semur

Das Testament des Abtes Widerad von Flavigny, das dieser 721 im burgundisdien Semur ausstellt1, nennt in der Narratio und im Eschato-

51 koll den vir illuster Amalsind. Widerad setzt ihn als Bevollmächtigten ein, der die einzelnen Bestimmungen des Testamentes bei seinem Ableben überwadien soll. Amalsind subskribiert diese Verfügung nach Widerad und dem defensor Gerefred und vor dem notarius, der für die Ausferti• gung verantwortlich ist. Die Mitwirkung Amalsinds ist vor allem da• durch bemerkenswert, daß er das Testament des Abtes mit dem könig• lichen Siegel corroboriert. Diese für eine Privaturkunde ungewöhnliche Siegelung ist nur in diesem einen Fall bezeugt. Amalsind ist als könig• licher Amtsträger allem Anschein nach comes in Semur, wie es bereits die Anrede vermuten läßt. Die gleichzeitige Erwähnung des vir clarissimus und defensor Gerefred2, der das Testament noch vor Amalsind subskri• biert, zeigt das Fortbestehen einer städtischen curia in freilich stark redu• zierter Funktion als Urkundsbehörde im frühen achten Jahrhundert. Amalsind ist wohl der bedeutendere der Amtsträger in Semur, da er mit der Überwachung der testamentarisch getroffenen Verfügungen Widerads betraut wird und das königliche Siegel führt. Vielleicht ist Amalsind selbst burgundischer Herkunft3.

1 Pard. II, Nr. 514, p. 323 und 326/327. 2 Cf. Prosopographie Nr. CLXXXV. 3 Der zweigliedrige germanische Personenname läßt dies vermuten. Bestimmungswort ist ostgermanisch amal-s.

XXXI. ANGINULFUS Vir illuster. Comes

Mit den Bischöfen Ebbo (von Sens), Haldoin (von Troyes) und (von Trier) sowie den comites Teuderich, Hrotgar und Haregar ist Angi• nulf 723 Juli 19 Beisitzer eines im castrum Zülpich tagenden Placitums1, das in den nach 833 entstandenen Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii als arnulfingisches Deperditum überliefert ist2. Karl Martell entscheidet den Streit um eine im Hiemois / Orne gelegene villa zugunsten des Klo• sters St.-Wandrille, das durch seinen advocatus vertreten ist, gegen den comes Berthar, einem wohl im Ducatus Cenomannicus eingesetzten Amtsträger. Es läßt sich nicht feststellen, wo Anginulfs Amtsbereich liegt.

1 WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 344-45. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii III, 5, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 33.

52 XXXII. ANGLIBERCTHUS Vir illuster. Comes

Dieser Große nimmt anläßlich des Märzfeldes 693 Feb 28 als Beisitzer eines Placitums Chlodwigs III. in Valenciennes teil, wo die im Original erhaltene Urkunde ausgestellt ist1. Zum Amtsbereich dieses comes ist nichts zu ermitteln. Anglibercth begegnet nur in diesem Diplom.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (== LS. Nr. 23). Cf. Prosopographie Nr. CCXIX.

XXXIII. ANSBERTUS Comes (in Auster)

Dieser Große begegnet in einer echten Hausmeierurkunde Pippins (d. M.) von 702 Jan 201 an zweiter Stelle einer Reihe von acht Zeugen, die alle als comites und Träger germanischer Personennamen ausgewiesen sind. Die Urkunde Pippins und Plectruds, die Besitz im pagus Verdun an die Kirche von Verdun im Tausch gegen anderen Besitz dieses pagus ge• ben, enthält keinerlei Angaben über den Amtsbereich Ansberts. Aussteller und Empfänger der Urkunde, deren Ausstellungsort selbst nicht überlie• fert ist, sowie deren Dispositio können aber als Indiz gewertet werden, daß Ansbert wohl — wie seine Amtskollegen — austrasisdier Amtsträger ist.

1 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

XXXIV. ANSEBERCTHUS Referendar Chlothars III.

Das im Original erhaltene Placitum des genannten Königs von ca. 658, in dem dieser dem Kloster St.-Denis einzelne villae im pagus Le Mans und dessen Nachbarpagi restituiert, verzeichnet Ansebercth neben Vid- rachad in der Narratio des Diploms als Referendare Chlothars III.1. Ansebercth erscheint als Beisitzer. Ob er letztlich auch die Unterfertigung des Diploms veranlaßt hat, bleibt offen, da die fragmentarisch überlie• ferte Urkunde nach der Dispositio abbricht. Die vor den Referendaren in

53 der Narratio verzeichneten seniscalci — das Diplom überliefert nur die Amtsbezeichnung, aber keine Personennamen — sind den Referendaren rangmäßig wohl übergeordnet. Ein wesentlicher Rangunterschied ist al• lerdings nicht festzustellen, da merowingische Gerichtsurkunden beide Gruppen von Amtsträgern in der Regel nebeneinander anführen2. Die freilich erst karolingische Vita des Bischofs Ansbert von Rouen3, der mit dem gleichnamigen Referendar Chlothars III. identisch ist4, nennt als Heimat des Bischofs den vicus Chaussy im Vexin, einem pagus, in dem auch der Besitz der neustrischen maioresdomus Erchinoald und Ragan- fred liegt5. Wie diese gehört Ansebercth zur neustrischen Oberschicht. Va• ter Ansebercths ist nach der Vita Siwin, der unter Chlothar III. militäri• sche Funktionen wahrgenommen hat6. 688/89 wird Ansebercth Nachfolger Audoins auf dem Bischofsstuhl von Rouen7. Es scheint möglich, den 673 März 10 unter den Subskribenten der Charta Chrothilds für ihr Kloster Bruyere-le-Chätel im pagus Etampes genannten gleichnamigen Großen mit diesem Referendar Chlothars III. zu identifizieren.8

1 MGH. DM. Nr. 35, p. 33 (= LS. Nr. 13). * Cf. MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). Dieses Diplom führt die Referendare zwischen den domestici und den seniscalci an. 8 Zur Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittel• alter, Heft I, p. 139. 4 Die Vita (MGH. SSRM. V, p. 621 = Vita Ansberti, cap. 4) belegt Ansbert eindeutig als "... aulicus scriba doctus conditorque regalium privilegiorum et gerulus anuli regis." 5 MGH. SSRM. V, p. 619 (== Vita Ansberti, cap. 1). 6 MGH., a. a. O., p. 620: "Denique praefatus genitor ipsius predictis regibus milita- vit...". 7 MGH. SSRM. V, p. 628 (= Vita Ansberti, cap. 15). Cf. L. DUCHESNE, Fastes £pis- copaux, Bd. II, p. 208. 8 Pard. II, Nr. 361, p. 150. Indiz dafür ist außer dem zweigliedrigen germanischen Personennamen vor allem die neustrische Subskribentenreihe, die neben dem Sohn Warattos, Ghislemar, auch die Großen Ermenrich und Waningus anführt. Ausstellungs• ort dieses Diploms ist der vicus Morlace im neustrischen Beauvaisis. Die Urkunde ist neu ediert und ausführlich behandelt von L. LEVILLAIN, BECh. 105 (1944) p. 5-63.

XXXV. ANSIGISILUS Vir illuster. Domesticus in Auster (Ardenner-Forst)

Das um 648 ausgestellte echte Privileg des austrasischen Königs Sigibert III. für das Kloster Stablo-Malm£dy verzeichnet Ansigisil in der Dispo- sitio des Diploms nach den Bischöfen und den als viri illustres ausgewie• senen Großen an zweiter Stelle einer Reihe von vier domestici1. Diese

54 sind wohl alle dem königlichen Forst2 des Ardenner-Gebiets zuzuordnen, von dem Teile für die pro consensu fidelium nostrorum erfolgte Schen• kung Sigiberts III. abgetrennt werden. Der zweigliedrige germanische Personenname macht wahrscheinlich, daß Ansigisil der einheimischen austrasischen Oberschicht zugerechnet werden kann, wobei eine Zuweisung in die Familie Arnulfs von Metz, dessen Sohn er wäre, auch aufgrund des seltenen Personennamens durchaus möglich erscheint. Den domesticus erwähnt 669 Sep 6 das Privileg Chil- derichs IL, der Stablo-Malmedy die Hälfte des von Sigibert III. zugewie• senen Forstes abzieht3. Das Diplom nennt Ansigisil mit deutlichem Bezug auf das Privileg Sigiberts in dem nämlichen Zusammenhang der Dispo- sitio.

1 MGH. DM. Nr. 22, p. 23. 1 MGH. DM., a.a.O.: "... in foreste nostra nuncupante Arduinna, in locis vastae solitudinis,..." Cf. dazu MGH. DM. Nr. 29, p. 28: "... de ipsa foreste dominica ..." 8 MGH. DM., a. a. O.

XXXVI. ANSCHIDDUS1 Sacebaro

Dieser Amtsträger begegnet 651 Sep 62 unter den Signataren der großen Schenkungsurkunde des vir illuster Adrowald, der das neu zu gründende Kloster Sitdiu, das nachmalige St.-Omer, mit dem aus elter• lichem Erbe stammenden Sitdiu sowie zahlreichen kleineren villae um• fangreicher Pertinenz ausstattet3. Die in der villa dominica Ascio ( = wAix-en-Issart") öffentlich ausgestellte Urkunde verzeichnet ausschließ• lich Besitz im pagus Th£rouanne. Ausstellungsort und Dispositio machen wahrscheinlich, daß eben dieser pagus Amtsgebiet des Anschiddus und der mit ihm erwähnten sacebarones ist, denen der nach dem Schenker und den geistlichen Würdenträgern als erster der weltlichen Amtsträger subskribierende grafio Chunebert vorgesetzt war. Die Amtsbefugnisse der sacebarones bleiben wie die des grafio im Dunkeln, da die Schenkungs• urkunde die genannten Amtsträger lediglich in Zeugenfunktion sichtbar werden läßt.

1 Die Graphie dieses Personennamens gibt einen deutlichen Hinweis auf die kopiale Überlieferung der Urkunde, in deren Zeugenreihe der Kopist den trojanischen Anchises mit einem fränkischen Ansigis vertauscht hat. Cf. dazu £. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I., p. 126/27.

55 1 Zur Datierung cf. Chr. COURTOIS, Melanges Halphen, p. 157-60. 3 Pard. II, Nr. 312, p. 88. Neu ediert in den DB. Nr. 1, p. 7. Die wichtige ältere Aus• gabe dieser Traditio ist von M. GU£RARD, Cartulaire de Pabbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/9.

XXXVII. ANSIGISILUS1 Comes (in Auster)

In der Reihe von acht Zeugen, die sämtlich als comites und Träger germanischer Personennamen ausgewiesen werden, begegnet Ansigisil 702 Jan 20 an erster Stelle einer echten Urkunde Pippins (d. M.)2. Die von diesem und Plectrud ausgestellte Urkunde, die den Tausch von Besitz im pagus von Verdun mit der Kirche von Verdun gegen anderen Besitz dieses pagus wiedergibt, nennt nicht den Amtsbereich dieses comes. Da auch der Ausstellungsort nicht überliefert ist, sind Aussteller und Emp• fänger sowie die Dispositio der Urkunde einziger Anhaltspunkt dafür, daß Ansigisil — wie seine in der Zeugenreihe verzeichneten Amtskolle• gen — wohl austrasischer Amtsträger ist.

1 Die kopial im Chartular der Kirche von Verdun überlieferte Urkunde, deren Origi• nal verloren ist, verzeichnet den zweigliedrigen germanischen Personennamen in der Lau• tung "Ansigisubus.* Das Grundwort, das anscheinend lautlich entstellt ist, wird man wohl in der angegebenen Graphie wiedergeben können. 2 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

XXXVIII. ANSOALDUS Legatus Chlothars IL

Dieser Große wird von Pseudo-Fredegar 626/29 als einziger nament• lich genannter Teilnehmer der Gesandtschaft Chlothars IL an den Lango- bardenrex Charoald (i. e. Arioald, den einstigen dux von Turin) bezeugt, um diesen zu veranlassen, die fälschlich der Untreue beziditigte Königin 1 Gundeberga, eine parens Francorumy aus dreijähriger Haft zu entlassen . In eigener Verantwortung schlägt Ansoald ein Gottesurteil vor, das zu• gunsten Gundebergas ausfällt und diese rehabilitiert. Mit dem Gesandten Chlothars IL ist wohl jener gleichnamige Große identisch, der 632 Nov 22 die Urkunde des Eligius von Noyon für das von ihm auf einer Landschenkung Dagoberts I. gegründete Kloster Solig-

56 nac nach den Bischöfen und dem Bruder des Eligius und vor anderen weltlichen Großen subskribiert, von denen keiner durch eine Amtsbezeich• nung ausgewiesen ist2.

1 MGH. SSRM. II, p. 146 (= Fred. IV, cap. 51). 2 MGH. SSRM. IV, p. 749 (= Vita Eligii. Charta cessionis Solemniacensis).

XXXIX. ANSOALDUS Vir illuster. Comes palatii Chlodwigs III.

Das 691 Aug 12 im ersten Regierungsjahr des genannten Königs in Chatou-sur-Seine ausgestellte Placitum, das im Original erhalten ist, ver• zeichnet Ansoald mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prädikat, die diesen Großen als einzigen der grosso modo erwähnten proceres Chlod• wigs III. hervorheben1. Die in Chatou mit proceres umschriebenen Gro• ßen sind es auch, die bei den verhandelten Besitzstreitigkeiten das Urteil finden, dessen Entstehung Ansoald vor dem noch minderjährigen König bezeugt. Ansoald ist wohl der für Chatou zuständige comes palatii ge• wesen2.

1 MGH. DM. Nr. 59, p. 53 (== LS. Nr. 19). 2 Diese Zuordnung Ansoalds ist deshalb möglich, weil die Placita Chlodwigs III. in• nerhalb zweier Jahre vier verschiedene comites palatii in vier verschiedenen Pfalzen nen• nen (Chatou, Luzarches, Nogent und Valenciennes).

XL. ANTENERUS1 Vir illuster. Optimas Childeberts III. (Patricius der Provence)

Die im Original erhaltene Gerichtsurkunde Childeberts III., der 697 März 14 in Compi^gne die curtis Nocito ( = "Noisy") im pagus Cham- bly / Oise dem Kloster Tussonval zuspricht, verzeichnet Antener in der Reihe der Beisitzer an zweiter Stelle unter vier Optimaten, die das Di• plom nach den Bischöfen, dem maiordomus Pippin (d. M.) und vor den comites, den domestici, den seniscalci, sowie dem comes palatii nennt2. Der als optimas anläßlich des Märzfeldes überlieferte Große ist wahr• scheinlich mit dem gleichnamigen patricius der Provence identisch, der später gegen die maioresdomus Pippin (d. M.) und Karl Martell von der Provence her opponiert3. Für eine solche Identität spricht auch der neben Antener in der nämlichen Gerichtsurkunde Childeberts III. unter den

57 optimates erwähnte Agnerich, der wiederum mit dem gleichnamigen Vienner patricius identisch erscheint4. Das Placitum des Jahres 697 zeigt, daß die Beziehungen des merowingischen Königtums am Ende des^tjXft Jhdts. auch noch zur Provence unverändert bestehen. ^ '

1 Der Name des Optimaten deutet auf romanische Herkunft seines Trägers hin, wo• bei es sich wie bei Hector (cf. Prosopographie Nr. CCVII) um Namengut des Sagen• kreises um Troja handelt (Antenerus < Antenor). » MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 8 Cf. R. BUCHNER, Provence, p. 98, der die Gerichtsurkunde von 697 übersehen hat. 4 Cf. Prosopographie Nr. XCIX.

XLI. ARGHILUS Vir illuster, Domesticus

Dieser Amtsträger begegnet 697 März 14 in dem in Compi£gne ausge• stellten und im Original erhaltenen Placitum Childeberts III. an zweiter Stelle einer Gruppe von drei domestici1. Das Diplom verzeichnet diese in der Reihe der Beisitzer dieses Placitums nach den Bischöfen, dem maior- domus (Pippin d. M.), den optimates und den comites, aber vor den seniscalci und dem comes palatii. Die Dispositio, in der dem Kloster Tussonval erneut der Besitz der villa Noisy, des einstigen Amtssitzes des comes von Paris, gegen Pippins (d. M.) Sohn Drogo zugesprochen wird, kann vielleicht als Indiz gewertet werden, daß Arghilus, der Träger einer Kurzform eines germanischen Namens ist2, ein im Umkreis der sedes regia eingesetzter Amtsträger ist. Sein Name wird nur in diesem Diplom überliefert.

1 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 1 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 144.

XLII. A R I G I U S Vir illuster. Grafio

In einer Reihe von acht als Beisitzer fungierenden grafiones des Placi• tums Chlodwigs III. von 693 Feb 28 begegnet Arigius an siebter Stelle1. Das im Original erhaltene und in Valenciennes ausgestellte Diplom ver• zeichnet diesen Großen nach den Bischöfen, den optimates und den comites, aber vor den domestici, den referendarii, den seniscalci sowie

58 dem comes palatii. Die große Zahl der als Beisitzer erwähnten Amts• träger erklärt sich aus dem Zeitpunkt des Märzfeldes. Dabei bleibt die Frage nach dem Amtsbereich des Arigius offen. Ausstellungsort und viel• leicht auch der Name des grafio verweisen auf Neuster2.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 1 Dem Personennamen — einer germanisch-romanischen Mischform — liegt wohl althochdeutsch aro- im Bestimmungswort zugrunde, dem ein romanischer Zweitbe• standteil folgt, wie er in romanischen Personennamen wie Eligius, Remigius etc. anzu• treffen ist. Dem Namen des grafio könnte aber auch ein romanisiertes Aredius zugrunde• liegen.

XLIII. . ARNEBERTUS Dux in Neuster

Arnebert ist Franke1. Nach Ausweis der Quellen gehört er zu den un• bedingt loyalen Amtsträgern Chlothars II. und Dagoberts I. Als dux wird Arnebert bereits 626/27 von Pseudo-Fredegar, der wichtigsten Quelle, erwähnt. Im Auftrag Chlothars II. verfolgt Arnebert seinen Schwager Godin, der beim König in Ungnade gefallen war2. Nach Frede• gar ist Arnebert Schwiegersohn Warnachars, des maiordomus für Bur- gund. 626/27 geht Arnebert erneut gegen einen neustrischen Großen vor, dem Chlothar IL unerlaubte Beziehungen zu seiner Gattin Sichhild vorwirft3. Wenige Jahre danach, 629/30, ist Arnebert an der Beseitigung Brodulfs beteiligt, der Dagobert I. gefährlich geworden war, weil er für dessen Bruder Charibert, dessen Onkel Brodulf ist, das aquitanische Kö• nigtum festigen wollte4. Unter den duces, die Dagobert 636/37 gegen die aufständischen Basken aufbietet, befindet sich auch Arnebert5, der mit den meisten der Großen seines Heereskontingents in einen baskischen Hinter• halt gerät und in den Pyrenäen umkommt, während der Hauptteil des Frankenheeres ohne Verlust zurückkehren kann. Der Bericht Pseudo-Fredegars zeigt den dux mehrmals mit Aufgaben der Zentralgewalt betraut, die von besonderem Gewicht sind. Dies läßt sich vielleicht mit der Nähe zur königlichen sedes erklären, wenn man sidi den Amtsbereich Arneberts im neustroburgundischen Kerngebiet bei Paris vorstellt. In den Königsurkunden von 626-637, die von Chlothar II. in Etrepagny oder von Dagobert I. zumeist in Clichy ausgestellt wer• den, wird Arnebert nicht genannt6. Wahrscheinlich lag sein Amtsbereich im Süden der Residenz7.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (== Fred. IV, cap. 78): "... id est Arinbertus,. .. ex genere Francorum, . . ."

59 2 MGH., a. a. O., p. 147 (= Fred. IV, cap. 54). » MGH., a. a. O., p. 148. 4 MGH., a. a. O., p. 150 (= Fred. IV, cap. 58). 5 MGH., a. a. O., p. 160 (= Fred. IV, cap. 78). 6 Arnebert ist daher nicht identisch mit dem 654 Juni 22 in einem Diplom Chlodwigs II. genannten gleichnamigen Großen (MGH. DM. Nr. 19, p. 21 = LS. Nr. 6). 7 Indizien dafür sind zumindest, daß Arnebert in Beziehungen zu Warnachar steht und auch im pagus von Etampes gegen einen neustrischen Großen vorgeht (cf. Anm. 3). Das sich im Norden von Paris erstreckende Gebiet (Beauvaisis) ist etwa zur gleichen Zeit als Amtsgebiet des dux Wandalbert (cf. Prosopographie Nr. CCCV) anzunehmen.

XLIV. ARTALDUS Cancellarius ad vicem (Burgund)

Artald begegnet 731 Feb1 im Eschatokoll der Donatio der Ermenoara, die St.-Benigne in Dijon mit der villa RufFey im pagus Langres ausstat• tet2. Die auf Eigengut der Ermenoara in Ruffey ausgestellte charta ver• zeichnet Artald als Schreiber ad vicem cancellarii. Auf diese reine Schrei• berfunktion weist auch die Formulierung "scripsi atque dotavi" (sie) hin. Artald ist wahrscheinlich der im pagus Langres reich begüterten Familie der Ermenoara als Schreiber zuzuordnen. Der zweigliedrige germanische Personenname läßt an fränkische Abkunft seines Trägers denken3.

1 Zu dieser Datierung der Donatio anstelle der bei PARDESSUS (cf. folgende Anm.) vorgeschlagenen Datierung auf 715 cf. B. KRUSCH, MGH. SSRM. VII, p. 502 (= Chro- nologia regum Francorum). 2 Pard. II, Nr. 491, p. 300. 3 Cf. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 124.

XLV. ASILENDUS1 Sacebaro

Mit fünf seiner Amtskollegen signiert dieser Amtsträger 651 Sep 62 die große Schenkungsurkunde des als vir illuster ausgewiesenen Adro- wald für das von diesem auf Eigengut neu zu gründende Kloster Sitdiu, das nachmalige St.-Omer3. Die in der villa dominica Ascio ( = "Aix-en- Issart") öffentlich ausgestellte Urkunde verzeichnet neben Sitdiu zahl• reiche kleinere villae umfangreicher Pertinenz, mit denen Adrowald das Kloster ausstattet. Die aus elterlichem Erbe dieses Großen stammenden Besitzungen liegen sämtlich im pagus Th^rouanne. Dieser pagus ist wohl auch als Amtsgebiet Asilends und der mit ihm genannten sacebarones anzusehen. Der in der mehr als fünfzig Namen umfassenden Zeugenreihe

60 nach dem Schenker und den geistlichen Würdenträgern signierende grafio Chunebert war den sacebarones wohl vorgesetzt. Die Amtsbefugnisse der sacebarones wie die des grafio bleiben weit• gehend im Dunkeln, da die Amtsträger in der Schenkungsurkunde ledig• lich als Zeugen erscheinen.

1 Die überlieferte Graphie dieses Namens trägt alle Anzeichen der Verderbtheit, die auf die kopiale Überlieferung dieser Urkunde hinweist. Der Name des grafio ist wohl in "Agilenus" zu emendieren. Cf. dazu E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 28-30. 2 Zur Datierung cf. Chr. COURTOIS, Melanges Halphen, p. 157-60. 8 Pard. II, Nr. 312, p. 88. Neu ediert in den DB. Nr. 1, p. 7. Die wichtige ältere Aus• gabe ist von M. GUERARD, Cartulaire de Pabbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/9.

XLVI. (CH)AUBEDO Legatus Chlodwigs II.

639 erscheint der genannte Große als Gesandter Chlodwigs IL erneut bei dem Langobardenrex Rothari in Pavia, um hier Fürsprache für die von Rothari verstoßene Königin Gundeberga einzulegen, die eine Ver• wandte des merowingischen Königshauses ist1. Dieser Große aus der Umgebung Chlodwigs ist wohl identisch mit dem wenige Jahre danach, 642, genannten gleichnamigen Sohn des comes palatii Berthar, einem aus dem pagus Ultraiuranus stammenden Franken, dem Chaubedo im Kampf das Leben rettet2. Beide werden schließlich 654 Juni 20 in dem in Clichy ausgestellten Diplom desselben Königs für St.-Denis unter den Subskribenten aufgeführt, Berthar mit dem vir illuster-Prädikat, wie dies seinem Amt entspricht, sein Sohn Chaubedo ohne dieses Prädikat, da er nicht eigentlich als Amtsträger betrachtet werden kann3.

1 MGH. SSRM. II, p. 156 (= Fred. IV, cap. 71). * MGH., a. a. O., p. 167 (= Fred. IV, cap. 90). 8 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). Die vom König unter ganz verschiedenen Umständen zu verschiedenen Zwecken berufenen Gesandten haben diese Funktion nur kurzfristig wahrgenommen, um dann wieder, wenn sie nicht eigentlich Amtsträger waren, in den Hintergrund zu treten. Merowingische legati stellen insofern einen Grenzfall in der Bewertung als Amtsträger dar.

XLVII. AUDACHRO/OTACAR Comes (?) des Saargaus

Die Weißenburger Traditionen nennen in einem Zusatz von ca. 724 zu der 717 Juni 27 in dem saarländischen Ort Berg ausgestellten Prestarie

61 Chrodoins einen Otacar, "qui in palatio rectum agit*1. Dieser subskri• biert auch an zehnter Stelle unter einunddreißig Zeugen. Die durch die ungewöhnliche Umschreibung herausgehobene Stellung Otacars läßt le• diglich eine richterliche Funktion dieses Großen am Hofe erkennen. Ota• car entscheidet zugunsten des Klosters und gegen die Söhne Chrodoins, Gebehard und Chrodoin, die ihres verstorbenen Vaters Traditio ange• fochten hatten. Otacar könnte nach der für sein Amt gewählten Um• schreibung comes palatii gewesen sein. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß Otacar ein vom König eingesetzter Amtsträger für den Saargau war, für den die Prestarie auch gilt. Die offenkundige richterliche Funktion hat Otacar wahrscheinlich als Vorsitzender des mallus wahrgenommen, wobei der Einfluß (nicht: Geltung) der Lex Ribuaria damit für den außerhalb Ribuariens liegenden Raum angedeutet ist. Otacars Namen findet sidi in anderer Lautgestalt bei jenem Audachro wieder, der 718 das Privileg des Straßburger Diözesans Widegern für die Etichonen-Gründung Murbach an neunzehnter Stelle der Zeugenreihe subskribiert2, an der Spitze von fünf weiteren Zeugen, die aus den Weißenburger Traditionen gut belegt sind3. Es scheint zudem möglich, die im nämlichen Privileg genannten Zeugen Witharius mit dem Winidheri der Gerichtsurkunde zur Prestarie Chrodoins zu identifizieren, wie ebenso den Wigrao des Widegern-Privi- legs mit dem Wicrat der Gerichtsurkunde. Die Identifikation Otacars mit dem Audachro des Privilegs scheint daher gesichert. Sie wirft ein bezeich• nendes Licht auf den Rang Audachro/Otacars, der zu den bedeutenden Großen des südaustrasischen Raumes gehört4. Damit wird erneut die enge Verbindung der Etichonen mit dem Kreis der Weißenburger aufgezeigt.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 196, p. 186. Das Zusatzprotokoll zur Prestarie Chrodoins, der vermutlich 724 gestorben ist (cf. Traditiones Wizenburgenses Nr. 257, p. 248), ist nach 724 erfolgt. 1 A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 113, p. 56. Audachro ist die ältere Schreibweise des zweigliedrigen germanischen Personennamens mit noch nicht kontrahiertem germ. au > ahd. ö und mit r-Metathese. 8 Nordold, Gundobert, Withar, Wigrao und Leodebert. Cf. Prosopographie Nr. VIII. 4 Der Personenname Hodachro (788) /Hodacro (790) wird erst gegen Ende des VIII. Jhdts. wieder in den Weißenburger Traditionen genannt; so 788 Feb 4 (= Traditiones Wizenburgenses Nr. 209, p. 201) und 790 März 6 (= Traditiones Wizenburgenses Nr. 219, p. 210), wo ein Träger dieses Namens als Zeuge auftritt.

XLVIII. AUDOBALDUS1 Vir illuster. Comes palatii Chlothars III.

An dem 663 Oct 24 im palatium Malay-le-Roi tagenden Königsgericht Chlothars III. nimmt Audobald als einziger namentlich genannter Bei-

62 sitzer nach den in der Narratio grosso modo erwähnten Bischöfen, Opti- maten und den mit "ceteri palatii nostri ministri*2, umschriebenen Gro• ßen teil. Die Urkunde ist in ihrem Uberlieferungsstand ohne Zweifel sprachlich überformt3. Grund für die Annahme eines Fälsdiungsverdachts liegt jedoch nicht vor. Die Dispositio des Diploms enthält die testimo- niatio Audobalds vor dem König über den Verlauf der Verhandlung, wobei jedoch die Formulierung von der anderer Placita sprachlich deut• lich abweicht4. Die Dispositio gibt anscheinend auch einen Hinweis dar• auf, daß Audobald nur einer von mehreren comites palatii Chlothars III. gewesen ist, der neben Childebert III. dieses Amt mit mehreren Großen in enger zeitlicher Aufeinanderfolge besetzt5.

1 Diese in der Dispositio der Urkunde überlieferte Namensform ist wohl der Lautung "Audobello" der Narratio vorzuziehen. 1 MGH. DM. Nr. 41, p. 39. 5 Die Umschreibung "ceteri palatii nostri ministri" ist in merowingischen Diplomen singulär. Ebenso ungewöhnlich ist die Formulierung "qui se ipso ministerio ad praesens nobis deservire videbatur*'. Die Masse der minister-Belege setzt erst mit der Karolinger• zeit ein. 4 Merowingische Placita überliefern in der Regel folgende Formulierung zur testimonia- tio des comes palatii: "quod hac causa taliter acta vel per ordine inquisita fuisse denus- citur, iubemus . . ." DM. Nr. 41 dagegen: aconstitit decrevisse, ut dum haec causa inter ipsos ... taliter acta vel inquisita fuisset per ordinem, iubemus ..." 5 Comites palatii Chlothars III. sind Chadoloald, Waningus, Chrodoberthus und Dructoaldus.

XLIX. AUDERADUS Vir illuster. Patricius in Burgund

Dieser Amtsträger begegnet 654 Juni 22 in dem im Original erhaltenen Privileg Chlodwigs II. für St.-Denis in der Reihe der Berater des Königs, die das Diplom auch subskribieren1. Die besondere Stellung dieses Amts• trägers, dessen Name2 nach denen der Bischöfe und unter denen welt• licher Großer, die durch keine Amtsbezeichnung ausgewiesen werden, verzeichnet ist, hebt das vir illuster-Prädikat sowie die Amtsbezeichnung patricius hervor. Der Patriziat Auderads liegt wohl in Burgund3. Das in Clichy ausgestellte Diplom nennt neustrische und burgundische Bi• schöfe, mit deren Consens Chlodwig II. St.-Denis das einst gegebene Privileg bestätigt.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 21 (= LS. Nr. 6). f PERTZ überliefert die Graphie "Auderus". Die Herausgeber der Facsimile-Ausgabe der merowingischen Originaldiplome haben an der betreffenden Stelle mAuderadusm ge• lesen, eine Lesart, die auch das Grundwort des ohne Zweifel germanischen Namens sinn-

63 gemäß erfaßt. Zum Personennamen cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 199. 8 Zu Auderad cf. im übrigen R. BUCHNER, Provence, p. 104 (= Prosopographie Nr. 34).

L. AUDOBERCTHUS Vir illuster. Patricias (der Provence?)

Dieser Große begegnet in der Inscriptio des im Original erhaltenen Praecepts Theuderichs III. von 677 Sep 15 neben seinem Amtskollegen Rocco1. Das im neustrisch-burgundischen Grenzgebiet von Malay-le-Roi ausgestellte Diplom gebietet den genannten patricii, das Eigengut des nach St.-Denis verbannten Bischofs von Embrun auf dessen Bitte hin unange• tastet zu lassen. Die in Malay-le-Roi anwesenden Bischöfe rekrutieren sich tarn de Niuster quam et de Burgundia, um die Absetzung des un• rechtmäßig auf den Embruner Bischofsstuhl gelangten Chramlin auszu• sprechen. Da nun anscheinend auch die gesamte Provence 677 unter der Herrschaft Theuderichs III. stand2, könnte Audobercth patricius der Pro• vence gewesen sein. Der neben diesem in der Inscriptio des nämlichen Praecepts erwähnte Rocco muß dann jedoch Burgund zugeordnet wer• den3 — oder vice versa. Eine auf den ersten Blick mögliche Identifikation mit dem einige Jahre zuvor bezeugten Amtskollegen Auderad4 scheitert an der originalen Überlieferung, die ganz eindeutig verschiedene Grundwörter zu dem freilich identischen Bestimmungswort verzeichnet.

1 MGH. DM. Nr. 48, p. 44 (= LS. Nr. 15). 2 Cf. R. BUCHNER, Provence, p. 14. Zu Audobercth cf. p. 104 (= Prosopographie Nr. 35). 8 Cf. Prosopographie Nr. CCLXXII. 4 Cf. Prosopographie Nr. XLIX.

LI. AUDOIN/(H)ODO Vir illuster. Domesticus. Comes

Das echte Diplom Childerichs II. für das Kloster Stablo-Malm£dy von 669 Sep 6 nennt in der Inscriptio neben dem dux Gundoin den do• mesticus Hodo1. Dieser soll in königlichem Auftrag die Vermessung des dem Kloster neu zugeteilten Waldes aus dem Besitz des Fiscus vorneh• men. Als königlicher Amtsträger kann Hodo dabei auf die königlichen forestiarii zurückgreifen, die an den Fiscalwald gebunden sind und von

64 Hodo zur Erfüllung seines Auftrages eingesetzt werden. Der Personen• name des domesticus — eine Kurzform des zweigliedrigen Personenna• mens Audoin2 — deutet auf die Weißenburger Familie des Gundoin hin, der auch offenkundig im Diplom Childerichs II. zusammen mit seinem Sohn genannt wird. Gundoin und seine Familie sind in die Gegnerschaft zu den Pippiniden einbezogen worden, vor allem durch die Verbindung mit den Wulfoalden des Verduner und Barer pagus*. Die Gütermasse Gundoins liegt zudem ebenso auffällig in unmittelbarer Nähe von pippi- nischem Hausgut. Das Diplom für Stablo-Malm£dy läßt diese Gegner• schaft zu den karolingischen Vorfahren eindeutig erkennen. Gundoin und Hodo nehmen auf königliches Gebot hin Besitzverschiebungen an der Gründung Grimoalds (I.) vor. Der Besitz des Klosters wird dadurch er• heblich eingeschränkt. Hodo, domesticus des Fiscus, ist dabei das eigent• lich ausführende Organ. Aus den Weißenburger Traditionen kennen wir die Generation der Enkel Gundoins. Aus der Ehe Hodos mit einer Teudila gehen ein Sohn, Weroald, und eine Tochter hervor, Amallind sibi (sc. sive) Amita4. Die Urkunden Weroalds, der in Weißenburg Mönch geworden ist, bezeichnen den 699 verstorbenen Audoin5 als comes. Daß Audoin sich selbst nie so in den von ihm ausgestellten Urkunden nennt, beruht wohl auf der eigentümlichen Weißenburger Überlieferung, die kaum einmal Amts• bezeichnungen in der Subskribentenreihe von Donatoren oder Venditoren anführen, obschon diese in anderem Zusammenhang der nämlichen Tra• ditionen nachweislich als Amtsträger bezeugt sind. Audoin hat anschei• nend in Nachfolge seines Vaters, der als austrasischer dux bezeugt ist6, über das Amt des domesticus^ das die Nähe seines Trägers zum Königtum beweist, das comes-Amt erhalten, das die Bedeutung dieser im Seille- und Saargau reich begüterten Familie hervorhebt. Wahrscheinlich hat der Comitat im austrasischen Süden gelegen. Wahrscheinlich ist auch der Aufstieg Audoins im Amt über eben den Merowinger erfolgt, in dessen Regierungszeit die Familie Gundoins neben dem mit ihr verwandten Wulfoald deutlich in den Vordergrund tritt7.

1 MGH. DM. Nr. 29, 28. 1 (H)odo stellt sich zu Audoin als Kurzform aus dem hochtonigen Bestimmungswort Aud-, althochdeutsch öt, mit der lautgesetzlichen Entwicklung der Kontraktion germ. au > althochdeutsch ö vor dem Dental (d). 8 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIV. 4 Traditiones Wizenburgenses Nr. 225, p. 215: amita sibi amallindis. Nr. 231, 233, 241, 242 und 243 : weroaldus. 6 Traditiones Wizenburgenses Nr. 205, p. 196 von 699 Mai 1 wird noch von Audoin und seinem Bruder Ermbert ausgestellt; alle späteren Urkunden, so Traditiones Wizen• burgenses Nr. 242, p. 233 von 700 Mai 21, bezeichnen Audoin als bereits verstorben {quondam). Traditiones Wizenburgenses Nr. 241, p. 231, und Nr. 242, p. 233, erwäh• nen den Comes-Titel Audoins.

65 • Cf. Prosopographie Nr. CXCVIII. 7 Unter Childeridi IL hat der austrasische dux Wulfoald (I.) Pippin (d. M.) die Ein• flußnahme auf die Regierung entscheidend verwehrt. Erst nach Wulfoalds Tod, um 680, gewinnt Pippin politisch an Boden.

LH. AUDOENUS Cappellanus des maiordomus Karl Martell

Eine echte Urkunde des maiordomus Karl Martell, der 741 Sep 17 — wenige Tage vor seinem Tod — die Schenkung der villa Clichy an St.- Denis in Quierzy verfügt, nennt Audoen mit dieser Amtsbezeichnung an vorletzter Stelle einer Reihe von elf Zeugen — unter diesen mit dem Con- sensvermerk Karls bairische Gemahlin Sonehild und beider Sohn Grifo1. Audoen gehört dem geistlichen Stand an. Der in der ersten Hälfte des VIII. Jhdts. seltene zweigliedrige germanische Personenname ist auch 722 Jan 1 für einen presbyter bezeugt, der die in Herstal ausgestellte Donatio Karl Martells für das Kloster in Utrecht subskribiert2.

1 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 14, p. 102. Zur Echtheit cf. I.HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66). p. 242. 1 MGH., a. a. O., Nr. 11, p. 99. Beide Urkunden erwähnen Audoen als Subskribenten, nicht als Urkundenschreiber.

LIII. OTTO Baiulus des austrasisdien Unterkönigs Sigibert III.

Zum Jahr 640 berichtet Pseudo-Fredegar, daß nicht Pippin (d. Ä.), sondern einem Otto, dem Sohn des domesticus Uro1, die Erziehung des jungen austrasisdien Prinzen Sigibert überlassen ist2, was in der Folgezeit zu Spannungen mit Pippins Sohn Grimoald (I.) führt. Bei Pippins Tod, 640, versucht der baiulus den Maiordomat gegen Grimoald und dessen zahlreiche Anhängerschaft für sich zu erlangen. 643 aber wird Otto durch den mit Grimoald verbündeten Alemannendux Leuthar beseitigt3. Der seit drei Jahren vakante Maiordomat wird Grimoald übertragen, dem es wenig vorher gelungen war, den austrasisdien Merowinger aus persön• licher Gefahr während eines Zuges gegen die aufständischen Thüringer zu befreien4. Grimoalds Rang ist ebenso durch die besondere Königs• nähe ausgezeichnet wie der seines Widersachers Otto, dessen Stellung innerhalb des palatiums eine Einflußnahme auf die Regierungsgeschäfte ermöglicht hat. Otto hat anscheinend über keinen größeren Anhang ver• fügt. Er erscheint in der Rolle des nicht ganz gegen den mächtigeren Pip-

66 piniden zum Zuge gekommenen homo novus, der vielleicht nicht nur aus persönlichem Ehrgeiz den Maiordomat beansprucht. Die Gegnerschaft zu Grimoald und der Name des baiulus verweisen auf den Gründerkreis von Weißenburg, in dem die Gundoine als Gegner der Pippiniden sicher bezeugt sind5, wie auch der für das VII. Jhdt. nur hier belegte Perso• nenname Odo6. Ein weiteres Indiz ist durch die Namensgleichheit des Thüringer-Dux Radulf mit dem Enkel Ottos, des Sohnes von Gundoin gegeben7. Gesicherte verwandtschaftliche Beziehungen zwischen dem Wei• ßenburger Gründerkreis und dem baiulus Otto können aber aufgrund der Quellenlage nicht festgestellt werden.

1 Cf. Prosopographie Nr. CCXCIV. Zum Terminus "baiulus" cf. Du CANGE, Bd. I, p. 525, der den Beleg bei Pseudo-Fredegar (cf. folgende Anm.) anführt. 2 MGH. SSRM. II, p. 164 (= Fred. IV, 86). 8 MGH., a. a. O., p. 165 (= Fred. IV, 88). * MGH., a. a. O. 5 Cf. Prosographie Nr. CXCVIII. 8 Cf. Prosopographie Nr. LI. 7 Traditiones Wizenburgenses Nr. 225 und Nr. 37. Der Gundoinide Radulf ist der Sohn von Ottos Tochter Amallind sive Amita und einem Raginliod.

LIV. O TI L O Dux der Baiern

Fast schon am Ende der Regierungszeit Karl Martells begegnet Otilo 739 Oct 29 in einem Brief des Papstes Gregor IL an Bonifatius über die Organisation der Kirche in Baiern1. Mit der Einwilligung Otilos und der Großen des Landes hatte Bonifatius Baiern in vier Sprengel aufgeteilt und vier Bischöfe geweiht. Nach dem Tod Karl Martells verbindet sich der Baierndux mit der Tochter des maiordomus, Chiltrud, gegen den Willen ihrer beiden Brü• der, Karlmann und Pippin2. Als Odilo sich gegen diese 743 empört, wird er besiegt3. Mit Mühe gelingt ihm die Flucht über den Inn. Nach E. Zöll• ner, der zur Herkunft der Agilolfinger die entscheidenden Hinweise — ge• stützt vor allem auf das Gründerverzeichnis der Reichenau — gegeben hat, ist Otilo Bruder der alemannischen duces Theutbald und Landfrid. Vater Otilos ist Godafred, ebenfalls dux der Alemannen. Otilo selbst wird nach E. Zöllner als Angehöriger des schwäbischen Zweiges dux der Baiern4.

1 MGH. Epp. selectae I, p. 72 (= S. Bonifatii epistolae, ed. M. TANGL, Nr. 45). * MGH. SSRM. II, p. 180 (= Fred, cont., cap. 25). 8 MGH., a. a. O. (= Fred, cont., cap. 26). 4 E. ZÖLLNER, MIÖG. LIX (1951) p. 261-263.

67 LV. AUD(0)RAMNUS Vir illuster. Comes palatii Chlodwigs III.

Unter den neustrischen Großen, die unter Theuderich III. den neu- stroburgundischen maiordomus Berchar, Schwiegersohn Warattos, ver• lassen und zu Pippin übergehen, befindet sich 686 auch Audoram1. Von ihm ist nur der Personenname überliefert. Audoram ist aber wahrschein• lich mit dem unter Chlodwig III., dem Nachfolger Theuderichs III., ge• nannten comes palatii Audram identisch, der 693 Feb 28 an einem Kö• nigsgericht Chlodwigs in der Pfalz zu Valenciennes teilnimmt2. Das im Original erhaltene Placitum verzeichnet Audram in der Narratio an letzter Stelle der Beisitzer nach den Bischöfen, Optimaten, comites, gra- fiories, domestici, referendarii und den seniscalci an der für merowingi- sche Diplome charakteristischen Stelle, die den Rang dieses Amtsträgers nur noch hervorhebt. Die Dispositio mit der ebenso charakteristischen^ Formel der testimoniatio des comes palatii weist noch einmal auf dessen besondere richterliche Funktion bei diesem Placitum hin.

1 MGH. SSRM. II, p. 171 (= Fred, cont., cap. 5). * MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

LVI. AURILIANUS Vir illuster. Grafio

In der Reihe der Beisitzer, die von dem im Original erhaltenen Pla• citum Chlodwigs III. erwähnt sind, begegnet Aurilian 693 Feb 28 an letzter Stelle einer Reihe von acht grafiones, die das in Valenciennes aus• gestellte Diplom nach den Bischöfen, den optimates und comites, aber vor den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes pa• latii nennt1. Die Zahl der zweiundfünfzig Beisitzer erklärt sich wohl aus dem Zeitpunkt des Märzfeldes. In der Reihe der grafiones ist Aurilian der einzige Namensträger mit nicht-germanischem Personennamen. Die• ser gehört zu den 15°/o romanischen Namen in der Beisitzerliste. Über den Amtsbereich Aurilians ist nichts bekannt. Dieser Große begegnet nur in dem genannten Diplom.

* MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

68 LVII. AUSTROBERTUS Vir illuster

Austrobert ist einer der zahlreichen Großen, die das im Original er• haltene Privileg Chlodwigs IL für das Kloster St.-Denis 654 Juni 22 in Clichy-la-Garenne subskribieren1. Das vir illuster-Prädikat ist als Rang• zeichen des ausdrücklich als procer des Königs belegten Großen anzu• sehen. Austrobert gehört mit einiger Wahrscheinlichkeit der einheimi• schen neustrischen Oberschicht an. Dies legen der zweigliedrige germa• nische Personenname sowie Dispositio und Ausstellungsort des Diploms nahe.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6).

LVIII. AUSTRO(H)ALDUS Centenarius im Gebiet von St.-Omer

Austroald erscheint an zwölfter Stelle unter fünfzehn Zeugen in der Donatio des Presbyters Felix für das Kloster Sithiu von 745 Juli 251. Die "öffentlich" in Sithiu ausgestellte Urkunde2 läßt vermuten, daß Austroald im Gebiet des Klosters als centenarius eingesetzt ist, wie ein Amtsvorgänger, der dreiundzwanzig Jahre zuvor als Zeuge in einer Ur• kunde für Sithiu genannt wird8.

1 Pard. II, Nr. 584, p. 396. Cf. die ältere maßgebende Ausgabe bei M. GU£RARD, Car- tulaire de l'abbaye de St.-Bertin, Nr. XXXIII, p. 55. Die Lesart der bei Pard. II, Nr. 584 edierten Urkunde ist im ganzen der Lesart der Urkunde Nr. 585 vorzuziehen. Der in der Zeugenreihe unterschreibende Gumbarius (Guntharius bei M. GU6RARD, a. a. O., p. 55) ist um diese Zeit wohl kaum als scabinus {— Nr. 585) zu erwarten. Die Lesart sacerdos (= Nr. 584) ist vorzuziehen. 2 Pard. II, a. a. O.: "Actum Sithiu monasterio, publice,..." 8 Cf. Prosopographie Nr. CXVII.

LIX. AUSTROLENUS Lector(= "Urkundenschreiber")

Auf Anweisung des Bischofs Landerich von Paris schreibt Austrolen 652 dessen Privilegium securitatis et incommutabilitatis zugunsten der Basilica St.-Denis, das er zugleich auch subskribiert1. Der geistliche Aus-

69 steller, die ausschließlich bischöflichen Zeugen dieser Urkunde wie deren Dispositio machen wahrscheinlich, daß Austrolen selbst den geistlichen Würdenträgern der Pariser Kirche zuzurechnen ist.

1 Pard. II, Nr. 320, p. 97.

LX. B A B I S O Vir illuster

Der mit diesem Prädikat bezeichnete Große begegnet 616 März 27 als Besitzer der villa Hiliaco ("Hillieux"?, St.-Georges-sur-Erve, Mayenne) im Testament des Bischofs Berthram von Le Mans1. Berthram hat die genannte villa von Babiso bereits vor 616 erworben (percipere) und über• eignet sie nun der Basilica St.-Peter und Paul in Le Mans. Nach Lage des Besitzes und aufgrund des namenkundlichen Befundes, der Babiso als Träger eines fränkischen Personennamens ausweist2, kann dieser Große zur einheimischen neustrischen Oberschicht gerechnet wer• den. Das vir illuster-Prädikat deutet diese Zugehörigkeit an. Ein Amt ist für diesen Großen nicht zu erschließen.

1 Pard. II, Nr. 230, p. 200. Das Berthram-Testament ist nadi den Gesta pontificum neu ediert von H. LECLERCQ, DACL. X, 2, p. 1499-1518. Der Besitzvermerk zu Babiso findet sich p. 1502. 2 Der Name gehört in den Kreis der mit dem Stamm bab-gebildeten Personennamen, die M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 49, verzeichnet, wo dieser frühe Beleg aber fehlt.

LXI. BABO Emanuensis (= "Urkundensdireiber")

Die Donatio des im Seille-Gau begüterten dux Theotchar, der dem Kloster Weißenburg 682/83 Apr 1 eine Salzpfanne in Marsal übereig• net1, nennt Babo als amaioinsis, dem die Abfassung der Urkunde ob• liegt, die er noch vor dem Donator und dessen gleichnamigen Sohn sub• skribiert. Die öffentlich im vicus Marsal, einem wirtschaftlich bedeuten• den Platz, von sieben Zeugen subskribierte Donatio des dux ist die ein• zige überlieferte Urkunde, bei der Babo als Schreiber fungiert. Es bleibt offen, ob Babo zum Umkreis des dux zu rechnen ist.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 213, p. 205.

70 LXII. BATGISCIIOUS1 Comes (in Auster)

Batgisil erscheint 702 Jan 20 an sechster Stelle einer Reihe von acht comites in der Zeugenreihe einer echten Hausmeierurkunde2 Pippins (d. M.) und Plectruds, die Besitz im pagus Verdun an die Kirche von Ver- dun im Tausch gegen anderen Besitz dieses pagus geben. Sie enthält keine Angaben über den Amtsbereich dieses comes. Der Ausstellungsort der Urkunde ist nicht überliefert. Aussteller und Empfänger sowie de• ren Dispositio sind jedoch Indiz dafür, daß Batgisil — wie seine Amts• kollegen — wohl austrasischer Amtsträger ist.

1 Die kopial im Chartular der Kirche von Verdun überlieferte, heute verlorene Ur• kunde verzeichnet den zweigliedrigen germanischen Personennamen dieses comes in der Lautung "Batgisus". Dem Erstbestandteil des Namens liegt wohl *badu- zugrunde. Das Grundwort deutet auf ein lautlich verkürztes -gisil hin. Cf. dazu E. FÖRSTEMANN, Alt• deutsches Namenbuch, Bd. I, p. 228. 2 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

LXIII. BARONTUS Vir illuster. Comes (in Limoges?). Dux in Toulouse

Dank einer günstigen Überlieferungslage gehört Barontus, ein Franke1, der in dem in Jarjavaly (Creuse, comm. Roy£re) 626 Juni 20 ausgestell• ten Teilungsvertrag der Theudila zuerst in den Quellen genannt wird, zu den wenigen Großen des VII. Jhdts., die in ihrem Wirkungszusammen• hang recht genau verfolgt werden können. Der comes der Theudila- Urkunde ist mit dem vir illuster-Prädikat ausgezeichnet2. Der gemäß königlichem Mandat handelnde Amtsträger8 ist wohl Limoges zuzuord• nen4, von wo aus er für die in dieser Urkunde genannte Güterteilung in der Marche zuständig erscheint. Eigenbesitz dieses comes ist nicht über• liefert. Es fällt jedoch auf, daß das Mandat für die Teilung von Gütern der Theudila von Dagobert I. erteilt wird, nach dessen Regierungsjahren die Urkunde auch datiert, obschon er Aquitanien erst 629 mit der Über• nahme der Gesamtherrschaft erhält5. Berücksichtigt man dazu den Rechts• inhalt der Urkunde, bei der Theudila starke Nachteile durch Besitzverlust hinnehmen muß, so weist dies anscheinend auf die eigentümlich gespann• ten Beziehungen zwischen Chlothar IL und Dagobert (I.) hin. Die Span-

71 nungen zwischen Vater und Sohn werden zum erstenmal 625/26 von Pseudo-Fredegar erwähnt, als es dem austrasischen Unterkönig nach schwerwiegenden Auseinandersetzungen mit Chlothar II. gelingt, die altaustrasischen Gebiete seinem regnum zuzuschlagen6. 627/28 ruft Chlo• thar II. in Clichy eine Reichsversammlung ein, an der Neustrier und Burgunder, aber nicht die Austrasier teilnehmen7. Anläßlich dieser Zu• sammenkunft der Großen wird Ermarius, der gubernator palatiae von Chlothars II. jüngerem Sohn Charibert (IL), von Leuten des dux Aig- hyna getötet, einem Garonne-Sachsen, dessen Amtsbereich wohl schon vor 626 im aquitanischen Südwesten gelegen hat8. Aighyna steht unter Dagobert I. dann einem vergrößerten aquitanischen Grenzducat gegen die Basken vor. Dem Bericht Pseudo-Fredegars zum Jahr 627/28 ist zu entnehmen, daß Dagoberts jüngerer Bruder Charibert bereits eine quasi• königliche Stellung innehat, für die sich der Raum infra Ligerim wie von selbst anbietet. Mit Aquitanien wird Charibert dann 629 von Dagobert I. auf vertraglicher Basis endgültig abgefunden. Von diesem Jahr datiert Pseudo-Fredegar auch die Regierungsjahre Chariberts IL Dessen Einset• zung in Aquitanien ist allem Anschein nach aber bereits unter Chlothar IL erfolgt — vermutlich schon 625/26 oder bald darauf, als es diesem ratsam erscheinen mochte, dem als Unterkönig in Austrasien eingesetzten Dago• bert nach der Auseinandersetzung um ein vergrößertes Austrasien in Charibert ein politisch nicht unbedeutendes Gewicht entgegenzusetzen. Dieses aquitanische Gebiet kann Charibert nach Pseudo-Fredegar dann schon zu Lebzeiten Chlothars IL "privato habeto" gedient haben, "cum vivendum potuisset sufficere"9. Zu Chariberts wichtigsten Beratern ge• hört Brodulf, der über Mutterseite verwandte Onkel10. Erinnert man sich daran, daß eben dieser Brodulf der Vater der in der Marche begüterten Theudila ist, so stellt sich die von Dagobert 626 Juni 20 veranlaßte Tei• lung als ein bewußt vorgenommener Eingriff in die Besitzverhältnisse eines politischen Gegners dar. Die Urkunde der Theudila ist wohl als ein Zeugnis dafür zu werten, daß Dagobert als der älteste Sohn Chlothars IL und dessen präsumptiver Nachfolger schon zu Lebzeiten seines Vaters Regierungsrechte in Aquitanien wahrnahm, indem er gleichzeitig gegen Charibert und dessen Umgebung vorging, die sich für Dagobert I. 629 sehr bald als Gefahr herausstellte11. Barontus gehört dabei wie Aighyna12 zum Anhang Dagoberts in Aquitanien. 631/32 berichtet Pseudo-Fredegar, daß der unter Dagobert I. zum dux aufgestiegene Barontus den Schatz Chariberts nach dessen Tod einzieht13. Barontus behält dabei eigenmäch• tig einen Teil für sich zurück. Diese infidelitas hat anscheinend zu keiner• lei Konsequenzen für diesen Großen geführt. Barontus gehört 636/37 zu den namentlich bekannten duces an der Spitze einzelner Heereskontin• gente, die gegen die aufständischen Basken operieren14. Der Ducat des

72 Barontus hat wohl im ehemaligen aquitanischen regnum Chariberts IL gelegen, zentriert vielleicht um dessen einstige Residenz, Toulouse15.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78): "... Barontus . . . ex gerrere Fran- corum,..." 2 Pard. II, Nr. 253, p. 9. Neu ediert von J. HAVET, BECh. LI (1890) p. 47-50 und K. H. DEBUS, AfD. 13 (1967) p. 91-93. 8 K. H. DEBUS, a. a. O.: "... iuxta ut praeceptio gloriosissimo domno Dagoberte regi ad viro illustri Baronto comite data edocet,..." 4 D. CLAUDE, Topographie, p. 59 und 61, zieht diese Urkunde nicht heran und kommt daher zu dem falschen Ergebnis, in Poitiers habe es im VII. Jhdt. keinen comes gegeben. Wenn Barontus mit einiger Wahrscheinlichkeit Limoges zuzuweisen ist, wird der in der Theudila-Urkunde genannte zweite Amtsträger, der comes Gainoaldus, Poitiers zuzuord• nen sein. Postmerowingische Viten, die Barontus dem Limousin zuweisen, verzeichnet R. DE LA- STEYRIE, Etüde, p. 10 und 11. 5 MGH. SSRM. II, p. 142 (= Fred. IV, cap. 53): "...quod citra Legere vel Provin- ciae partibus situm erat' bleibt Dagobert vorenthalten. Diese Formulierung kann nur so interpretiert werden, daß Chlothar II. 625/26 seinem ältesten Sohn Aquitanien und die austrasischen Teile der Provence verweigert. Dazu scheint nun aber jene Stelle der Ur• kunde im Widerspruch zu stehen, in der von der "salus principum, cuius nunc potestamen regimur" (K. H. DEBUS, a. a. O., p. 93) die Rede ist. Sieht man von dem grammatisch undeutlichen relativen Anschluß ab, dann könnte neben Chlothar IL, dem Gesamtherr• scher, auch Charibert als princeps in Frage kommen. Es scheint jedoch mehr erwägens• wert, daß sich der formelhafte Charakter vor allem im ersten Teil des Satzes ("luxta itaque partes per Patrem et Filium et Spiritum Sanctum, vel per salutem princi• pum, . . ."), der eine Art liturgische Anrufung darstellt, bis zur Wendung von der "salus principum" erhalten hat und der in jedem Fall undeutlich relative Anschluß sich dann in der Tat nur auf einen princeps bezieht, Chlothar II. • MGH., a. a. O. 7 MGH. SSRM. II, p. 148 (= Fred. IV, cap. 55). 8 Cf. Prosopographie Nr. XVIII. 9 MGH. SSRM. II, p. 148 (= Fred. IV, cap. 57). Der Wortlaut ist bei Pseudo-Frede- gar grammatisch nicht ganz durchsichtig. Eindeutig wäre zweifellos ein "concessum fuisse* anstelle des "noscitur concesisse*. 10 MGH. SSRM. II, p. 406 (== Gesta Dagoberti, cap. 16). Danach ist Brodulf über die Königin Sichhild, die dritte Frau Chlothars IL, mit den Merowingern versippt. Die Gesta bezeichnen Brodulf als Bruder Sichhilds. 11 MGH. SSRM. II, p. 149 (= Fred. IV, cap. 56): "Brodulfus vellens nepotem estabi- lire in regnumy adversus Dagoberto muscipulare coeperat;.. .* 18 Cf. Prosopographie Nr. XVIII. 18 MGH. SSRM. II, p. 154 (= Fred. IV, cap. 67). " MGH. SSRM. II, p. 160 (== Fred. IV, cap. 98). 15 Cf. dazu Cl. PERROUD, Dudie" d'Aquitaine, p. 237 und 249.

LXIV. BASENUS Grafio (in Neuster)

Dieser Amtsträger begegnet um 659 als Beisitzer eines Placitums, des• sen Urkunde im Original erhalten ist1. Die Gerichtsurkunde Chlot-

73 hars III. erwähnt den grafio nach seinem Amtskollegen Waratto, der wohl mit dem nachmaligen maiordomus für Neustroburgund identisch ist2, und vor den seniscalci sowie dem comes palatii. Der Ausstellungsort des Diploms ist paläographisdi nicht mehr zu ermitteln. Der Prozeß• bericht ergibt Anhaltspunkte für eine Zuordnung des Basenus nach Neu• ster. Chlothar III. entscheidet in einem Rechtsstreit um den Besitz einer villa, die einst dem neustrischen maiordomus Erchinoald gehört hatte, zwischen der Kirche von Rouen und St.-Denis, die je eine Hälfte dieser villa erhalten. Der germanische Personenname, der in einer Kurzform vorliegt, kann als Indiz für eine sehr wahrscheinliche fränkische Herkunft des grafio gelten3.

1 MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11). 2 Cf. Prosopographie Nr. CCCVIII. 8 Cf. dazu M. TH. MORLET, Les noms de per sonne, p. 49.

LXV. BAUDACHARIUS Defensor {civitatis in Paris)

Baudachar begegnet an fünfter Stelle unter den Zeugen des in Paris 700 ausgestellten Testaments der Erminethrud1. Die fragmentarisch über• lieferte Urkunde, die keinen Fälschungsverdacht aufkommen läßt, ent• hält Übertragungen immobilen Besitzes — soweit erkennbar — in den pagi Meaux und Paris und mobilen Besitzes an Verwandte der Ermine• thrud sowie u. a. an acht Basilicae von Paris und schließlich Freilassungen in großem Umfang. Das Testament zeigt Formen des römischen Privat• 2 rechts — wie beispielsweise die Nuncupatio — y erwähnt aber nicht die Insinuation in den Gesta municipalia, was wohl mit der Überlieferung zusammenhängt. In der Zeugenreihe fällt auf, daß nach der Erblasserin der mit der Amtsbezeichnung comes erwähnte Mummolus mit Hand• zeichen subskribiert. Er ist wohl mit dem comes civitatis zu identifizieren. Für Baudachar ergibt sich daher, daß dieser anscheinend als defensor ci• vitatis fungiert hat. Beide Amtsbezeichnungen implizieren das Vorhan• densein einer städtischen curia in der sedes regia. Daß die curia im Testa• ment nicht erwähnt wird, kann mit der fragmentarischen Überlieferung der Urkunde zusammenhängen. Es ist andererseits möglich, daß die curia um 700 nicht mehr existiert hat. Das Amt Baudachars stellt möglicher• weise das Relikt eines älteren Verfassungszustandes dar. Baudachar selbst tritt als lokaler Amtsträger nur noch als Zeuge in Erscheinung. Sein Name, der den zweigliedrigen germanischen Personennamen zuzuredinen

74 ist3, deutet an, daß es sich hier um einen einheimischen neustrischen Amts• träger handelt.

1 Pard. II, Nr. 452, p. 258. 2 Pard. II, a. a. O.: "Ita dot ita ligo, ita testor, ita vos mihi, Quiritis, testimonium perhibetote testanti; citeri citeraeque proximi proximeque, exheredis mihi estote; pro- culque habetote.9 8 Cf. dazu M. TH. MORLET, Les noms de personne, p. 59.

LXVI. BAUDECHISILUS Vir magnificus

In der Nähe von Allones, infra terminum Alaunense, liegt das als rei- cola ausgewiesene Fontaines, dessen Besitzer Baudechisil und seine Frau Sanctia sind1. Der als vir magnificus bezeichnete Mann schenkt die ge• nannte reicola gegen das Zugeständnis, daß die Namen der Schenker in den Liber vitae der Kirche von Le Mans aufgenommen werden, an Bi• schof Berthram von Le Mans, der das Landgütchen — eine Eigengründung des Baudechisil — 616 März 27 testamentarisch post obitum der Mutter• kirche der Bischofsstadt vermacht. Baudechisil ist wohl der neustrischen Oberschicht zuzurechnen, wobei das vir magnificus-Prädikat die Zugehörigkeit zur besitzenden Schicht der cives (von Le Mans) wahrscheinlich macht. Obschon ein zweiglied• riger germanischer Personenname vorliegt, kann eine fränkische Herkunft seines Trägers als nicht gesichert gelten. Der romanisdie Personenname der Frau Baudediisils läßt in diesem einen Großen ex genere Romano vermuten, der sich einen fränkischen Namen zugelegt hat. Dem in der Spätantike zur illustris-Klasse als unterste Rangstufe zählenden vir mag• nificus-Prädikat kommt am Beginn des VII. Jhdts. nur noch die Bedeu• tung eines Epitheton zu, das Baudediisils Ranghöhe innerhalb der cives umschreibt.

1 Pard. II, Nr. 230, p. 201. Neu ediert nach den Gesta pontificum von H. LECLERCQ, DACL.X,2,p.l511.

LXVII. BENEDICTUS Vir illuster. Seniscalc Chlodwigs III. und Childeberts III.

Zwei im Original überlieferte merowingisdie Diplome nennen Bene• dict mit dieser Amtsbezeichnung. Dieser seniscalc nimmt 692 Nov 1 als

75 Beisitzer an einem Königsgericht teil, das Chlodwig III. im palatium Luzarches (Seine-et-Oise) einberufen hat1. Fünf Jahre danach, 697 März 14, erscheint Benedict erneut als Beisitzer eines Placitums Childeberts III. in der Pfalz zu Compi&gne2. Es fällt auf, daß in beiden Gerichts• urkunden neben Benedict stets ein zweiter seniscalc in der Reihe der Bei• sitzer genannt wird, nach den Bischöfen, dem maiordomus, den Optima- ten, den comites und den domestici in der einen3, nach den Bischöfen, den Optimaten und grafiones in der zweiten Urkunde4. Eine solche Zu• ordnung in der Beisitzerreihe läßt an keinen hohen Rang der seniscalci denken. Der seniscalc Benedict ist kaum mit dem gleichnamigen Donator des Klosters Weißenburg identisch, der 711/15 Besitz an der Isch an das Kloster tradiert5.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). * MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 8 Wie Anm. 1. 4 Wie Anm. 2. 5 Eine solche Identität liegt zunächst recht nahe, da diese durch die gleichzeitige Er• wähnung des zweiten seniscalc, Chardoin, in dem nämlichen Placitum Chlodwigs III. von 692 eine eigentümliche Übereinstimmung mit dem in der Weißenburger Urkunde von 711/15 testierenden gleichnamigen saargauischen centenarius hervorruft. Philologi• sche Kriterien sind — für sich genommen — aber nicht beweiskräftig. Traditiones Wizenburgenses Nr. 237, p. 227. Cf. im übrigen dazu Prosopographien Nr. CV und CVI.

LXVIII. BERCHARIUS Dux in Peronne. Dux in Laon

Der Verfasser der zeitgenössischen Virtutes Fursei1 berichtet von dem Streit, der sich um 649 nach dem Tod des Iren um dessen Leichnam erhebt. In Peronne, wohin man unter der Führung des maiordomus Erchinoald Furseus gebracht hatte, fordert Berchar, der hier an der Spitze eines gro• ßen Aufgebots erscheint, von Erchinoald die kostbare Reliquie für Laon ein2. Berchar macht dabei ältere Rechte geltend, denen zufolge er vor seinem Dux-Amt in Laon dux im Gebiet von Peronne gewesen ist3. Ein Gottesurteil entscheidet aber gegen Berchar, der zulassen muß, daß der Heilige in Peronne verbleibt. Name und Amt weisen Berchar der einheimischen austrasischen Füh• rungsschicht zu.

1 Zur Datierung der Virtutes cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquel• len im Mittelalter, Heft I, p. 135. 1 MGH. SSRM. IV, p. 446 (= Virtutes Fursei, cap. 19).

76 8 MGH. a. a. O.: *... eo quod ego prior omnibus in hac terra eorum dux fui> .. .*. Auf den um P^ronne zentrierten Ducat Berchars deuten auch dessen Schenkungen, die er noch zu Lebzeiten des Furseus an dessen Verwandte (parentes) gemacht hat. Die Schenkungen werden vom Verfasser der Virtutes aber nur grosso modo genannt.

LXIX. BERCHARIUS Vir illuster. Maiordomus Neustroburgunds (686—688)

Nach dem Tod des neustroburgundischen maiordomus Waratto, 6861, tritt Berdiar dessen Nachfolge im Amt an2. Er ist als Schwiegersohn Warattos nachgewiesen, dessen Tochter Anstrud in erster Ehe mit Berchar verheiratet ist3. Die Wahl dieses neustrischen Großen zum Nachfolger Warattos erweist sich nach den Quellen als Fehlgriff der untereinander uneinigen Neustrier. Gemäß der Schilderung des Chronisten bringt Ber• char keine Qualifikation für dieses Amt mit, in dem er sich als das genaue Gegenteil seines Vorgängers darstellt und die ohnedies bestehende Oppo• sition neustrischer Großer begünstigt. Der noch unter Waratto erfolgte Waffenstillstand mit Pippin kehrt sich unter Berchar in den Kampf ge• gen den austrasischen dux um, der den neustrischen maiordomus aber 687 bei Tertry an der Somme schlägt4. Den neustroburgundischen Maiordo- mat hat Berchar nach dieser Niederlage aber weiter offiziell wahrgenom• men. Noch am 30. Oktober 688 wird Berchar als maiordomus Theude• richs III. in dessen Diplom für St.-Denis genannt, das in Compi&gne ausgestellt und im Original erhalten ist5. Aus der Dispositio dieses Prae- cepts geht hervor, daß Berchar bereits nicht mehr über das Amtsgut der neustroburgundischen maioresdomus, Lagny-le-Sec, verfügt, das nach Warattos Tod an den Fiscus zurückgefallen war. Besitz Berchars ist nicht überliefert. Als Schwiegersohn Warattos verzeichnet 697 ein merowingisches Pla- citum den Sohn Pippins, Drogo, mit dem Anstrud, Berchars Gemahlin, nach 688 ihre zweite Ehe eingeht. Ansfled, Berchars Schwiegermutter, ist wohl schon 686 mit anderen, namentlich nicht genannten neustrischen Großen zu Pippin übergegangen. Ende 688 fällt Berchar einem Mord• anschlag Ansfleds zum Opfer. Damit ist zugleich der Weg des austra• sischen dux Pippin zu Theuderich III. freigeworden6.

1 Cf. Prosopographie Nr. CCCVIII. * MGH. SSRM. II, p. 322 (== Liber historiae Francorum, cap.48) und MGH., a.a.O., p. 171 (= Fred, cont., cap. 5). 8 MGH., a. a. O. 4 MGH., a. a. O., p. 322 (~ Liber historiae Francorum, cap. 48) und Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii II, 2 ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 17. Die Lautung des Perso• nennamens ist in dieser Quelle karolingischer Provenienz mit Bertharius wiedergegeben.

77 8 MGH. DM. Nr. 57, p. 51 (= LS. Nr. 17). • MGH. SSRM. II,p. 322 (= Liber historiae Francorum, cap.48) und MGH., a.a.O., p. 171 (== Fred, cont., cap. 5).

LXX. BERDANDUS Miles

Mit seinem Amtskollegen Bertin subskribiert Berdand 697 die von Gammo und seiner Frau Adalgu(n)d ausgestellte epistola donationis um• fangreichen Besitzes tarn ultra Ligerim sitis vel citra Ligerim an das auf Eigenbesitz errichtete Nonnenkloster Lemauso ("Limours") im pagus Etampes1. Die in conventu nobilium in Bourges in Gegenwart Childe- berts III. verlesene Urkunde, die außerdem durch Niederlegen auf dem Altar des von Gammo und Adalgu(n)d begünstigten Pariser Klosters St.-Vinzenz und S.-Crux gesichert wird, dem das Eigenkloster post mor• tem übertragen wird, nennt außer den beiden milites keinen weiteren Amtsträger. Der Kontext der Urkunde macht wahrscheinlich, daß Ber• dand wie sein Amtskollege der familia des reich begüterten Gammo zu• gerechnet werden kann. Der Name des miles ist — soweit erkennbar — germanisch2.

1 Pard. II, Nr. 442, p. 245. 2 "Berdandus" ist den Kurzformen der mit "Bert-" gebildeten Personennamen zuzu• rechnen. Cf. dazu TH. MORLET, Les noms de personne, p. 56. Die Graphie des Namens ist anscheinend gestört. Obgleich die Amtsbezeichnung miles durchaus singulär überliefert wird, weckt die Donatio keinen Fälschungsverdacht. PARDESSUS erklärt die Urkunde für echt.

LXXI. BERGETHOSIENIS Comes in Auster

Der in einem echten, im castrum Zülpich ausgestellten Diplom des maiordomus Karl Martell 726 Juli 9 in einer Gruppe von comites an dritter Stelle unter den Subskribenten verzeichnete Bergethosienis ist wohl Amtsträger in Auster. Darauf weisen zumindest der Ausstellungsort wie die Dispositio der Traditio Karls hin1. Die allesamt nur in dieser Quelle belegten comites stellen vielleicht die Umgebung des maiordomus dar. Sie arbeiten nicht am Rechtsinhalt der Urkunde mit. Karl vergabt Eigen• gut im pagus Betuwe an den Bischof Willibrord. Dieser Besitz war Karls Vater Pippin (d. M.) von Childebert III. vor 711 aus dem für den Fiscus eingezogenen Besitz eines Everhard vergabt worden, der sich wohl mit den Friesen gegen die Zentralgewalt eingelassen hatte.

78 Der kopial aus dem XL Jhdt. überlieferte Name des comes ist lautlich sicher verderbt. Germanische Herkunft und Zweigliedrigkeit liegen an• scheinend vor. Die Emendation in *Bertgoz scheint zulässig2.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 12, p. 100. Neu ediert in den DB. Nr. 174, p. 306. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 241. 1 Der Name des comes wird in der Lautung Bergethosienis (= Gen. Sg.) belegt. Der Wurzelvokal des Grundwortes (— ös) —ö— scheint lautgesetzlich zumindest aus der Kon• traktion von germanischem au > althochdeutschem ö (vor Dental) hervorgegangen zu sein.

LXXII. BERO Vir illuster. Comes palatii Childeberts III.

Das im Original erhaltene Placitum dieses Königs von 710 Dez 141 nennt Bero mit dieser Amtsbezeichnung und dem vir illuster-Prädikat als Stellvertreter des comes palatii Grimbercth2. Bero übt dieselbe richter• liche Funktion der testimoniatio aus, wie sie seit der Mitte des VII. Jhdts. von merowingischen comites palatii bezeugt ist. Nach mehr als fünfzig Jahren aber belegt das Diplom von 710 zum erstenmal die Stellvertre• tung in diesem Amt, als deren besonderes Kennzeichen die Ranggleichheit der beiden Amtsträger hervortritt. Es fällt auf, daß auch für einen Re• ferendar unter Childebert III. zum erstenmal ein Stellvertreter genannt wird3. Die ad vicem erfolgte Teilnahme am Königsgericht ist für die Re• gierungszeit dieses Merowingers geradezu eigentümlich. Dies deutet wohl auf weitgehende Zersplitterung der Hofämter hin, deren Träger eine besondere Funktion in merowingischen Placita erfüllen. Eine Abschwä- chung des Amtscharakters ist daraus aber noch nicht ohne weiteres zu folgern.

1 MGH. DM. Nr. 78, p. 70 (= LS. Nr. 32). 1 MGH., a. a. O.: *... in quantum inluster vir Bero, comis palate nostre, qui ad vice itemque inlustri viro Grimberctho, comite palati nostro, adestare vedebatur,.. .* Cf. da• zu Prosopographie Nr. CXCIV. 8 Das 697 März 14 in Compiegne ausgestellte Placitum dieses Königs verzeichnet zum erstenmal die in Stellvertretung erfolgte recognitio der Urkunde.

LXXIII. BERTELANDUS Vicarius des comes Bertuin im pagus Laon

Das Privileg Childerichs IL zugunsten des Bischofs Amandus über• liefert 661 Aug 1 Berteland mit dieser Amtsbezeichnung in der Inscriptio

79 nadi dem an erster Stelle belegten comes Bertuin1. Der austrasische Kö• nig zeigt den genannten Amtsträgern die Schenkung der im pagus Laon gelegenen villa Barisiacum ( = "Barisis-le-Bois") an Amandus an, der diese aus Fiskalbesitz erhält. Berteland, dem Namen nach wohl einhei• mischer fränkischer sc. austrasisdier Großer, erscheint als der Vertreter des comes innerhalb des pagus Laon, in dessen Gebiet die Schenkung liegt. Es ist wohl kein Zufall, wenn Berteland nicht mit dem vir illuster- Prädikat belegt wird. Auch die Promulgatio des Diploms schließt Berte• land aus. Das sich darin ausdrückende Abhängigkeitsverhältnis zum comes wird man vielleicht damit erklären können, daß dieser vicarius vom comes selbst eingesetzt worden ist.

1 MGH. DM. Nr. 25, p. 25. Zu Bertuin cf. Prosopographie Nr. LXXXI.

LXXIV. BERTHARIUS

Comes Theuderichs IL Cubicularius desselben Königs

610 erscheint Berthar, dem Ionas, der Biograph Columbans, die Amts• bezeichnung comes zulegt, vor Columban in Luxeuil, um den Iren zum Verlassen des Landes aufzufordern1. Berthar kann jedoch den ihm von Theuderich IL gegebenen Auftrag nicht ausführen. Leute der Mann• schaft des comes bleiben daher in Luxeuil zurück, um Columban notfalls mit Gewalt zu vertreiben. Mit Berthar identisch ist der 612 auftretende gleichnamige Große, der von Pseudo-Fredegar als cubicularius Theude• richs IL bezeugt wird2. Nach dem Scheitern Theudeberts IL bei Toul und dessen erneuter Niederlage bei Zülpich 612 verfolgt Berthar den fliehenden König ostwärts des Rheins, wo dieser augenscheinlich Hilfe bei Sachsen und Thüringern sucht, deren Kontingente das stark ge• schwächte austrasische Heer wieder aufgefüllt hatten3. Den gefangenen Theudebert bringt Berthar zu Theuderich IL nach Köln. Dieser konze• diert dem cubicularius Pferd und Zaumzeug Theudeberts — sichtbares Zeichen sozialer Erhöhung für den Amtsträger aus der unmittelbaren Umgebung Theuderichs.

1 MGH. SS. rer. Germ., p. 194-195 (= Ionae Vita Columbani II, cap. 20). * MGH. SSRM. II, p. 139 (- Fred. IV, cap. 38). « MGH., a. a. O.

80 LXXV. BERTHARIUS (Vir illuster). Comes palatii Chlodwigs IL

Dieser Große wird 642 in die Auseinandersetzung zwischen Flaochad, dem fränkischen maiordomus Burgunds, und dem burgundischen patri- cius Willibad mit hineingezogen1. Der aus dem Ultraiuranus stammende Franke, der zum Amtsträger des noch jungen Chlodwig IL aufgestiegen ist, wird von einem einheimischen burgundischen Großen, zu dem er frü• her freundschaftliche Beziehungen hatte, hinterlistig verletzt. Chaubedo, Berthars Sohn, rächt diesen Anschlag durch den Tod des Burgunders. Dessen Kampf gegen den Franken spiegelt im Kern bereits die entschei• dende militärische Auseinandersetzung zwischen Flaochad und Willibad wider, die als burgundische Reaktion auf den wachsenden neustrischen. Einfluß zu verstehen ist, gleichwohl aber auch die Züge eines Privat• krieges rivalisierender Großer trägt. Bertharius ist anscheinend mit dem gleichnamigen als vir illuster bezeichneten Großen identisch, der 654 Juni 22 das in Clichy ausgestellte Diplom Chlodwigs IL für St.-Denis sub• skribiert2, wie der ebenso ohne Amtsbezeichnung und ohne das vir illu- ster-Prädikat genannte Chaubedo.

1 MGH. SSRM. II, p. 167 (= Fred. IV, cap. 90). 2 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (== LS. Nr. 6).

LXXVI. BERTHARIUS Comes (von Seez?)

Der Verfasser der bald nach 833 entstandenen Gesta ss patrum Fon- tanellensis coenobii1, die urkundliche und historiographische Quellen der Merowingerzeit enthalten, erwähnt zu 723 Juli 19 ein in Zülpich aus• gestelltes arnulfingisdies Deperditum, das einen Rechtsstreit vor Karl Martell wiedergibt2. In diesem Streit um eine unweit S^ez/Orne gelegene villa zwischen dem comes Berthar und dem Abt Benignus von St.-Wand- rille entscheidet der maiordomus gegen den comes. Dieser ist anscheinend Amtsträger im Ducatus Cenomannicus, vielleicht comes von S£ez gewe• sen, der seinen Sitz mithin in einer civitas hatte.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 344-345. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii 111,5, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 32.

81 LXX VII. BERTHELMUS Vir illuster

Unter den zwölf Zeugen der epistola donationis Theodetruds sive Theodilas für die Basilica St.-Denis begegnet Berthelm mit diesem Prä• dikat an dritter Stelle1. Die 627 Mai 20 in Paris ausgestellte Urkunde, die der genannten Basilica Besitz im Chambliois, im Limousin und im Beauvaisis übereignet, wobei der Schenkungsvorgang {per paginam te- stamenti) in die Form eines Briefes eingekleidet erscheint, gibt keinen Aufschluß über die Identität Berthelms. Es kann nur vermutet werden, daß er wie der nach ihm als testis subskribierende Landegisel als Ange• höriger der fränkischen Oberschicht der Familie von Theodilas Vater, Brodulf, nahesteht, der mit dem merowingischen Königshaus versippt ist. Das vir illuster-Prädikat deutet anscheinend diese Ranghöhe Bert• helms an; sein zweigliedriger germanischer Personenname spridit jeden• falls für fränkische Deszendenz dieses Großen.

1 Pard. II, Nr. 241, p. 228.

LXXVIII. BERTOALDUS (Angeblicher) Dux der Sachsen

Nach dem Bericht des neustrischen Liber historiae Francorum, der aber die Ereignisse um Bertoald ein volles Jahrhundert später wiedergibt, rebelliert dieser dux ÜlllTb an der Spitze der Sachsen gegen Dagobert (I.) und Chlothar IL1 Der sagenhaft ausgeschmückte Bericht2, der bei Pseudo- Fredegar nicht enthalten ist, läßt erkennen, daß sich Bertoald in dem Augenblick gegen die Zentralgewalt erhebt, als er glaubt, Chlothar IL sei nicht mehr am Leben3. Bertoald fällt in diesem Kampf. Nach dem Verfasser des Liber historiae Francorum gehört Bertoald zur Oberschicht der dem Frankenreich tributpflichtigen Sachsen4.

1 MGH. SSRM. II, p. 311 (= Liber historiae Francorum, cap. 41). * Dies wird vor allem deutlich an der Botschaft Dagoberts an seinen Vater, dem er eine Locke als Erkennungszeichen überbringen läßt, um dessen Beistand zu erlangen. 3 MGH., a. a. O.: "... cum nos eum (sc. Chlotarium) mortuum audittim esse habe- mus* 4 MGH., a. a. O.: "... quod servum tuum Bertoaldum gentilem peremisti . . .* hält Bertoald Chlothar II. vor Beginn des Kampfes entgegen, in dem der Sachse schließlich unterliegt.

82 LXXIX. BERTOLDUS Vir illuster

Bertold wird vom Verfasser der erst karolingischen Vita des Bischofs Ansbert von Rouen1 als vir illuster bezeichnet, dessen Patrimonium der locus Paldriacus (= ?) im Gebiet von Rouen vier Meilen vor St.-Wand• rille (dep. Seine-Inferieure) ist2. Unter dem Eindruck eines Wunders an• läßlich der Translation Ansberts nach St.-Wandrille (nach 690) überträgt Bertold gemeinsam mit seinem Bruder Radamast den gesamten Besitz in praediis ac mancipiis an St.-Wandrille, in dessen Konvent die Brüder eintreten.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 139. 2 MGH. SSRM. V, p. 639 (= Vita Ansberti, cap. 34).

LXXX. BERTOALDUS Vir illuster. Comes palatii Childeberts III.

Unter den proceres dieses Königs, die anläßlich eines Königsgerichtes 709 Apr 8 als Beisitzer im palatium Cr£cy-en-Ponthieu fungieren, ist Ber- toald der einzige namentlich genannte Große mit Amtsbezeichnung und dem vir illuster-Prädikat1. Das im Original erhaltene Diplom läßt die richterliche Funktion des comes palatii dadurch erkennen, daß Bertoald den rechtmäßigen Verlauf der Verhandlung vor dem König bezeugt, ehe dessen Gebot ergeht.

1 MGH. DM. Nr. 76, p. 68 (= LS. Nr. 30).

LXXXI. BERTUINUS Vir illuster. Comes des pagus Laon

Bertuin ist um 661 Aug 1 als comes im pagus Laon nachweisbar. Das Privileg des austrasischen Königs Childerich II. für den Bischof Aman- dus (von Maastricht) erwähnt Bertuin in der Inscriptio1, die zugleich den Stellvertreter des comes, den vicarius Berteland, nennt. Childerich IL zeigt beiden Amtsträgern, von denen nur Bertuin als vir illuster aus• gewiesen ist, die Schenkung der im pagus Laon gelegenen villa Barisia-

83 cum (= "Barisis-le-Bois") an Amandus an, der diese aus Fiskalbesitz erhält. Der Schenkungsvorgang wird nur dem comes und dessen vicarius angezeigt. Die Promulgatio des Diploms erwähnt nur den comes. Viel• leicht ist dies Indiz dafür, daß der pagus der innerhalb des Ducatus Cam- panensis gelegenen civitas Laon damals keinem dux unterstellt war. Ber- tuin ist wohl der fränkischen sc. austrasischen Oberschicht zuzuordnen, wie dies auch der zweigliedrige germanische Personenname nahelegt.

1 MGH. DM. Nr. 25, p. 25.

LXXXII. B E RT IN U S Miles

Die von Gammo und seiner Frau Adalgu(n)d 697 ausgestellte epistola donationis umfangreichen Besitzes tarn ultra Ligerim sitis vel citra Lige- rim an das auf Eigengut (loco proprietatis) errichtete Nonnenkloster Le- mauso (= "Limours") im pagus Etampes, dem Berta, beider Tochter, als Äbtissin vorsteht, nennt Bertin mit dieser Amtsbezeichnung zusammen mit seinem Amtskollegen Berdand nach den geistlichen Würdenträgern und den Schenkern1. Die in conventu nobilium in Bourges in Gegenwart Childeberts III. verlesene Urkunde, die außerdem durch Niederlegen auf dem Altar des von Gammo und Adalgu(n)d begünstigten Pariser Klo• sters St.-Vinzenz und S.-Crux gesichert wird, dem das Eigenkloster post mortem testamentarisch übertragen wird, nennt außer den beiden milites keine Amtsträger. Bertin könnte wie sein Amtskollege zur familia des reich begüterten Gammo gerechnet werden. Über das Amt, dessen privat• rechtlicher Charakter nur vermutet werden kann, sagt die Urkunde selbst nichts. Der zweigliedrige Personenname ist germanisch; die fränkische Herkunft seines Trägers muß aber in Frage gestellt bleiben.

1 Pard. II, Nr. 442, p. 245. Der Herausgeber hat die Donatio für echt erklärt, obschon die Überlieferung der Amtsbezeichnung miles durchaus singulär ist. Ein Fälschungs• verdacht kommt aber nicht auf.

LXXXIII. BETTILINUS Vir illuster. Domesticus in Auster (Ardenner-Forst)

Dieser Große begegnet um 648 in einem Privileg des austrasischen Königs Sigibert III. für das Kloster Stablo-Malm^dy1. Das Diplom ver• zeichnet Bettilin in der Dispositio nach den Bischöfen und den als viri

84 illustres ausgewiesenen Großen an dritter Stelle einer Reihe von vier domestici. Deren Amtsgebiet ist der königliche Ardenner-Forst2, von dem Teile an das Kloster vergabt werden. Die Kurzform des germani• schen Personennamens kann möglicherweise als Indiz dafür gelten, daß Bettilin der einheimischen austrasischen Oberschicht entstammt3. Als einziger der vier domestici erscheint Bettilin nicht mehr in dem Privileg Childerichs IL, der dem Kloster 669 Sep 6 die Hälfte des von Sigibert vergabten Forstes abzieht4. Dies wird wohl auf der fehlerhaften Arbeit des Kopisten beruhen, der auch die Reihe der Bischöfe unvoll• ständig wiedergibt.

1 MGH. DM. Nr. 22, p. 23. 2 MGH. DM., a. a. O.: "... in foreste nostra nuncupante Arduinna, in locis vastae solitudinis, . . .". Cf. dazu MGH. DM. Nr. 29, p. 28: ". . . de ipsa foreste dominica . . ". 8 Bettilin könnte aus einem zweigliedrigen germanischen Personennamen mit dem Be• stimmungswort althochdeutsch beraht- entstanden sein. Man vergleiche dazu das Testa• ment des Bischofs Bertram von Le Mans, das die Ablösung des hochtonigen Erstbestand• teils deutlich zeigt: Betto sive Berthrannus (Pard. I, Nr. 230, p. 206). Aber auch die Ab• lösung des hochtonigen Bestimmungswortes *badu ist zu erwägen (cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I., p. 227/8), wobei der Umlaut durch u der Folgesilbe bewirkt worden ist. 4 MGH. DM. Nr. 29, p. 28.

LXXXIV. BLIDEGARIUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Blidegar erscheint an sechster Stelle einer Gruppe von zwölf Optima- ten, die das im Original erhaltene Placitum Chlodwigs III. von 693 Feb 28 in der Reihe der Beisitzer nach den Bischöfen und vor den comites, den grafiones, den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii verzeichnet1. Das anläßlich des Märzfeldes in der Pfalz zu Valenciennes tagende Königsgericht, bei dem die große Zahl der Optimaten wohl auch der Unmündigkeit des Königs Rechnung trägt, verzeichnet Blidegar nach Gunduin, einem Großen, der vermutlich im austrasischen Süden im Um• kreis des Klosters Weißenburg zu Hause und mit dem in Saar- und Seille-Gau begüterten Angehörigen der Gundoine identisch ist, die das Kloster in der Frühzeit austatten2. Blidegars Herkunft ist nur über den zweigliedrigen germanischen Personennamen zu erschließen, der seinen Träger möglicherweise der fränkischen sc. neustrischen Oberschicht zu• ordnet.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). * Cf. Prosopographie Nr. CXCIX.

85 LXXXV. B O B O Thesaurar Chlothars IL

Für die Zeit dieses Königs nennt die Vita des Bischofs Eligius von Noyon1 einen Thesaurar dieses Namens, in dessen tuitio sich Eligius begibt, ehe er am Hof bekannt wird2. Unter dem als vir honestus et man- suetus geschilderten Bobo arbeitet Eligius als Goldschmied, der schließ• lich von Chlothar II. entdeckt und an den Hof gebunden wird.

1 Der Vita Eligii I liegt die alte Vita Audoins von Rouen zugrunde, die im VIII. Jhdt. überarbeitet worden ist. Cf. dazu WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Gesdiidits- quellen im Mittelalter, Heft I, p. 127/28. Die von Audoin verfaßte Vita entstand un• mittelbar nach dem Tod des Eligius (cf. K. H. DEBUS, AfD. 14 (1968) p. 9). * MGH. SSRM. IV, p. 671 (= Vita Eligii, cap. 4). Daß Bobo Thesaurar Chothars II. ist, geht einwandfrei aus dem folgenden Kapitel (5) der Vita hervor (MGH. a. a. O., p. 672).

LXXXVI. BOBO Dux der austrasischen Auvergne

Die Gesta Dagoberti erwähnen einen dux dieses Namens anläßlich eines Tausches zwischen Dagobert und dem genannten Bobo, der mit dem comes palatii Tacilo als Besitzer von Latiniacum (= "Lagny-le-Sec") im pagus Meaux erscheint1. Pseudo-Fredegar berichtet dann 641 von einem Arverner dux2. Dieser letzte bezeugte dux der Auvergne3 kommt im sel• ben Jahr auf einem Zug gegen den Thüringerdux Radulf um. W. Levison hat wahrscheinlich gemacht, daß Bobo mit dem gleichnamigen Neffen des Diakons Adalgysel qui et Grimo identisch ist, der in dessen Testament 634 als Besitzer von Teilen der villa Fatiliago(= "Failly"), westlich Lon- guyon, erscheint, von der Bobo, den das Testament als dux bezeichnet, den vierten Teil von Adalgysel käuflich erworben hatte4. Als angeblicher dux Aquitanorum erscheint ein Bodegisel in späteren Überlieferungen, die nach W. Levison an den letzten austrasischen dux der Auvergne an• knüpfen5. Das unweit der Maas gelegene Kloster Amay birgt der Über• lieferung zufolge das Grab einer Oda, die nach der Legende Gattin eines dux Bodegisel von Aquitanien gewesen sein soll.

1 MGH. SSRM. II, p. 415 (= Gesta Dagoberti, cap. 37): "... seu etiam de Latiniaco, quae sita est in territorio Meldico, quam ipse rex cum Bobone duce et Tacilone comite palatii de suo proprio fisco commutaverat, .. .*. Diese Nachricht ruft allerdings einige

86 Zweifel hervor. Lagny-le-Sec ist als Amtsgut der neustrisdien maioresdomus seit Ebroin gut bezeugt. * MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 87). 8 E. EWIG, Volkstum, p. 12 Anm. 35. 4 W. LEVISON, Frühzeit, p. 131. 8 W. LEVISON, a. a. O., p. 133 Anm. 3. Bobo stellt sich als Kurzform des zweigliedri• gen germanischen Namens Bodegisel dar.

LXXXVII. BOBO Vir illuster. Dux in Auster

Dieser Große wird um 644 in der Gründungsurkunde des austrasischen Unterkönigs Sigibert III. für das im äußersten Westen der Trierer Diö• zese gelegene Kloster Casecongidunus (= "Cugnon") genannt1. Das echte Diplom führt Bobo neben Grimoald (d. Ä.), den die Adresse als maior- domus ausweist, und Adalgisel auf. An dem Rang Grimoalds wie Adal- gisels, der mit dem neben Bischof Kunibert von Köln als Regent agie• renden dux identisch ist, läßt sich unschwer der Rang des wie Adalgisel mit dem vir illuster-Pr'idikat ausgezeichneten Bobo ablesen. Dieser zur austrasischen Führungsschicht gehörende Große erscheint um 648 in der Gründungsurkunde Sigiberts IIL für Stablo-Malm^dy als vir illuster und fidelis dieses Königs im Umkreis Grimoalds und Adalgisels sowie Ful- coalds, der als austrasisdber dux nachweisbar ist2. Eine Amtsbezeichnung wird für Bobo und die übrigen viri illustres nicht genannt. Der Ducat ist für Bobo jedoch expressis verbis in jenem Diplom Childerichs II. er• wähnt, der 670 Sep 6 dem Kloster Stablo-Malm£dy die durch Sigibert IIL um 648 erfolgte Schenkung reduziert und unter deutlichem Bezug dar• auf3. Ein Amtsgebiet ist aus den genannten Quellenbelegen nicht zu er• mitteln.

1 MGH. DM. Nr. 21, p. 22. * MGH. DM. Nr. 22, p. 23. 8 MGH. DM. Nr. 29, p. 28.

LXXXVIIL BONIFATIUS Vir illuster. Dux des Elsaß

Die zeitgenössische Vita des Germanus von Moutier-Granval nennt als Nachfolger Gundoins im Elsaß-Ducat den dux Bonifatius, dem wie• derum Chatalrichus sive Chaticus im Amt nachfolgt1. Der Name des

87 Bonifatius ist eng mit dem Kloster Münster im Gregoriental im hinteren Tal der Fecht (westlich Colmar) verbunden. Die Annales Monasterienses vom Ende des XII. Jahrhunderts berichten von der um das Jahr 662 er­ folgten Gründung, bei der neben dem Straßburger Diözesan Rothar auch der Amtsträger im Elsaß­Ducat, Bonifatius, mitgewirkt hat2. Vor 670 adressiert Childerich IL an den dux Bonifatius, dem er eine Schen­ kung aus dem königlichen Fiscus anzeigt, die für das Kloster im Grego­ riental bestimmt ist3. In einem echten Diplom Childerichs II. für die Kirche St. Maria und St. Stephan in Speyer von 664/66 wird Bonifatius wiederum als dux genannt, der hier als Intervenient gemeinsam mit dem dux Amalrich auftritt4. Dies ist zugleich die letzte Erwähnung des Elsaß­ Dux, an dessen Stelle noch vor 675 Adalricus­Eticho getreten ist5. In den Weißenburger Traditionen ist der Name Bonifatius mehrmals in der Zeugenreihe vor allem in Urkunden der Gundoin­Familie anzu­ treffen6. Eine Amtsbezeichnung fehlt in allen Fällen; das ist jedoch der Weißenburger Überlieferung eigentümlich, die lediglich den comes oder den centenarius als Vorsitzende des mallus anführt, auf dem Dona­ tio oder Venditio gerichtlich verhandelt werden7. Als Donator tritt Boni­ fatius in einer einzigen Urkunde auf8. Seinen Anteil der villa gairoaldo (= "Gorlingen") im Saargau, einer villa, die einst seinem Sohn Gunde­ bald gehört hatte, schenkt er mit Zustimmung seines zweiten Sohnes Teodoald an Weißenburg. Da der unter den Zeugen genannte Chrodo­ harius vermutlich mit dem Straßburger Diözesan Rothar identisch ist9, darf angenommen werden, daß jener Bonifatius der dux des Elsaß gewe­ sen ist, der mit dem Straßburger Bischof Rothar das Kloster im Grego­ riental gegründet hatte10. Der vereinzelt auftretende Besitz einer portio in dem außerhalb des eigentlichen Amtsbereiches liegenden Saargau ist nicht ungewöhnlich. Auch die Etichonen haben Herrschaftsrechte im äußersten Norden des Ducats ausgeübt und im pagus Verdun weit über ihren Amtsbereich hinaus Besitzungen11. Auch ist die Verwandtschaft des Elsaß­Dux mit dem gleichnamigen testis der Weißenburger Urkun­ den nicht ganz auszuschließen. Im lothringischen Raum sind die Weißen­ burger Donatoren, zu denen die Etichonen freilich erst spät hinzustoßen, miteinander verbunden, darunter einige der bedeutenden Familien durch die gemeinsame Gegnerschaft zu den Pippiniden. Für den Elsaß­Dux Bonifatius sind Beziehungen in den südaustrasischen Raum Lothringens ein Zeugnis dafür, daß bereits in der Frühzeit das elsässische Herzogtum nach Norden ausgreift, vielleicht aber auch, daß Große aus dem Norden als duces im Elsaß eingesetzt werden.

1 MGH. SSRM. V, p. 37 (= Vita Germani, cap. 10). Die Vita des Trierer Senatoren­ sohnes (■» F. PRINZ, Mönchtum, p. 123) ist wohl gegen Ende des VII. Jhdts. verfaßt. Cf.

88 E. EWIG, Volkstum, p. 33; ferner F. GRAUS, Heiliger, p. 133 Anm. 479 und F. PRINZ, Mönch tum, p. 495 Anm. 130. 2 A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 44, p. 15. Cf. H. BÜTTNER, Elsaß, p. 61-63 und p. 67. 8 MGH. DM. Nr. 26, p. 26. * MGH. DM. Nr. 28, p. 27. 5 Cf. Prosopographie Nr. VIII. 6 Traditiones Wizenburgenses Nr. 192. 205. 218. 226. 229. 240. Cf. F. HIMLY, BECh C (1939) p. 285-87. 7 Cf. Prosopographie Nr. CVI. 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 203, p. 194. 9 Der Chrodoharius der Urkunde ist sicher philologisch mit dem Rothar der Annales Monasterienses identisch. Chrodo-harius ist die ältere Lautung des zweigliedrigen ger• manischen Personennamens, was auch der Überlieferungslage (kopial überlieferter Name des VII. Jhdts.) Rechnung trägt. 10 Cf. Anm. 2. 11 Etichonische Rechte sind im äußersten Norden des Elsaß bezeugt in den Traditio• nes Wizenburgenses Nr. 12, p. 20: Görsdorf, Wasenbourg und Preuschdorf aus dem Erbe des Etichonen-Dux Adalbert. Bis auf Wasenbourg (Kreis Hagenau) liegen die ge• nannten Orte im Umkreis des Klosters. Cf. dazu H. BÜTTNER, Elsaß, p. 97. Der Besitz im pagus Verdun läßt sich über Adalsind, die Frau des comes Wulfoald, erschließen. Cf. dazu Prosopographie Nr. CCCXIV.

LXXXIX. BONITUS1 Princeps pincernarum. Referendar. Patricius der Provence (Marseille)

Die noch im VIII. Jhdt. verfaßte Vita des Bischofs Bonitus von Cler- mont2, der einem alten romanischen Senatorengeschledit der Auvergne entstammt3, nennt als dessen Vater Theodat, als dessen Mutter Syagria. Bruder des Bonitus ist Avitus, der das Bischofsamt in Clermont vor Bo• nitus versieht. Nach Theodats Tod geht Bonitus an den Hof Sigiberts III., wo er in den Hofdienst als princeps pincernarum eintritt, wenig später aber be• reits Referendar wird, ein Amt, das sicher im Zusammenhang mit den Voraussetzungen gesehen werden muß, die Bonitus als gebildeter Romane mitbrachte4. Nach dem Tod Sigiberts III. vertraut Theuderich III. dem auvergnatischen Senatorensohn die "praefectura Massiliae primae pro- vinciae" an, die Bonitus wohl bis 690, dem Beginn des Bischofsamtes in Clermont, innegehabt hat. Der Vitenverfasser hebt besonders hervor, daß Bonitus, der sich als patricius mehr durch christliche Milde als durch rich• terliche Strenge auszeichnet, die Funktionen des iudex wahrnimmt5. Spätestens 690 wird Bonitus Nachfolger seines Bruders Avitus als Bi• schof von Clermont.

1 Cf. R. BUCHNER, Provence, p. 98. 8 Zur Datierung der Vita cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft II, p. 65.

89 8 MGH. SSRM. VI, p. 119 (= Vita Boniti, cap. 1): "Inclita Bonitus progenie Arver- nicae urbis oriundus fuit,. .. ex senatu Romano dumtaxat nobili prosapia* 4 MGH. SSRM. VI, p. 120 (= Vita Boniti, cap. 2): "... grammaticorum inbutus ini- ciis necnon Theodosii edoctus decretis, ceterosque coetaneos exellens, a sophistis probus atque prelatus est.9 5 MGH. SSRM. VI, p. 121 (= Vita Boniti, cap. 3): "... causas sibi commissas ita peroravit, ut iam non ut iudex, sed ut sacerdos fore videretur."

XC. B O R O N U S Vir illuster

Dieser Große begegnet mit diesem Prädikat zum erstenmal in der von ihm in Mandodrum (= "Mandeure", südlich Beifort) 739 ausgestellten Donatio für das Kloster Weißenburg1. In Mandeure2, auf burgundischem Boden, ist auch eine weitere von Boronus überlieferte Urkunde ausge• stellt3. Die Zeugen dieser Urkunden werden sämtlich nur mit dem Perso• nennamen verzeichnet. Als Vater des vir illuster Boro erscheint ein Ba- duco, der insgesamt dreimal urkundlich belegt ist. Sein Name stellt sich als Kurzform eines zweigliedrigen germanischen Personennamens dar4. Ba- duco hat seinem Sohn zahlreiche vMae vor allem im Norden des Elsaß vermacht, in einem Gebiet, das auch durch etichonische Schenkungen an das Kloster Weißenburg hervortritt5. Neun Jahre danach, 748 Apr 16, stellt Boro erneut im burgundischen Mandeure eine Donatio aus, nun für das Kloster Hohenaugia (= "Honau*), dem er seinen Inselanteil und weitere portiones zweier villae überläßt6. Unter den Zeugen dieser Ur• kunde tritt erneut ein Cautsoald auf, der in der genannten Weißenburger Urkunde bereits an letzter Stelle der dort verzeichneten sechs testes zu finden ist. In der Zeugenreihe für Honau steht Cautsoald an der Spitze unmittelbar nach dem Schenker Boro. Diese Schenkung an Honau, vor allem der Besitz einer portio an dieser Insel läßt an eine Identität mit einem 723 Juni 21 überlieferten gleich• namigen Großen denken7, der ebenso Besitz auf der Insel an das gleich• namige Kloster tradiert. Das vir j//«s£er-Prädikat fehlt aber. Auch wird der Name des Vaters, der Boro Besitz auf Honau vermacht hat, nicht er• wähnt. F. Vollmer, der die Honauer Überlieferung überprüft hat, sieht in den einzelnen Schenkergruppen für Honau Angehörige derselben Familie, der Etichonen8. Die Ausstellungsorte der für Honau gegebenen Urkunden (Straßburg, Ebersheim, Sundhausen, Honau, Mandeure und Surburg) sowie der zeitliche Zusammenhang der einzelnen Schenkungen (722, 723, 748 und 749) und deren Rechtsinhalt deuten auf eine solche Verwandt• schaft hin. Der als vir illuster ausgewiesene Boro ist von F. Vollmer mit

90 guten Gründen als Enkel des Etichonen-Dux Adalricus-Eticho identifi• ziert worden9. Das Kriterium des Besitzes inmitten etichonischen Haus• gutes vor allem im Norden und Nordwesten des Elsaß läßt jedodi nicht übersehen, daß keine der erwähnten Urkunden das Verwandtschaftsver• hältnis eigentlich nennt oder auch nur andeutet. Dies ist um so auffallen• der, als gerade die von den Etidionen ausgestellten Urkunden zumindest die Generation vor dem Schenker zu nennen pflegen.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 14, p. 21. 2 Nach der Identifizierung von A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 136, p. 77, 8 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 101, p. 44. 4 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 226 und 227. M. TH. MORLET, Les noms de personne, p. 49. Der Baduco-Beleg der Traditiones Wizen• burgenses fehlt. Bestimmungswort ist germanisch *baduo. Zu den Baduco-Belegen: Pard. II, Nr. 28, p. 440, wo ein Barocho (wohl verderbt aus Badocho) als Zeuge der Donatio eines Otmar und seiner Frau Imma für Weißenburg an fünfter Stelle der Zeugenreihe verzeichnet ist. Ferner Pard. II, Nr. 27, p. 440, wo ein Badoco erneut unter den Zeugen in einer charta für das nämliche Kloster genannt wird. Ebenso in Pard. II, Nr. 23, p. 437 (Lautung: Batacho). 5 Die in der Urkunde aufgeführten villae liegen alle westlich Hagenau, zum Teil in unmittelbarer Nähe zu etichonischen Besitzungen in Schwindratzheim, Mietesheim, Nief- fern, Dossemheim, Zinswiller. • A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 163, p. 93. 7 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 101, p. 44. 8 F. VOLLMER, Die Etidionen, p. 148-157. 9 F. VOLLMER, a. a. O., p. 152.

XCI. BOSO LANDEGISILUS Dux (im Gebiet von Amiens)

Nach der wohl erst nach 700 entstandenen Vita des Bischofs Lupus von Sens1 ist Boso Landegisil dux des neustrischen pagus Vinemago (= "Le Vimeu"), im Gebiet von Amiens, wohin der durch Chlothar IL nach 614 abgesetzte Bischof von Sens in die Internierung geschickt und Boso Lande• gisil übergeben wird2. Der Chronist verzeichnet als eigentlichen Internie- rungsort die in dem genannten pagus gelegene villa Andesagina (= aSt.- Loup") am Flüßchen Bresle, ubi erant templa fanatica a decurionibus culta3. Der als Gefolgsmann Chlothars IL in noch heidnischer Umgebung im Gebiet von Amiens amtierende Große gehört vermutlich der einheimi• schen neustrischen Oberschicht an, vielleicht dem pagus Amiens, der ja einer der Chlothar nach 600 noch verbliebenen neustrischen pagi gewesen ist. Der zweigliedrige germanische Personenname deutet die fränkische Herkunft des dux bereits an. Der zum Personenname hinzutretende Bei-

91 name könnte auf den Vitenverfasser zurückgehen, der damit zugleich sein Urteil über diesen Amtsträger abgibt. Ob dieser mit dem als vir illuster ausgewiesenen gleichnamigen Großen identisch ist, der in der Nähe der Familie des Brodulf angetroffen wird4, bleibt angesichts der Überlieferung offen.

1 Zu dieser Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127, Anm. 304. * MGH. SSRM. IV, p. 182 (= Vita Lupi, cap. 11). 8 MGH., a. a. O. 4 Cf. Prosopographie Nr. CCXXI.

XCII. BOVO Comes (in Auster)

Dieser Große begegnet als Zeuge in einer echten Tauschurkunde des austrasischen maiordomus Pippin (d. M.) und seiner Frau Plectrud für St. Vanne in Verdun1. Die Urkunde, die den Ort der Ausstellung nicht nennt, datiert von 702 Jan 20. In der Zeugenreihe von acht comites er• scheint Bovo an vierter Stelle. Aussteller und Empfänger der Urkunde sowie deren Dispositio machen wahrscheinlich, daß Bovo Amtsträger in Auster ist. Der eingliedrige Personenname ist germanisch und vielleicht als zusätzliches Indiz für eine fränkische Deszendenz dieses comes zu werten2.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238. 2 I. HEIDRICH, a. a. O., nimmt eine Korrektur in "Bono" vor, was aber nicht recht überzeugt. Im Unterschied zu dem lateinischen Stamm Bon- ist Bov- ein germanischer Stamm (cf. M. TH. MORLET, Les noms de personne, p. 59), der sich auch ohne Schwie• rigkeiten in die Liste der ausschließlich fränkischen Namen der als testes fungierenden comites einfügt. Die mit dem Stamm Bov- gebildeten Personennamen sind in der Regel eingliedrig.

XCIII. BUBO Einheimischer Dux der Friesen

Nach dem Bericht des Fortsetzers Pseudo-Fredegars zum Jahr 734 re• belliert Bubo, dem der Chronist die Amtsbezeichnung dux zulegt, mit den noch heidnischen Friesen gegen Karl Martell, der jedoch Herr dieses Aufstandes wird1. Bubo erscheint als der eigentliche Urheber und Führer

92 des friesischen Widerstandes gegen die in dem maiordomus vertretene Zentralgewalt2. Bubo ist einheimischer Großer der Friesen. Der einglied• rige germanische Personenname ist nur in diesem Fall überliefert3.

1 MGH. SSRM. II, p. 176 (= Fred, cont., cap. 17). 2 MGH., a.a.O.: Bubonem gentilem ducem Worum fraodolentum consiliarium interfecit,... 8 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, p. 317 und M. TH. MORLET, Les noms de personne, p. 59.

XCIV. BUCCELENUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Unter den zweiundfünfzig Beisitzern eines wohl aus Anlaß des März• feldes 693 Feb 28 im palatium Valenciennes tagenden Königsgerichtes des noch unmündigen Chlodwig III. wird Buccelen an elfter Stelle einer Gruppe von zwölf Optimaten nach den Bischöfen und vor den comites, den grafiones, den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii genannt1. Von den neben Buccelen in der nämlichen Ge• richtsurkunde erwähnten Optimaten sind nur wenige zu identifizieren2. Da nun Buccelen nur in diesem Diplom als optimas Chlodwigs III. be• zeugt wird, ist eine gesicherte Aussage über den Wirkungszusammenhang dieses Großen nicht ohne weiteres möglich. Der selten überlieferte Per• sonenname weist allerdings in den austrasischen Süden, wo er im Umkreis von Weißenburg, aber auch im Alemannischen belegt ist3. Diese Tatsache gewinnt Gewicht dadurch, daß im nämlichen Umkreis von Weißenburg neben Buccelen auch ein Gunduin und Blidegar genannt werden, Perso• nennamen, die ebenfalls in der Reihe der Optimaten des Placitums von 693 auftaudien4. Obschon auch der zeitliche Zusammenhang für eine sol• che Identität spricht, bleibt diese hypothetisch5. Am Placitum Chlodwigs III., dessen Urkunde durch die umfangreiche Beisitzerliste auffällt, neh• men allem Anschein nach nicht nur Große der Umgebung des Königs teil. Dies zeigt, wie fest die Bindungen der Zentralgewalt noch im letzten Dezennium des VII. Jhdts. sind.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). * Nordebercth, Chagnerich, Gunduin sind wohl austrasische Große. Cf. dazu die Pro- sopographien Nr. CCXLVIII, XCIX und CXCIX. 8 In das Alemannische weist eine bei Gregor von Tours überlieferte Nachricht von einem gleichnamigen einheimischen alemannischen dux um die Mitte des VI. Jhdts. hin (HF. III, 32 und HF. IV, 9). Der in der Historia Francorum genannte Buccelenus er-

93 scheint zwar ohne Amtsbezeichnung; diese wird von Agathias jedoch (Historiarum I, 7 und II, 1) zweifelsfrei bezeugt. Im Umkreis von Weißenburg erscheint dieser Name aber auch in der Zeugenreihe einer Schenkung des Gundoinen Ermbert von 699 (Pard. II, Nr. 11, p. 430). Buccelen selbst ist wohl im Seillegau begütert, da die charta einer Gertrud von 717 (Pard. II, Nr. 39, p. 447) — Gertrud erscheint als Mutter Buccelens — Besitz in diesem pagus an das Klo• ster tradiert. 4 Zu Gunduin cf. Prosopographie Nr. CXCIX. Blidegar erscheint als Zeuge zweier (hartae Chrodoins, der 717 (Pard. II, Nr. 38, p. 447) und 718 (Pard. II, Nr. 40, p. 448) Besitz an Weißenburg tradiert. 5 Die Weißenburger Traditionen bilden eine Ausnahme in der sonst spärlich fließen• den Überlieferung für die zweite Hälfte des VII. Jhdts. Wer damit arbeitet, sieht sich ständig der Versuchung ausgesetzt, das reiche Namenmaterial zur Identifikation heran• zuziehen. Selbst bei Übereinstimmung von Namen oder Namengruppen bleibt das Er• gebnis aber meist hypothetisch.

XCV. CALDEMARUS Notarius{ = "Urkundenschreiber")

Ex iussu des Bischofs Reolus von Reims schreibt Caldemar 686 dessen in Compi&gne ausgestellte epistola donationis für den Abt von Montier• ender, Berchar, auf dessen petitio hin Reolus die villa Gaugiacus quae dicitHt Episcopi-villa zur Gründung eines Nonnenklosters zur Verfügung stellt1. Caldemar ist sehr wahrscheinlich ein geistlicher Würdenträger der Reimser Kirche.

1 Pard. II, Nr. 406, p. 202.

XCVI. CANDIDIANUS Cancellarius der Kirche von Metz

Das im königlichen palatium bei Andernach 745 Mai 20 ausgestellte Diplom des Bischofs Chrodegang von Metz, der seiner Gründung Gorze verschiedene Güter in der Charpeigne schenkt, verzeichnet den cancel• larius Candidian als Benefizträger der Metzer Kirche. Candidian erscheint als Inhaber einer Martins-Basilica "ad Cuberacum"1 mit dem dazuge• hörigen Zehnten, anderen jährlichen Abgaben, Groß- und Kleinvieh etc.2. Die Amtsbezeichnung cancellarius ist wohl so zu interpretieren, daß Candidian kirchlicher Amtsträger in Metz in der Stellung eines geist• lichen Schreibers gewesen ist, dem von seinem Bischof ein Lehen übertra• gen wird. Candidian ist offensichtlich ein freier Mann, da er nicht zu• gleich mit dem Besitz an Gorze verschenkt wird. Der romanische Per-

94 sonenname läßt nicht ohne weiteres auf einen romanischen Träger schlie• ßen.

1 Dieser Ort ist nidit identifiziert. Er ist jedoch mit einiger Sicherheit der Charpeigne zuzuordnen. 2 A. d'HERBOMEZ, Cartulaire de l'abbaye de Gorze, p. 3.

XCVII. C H A D D O Defensor des Bischofs Hadoind von Le Mans

In dem in Le Mans 643 Feb 6 ausgestellten Testament des Bischofs Hadoind (um 623 - um 653) erscheint dieser Große als fidelis Hadoinds, der Chaddo einst mit einem beneficium der villa Jona (= "Jeune") im B£- linois (bei Le Mans), ausgestattet hat und ihm jetzt testamentarisch eine mansio bei der genannten villa übereignet, die aber nur dann in das Erbe Chaddos übergehen soll, wenn diesem Söhne nachfolgen1. Zur Nutzung auf Lebenszeit erhält Chaddo ferner die villa Lastemariaco (= "Lame- rie"?, Mayenne). Dasselbe Testament verzeichnet Chaddo als defensor noster (sc. Hadoindi)2. Dieser im VII. Jhdt. seltene Beleg für das Amt des defensor, der nach dem Kontext der Dispositio dem Bischof selbst zugeordnet ist, bezeichnet offensichtlich keinen Geistlichen, sondern einen Großen — dem Namen nach wohl fränkischer Deszendenz —, an den wegen seiner Dienstleistungen Lehen vergabt werden8. Diese Lehen sind im Unterschied zu den sonstigen Besitzübertragungen Hadoinds an ver• schiedene Kirchen wohl kleineren Umfangs, wenn man das immerhin auf• fällige Fehlen der Pertinenzformel beobachtet. Chaddo ist selbst wohl kaum von Hause aus begütert. Die Masse der durch Hadoind vergabten beneficia fällt entweder im Fall von Hadoinds Tod oder nach Chaddos Ableben an die Basilica St.-Maria zurück. Über die Funktion des Amtes, dessen Besetzung der Bischof wohl selbst vorgenommen hat, ist dem Testament nichts zu entnehmen.

1 Pard. II, Nr. 300, p. 70. Neu ediert nach Vorlage der Actus Pontificum Cenoma- nensium bei H. LECLERQ, DACL. X, 2, p. 1522-1524. 2 Pard. II, a. a. O., resp. DACL. X, 2, p. 1523: "Similiter villa Lastemarico, quam ex munificentia nostra ipse fideli Caddoni defensori nostro concessimus,..." Die Registrie• rung des Testaments in den gesta municipalia von Le Mans ist vermutlich nicht mit Chaddo in Zusammenhang zu bringen. Der im angehängten Mandatum in der Reihe der Subskribenten verzeichnete defensor — dieser wird in der Edition als Personenname aufgefaßt — stellt zweifellos eine Amtsbezeichnung dar, die allerdings wegen des Fehlens eines Personennamens die Frage der Identität offen läßt. Vermutlich handelt es sich hier um die subscriptio des der curia von Le Mans, die eigentliche Urkundsbehörde, praesi- dierenden defensor.

95 8 Cf. R. SPRANDEL, Civitas Cenomannorum, p. 47. SPRANDEL nimmt offensichtlich an, daß neben dem defensor Chaddo ein zweiter Benefizträger, der fidelis Adder, in dem nämlichen Testament begegnet. Dem ist nicht ohne weiteres zuzustimmen. Die Lesart bei BUSSON-LEDRU, welche die Urkunde in den Actus p. 157 ediert haben, gibt die Lautung Add(er) wieder. Beide Personennamen werden in einer inhaltlich deutlichen Verfügung der Dispositio genannt, wobei es von der vergabten villa heißt, 'et Iona villa, ..., et eius fidelis noster Add(er) per nostrum beneficium habere videtur; pariter et mansionem ad prope ispa Iona ... ipsius (sie) Chaddono volumus esse concessum, ...". Chaddo und Add(er) sind daher identisch, was im übrigen auch namenkundlich gesichert ist.

XCVIII. CHADOINDUS "DHX" Theuderichs IL Legatus Brunichhilds. Referendar Dagoberts I.

Der Gesandtschaft, die Brunichhild 613 von Worms nach Andernach zu Chlothar (II.) schickt, gehört neben Herpo1 auch Chadoind an2. Wie Herpo nimmt auch Chadoind die Gesandtschaft zum Anlaß, verräte• rische Beziehungen zu dem Neustrier aufzunehmen. 636/37 wird Cha• doind unter Chlothars Sohn Dagobert I. anläßlich des großen Basken• feldzuges als den einzelnen unter anderen duces stehenden Heereskon• tingenten übergeordneter taktischer Führer genannt3. Pseudo-Fredegar legt Chadoind die Amtsbezeichnung referendarius zu. Die exponierte Stellung dieses Amtsträgers bei diesem Feldzug ist nicht zufällig. Pseudo- Fredegar nämlich hebt hervor, daß Chadoind bereits unter Theuderich IL ein in Kämpfen erfahrener Großer gewesen ist4. Diese Angabe stützt die Identifikation des Gesandten Brunichhilds mit dem späteren Referendar Dagoberts L Die Wirksamkeit Chadoinds wirft ein bezeichnendes Licht auf die inneren Verhältnisse des Frankenreiches, in dessen Parteiungen er seinen Rang zu wahren gesucht hat.

1 Cf. Prosopographie Nr. CLXVIII. * MGH. SSRM. II, p. 140 (= Fred. IV, cap. 40). 8 MGH., a. a. O., p. 159 (= Fred. IV, cap. 78). 4 MGH., a. a. O.: a... qui temporebus Theuderici quondam regis multis prilies pro- batur strenuos*

XCIX. (CH) AGNERICUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III. und Childeberts III. Patricius in Burgund (?)

Unter den zwölf Optimaten des erst elfjährigen Chlodwig III. begeg• net Chagnerich 693 Feb 28 als Beisitzer eines Placitums, dessen Urkunde im Original erhalten und in Valenciennes ausgestellt ist1. Das Diplom

96 verzeichnet Chagnerich an zehnter Stelle der Optimaten, nach den Bi• schöfen und vor den comitesy den grafiones, den domestici, den referen- dariiy den seniscalci und dem comes palatii. Die Zahl der zweiundfünfzig als Beisitzer fungierenden Großen erklärt sich wohl aus der Unmündig• keit des Königs wie dem Zeitpunkt des Märzfeldes. 697 März 14 er• scheint Agnerich erneut in einer Reihe von vier Optimaten an erster Stelle nach den Bischöfen und vor den comites, den domestici, den senis- calci und dem comes palatii2. Das von Childebert III. in Compi&gne ausgestellte Diplom ist im Original erhalten. Die neustrischen Ausstel• lungsorte der genannten Placita machen wahrscheinlich, daß (Ch)ag- nerich mit dem im Testament Abbos (von Novalese) überlieferten gleich• namigen Vienner patricius identisch ist3. Als zusätzliches Indiz kann die gleichzeitige Erwähnung von Antener4 in dem nämlichen Placitum von 697 gewertet werden, der die Gruppe der Optimaten anführt. Die Be• ziehungen der Zentralgewalt zu Burgund erscheinen im letzten Dezen• nium des VII. Jhdts. so noch weitgehend ungestört.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 8 Der Hinweis auf den als patricius bezeichneten Agnerich fand sich bei R. BUCHNER, Provence, p. 104. Das Testament Abbos datiert von 739 Mai 5. Die Nennung von Agnerich beruht nach R. BUCHNER aber auf einer älteren Vorlage. 4 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). Cf. zu Antener Prosopographie Nr. XL.

C. CHAINULFUS Comes in Meaux

Pseudo-Fredegar berichtet zu 641, daß Ermenfred, der Schwiegersohn des neustrischen maiordomus Aega, den comes Chainulf in mallo tötet1. Als Ort des Verbrechens gibt der Chronist den vicus Albiodero an2, der — dem Textzusammenhang zufolge — unweit Clichy auf neustrischem Boden liegt. Die Ermordung des neustrischen Amtsträgers während des mallus leitet eine schwerwiegende Auseinandersetzung zwischen Ermen• fred und den Verwandten des Chainulf ein. Die Königinwitwe Nanthild unterstützt dabei dessen Verwandte, so daß Ermenfred, der wohl über keinen größeren Anhang verfügt hat, in das benachbarte austrasische Reims fliehen muß. Als Amtsträger Dagoberts I. ist Chainulf wohl schon 635 Oct 1 nach• zuweisen3. Ein Privileg dieses Königs verzeichnet den als comes ausge• wiesenen Großen in der Adresse nach den grosso modo erwähnten duces und vor den agentes. Die auffallende namentliche Erwähnung des comes

97 ist wohl Indiz dafür, daß der Amtsbereich Chainulfs im Gebiet des von Dagobert privilegierten Klosters Rebais zu suchen ist. Als Amtsbereich bietet sich der pagus Meaux an, in dem der vicus Albiodero gelegen ist4. Der zweigliedrige germanische Personenname weist in seinem Bestim• mungswort zudem auf die Familie des bei Meaux begüterten Chagnerich hin, des Vaters der Burgundofara. Vergleicht man das 633/34 Oct 26 in Faremoutiers ausgestellte Testament der Burgundofara5, fällt der Name des als germanus von Burgundofara bezeichneten Chagnulf auf6. Dieser ist offensichtlich mit dem in mallo getöteten Amtsträger identisch7, des• sen Amtssitz zugleich Sitz seiner Familie ist. Die Ermordung des comes anläßlich des mallus zeigt, daß das Grafengericht an verschiedenen Orten des Amtsbereiches tagt.

1 MGH. SSRM. II, p. 163 (= Fred. IV, cap. 83). 2 B. KRUSCH, der Herausgeber der Chronik Pseudo-Fredegars, identifiziert diesen vicus nicht (p. 163 Anm. 4). 8 MGH. DM. Nr. 15, p. 16. Das Diplom nennt die Lautung " Chanulf us". Das die• sem zugeordnete Prädikat "magnificus* ist sicher nicht unverdächtig. Das Dagobertsche Privileg ist kopial aus dem XIII. Jhdt. überliefert. 4 Diese Identifikation findet sich bei J.GUEROUT, RHE.LX(1965) p. 809/10. GUEROUT setzt den bei Pseudo-Fredegar bezeugten vicus Albiodero mit dem pagus Aliodrensis in Beziehung (heute: aAugers-en-Brie"). 6 Das Testament der Tochter Chagnerichs liegt in einer neuen Edition von J. GUE• ROUT, RHE. LX (1965) p. 816-820, vor. • J. GUEROUT, a. a. O., p. 819. 7 Die Familie der Burgundofara ist zuletzt erschöpfend behandelt von J. GUEROUT, DHGE. XVI p. 505-531. Zu Chainulf besonders p. 523.

CI. CHAIRAARDUS Dux

Diesen Amtsträger "ex genere Francorum" verzeichnet zu 636/37 Pseudo-Fredegar, der Chairaard neben zehn weiteren duces zu dem gro• ßen frankoburgundischen Heeresaufgebot zählt, das gegen die aufstän• dischen Basken erfolgreich operiert1. Über den Ducat dieses Großen läßt sich nichts aussagen. Der zwei• gliedrige germanische Personenname deutet bereits auf die von Pseudo- Fredegar ausdrücklich bezeugte fränkische Herkunft des Chairaardus hin2.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78). 1 Der zweigliedrige Personenname ist wohl in Gairhardus zu emendieren. In dem von der Prosopographie behandelten Zeitraum kommt dieser Name nur bei diesem dux Dagoberts I. vor.

98 CIL CHALDO Cancellarius (= "Urkundenschreiber") des maiordomus Karl Martell

Eine echte Urkunde Karl Martells von 723 Jan 1, der dem Kloster in Utrecht, Willibrords Bischofssitz, Fiskal- wie Eigengut innerhalb und außerhalb Utrechts schenkt, nennt Chaldo als cancellarius des maior• domus in Herstal, wo die Urkunde ausgestellt ist1. Auf Anordnung Karls schreibt Chaldo dessen Donatio, die er auch als letzter subskribiert. Dieser cancellarius ist wohl identisch mit dem wenige Jahre später, 726 Juli 9, in einer neueren Donatio Karls zugunsten Willibrords überlieferten de- ricus Aldo, der wiederum auf Anordnung des maiordomus die in Zülpich ausgestellte Urkunde schreibt und als letzter subskribiert2. Die genannten Hausmeier-Urkunden, die einmal den Titel cancella• rius, das andere Mal jedoch nur den geistlichen Stand verzeichnen, deut- ten darauf hin, daß Karl Martell (Ch)aldo tatsächlich nur als Urkunden• schreiber eingesetzt hat.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 11, p. 99. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 241 (Regest). Die Urkunde ist neu ediert in den DB. Nr. 173, p. 304. 1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 12, p. 100.

CHI. CHAILJDOLOALDUS1 Vir illuster. Comes palatii Chlothars III.

Zwei im Original erhaltene merowingische Königsdiplome nennen in der Zeit der Regierung Chlothars III. (657 Okt 31 bis 673 März 10) Chaldoloald mit dieser Amtsbezeichnung2. Beide Königsdiplome sind Placita. Sie gehören zu den ersten, die überliefert sind3. Chaldoloald folgt dem Gang der Verhandlung und legt vor dem König Zeugnis über deren Verlauf ab, ehe das Urteil ergeht. Beide Placita nennen kaum Beisitzer. Diese setzen sich ausschließlich aus dem Kreis der Großen zu• sammen, die am Hof ein Amt wahrnehmen, aus den seniscalci und den referendarii. Damit ist anscheinend ein Hinweis auf die Anfänge des im palatium tagenden Königsgerichts gegeben, dessen Beisitzer sich aus• schließlich aus den unmittelbar zur Verfügung stehenden Großen am Hof rekrutieren. Die Ausstellungsorte beider Diplome sind nicht überliefert. Der comes palatii Chaldoloald läßt sich keinem palatium zuweisen.

1 Dies ist die Lautung, wie sie die Originale überliefern. PERTZ hat diesen zweigliedri• gen germanischen Personennamen in seiner Edition wohl zu Recht in Chaldoloaldus emendiert.

99 * MGH. DM. Nr. 34, p. 32 (= LS. Nr. 9) und MGH. DM. Nr. 35, p. 33 (= LS. Nr. 13). Beide Diplome werden von PERTZ um 658 datiert. Sicher datierbar ist aber nur DM. Nr. 34 auf 659 (a.. . Anno rigni tercio*). 8 Vor den genannten Placita Chlothars III. ist nur ein Placitum Sigiberts III. von 643 Sep 3 zu nennen. Diese Gerichtsurkunde kennt keinen comes palatii.

CIV. CHAMMINGO Comes (in Auster?)

Als einziger Zeuge mit Amtsbezeichnung begegnet Chammingo 714 März 2 in der in Bakel ausgestellten echten Urkunde des dux Pippin (d. M.) und seiner Frau Blittrud (sc. Plectrud), die das auf Eigengut Blittruds im Maas-Gau errichtete Oratorium und die cellula Süstern an Echternach tradieren1. Chammingo ist möglicherweise ein im pagus Mosariorum eingesetzter fränkischer Amtsträger. Der kopial aus dem XII. Jhdt. überlieferte Per• sonenname ist den eingliedrigen germanischen Personennamen zuzuord• nen2.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 6, p. 96. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 239 (Regest). 2 Cf. dazu E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I., p. 744.

CV. CHARDOINUS Vir illuster. Seniscalc Chlodwigs III.

Das im Original erhaltene Diplom dieses Königs für St.-Denis von 692 Nov 1 nennt Chardoin mit dieser Amtsbezeichnung unter den Bei• sitzern des Königsgerichts1. Die im palatium Luzarches (Seine-et-Oise) ausgestellte Urkunde verzeichnet den seniscalc Chardoin und dessen Amtskollegen Benedict nach den Optimaten und grafiones an letzter Stelle vor dem comes palatii. Die wiederholte Erwähnung2 zweier senis- calci nebeneinander in merowingischen Diplomen macht für Chardoin zunächst eine Identifikation mit dem gleichnamigen saargauischen cen- tenarius wahrscheinlich, der 715 in einer Weißenburger Urkunde neben dem Donator Benedict genannt wird3. Dieser centenarius hat vor allem Weißenburger Traditionen von 700 bis 720 subskribiert4. Der Wechsel im Amt ist allerdings ungewöhnlich. Das namenkundliche Kriterium reicht für eine solche Identifikation nicht aus.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20).

100 1 Cf. MGH. DM. Nr. 70, p. 62. Neben Benedict erscheint hier als zweiter seniscalc Ermedram. 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 237, p. 227. 4 Cf. Prosopographie Nr. CVI.

CVL CHARDOINUS Centenarius des pagus Saroinse (= "Saargau")

In den Weißenburger Urkunden nach 700 fallen immer wieder die subscriptio eines Chardoin sowie dessen Amtsbezeichnung centenarius auf. Chardoin ist der einzige urkundlich für den Saargau vor 750 be• zeugte Träger eines solchen Amtes. Der Saargauer centenarius erscheint jedesmal an der Spitze von Zeu• gengruppen unmittelbar nach dem Donator, dem Venditor oder dem comes, der nach Ausweis der Schenkungen Amtsträger im Saargau ist1. Als centenarius wird Chardoin neunmal genannt2. In vierzehn weite• ren Weißenburger Urkunden wird der dort ohne diese Amtsbezeichnung belegte Chardoin mit dem gleichnamigen centenarius identisch sein; das ist schon durch denselben Schenkerkreis wahrscheinlich3. Chardoin sub• skribiert dreiundzwanzig Urkunden für das Kloster Weißenburg. Diese Urkunden sind sämtlich westlich des Rheins ausgestellt: die Masse, näm• lich zehn, in Weißenburg selbst, eine in Saarburg, Hambach und Dins- heim (bei Molsheim oder Diedenhofen/Saar), drei in Assweiler, vier im saargauischen Rimsdorf, eine in Siewiller, Bieberkirch und eine an der Isch (= asuper Isca"). Bis auf Weißenburg liegen die genannten Ausstel• lungsorte alle im Saargau. Der Saargauer centenarius subskribiert vor allem die Urkunden, welche von den mit Weißenburg besonders eng ver• bundenen Familien der Gundoine und Chrodoine ausgestellt werden, an deren Spitze der Gundoin-Enkel Erembert, der Gundoin-Enkel Weroald und der Petrus-Sohn Chrodoin. Chardoin subskribiert in Orten, in denen die einzelnen Donatoren Besitzanteile haben (Hambach, Bieberkirch) oder von denen die Zugehörigkeit zum Amtsbereich des centenarius be• zeugt ist (Saarburg, Rimsdorf, Assweiler etc.). Der saargauische centenarius erscheint als Vorsitzer des mallus vor al• lem bei den Urkunden, die er als erster mit voller Amtsbezeichnung nach dem Aussteller subskribiert und in untergeordneter Funktion, wenn die subscriptio erst nach der des comes erfolgt. Damit ist der Bezug zum Titel L der Lex Ribuaria gegeben4, der für Verkaufs- und Schenkungs• urkunden eine gerichtliche Klärung auf dem durch centenarius oder comes präsidierten mallus vorsieht. Dieser Bezug ist auch daran zu erkennen, daß die Mehrzahl der von Chardoin subskribierten Urkunden die Sie-

101 ben-5 oder Zwölfzahl6 von Zeugen aufweist — je nach dem Umfang der Besitzübertragung. In einzelnen Urkunden wird zudem auch der Schrei• ber des mallus mit der in der Lex Ribuaria üblichen Amtsbezeichnung cancellarius genannt7. All dies deutet auf die Befolgung dieser Lex im austrasischen Süden, im Saargau wie im Umkreis von Weißenburg hin. Einzelne auf eine weniger strenge Beobachtung der Bestimmungen des Titels LIX hinweisende Indizien, wie z. B. die unregelmäßige Zahl der Zeugen in manchen Schenkungsurkunden, die bisweilen im Fall einer magna res auch dreizehn, vierzehn und sechzehn Zeugen verzeichnen, und das Fehlen des cancellarius, wiegen aber so schwer, daß sich die Gel• tung der Lex nicht sicher erweisen läßt. Für den genannten Titel dieser Lex ist zudem gewiß nicht unerheblich, daß er aus einer Königskonsti• tution fließt. Das Amt des centenarius erscheint im VII. und VIII. Jhdt. nicht selten8. Es ist aber auffällig, daß dieses Amt bis zur Mitte des VIII. Jhdts. ausschließlich in Privaturkunden überliefert wird9.

1 Cf. dazu Prosopographie Nr. IV (Adalchardus) und Nr. VI (Adalramnus). f Traditiones Wizenburgenses Nr. CXCII, p. 181. Nr. CXCIV, p. 184. Nr. CXCV, p. 185. Nr. CCXXVII, p. 218. Nr. CCXLIII, p. 235. Nr. CCXLIV, p. 236. Nr. CCLVI, p. 248. Nr. CCLXV, p. 255 und Nr. CCLXVII, p. 256. » Traditiones Wizenburgenses Nr. CLIX, p. 157 (Hardunus). Nr. CCII, p. 194 (Char- doinus). Nr. CCV, p. 197 (Chartuuinus). Nr. CCXVIII, p. 209 (Chardoinus). Nr. CCXXIII, p. 214 (Charduinus). Nr. CCXXV, p. 216 (Charuinus). Nr. CCXXVI, p. 217 (Hardunus). Nr. CCXVIII, p. 219 (Chardoinus). Nr. CCXXIX, p. 220 (Chardoi• nus). Nr. CCXXXV, p. 226 (Chardoinus). Nr. CCXXXVII, p. 227 (Chardoinus). Nr. CCXL, p. 231 (Charduinus). Nr. CCLII, p. 244 (Cartuuinus). Nr. CCXXXIV, p. 225 (Chardoinus). 4 Lex Ribuaria, hg. v. K. A. ECKHARDT, Hannover 1966. Titel L, p. 51, der als Vor• sitzenden des mallus den centenarius oder den comes bestimmt. Titel LIX, p. 60, legt die Zahl der Zeugen bei einer parva res mit sieben und einer magna res mit zwölf fest. LIX, 2-5 bestimmt die Amtsbefugnisse des cancellarius. 5 Sieben Zeugen in Traditiones Wizenburgenses Nr. CCXXV, p. 216. Nr. CCXXXIV, p. 225 etc. • Zwölf Zeugen in den Traditiones Wizenburgenses Nr. CXCII, p. 181. Nr. CXCIV, p. 184. Nr. CCII, p. 194 sowie fünf weitere donationes. Magnae res überwiegen ganz eindeutig unter den Schenkungen. 7 Cf. Titel LIX, 2-5. Auf die vielschichtige Problematik des Gerichtsschreibers kann hier nicht eingegangen werden. Die cancellarii der Weißenburger Urkunden sind an• scheinend nicht immer mit den autorisierten Urkundenschreibern gleichzusetzen. Einige cancellarii scheinen dem Kloster selbst zu entstammen, in dessen Urkunden die Amts• bezeichnung cancellarius oft synonym mit notarius und emanuensis gebraucht wird. 8 Namentlich bekannt sind noch einzelne centenarii im Norden der alten Gallia, im Gebiet von Thirouanne 685 (Gislefrid), 723 (Chimbald) und 745 (Austrohald) sowie eine Gruppe von centenarii des südlich an das Elsaß angrenzenden Sornegaus, die sich nach 675 dem Etichonen Adalricus-Eticho entgegenstellen und von diesem kurzerhand verbannt werden (cf. Prosopographie Nr. VIII). Von einem centenarius im Gebiet der civitas Noyon spricht auch die Vita des Eligius, die jedoch keinen Namen nennt (MGH. SSRM. IV, p. 731 = Vita Eligii, cap. 58). 9 In keiner Königsurkunde wird ein centenarius etwa unter den Beisitzern eines Pla- citums namentlich genannt, in keiner Adresse tauchen centenarii auf. Nur die in der Ausgabe von PEUTZ als Spuria gekennzeichneten Diplome verzeichnen gelegentlich einen

102 solchen Amtsträger: MGH. DM. Nr. 1, p. 113. Nr. 4, p. 120. Nr.9,p. 125. Nr. 23,p. 141. Nr. 26, p. 143. Nr. 27, p. 143. Nr. 47, p. 165. Alle sieben Diplome sind sichere Fälschun• gen. Über den centenarius und dessen Einordnung in die ribuarische Gerichtsverfassung cf. zuletzt H. J. KRUG, ZRG. GA. LXXXVII (1970) p. 17, der die gerichtliche Funktion des centenarius in der ersten Hälfte des VIII. Jhdts. hervorhebt. KRUG sieht sie im Zusam• menhang mit der Kodifikation der Lex Ribuaria im VII. Jhdt.

CVIL CARIATO Comes

Von diesem Amtsträger ist in einem Brief der Bischöfe von Albi und Rouen an Desiderius von Cahors 640/47 die Rede; darin wird mitgeteilt, daß die Absender weder Cariato noch den im selben Schreiben verzeich• neten Maurinus angetroffen haben1. Amtsbereich von Cariato, der nur in diesem Brief überliefert wird, ist sicher nicht Cahors, wahrscheinlich hat jedoch sein Comitat im Süden oder Südwesten der Gallia gelegen2. Der im VII. Jhdt. seltene fränkische Personenname schließt eine mög• liche romanische Deszendenz dieses Amtsträgers nicht aus.

1 MGH. Epp. III, p. 205 (=Desiderii epistolae II, 4). * Diese Vermutung wird nur dadurch gestützt, daß der in diesem Schreiben erwähnte Schützling des Desiderius aus Cahors noch nicht an seinem Zielort eingetroffen ist. Wahrscheinlich hat sich der Amtsbereich des Maurinus um PeVigueux erstreckt (cf. Proso- pographie Nr. CCXL.) Für den Süden der Gallia würde als weiteres Indiz ein unter Gunthram von Burgund zu 583 bezeugter spatarius dieses Namens sprechen, der sonst nicht mehr im VI. Jhdt. überliefert wird.

CVIIL CHARIBERTUS Comes

In der Zeugenreihe der großen Schenkungsurkunde (donatio publica) der Aldegund, die Erbgut im Hennegau 661 an das Nonnenkloster Mal- bodium (= "Maubeuge", Diözese Cambrai) tradiert, erscheint die sub- scriptio dieses comes nach den subscriptiones der geistlichen Würdenträ• ger1. Nach Charibert bricht die Zeugenreihe ab, so daß nicht zu ersehen ist, weldie Amtsträger die Urkunde noch subskribieren, deren Narratio die testificatio et confirmacio nobilium virorum eigens hervorhebt. Die Urkunde ist verdächtig; vieles deutet auf eine Fälschung hin2.

1 Pard. II, Nr. 338, p. 117. * Auffällig ist beispielsweise der imperator-Beleg für Childerich II.

103 CIX. CHARIBERTUS Comes in Laon

Zu den Trägern des auffallenden zweigliedrigen germanischen Personen• namens, der außerhalb der stirps regia erst in der Zeit des Verfalls me- rowingischer Herrschaft um die Mitte des VII. Jhdts. zum erstenmal be• legt ist, gehört als wohl bekanntester Amtsträger dieser comes von Laon. Charibert ist in diesem Gebiet als Amtsträger aber erst in karolingischen Quellen nachweisbar1. Zeitgenössische Quellen nennen diesen Großen als Sohn der älteren Bertrada seu Berta 721 Juni 23 in der in Prüm aus• gestellten Stiftungsurkunde für das gleichnamige Kloster2. Bertrada stattet Prüm mit Besitz in der Eifel und am Mittellauf der Mosel aus. Charibert3 subskribiert die Urkunde neben seiner Mutter. Eine zweite 721 in Simmern ausgestellte Donatio Bertradas nennt erneut Besitz in der Eifel4. Laon als das eigentliche Amtsgebiet Chariberts liegt deutlich außerhalb dieses Komplexes. Chariberts Tochter, die jüngere Bertrada, erscheint als Gemahlin Pip- pins5, unter dessen Aegide Charibert als Amtsträger in Laon fungiert. Der comes ist mithin der Großvater Karls des Großen.

1 MGH. SS. rer. Germ., p. 1 ( = Annales Bertiniani ad a. 749): "Pippinus coniugem duxit Bertradam cognomine Bertam, Cariberti Laudunensis comitis filiam.* 1 H. BEYER, ÜB. zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien, Bd. I, Nr. 8, p. 10. 8 Die genannte Urkunde gibt den Personennamen in verschiedener Lautung wieder: "Chairibertus" in der Intitulatio und "Charibertus" im Eschatokoll. 4 C. WAMPACH, Echternach, 1/2, Nr. 33, p. 77. Bertrada schenkt Schankweiler an Prüm. Die Urkunde nennt den Namen des nachmaligen comes von Laon in der Lautung "Chardradus (qui) et Harbertus". 5 Wie Anm. 1.

CX. CHARICARDUS Vir illuster

Der mit diesem Prädikat ausgewiesene Große begegnet 673 März 10 als Erbe in der großen Schenkungsurkunde der Chrothild für das von ihr in der Nähe der Orge gegründete Nonnenkloster Brocaria (= "Bruy^re- le-ChätelM), dem eine Verwandte als Äbtissin vorsteht1. Charicard, der wohl auch ein Verwandter Chrothilds ist, erhält von dieser post obitum Besitz im pagus Etampes. Die im vicus Morlace im Beauvaisis ausge• stellte Urkunde hebt ausdrücklich hervor, daß Charicard neben der Gründung Chrothilds einziger namentlich genannter Erbe ist2. Der zwei• gliedrige germanische Personenname deutet auf fränkische Herkunft sei-

104 nes Trägers hin3. Der Textzusammenhang läßt offen, ob Charicard Amtsträger gewesen ist.

1 Pard. II, Nr. 361, p. 149. Neu ediert von L. LEVILLAIN, BECh. CV (1944) p. 42-45. 2 Pard. II, a. a. O.: "... nee eas (sc. cartas) feci nisi in suprascripto vero Charichardo, ne fieri rogavi;..." 8 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 772.

CXI. HAREGARIUS Vir illuster. Comes (in Auster)

Nach den Bischöfen Ebbo (von Sens), Haldoin (von Troyes) und Milo (von Trier) und an letzter Stelle nach den comites Teuderich, Hrotgar und Anginulf erscheint Haregar unter den Beisitzern eines Placitums, das 723 Juli 19 im castrum Zülpich cor am Karolo maiore domus tagt1. Dieser entscheidet in einem Besitzstreit um eine im Hi^mois/Orne gele• gene villa zugunsten des durch seinen advocatus vertretenen Klosters St.-Wandrille und gegen den comes Berthar, der als Amtsträger wohl dem Ducatus Cenomannicus zuzuordnen ist. Über Haregars Amtsbereich ist nichts zu ermitteln. Haregar ist vermutlich identisch mit dem gleich• namigen Zeugen in der in Zülpich 726 Juli 9 ausgestellten Urkunde Karl Martells2. Der comes Heriger3 erscheint an achter Stelle einer Reihe von Zeugen, die bis auf drei Große ohne Amtsbezeichnung alle als comites ausgewiesen sind. Karl tradiert Besitz aus dem Erbe seines Vaters Pippin (d. M.) an Bischof Willibrord. Die unter den Zeugen dieser Traditio ge• nannten comites werden bis auf Heriger sämtlich nur in dieser Urkunde und in diesem Zusammenhang belegt. Ausstellungsort und Dispositio verweisen auf Austrasien, in dem Haregar/Heriger wohl als Amtsträger eingesetzt war.

1 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii III, 5. Ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 33. Zur Entstehung der Gesta cf. Prosopographie Nr. CXXXII. 2 MGH. Hausmeier-Dipl. Nr. 12, p. 100. Neu ediert in den DB. Nr. 174, p. 306. Zur Echtheit dieser Traditio cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 241. 8 Heriger ist die umgelautete Form des zweigliedrigen germanischen Personennamens.

CXII. C H A R I V I U S Vir illuster

Der mit diesem Prädikat bezeugte Große begegnet 722 März 5 in einem echten Privileg Theuderichs IV. für die Kirche von Le Mans1. Das in Quierzy ausgestellte Diplom nennt Charivius als Petenten neben Bi-

105 schof Herlemund von Le Mans, wobei Charivius die einst der Kirche von Le Mans gegebenen Privilegien vor Theuderich IV. bezeugt2. Das Diplom läßt erkennen, daß Charivius neben dem ordinierten Bischof Rechte am Bischofssitz ausübt, die nicht kanonischen Grundsätzen entsprechen3. Charivius, den der zweigliedrige germanische Personenname als frän• kischen Großen ausweist, ist als Sohn des in Le Mans wohl von Karl Martell eingesetzten comes Hrotgar4 bezeugt. Das Eingreifen in die Rechte des Bischofs zeigt deutlich, daß die Stellung Hrotgars mächtig gewesen ist.

1 MGH. DM. Nr. 89, p. 203. 2 MGH., a. a. O.: "Unde et ipsas praeceptiones (sc. Childeberti III., Dagoberti III. et Chilperici II.) ipse Carivius se prae manibus habere affirmat, et de eodem tempore usque nunc ipsum beneficium asserit esse conservatum* 8 MGH., a. a.. O.: "... illuster vir Charivius, qui matrem aecclesiae Cenomannice ... in regimine habere videtury..." 4 Cf. Prosopographie Nr. CXXXII Anm. 4. Zum Personennamen cf. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 127 (zum Erstbe• standteil althochdeutsch hari) und p. 18 (zum Zweitbestandteil althochdeutsch wie).

CXIII. CHARIEVIUS1 Vir illuster. (Ardenner-) Comes

Den Träger dieses Namens nennt zu 692 Juni 25 ein Praecept Chlod• wigs III. in der Adresse für das Kloster Stablo-Malmedy, dem er einen bereits unter Childerich II. erfolgten Tausch von Besitz im Gebiet der Ardennen bestätigt2. Der für das Kloster eingetausdite locellus liegt auf Fiskalland. Obschon an keiner Stelle des Diploms das Ardenner-Gebiet ausdrücklich genannt wird, ist eben hier der Amtsbereich des Charievius anzunehmen, dem der Adresse des Praecepts zufolge der dux Aericus8 wohl vorgesetzt gewesen ist.

1 Es handelt sich hierbei um eine germanisch-romanische Mischform, bei der der roma• nische Zweitbestandteil wohl in (Chari-)veus zu emendieren ist. 1 MGH. DM. Nr. 62, p. 55. 3 Cf. Prosopographie Nr. XIV.

CXIV. CHEDENOALDUS Vir illuster

Dieser dem Namen nach fränkische Große begegnet 664 Sep 14 in der in Laon ausgestellten Schenkungsurkunde1 des Bischofs Amandus (von

106 Maastricht), der mit der villa Barisiacum (= "Barisis-le-Bois" im pagus Laon), die er von dem austrasischen König Childeridi IL als Geschenk aus Fiskalbesitz erhalten hatte2, neben anderem Besitz im pagus Laon das im nämlichen pagus gelegene, von Amandus gegründete Kloster Fa- verolas ("Faverolles") ausstattet. Wie der austrasische dux Fulcoald und der wie Chedenoald als vir illuster ausgewiesene Vulsmar tritt Chedeno- ald als Gönner des Amandus auf. Ad monasterium edificandum hatte Chedenoald diesem einen im pagus Laon gelegenen Weinberg samt einem abhängigen Winzer vermacht sowie Besitz (terra) an dem Fluß Sesmereia (= ?), wo auch für Vulsmar Besitz bezeugt ist. Wie dieser ist Chede• noald wohl der einheimischen austrasischen Oberschicht zuzuredinen. Ob das vir illuster-Prädikat Indiz für eine Amtstätigkeit dieses Großen ist oder als Ausdruck der Ranghöhe zu verstehen ist, bleibt offen.

1 Pard. II, Nr. 350, p. 133. * MGH. DM. Nr. 25, p. 25.

CXV. HEDENUS1 Vir illuster. Dux (in Thüringen)

Die castella Virteburch (= "Würzburg") und Hamulo (= "Hammel• burg") sind Ausstellungsorte zweier Urkunden Hedens für den Bischof Willibrord. Aus den beiden Schenkungen Hedens und seiner Frau Theo- drada — sie wird in beiden Donationes für Willibrord erwähnt — schä• len sich deutlich zwei Besitzkomplexe heraus. Da ist zunächst das in der Donatio von (717) Apr 18 grosso modo angesprochene elterliche Erbe Hedens im pagus Salvensis an der fränkischen Saale, das die Herkunft des dux aus diesem Gebiet bezeugt2. Heden stellt diesen Besitz Willibrord mit der Auflage zur Verfügung, an der Saale ein Kloster zu gründen. Zum anderen handelt es sich um umfangreiche Besitzungen, die wohl Erbgut der Theodrada sind, in Arnestat (= "Arnstadt") super fluvio Huitteo ( = "die Weiße"), im castellum Mulenberge (= "Mühlberg", Kreis Erfurt) und in Monhore (= "Monra", Kreis Eckartsberge). Auf die mögliche thüringische Herkunft der Gattin Hedens verweist auch der Name des Sohnes, Thuringus (704) resp. Tiringus (717), der in bei• den Donationes unter den testes verzeichnet ist. Ein Amt wird für diesen Sohn Hedens nicht genannt. Die erwähnten Urkunden, die nach den Regierungsjahren Childeberts III. (704)3 resp. Chilperichs II. (717) da• tieren, nennen für den Heden das vir illuster-Prädikat neben der Amts• bezeichnung. Als dux in Thüringen begegnet Heden aber erst expressis verbis bei

107 dem Biographen des Bonifatius, Willibald, der nach der Mitte des VIII. Jhdts.4 die Herrschaft Hedens über die Thüringer als einen periculosus primatus beschreibt5. Nach der älteren um 840 verfaßten Passio Kilians6 ist Heden Vorgänger und Vater des dux Gozbert7. Heden gehört zu den eingliedrigen Personennamen fränkischer Provenienz8.

1 Nur diese Lautung wird in den beiden Urkunden für Willibrord überliefert. Zum Folgenden cf. H. PATZE U. W. SCHLESINGER, Geschichte Thüringens, Bd. I, p. 339-42 und p. 432. * C. WAMPACH, Echternach I, 1. Nr. 26, p. 63-65. 8 C. WAMPACH, a. a. O., Nr. 8, p. 27-31. Die Donatio datiert von (704) Mai 1. 4 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft II, p. 176. 5 MGH. SS. rer. Germ., p. 32 (= Vita s. Bonifatii auctore Willibaldo, cap. 6). • Cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., Heft I, p. 145. 7 MGH. SSRM. V, p. 723 (= Passio Kiliani, cap. 3). 8 Dem eingliedrigen Personennamen liegt althochdeutsch hetan/altsächsisch hedan zu• grunde. Cf. dazu E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 806.

CXVI. C H I L L O Vir illuster. Comes

Dieser Amtsträger begegnet 693 Feb 28 aus Anlaß des Märzfeldes als Beisitzer eines Königsgerichts Chlodwigs III., der in Valenciennes in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" ("Meuse"?) entschei• det1. Chillo erscheint an vierter Stelle einer Reihe von neun comites, die das Diplom nach den Bischöfen, den optimates und vor den grafiones, den referendariiy den seniscalci sowie dem comes palatii verzeichnet. Die umfangreiche Beisitzerliste — sie gibt zweiundfünfzig Personennamen wieder — nennt Große aller Reichsteile. Ein Schluß auf dem Amtsbereich des comes ist nicht möglich. Chillo wird zudem nur in diesem Diplom erwähnt. Der eingliedrige germanische Personenname weist diesen comes vielleicht als Amtsträger fränkischer Provenienz aus2.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 1 M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 132, die althochdeutsch hiltia zugrunde• legt.

CXVII. CHIMBALDUS Centenarius im Gebiet von St.-Omer

In der Venditio eines Rigobert, der vermutlich mit dem gleichnamigen vierten Abt von St.-Bertin identisch ist1, signiert der centenarius Chim-

108 bald 723 Aug 29 unter den Zeugen an dritter Stelle, vor drei weiteren Zeugen2. Mit Ausnahme Chimbalds werden diese nur mit dem Personen• namen genannt, deren Träger vermutlich Große aus der Gegend von St.-Bertin sind. Die "öffentliche" Ausstellung der Venditio in St.-Omer3 macht wahrscheinlich, daß Chimbald als Vollstreckungsorgan die Durch• führung des .Güterwechseis in seinem Amtsbereich überwacht4.

1 MGH. SSRM. V, p. 768 Anm. 1 (= Vita Bertini B). 2 Pard. II, Nr. 528, p. 340. Die ältere maßgebende Edition ist von M. GUERARD, Cartulaire de l'abbaye de St.-Bertin Nr. XXIV, p. 50. Der Name des centenarius wird darin in der Lautung „Chumbaldus" wiedergegeben. s Pard. II, a. a. O., a... actum Sithiu monasterio, publice,.. .*. 4 Den zweigliedrigen germanischen Personennamen des centenarius wird man sich viel• leicht aus einem Namen wie Erchenbald entstanden denken können. Der Wechsel -e- > -i- entspricht einer allgemein romanischen Erscheinung.

CXVIII. CHLODULFUS Vir illuster. Domesticus in Auster (Ardenner-Forst)

Das 670 Sep 6 in Maastricht ausgestellte Praecept Childerichs IL, der dem Kloster Stablo-Malmedy die Hälfte des einst von Sigibert III. ge• schenkten Ardenner-Forstes bestätigt, nennt Chlodulf in der Dispositio nach den Bischöfen und den als viri illustres ausgewiesenen Großen an erster Stelle einer Gruppe von drei domesüci, mit deren Consens der Be• sitzübertrag unter Sigibert III. erfolgt ist1. Amtsgebiet der domesüci ist der königliche Ardenner-Forst. Das Praecept Childerichs IL nimmt deut• lich Bezug auf das Diplom von ca. 648. Dieses gibt den zweigliedrigen germanischen Personennamen des domesticus im nämlichen Zusammen• hang in der jüngeren Lautgestalt Flodulf wieder.2 Der Personenname, den das Privileg Sigiberts III. in der Nachbarschaft Ansigisils, des zwei• ten domesticus im Ardenner-Forst, verzeichnet, hat wohl Anlaß gege• ben, Chlodulf mit den Arnulfingern in Verbindung zu bringen, in deren Familie um 660 dieser Name für den Bischof von Metz, einen Sohn Arnulfs von Metz, überliefert ist3.

1 MGH. DM. Nr. 29, p. 28. * MGH. DM. Nr. 22, p. 23. Zur Lautgestalt cf. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 132/33. 8 Cf. E. HLAVITSCHKA, Karl der Große, Bd. I, p. 73. Die in der Werkstatt des Touler Archidiacons F. de Rosiere gegen Ende des XVI. Jhdts. entstandene Fälschung macht Chlodulf in einem angeblich in Metz ausgestellten Diplom Dagoberts I. von 622 Mai 1 zu einem dux Austriae Mosellanicae (= MGH. DM. Spuria Nr. 18, p. 136).

109 CXIX. CHRAMNELENUS Dux des cisiuranischen Besan9on

Chramnelen wird 636/37 zum erstenmal von Pseudo-Fredegar als dux eines Heeresteils erwähnt, der gemeinsam mit anderen Kontingenten des regnum Burgundiae von Burgund aus gegen die aufständischen Bas• ken operiert1. Obschon dieser dux Träger eines germanischen Personen• namens ist, bezeugt Pseudo-Fredegar ausdrücklich seine romanische Des• zendenz2. Wenige Jahre danach, 642, ist Chramnelen auf der Seite der Gegner Willibads anzutreffen, der durch Amt und Vermögen eine her• vorragende Machtstellung besitzt, die ihn zum Haupt des innerburgundi- schen Widerstandes gegen den von Neustrien dekretierten maiordomus Flaochad macht3. Pseudo-Fredegar zählt Chramnelen neben Flaochad, dem Attoarierdux Amalgar und dem aus dem Ultraiuranus stammenden comes Berthar zu den eigentlichen Widersachern des patricius*. Nach der aus der ersten Hälfte des VII. Jhdts. stammenden Vita Columbans5 ist Chramnelen Nachfolger seines Vaters Waldelen im Amt des cisiuranischen dux von Besan9on6, das Chramnelen wohl erst unter Dagobert I. erhalten hat. Die Vita Columbans nennt auch Chramnelens Mutter, Flavia, und seine Geschwister, Donatus, den nachmaligen Bischof am Sitz des Ducats, so• wie zwei Schwestern; ihre Namen überliefert Ionas nicht; von ihnen kann jedoch Aquilina erschlossen werden, die vielleicht mit der gleich• namigen Frau des Attoarierdux Amalgar identisch ist7. Die Hauptgegner Willibads sind so die Großen, deren Amtsbereich im Norden und Nord• osten an den wohl um Lyon zentrierten patriciatus Willibads angrenzt. Chramnelen ist wohl mit dem gleichnamigen Zeugen der charta ces- sionis des Bischofs Eligius von Noyon für das Kloster Solignac von 632 Nov 22 identisch8. Der neben Chramnelen unter den Subskribenten ver• zeichnete Gundoin ist vermutlich der Vater der Sadalberga von Laon. Weder Gundoin noch Chramnelen sind durch eine Amtsbezeichnung aus• gewiesen. Chramnelen ist daher wohl nach 632 zum dux des Cisiuranus eingesetzt worden.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78). * MGH., a. a. O.: "... ex genere Romano ...". 8 MGH., a. a. O., p. 166 (- Fred. IV, cap. 90). 4 MGH., a. a. O.: "Willibadus cernens inimicum consilium Flaoobado et germano suo Amalberto, Amalgario et Chramneleno ducebus de suo intereto fuisse initum, . . ." und p. 167: "In crasteno Flaochadus, Amalgarius et Chramnelenus, qui consilium de interetum VHieb adi unianemeter conspiraverant,..." 5 F. GRAUS, Heiliger, p. 108 Anm. 332 und die Datierung des ersten Buches vor 641 (p. 127 Anm. 446).

110 • MGH. SSRM. IV, p. 80 (= Vita Columbani I, cap. 14). 7 Cf. Prosopographie Nr. XXVII. 8 MGH. SSRM. IV, p. 749.

CXX. CHRAMNULFUS Vir illuster. Optimas

Die in Orleans 651 Juni 27 ausgestellte Donatio des Abtes Leodebod von St.-Aignan/Orleans verzeichnet diesen Großen mit diesem Prädikat und dieser Rangbezeichnung1. Vor Chramnulf und dem Bischof Audoen (von Rouen), der die Donatio auf Bitten Leodebods auch subskribiert, gibt der Abt die rechtlich verbindliche Erklärung ab, daß von den er• folgten Schenkungen jeweils die Hälfte für St. Maria in Fleury zurück• behalten, während die andere Hälfte dem zu erbauenden Kloster in Fleury zufallen soll. Die Dispositio der Urkunde macht wahrscheinlich, daß Chramnulf ein im Orl^anais eingesetzter oder begüterter und be• heimateter Großer ist. Chramnulf erscheint dem zweigliedrigen germa• nischen Personennamen nach der fränkischen Oberschicht zugehörig. Die in nicht-königlichen Urkunden seltene Rangbezeichnung kann als ein zusätzliches Indiz der Zugehörigkeit Chramnulfs zur Führungsschicht um Chlodwig IL gelten.

1 M. PROU et A. VIDIER, Recueil des diartes de Pabbaye de St.-Benoit-sur-Loire, Bd. I, p. 8.

CXXI. CHRODOBALDUS1 Vir illuster. Comes palatii Theuderichs IV.

Das 726 März 3 in Ponthion ausgestellte Placitum dieses Merowingers verzeichnet Chrodobald als comes palatii, der mit dem vir illuster-Prä- dikat ausgezeichnet ist2. Die in der Dispositio merowingischer Placita seit der Mitte des VII. Jhdts. überlieferte Formel, welche die richterliche Funktion des comes palatii mit der testimoniatio vor dem König her• vorhebt, ist 726 unverändert in ihrem Wortlaut. Chrodobald ist der einzige comes palatii, der für Theuderich IV. bezeugt ist, wie auch dieses Placitum das einzige dieses noch minderjährigen Merowingers ist.

1 Diese Lautung wird man mit Sicherheit der kopial überlieferten "Cumrodobaldus" des Diploms vorzuziehen haben. Anlautendes Cum- scheint aus Ch- von dem Kopisten verlesen. 1 MGH. DM. Nr. 94, p. 84.

111 CXXII. CRODOBERTUS Dux der Alemannen

Crodobert erscheint 631/32 auf der Seite Dagoberts I. im Kampf gegen Samo und die Wenden1. Mit dem Aufgebot der Alemannen ent• lastet der dux den fränkischen Heereszug durch erfolgreiche Teilope• rationen — wie dies der Chronist auch von dem langobardischen Kon• tingent berichtet. Über die Herkunft Crodoberts ist eine gesicherte Aussage nicht mög• lich.2

1 MGH. SSRM. II, p. 155 (= Fred. IV, cap. 68). 2 Der zweigliedrige germanische Personenname ist im VII. Jhdt. ungewöhnlich oft überliefert, sowohl im austrasischen wie auch im neustrischen Teil des Frankenreiches, zumeist jedoch von Großen, die keine Amtsbezeichnung tragen. Vom Personennamen er• geben sich daher keinerlei Anhaltspunkte für eine Identifikation. Es ist jedoch denkbar, daß Crodebert ein von Dagobert I. eingesetzter Amtsträger — wie der Austrasier Ra• dulf — in einer Zeit starker fränkischer Einflußnahme ist.

CXXIII. CHRODEBERTUS Maiordomus sacri palatii Chlothars III.

663 adressiert der Attoarierdux Sichelm1 ein Schreiben an die als maioresdomus sacri palatii ausgewiesenen Großen Chrodebert, Eme- rulf und Reidebert2. Er bittet die genannten Amtsträger darin, sich bei Chlothar III. für das zerstörte burgundische Kloster Beze einzusetzen. Das auf den Brief folgende Praecept Chlothars III. an Sichelm von 664 ist erhalten3. Chrodebert ist wie Emerulf und Reidebert keinem der Reichsteile als maiordomus zuzuweisen. Es ist wahrscheinlich, daß der Brief des Atto• arierdux mit der Amtsbezeichnung maiordomus nicht den Inhaber die• ses Amtes in einem der Teilreiche meint, sondern lediglich einen ein• flußreichen Großen am Hof Chlothars III. Die Bezeichnung maiordo• mus geht vermutlich auf die Lex Gundobada zurück, die damit den königlichen Amtsträger beschreibt, der als consiliarius aut maiordomus die Schreiben des comes ex ordinatione regis entgegennimmt und die Antwort ex ordinatione regis verfaßt4. Die zur Amtsbezeichnung zu• sätzlich tretende Kennzeichnung der Zugehörigkeit zum asacrum impe- rium* ist nicht merowingisdi. Die sprachliche Uberformung des Briefes wird daran deutlich. Diese steht in Zusammenhang mit der kopialen Überlieferung des Briefes im Chronicon Besuense5.

112 Chrodebert ist wohl kaum mit jenem gleichnamigen comes identisch, den ein Praecept Childerichs II. von 675 März 4 für das Elsaß-Kloster Münster im Gregoriental nennt6. Der zeitliche Zusammenhang würde al• lenfalls noch an eine Identität mit dem gleichnamigen comes palatii Theuderichs III. denken lassen, den die zeitgenössische Passio I Leude- gars von Autun in den letzten Jahren des Bischofs erwähnt7.

1 Cf. Prosopographie Nr. CCLXXVIII. 2 Pard. II, Nr. 348, p. 131. 8 MGH. DM. Nr. 42, p. 39. 4 Cf. dazu Prosopographie Nr. CLII, insbesondere Anm. 5. 5 Cf. dazu Prosopographie Nr. VIII. 8 MGH. DM. Nr. 30, p. 29. 7 MGH. SSRM. V, p. 315 (= Passio I, cap. 33). Cf. Prosopographie Nr. CXXVI.

CXXIV. CHRONEBERTUS1 Vir illuster

Mit diesem Prädikat wird Chronebert als der Begründer des Klosters Maricolas ( = "Maroilles") am Sambre in der Diözese Cambrai in der charta des Abtes Huntbert erwähnt, der dem genannten Kloster 671 Apr. 18 Besitzanteile der villa Macerias (= "Maizi^res") im pagus Laon überträgt2. Die in Maroilles ausgestellte donatio nennt Chronebert, der das Kloster suo opere erbaut hatte, bereits als verstorben8. Da dieser Große nur in dieser Urkunde überliefert wird und die fränkische Des• zendenz aus der Lage des Besitzes wie dem zweigliedrigen germanischen Personennamen nur erschlossen werden kann, bleibt offen, wie das vir illuster-Prädikat zu verstehen ist. Anscheinend weist dies auf die Rang• höhe Chroneberts hin.

1 Der zweigliedrige Personenname scheint im Konsonantismus des Namenerstgliedes gestört; der Name ist wohl in Chrodebertus zu emendieren. * Pard. II, Nr. 365, p. 155. 8 Pard. II, a.a.O.: "... Maricolas, quod vir illustris Chronebertus quondam suo opere construxit,..." Das Adverb könnte sich in diesem Fall aber auch dahin interpretie• ren lassen, daß Chronebert "einstmals" das Kloster auf Eigengut errichtet hat. Der Herausgeber dieser Urkunde, Pardessus, läßt die sich aufdrängende Frage nach der Echtheit offen. Die Urkunde ist wahrscheinlich falsch.

CXXV. RODEBERTUS Comes des Oberelsaß

Ein Praecept Childerichs IL, das dieser 675 März 4 für das Elsaß- Kloster Confluentis (= "Münster im Gregorientalw) ausstellen läßt1,

113 adressiert an den Elsaßdux Chadidio (sc. Adalricus-Eticho) und den comes Rodebert. Dieser wird in der Adresse nach dem dux verzeichnet. Childeridi II. teilt den genannten Amtsträgern die Vergabung von Dienstleistungen der Leute auf Fiskalland im oberelsässischen Munzen- heim (ostwärts Colmar) und Ohnenheim (südostwärts Sdilettstadt) an den Abt des Klosters mit. Die in der Dispositio des Praecepts verzeich• neten Orte, von denen Munzenheim dem Fiskalkomplex Colmar zu• zuweisen ist, machen wahrscheinlich, daß Rodebert der für diese zu• ständige comes gewesen ist. Dessen Amtsbereich scheint um Colmar zen• triert zu sein. Rodebert gehört neben dem nach 666 überlieferten comes Erich2 zu den Amtsträgern, die in der Frühzeit des etichonischen Herzogtums auftre• ten. Wie Erich ist Rodebert sicher nicht dem etichonischen Haus zuzu• rechnen. Das Amt des comes ist dann spätestens 683 bis in das VIII. Jhdt. hinein in etichonischer Hand3 wie im übrigen auch das Amt des domesticus* — auch dies ein Zeichen der Konsolidierung der Macht die• ser Familie.

1 MGH. DM. Nr. 30, p. 29. 1 MGH. SSRM. V, p. 38 (= Vita Germani, cap. 11). 8 MGH. DM. Nr. 72, p. 189. Cf. Prosopographie Nr. III. 4 Cf. A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 103, p. 47. Cf. Prosopographie Nr. CXLVIII.

CXX VI. CHRODOBERTUS Comes palatii Theuderichs III. (675-679)

Als richterliches Vollzugsorgan des genannten Königs tritt Chrodobert in der Auseinandersetzung zwischen Ebroin und Bischof Leudegar von Autun in den letzten Jahren Leudegars auf. Die zeitgenössische Passio I1 nennt Chrodobert als den einzigen comes palatii dieses Königs. Auf Ver• anlassung Ebroins nimmt Chrodobert den Bischof von Autun in Haft2. Nach Verurteilung Leudegars wird dem comes palatii ein Dekret über• mittelt, das die Beseitigung des Bischofs verlangt3. Weil Chrodobert sich weigert, legen an seiner Statt zwei famuli seiner Mannschaft Hand an Leudegar. Nach der späten Passio II setzt die Frau Chrodoberts den Leichnam des Bischofs in der villa Scarcingo* bei5.

1 Die Passio I datiert nodi in das VII. Jhdt. Cf. dazu F. PRINZ, Mönchtum, p. 499 und F. GRAUS, Heiliger, p. 110 Anm. 348. 1 MGH. SSRM. V, p. 315 (= Passio I, cap. 33). Danach MGH. SSRM. V, p. 340 (= Passio II, cap. 18).

114 8 MGH. SSRM. V, p. 315 (== Passio I, cap. 34): "Tunc a palatio sententia mandatur decreti (sc. Chrodoberti), Leudegarium diutius vivere non debere" 4 Der Ortsname ist nicht identifiziert. Nach E. EVIG, Teilreiche II, p. 129, ist er identisch mit aSt.-L£ger", Diözese Arras. 5 MGH. SSRM. V, p. 343 (= Passio II, cap. 20).

CXX VII. CHRODBERCTHUS Vir illuster. Referendar Chlodwigs III.

Dieser dem zweigliedrigen germanischen Personennamen nach frän• kische Große begegnet unter den Beisitzern des im Original erhaltenen Placitums Chlodwigs IIL, der 693 Feb 28 in Valenciennes anläßlich des Märzfeldes in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso* ( = "Meuse"?) verhandeln läßt, an dritter Stelle einer Gruppe von vier Bi• schöfen, den optimates, den comites, den grafiones und den domestici, aber noch vor den seniscalci und dem comes palatii verzeichnet1. Der als Beisitzer erwähnte Amtsträger könnte mit dem gleichnamigen Referendar Chlothars III. identisch sein, den die karolingische Vita Lantberts2 als "vir clarissimus atque in secula nobilissimus" mit der um• schreibenden Formel "summus palatii referendarius" nennt3. Der in der Vita verzeichnete Amtsträger erscheint zugleich als Onkel (avunculus) des Lyoner Bischofs. Möglicherweise liegt zudem noch Identität mit dem gleichnamigen Amtsträger Chilperichs IL vor, dessen im Original erhal• tene, in Compi&gne 716 März ausgestellte Tractoria für St.-Denis er re- cognosciert4.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 Die Vita des Lyoner Bischofs, der zuvor Abt von St.-Wandrille war, wurde um 800 verfaßt; cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 139. 8 MGH. SSRM. V, p. 608 (= Vita Lantberti, cap. 1). Cf. dazu ergänzend MGH., a. a. O., p. 620 (= Vita Ansberti, cap. 2 et 3). Auch diese um 800 verfaßte Vita (cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O.) bezeugt für Hrotbert vornehme Abkunft und berichtet, daß dieser "gerulus fuerat anuli regis Chlotharii* * MGH. DM. Nr. 82, p. 73 (= LS. Nr. 35).

CXXVIII. ROTBERTUS Advocatus des Klosters St.-Wandrille

Ein in den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii1 überliefertes ar- nulfingisches Deperditum von 723 Juli 19 nennt Rotbert mit dieser

115 Jahr des Exils, 738, stirbt Eucher im Kloster St.-Trond in der Verban• nung; dorthin war er durch Chrodebert auf eigenen Wunsch gebracht worden. In St.-Trond wird Eucher auch unter großen Ehren beigesetzt. Dem Quellenzusammenhang ist soviel zu entnehmen, daß Chrodebert, der seinem zweigliedrigen germanischen Personennamen nach zur ein• heimischen austrasischen Oberschicht gerechnet werden kann, Gefolgs• mann des maiordomus ist. Vermutlich hat dieser Chrodebert auch mit dem Dux-Amt im austrasischen Hasbanien betraut, das in der Vita Euchers zum erstenmal zeitgenössisch belegt wird.

1 Die Vita entstand noch in der ersten Hälfte des VIII. Jhdts.; cf. WATTENBACH- LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft II, p. 168. 2 MGH. SSRM. VII, p. 49 (== Vita Eucherii, cap. 7). 8 MGH., a. a. O., p. 50 (= Vita Eucherii, cap. 9): "... dam tutiori eum loco vocabulo Hasbanio Chrodeberto duce eum tradidit custodiendum."

CXXX. CHRODEGARIUS Vir illuster

Das im Original erhaltene Praecept Chlothars II. zugunsten der Kirche von St.-Denis verzeichnet Chrodegar mit diesem Prädikat in der Inscrip- tio des Diploms, die außer dem Namen dieses Großen keinen anderen mehr überliefert1. Das in Etrepagny ausgestellte Diplom, das wohl auf die Zeit um 627 zu datieren ist, bestätigt St.-Denis die von dem Kauf• mann Iohannes testamentarisch gemachten Schenkungen "infra oppedum Parisiorum civetatis". Diese Angabe läßt vermuten, daß Chrodegar, den der zweigliedrige germanische Personenname als einheimischen fränki• schen sc. neustrischen Großen wahrscheinlich macht, Amtsträger an der sedes regia ist.

1 MGH. DM. Nr. 11, p. 13 (= LS. Nr. 2). Nach dem nur bruchstückhaft überliefer• ten Namen dieses Großen bricht die Inscriptio ab. Die Lücke zwischen Chrodegars Na• men und dem folgenden Urkundentext läßt keinen Zweifel daran, daß die Inscriptio weitere Personennamen wiedergegeben hat, da das vir illuster-Prädikat im Dativ Plural erscheint. Möglicherweise war der Inscriptio auch ein Amt für Chrodegar zu entnehmen.

CXXXI. C(H)RODEGARIUS Vir illuster. Dux (in Le Mans)

Das 710 Okt 21 in der villa Marogilo (= "Marolles-les-Brault"1) ausgestellte Testament des Bischofs Berarius, der offensichtlich nicht selbst

117 aus Le Mans stammt und auch dort nicht ordiniert, sondern von außer• halb in diese civitas gekommen ist, erwähnt diesen Großen mit diesem Prädikat als Amtsträger, der den Bischof mit Abgaben (inferenda) unter• stützt2. Im Zusammenhang damit verfügt Berarius die Einsetzung der Tochter des dux, Chrodhild, als Äbtissin des von Berarius in Chalons (Mayenne, westlich Le Mans) gegründeten Klosters, das eigentlicher Erbe des Bischofs ist, nach dem Tod der noch als Äbtissin dort wirkenden Ca- gliberta. Das Kloster wird von Berarius post obitum der Verfügungs• gewalt des Bischofs von Le Mans (Herlemund) unterstellt. Wie dieser erhält auch Crodegar eine Abschrift des Testaments "ad opus filiae suae33'. Die von Crodegar dem Bischof Berarius zugewiesenen inferenda3 sind wohl Abgaben, die dem dux als dem Vertreter der Zentralgewalt aus der civitas Le Mans zuflössen. Wahrscheinlich ist Crodegar der einheimischen neustrischen Oberschicht zuzurechnen. Der zweigliedrige germanische Personenname kann dafür Indiz sein.

1 R. SPRANDEL, Civitas Cenomannorum, p. 50/51. f Pard. II, Nr. 85, p. 478: u... de inferendis vel undicumque iuvamen nobis ut praestare non cessat, vel adiutorium, tarn nobis quam ipsi casae facit et inantea facere disponity.. .* 8 Nach F. LOT, Nouvelles redierdies sur Pimp6t foncier, p. 187, handelt es sich bei den "inferenda" um einen "imp6t foncier perc;u en b^tail".

CXXXII. HROTGARIUS Vir illuster. Comes im Ducatus Cenomannicus

Am 19. Juli 723 fungiert dieser comes nach Aussage der bald nach 833 geschriebenen Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii1 im castrum Zül- pich neben den Bischöfen Ebbo (von Sens), Haldoin (von Troyes), Milo (von Trier) und den comites Teuderich, Anginulf und Haregar als Bei• sitzer anläßlich eines Rechtsstreites zwischen dem comes Berthar und dem Abt Benignus von St.-Wandrille resp. seinem advocatus Rotbert2. Den Streit um eine im Hi^mois (Orne) gelegene villa entscheidet Karl Martell zu Gunsten des Klosters. Das arnulfingische Deperditum läßt offen, ob der Amtsbereich Hrotgars im Gebiet von Le Mans oder des Ausstellungsortes Zülpich zu suchen ist. Für die Umgebung von Le Mans spricht jedoch eine Nachricht der nach 832 entstandenen Actus pontificum Cenomannis8, die noch 723 diesen Großen als einstigen comes bezeichnen, dessen Sohn, der clericus Gauziolen, den Bischofsstuhl dieser Stadt be• steigt4. Vielleicht ist Hrotgar mit dem dux C(h)rodegar5 identisch.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heil III,

118 p. 344/45. Die Gesta geben historiographisdie und urkundliche Quellen der Merowinger- zeit wieder. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii III, 5, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 32/33. 8 Cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., p. 346. Auch die Actus berücksichtigen weitge• hend merowingisches Urkundenmaterial. 4 Actus pontificum Cenomannis in urbe degentium, hg. v. G. BUSSON-A. LEDRU, Le Mans 1901, p. 245. Die Quelle verzeichnet den Namen in der Lautung "Rothgarins"'. Cf. L. DUCHESNE, Fastes £piscopaux, Bd. II, p. 340. 5 Cf. Prosopographie Nr. CXXXI. Die Amtsbezeichnung dux wäre damit in karo- lingischer Zeit zurückgedrängt worden.

CXXXIII. CHRODMARUS Sacebaro

Unter den zahlreichen Zeugen der Schenkungsurkunde des als vir illu• ster ausgewiesenen Adrowald für das zu erbauende Kloster Sitdiu, das nachmalige St.-Omer, das auf Eigengut des Adrowald entsteht, begegnet Chrodmar mit dieser Amtsbezeichnung an vierzehnter Stelle einer Zeu• genreihe, die von dem Verdacht der Interpolation nicht ganz freizuspre• chen ist1. Die 651 Sep 62 in Aix-en-Issart ausgestellte Urkunde, die dem neuen Kloster neben der villa Sitdiu weiteren umfangreichen Besitz des Adrowald im pagus Th£rouanne übereignet, nennt in der Reihe der Zeugen fünf weitere sacebarones. Zu deren Amtsbereich sagt die Ur• kunde nichts, da die genannten Amtsträger nur als Zeugen auftreten. Der nach Adrowald und den geistlichen Würdenträgern an der Spitze der übrigen Zeugen subskribierende grafio Chunebert könnte den sace• barones vorgesetzt sein, als deren Amtsbereich sich der pagus Th£rouanne anbietet. Der zweigliedrige germanische Personenname des sacebaro macht fränkische Herkunft seines Trägers wahrscheinlich.

1 Pard. II, Nr. 312, p. 88. Die ältere maßgebende Ausgabe dieser Traditio ist von M. GU£RARD, Cartulaire de l'abbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/19. Die Urkunde ist neu ediert in den DB. Nr. 1, p. 7. 1 Zu dieser Datierung cf. Chr. COURTOIS, Melanges Halphen, p. 157-160.

CXXXIV. CHRODMUNDUS Vir illuster. Grafio unter Chlodwig III.

Unter den zweiundfünfzig Beisitzern eines in Valenciennes 693 Feb 28 tagenden Placitums begegnet Chrodmund mit dieser Amtsbezeichnung an erster Stelle einer Gruppe von acht grafiones, die das im Original er-

119 haltene Diplom nach den Bischöfen, den optimales und comites> aber noch vor den domestici, den referendarii, den seniscalci sowie dem comes palatii verzeichnet1. Die Gerichtsurkunde, die in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" (= "Meuse"?) entscheidet, läßt die Frage nach dem Amtsbereich Chrodmunds offen. Der Name des grafio wird nur in diesem Diplom überliefert, als der eines Großen, der sich anläß• lich des Märzfeldes in Valenciennes in Königsnähe aufgehalten hat. Der zweigliedrige germanische Personenname macht eine fränkische Herkunft Chrodmunds wahrscheinlich.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

CXXXV. CHRODOINUS Notarius ( = "Urkundenschreiber")

Mit dieser Amtsbezeichnung ist Chrodoin von 695 bis 717 in den Weißenburger Traditionen nachweisbar. Chrodoin kann wohl der Grün• dersippe der Chrodoine zugewiesen werden, die das Kloster in der Früh• zeit neben den Gundoinen ausstattet1. Der als notarius hervortretende Zweitälteste uns bekannte Chrodoin schreibt für ganz verschiedene Aus• steller, darunter jedoch vor allem für die Generation der Söhne und En• kel Gundoins, des austrasischen dux2. Sechs der von Chrodoin geschrie• benen Traditionen nennen ihn ausdrücklich als notarius3, eine als ama- nuensis*> zwei weitere nur den Namen und die Ausfertigung5. Ausstel• lungsorte sind neben Weißenburg vor allem Orte des Saargaus, die als Besitz der Gundoine nachgewiesen werden können. Chrodoin gehört wohl dem Weißenburger Konvent an; der notarius könnte nach K. Glöck• ner mit dem nachmaligen Abt gleichen Namens identisch sein6. Chrodoin ist nicht den Grafschaftsschreibern zuzuredinen, wie es die Bezeichnung notarius eigentlich nahelegt.

1 Dazu K. GLÖCKNER, Elsaß-Lothringisches Jahrbuch 18 (1939) p. 15 ff. 1 Cf. Prosopographie Nr. CXCIX. * Traditiones Wizenburgenses Nr. 46, p. 48 von 695. Nr. 225, p. 216 von 712 Apr. 20. Nr. 244, p. 236 von 713/14. Nr. 265, p. 255 von 715 Jan 2. Nr. 239, p. 230 von 715 Jan 1. Nr. 261, p. 252 von 717 Oct 1. 4 Traditiones Wizenburgenses Nr. 240, p. 251 von 699 Juni 1. 5 Traditiones Wizenburgenses Nr. 256, p. 248 von 713 Apr 22. Nr. 226, p. 217 von 715 Jan 1. 8 K. GLÖCKNER, a. a. O., p. 18 ff. Nach Glöckner gehört der mehrfach bezeugte notarius Chrodoin zur dritten Generation der Chrodoin-Sippe.

120 CXXXVI. (C)HUGOBERCTHUS1 Vir illuster. Seniscalc Chlodwigs III. Vir illuster. Comes palatii Childeberts III.

Unter den zweiundfünfzig Beisitzern des von Chlodwig III. 693 Feb 28 in der Pfalz zu Valenciennes anläßlich des Märzfeldes abgehaltenen Kö• nigsgerichts wird der seniscalc Chugobercth an vorletzter Stelle genannt nach den Bischöfen, Optimaten, comites, grafiones, domestici und refe- rendarii2. Wie diese zählt Chugobercth zu den proceres Chlodwigs. Das im Original überlieferte Diplom verzeichnet neben Chugobercth einen zweiten seniscalc, Landrich. Unter Childebert III., dem Nachfolger Chlodwigs, wird wenige Jahre danach, 697 März 14, unter den einundzwanzig Beisitzern eines in Com- pi£gne tagenden Königsgerichts, dessen Urkunde im Original erhalten ist, Hociobercth als comes palatii dieses Königs erwähnt3. Der enge zeitliche Zusammenhang, der nur hier überlieferte Personenname und das Amt innerhalb des Palatiums machen wahrscheinlich, daß dieser Große mit dem seniscalc Chlodwigs III. identisch ist. Der mit dem vir illuster- Prädikat ausgezeichnete comes palatii legt vor Childebert Zeugnis über das von den als Beisitzer fungierenden Großen gefundene Urteil ab, das die Dispositio in einem Satz wiedergibt. Dann erst ergeht das Gebot Childeberts, der in den verhandelten Besitzstreitigkeiten dem Urteil der Großen folgt. Chugobercth ist der Vater der Königin Plectrud und Gemahl der Ir- mina von Oeren4. Eine nicht mehr zeitgenössische Vita verzeichnet Hug- bert als comes palatii Theuderichs III. und nachmaligen Bischof von Lüt• tich5. Eine solche Identität aber ist nach E. Hlawitsdika zu verwerfen6, während C. Wampach7 es für wahrscheinlich hält, daß Bischof und seniscalc resp. comes palatii ein und dieselbe Person sind.

1 Diese Lautung ist der in den Editionen überlieferten "Hociobercthus" vorzuziehen. Die in merowingisdien Quellen häufig auftretende Vokalerhöhung u > o entspricht wohl romanischer Sprecheigentümlichkeit. Inlautendes -ci- des Bestimmungswortes scheint aus -g- verlesen. Die Erhöhung des Wurzelvokals hängt anscheinend mit der Anglei- chung des u etwa an die Aussprache des neufranzösischen ou zusammen. M. BONNET, Le Latin de Gr£goire de Tours, Nachdruck Hildesheim 1968, p. 136-138, verweist für das VI. Jhdt. bereits auf zahlreiche Wortbeispiele, die eine solche Vokalerhöhung aufzeigen: custodibus > costodibus, puniretur > poneretur etc. 2 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 8 MGH. DM. Nr. 70, p. 63 (= LS. Nr. 27). 4 E. HLAWITSCHKA, Die Vorfahren Karls des Großen, Karl der Große, Bd. I, p. 74. 5 E. HLAWITSCHKA, a. a. O., hält eine Verwandtschaft des Lütticher Bischofs mit dem comes palatii Childeberts III. für möglich, ada Plectrud 706 bereits als filia Hugoberti quondam auftritt."

121 Bei der postmerowingischen Vita, die Hugbert als comes palatii Theuderichs III. belegt, handelt es sich um die Vita IV Landiberti episcopi Traiectensis auctore Nicoiao, MGH. SSRM. VI, p. 415. Diese Vita belegt Hugbert auch als vir illuster, p. 415. • Cf. vorige Anm. 7 C. WAMPACH, Echternach I. 1, p. 130 ff.

CXXXVII. (C) H U G U S (Vir illuster. Maiordomus in Auster)

617/18 wird ein Chucus zum erstenmal neben Warnachar und Gunde• land genannt. Diese ohne Amtsbezeichnung von Fredegar erwähnten Großen nehmen langobardische Bestechungsgelder entgegen und wirken so bei Chlothar IL darauf hin, den Langobarden mit diesem unrühmli• chen Handel die Tributzahlungen an die Franken zu erlassen1. Da diese Gelder augenscheinlich den drei höchsten Amtsträgern dieses Königs zu• fließen und Warnachar als maiordomus für Burgund, Gundeland als maiordomus für Neuster bezeugt ist, wird man Chucus als austrasischen maiordomus vermuten können. Als "primas procerum" Chlothars IL belegt ihn zudem die Vita Ar• nulfs von Metz2, mit dem der als sehr begütert geschilderte Hugus in Ver• bindung steht. Auch dies macht den austrasischen Maiordomat für Chugus wahrscheinlich. Ohne Amtsbezeichnung wiederum, aber als vir illuster wird Chugus 616 März 27 im Testament des Bischofs Bertram von Le Mans erwähnt3. Chlothar IL vergabte danach an Chugus und Gunde• land namentlich nicht genannte villae in der Provence aus dem Besitz der Aurelia.

1 MGH. SSRM. II, p. 144 (- Fred. IV, cap. 45). * MGH. SSRM. II, p. 437 (= Vita Arnulfi, cap. 14 a). Die Vita Arnulfs datieren si• cher in das VII. Jhdt.: F. PRINZ, Mönchtum, p. 138 und F. GRAUS, Heiliger, p. 101 Anm. 274. • Pard. I, Nr. 230, p. 211.

CXXXVIII. CHUNEBERTUS Grafio (in Th&rouanne)

Dieser Amtsträger subskribiert als Zeuge 659 Sep 61 die große Schen• kungsurkunde des als vir illuster ausgewiesenen Adrowald für das Kloster Sitdiu, das nachmalige St.-Omer, das auf Eigengut Adrowalds errichtet wird2. Die in Aix-en-Issart (Pas-de-Calais) ausgestellte Urkunde3 nennt Chunebert als ersten weltlichen Amtsträger im Eschatokoll nach dem

122 Amtsbezeidinung in der Zeit des Abtes Benignus (710 bis 724)2. Rotbert vertritt in einem im castrum Zülpidi vor dem maiordomus Karl Martell ausgetragenen Rechtsstreit um eine unweit Seez/Orne gelegene villa die Belange des Klosters gegen den comes Berthar, einen wohl im Ducatus Cenomannicus eingesetzten Amtsträger. Karl Martell entscheidet zugun• sten des Klosters. Rotbert ist zugleich der erste urkundlich bezeugte ad• vocatus8.

1 Zur Entstehung der Gesta cf. Prosopographie Nr. CXXXII. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii IV, 5, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 33. 8 Advocati werden in Diplomen der Merowingerzeit selbst nicht genannt. Ein einziges Beispiel, das zwar die Funktion des advocatus erkennen läßt, aber das Amt nicht expres- sis verbis belegt, findet sich in MGH. DM. Nr. 43, p. 41. Dieses Diplom Chlothars III. von 666 Aug 18 für den Abt Waldelen des burgundischen Klosters Beze umschreibt die Funktion des als vir illuster ausgewiesenen Großen Gengulf a... omnes causas ipsius monasterii ad prosequendum et redinte grandum deberet recipere;" und a... ut memora- tas omnes causas ipsius monasterii ex nostro permissu licentiam habeat prosequiy .. .". Zieht man die unter den cartae regales in der Sammlung des Marculf überlieferte Formel I, 36 (— MGH. Legum Sectio V, p. 66) zum Vergleich heran, ergeben sich z. T. wörtli• che Übereinstimmungen ("Precipientes ergo iobemus, ut memoratus pontifex3 aut abba> vel abbatissay seo advocatus eius in vice auctorum suorum causas ipsius licentiam habeat adsumendi vel omallandi. ..."), die für Gengulf das Amt des advocatus wahrscheinlich machen. Gleichwohl scheint die Formel in merowingischer Zeit sonst nicht benutzt worden zu sein. Advocati werden dann erst in der Karolingerzeit bezeugt. Eine wiederum im castrum Zülpich 726 Juli 9 durch Karl Martell für Willibrord ausgestellte Urkunde (MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 12, p. 100) nennt den comes Erkanfred als advocatus des Bi• schofs, an dessen Statt er die Urkunde entgegennimmt.

CXXIX. CHRODEBERTUS Dux im austrasischen Hasbanien

Der Verfasser der zeitgenössischen Vita des Bischofs Eucher von Or• leans1 erwähnt diesen Großen um 732 mit der Amtsbezeichnung dux im Zusammenhang der Auseinandersetzung des maiordomus Karl Mar• tell mit Eucher und dessen als "gens ferocissima atque belligera ac lo- cupleta vehementer" nach den Worten Karl Martells charakterisierten Familie2. Damit ist zugleich der Hintergrund der Auseinandersetzung angedeutet. Sie sollte Euchers mächtige Familie treffen, die der maior• domus mit dem in Ver (Oise, arr. Senlis) abgesetzten Bischof von Orleans nach Köln in die Internierung schickt. In Köln aber gelangt Eucher recht bald wegen der ihm nachgerühmten benignitas zu hohem Ansehen. Um Fluchtmöglichkeiten Euchers auszuschließen, beauftragt der maiordomus den Chrodebert, "loco Hasbanio duce", mit der Bewachung Euchers, der von dem Amtsträger mit allen Ehren aufgenommen wird3. Im sechsten

116 Sdienker und den geistlichen Subskribenten und vor anderen Großen, die zum Teil expressis verbis als sacebarones erwähnt werden. Die Dispositio der Donatio macht wahrscheinlich, daß Chunebert neu- strischer Amtsträger ist, der wohl der einheimischen fränkischen Ober• schicht entstammt. Der im VII. Jhdt. seltene zweigliedrige Personen• name ist germanischer Herkunft4. Engeres Amtsgebiet Chuneberts könnte der pagus Th^rouanne sein, dem auch die Schenkungen Adrowalds ent• nommen sind. Vielleicht ist dieser grafio den sechs sacebarones vorgesetzt gewesen.

1 Zu dieser Datierung cf. Chr. COURTOIS, Melanges Halphen, p. 157-160. * Pard. II, Nr. 312, p. 88. Die maßgebende ältere Edition ist von M. GU£RARD, Cartulaire de Pabbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/9. Die Traditio liegt in einer neuen Edition in den DB. Nr. 1, p. 7, vor. a Pard. II, a. a. O., Anm. 1 verzeichnet fälschlich Sitdiu selbst. 4 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 379 und M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 152.

CXXXIX. CHUNOALDUS Dux in Aquitanien

Er ist der Sohn des aquitanischen dux Eudo, dem er wohl bereits 735 in diesem Amt nachfolgt. 742 erscheint Chunoald an der Spitze aufstän• discher Basken gegen die von Karl Martells Söhnen vertretene fränkische Zentralgewalt. Karlmann und Pippin bekämpfen bis zum Herbst 742 diesen Aufstand erfolglos1. Aquitanien ist noch weit von einer Einbe• ziehung in den Verband des Frankenreiches entfernt.

1 MGH. SSRM. II, p. 180 (= Fred, cont., cap. 25).

CXL. C O R B O Vir illuster

Nach Ausweis des Testamentes des Abtes Widerad von Flavigny von 721 ist Corbo Widerads Vater. 721 ist Corbo bereits nicht mehr am Leben1. Inwieweit das Prädikat vir illuster als tatsächliche Rangbe• zeichnung oder als Epitheton, das nur die vornehme Abkunft Widerads hervorheben soll, interpretiert werden kann, muß offenbleiben.

1 Pard. II, Nr. 514, p. 323.

123 CXLI. DADO-AUDOENUS (Vir illuster) Referendar Dagoberts I.

Nach der zeitgenössischen Vita Columbans1 ist Dado Sohn des fränki• schen Großen Authar und dessen Frau Aiga, als deren Sitz Ussy (Marne) überliefert ist2. Älterer Bruder Dados ist nach dieser Vita Ado, der Gründer des Klosters Jouarre (Seine-et-Marne). Dado selbst gründet das Kloster Rebais in der Brie3. Als dritten Bruder nennt die zeitgenössische Vita Audoins4 jenen Rado, der unter Dagobert I. als Thesaurar fungiert5. Unter demselben Merowinger wird Dado als Referendar mehrfach bezeugt, ein Amt, das er bis 641, dem Zeitpunkt des Antritts seines Bischofsamtes in Rouen, versehen hat. Die Vita Audoins nennt dieses Amt nicht, wohl aber ausdrücklich die Verwahrung des königlichen Ring• siegels durch Dado; das läßt eben auf ein solches Amt schließen6. Ein in Clichy 635 Okt 1 ausgestelltes Diplom Dagoberts I. legt Dado zudem das vir illuster-Prädikat zu7; auch die 636 im nämlichen Clichy ausge• stellte charta des Bischofs Burgundofaro von Meaux für das Kloster Rebais8. Dies sind zugleich die ersten urkundlichen Nachweise, daß Refe• rendare dieses Prädikat tragen. Erst gegen Ende des VII. Jhdts. werden Referendare dann erneut als viri illustres in Originalurkunden erwähnt9. Die genannten Urkunden von 635 und 636, die beide nur in kopialer Überlieferung vorliegen, sind wohl von einem Fälschungsverdacht nicht ganz freizusprechen. 632 Nov 22 subskribiert der ohne Amtsbezeichnung noch vor seinem Bruder Rado genannte Dado die charta des Bischofs Eligius von Noyon für das von ihm auf einer Schenkung Dagoberts I. gegründete Kloster Solignac10. Das Amt des Referendars wiederum nennt neben der erst späten Vita Agili auch Pseudo-Fredegar zum Jahr 636/3711. Der vom Chronisten als rex Britannorum bezeichnete Judacail, der sich in Clichy der ditio Dago• berts I. unterwirft, ist Gast Dados in dessen unweit des königlichen palatium gelegenem Haus. Vielleicht ist Dado auch jener namentlich nicht genannte Gesandte Dagoberts I. gewesen, der von Clichy zu den rebellierenden Bretonen geschickt worden war12. Als Referendar dieses Merowingers wird Dado zum letztenmal 639 erwähnt13. Die im IX. Jhdt. verfaßten Gesta Dagoberti14 sprechen von Dado als dem Amtsträger, der für die Ausfertigung der Urkunden ver• antwortlich ist, noch bevor der König und die am Hof versammelten Großen unterschreiben. Nicht mehr zeitgenössische Viten umschreiben Dados Stellung am Hof Dagoberts I. Die Vita des Amandus15 nennt Dado vir illuster, ein Prädi• kat, das im Textzusammenhang den weltlichen Amtsträger meint16,

124 während die erst in der zweiten Hälfte des VIII. Jhdts. entstandene Vita Filiberts17 Dado als optimas Dagoberts I. bezeichnet18 und ihn auf diese Weise vor allen anderen Großen am Hof im Rang hervorhebt. Die Vielfalt der Quellenbelege zeigt sehr deutlich die Ranghöhe dieses Großen. Als der unter Dagobert I. hervorragende Große hat Dado- Audoenus auch Eingang in zahlreiche Fälschungen gefunden, die ihn als comes19 und als cancellarius20 zumeist unter den Subskribenten überlie• fern. Die besonders enge Verbindung mit dem merowingischen Königshaus kommt damit recht deutlich zum Ausdruck; auch als Dado längst Bischof in Rouen ist, verhandelt er den Frieden zwischen Auster und Neuster21.

1 Zur Datierung cf. F. GRAUS, Heiliger, p. 108 Anm. 332 und p. 127 Anm. 446, der das erste Buch vor 641, das zweite Buch 641 datiert. 2 MGH. SS. rer. Germ. p. 209/10 (= Vita Columbani I, cap. 26). Ferner MGH. SSRM. V, p. 554 (== Vita Audoini, cap. 1). Über die Meldenser Optimaten hat aus• führlich gehandelt: A. BERGENGRUEN, Grundherrschaft, p. 76-80 (Authar-Familie). Ebenso: J. GUEROUT, Jouarre, p. 11 und p. 20-31. 8 MGH. SS. rer. Germ., a. a. O. Ferner MGH. DM. Nr. 15, p. 17 von 635 Oct 1. MGH. SSRM. V, p. 585 (= Vita Filiberti, cap. 2) und MGH., a. a. O., p. 185 (= Vita Faronis, cap. 17). 4 Zur Abfassungszeit cf. F. GRAUS, Heiliger, p. 101 Anm. 284 und p. 135 Anm. 490. Ferner E. EWIG, Teilreiche II, p. 100 Anm. 61. 5 MGH. SSRM. V, p. 554 (= Vita Audoini, cap. 1). Cf. dazu Prosopographie Nr. CCLVIII. 6 MGH. SSRM. V, p. 555 (= Vita Audoini, cap. 2): a... anulo regis adeptus,...». 7 MGH. DM. Nr. 15, p. 17. 8 Pard. II, Nr. 275, p. 39. 9 MGH. DM. Nr. 35, p. 33 (= LS. Nr. 13) von ca. 658. Diese Gerichtsurkunde ver• zeichnet zum erstenmal expressis verbis zwei Referendare Chlothars IL, wenngleich oh• ne vir illuster-Prädikat. MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23) von 693 Feb 28. Diese Gerichtsurkunde ver• zeichnet dagegen auch Referendare als viri illustres. Am Ende des VII. Jhdts. hat sich demnach der Rang dieser Amtsträger so weit herausgebildet, daß ihnen dieses Prädi• kat gegeben wird und sie zugleich einen festen Platz in der Reihe der Beisitzer in Placita einnehmen. 10 MGH. SSRM. IV, p. 749 (= Vita Eligii, charta cessionis Solemniacensis). Ebenso Pard. II, Nr. 254, p. 13. 11 Die Vita Agili ist frühestens im IX. Jhdt. abgefaßt worden (cf. dazu WATTENBACH- LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 138). AA. SS. OSB., Saec. II, p. 321: a... Dado praefato Regi prae cunctis aulicis amabilis, atque Referen- darius est constitutus, gestans ejus annulum quo signabantur publice totius regni potiora Signa vel Edicta.* Audoen wird mit der Amtsbezeichnung referendarius erneut p. 322 erwähnt. Der Beleg findet sich bei Pseudo-Fredegar in MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78). Danach Gesta Dagoberti I, cap. 38 (= MGH. SSRM. II, p. 416). 12 MGH., a. a. O. (= Fred. IV, cap. 78): "(Dagobertus) . . . mittit nuncius in Brit- tania, que Brittanes male admiserant veluciter emendarint et dicione suae se trade- rint; ..." 18 MGH. SSRM. II, p. 420 (= Gesta Dagoberti I, cap. 42). 14 MGH. SSRM. II, p. 396. Verfasser der Gesta ist ein unbekannter Mönch des Klo• sters St.-Denis.

125 15 MGH. SSRM. V, p. 441 (== Vita Amandi, cap. 17). Die Vita datiert in die erste Hälfte des VIII. Jhdts. Cf. dazu F. GRAUS, Heiliger, p. 148 Anm. 46 und E. EVIG, Teil• reiche II, p. 101 Anm. 61, der sie aber erst in der zweiten Hälfte des VIII. Jhdts. an• siedelt. 16 Aus dem Textzusammenhang geht hervor, daß der Vitenschreiber den weltlichen Amtsträger Dado (vir illuster) dem kirchlichen Würdenträger Eligius (vir venerabilis) gegenüberstellt, der Amandus zur Annahme der Patenschaft über Dagoberts Sohn Sygi- bert bewegt. 17 Zur Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mit• telalter, Heft I, p. 138. 18 Der Beleg findet sich in MGH. SSRM. V, p. 585 (= Vita Filiberti, cap. 1), wobei nach Ausweis des Herausgebers, W. LEVISON, die Vita Audoins, cap. 3, als Vorlage ge• dient hat (= MGH., a. a. O., p. 585 Anm. 1): *... inter reliquos regni proceres valde habebatur inlustris .. * Zuvor heißt es in der Vita: "Tunc ille nobilitatis lampade fulgens consortium indeptus est Audoini optimatis,..." 19 MGH. DM. Sp. Nr. 40, p. 159 und Nr. 43, p. 161. 20 MGH, a. a. O., Nr. 33 (p. 152), Nr. 35 (p. 154), Nr. 38 (p. 156), Nr. 41 (p. 160), Nr. 44 (p. 163), Nr. 45 (p. 164) und Nr. 47 (p. 166). " MGH. SSRM. V, p. 562 (= Vita Audoini, cap. 13 und 14).

CXLII. DESIDERIUS Vir illuster. Thesaurar Dagoberts I.

Mit dieser Amtsbezeichnung wird Desiderius in einem Brief des Abtes Bertegysel überliefert, der 629/30 Apr 8 den Thesaurar Dagoberts I. bittet, sich bei diesem für die causa seines Klosters zu verwenden1, das sich in einem Rechtsstreit mit dem patricius Phylipp befindet. Der patri- cius hatte ministeriales des Klosters zurückbehalten. Der durch pueri des Abtes überbrachte Brief kennt die Anrede sollertia für Desiderius, dessen efficacissimum adiutorium von Bertegysel angerufen wird. Die am Ende des VIII. Jhdts. entstandene Vita Desiderii2 berichtet, daß dieser als Sohn des Salvius und der Haerchenfreda im aquitanischen Süden geboren wurde3. Nach Studien der Rhetorik und des Rechts wird Desiderius fortan in der Nähe des Königs angetroffen, der ihm trotz seiner Jugend das officium thesaurarii anvertraut. Andere Hofämter nennt die Vita nicht. Nach dem Tod Chlothars II. geht Desiderius auf Gebot Dagoberts I. für eine kurze Zeit nach Marseille, um hier als Nach• folger seines Bruders Siagrius die administratio Massiliae zu überneh• men4. Die praefectura ist der Vita zufolge von Desiderius energisch wahr• genommen worden, der dann aber noch vor 630 Apr 8 an den Hof zu Dagobert I. zurückkehrt, um hier erneut als dessen Thesaurar tätig zu sein. Die 630 Apr 8 von Dagobert I. ausgestellte deliberatio zur Bischofs• erhebung5 belegt für Desiderius noch das Amt des Thesaurars verbunden mit dem vir illuster-Prädikat. Die mit dem Consens der cives und

126 abbates von Cahors erfolgte Einsetzung des Desiderius als Nachfolger seines zweiten Bruders Rusticus auf dem Bischofsstuhl von Cahors, der Desiderius wegen der seit früher Jugend geübten observantia religionis angetragen wird, schließt seine Tätigkeit als Amtsträger des neustrischen Königtums ab, in dessen Dienst Desiderius emporgekommen war.

1 MGH, Epp. III, p. 204 (= Desiderii epistolae II, 2). 2 Zu dieser Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127. 8 MGH. SSRM. IV, p. 563 (= Vita Desiderii, cap. 1). 4 MGH., a. a. O., p. 568 (= Vita Desiderii, cap. 7). 5 MGH. DM. Nr. 13, p. 15. Diese Datierung wird von L. DUPRAZ, Le regnum Franco- rum, p. 210, gegen PERTZ vertreten.

CXLIII. D O D O DomesticHS Pippins (d. M.)

Die ältere, im ersten Drittel des VIII. Jhdts. entstandene Vita des Bischofs Landibert von Maastricht1 verzeichnet diesen Großen zu Leb• zeiten Landiberts als domesticus Pippins. Dodo will den Tod zweier Verwandter, der Brüder Gallus und Rivaldus, rächen, die durch amici der Maastrichter Kirche wegen ihrer Gegnerschaft zur Kirche und zu Landibert ex merito eorum gewaltsam beseitigt worden waren2. Nach Ausweis der Vita, bei der legendenhafte Züge freilich nicht über• sehen werden können, gehört Dodo der grundbesitzenden fränkischen Oberschicht an3. Mit zahlreicher Mannschaft zieht er bis zur villa Leodius ( = "Lüttich"), wo er auf Landibert selbst trifft. In der sich anschließen• den Auseinandersetzung wird Landibert verwundet und stirbt bald dar• auf. Der germanische Name des domesticus versagt sich einer näheren Identifikation, da es sich hierbei um einen Beinamen handelt.

1 Zur Datierung der Vita I Landiberti cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Ge• schichtsquellen im Mittelalter, Heft II, p. 165/66. 2 MGH. SSRM. VI, p. 365 (= Vita I Landiberti, cap. 11). 8 MGH., a. a. O.: "... et erant ei possessiones multae et in obsequio eins pueri multi."

CXLIV. DOMO Cubicularius des Bischofs Bonitus in Clermont

Der Verfasser der Vita des Bischofs Bonitus von Clermont gibt sich selbst — wohl unabsichtlich — als Zeitgenosse des Bischofs zu erkennen1, wenn er von Domo berichtet, daß ihm dieser von der durch Bonitus be-

127 wirkten Heilung eines Siechen Zeugnis gegeben hat2. Domo, dessen ro• manische Abkunft im Gebiet von Clermont nicht verwundern wird, ge• hört zur engeren Umgebung des Bischofs, den er der Vita zufolge auch bei Reisen innerhalb seines Sprengeis begleitet hat.

1 Die Vita wird nach 711 datiert, cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Ge• schichtsquellen im Mittelalter, Heft II, p. 165 und E. EWIG, Teilreiche II, p. 133 Anm. 189. 2 MGH. SSRM. VI, p. 125 ( = Vita Boniti, cap. 12). Die Vita gibt den romanischen Personennamen in der Lautung des Nominativ im Singular mit "Domo" wieder.

CXLV. D O T T O Comes (in Neuster)

Nach Ausweis der Vita Amandi1 ist Dotto comes ex gerrere Francorum, von dem richterliche Funktionen noch zu Lebzeiten des Amandus und noch während der Regierungszeit Dagoberts I. im heutigen Flandern bezeugt werden2, wo Dotto einer fränkischen Volksgruppe angehört3. Der vom Schreiber der Vita als grausam bezeichnete comes, der noch heidnischem Unglauben anhängt, verurteilt einen Mann wegen Dieb• stahls zum Tode, wie dies auch durch Acclamation der Menge gefordert wird. Der Name des Amtsträgers ist den germanischen Kosenamen zuzu• rechnen; die fränkische Herkunft des Amtsträgers wird so noch einmal bestätigt. Die Vita nennt diesen Namen expressis verbis als cognomen und läßt den eigentlichen Namen ungenannt.

1 Die Vita datiert in die Mitte des VIII. Jhdts., cf. WATTENBACH-LEVISION, Deutsch• lands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 133. Für eine Entstehung bereits im ersten Drittel des VIII. Jhdts. plädiert E. DE MOREAU, Saint Amand, apotre de la Bel- gique et du Nord de la , Museum Lessianum, Louvain 1927, p. 15. 2 MGH. SSRM. V, p. 438 (= Vita Amandi, cap. 14). Zur Amtszeit Dottos cf. cap. 13 und 17. 8 MGH. SSRM. V, p. 438 (= Vita Amandi I, cap. 14).

CXLVI. DRUCTOALDUS Referendar Theuderichs III. Vir illuster et comes palatii desselben Königs

Das im Original erhaltene Diplom Theuderichs III. von 677 Sep 121 verzeichnet Dructoald als den Großen, von dem der Befehl zur Ausfer• tigung der Urkunde ausgeht, die einzelne Besitzungen an Chaino, den nachmaligen Abt von St.-Denis, überträgt. Auf die Königsunterschrift folgt unmittelbar die Dructoalds. Obschon dieser nicht ausdrücklich als

128 Referendar dieses Königs ausgewiesen wird, ist er als Träger dieses Amts aus dem Kontext des Eschatokolls zu erschließen. Wohl derselbe Große begegnet zwei Jahre danach, 679 Juni 30, als comes palatii des gleichen Königs in einer Gerichtsurkunde, die Besitzstreitigkeiten im Norden von Paris regelt2. Das im Original überlieferte, im palatium Luzarches (Seine- et-Oise) ausgestellte Diplom verzeichnet Dructoald, der vor Theuderich Zeugnis über den Verlauf des Placitums ablegt, als einzigen namentlich genannten, mit Amtsbezeichnung und dem vir illuster-Prädikat ausge• zeichneten Großen. Dieses Placitum ist das einzige, das von Theuderich III. überliefert ist. Dructoald ist der einzige urkundlich bezeugte comes palatii dieses Königs. Beide Ämter, die Dructoald unter Theuderich III. wahrnimmt, zeigen ihn als einen Großen der Umgebung des Königs. Die Nähe zum König• tum ist auch dafür entscheidend, daß ihm der Wechsel im Amt und die damit verbundene Rangerhöhung vom Referendar zum comes palatii gelingt3.

1 MGH. DM. Nr. 47, p. 44 (= LS. Nr. 14). 2 MGH. DM. Nr. 49, p. 45 (=LS. Nr. 16). 8 Die mit dem Amtswechsel verbundene Rangerhöhung zeigt sich für diesen Großen schon daran, daß die in merowingischen Diplomen seit Chlodwig IL verzeichneten comites palatii das vir illuster-Prädikat tragen, die Referendare hingegen nicht.

CXLVII. E B B O Notarius des Bischofs Berthram von Le Mans

Das 616 März 27 in Le Mans ausgestellte Testament des Bischofs nennt Ebbo als dessen Notar, der das Testament auf Anweisung Berthrams und in dessen Gegenwart schreibt und unterschreibt1. Der als filius (= "geistlicher Sohn") des Bischofs belegte Ebbo ist nach Ausweis der Urkunde ein geistlicher Würdenträger der Kirche von Le Mans.

1 Pard. II, Nr. 230, p. 215.

CXLVIII. EBROHARDUS Vir illuster. Domesticus, dann comes im Elsaß

Er ist der Sohn des Etichonen-Dux Adalbert und seiner Frau Ingina und ein Bruder des dux Liutfrid. Wie dieser wird auch Ebrohard aus• schließlich in Urkunden genannt.

129 Der domesticus Ebrohard schenkt mit Liutfrid 723 Dez 11 den von Vaterseite ererbten Besitz auf der Rheininsel Honau an das gleichnamige Kloster1 Ebrohard ist vor allem durch die Gründung des Klosters Maurobaccus (= "Murbach") hervorgetreten, zu der Liutfrid seine Einwilligung gegeben hat2. Die sehr günstige Oberlieferungslage für das im äußersten Süden des Elsaß gelegene Kloster erlaubt, den ganzen Um• fang des Besitzes zu erfassen, der bei weitem reichsten aller Etichonen- gründungen3. Das Privileg des Straßburger Bischofs Widegern von 728 Mai 134 nennt Ebrohard als comes im pagus Alsacinsis. Mit der Amtsbe• zeichnung comes subskribiert Ebrohard auch das bischöfliche Privileg nach seinem Bruder. Im selben Jahr, 728, bestätigt Theuderich IV. Ebrohard den Besitz des Klosters5. Ebrohard erscheint später im Liber vitae von Remiremont, in dem er unter den Namen der verstorbenen Fratres an erster Stelle der mit Pirmin einsetzenden Murbacher Abtreihe steht, je• doch ohne Amtsbezeichnung6. Die im Original überlieferte Donatio des Etichonen für Murbach von 731/2 Feb l7, durch die seine Gründung die Kirchen in Pfettershausen erhält, nennt auch die Frau Ebrohards, Hemelctrude, die dann 735 März 23 und 735/37 noch einmal gemeinsam mit Ebrohard urkundlich belegt ist. Die Urkunde von 731/32 ist in Montiniaco vico (= "Mon- tignez"8) ausgestellt. Als Schreiber fungiert der lector Iohannes, der in Remiremont 735 als Schreiber erneut nachzuweisen ist9. In Remiremont ist auch die große Murbacher Urkunde Ebrohards 735/37 ausgestellt10. Das ist insofern auffallend, als Remiremont in dieser Zeit wohl kaum zum etichonischen Herrschaftsbereich gehört haben kann, in dem sonst etichonische Urkunden ausgestellt werden. Im Gegensatz zu seinem Bru• der Liutfrid hat Ebrohard augenscheinlich keinen eigenen Schreiber be• sessen. Die Zeugen der durch ihn ausgestellten Urkunden wechseln mit einer Ausnahme von Fall zu Fall11. Neben den Urkunden für Honau und Murbach sind von Ebrohard zwei Diplome für Weißenburg bekannt. 735 März 23 schenken Ebrohard und Chimildrud Besitz im pagus Alisacinsis12. Die Urkunde ist in Weißenburg ausgestellt und von der Mehrzahl der Zeugen unterschrieben, die bereits aus der Donatio an Mur• bach von 731/32 bekannt sind. Vielleicht darf man in ihnen den persön• lichen Umkreis Ebrohards sehen, der 737 Juni 19 in einer zweiten Ur• kunde13 erneut Besitz an Weißenburg schenkt. Die Zeugen des in Durstel ( = ca. 45 km westlich Hagenau) ausgestellten Diploms werden sämtlich hier zum erstenmal erwähnt. Nach 737 ist der Etichone Ebrohard ur• kundlich nicht mehr belegt. Nach dem Zeugnis der frühkarolingischen Annalen ist er 747 gestorben14, vermutlich in Murbach. Die letzte von ihm ausgestellte Urkunde für seine Stiftung nennt zwar Vater und Bruder mit Amtsbezeichnung, Ebrohard selbst aber nicht mehr mit dem

130 Comes-Titel. Mit dem "vihssimus Christi famulus", wie Ebrohard sich selbst bezeichnet15, erlischt die Generation der Enkel des ersten Etichonen Adalricus-Eticho.

1 A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 103, p. 47. 2 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 127, p. 67: In der in Remiremont ausgestellten großen Schenkungsurkunde Ebrohards für seine Stiftung Murbach heißt es ausdrücklich, daß das Kloster auf Eigenbesitz Ebrohards (in re mea propria) a. .. cum consensu ... ger- mano meo Leudofredo duce . . * erbaut worden sei. Der dux Liutfrid signiert vor sei• nem Bruder das sicher echte Privileg des Straßburger Bischofs, das in einer Abschrift des späten VIII. Jhdts. erhalten ist. 8 Cf. H. BÜTTNER, Geschichte des Elsaß, p. 81-83. 4 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 113, p. 53. 8 MGH. DM. Nr. 95, p. 85. 6 A. EBNER, NA. 19 (1894) p. 77. Der Personennamen lautet in dem hier wiederge• gebenen Gen. Sing. "Eberhartdi* Neu ediert in den MGH. Libri memoriales I (= Liber memorialis Romaricensis) I, 1 p. 131 (= 58 v, 1). 7 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 122, p. 62. 8 Nach der Identifikation bei A. BRÜCKNER, a. a. O. • A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 125, p. 65. 10 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 127, p. 70. 11 In Ebrohards Urkunde für Weißenburg von 735 (= Traditiones Wizenburgenses Nr. IX, p. 16) werden unter den Zeugen ohne Amtsbezeichnung Guntfrid, Marcarad, Ermenold, Reginbert aufgeführt. Dieselben sind augenscheinlich in Ebrohards Donatio für Murbach von 731/32 schon einmal als Zeugen hervorgetreten: Marchrad, Gundofrid, Hermenald und Raganbert (== A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 122, p. 63). 12 Traditiones Wizenburgenses Nr. IX, p. 16. 18 Traditiones Wizenburgenses Nr. VIII, p. 15. 14 Die in Murbach entstandenen Annales Guelferbytani und in deren Gefolge die Annales Nazariani und Alamannici erwähnen das Todesjahr des Etichonen. MGH. SS. I, p. 26 und 27. 15 A. BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 127, p. 67. Murbach als Ausstellungsort der Urkunde und die Formel "presentem vero donationem nequaquam vilitate gestis municipalibus alligare curavimus* (= A. BRÜCKNER, a. a. O., p. 69) sind nicht ohne weiteres verständ• lich. Wahrscheinlich ist der Allegationsvermerk nur als Formel übernommen worden, die allenfalls in Burgund sinnvoll erscheint. Damit ist zugleich ein zusätzliches Indiz für die Herkunft der Etichonen aus diesem Raum gegeben.

CXLIX. EBROINUS Vir illuster. Comes palatii. Neustrischer maiordomus (658-673 und 675-680)

Die zweite Hälfte des VII. Jhdts. wird von Ebroin politisch maßgeb• lich mitgestaltet. Die bedeutende Rolle, die der neustrische maiordomus in dieser Zeit spielt, erhellt auch daraus, daß er neben den karo- lingischen maioresdomus der in den Quellen am häufigsten erwähnte Große dieser Zeit ist. Unter den zeitgenössischen Zeugnissen nimmt die Passio I Leudegars von Autun, dem bedeutendsten Gegner Ebroins, einen

131 eigenen Platz ein. Verstreute Nachrichten vermitteln die Vita Balthilds, die Vita des Eligius von Noyon, die Passio Praeiects von Clermont und die sich an die Passio II Leudegars anlehnende Passio Ragneberts. Diese beriditet als einzige Quelle von Ebroins niederer Herkunft1. Obschon die ebroinfeindliche Haltung der Passio nicht zu verkennen ist, scheint es möglidi, diese Nachricht mit der einzigen urkundlichen Überlieferung zu verbinden, aus der eine unmittelbare Mitwirkung Ebroins selbst her• vorgeht. Sein Platz unter den Subskribenten des im Original erhaltenen, in Clichy 654 Juni 22 ausgestellten Diploms Chlodwigs II. für St.-Denis2 weist auf einen niedrigen Rang hin, da Ebroin weder durch eine Amts• bezeichnung noch durch den Titel eines vir illuster gekennzeichnet ist. Seine Unterschrift in Clichy bedeutet gleichwohl, daß Ebroin 654 bereits zum neustrischen palatium und in Königsnähe gehört. Auf die neustrische Herkunft Ebroins verweist die Gründung des Nonnenklosters St.-Maria in Soissons3. Als Ebroins Frau erscheint Leutrud, als beider Sohn Bovo4. Über die Nachfolge des 658 gestorbenen neustrischen maiordomus Erchinoald berichtet der Liber historiae Francorum, daß die Wahl auf Ebroin erst nach einigem Zögern der Neustrier gefallen ist5. Der Maior- domat ist für Ebroin wohl nicht ohne die Mitwirkung der Königinwitwe vorzustellen6. Mit der offiziellen Amtsbezeichnung maiordo• mus wird Ebroin in nahezu allen zeitgenössischen Quellen erwähnt7. Als palati (sie) praepositus nennt ihn der Vitenschreiber der Vita des Eligius in einer Umschreibung des offiziellen Rangs8. Als comes palatii bezeichnet ihn die Passio Praeiects von Clermont zu 6799. Diese Bezeich• nung umschreibt den von Ebroin wahrgenommenen Maiordomat, ein Amt, das durch die Nähe seines Trägers zum König und dessen palatium gekennzeichnet ist. Die politische Wirksamkeit des neustrischen maiordomus ist durch den Gegensatz zu Leudegar von Autun bestimmt, der von 662 an bis zu Leudegars Tod, 675, anhält. In diesem Kampf wird Ebroin wegen seiner Sonderverordnungen für Burgund 673 von einer neustroburgundischen Adelsopposition durch Childerich IL in die Verbannung nach Luxeuil gezwungen10. Nach dem 675 erfolgten gewaltsamen Tod des nach Neu- stroburgund gerufenen Austrasiers Childerich IL sucht Ebroin das Bünd• nis mit den Austrasiern, das er aber in dem Augenblick wieder fallen läßt, als er 675 in Neuster Herrschaft ausüben kann. Leudegar und dessen Bruder Gaerin werden wenig später durch Ebroin beseitigt. Dessen Aus• einandersetzung mit den Pippiniden begünstigt die alte neustrische Oppo• sition. Ebroin fällt 680 dem Mordanschlag Ermenfreds, eines neustri• schen Großen, zum Opfer11. Als neustrischer maiordomus hat Ebroin während seiner Amtszeit die aus Fiscalbesitz stammende villa Latiniacum ("Lagny-le-Sec") im

132 pagus Meaux zur Verfügung gestanden12. Ebroin ist anscheinend der erste Inhaber der ohne Zweifel sehr bedeutenden Domäne gewesen13.

1 MGH. SSRM. V, p. 209 (= Passio Ragneberti, cap. 3): "... in Ulis diebus Ebroinus nomine ex infimo genere ortus, ..., in maiordomatus honore fuerat sublimatus." 2 MGH. DM. Nr. 19, p. 21 (= LS. Nr. 6). 8 Pard. II, Nr. 355, p. 139. 4 Pard. II, a. a. O. und MGH. SSRM. IV, p. 730 (= Vita Eligii, cap. 56). 5 MGH. SSRM. II, p. 317 (= Liber historiae Francorum, cap. 45) "... Franci in incertum vacellantes,..." 6 Cf. dazu J. FISCHER, Der Hausmeier Ebroin, p. 81. Fischer hat Aufstieg und Fall Ebroins eingehend untersucht und abschließend einer historischen Würdigung unterzo• gen. Auf diese Darstellung sei hier ein für allemal verwiesen. 7 Vita s. Balthildis, cap. 5 (= MGH. SSRM. II, p. 487). Passio Leudegarii I, cap. 4 (= MGH. SSRM. V, p. 286) sowie cap. 28 (= MGH. a. a. O., p. 309). Passio II Leude• garii, cap. 9 (= MGH. SSRM. V, p. 331). Passio Ragneberti, cap. 3 (MGH. SSRM. V, p. 209). Cf. Anm. 5. 8 Vita s. Eligii cap. 56 (MGH. SSRM. IV, p. 730): "... vir inlustris Ebroinus palati praepositus — quod vulgo dicitur maiordomus — ...". 9 Passio Praeiecti, cap. 26 ( = MGH. SSRM. V, p. 241). 10 MGH. SSRM. V, p. 288 (= Passio Leudegarii I, cap. 4). 11 MGH. SSRM. II, p. 321 (= Liber historiae Francorum, cap. 47). 12 MGH. DM. Nr. 57, p. 51 (= LS. Nr. 17). Das Original verzeichnet die Lautung Aebroinus. Ebenso MGH. DM. Nr. 78, p. 69 (= LS. Nr. 32). 18 Das Amtsgut wird unter Ebroin zum erstenmal erwähnt. Seine nächsten Inhaber sind die maioresdomus Waratto und Ghislemar. Danach fällt Lagny an St.-Denis. Für die Bedeutung dieser Domäne spricht die sehr umfangreiche Pertinenz, die neben den allge• meinen Einrichtungen auch die besonderen — Mühlen — aufführt.

CL. AEBORINUS Comes stabuli Theuderichs IL

An der Gesandtschaft, die Theuderich II. 606/07 an den Westgoten• könig Betterich richtet, um dessen Tochter Ermenberta er werben läßt1, nimmt Aeborin teil sowie dessen Amtskollege Rocco und der Bischof von Lyon. Aeborin ist nach Ausweis des zweigliedrigen germanischen Personennamens ein vermutlich fränkischer Großer2, den — wie sein Amtskollege Rocco — die Nähe zum Königtum auszeichnet. Beide comites stabuli sind wohl Amtsträger in Theuderichs IL burgundischer Residenz Chalon.

* MGH. SSRM. II, p. 132 (= Fred. IV, cap. 30). 2 Dem in romanischer Lautgestalt (u > o) vorliegenden Personennamen liegt althoch• deutsch eburwin zugrunde (cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 446/ 47), ein Name, der mit westfränkischer r-Metathese auch für den gleichnamigen neustri- schen maiordomus bezeugt ist (cf. Prosopographie Nr. CXLIX).

133 CLL EBRULFUS Vir illuster. Grafio Chlodwigs IL (pagus Chambly)

Das im Original erhaltene Praecept Chlodwigs IL von 639 Juni 19 / 642 Sep nennt diesen Großen in der Adresse des Diploms mit diesem Prädikat und dieser Amtsbezeichnung nach dem ebenso als vir illuster ausgewiesenen dux Wandalbert1. Chlodwig IL zeigt den beiden Amtsträ• gern die neuerliche Bestätigung des Besitzes von Cotiracum (= "Crouy") im pagus Chambly/Oise für die Basilica St.-Denis an. Die Dispositio des Diploms weist Cotiracum als einstigen Fiskalbesitz aus, der von Dagobert I. an St.-Denis geschenkt worden war. Der sich im Norden der sedes regia in der Verfügungsgewalt des dux Wandalbert befindliche Be• sitz macht wahrscheinlich, daß dessen Amtsbereich wohl im Chambliois gelegen hat. Damit ist zugleich auch der Amtsbereich Ebrulfs umrissen, der als Untergebener des dux erscheint. Das Amt Ebrulfs schließt augen• scheinlich Befugnisse ein, die denen des domesticus sehr ähnlich sind, wenn man die Wirksamkeit des ebenso unter Wandelbert genannten domesti• cus Gaganrich vergleicht2. Für die Nähe von Ebrulfs Amtsbereich zur sedes regia spricht auch, daß eben jener Große 654 Juni 22 unter den Subskribenten des im Original erhaltenen und in Clichy-la-Garenne aus• gestellten Praecepts desselben Königs für St.-Denis genannt wird — in auffälliger Weise neben Gaerin, dem nachmaligen comes von Paris, der bereits vor Antritt dieses Amtes am neustrischen Hof anzutreffen ist8. Ebrulf ist vermutlich identisch mit dem gleichnamigen Großen, den eine im Original erhaltene Gerichtsurkunde Chlodwigs III. von 693 Nov 1 als Vater der Deo sacrata Angantrude überliefert4. Das Diplom spricht bezeichnenderweise davon, daß Ingobert, der verstorbene Gatte der An• gantrude und vermutliche Nachfolger Gaerins im Amt des comes von Paris5, Besitzer jener villa Nocito (= "Noisy-sur-Oise") gewesen ist, die als Amtsgut des comes von Paris im pagus Chambly sicher bezeugt ist. Ebrulf ist so nicht nur dem Namen nach fränkischer Großer. Ein Besitz• vermerk in der genannten Gerichtsurkunde Chlodwigs III. erwähnt grosso modo Allodialgut der Eltern Angantruds im nämlichen pagus Chambly. Die Belege machen deutlich, daß Ebrulf im Norden der sedes regia beheimatet ist. Die angedeutete Bindung an das neustrische König• tum trifft für Ebrulf wie den schon erwähnten dux Wandalbert zu.

1 MGH. DM. Nr. 18, p. 19 (= LS. Nr. 7). * Cf. Prosopographie Nr. CLXXX. 8 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). 4 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (=* LS. Nr. 20). • Cf. Prosopographie Nr. CCXV.

134 CLII. EMERULFUS Maiordomus sacri palatii Chlothars III.

Der Attorarierdux Sichelm1 adressiert 663 ein Schreiben an die als maioresdomus sacri palatii ausgewiesenen Großen Reidebert, Chrodebert und Emerulf, denen er die Zerstörung des burgundischen Klosters Beze, einer Gründung der Amalgar-Familie2, anzeigt und sie zugleich bittet, sich bei Chlothar III. für dieses Kloster einzusetzen3. Das Praecept dieses Königs datiert von 6644. Beide Urkunden überliefert das aus dem XII. Jhdt. stammende Chronicon Besuense. Emerulf ist wie Reidebert und Chrodebert keinem der Reichsteile als maiordomus zuzuordnen. Der neustroburgundische Maiordomat liegt in der Hand Ebroins, während in Auster der dux Wulfoald dieses Amt ausübt, ohne freilich als maiordomus bezeichnet zu werden. Es erscheint daher erwägenswert, daß Sichelm nicht eigentlich an die Inhaber der Teilreichsmaiordomate adressiert, son• dern lediglich an einflußreiche Große am Hof Chlothars III. Es liegt nahe, die Amtsbezeichnung maiordomus mit dem königlichen Amts• träger der Lex Gundobada in Zusammenhang zu bringen, derzufolge die "consiliarii aut maioresdomus"* die Schreiben des comes ex ordina- tione regis entgegennehmen und ex ordinatione regis die Antwort ver• fassen. Auf die sprachliche Überarbeitung des kopial überlieferten, aber doch wohl echten Briefes deutet die zusätzliche Kennzeichnung der Zu• gehörigkeit der maioresdomus zum sacrum palatium hin, eine Formu• lierung, die in der Merowingerzeit sonst nirgends anzutreffen ist. Emerulf wird nur in dem Brief des Attoarierdux genannt. Der zwei• gliedrige germanische Personenname könnte in seinem Erstbestandteil ost• germanischen, d. h. burgundischen Ursprungs sein. Durch kopiale Über• lieferung ist er jedoch im Bestimmungswort lautlich zerrüttet.6

1 Cf. Prosopographie Nr. CCLX. 1 Cf. Prosopographie Nr. CXXIII. 8 Pard. II, Nr. 348, p. 131. 4 MGH. DM. Nr. 42, p. 39. 6 F. BEYERLE, Gesetze der Burgunden, Weimar 1936. Der Titel der Lex Gundobada, auf den sich die Wirksamkeit der consiliarii aut maioresdomus bezieht, ist p. 138 D (XXI), 14 (13). 6 Dem zweigliedrigen Personennamen Emerulf wird ursprünglich wohl die Lautung Ermen-ulf vorgelegen haben, dem im Bestimmungswort das gotische afrmana-(wulfs-) (gotisch airman-s == "groß, gewaltig") zugrunde gelegen haben könnte; andererseits kann auch ein westgermanisches irmin- (cf. E. FÖRSTEMANN, Bd. I, p. 474) lautlich vorausge• gangen sein. Ausführlich dazu M. SCHÖNFELD, Wörterbuch, p. 77.

135 CLIII. ERCHEMBODUS Lector(= "Urkundenschreiber")

Die in Sitdiu, dem nachmaligen St.-Omer, 704 Mai 16 von Eodebert für den Abt Rigobert von Sitdiu ausgestellte Urkunde, die den Verkauf von Besitz des Eodebert aus dem Erbe seiner verstorbenen Frau an das genannte Kloster enthält, wird von Erchembod geschrieben, der diese Verkaufsurkunde auch subskribiert1. Deren Ausstellungsort und Dispo- sitio machen wahrscheinlich, daß der als lector bezeichnete Erchembod selbst Angehöriger des Konvents von Sitdiu ist.

1 Pard. II, Nr. 460, p. 265. Die ältere maßgebende Edition dieser Verkaufsurkunde findet sich bei M. GUERARD, Cartulaire de Pabbaye de St.-Bertin, Nr. XVIII, p. 58/9. Die Urkunde ist neu ediert in den DB. Nr. 8, p. 20/21.

CLIV. ERCHENBERTUS Vir illustrissimus

Das zweite Buch der Vita des Eligius von Noyon überliefert diesen Großen mit diesem auffälligen Prädikat noch zu Lebzeiten des Bischofs (vor 660)1. Erchenbert erscheint als Besitzer der an der Rhone gelegenen villa Ampuis (arr. Lyon), die nach der Vita Teil des weit umfangreiche• ren Besitzes dieses Großen ist. Das Prädikat trägt wohl nur diesem Um• stand Rechnung. Erchenbert — wohl ein Franke — ist wahrscheinlich kein Amtsträger2.

1 MGH. SSRM. IV, p. 701 (= Vita Eligii II, cap. 12). 1 Auf Erchenberts fränkische Herkunft deutet der zweigliedrige germanische Perso• nenname. Die Nachricht der Vita, die erst in der Mitte des VIII. Jhdts. verfaßt worden ist (Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 128), ist nicht verdächtig.

CLV. ERKANFREDUS Comes (in Auster). Advocatus des Bischofs Willibrord

Dieser comes erscheint als letzter in der Zeugenreihe einer im castrum Zülpich 726 Juli 9 ausgestellten echten Traditio des maiordomus Karl Martell1, der Bischof Willibrord Besitz im pagus Betuwe aus dem Erbe

136 seines Vaters Pippin (d. M.) vergabt. Für Willibrord nimmt Erkanfred als advocatus des Bischofs manu sua cum domino suo die Urkunde ent• gegen. Ausstellungsort und Dispositio verweisen auf Auster, wo Erkan• fred — dem zweigliedrigen germanischen Personennamen nach wohl ein• heimischer austrasischer Großer — als Amtsträger eingesetzt erscheint. Seine zusätzliche Funktion als advocatus der Utrechter Kirche läßt ver• muten, daß dieser comes Amtsträger in der am weitesten im Norden vor• geschobenen austrasischen Grenzfestung Utrecht ist.

1 MGH. DM. Hausmeier-Dipl. Nr. 12, p. 100. Neu ediert in den DB. Nr. 174, p. 306. Zur Echtheit der Traditio Karls cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 241.

CLVI. ERCHINOALD Vir illuster. Neustrischer maiordomus (641-658)

Nach dem Bericht Pseudo-Fredegars tritt Erchinoald 641 die Nachfolge Aegas im Maiordomat an1. Nach dem Chronisten ist Erchinoald über die Mutter Dagoberts I., Haldetrud, mit dem merowingischen Königshaus versippt2. Diese Nachricht bezeugt, daß Erchinoald schon vor Antritt des Maiordomats zur neustrischen Oberschicht gehört, wie dies die Amts• bezeichnung dux in einem bei Pertz als Spurium edierten Königsdiplom von 638 zum Ausdruck bringt3. Über Besitz Erchinoalds berichten die aus dem IX. Jhdt. stammenden Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii, die auch eine Donatio des maior• domus von 650 überliefern4. Dem sich um die Klöster St.-Wandrille und Jumi&ges im Vexin erstreckenden Besitz schließen sich nach der zeitgenös• sischen Vita Fursei Besitzungen Erchinoalds an der Marne (Lagny) sowie an der Somme (Peronne) an. Nach der Vita des Eligius kann auch Besitz um die Bischofsstadt Noyon angenommen werden5. Die Vita Fursei be• legt den maiordomus mit der Bezeichnung patricius6, die wohl später dann von den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii übernommen worden ist7. Es liegt nahe, diesen Terminus als Zeugnis dafür zu werten, daß der Vitenverfasser bestrebt war, den bedeutenden Gönner der Klö• ster St.-Wandrille, Lagny und Peronne durch einen Titel auszuzeichnen, der den Rang Erchinoalds hervorkehren sollte und augenscheinlich nicht in seinem technischen Sinn verstanden werden darf8. Mit dem untechni• schen, inhaltlich aber deutlichen Titel eines praepositus palatii um• schreibt die Vita Eligii den Maiordomat Erchinoalds9, dessen politische Wirksamkeit auf Neustrien beschränkt geblieben ist, da Balthild 642 den frankoburgundischen Reichsteil dem Franken Flaochad als maior-

137 domus nach dessen Wahl durch Bischöfe und Große Burgunds zuweist10. Erchinoald garantiert die Stellung Flaochads, wie dieser die seines neu- strischen Kollegen11. Diese gegenseitige Absprache wirft ein bezeichnen• des Licht auf die inneren Verhältnisse des Westreiches; sie werden durch die Spannung zwischen den Reichsteilen bestimmt; ein neustrisches Über• gewicht ist aber nicht zu verkennen. Über den Maiordomat Erdiinoalds ist kaum etwas überliefert. In diesem Zusammenhang verdient jedoch die Nachridit Beachtung, daß Erchinoald jene Balthild als angelsädisisdie Sklavin gekauft hat, die dann zweite Gattin Chlodwigs II. geworden ist12. Die zeitgenössische Vita Balthilds13 belegt Erchinoald mit dem princeps-Titel, der nach I. Heidrich14 untedinisch verstanden werden muß. 658 stirbt Erchinoald15. Ein Placitum Chlothars III. von etwa 659 nennt ihn als bereits verstorben16. Zeitgenössische Quellen bezeugen als Gattin Erdiinoalds Leutsind17, als beider Sohn Leudesius18, der 675 nach der Verbannung Ebroins — dieser war 658 Nachfolger Erdiinoalds als neustrischer maiordomus geworden — und der Vertreibung des austra- sischen dux Wulfoald maiordomus in Neuster wird19.

1 MGH. SSRM. II, p. 163 (= Fred. IV, cap. 84). Die als Spurium edierte Königsur• kunde von 633, die angibt, von Erchinoald als maiordomus subskribiert zu sein, ist allein schon deshalb als Fälschung zu beurteilen: MGH. DM. Sp. Nr. 33, p. 152. * MGH., a.a.O.: "... Erchynoaldus maior domus, qui consanguaeneus fuerat de genetrici Dagoberti...". * MGH. DM. Nr. 61, p. 178. 4 Gesta, ed. F. LOHIER — R. P. J. LAPORTE, Rouen-Paris 1936, p. 6 und 13. Die Erchi• noald in den Gesta zugeordneten Bezeichnungen "praefectus domus regiae* (p. 5) und "patritius" (ebda.) meinen in einem umschreibenden Sinn die Regentschaft, die Erchi• noald gemeinsam mit Balthild für den jungen Chlodwig II. ausübt. Die Formulierung der Gesta sagt dazu expressis verbis, daß Erchinoald "... praefecturae ordinem ac cur am maximam regni Francorum ... nobiliter administrauit* (ebda.). Die Herausgeber der Gesta werten dies als Reminiszenz an byzantinische Titel des Liber Pontificalis (ebda. Anm. 11). Cf. dazu jetzt I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 93. 5 MGH. SSRM. IV, p. 444 (= Vita Fursei, cap. 12). Zur Datierung dieser Vita cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 135. Die Vita ist nach 650 in PeVonne entstanden. Auf Eigenbesitz errichtet Erchinoald das Irenkloster Lagny bei Paris. Besitz Erdiinoalds im Gebiet von Rouen läßt sich aus MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11) erschließen. Die namentlich nicht überlieferte villa — die Schrift des Originals ist hier nicht mehr lesbar — befindet sich um 659 noch im Besitz von Erdiinoalds Sohn Leudesius. Zum Besitz Erdiinoalds um Noyon cf. MGH. SSRM. IV, p. 711 (= Vita Eligii, cap. 20). Die Anwesenheit von Leuten der familia des Erchinoald anläßlich einer kirchlichen Feier in einem vicus in der Nähe Noyons läßt auf Besitz bei der Bischofsstadt schließen. Aus• drücklich bezeugt wird ein solcher Besitz nicht. • MGH, a. a. O., p. 438 (= Vita Fursei, cap. 9). 7 Cf. Anm. 4. 8 Fredegar nennt Erchinoald immer nur als neustrischen maiordomus. Die maßgebliche politische Geschichtsschreibung der Zeit legt Erchinoald damit eindeutig auf dieses Amt fest. Als patricius des burgundischen Provinzialpatriziats ist in dieser Zeit nur Willibad in zeitgenössischen Quellen verzeichnet. • MGH. SSRM. IV, p. 711 und 714 (= Vita Eligii, cap. 20 und 27).

138 *• MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 89). 11 MGH., a. a. O.: "Cumque Erchynoaldus et Flaoohadus maiores domi inter se quasi unum inissent consilium, consencientes ab invicem, hunc gradus honorem, alterutrum solatium prebentes, disponent habere feliceter.* 12 MGH. SSRM. II, p. 483 (= Vita s. Balthildis, cap. 2). 18 WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 128. 14 AfD. 11/12 (1965/66) p. 83 und 105.1. HEIDRICH sieht den princeps-Titel durch das Bibelzitat des vorangehenden Satzes der Vita hervorgerufen. Der Bezeichnung liegt dem• nach biblische Sprache zugrunde. 15 MGH. SSRM. II, p. 317 (= Liber historiae Francorum, cap. 45). " MGH. DM. 37, p. 34 (== LS. Nr. 11). 17 MGH. SSRM. IV, p. 447 (== Vita Fursei, cap. 20) und p. 449 (= Vita Fursei, cap. 24). 18 MGH. SSRM. II, p. 169 (= Fred, cont., cap. 95). MGH., a.. a. O., p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45). Ebenso MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11). 19 MGH. SSRM. II, p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45).

CLVII. ERCONALDUS Vir illuster. Grafio (in Neuster)

Dieser Amtsträger begegnet 692 Nov 1 unter den Beisitzern des im palatium Luzarches (Seine-et-Oise) tagenden Königsgerichts, das der Ba- silica St.-Denis den Besitz der villa Nocito ( = "Noisy-sur-Oise") zu• spricht1. Die im Original erhaltene Gerichtsurkunde Chlodwigs III. ver• zeichnet den grafio und dessen Amtskollegen Madelulf in der Reihe der als Beisitzer fungierenden Großen nach den Bischöfen, den Optimaten und noch vor den seniscalci und dem comes palatii. Tagungsort und Ver• handlungsgegenstand machen wahrscheinlich, daß Erconald ein neustri- scher Amtsträger ist.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20).

CLVIII. ERIMARDUS Comes (in Auster)

An fünfter Stelle einer Zeugenreihe von acht comites begegnet dieser Große 702 Jan 20 in einer echten Hausmeierurkunde, deren Ausstellungs• ort nicht überliefert ist1. Die von Pippin (d. M.) und Plectrud ausgestellte Urkunde, die Besitz im pagus Verdun an die Kirche von Verdun im Tausch gegen anderen Besitz dieses pagus geben, erwähnt nur das Amt Erimards, nicht dagegen den Amtsbereich. Aussteller und Empfänger der

139 Urkunde sowie deren Dispositio machen indes wahrscheinlich, daß dieser Große — wie seine in der Reihe der Zeugen genannten Amtskollegen — Amtsträger in Auster ist. Der zweigliedrige Personenname ist fränkischer Herkunft.

1 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

CLIX. ERM ARTUS Gubernator palatii des jüngeren Charibert (II.)

Neben Brodulf, dem Onkel des nachmaligen Unterkönigs Charibert IL in Aquitanien, nennt Pseudo-Fredegar ad 627/28 Ermarius als weiteren politischen Berater1. Mit Brodulf und Charibert nimmt der vom Chro• nisten als gubernator palatii2 im Amt umschriebene Große 627/28 an der von Chlothar II. in Clichy einberufenen Reichsversammlung teil, die von den Neustriern und Burgundern, aber nicht von den Austrasiern besucht wird. Während dieser Versammlung der Großen bringen pueri des aqui- tanischen dux Aegyna den Ermarius um. Hinter diesem Anschlag steht mit Sicherheit Aegyna selbst3. Die drohende Auseinandersetzung zwisdien dem aquitanischen dux und Brodulf schlichtet Chlothar II. mit Hilfe der burgundischen Aristokratie.

1 MGH. SSRM. II, p. 148 (= Fred. IV, cap. 55). 2 Ganz ähnlich umschreibt Pseudo-Fredegar die Stellung des austrasischen dux Adal- gisel, der gemeinsam mit Bischof Kunibert von Köln die Regentschaft für den noch un• mündigen Sigibert III. ausübt. Cf. Prosopographie Nr. V. Der Rang des Ermarius ist zugleich ein Hinweis darauf, daß der jüngere Bruder Dagoberts I. 627/28 bereits eine quasi-königliche Stellung innegehabt hat, für die sich Aquitanien anbietet. Damit erge• ben sich neue Interpretationsmöglichkeiten für die Beziehungen zwischen Chlothar IL und Dagobert I. Cf. dazu Prosopographie Nr. LXIII. 8 Cf. Prosopographie Nr. XVIII.

CLX. ERMECHARIUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Unter den optimates des noch nicht mündigen Chlodwig III. begegnet 693 Feb 28 dieser Große als Beisitzer eines im palatium Valenciennes ta• genden Placitums, dessen Verhandlungsgegenstand in einer im Original erhaltenen Urkunde überliefert ist1. Die Datierung des Diploms und die

140 Zahl der zweiundfünfzig Beisitzer verweisen auf das Märzfeld des Jah• res 693. In der Liste der Beisitzer erscheinen Große aller Reichsteile. Er- mechar, dessen zweigliedriger Personenname germanischer sc. fränkischer Herkunft ist, erscheint an neunter Stelle einer Reihe von zwölf optimates, die das Diplom mit dem vir illuster-Prädikat nach den Bischöfen und vor den übrigen Amtsgruppen der comites, der grafiones, der domestici, der referendarii, der seniscalci sowie dem comes palatii erwähnt. In dem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" ( = "Meuse"?) erscheint Ermechar dann in einem neu angesetzten Verfahren in der Funk• tion des für die Interessen des Rechtsgegners per praecepcionis bestellten Mundwarts (mundeburo), der seinen Mandanten, der trotz ergangener Ladung nicht erschienen ist (solsadire), vor dem Königsgericht vertritt. Ermechar kann letztlich aber nicht dessen Verurteilung verhindern, da er keine gesetzlich hinreichende Begründung für dessen Abwesenheit geben kann. Der Ausstellungsort des Diploms sowie dessen Disposito machen wahr• scheinlich, daß Ermechar einheimischer neustrischer Großer der Um• gebung des jungen Chlodwig III. ist.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

CLXI. ERMEDRAMNUS Seniscalc. (Referendar)

Mit seinem Amtskollegen Benedict nimmt dieser Große 697 März 14 als Beisitzer an dem im palatium Compiegne tagenden Königsgericht teil, das in einem Rechtsstreit um den Besitz der villa Nocito ( = "Noisy-sur- Oise") zugunsten des Klosters Tussonval entscheidet1. Die im Original erhaltene Gerichtsurkunde Childeberts III. verzeidinet in der Reihe der einundzwanzig Beisitzer die beiden seniscalci nach den Bischöfen, dem maiordomus Pippin (d. M.), den optimates, den comites und den dorne- stici, aber noch vor dem comes palatii. Das aus Anlaß des Märzfeldes in Compiegne zusammengerufene Königsgericht läßt in Ermedram einen neustrischen Amtsträger vermuten, wie dies der zweigliedrige germani• sche Personenname auch wahrscheinlich macht. Es ist zu erwägen, ob die• ser seniscalc mit dem gleichnamigen Referendar Chilperichs IL identisch ist, der dessen im Original erhaltene Gerichtsurkunde von 716 März 7 in Compiegne recognosziert2. Für eine solche Identität sprechen derselbe Ausstellungsort und der zeitliche Zusammenhang; auch läßt sich kein we• sentlicher Rangunterschied zwischen beiden Ämtern feststellen. Nach Aus-

141 weis merowingischer Placita, die eine bestimmte Rangfolge der Beisitzer beachten, finden sich Referendare in der Regel zwischen den domestici und den seniscalci.

1 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). * MGH. DM. Nr. 83, p. 74 (= LS. Nr. 36).

CLXII. ERMENBERTUS Vir illuster

Dieser Große ist offensichtlich der einheimischen Oberschicht im Nor• den Burgunds zuzurechnen, wo von Ermenbert umfangreicher Besitz im Gebiet von Langres bezeugt ist1. Die im Kloster St.-B£nigne in Dijon 632 Sep 4 ausgestellte Schenkungsurkunde Ermenberts und seiner Frau Er- menoara für St.-B£nigne nennt namentlich das auf dem Weg des Tausches erworbene Masciacum (= "Maisey") im pagus Langres sowie Posciacum (= "Poinson-le-Larrey") und Föns Lagnis (= "Laignes") im pagus La- tescinse (= "Lassois", Diözese Langres); portiones der letzteren aus elter• lichem Erbe. Das vir illuster-Prädikat enthält vermutlich keinen Hin• weis auf ein Amt — von dem in der Urkunde nicht die Rede ist — son• dern ist Ausdruck der Ranghöhe Ermenberts.

1 Pard. II, Nr. 256, p. 15.

CLXIII. ERMENFRIDUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Ermenfrid begegnet 692 Nov 1 als Beisitzer eines Placitums Chlod• wigs III., der die villa Noisy, das einstige Amtsgut des comes von Paris, als Besitz des Klosters St.-Denis bestätigt1. Das im Original erhaltene Privileg, das in Luzarches (Seine-et-Oise) ausgestellt ist, nennt Ermenfrid an letztlr Stelle von drei Optimaten, unter denen auch Pippins (d. M.) Vertrauensmann in der Francia, Nordebercth, erscheint, nach den Bischö• fen und vor weiteren Gruppen von Amtsträgern. Ermenfrid ist anschei• nend mit dem gleichnamigen Mörder Ebroins identisch. Die zeitgenössi• sche Passio Leudegars von Autun2 weist Ermenfrid expressis verbis als optimas nach, aqui tunc (sc. post mortem Leudegarii) junctionem fiscali administrabat**. In diesem freilich nicht näher gekennzeichneten Amt

142 befürchtet Ermenfrid, von Ebroin beseitigt zu werden, der ihm bereits Eigengut entzogen hatte. Dem neustrischen Großen gelingt es jedoch, Ebroin zuvorzukommen und seinen Widersacher zu töten. Die Flucht Er• menfrids nach Auster ist für den Vitenschreiber offenkundig von geringe• rer Bedeutung, da ihm hauptsächlich an einer Verurteilung der Willkür• herrschaft Ebroins liegt. Diese hebt auch der Chronist des neustrischen Liber historiae Francorum hervor, der aber zugleich von Ermenfrids Flucht zu Pippin (d. M.) nach Auster berichtet4. Es scheint kein Zufall, wenn der neustrisdie Emigrant dann 691 neben Nordebercth unter den Optimaten Chlodwigs III. auftaucht — Pippin (d. M.) hat sich zuverlässiger Großer bei der Reorganisation der Francia bedient.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). 2 Die Passio I ist alt und datiert in das VII. Jhdt. Cf. dazu F. PRINZ, Mönchtum, p. 499 und 503. Ebenso F. GRAUS, Heiliger, p. 110 Anm. 348. 8 MGH. SSRM. V, p. 319 (= Passio Leudegarii I, cap. 37). 4 MGH. SSRM. II, p. 323 ( = Liber historiae Francorum, cap. 47).

CLXIV. E R M E N O Dux in Burgund

Ermeno nimmt 636/37 an dem großen Feldzug Dagoberts I. teil, der das Heer de Universum regnum Burgundiae gegen die aufständischen Basken aufbietet1. Pseudo-Fredegar bezeichnet Ermeno als dux fränki• scher Herkunft. Über die Lage des Ducats im regnum Burgund kann nichts gesagt werden. Ermeno wird auch nur zu 636/37 bezeugt.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78).

CLXV. ERMENRICUS Vir illuster. Domesticus Chlodwigs II.

In den Kämpfen zwischen Flaochad und Willibad erscheint 642 Er- menrich auf der Seite der Gegner Willibads als Gesandter Chlodwigs IL, der den als domesticus bezeichneten Großen — wohl auf Anraten der maioresdomus Flaochad und Erchinoald — Willibad entgegenschickt1. Er- menrich selbst ist an der folgenden militärischen Auseinandersetzung un• beteiligt. 654 Juni 22 subskribiert er mit der Amtsbezeichnung dorne-

143 sticus und dem vir illuster-Prädikat das im Original erhaltene Diplom Chlodwigs IL für St.-Denis2. Die Unterschrift Ermenrichs steht nach de• nen der Bischöfe, des maiordomus und der Großen, die weder eine Amts• bezeichnung noch das vir illuster-Prädikat tragen, und vor der des comes palatii und anderer Großer, die zum Teil als viri illustres verzeichnet sind. Wie diese im palatium Clichy Versammelten gehört Ermenrich zu den proceres dieses Königs. Den Namen des Amtsträgers erwähnt ein me- rowingisches Spurium von 632 Mai 263. Der als vir illuster ausgewiesene Große ist nach H. Omont4 mit dem dorne sticus von Chlodwigs IL Di• plom für St.-Denis von 654 identisch, das als Vorlage für das Spurium gedient hat. Vor Waningus, der wohl mit dem unter Chlothar III. ge• nannten comes palatii identisch ist5, und Ghislemar, der vermutlich mit dem gleichnamigen Sohn des neustrischen maiordomus Waratto identisch ist6, subskribiert Ermenrich 673 März 10 die im vicus Morlace (pagus Beauvais) ausgestellte Charta der Chrothild für ihr Kloster Bruyere-le- Chätel7. Ermenrich ist der einzige unter den zahlreichen Großen, der als vir illuster bezeugt wird.

1 MGH. SSRM. II, p. 166 (= Fred. IV, cap. 90). 2 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 ( = LS. Nr. 6). 8 MGH. DM. Sp. Nr. 26, p. 143. 4 BECh. LXI (1900) p. 76-78. 5 Pard. II, Nr. 361, p. 150. Cf. Prosopographie Nr. CCCVII. • Cf. Prosopographie Nr. CCCVIII. 7 Pard. II, a. a. O. Die Urkunde der Chrothild ist neu ediert von L. LEVILLAIN, BECh. CV (1944) p. 42-45. Ausführliche Diskussion der Urkunde in den pp. 5-42. Zu Ermen• rich p. 25.

CLXVI. ERMENRICUS Vir illuster. Domesticus Chlodwigs III. Optimas Childeberts III.

Die im Original erhaltene Gerichtsurkunde Chlodwigs III. von 693 Feb 28 verzeichnet diesen Amtsträger, der wohl nicht mehr mit dem gleichnamigen domesticus Chlodwigs IL identisch ist1, in der umfang• reichen Reihe der Beisitzer nach den Bischöfen, den Optimaten, den co- mites und grafiones, aber noch vor den referendarii, den seniscalci sowie dem comes palatii2. Das in Valenciennes aus Anlaß des Märzfeldes aus• gestellte Diplom nennt neben Ermenrich drei weitere domestici. Eben dieser Große wird wohl zwei Jahre danach, 695 Dez 23, als vir illuster und optimas Childeberts III. in einer im Original erhaltenen Gerichts• urkunde dieses Königs bezeugt3. Das in Compiegne ausgestellte Placitum zeigt Ermenrich augenscheinlich in der Funktion des comes palatii. Er-

144 menrich legt vor dem König Zeugnis über den Gang der Verhandlung ab, ehe dessen Gebot ergeht4. Ermenrich hat 695 wohl als Vertreter des comes palatii fungiert. In Compi^gne wird 697 Hociobercth mit dieser Amtsbezeichnung bezeugt5.

1 Cf. Prosopographie Nr. CLXV. 2 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 8 MGH. DM. Nr. 68, p. 61 (= LS. Nr. 25). 4 MGH, a. a. O.: "... ut dum inluster vir Ermenricus, optimas noster, testimoniavit quod ac causa taliter acta fuisset denoscitur, iobemus .. ." 5 Cf. Prosopographie Nr. CXXXVI.

CLXVII. ERMENT(H)EUS Vir illuster, Grafio, dann comes in Neuster

Das im Original erhaltene Placitum Chlodwigs III., der 693 Feb 28 im palatium Valenciennes in einem Rechtsstreit um Besitzungen "super fluvium Marso" ("Meuse"?) entscheidet, verzeichnet den grafio Ermen- teus neben sieben seiner Amtskollegen nach den Bischöfen, Optimaten und comites und vor den domestici, den Referendaren, den seniscalci sowie dem comes palatii1. Derselbe Amtsträger wohl begegnet 697 März 14 erneut als Beisitzer eines in Compiegne tagenden Königsgerichts Childe- berts III., der die curtis Noisy im pagus Chambly/Oise, das einstige Amtsgut des comes von Paris, gegen Pippins (d. M.) Sohn Drogo erneut dem Kloster Tussonval zuspricht2. In der Reihe der Beisitzer erscheint der comes Ermentheus nach den Bischöfen, dem maiordomus Pippin (d. M.) und den Optimaten und vor den domestici, den seniscalci sowie dem comes palatii. Grafiones erwähnt das in Compi&gne ausgestellte und im Original erhaltene Diplom nicht. Die Identität von grafio und comes kann wohl kaum in Zweifel gestellt werden. Der Wechsel in der Amts• bezeichnung deutet darauf hin, daß in Neuster der "modernere", weil all• gemeinere Terminus um 697 Einzug findet. Ein Rangunterschied ist nicht eigentlich festzustellen. Die Amtsbezeichnung grafio erscheint als volks• rechtliches Relikt älterer Überlieferung, die der durch die Amtsbezeich• nung comes repräsentierten neuen weicht. Erment(h)eus ist als Bruder Gunthechars und Sohn Nordebercths bezeugt, der wohl mit dem gleich• namigen Vertrauensmann Pippins (d. M.) im neustrischen Kronland iden• tisch ist3. Noch 726 März 3 nimmt Erment(h)eus, der mit dem vir illu- ster-Prädikat ausgezeichnet ist, aber keine Amtsbezeichnung trägt, an einem Placitum Theuderichs IV. in Ponthion im neustrischen Kerngebiet

145 teil4. Besitz der Familie liegt im pagus Chambly/Oise. Nach 726 wird Erment(h)eus nicht mehr genannt.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 8 MGH. DM. Nr. 94, p. 84. Cf. Prosopographie Nr. CCXLVIII. 4 MGH., a. a. O.

CLXVIIL ( H) E R P O Legatus Brunichilds (613). Comes stabuli Chlothars IL (613). Dux des pagus Ultraiuranus (613/14)

Was von diesem Großen aus der Chronik Pseudo-Fredegars bekannt ist, der als einziger über Herpo berichtet, spiegelt die wechselvollen Er• eignisse des Jahres 613 in einem bezeichnenden Licht wieder. 613 begeg• net Herpo als Gesandter Brunichilds, der von Worms aus gemeinsam mit Chadoind zu Chlothar (IL) nach Andernach geschickt wird1, um den Neustrier — freilich vergeblich — zu veranlassen, die Söhne Theude• richs IL als Nachfolger im regnum des Vaters anzuerkennen. Diese Ge• sandtschaft haben die beiden von Brunichild geschickten Großen benutzt, sich durch Verrat auf die Seite Chlothars zu schlagen. Herpo begegnet noch im selben Jahr als comes stabuli des Neustriers. Nach dem entschei• denden Sieg Chlothars über Sigibert IL im Nordwesten von Chalons-sur- Marne gelingt es dem zum comes stabuli aufgestiegenen (H)erpo, die flüchtende Königinwitwe Brunichild mit der Schwester Theuderichs IL, Theudila, im pagus Ultraiuranus in der villa Orbe gefangenzunehmen und Chlothar IL zu präsentieren2. Unter dem neuen Gesamtherrscher steigt Herpo dann 613/14 zum dux des pagus Ultraiuranus auf, dem bislang Eudila vorgestanden hatte3. In seinem Amtsbereich tritt Herpo vor allem für die Wiederherstellung des inneren Friedens ein. Der frän• kische Amtsträger4 scheitert aber an der einheimischen Verschwörung un• ter dem patricius Aletheus. Herpo wird durch den einheimisdien comes Herpinus beseitigt5. Die burgundischen Großen haben damit die neustri- sche Einflußnahme beantwortet. Als nächster fränkischer Amtsträger scheint Wandalmar unter Dagobert I. im Ultraiuranus fungiert zu haben6.

1 MGH. SSRM. II, p. 140 (= Fred. IV, cap. 40). 1 MGH., a. a. O., p. 141 (= Fred. IV, cap. 42). 8 MGH., a. a. O., p. 142 (= Fred. IV, cap. 43). 4 MGH., a. a. O. Die Volkszugehörigkeit Herpos (de genere Franco) wird von Pseu- do-Fredegar ausdrücklich erwähnt, während der Chronist sie bei Eudila ausläßt. Gerade dadurch erscheint die burgundische Herkunft des letzteren sehr wahrscheinlich. 5 MGH., a. a. O. • Cf. Prosopographie Nr. CCCVI.

146 CLXIX. HERPINUS Comes des pagus Ultraiuranus

Mit anderen comites dieses pagus zieht Herpin 609/10 gegen die von Norden in den Ultraiuranus einbrechenden Alemannen, die nach der Nie• derlage des Aufgebots dieses pagus bei Wangen Avenches brandschatzen1. 613/14 begegnet Herpin an der Seite des burgundischen patricius Ale- theus und des Bischofs von Sitten unter den Großen Burgunds, die für den Tod des von Chlothar IL im Ultraiuranus eingesetzten dux Herpo verantwortlich sind2. Wie Aletheus und Leudemund von Sitten zählt Herpin zu dem Kreis der einheimischen burgundischen Opposition gegen den neustrischen Einfluß im Ultraiuranus. Herpin — wohl selbst ein Bur• gunder — ist anscheinend wenig später von Chlothar IL im elsässischen Marlenheim hingerichtet worden3.

1 MGH. SSRM. II, p. 138 (= Fred. IV, cap. 37). 2 MGH., a. a. O., p. 142 (= Fred. IV, cap. 43). • MGH., a. a. O.

CLXX. ETTHERIUS Vir illuster. Comes

Unter den zweiundfünfzig Beisitzern des in Valenciennes anläßlich des Märzfeldes 693 Feb 28 tagenden Königsgerichts, das in einem Rechts• streit um Besitz K super fluvium Marso" ( = "Meuse"?) verhandelt, be• gegnet dieser comes an dritter Stelle einer Reihe von neun Amtskollegen1. Der romanische Personenname, dem wohl Aetherius zugrundeliegt, kann als Indiz für romanische Abkunft seines Trägers gewertet werden.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (== LS. Nr. 23). Cf. im übrigen Prosopographie Nr. CCXLI.

CLXXI. EUDILA Dux des pagus Ultraiuranus (bis 613/14)

613 nennt Pseudo-Fredegar Eudila unter den burgundischen Großen als dux> die Warnachar, dem fränkischen maiordomus Brunichilds in Bur- gund, ihre Zustimmung gegeben hatten, mit Chlothar Absprachen gegen Sigibert IL und dessen durch Brunichild gestütztes austroburgundisches

147 Königtum zu treffen1. Unter dem neuen Gesamtherrscher Chlothar IL verliert Eudila das Amt des dux im pagus Ultraiuranus, dem 613/14 der Franke Herpo vorgesetzt wird2. Eudilas burgundische Herkunft wird von Pseudo-Fredegar nirgends expressis verbis genannt; sie ist gleichwohl mit Sicherheit zu erschließen3. Der Sturz Eudilas löst die burgundische Re• aktion gegen den fränkischen Einfluß aus, der von einheimischen Großen des pagus Ultraiuranus bekämpft wird, die aber an Chlothar IL scheitern.

1 MGH. SSRM. II, p. 141 (= Fred. IV, cap. 42). 1 MGH., a. a. O., p. 142 (= Fred. IV, cap. 43). 3 Cf. Prosopographie Nr. CLXVIII Anm. 4. Hinzu kommt das Indiz, das der Personenname gibt. Nach E. GAMILLSCHEG, Romania Germanica, Bd. III, p. 114, liegt dem eingliedrigen Personennamen, der mit Hilfe eines Diminutivsuffixes gebildet ist, das burgundische euf> = "Nachkommenschaft" zugrunde. "Eudila" stellt sich als ostgermanische Entsprechung zu althochdeutsch "Odilo" dar.

CLXXII. EUDO Dux in Aquitanien

Nach dem Bericht des neustrischen Liber historiae Francorum wenden sich Chilperich IL und dessen neustrischer maiordomus Ragamfred (sie) nach dem Sieg Karl Martells bei Vinchy (717 März 21) auf der Flucht vor dem austrasischen maiordomus 719 an den als dux ausgewiesenen Eudo, um diesen — gegen das Angebot der aquitanischen Unabhängig• keit — zum Eingreifen gegen Karl Martell zu bewegen1. Das Heer Eudos, das die frühkarolingischen Fortsetzer Pseudo-Fredegars bezeichnender• weise als das der feindlichen Basken hinstellen, wird nun aber von den Austrasiern Karls geschlagen2, der selbst bis Aquitanien vorstößt, wo ihm Eudo 720 gegen die Anerkennung als dux Aquitaniens Chilperich IL ausliefert und zugleich amicitia mit Karl schließt3. Die durch Eudo ver• tretene selbständige aquitanische Politik unterstreicht 731 der Abfall von dem mit dem austrasischen maiordomus geschlossenen Bündnis4. Obschon Karl Martell auch 731 wieder den Sieg über Eudo davonträgt, gelingt es nicht, Aquitanien zu unterwerfen. Nach Ausweis des Fortsetzers Pseudo- Fredegars hat sich Eudo in dieser Auseinandersetzung mit Karl Martell auch arabischer Hilfe bedient5, um in einer gewagten Machtpolitik das Ziel der aquitanischen Selbständigkeit durchzusetzen. Zum Herrschafts• bereich Eudos gehört nach den karolingischen Miracula Austrigisili6, die für Eudo den princeps-Titel überliefern und damit auf dessen eigenstän• dige Herrschaftsausübung anspielen, auch Bourges7. Der Name des dux ist wohl ostgermanischer Provenienz8. 735 stirbt Eudo9. Noch im selben Jahr dringt Karl Martell bis nach Bordeaux vor — freilich ohne durch• schlagenden Erfolg10. Von den Söhnen Eudos, Remistagnus und Chu-

148 noald, tritt Chunoald wohl noch 735 die Nachfolge seines Vaters als dux Aquitaniens an11.

1 MGH. SSRM. II, p. 327 (== Liber historiae Francorum, cap. 53): "Chilpericus itaque vel Ragamfredus Eudonem ducem expetunt in auxilio* Der Fortsetzer Pseudo- Fredegars geht über das Hilfeersuchen hinaus, wenn er von Chilperich und Raganfred berichtet, diese hätten Eudo regnum et munera angetragen (tradere), MGH., a. a. O., p. 174 ( = Fred, cont., cap. 10). Zu Eudo cf. im übrigen Ch. HIGOUNET, Bordeaux I, p.21. 2 MGH., a. a. O., p. 174 (= Fred, cont., cap. 10). 8 MGH., a. a. O. 4 MGH., a. a. O., p. 328 (= Liber historiae Francorum, cap. 53) und MGH., a. a. O., p. 174. 5 MGH., a.a.O., p. 175 (= Fred, cont., cap. 13). Cf. Ch. HIGOUNET, a.a.O., der jedoch diese Verbindung Eudos zu den Sarazenen übergeht. 6 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127 Anm. 304. 7 MGH. SSRM. IV, p. 202 (= Miracula Austrigisili, cap. 6). 8 Cf. M. SCHÖNFELD, Wörterbuch, p. 82 ("Eutharicus*). 9 MGH. SSRM. II, p. 175 (= Fred, cont., cap. 15). 10 MGH., a. a. O. 11 Cf. Prosopographie Nr. CXXXIX.

CLXXIII. FAR(A)ULFUS Dux

Nach Einbeziehung Burgunds in das regnum Chlothars II. (613) be• auftragt dieser den vom Schreiber der wohl erst nach 700 entstandenen Vita des Bischofs Lupus von Sens1 als dux ausgewiesenen Farulf im reg• num die regalia negotia den decreta regis gemäß zu ordnen2. Der aus der königlichen Umgebung entsandte Große kommt in Erfüllung seines Auf• trages auch nach Sens, wo dem mächtigen Amtsträger3 aber nicht der ge• bührende Empfang zuteil wird. Farulf erhebt bei Chlothar IL Klage, der Lupus, den einheimischen romanischen Großen, daraufhin in die Ver• bannung in den neustrisdien pagus Le Vimeu (Diözese Amiens) schickt und dem dort amtierenden dux Boso Landegisel anvertraut4. Farulf ist identisch mit dem in der Vita Rusticulae überlieferten gleich• namigen optimas Chlothars IL5, der diesen Großen in ähnlicher Mission beauftragt, die fälschlich angeklagte Rusticula von Arles in die Residenz nach Paris zu bringen. Faraulf ist anscheinend ein neustrischer Großer. Über den Amtsbereich dieses dux ist keine gesicherte Aussage möglich.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127, Anm. 304. 2 MGH. SSRM. IV, p. 182 (= Vita Lupi, cap. 10).

149 * MGH., a. a. O.: "{praecepit) ... cuidam viro potenti, dignitate saeculi in magna gloria praepollenti, Farulfo nomine duci,.. .". 4 MGH., a. a. O., p. 182 (= Vita Lupi, cap. 11). 6 MGH., a.a.O., p. 344 (= Vita Rusticulae, cap. 10). Die vom Herausgeber, B. KRUSCH, als wenig glaubwürdig hingestellte Vita ist demnach nicht ohne weiteres zu ver• werfen. Beide Male richtet sich die Maßnahme der Zentrale gegen die einheimische ro• manische Oberschicht. Zur Vita Rusticulae cf. dazu P. RICH£, Analecta Bollandiana LXXII, IV (1954) p. 369-77. Nach RiCHi ist die Vita zeitgenössisch, ein "dossier de Phistoire du VII* siecle* (p. 377). Zu Farulf cf. p. 374.

CLXXIV. FLAOCHADUS Maiordomus in Burgund (642)

Das nach dem Tod des Franken Warnachar 626/27 erledigte Amt des maiordomus für Burgund wird 642 durch die Königinwitwe Nanthild mit dem Franken Flaochad erneuert1. Nach seiner Wahl durch Bischöfe und Große Burgunds wird er in Orleans durch Nanthild investiert. Die enge Verbindung mit dem neustrischen Königshaus kommt auch darin zum Ausdruck, daß Flaochad eine Nichte Nanthilds, Ragnoberta, heira• tet2. Flaochads fränkische Herkunft ist von Pseudo-Fredegar ausdrücklich bezeugt3. Nach dem Bericht der karolingisch überarbeiteten Vita Sigi- rams4 ist Flaochad im Berry begütert5, dem Flaochad aber wohl kaum selbst entstammt. In seiner Umgebung werden 642 zum überwiegenden Teil fränkische Große angetroffen, so der dux Amalgarius und der comes palatii Berthar und dessen Sohn, wie überhaupt das neustrische Kontin• gent im Heer Flaodiads besonders stark ist. Als Bruder Flaochads nen• nen zeitgenössische Quellen den wohl neustrischen Amtsträger Amalbert6. Am Beginn des Maiordomats steht nach Pseudo-Fredegar eine gegen• seitige Garantie, die sich Flaochad und sein neustrischer Kollege Erchin- oald für ihr Amt geben7. Flaochad verpflichtet sich dazu den Kreis der burgundischen Großen, die ihn gewählt haben, indem er8 ihnen durch Eid und Vertrag Amt und amicitia für dauernd zusichert. Diese doppelte Absicherung Flaochads zeigt deutlich, daß seine Stellung in Burgund wohl kaum sehr stark gewesen sein kann. Audi dies deutet auf Flaochads neu• strische Herkunft, die im übrigen auch der westfränkische Personenname des maiordomus sichert9. Der Widerstand des in Burgund sehr mächtigen patricius Willibad, der Flaochad offensichtlich einmal in amicitia verbunden war10, setzt unmit• telbar nach dessen Amtsübernahme ein, so daß Flaochad bereits im Mai 642 anläßlich einer Teilreichsversammlung in Chalon den Vorsatz faßt, Willibad zu beseitigen. Im September 642 fällt dieser bei Autun. Nach siegreich beendetem Kampf stirbt Flaochad überraschend auf dem Weg nach Dijon, wo er in St.-B£nigne beigesetzt wird11.

150 Die überarbeitete Vita Eligii12 reiht ihn unter die crudelissimi viri ein und belegt ihn als tyrannus™. Die Vita Sigiramni hebt dagegen die be• deutende Stellung Flaochads am palatium hervor und die amicitia, die ihn mit Sigiram verbindet14. Die Fredegarchronik bricht mit der Schilde• rung der Kämpfe ab. Der Maiordomat scheint für Burgund zunächst nicht erloschen zu sein, da Radobert 654 als maiordomus für Burgund zu er• schließen ist15.

I MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 89). * MGH., a. a. O., p. 166. Darauf fußend Gesta Dagoberti, cap. 48 (= MGH. SSRM. II, p. 423). 8 MGH., a. a. O., p. 165: "... Flaogatum genere Franco ...". 4 WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 135. 5 MGH. SSRM. IV, p. 612 (= Vita Sigiramni, cap. 11). 6 Cf. Prosopographie Nr. XXIV. 7 MGH. SSRM. II, p. 166 (= Fred. IV, cap. 89). 8 Daß Flaochad diese Zusicherung gibt, geht eindeutig aus dem Textzusammenhang bei Pseudo-Fredegar hervor. E. EWIG, Teilreiche II, p. 119, der hier der Königinwitwe Nanthild diese Rolle zuspricht, hat dies wohl übersehen. 9 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 510, der von einem "vor• zugsweise westfränkischen Namen" spricht. 10 MGH., a. a. O., p. 167 (= Fred. IV, cap. 90): "... eo quod multa in invicem per loca sanctorum de amicicias oblegandum sacramenta dedirant,.. .* II MGH., a. a. O., p. 167 (= Fred. IV, cap. 90). 12 Die Vita ist karolingisch überarbeitet. Cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., p. 128. " MGH. SSRM. IV, p. 715 (= Vita Eligii, cap. 28). 14 MGH. SSRM. IV, p. 612 (= Vita Sigiramni, cap. 11). 16 Cf. Prosopographie Nr. CCLIX.

CLXXV. FOLCARIUS Comes in Auster

Ein edites, im castrum Zülpich ausgestelltes Diplom des maiordomus Karl Martell von 726 Juli 9 nennt Folcar an zweiter Stelle einer Gruppe von comites, welche Karls Traditio von Besitz im pagus Betuwe an Bi• schof Willibrord subskribieren1. Dieser Besitz umfaßt unter Childe• bert III. für den Fiscus eingezogenes Gut eines Everhard, der sich wohl mit den Friesen gegen die Zentralgewalt verbunden hatte. Noch unter Childebert III. war dieser Besitz an Pippin (d. M.) vergabt worden. Der Ausstellungsort der Urkunde wie deren Dispositio können als Indiz dafür gewertet werden, daß Folcar ein der austrasischen Oberschicht angehö• render Amtsträger ist. Die nur in diesem Diplom überlieferte Gruppe von comites — vielleicht die persönliche Umgebung des maiordomus — wirkt nicht am Rechtsinhalt der Traditio Karls mit.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 12, p. 100. Neu ediert in den DB. Nr. 174, p. 306. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 241.

151 CLXXVI. FULCHERNUS Tribunus

In dem echten Privileg des Straßburger Diözesans Widegern von 728 Mai 13 für das Kloster Murbach, der bedeutendsten Gründung des Eti- chonen-Comes Ebrohard1, subskribiert Fulchernus an fünfter Stelle der Zeugenreihe nach dem Bischof, zwischen den subscriptiones anderer geist• licher Würdenträger und noch vor den signa der weltlichen Großen. Fulchernus resp. Fulcherius, wie der zweigliedrige germanische Perso• nenname wohl lauten muß, subskribiert wohl in seiner Eigenschaft als lokaler Amtsträger und bezeugt dadurch sein Einverständnis mit dem Rechtsinhalt der Urkunde. Die in der Zeugenreihe vor und nach dem tribunus verzeichneten geistlichen Würdenträger sind wahrscheinlich Geistliche der Bischofsstadt Straßburg, wo das Privileg des Diözesans auch ausgestellt ist. Die Anwesenheit des tribunus in dieser civitas ist Zei• chen dafür, daß dieser als Vertreter der königlichen Gewalt auftritt, wo• bei in erster Linie an eine militärische Funktion innerhalb des pagus zu denken ist2.

1 Pard. II, Nr. 553, p. 355. Ebenso: A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 113, p. 57. 8 Cf. dazu jetzt Hj. KRUG, ZRG. GA. LXXXVII (1970) p. 6.

CLXXVII. FULCOALDUS Vir illuster. Dux der Champagne (?)

Das echte Gründungsprivileg Sigiberts III. für Stablo-Malm£dy von 648/50 verzeichnet in der Reihe der weltlichen fideles dieses Königs den vir illuster Fulcoald nach dem ebenso ohne Amtsbezeichnung genannten Grimoald und vor drei weiteren Großen, die ihr Rang noch vor die do• rne stici stellt1. Der Ausstellungsort ist für dieses Privileg nicht überliefert. Die in ihm genannten geistlichen fideles sind ausnahmslos Bischöfe in Auster (Köln, Laon, Toul und Verdun); die weltlichen fideles bedeu• tende Große dieses Teilreichs2. Der Umkreis dieser Großen läßt auf Her• kunft und Rang Fulcoalds schließen, der 670 Sep 63 in einem in Maas• tricht ausgestellten echten Diplom Childerichs II. für Stablo-Malm£dy als vir illuster und dux bezeichnet wird an der nämlichen Stelle jener Reihe von Großen, die bereits 648/50 genannt waren und unter deut• lichem Bezug darauf. Als Petent einer verlorenen Urkunde desselben Kö• nigs für St.-Wandrille wird der vir illuster Fulcoald 673 neben dem maiordomus Vulfoald, dem comes von Paris, Gerin, dem austrasischen dux Amalrich u. a. erwähnt4. Besitz Fulcoalds im pagus Laon belegt die Urkunde des Maastrichter Bischofs Amandus von 6645. Dieser Besitz in

152 der austrasisdien Champagne macht wahrscheinlich, daß Fulcoald ver• mutlich dux Campanensis und damit Amtsvorgänger Waimers gewesen ist6.

1 MGH. DM. Nr. 22, p. 23. 2 Neben Fulcoald werden in dieser Gruppe genannt: Grimoald, seit 643 maiordomus in Auster; Bobo, dux der Auvergne; Adregisel (sc. Adalgisel), dux in Auster und con- siliarius Sigiberts III. 8 MGH. DM. Nr. 29, p. 28. 4 MGH. SSRM. V, p. 610 (= Vita Lantberti, cap. 3). Erwähnt auch in den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii, VI, 2, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 49. Cf. dazu Proso- pographie Nr. XXIX, Anm. 5. 5 Pard. II, Nr. 350, p. 133: "... locella nuncupata in Cinciniaco ..."== "Cincency" im pagus Laon (cf. Pard. II, p. 506). • Cf. Prosopographie Nr. CCXCVIII.

CLXXVIII. FREDULFUS Domesticus in Auster

Zu den Anhängern des austrasisdien Großen Radulf, der von Dago• bert I. vor 634/35 als dux in Thüringen eingesetzt wird, zählt nach Pseudo-Fredegar auch dieser domesticus1. Fredulf, dem eine Freundschaft mit dem aufständischen Radulf nachgesagt wird2, kommt auf diesem Feldzug des jungen Sigibert III. 641 um. Nach dem Chronisten gehört Fredulf in den Kreis der leudes Austrasiorum Sigiberts und hier offen• kundig zu den Angehörigen der austrasisdien Oberschicht, die Radulf offen in die Hand arbeiten. Über den Amtsbereidi Fredulfs kann nur gesagt werden, daß dieser in Auster gelegen hat.

1 MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 87). * MGH., a. a. O.: "Nam et Fredulfus domestecus, qui amicus Radulfo fuisse dicibatur, hoc prilio occupuit"

CLXXIX. G A E R I N U S Comes von Paris (um 654 - um 675)

Dieser Große wird zum erstenmal in dem in Clichy ausgestellten und im Original erhaltenen Praecept Chlodwigs IL für die Basilica St.-Denis von 654 Juni 22 erwähnt1. Ohne Amtsbezeidinung erscheint Gaerin in der umfangreichen Liste der Subskribenten nach dem comes palatii, den Bischöfen, neben und unter anderen Großen, die zum Teil mit einer Amtsbezeichnung genannt werden. Das Diplom deutet darauf hin, daß sich Gaerin bereits vor der Übernahme seines Comitats an der sedes

153 regia in der Nähe des Königs aufhält. Ohne Amtsbezeichnung wiederum wird Gaerin in einer verlorenen Urkunde Childeridis IL für das Kloster St.-Wandrille von 673 neben Leodegar von Autun, dem maiordomus Wulfoald und anderen Petenten verzeichnet2. Denselben Gaerin vermut• lich erwähnt ein anderes im Original erhaltenes Diplom Childeberts III. von 697 März 14 für das Kloster Tussonval3. Gaerin ist 697 bereits nicht mehr am Leben, da er als ehemaliger Besitzer der zum Fiscus gehörenden curtis Nocito ( = "Noisy-sur-Oise") im pagus Chambly/Oise genannt wird4. Ein weiteres im Original überliefertes, in Montmacq/Oise ausge• stelltes Praecept Childeberts III. von 710 Dez 13 für die Basilica St.- Denis5 bezeichnet schließlich auch das Amt dieses Großen, der danach den Comitat von Paris wahrgenommen hat. Als comes der sedes regia untersteht Gaerin augenscheinlich keinem dux. Den Comitat hat Gaerin vielleicht schon um 654 angetreten. Die curtis Nocito ist sein Amtsgut ge• wesen, vergleichbar mit Lagny-le-Sec im pagus Meaux, der Domäne der neustrischen maioresdomus. Neben dieser urkundlichen Überlieferung, die Gaerin in exponierter Stellung im neustroburgundischen Kerngebiet zeigt, berichtet der neustri- sche Liber historiae Francorum von der Verwandtschaft Gaerins mit dem Autuner Diözesan, dessen Bruder er ist6. Damit ist über das Amt Gaerins und den Familienzusammenhang die politische Rolle des comes von Paris umrissen. Wie sein Bruder Leudegar gehört Gaerin zur neustroburgundi• schen Opposition gegen Ebroin. Der comes scheint zunächst nicht aus sei• nem Amt verdrängt worden zu sein, als sein Bruder nach Luxeuil in die Verbannung geschickt wurde. Als Gegner Ebroins werden Gaerin und Leudegar um 6757 schließlich beseitigt. Der Ausschaltung der beiden Brüder war noch 675 die Wahl von Erchinoalds Sohn Leudesius zum neustrischen maiordomus vorausgegangen, der diese Wahl mit Zustim• mung Leudegars und Gaerins für sich entscheiden konnte8. Die zeitgenössische Passio I Leudegars9 sagt selbst nichts zu den Eltern der beiden Brüder. Der Name der Mutter ist jedoch in einem Brief Leude• gars, den er aus seinem Verbannungsort, dem Kloster F£camp, an seine Mutter richtet, erhalten: Sigrada10. Sie war im Zug des Erfolges von Eb• roin in das Marienkloster von eingewiesen worden, einer Grün• dung Ebroins. Nach der freilich nicht mehr zeitgenössischen Passio II Leudegars ist dessen Familie von vornehmer fränkischer Herkunft11. Die späte, aus dem IX. Jhdt. stammende Vita der Odilia12 berichtet von der Versippung der Leodegar-Familie mit der der Etichonen18.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (« LS. Nr. 6). 1 MGH. SSRM. V, p. 610 (= Vita Lantberti, cap. 3). Das Deperditum ist auch er• wähnt in den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii VI, 2 ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p.49.

154 8 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 4 MGH., a.a.O.: "Nocito, que ponitur in pago Camliacinse, qui fuerat Gaerino condam,..." • MGH. DM. Nr. 77y p. 69 (= LS. Nr. 31). Cf. L. LEVILLAIN, Le Moyen Age LI (1941) p. 140-142. • MGH. SSRM. II, p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45). Ebenso MGH., a. a. O., p. 169 (= Fred, cont., cap. 96) und MGH., a. a. O., p. 310 (== Passio Leudegarii I, cap. 29). Ferner MGH., a. a. O., p. 333 (= Passio Leudegarii II, cap. 12). Cf. auch die späte Vita Lantberti abbatis Fontanellensis et episcopi Lugdunensis, cap. 3 (= MGH. SSRM. V, p. 610): *... Gerinus frater clari prefati Leodegarii..." Leodegar und Gaerin erscheinen als Petenten eines merowingischen Deperditums (cf. Anm. 2). 7 Als Datum bietet sich um 675 an. Den durch Ebroin bewirkten Tod Gaerins berich• tet die Passio I Leudegars, cap. 29 (=MGH. SSRM. V, p. 311); ebenso Passio II Leude• garii, cap. 13 (= MGH., a. a. O., p. 335). 8 Cf. dazu Prosopographie Nr. CCXXVI. 9 Die "alte und wertvolle" Passio I (= F. PRINZ, Mönchtum, p. 499) gehört dem VII. Jhdt. an; so B. KRUSCH, MGH. SSRM. V, p. 256. Cf. auch F. GRAUS, Heiliger, p. 110 Anm. 348. 10 MGH. Epp. III, p. 464 (= Epp. Mer. 17). 11 Zur Datierung der Passio II cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichts• quellen im Mittelalter, Heft I, p. 129. Der Verfasser der Passio II berichtet von Leudegar, dieser sei ex progenie celsa Franc• orum ac nobilissima exortus (— MGH. SSRM. V, p. 324 d. i. Passio II, cap. 1). lf Cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., p. 136 Anm. 330. " MGH. SSRM. VI, p. 38 (= Vita s. Odiliae, cap. 2).

CLXXX. GAGANRICUS1 Vir illuster. Domesticus Dagoberts I.

Dieser Amtsträger begegnet 632 Feb 15 / 633 März 15 nach dem eben• so als vir illuster ausgewiesenen dux Wandalbert in der Adresse des im Original erhaltenen, in Clichy-la-Garenne ausgestellten Praecepts Dago• berts I., der den beiden Amtsträgern die Übertragung der im Norden der sedes regia Paris gelegenen villa lticinascoa ( = "Ecouen"2) an die Basi- lica St.-Denis angezeigt8. Diese villa war einst im Besitz der Brüder Lan• derich und Gagnerich, ehe sie an den Fiscus gelangte. Ausstellungsort wie Dispositio des Diploms machen wahrscheinlich, daß Gaganrich ein im Chambliois eingesetzter Amtsträger ist, zu dessen Amtsobliegenheiten of• fenkundig die Aufsicht über das im nämlichen pagus gelegene Fiskalgut gehört. Als Gaganrichs Vorgesetzter fungiert vielleicht der schon genannte dux Wandalbert. Gaganrich zählt zu den zweigliedrigen germanischen Personennamen. Wahrscheinlich war der domesticus ein einheimischer fränkischer Großer.

1 PERTZ überliefert an der nämlichen Stelle Gaganricus. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 564, nennt den Beleg nicht unter den mit gagan- gebildeten Per• sonennamen, wohl hingegen unter den mit dem Bestimmungswort ragan- (p. 1236), wo er einer Lesart Mabillons folgt. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 97, reiht den

155 Beleg des Dagobert-Praecepts unter die mit gagan- gebildeten Personennamen ein. Da sowohl PERTZ als auch LAUER-SAMARAN Gaganricus im Original gelesen haben, ist die• ser Lesart gegen MABILLON ZU folgen. 2 PERTZ identifiziert Iticinascoa mit "Ecouen". SPRANDEL, Merovingischer Adel, p. 57 Anm. 86, schlägt dagegen "Ursines" (bei Paris) vor, was auf erhebliche Bedenken phi• lologischer Art stößt. Dieser Frage soll im einzelnen nicht nachgegangen werden. Für un• seren Zusammenhang ist entscheidend, daß beide Identifikationsversuche auf die nähere Umgebung der sedes regia zielen. 1 MGH. DM. Nr. 14, p. 16 (= LS. Nr. 3).

CLXXXI. GAINOALDUS Vir illuster. Comes (im Gebiet von Poitiers?)

Das 626 Juni 20 in Jarjavaly1 im Gebiet von Limoges ausgestellte Diplom Theudilas, die durch Vertreter eine Güterteilung in der Marche vornehmen läßt, verzeichnet Gainoald als Amtsträger Dagoberts2. Auf königliches Mandat umgeht Gainoald mit seinem Kollegen Barontus das Land, das Theudila nach der Güterteilung zufällt. Weist man Barontus Limoges zu3, kann man im Gebiet von Poitiers den Amtsbereich Gaino- alds annehmen4.

1 Die Identifikation folgt dem Vorschlag J. HAVETS, BECh. LI (1890) p. 47. 2 K. H. DEBUS, AfD. 13 (1967) p. 92: "... terminus, qui ad viros illustres Gainoaldo et Baronto comitis ex ordinacione dominica fuerat circuitus,..." 9 Cf. Prosopographie Nr. LXIII. 4 K. H. Debus, a. a. O., p. 36, nimmt zu Gainoald keine Stellung, während er Ba• rontus neben Limoges auch Poitiers zuweist. Der Comitat von Barontus ist in der älte• ren Forschung, hier vor allem von R. de Lasteyrie, recht einleuchtend nach Limoges ver• legt worden. Für Gainoald ist daher die Zuweisung nach Poitiers in Erwägung zu zie• hen.

CLXXXIL GARIBERTUS Vir illuster. Domesticus Sigiberts III.

Das um 648 ausgestellte Praecept Sigiberts III. für Stablo-Malm£dy nennt Garibert mit dieser Amtsbezeichnung unter den Großen, deren Rat Sigibert bei der Übertragung eines beträchtlichen Teils des königlichen Ar- denner-Forstes an das Kloster einholt1. Dabei wird Grimoald, der eigent• liche Gründer des Klosters, nach den Bischöfen als der erste vor anderen Amtsträgern verzeichnet, die als austrasisdie duces nachweisbar sind2. Die anschließend erwähnten vier domestici sind wohl alle dem Fiscalwald im Ardenner-Gebiet zuzuordnen3. 669 Sep 6 stellt Childerichll. dem Kloster erneut ein Praecept aus mit dem bezeichnenden Unterschied, daß Stablo- Malm^dy nur mehr die Hälfte des einst von Sigibert III. übertragenen

156 Forstes bestätigt wird4. In der Reihe der domestici, die wie die anderen Amtsträger der Vorlage von 648 entnommen sind, fehlt der Name Bettelins5.

1 MGH. DM. Nr. 22, p. 23. Der Ausstellungsort dieses Diploms ist nicht überliefert. 2 So Fulcoald, Adalgisel und Bobo (cf. Prosopographien Nr. CLXXVII, V und LXXXVI). 8 Cf. die Promulgatio des Praecepts MGH., a.a.O., p. 22: "... in foreste nostra nuncupante Arduinna, ..." 4 MGH. DM. Nr. 29, p. 28. 5 Da dieses Diplom nur in einer späten kopialen Überlieferung vorliegt, mag dies auf einem Abschreibversehen des Kopisten beruhen.

CLXXXIII. GARIFREDUS Vir illuster. Grafio resp. comes in Vermand ( = "St.-Quentin")

Die überarbeitete Vita des Bischofs Eligius von Noyon1 verzeichnet nach 660 Garifred als vir illuster, abwechselnd comes und grafio. Gari- fred, der als vermögender Großer vom Verfasser der Vita geschildert wird2, kommt aus Vermand nach Noyon, um hier am Grab des Heiligen zu beten. Der als comes Vermandensis bezeichnete Amtsträger wird we• nig später als vir illuster und grafio ausgewiesen, der zur Basilica in Noyon kommt, um hier die wunderbare Kraft des Heiligen zu erfahren3. Die unterschiedlichen Amtsbezeichnungen sind wohl nicht auf eine Unkenntnis des Vitenverfassers zurückzuführen. Beide Amtsbezeichnun• gen entsprechen sich inhaltlich weitgehend um diese Zeit. Der Terminus grafio erscheint als Relikt eines älteren Rechtszustandes.

1 E. EWIG, Teilreiche II, p. 99 und p. 100 Anm. 61, verweist die Vita, der die alte Lebensbeschreibung Audoins von Rouen zugrunde liegt, im Anschluß an B. KRUSCH, (MGH. SSRM. V, p. 645 ff.) in die erste Hälfte des VIII. Jhdts. * MGH. SSRM. IV, p. 729 (= Vita Eligii, cap. 50). Nachdem Garifred am Grab des Eligius Verzeihung erfahren hat, befiehlt er einem seiner famulit ein Gefäß mit Silber aus seinem Vermögen zu Ehren des Heiligen herbeizubringen. 8 MGH., a. a. O., p. 730 (== Vita Eligii, cap. 55).

CLXXXIV. G E N E S I U S Vir illuster. Comes von Clermont

Nacht der zeitgenössischen Passio Praeiects von Clermont1 strebt Ge- nesius das Bischofsamt dieser Stadt an, in der er den Comitat innehat2. Er sucht dabei die Zustimmung Childeridis IL zu erlangen, verziditet

157 dann aber zugunsten Praeiects, um nicht gegen die canones zu verstoßen, die einem Laien dieses Amt verbieten. Den municipatus verdankt dieser Große wohl nicht nur seinem um• fangreichen Vermögen8. Genesius ist wohl einheimischer romanischer Gro• ßer, der vielleicht der Familie jenes gleichnamigen Arverner Bischofs, einem "vir gente Romanus"*, zuzuweisen ist, der Praeiect erzogen hat. Die Passio Praeiects verzeichnet neben dem comes-Titel auch das vir illu- ster-Prädikat für Genesius5. Die erst in kapetingischer Zeit abgefaßte Vita des Meneleus6 bezeichnet Genesius als "comes Avernensis"7.

1 Die Passio datiert in die zweite Hälfte des VII. Jhdts.; cf. F. GRAUS, Heiliger, p. 135 Anm. 495. 1 MGH. SSRM. V, p. 233 (= Passio Praeiecti, cap. 14) und p. 235 (= Passio Praeiecti, cap. 15): "... coepit... Genesio comiti consilium prebere ...," 8 MGH., a. a. O.: "... Genesius tempore vir Industrie et generositatem pollens opibus- que opulentus ..." 4 Zum Bischofsamt des Genesius cf. Einleitung der Passio Praeiects, MGH. SSRM. V, p. 212-13, mit der von B. KRUSCH edierten Grabinschrift, der dieses Zitat entnommen ist. 8 MGH. SSRM. V, p. 235 (= Passio Praeiecti, cap. 15). 6 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 126 Anm. 300, nach der diese Vita in das X. Jhdt. datiert wird. 7 MGH. SSRM. V, p. 156 (= Vita Menelei, cap. 15).

CLXXXV. GEREFREDUS Vir clarissimus. Defensor im burgundischen Semur

Unter den drei Zeugen, die der Abt Widerad von Flavigny 721 für sein Testament heranzieht1, begegnet Gerefred mit dieser Amtsbezeidinung an erster Stelle noch vor dem als vir illuster ausgewiesenen Amalsind2 und dem notarius Haldofred3. Das im castrum Semur ausgestellte Testament läßt für Gerefred keine andere Deutung zu als die des defensor der curia von Semur. Das Prädikat vir clarissimus, das seit dem zweiten Jhdt. die unterste Rangklasse, die Senatoren, bezeichnete, kann 721 nur mehr als Reminiszenz an die einstige Titeltradition gewertet werden. Es deutet aber an, daß sich hinter dem zweigliedrigen germanischen Perso• nennamen möglicherweise ein Träger romanischer Deszendenz verbirgt. Das Amt des defensor weist 721 nur noch die Befugnis auf, den Befehl zu Insinuation des Testamentes an den notarius zu erteilen. Die curia ist nach Ausweis des Testamentes Urkundsbehörde, deren Vorsitz Gere• fred innehat. Nach J. Richard wandelt sich die curia auf dem Weg einer "Substitution d'une coutume territoriale k la personalit^ des lois"4; die curia wird dort zu einem mallus publicus, wo der fränkische Bevölke-

158 rungsteil überwiegt. Von geringerer Bedeutung sdieint die Beobachtung, daß Gerefred nicht in einer civitas als defensor fungiert, sondern in einem castrum.

1 Pard. II, Nr. 514, p. 326/27. f Cf. Prosopographie Nr. XXX. 8 Cf. Prosopographie Nr. CCV. 4 Cf. J. RICHAÄD, Album J. Balon, p. 49-57.

CLXXXVI. G H I B O I N U S Vir illuster. Grafio

Anläßlich des Märzfeldes begegnet dieser Amtsträger 693 Feb 28 unter den Beisitzern des im palatium Valenciennes tagenden Königsgerichts, dessen Urkunde Ghiboin an vierter Stelle einer Gruppe von acht grafiones verzeichnet1. Die im Original erhaltene Gerichtsurkunde des noch un• mündigen Chlodwig III., der in einem Rechtsstreit um Besitz super fluvium Marso (= "Meuse"?) verhandeln läßt, nennt vor den grafiones die Bischöfe an erster Stelle, gefolgt von den optimales und den comites, während domestici, referendarii, seniscalci sowie der comes palatii nach den grafiones aufgeführt werden. Da dieses Placitum unter den zweiund• fünfzig Beisitzern Große aller Reichsteile verzeichnet und der Name Ghiboins nur in diesem Diplom überliefert wird, ist es nicht möglich, diesen comes einem bestimmten Amtsbereich zuzuordnen. Der zweiglied• rige germanische Personenname2 weist Ghiboin allenfalls als Amtsträger fränkischer Herkunft aus, dessen Amtsbereich vielleicht in Neuster zu suchen ist.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 Cf. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 108.

CLXXXVII. GHISLEMARUS Vir illuster. Maiordomus in Neustroburgund

Er ist der Sohn des neustroburgundischen maiordomus Waratto1. Ohne Amtsbezeichnung und ohne vir illuster-Prädikat begegnet Ghislemar bereits 673 März 10 unter den Subskribenten der cbarta Chrothilds für ihr Kloster Bruyere-le-Chätel im pagus Etampes2. Der Liber historiae Francorum berichtet zu 680, daß Ghislemar seinen Vater aus dem Maior- domat verdrängt, das dieser wenige Monate zuvor erlangt hatte8. Theu-

159 derich III., dessen Anerkennung Waratto bei Pippin (d. M.) erreicht hatte, hat Ghislemar offensichtlich als maiordomus anerkannt4. Der Sohn Wa- rattos greift noch einmal in die Auseinandersetzung mit dem Pippiniden ein, der 680 nach dem Tod des austrasischen dux Wulfoald5 der politisch führende Kopf in Auster ist. Ghislemars Aktivität richtet sich anschei• nend in erster Linie gegen die Übereinkunft, die sein Vater mit Pippin (d. M.) erzielt hatte. 681 ist Ghislemar jedoch von der politischen Bühne in Neustroburgund abgetreten. Sein Vater wird erneut als maiordomus dieses regnum bezeugt6. Ghislemar stirbt 683/847. Das nur kurze Zwi• schenspiel von Warattos Sohn zeigt recht deutlich, daß nach den Wirren der Kämpfe um Ebroin noch keine Stabilisierung in den inneren Ver• hältnissen des Frankenreiches eingetreten ist.

1 Cf. Prosopographie Nr. CCCVIII. 2 Pard. II, Nr. 361, p. 150. Die Urkunde der Chrothild ist neu ediert bei L. LEVILLAIN, BECh. CV (1944) p. 42-45. Zu Ghislemar cf. insbesonders p. 28. 8 MGH. SSRM. II, p. 320 (= Liber historiae Francorum, cap. 47). 4 Ein solcher Sachverhalt geht aus dem im Original erhaltenen Diplom Theuderichs III. für St.-Denis hervor, das unter den Inhabern der Domäne Lagny-le-Sec im pagus Meaux nach Ebroin und Waratto dessen Sohn Ghislemar verzeichnet: MGH. DM. Nr. 57, p. 51 (= LS. Nr. 17). Nach Warattos Tod, 686, war das genannte Amtsgut der neustrobur- gundischen maioresdomus an den Fiscus zurückgefallen. 6 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIII. • MGH. SSRM. II, p. 171 ( = Fred. cont., cap. 98). 7 MGHM a. a. O., p. 321 (— Liber historiae Francorum, cap. 47).

CLXXXVIII. GHISLEMARUS Vir illuster. Comes Chlodwigs III. Comes palatii Childeberts III.

Zwei im Original überlieferte merowingische Gerichtsurkunden nen• nen Ghislemar als Beisitzer; zum erstenmal 693 Feb 28 unter Chlod• wig III. in der Pfalz zu Valenciennes1. Die mit Abstand umfangreichste merowingische Beisitzerliste führt Ghislemar nach den Bischöfen und den optimates in der Reihe der comites an siebter Stelle unter neun auf, noch vor den grafiones, den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii. 702 Feb 25 schließlich ist Ghislemar nicht mehr unter den comites in der Urkunde Childeberts III. für St.-Germain-des-Pres zu finden, sondern als comes palatii2, der den König in Quierzy über den Stand der Verhandlung informiert. Der enge zeitliche und lokale Zusam• menhang, die originale Überlieferung der genannten Placita, das Amt und der Personennamen lassen kaum Zweifel an der Identität von comes und comes palatii aufkommen. Der Wechsel vom pagus in das königliche palatium erscheint nicht ungewöhnlich, obschon Ghislemar der einzige uns

160 bekannte comes ist, den der König dergestalt an das palatium bindet und in Königsnähe versetzt. Ghislemar ist zugleich der einzige überlieferte comes palatii in der Pfalz Quierzy. Er ist nicht identisch mit dem gleich• namigen Sohn Warattos3.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 MGH. DM. Nr. 73, p. 65 (= LS. Nr. 29). 8 Cf. Prosopographie Nr. CLXXXVII.

CXXXIX. GISLEFRIDUS Centenarius im Vermandois

Die Donatio des im pagus von Cambrai begüterten vir illuster Amal- frid für das Kloster Sithiu von 685 führt unter siebzehn Zeugen den centenarius Gislefrid an fünfzehnter Stelle der Zeugenreihe auf1. Gisle- frid signiert als einziger mit einer Amtsbezeichnung. Der Ausstellungsort der Urkunde Amalfrids ist Vermand. Im Gebiet dieser civitas wird man sich Gislef rids Amtsbereich vorzustellen haben.

1 Pard. II, Nr. 404, p. 199. Neu ediert in den DB. Nr. 5, p. 16. Die wichtige ältere Ausgabe dieser Urkunde findet sich bei M. GU£RARD, Cartulaire de l'abbaye de St.- Bertin,Nr.XI,p.29/31.

CXC. GODAFREDUS Vir illuster. Dux (der Alemannen)

Der Fortsetzer Pseudo-Fredegars erwähnt diesen Großen als Vater des sich 744 gegen Pippin auflehnenden Theudebald1. Der als dux ausge• wiesene Godafred ist schon unter Pippin (d. M.) Amtsträger gewesen. Amtsgebiet Godafreds ist anscheinend Alemannien, da Theudobald, den der Chronist selbst ohne Amtsbezeichnung überliefert, Pippin "ab obsi- dione Alpium"2 Widerstand leistet und das nach Pippins Sieg expressis verbis Ducat genannte und der ditio des dux (Pippin) erneut unterwor• fene Gebiet dem Theudobald überlassen bleibt3. Der Ducat Godafreds ist anscheinend größer gewesen. Darauf deutet die Nachricht von Besitz dieses dux im alemannisch-fränkischen Grenzgebiet. Von Godafred ist die älteste im Codex Traditionum des Klosters St.-Gallen enthaltene Ur• kunde, eine 700 in Cannstadt ausgestellte Schenkung überliefert4, die Godafred zudem als vir illuster belegt. Der zweigliedrige germanische Personenname ist audi in der Genera• tion der Söhne Karl Martells überliefert5. Dies kann aber kaum als ein

161 Indiz für eine mögliche fränkische Herkunft Godafreds herangezogen werden6.

1 MGH. SSRM. II, p. 181 (=Fred. cont., cap. 27). Cf. dazu O. FEGER, Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 16 (1957) p. 41-94. 1 MGH., a. a. O. * MGH., a. a. O.: "... revocatoque sibi eiusdem loci ducato,..." 4 ÜB. der Abtei St.-Gallen, Bd. 1,1 p. 1. 5 Godefrid heißt ein Sohn Drogos von der Champagne (MGH. DM. Spuria Nr. 7, p. 214 und Nr. 8, p. 215). 6 Cf. Prosopographie Nr. LIV (Otilo), insbesondere Anm. 4.

CXCI. GODEFRIDUS (Angeblicher) Comes. (Angeblicher) Dux

In einer in Jupille ausgestellten unechten Charta Pippins (d. M.) und Plectruds, die das in den Ardennen gelegene castrum Ambra ("Saint- Hubert" im Fiskalbezirk Amberlacensis [?]), das der ditio Pippins unter• stellt ist, 687 Nov 13 an Beregisel zum Zweck einer Kirchengründung schenken, wird Godefrid unter den Subskribenten der Schenkung als comes verzeichnet1. Die Urkunde erwähnt ihn in der sicher interpolierten Reihe der Subskribenten nach den Schenkern, deren Söhnen Grimoald und Drogo an dritter Stelle nach den comites Hubert und Sisibert und vor vier weiteren Großen ohne Amtsbezeichnung. Die Frage nach dem Comitat Godefrids stellt sich daher nicht. Eine weitere unechte, in Metz ausge• stellte arnulfingische Urkunde von 691 Feb 202 nennt Godefrid dann als Sohn Drogos, des dux der Champagne. Der als dux bezeichnete Gode• frid konzediert der Metzer Kirche Besitz in Flavigny. Audi hier stellt sich nicht die Frage nach dem Amtsbereich Godefrids. Die Verwandt• schaftsbeziehungen, die Godefrid als Sohn Drogos ausweisen, aber keine Amtsbezeichnung, belegt schließlich ein drittes arnulfingisches Spurium von 715 Juni 25, das Hugo sacerdos (der nachmalige Bischof von Rouen) zugunsten der Metzer Kirche in Metz ausstellen läßt8. In einer neueren Untersuchung hat E. Hlawitschka auf einem Ergeb• nis E. Mühlbachers aufbauend nadigewiesen, daß diese Urkunde Hugos zumindest das tatsächliche Verwandtschaftsverhältnis wiedergibt4. Amt und Amtsgebiet Godafrids bleiben freilich starken Zweifeln unterworfen. Der Urkundenschreiber wird hier wohl nur den in Godafred vertretenen Karolingern Tribut gezollt haben.

1 MGH. DM. Spuria Nr. 1, p. 209. Der Rettungsversuch von J. BALON, DA. 18 (1962) p. 502-29, der diese charta Pippins und Plectruds für echt erklärt, überzeugt nicht. Die Charta ist eine Fälschung, über die zuletzt I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 253-55, zusammenfassend gehandelt hat.

162 • MGH., a. a. O., Nr. 8, p. 215. Cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 252. * MGH., a. a. O., Nr. 7, p. 214. Cf. I. HEIDRICH, a. a. O., p. 251. 4 Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben, Bd. I, p. 80.

CXCII. GODINUS Vir illuster. Grafio Eine im Original erhaltene Gerichtsurkunde, die der noch unmündige Chlodwig III. 693 Feb 28 anläßlich des Märzfeldes in Valenciennes aus• stellen läßt, nennt Godin mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prä• dikat an zweiter Stelle einer Reihe von acht grafiones nach den Bischöfen, den optimates, den comites und vor den domestici, den referendarii, den seniscalci sowie dem comes palatii1. Über Godin läßt sich nicht mehr sagen, als daß er vermutlich Amtsträger fränkischen Ursprungs ist, wie dies der zweigliedrige germanische Personenname nahelegt. Godin wird nur als Beisitzer dieses Königsgerichts erwähnt, das von neustrischen, austrasischen wie burgundischen Großen besucht wird.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

CXCIII. GODINUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III. Godin erscheint 693 Feb 28 als erstgenannter einer Gruppe von zwölf Optimaten, die nach den Bischöfen und vor den comites, den grafiones, den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii als Beisitzer eines Königsgerichts in Valenciennes fungieren1. Die neben Godin verzeichneten Optimaten austrasischer wie neustrischer und burgundi- scher Herkunft geben keine Antwort auf die Abkunft Godins. Als optimas ist dieser Große der Führungsschicht der Umgebung des noch unmün• digen Königs zuzuordnen, dem er in beratender Funktion dient — ohne eigentlich Amtsträger zu sein. Sein Name wird nur in diesem Diplom überliefert.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (=» LS. Nr. 23).

CXCIV. GRIMBERCTHUS Vir illuster. Comes palatii Childeberts III. Zu den acht bekannten comites palatii dieses Königs zählt Grimbercth, als dessen Stellvertreter 710 Dez 14 der vir illuster und comes palatii

163 Bero in dem im palatium Montmacq/Oise tagenden Königsgeridit er• scheint1. Die Gerichtsurkunde ist im Original erhalten. Die Funktion die• ses als Stellvertreter bezeichneten Großen entspricht derjenigen, die der comes palatii in merowingischen Placita ausübt. Grimbercth wird nur in diesem Placitum genannt, das keinen Unterschied im Rang zwischen Grimbercth und seinem Vertreter erkennen läßt. Dessen testimoniatio zeigt dieselben richterlichen Befugnisse, wie sie seit der Mitte des VII. Jhdts. von merowingischen comites palatii überliefert sind.

1 MGH. DM. Nr. 78, p. 70 (= LS. Nr. 32). Cf. dazu Prosopographie Nr. LXXII.

CXCV. GUNDBERTUS Cancellarius emanuensis ("Urkundenschreiber")

Zwei Weißenburger Traditionen nennen Gundbert als Ausfertiger und Subskribenten, 715 Jan l1 zunächst nur mit dem Personennamen und dem Zusatz der Ausfertigung der Urkunde2; 718 Feb 13 hingegen tritt zu dem Personennamen die nähere Kennzeichnung als cancellarius emanuensis hinzu3, vielleicht nicht ganz zufällig, da Gundbert die große Schenkungs• verfügung des Weißenburger Gönners Chrodoin ausfertigt4. Gundbert ist allem Anschein nach ein Schreiber, der für die beiden am engsten mit Weißenburg verbundenen Familien, Chrodoine und Gundoine, tätig ist. Die Ausstellungsorte der von Gundbert geschriebenen Traditionen liegen im Saargau. Sie sind bezeichnenderweise als Familien• besitz der einen oder anderen Gründersippe ausgewiesen. Die Bezeichnung cancellarius deutet auf einen Einfluß der Lex Ribu- aria hin5. Neben Gundbert wird in den nämlichen Traditionen nur noch Leodoin mit der Amtsbezeichnung cancellarius genannt6. Die übrigen urkundlich überlieferten Ausfertiger Weißenburger Traditionen werden als notarii oder emanuenses bezeichnet. Die Vielfalt der Benennungen für den Urkundenschreiber tritt augenscheinlich nur in den frühen Weißen• burger Urkunden auf, die neben den genannten Bezeichnungen auch den cancellarius sive et emanuensis^ den notarius emanuensis^ den notarius et emanuensis etc. kennen, Termini, die offenkundig synonym gebraucht worden sind7. Die allgemeinere Bezeichnung notarius scheint jedoch be• vorzugt gewesen zu sein.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 218, p. 209. 1 Tradkiones Wizenburgenses, a.a.O.: "... Gundbertus Main cartam exemplavi atque scripsi." 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 224, p. 215. 4 Die aus einer Königskonstitution fließende Bestimmung LX, 1 der Lex Ribuaria sieht die Zwölfzahl von Zeugen für eine magna res vor, als die sich die große Schen• kungsverfügung Chrodoins ausweist.

164 5 Der Titel LIX (de venitionibus) §§ 2.5. kann hier nicht ohne weiteres als Beweis für eine Geltung der Lex angewendet werden, da hinter diesem Titel eine Königskon• stitution steht. • Cf. Prosopographie Nr. CCXXIV. 7 Auf diese Synonymität weist nachdrücklich bereits die Konjunktion hin.

CXCVI. GUNDOLANDUS Vir illuster. Maiordomus in Neuster unter Chlothar II. und Dagobert I. (613-639)

Das Testament des Bischofs Bertram von Le Mans von 616 März 27 verzeichnet Gundoland mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prädi• kat als Mitbesitzer von villae, die einst dem mit Bertram verwandten Avitus gehört hatten, in dessen Erbe sich Bischof und maiordomus teilen1. Das Testament nennt die aquitanischen Gütergruppen mit Besitz in den civitates Bourges, Albi, Cahors und Agen sowie namentlich Besitzanteile der villa Neogilio (resp. Mogiogilo) ( = "Neu") im pagus Le Mans, außerdem ungenannte villae in der Provence, die Chlothar II. zwischen Bertram, Gundoland und Chugus, dem maiordomus in Auster2, geteilt hat. Den neustrischen Maiordomat hat Gundoland wohl schon 613 an• getreten3. 617/18 ist dieser Große neben Chugus und Warnachar, der den Maior• domat in Burgund versieht4, Sdilüsselfigur in dem politischen Spiel, das die Langobarden mit Erfolg anwenden, um von der Tributzahlung an die Franken loszukommen. Die genannten maioresdomus, die höchsten Amtsträger im regnum, nehmen langobardische Bestechungsgelder an und wirken bei Chlothar IL mit darauf hin, die Tributforderungen ein• zustellen5. Gundoland stirbt 6396. Sein Nachfolger als neustrischer maior• domus wird Aega7.

1 Pard. I, Nr. 230, p. 209 und 211. • Cf. Prosopographie Nr. CXXXVII. 5 MGH. SSRM. II, p. 311 (== Liber historiae Francorum, cap. 40). 4 Cf. Prosopographie Nr. CCCIX. • MGH. SSRM. II, p. 144 (« Fred. IV, cap. 45). • MGH., a. a. O., p. 315 (= Liber historiae Francorum, cap. 42). 7 Cf. Prosopographie Nr. XII. 640 wird Aega zum erstenmal als maiordomus für Neuster belegt.

CXCVII. GUNDOLENUS Ostiarius des Bischofs Praeiect von Clermont

Die zeitgenössische Passio dieses Bischofs1 verzeichnet Gundolen zu 675 mit dieser Amtsbezeichnung unter den officiales Praeiects, dessen

165 comitatHS der ostiarius zugerechnet wird2. Dieses Amt, das nur sehr ver• einzelt in merowingisdier Zeit genannt wird3, ist wohl von einem Träger niederer Weihegrade wahrgenommen worden, obsdhon Gundolen als des Bischofs weltlicher Arm erscheint — wie andere aus dem bewaffneten Ge• folge Praeiects4, für den Gundolen bei der Verteidigung an der Pforte des bischöflichen Hauses fällt.

1 F. GRAUS, Heiliger, p. 135 Anm. 495, datiert die Passio in die zweite Hälfte des VII. Jhdts. 1 MGH. SSRM. V, p. 243 (= Passio Praeiecti, cap. 29). * Die Ostiarius-Belege setzen zahlreich erst mit der Karolingerzeit (IX. Jhdt.) ein; cf. dazu Du CANGE, Bd. VI, p. 77. 4 MGH. SSRM. V, a.a.O.: "Omnem vero offitium, qui in comitatu episcopi erant,... vestibus nudati et armibus expoliati,... terga verterunt*

CXCVIII. GUNDOINUS Vir illuster. Dux des Elsaß

Mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prädikat begegnet Gundoin in der zeitgenössischen Vita1 des Germanus von Moutiers-Granval/Gran- felden an der Birs. Dieselbe Vita nennt auch das Elsaß als Amtsgebiet Gundoins2. Dieser ist vor allem durch die Gründung des Klosters Gran- felden im Berner Jura nach 629, wahrscheinlich jedoch um die Mitte des VII. Jhdts., hervorgetreten, mit der der Name Waideberts, eines Fran• ken, auf das engste verbunden ist. Waidebert wird für das zu gründende Kloster ein geeigneter Platz durch Gundoin zugewiesen3. Nach dem Zeugnis der späten Vita der Sadalberga4 erscheint ein Gun• doin als Vater der Äbtissin und ihrer beiden Brüder Leudinus-Bodo und Fulculfus-Bodo. Als deren Mutter nennt der Vitenverfasser Saretrud. Herkunftsgebiet der Familie, deren vornehme Abkunft betont wird5, ist der Orne-Gau6 und hier namentlich die villa Mosa (= "Meuse", d£p. Haute-Marne, cant. Montigny-le-Roi, arr. Langres). Die Besitzangabe verweist auf den nordburgundischen Raum. Die genannte villa liegt fast an der Grenze beider regnay die der Vita zufolge durch die Diözesan- grenzen von Toul, das austrasisch, und Langres, das bereits burgundisch ist, bestimmt werden. In der strittigen Frage der Identität des Elsaß-Dux mit dem gleichnamigen Vater der Sadalberga spielen die Beziehungen zu Eustasius und Waidebert aus dem Kreis um Columban eine besondere Rolle. Der Vater der Sadalberga war einst mit Eustasius in seiner villa an der Quelle der Meuse zusammengetroffen7, wo der Nachfolger Co- lumbans die blinde Tochter Gundoins heilt, eine Erzählung, die sich ge• radezu in der späteren Vita der Etichonin Odilia wiederholt. Mit Hilfe Waideberts gründet Sadalberga bekanntlich auch das Frauenkloster in

166 Laon8. Die Vita der Sadalberga bezeugt zudem, daß ihr Vater Gundoin sehr wohl als Amtsträger fungiert haben könnte, wenn sie davon berich• tet, Gundoin sei "aulicis rebus aptus" gewesen9. Identifiziert man diesen mit dem um die Mitte des VII. Jhdts. belegten Elsaß-dux der Vita Ger- mani, dann machen der Hinweis auf Burgund und die Beziehungen zum Luxeuiler Kreis deutlich, daß der Ducat des Elsaß bereits vor den Eti- dionen aus dem burgundischen Raum über die Vogesen hinweg beeinflußt worden ist. Der Vater der Sadalberga ist vermutlich identisch mit dem gleich• namigen Großen, der 632 Nov 22 die cbarta des Bischofs Eligius von Noyon für das Kloster Solignac subskribiert10. Neben Gundoin wird als weiterer Subskribent Chramnelen verzeichnet, der wohl mit dem gleich• namigen späteren dux aus dem Gebiet von Besan£on identisch ist.

1 MGH. SSRM. V, p. 36 (= Vita Germani, cap. 7). Zur Datierung der Vita cf. WAT- TENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 136. • MGH., a. a. O., p. 37 (= Vita Germani, cap. 10). Bobolen, der Verfasser der Vita, nennt als Nachfolger Gundoins im Amt des Elsaß-dux Bonifatius, dem wiederum Chatalrichus sive Chaticus, der erste etichonische dux des Elsaß, nachfolgt. Cf. dazu H. BÜTTNER, Elsaß, p. 47/48 und p. 61. • MGH., a. a. O., p. 36. 4 Die Vita der Laoner Äbtissin liegt in einer Fassung des IX. Jhdts. vor, verarbeitet aber Material des späten VII. Jhdts. Cf. dazu E. EVIG, Teilreiche II, p. 133 Anm. 192. 5 MGH. SSRM. V, p. 50 (= Vita Sadalbergae, cap. 1): "... (Sadalberga) illustribus orta natalibus .. .* p. 52: "... ad virum illustrissimum, opibus et divitiis opulentum, famaque secundum saeculi dignitatem praeclarum,..." • MGH., a. a. O. 7 SS. rer. Germ. p. 244 (= Ionas Vitae Columbani II, cap. 8). 8 MGH. SSRM. V, p. 57 (= Vita Sadalbergae, cap. 14). 9 MGH., a.a.O., p. 52 (= Vita Sadalbergae, cap. 4): "... et aulicis rebus aptum nomine Gundoinum, .. ." 10 MGH. SSRM. IV, p. 749 (= Vita Eligii, appendix I). Chramnelen ist zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht dux des Cisiuranus.

CXCIX. GUNDOINUS Vir illuster. Dux in Auster

669 Sep 6 wird Gundoin mit dieser Amtsbezeichnung in einem echten Diplom Childerichs II. für Stablo-Malm£dy in der Inscriptio genannt1. Der vir illuster und dux signiert die Königsurkunde nach den Königin• nen Emnehild, der Witwe Sigiberts III., und Bilidiild, beider Tochter und Gattin Childerichs IL Der mit Gundoin in der Inscriptio genannte domesticus Hodo taucht hingegen nicht als Signatar auf. In seiner Ur• kunde konzediert Childerich II. dem Kloster die Hälfte des diesem einst von Sigibert geschenkten Fiskalwaldes2. Der Rechtsinhalt macht deut• lich, daß der eigentliche Gründer des Klosters, Grimoald (L), in den Hin-

167 tergrund getreten ist, während Gundoin und Hodo als Träger der kö• niglichen Exekutive in die Besitzverhältnisse der Gründung des maior- domus eingreifen3. Den aus der Dispositio resultierenden Auftrag, die Vermessung des neu festgesetzten Besitzes, führt Hodo durch. Beide Per• sonennamen weisen auf den Gründerkreis von Weißenburg hin. Aus den Schenkungen der Gundoin-Söhne Ermbert und Audoin-Otto, der mit jenem Hodo der Königsurkunde identisch ist, läßt sich die Bedeutung der Gundoin-Familie an deren Besitz ablesen. Dieser liegt vor allem im Seillegau am Sanon und im Saargau, in einem Gebiet, in dem auch die Wulfoalde begütert sind. Mit den Wulfoalden ist Gundoin durch seine Heirat mit Wolfgunde verbunden4. Der Besitz seiner Familie zwischen Metz und Lun£ville liegt zudem auffällig nahe bei arnulfingischem Haus• gut5. Gundoin und seine Familie sind anscheinend in die Gegnerschaft der Wulfoalde zu den Pippiniden einbezogen worden. Einen Hinweis darauf gibt eben jenes Königsdiplom, das aber offenläßt, welches Amtsgebiet Gundoin ab dux unterstanden hat. Der Schwiegervater Gundoins, der austrasische dux Wulfoald, besitzt zur selben Zeit den gleichen Rang wie sein Gegner, Pippin (d. M.). Außer der verwandtschaftlichen Bindung zu seinem Schwiegervater Wulfoald, der Childerich IL an entscheidender Stel• le beraten hat, scheint für Gundoin dabei die Nähe zum Königtum bestim• mend geworden zu sein. Dies mag auch daran deutlich werden, daß Gun• doin nach dem Scheitern seines Schwiegervaters nicht mehr den Dux-Titel geführt hat, wohl aber in Königsnähe weiter angetroffen wird. Das im Original überlieferte Placitum Chlodwigs III. von 693 Feb 28, im pala- tium zuValenciennes ausgestellt, nennt unter den Beisitzern den vir illu• ster und optimas Gunduin6 an der Seite des Merowingers, der von den Pippiniden gegen Dagobert IL, den von den Anhängern Wulfoalds ge• stützten Sohn Sigiberts III., proklamiert worden war. Vor 699 muß Gundoin gestorben sein7. Seine Söhne Ermbert und Otto treten vor allem als Schenker an Weißenburg hervor8.

1 MGH. DM. Nr. 29, p. 28. Neu ediert bei J. HALKIN et C. G. ROLAND, Recueil des diartes de l'abbaye de Stavelot, Nr. 6, p. 18—23. 2 MGH., a. a. O., p. 29: "... de ipsis mensuris duodecim millibus dextrorsum saltibus, sex millia subtrahere deberemus .. .*. 8 Ausdrücklich sagt Childerich II. in diesem Diplom über das Kloster und den ver• storbenen Sigibert "... suo construxit opere* Der eigentliche Gründer, Grimoald, wird als dux bezeichnet, nicht als maiordomus. Dies scheint die Reaktion auf den sieben Jahre zuvor erfolgten "Staatsstreich" des Hausmeiers zu sein. 4 Sie ist als Tochter Wulfoalds in den Weißenburger Traditionen sicher nachzuwei• sen. 695/711 ist ihr Vater bereits verstorben: Traditiones Wizenburgenses Nr. 228, p. 218. Als Vater Wolfgunds kann nur der dux gemeint sein, nicht der 709 und später urkund• lich bezeugte comes und Gründer St. Mihiels in der Diözese Verdun. Mit Hilfe der Nach• richten des Liber historiae Francorum läßt sich der Tod des dux Wulfoald um 680 fest• legen (Cf. Prosopographie Nr. CCCXIIL).

168 5 H. E. BONNELL, Die Anfänge des karolingischen Hauses, p. 78-80. • MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 7 Traditiones Wizenburgenses Nr. 205, p. 196, eine Donatio, in der sidi Ermbert und Otto als *... filii gunduuino quondam ..." bezeichnen. Ebenso Traditiones Wizenbur• genses Nr. 240, p. 230 von 699 Juni 1. 8 Besonders Traditiones Wizenburgenses Nr. 205, p. 196.

CC. GUNDOENUS (Angeblicher) Comes

Mehrere Spuria in der Edition von Pertz nennen einen comes Gundoen in der Inscriptio und unter den Signataren1. Die Wirksamkeit dieses Gun• doen fällt in die Jahre 631-644. Die Stücke sind alle für St.-Denis aus• gestellt, entweder in der Residenz Paris oder in dem palatium Com• piegne. Alle Inscriptiones weisen denselben Personenkreis auf, der sich aus sechs comites zusammensetzt, die regelmäßig der praefectus Mum- molus anführt. Es ist kein Hinweis auf den Amtsbereich des comes Gun• doen gegeben. Er ist nicht identisch mit dem Weißenburger Donator, der mit einer Toditer des dux Wulfoald verheiratet ist2. Er könnte zeitlich bestenfalls mit dem Vater der Sadalberga von Laon in Zusammenhang gebracht werden3. Wahrscheinlicher jedoch ist die bloße Übernahme eines bekannten Personennamens durch den Fälscher4.

1 MGH. DM. Sp. Nr. 27, p. 144 (Paris), Nr. 34, p. 153 (Paris?), Nr. 40, p. 159 (Compiegne) und Nr. 43, p. 161 (Compiegne). 1 Zwischen dem comes Gundoin und dem dux Gundoin aus dem Schenkerkreis von Weißenburg ist wenigstens eine Generation Unterschied. Cf. Prosopographie Nr. CXCIX. 8 Cf. H. BRESSLAU, AUF. 10 (1928) p. 163. 4 Die Erwähnung des angeblichen praefectus Mummolus bestärkt diese Vermutung. Es ist wohl nicht mehr als eine Reminiszenz an den bedeutenden Großen Guntrams von Burgund, über den Gregor von Tours ausführlich berichtet.

CCI. GONDUINUS Comes (in Auster)

Der Träger dieses zweigliedrigen germanischen Personennamens be• gegnet 702 Jan 20 mit dieser Amtsbezeichnung an siebter Stelle einer Reihe von acht Zeugen, die sämtlich als comites bezeichnet werden1. Die echte Hausmeierurkunde Pippins (d. M.) und Plectruds, die deren Tausch von Besitz im pagus von Verdun mit der Kirche von Verdun gegen an• deren Besitz dieses pagus wiedergibt, enthält keine Angaben zum Amts• bereich des comes. Da auch der Ausstellungsort der Urkunde nicht über• liefert ist, sind deren Dispositio sowie Aussteller und Empfänger einzi-

169 ger Anhaltspunkt dafür, daß Gonduin — wie seine Amtskollegen — wohl austrasischer Amtsträger ist.

1 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

CCII. GYSO Comes in Burgund (642)

Unter den wenigen namentlich genannten Großen aus der Umgebung des burgundischen patricius Willibad erscheint 642 Gyso, dem Pseudo- Fredegar die Amtsbezeichnung comes zulegt1. Diesen schickt Willibad gemeinsam mit dem Bischof von Valence nach Autun, wo sich das von Flaochad, dem fränkischen maiordomus Burgunds, geführte neustrobur- gundische Heer gesammelt hat. Gyso und der Bischof werden von Flao• chad in der Stadt zurückgehalten. Es ist anzunehmen, daß beide Große nach dessen Sieg beseitigt worden sind2. Vielleicht ist Gyso, der sicher dem patriciatus Willibads angehört3, comes in Valence gewesen. Die Volkszugehörigkeit des comes kann nicht hinreichend geklärt werden4.

1 MGH. SSRM. II, p. 167 (= Fred. IV, cap. 90). * Gyso wird nach 643 nicht mehr genannt. Als Nachfolger des Bischofs Ailulf von Valence wird erst 650 der Bischof Ingild erwähnt (cf. L. DUCHESNE, Fastes £piscopaux, Bd. I, p. 223). 8 Cf. Prosopographie Nr. CCCXI. 4 £. GAMILLSCHEG, Romania Germanica, Bd. III, p. 121, hält fränkischen Ursprung des Personennamens Gyso für möglich. Fredegar erwähnt die Volkszugehörigkeit Gysos nicht, wohl aber bei anderen Großen der Umgebung Willibads (Manaulfus Burgundio).

CCIII. H A H I C H O Notarius (= Urkundenschreiber ")

Mit dieser Amtsbezeichnung wird Hahicho zwischen 695 und 713 in Weißenburger Traditionen verzeichnet. Zwei in Weißenburg ausgestellte Urkunden Wolfgunds, der Tochter des austrasischen dux Wulfoald, nen• nen Hahicho als Zeugen der für die Echtheit der Urkunde bürgt1, und als Urkundenschreiber2, wenngleich ohne Amtsbezeichnung. Diese erwähnt zum erstenmal 713 Apr 22 eine in Waldhambach aus• gestellte Donatio des im Saargau begüterten Otmar und seiner Frau Imma8. Der als notarius im Eschatokoll ausgewiesene Hahicho ist wohl mit jenem gleichnamigen Urkundenschreiber identisch, der bereits 713 Feb 1 in Saarburg eine Donatio des Gundoinen Weroald schreibt, ohne dabei als notarius bezeichnet zu werden4. Die verschiedenen Ausstellungs-

170 orte und Auftraggeber lassen in Hahicho einen öffentlichen Schreiber ver• muten.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 228, p. 219 von 695/711. * Traditiones Wizenburgenses Nr. 229, p. 220 von 707 Jan 25. 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 202, p. 194. 4 Traditiones Wizenburgenses Nr. 192, p. 181.

CCIV. HAIMO Dux in Neuster Nach der zeitgenössischen Vita Fursei1 ist Haimo im neustrischen pa- gus Ponthieu begütert2. Furseus trifft auf den vom Verfasser als dux zur Zeit des Maiordomats von Erchinoald bezeugten Großen und dessen namentlich nicht genannte Frau, die den Tod des einzigen Sohnes be• klagen, den Furseus durch ein Wunder zum Leben wiedererweckt. Haimo schenkt dem Heiligen darauf die possessio Macerias (= *M£zerollesÄ) am Authie (arr. Doullens, d£p. Somme), wo Furseus dann später stirbt. Der in Neuster gelegene Besitz des dux läßt darauf schließen, daß die• ser neustrischer Amtsträger ist. Die Kurzform des germanischen Perso• nennamens wie die Erwähnung von Erchinoalds neustrischem Maior- domat stützen diese Annahme.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 135. * MGH. SSRM. IV, p. 442 (= Virtutes Fursei, cap. 6.).

CCV. (H)ALDOFREDUS Notarms der curia von Semur Das im burgundischen Semur ausgestellte Testament des Abtes Wi- derad von Flavigny nennt (H)aldofred eindeutig als notarius, dessen Amt öffentlich-rechtlichen Charakter trägt1. Der als Urkundenschreiber der curia bezeugte Amtsträger nimmt das Testament des Abtes in die Ge- sta municipalia auf2. (H)aldofred subskribiert diese Urkunde auch als letzter unter drei Zeugen.

1 Pard. II, Nr. 514, p. 323: "... recogniüs sigillis, inciso ligno, ut legis decrevit auctoritas, . . . , gestis reipublicae municipalibus titulis, . . . , conservandum decrevi." Pard. II, a. a. O., p. 326: "... er bonorum hominum signis vel alligationibus roborandam decrevi* 1 Pard. II ,a. a. O.: "... et scriptum per manum Haldofredi notarii,...". Pard. II, a. a. O., p. 323: "... testamentum meum condidi, quem Aldofredi notario scri- bendo commisi9..."

171 CCVI. HARDRICUS Comes (in Auster)

Hardrich begegnet 702 Jan 20 an dritter Stelle einer Zeugenreihe von acht comites, die eine echte Urkunde Pippins (d. M.) subskribieren1. Die Urkunde Pippins und Plectruds, die Besitz im pagus Verdun an die Kir• che von Verdun im Tausch gegen anderen Besitz dieses pagus geben, sagr nichts zum Amtsbereich Hardrichs. Obschon auch der Ausstellungsort der Urkunde nicht überliefert ist, machen Aussteller und Empfänger so• wie deren Dispositio wahrscheinlich, daß Hardrich — wie seine in der Zeugenreihe verzeichneten Amtskollegen — austrasischer Amtsträger ist Der zweigliedrige germanische Personenname deutet zudem darauf hin, daß Hardrich der einheimischen fränkischen Oberschicht zugerechnet wer• den kann.

1 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

CCVII. HECTOR Patricius1 in Marseille

Die zeitgenössischen Passiones Praeiects wie Leudegars2 erwähnen die• sen Großen zum Jahr 675. In den Kämpfen zwischen Ebroin und Leu• degar wird Hector auf der Seite des Bischofs genannt. In der Streitsache zwischen Leudegar und Praeiect um das Vermögen einer Claudia, einer vornehmen Romanin aus dem Gebiet von Clermont, berichtet der Ver• fasser der Passio Praeiects, daß Hector, der patricius in Marseille, Clau• dias Tochter raubt, sich mit dieser vermählt und Praeiect auf diese Weise um das ihm und der Kirche von Clermont vererbte Vermögen bringt3. Für Leudegar, der auf der Seite des patricius steht4, bedeutet dies den Bruch mit Childerich IL, der Praeiect das Vermögen der Claudia zuer• kennt. Hector fällt wenig später einem Mordanschlag zum Opfer5. Die Nachfolge als patricius in Marseille sollte noch 675 der Etichone Adalricus-Eticho antreten, der auf der Seite Ebroins gegen den Clan Leudegars kämpft. Dieser Plan scheitert allerdings an dem Widerstand des Bischofs Genesius von Lyon6.

1 Cf. dazu R. BUCHNER, Provence, p. 97/98. 1 F. GRAUS, Heiliger, p. 135 Anm. 495 datiert die Passio Praeiects in die zweite Hälf• te des VII. Jhdts., die Passio Leudegars in das VII. Jhdt. (F. GRAUS, Heiliger, p. 110 Anm. 348). • MGH. SSRM. V, p. 239 (= Passio Praeiecti, cap. 28): \.. erat quidam infamh vir Hector nomine, qui aput Massiliam patriciatus honore adeptus fuerat"

172 4 MGH., a. a. O., p. 291 (== Passio Leudegarii I, cap. 9): "Adfuit enim tunc in Ulis diebusvir quidam nobilis Hector vocatus nomine, qui tunc regebat infascibus patriciatum Masiliae, quique generis nobilitate et prudentia saeculari, ut claro stigmate ortus, ita erat prae ceteris praeditus" 5 MGH., a. a. O., p. 241 (= Passio Praeiecti, cap. 26) und MGH., a. a. O., p. 294 (= Passio Leudegarii I, cap. 11). • Cf. Prosopographie Nr. VIII.

CCVIII. HELCHILENUS Vir illuster

Der mit diesem Prädikat ausgezeichnete Große begegnet um 670 in der Schenkungsurkunde des Bischofs Vigilius von Auxerre für die von diesem in suburbio murus civitatis erbaute Basilica1. Helchilen — dem Namen nach ein fränkisdier Großer2 — ist der Dispositio der Urkunde zufolge infra muros der Bischofsstadt Besitzer von Landstücken, die er von Vi• gilius gegen Land außerhalb der Stadt eintauscht. Der Besitzvermerk deutet an, daß Helchilen, der offenkundig ein freier Mann ist, zur füh• renden Schicht von Auxerre gehört. Eine weitere Besitzangabe, die por- tiones an einer villa im Tonnerrois (Diözese Langres) betreffen, ergänzt dieses Bild. Das vir illuster-Prädikat deutet eben diese Zugehörigkeit zur einheimischen Oberschicht an. Über eine Amtstätigkeit Helchilens ist der Urkunde nichts zu entnehmen.

1 Pard. II, Nr. 363, p. 152. 2 Cf. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 28.

CCIX. H E R P I N U S Comes des pagus Ultraiuranus1

1 Cf. Prosopographie Nr. CLXIX.

CCX. ( H ) E R P O Legatus Brunichilds (613). Comes stabuli Chlothars II. (613). Dux des pagus Ultraiuranus (613/14)1

1 Cf. Prosopographie Nr. CLXVIII.

CCXI. H O D O (AUDOIN) Vir illuster. Domesticus. Comes

1 Cf. Prosopographie Nr. LI.

173 CCXII. HUMBERTUS Vicarius Unter den fünf Zeugen der Verkaufsurkunde Darmunds, eines im Ge• biet von Vermand-Noyon begüterten Großen, erscheint Humbert mit dieser Amtsbezeichnung 708 Mai 2 an vorletzter Stelle1. Die in Sitdiu, dem nachmaligen St.-Omer, ausgestellte Urkunde und deren Dispositio lassen in Humbert einen lokalen neustrischen Amtsträger in einem Ge• biet ältester fränkischer Siedlung vermuten. Der zweigliedrige germani• sche Personenname stützt die fränkische Abkunft seines Trägers, der zu• gleich einziger Amtsträger unter den Zeugen ist. Die vereinzelte Nennung eines vicarius deutet nicht auf eine gewisse Selbständigkeit in der Amts• führung hin. Der Quellenbeleg läßt offen, welche Funktionen dieses Amt einschließt.

1 Pard. II, Nr. 470, p. 277. Die maßgebende ältere Ausgabe dieser Urkunde ist von M. GUERARD, Cartulaire de l'abbaye de St.-Bertin, Nr. XX, p. 40/41. Neu ediert in den DB. Nr. 9, p. 22.

CCXIII. I M B E R T U S Lector Der Träger dieses germanischen Personennamens1 schreibt 632 Sep 4 auf Bitte des als vir illuster bezeichneten Ermenbert dessen große Schen• kungsurkunde für St.-B^nigne in Dijon, dem Besitz dieses Großen im pagus Langres sowie im Lassois (Diözese Langres) übereignet wird2. Die für die genannte Basilica und deren actores in dem nämlichen Kloster ausgestellte Donatio macht wahrscheinlich, daß der als Lector bezeichnete Imbert selbst Angehöriger des Konvents ist.

1 Cf. M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 85. Der frühe Beleg der Ermenbert- Urkunde fehlt unter den Angaben. Cf. auch E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 952, der diesen Namen belegt. 1 Pard. II, Nr. 256, p. 15.

CCXIV. I M M O Iudex (im Moselducat?) Die zeitgenössische Vita s. Arnulfi nennt nach 641 den iudex Immo als Amtsträger1 unter dem dux Noddo2. Immo tritt anscheinend gleich• zeitig als Beauftragter des dux auf dessen Eigengut auf, das er während der Abwesenheit Noddos verwaltet.

1 MGH. SSRM. II, p. 444 (= Vita s. Arnulfi, cap. 25). * Cf. Prosopographie Nr. CCXLVII.

174 CCXV. INGOBERTUS Vir illuster. Optimas Theuderichs III. Vermutlicher comes von Paris

Im neustrischen Liber historiae Francorum begegnet Ingobert zu 675 als einer der neustrischen Verschwörer gegen Childerich IL und dessen austrasischen Ratgeber Wulfoald1. Dem Kreis der Verschwörer hat Ebroin wohl nicht ablehnend gegenüber gestanden. Der Clan um den Bi• schof Leudegar von Autun hat diese Gruppe neustrischer Großer wohl ebenso unterstützt, der neben Ingobert Amalbert und Bodilo angehören. Leudegar hat sich nicht nur durch Wulfoald von jeder politischen Einfluß• nahme verdrängt gesehen, vielleicht ist Bodilo sogar mit dem Bischof verwandt, dessen Oheim eben jenen eingliedrigen germanischen Perso• nennamen trägt. Nach der Beseitigung Childerichs IL und der Vertrei• bung Wulfoalds wird unter maßgeblicher Mitwirkung Leudegars und seines Bruders Gaerin Leudesius, der Sohn Erchinoalds, als neustrischer maiordomus berufen. Unter Theuderich III. wird Ingobert dann als optimas dieses Königs in einem in Compi&gne ausgestellten verfälschten Privileg für die Kirche von Le Mans zu 675 Dez 6 erwähnt2. In diesen Zusammenhang würde passen, daß Ingobert dann als Nachfolger Gaerins 676 im Amt des comes von Paris begegnet. Die Vergabe dieses bedeuten• den Comitats, der keinem dux untersteht, kann nur auf Ebroins Einwir• ken erfolgt sein, der damit der Initiative der neustrischen Verschwörer gegen Childerich IL Rechnung getragen hat. Der Pariser Comitat ist für Ingobert daraus zu erschließen, daß Agantrud, Ingoberts Gemahlin, die nach dessen wohl vor 687/88 erfolgten Tod in ein Kloster eingetreten war, die villa Noisy {pagus Chambly/Oise), das einstige Amtsgut des comes von Paris, als Precarie an St.-Denis unter Abt Chaino gegeben hatte, dem dieser Besitz von Chlodwig III. erneut 692 Nov 1 zugespro• chen wird3.

1 MGH. SSRM. II, p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45). Ebenso MGH. SSRM. V, p. 612 (=» Vita Lantberti, cap. 5). 1 MGH. DM. Spuria Nr. 74, p. 190. Das Privileg weist Ingobert als "optimas noster illuster9 aus, wobei "noster9 vielleicht aus "vir" verlesen ist. 8 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). Da Agantrud Noisy erst unter Abt Chai• no an St.-Denis als Precarie tradiert hat und das Diplom von 691 Ingobert als bereits Verstorbenen erwähnt, läßt sich der Tod dieses Großen vor 687/88 erschließen.

CCXVI. INGOBERTUS Vir illuster. (Comes palatii) Childeberts III.

Dieser Große vertritt 711 Feb 10 den comes palatii Ratbert anläßlich eines Königsgerichts im palatium Montmacq/Oise1. Hier ist das Diplom

175 Childeberts III. ausgestellt. Der mit dem vir illuster-Prädikat ausge• zeichnete Ingobert wird nicht comes palatii genannt. Er ist als Träger dieses Amtes jedoch eindeutig aus dem Kontext der Dispositio zu er• schließen2. Ingobert übt 711 dieselbe richterliche Funktion der testimo- niatio aus, die merowingische Gerichtsurkunden seit der Mitte des VII. Jhdts. überliefern. Die fehlende Amtsbezeichnung weist vielleicht auf eine unter Childebert III. sich abzeichnende Umstrukturierung dieses Amtes hin, als dessen Träger einzelne proceres, Große der Umgebung des Königs am Palatium, von Fall zu Fall eingesetzt werden können.

1 MGH. DM. Nr. 79, p. 70. * Dieselbe Formel nennt 710 Dez 14 Bero als Stellvertreter von Grimbercth (= MGH. DM. Nr. 78, p. 70. LS. Nr. 32).

CCXVII. INGOBOD(US) Grafio in Neuster Dies ist der einzige namentlich bekannte grafio, der in einer erzählen• den Quelle genannt wird. Pseudo-Fredegar berichtet zu 613, daß Chlot- har II. nach seinem Sieg über Sigibert IL den gefangenen Bruder dieses austrasischen Königs, Meroeus, als einzigen verschont, indem er ihn dem grafio in Neuster übergibt, wo Meroeus noch mehrere Jahre lebt1. Man darf mit einiger Sicherheit annehmen, daß der Amtsbereich Ingobods wohl innerhalb jener zwölf pagi gelegen hat, die Chlothar II. nach 600 verblieben waren.

1 MGH. SSRM. II, p. 141 (= Fred. IV, cap. 42).

CCXVIII. INGOMARUS Comes in Th^rouanne Eine neustrische Quelle, die überarbeitete Vita des Bischofs Eligius von Noyon1, belegt Ingomar mit der Amtsbezeichnung comes urbis Tyroan- densis zwischen 640 und 6602. Ingomar sucht den zuständigen Diözesan auf und begibt sich in dessen Schutz, um das Gebiet von Th£rouanne von einer Seuche zu erlösen. Ingomar, den die Vita als vermögenden Großen schildert8, bietet dem Bischof den zehnten Teil seines Besitzes an, den er auch Eligius zuspricht als die Krankheit aus der provintia von The- rouanne abzieht. Es steht außer Frage, daß der comes einheimischer neu- strischer Großer ist.

1 Der in der ersten Hälfte des VIII. Jhdts. überarbeiteten und erweiterten Vita liegt teilweise die alte, von Audoen verfaßte Lebensbeschreibung zugrunde.

176 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127/28. Cf. ferner F. PRINZ, Mönchtum, p. 133 Anm. 70, F. GRAUS, Heiliger, p. 120 Anm. 415 und E. EVIG, Teilreidie II, p. 99 und p. 100 Anm. 61. * MGH. SSRM. IV, p. 726 (= Vita Eligii, cap. 43). 8 MGH., a. a. O.,: "... Ingomarus, praedives valde et potens homo*

CCXIX. IONATHAN Vir illuster. Comes (in Neuster?) Diesen Amtsträger erwähnen zwei im Original erhaltene Gerichts• urkunden unter den als Beisitzer fungierenden Großen. Ionathan begeg• net 693 Feb 28 an vorletzter Stelle einer Reihe von neun comites, die das in Valenciennes ausgestellte Placitum Chlodwigs III. nach den Bischöfen und den Optimaten, aber vor den grafiones, den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii nennt1. Der anläßlich des Märzfel• des ausgestellten Gerichtsurkunde, die Große aller Reichsteile erwähnt, ist nichts über den Amtsbereich Ionathans zu entnehmen. Dieser ist 697 März 14 erneut als Beisitzer eines Königsgerichts anzutreffen, das Childe- bert III. in Compi&gne abhält, wiederum anläßlich des Märzfeldes2. Die Identität erscheint gesichert durch den auffallenden biblisdien Personen• namen, der in dem von der Prosopographie behandelten Zeitraum nur dieses eine Mal überliefert wird; sie wird dadurch gestützt, daß der 697 neben Ionathan belegte comes Adalrich auch in der Gerichtsurkunde von 693 erscheint. Die Liste der Beisitzer dieses Placitums gibt erneut Namen von Großen aller Reichsteile wieder und liefert keinen Hinweis für eine Zuordnung Ionathans in einen bestimmten Amtsbereich. Die Ausstel• lungsorte der genannten Gerichtsurkunden weisen allenfalls nach Neu• ster.

* MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). * MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27).

CCXX. ISBERTUS Sacebaro (im pagus Th^rouanne) Unter den mehr als fünfzig Signataren der großen Schenkungsurkunde des als vir illuster bezeichneten Adrowald für das neu zu gründende Kloster Sitdiu, das nachmalige St.-Omer, begegnet Isbert, ein dem Na• men nach fränkischer Amtsträger, 651 Sep 61 nach dem Schenker, den geistlichen Würdenträgern, dem grafio Chunebert, neben und unter an• deren Zeugen, von denen weitere fünf als sacebarones belegt sind2. Die in der villa dominica Ascio (= "Aix-en-Issart") öffentlich ausgestellte Ur-

177 künde, mit der Adrowald dem Kloster neben Sitdiu zahlreiche andere kleine villae umfangreicher Pertinenz im pagus Th^rouanne zuweist, macht wahrscheinlich, daß eben dieser pagus Amtsgebiet Isberts und der mit ihm genannten Amtskollegen ist, denen der grafio Chunebert wohl vorgesetzt war. Der sehr seltene Beleg für die Wirksamkeit von sacebarones, die nur in dieser Schenkungsurkunde genannt werden, wobei ihre Anzahl viel• leicht in Zusammenhang mit dem Umfang der Schenkung steht, gibt je• doch keinen Hinweis auf die Amtsbefugnisse der sacebarones selbst, da sie lediglich als Zeugen fungieren.

1 Zur Datierung cf. Chr. COURTOIS, M^langes Halphen, p. 157. * Pard. II, Nr. 312, p. 88. Neu ediert in den DB. Nr. 1, p. 7. Die wichtige ältere Aus• gabe findet sich bei M. GUERARD, Cartulaire de Pabbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/9.

CCXXI. LANDEGISILUS Vir illuster "Ad vicem illustrae matronae Teudilanae" begegnet dieser Große 626 Juni 20 in einer in Gabregabalio (= "Jarjavaly"?) im Limousin aus• gestellten Urkunde. Landegisil vertritt Teudila anläßlich einer Güter• teilung in der Marche. Der Auftrag für diese, bei der Teudila Besitzver• luste hinnehmen muß, geht von Dagobert I. aus1. Landegisil subskribiert den zustandegekommenen Vertrag (pactio seu convenentia (sie)) als er• ster der vertragschließenden Großen, von denen er auch als einziger mit dem vir illuster-Prädikat ausgezeichnet ist. Mit eben diesem Prädikat erscheint Landegisil dann im folgenden Jahr, 627 Mai 20, in dem in St.-Denis ausgestellten Testament der Theo- detrud sive Theodila zugunsten der Basilica von St.-Denis an vierter Stelle einer Reihe von dreizehn Zeugen2. Es ist kaum daran zu zweifeln, daß es sich hierbei um ein und dieselbe illustris matrona handelt3, die — was von besonderer Bedeutung ist — als Tochter Brodulfs bezeichnet wird4. Diesem als Onkel Dagoberts bekannten Großen, der auf der Seite Chariberts dessen Ansprüche gegen Dagobert I. verficht, ist Landegisil offensichtlich eng verbunden gewesen. Fränkische und zwar neustrische Herkunft ist daher bei Landegisil wahrscheinlich. Darauf verweist auch der zweigliedrige germanische Personenname. Das vir illuster-Prädikat deutet wohl keine Amtstätigkeit Landegisils an. Es ist vielmehr Rang• zeichen, das die vornehme Abkunft dieses Großen betont.

1 Pard. II, Nr. 253, p. 9/10. Neu ediert bei K. H. DEBUS, AfD. 13 (1967) p. 91, des• sen Datierung (p. 39) übernommen wird. Zum Inhalt der Urkunde cf. Prosopographie Nr. LXIII.

178 ■ Pard. I, Nr. 241, p. 228. » K. H. DEBUS, AfD. 13 (1967) p. 33. 4 Pard. I, Nr. 241, p. 227: *... Theodetrudis sive Theodila, filia Brodulfo*

CCXXII. LANDRICUS Vir illuster. Seniscalc Chlodwigs III. Mit seinem Amtskollegen Chugobercth, dem Vater der Königin Plec­ trud1, begegnet Landrich 693 Feb 28 aus Anlaß des Märzfeldes unter den zweiundfünfzig Beisitzern der im Original erhaltenen Gerichts­ urkunde des noch unmündigen Chlodwig III. an vorletzter Stelle nach den Bischöfen, den optimates, den comites, den grafiones9 den domestici und referendariiy aber noch vor dem comes palatii2. Das in Valenciennes ausgestellte Diplom, welches das Gebot des Königs in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Mar so" (= "Meuse"?) enthält, gibt keinen An­ haltspunkt, den Wirkungszusammenhang dieses seniscalc näher zu be­ stimmen. Der zweigliedrige germanische Personenname ist einzig Indiz für eine mögliche fränkische Herkunft seines Trägers.

1 Cf. Prosopographie Nr. CXXXVI. * MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

CCXXIII. LANDWINUS Notarius et emanuensis( = "Urkundenschreiber") 700 Dez 181 fertigt Landwin im Saargau eine Schenkung des Gun­ doinen Weroald aus2. Die auffallende Doppelung der Amtsbezeichnungen im Eschatokoll ist gerade für die frühen Weißenburger Traditionen cha­ rakteristisch. Beide Begriffe sind synonym gebraucht3. Der allgemeinere Titel notarius ist jedoch vorgezogen worden. Ob Landwin selbst Mönch des Konvents gewesen ist oder ob er als öffentlicher Schreiber fungiert hat, muß angesichts der Überlieferungslage offen bleiben. Landwin ist nur in dieser Urkunde nachweisbar.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 243, p. 235. 2 Weroald, selbst Mönch in Weißenburg, ist der Sohn des comes Audoin­Otto und En­ kel des dux Gundoin. 8 Die Konjunktion ist ein deutlicher Hinweis.

CCXXIV. LEODOINUS Cancellarius sive et emanuensis ( = "Urkundensdireiber") Zwei urkundlich überlieferte testamentarische Verfügungen des Wei­ ßenburger Donators Chrodoin von 718 Feb 13 mit identischem Rechts­

179 inhalt und identischer Zeugenreihe sind jeweils von zwei verschiedenen cancellarii ausgefertigt und subskribiert1. Leodoin, einer der genannten cancellarii, fertigt für das Kloster eine ganze Serie von Urkunden in den Jahren 713 bis 723 aus. In den meisten dieser Stücke wird er als notarius bezeichnet2. Zwei Urkunden nennen nur den Personennamen und die Ausfertigung3, eine fügt zur Bezeichnung notarius die des emanuen- sis hinzu4. Den von Leodoin geschriebenen Urkunden — diese sind an ganz verschiedenen Orten des Saargaus ausgestellt — ist gemeinsam, daß sie in der Mehrzahl Schenkungen der Chrodoin-Sippe sind, die das Klo• ster in der Frühzeit neben den Gundoinen ausstattet. Die Ausstellungsorte dieser Schenkungen sind zugleich Sitze dieser Sippe (Berg, Eschau, Rim- berg), in deren Dienst Leodoin wohl gestanden hat. Die in den frühen Weißenburger Traditionen begegnende Vielfalt der Benennung des Urkundenschreibers ist nur Beweis dafür, daß diese Termini synonym gebraucht wurden, wie dies im übrigen durch die Konjunktionen belegt wird. Die vereinzelte Amtsbezeichnung canceU larius ist wohl auf den Einfluß der Lex Ribuaria zurückzuführen. Erst in karolingischer Zeit werden in Weißenburger Urkunden erneut cancel• larii bezeugt.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 194, p. 184, ist von Leodoin, Nr. 224, p. 215, dage• gen von Guntbert (cf. Prosopographie Nr. CXCV) ausgefertigt. 2 Traditiones Wizenburgenses Nr. 195, p. 185, von 718 Mai 18. Nr. 196, p. 186, von 716 Juni 27. Nr. 227, p. 218, von 718 Feb 3. Nr. 262, p. 253, von 723 Juli 10 und Nr. 267, p. 257, von 719 Juli 12. 3 Traditiones Wizenburgenses Nr. 232, p. 223, von 713 März 29 und Nr. 233, p. 224, von 713 März 30. 4 Traditiones Wizenburgenses Nr. 267, p. 257, von 719 Juli 12.

CCXXV. LEUDEBERTUS Dux in Burgund

Dieser dux ex genere Francorum — wie Pseudo-Fredegar ausdrücklich bezeugt1 — nimmt 636/37 an dem großen Baskenfeldzug Dagoberts I. teil. Leudebert erscheint als militärischer Führer eines Heereskontingents des regnum Burgundiae. Der Chronist verzeichnet Leudebert vor Wan- dalmar, dem vermutlichen dux des Ultraiuranus, und nach Amalgar, der mit dem dux des pagus Attoariensis (= Dijon) identisch ist. Ein burgun- discher Ducat ist für Leudebert sicher nicht zu bezweifeln. Freilich sagt der Quellenbeleg nidits über dessen Lage aus.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78).

180 CCXXVI. LEUDESIUS Maiordomus in Neuster (675)

Mit Zustimmung des Clans um den Bischof Leudegar von Autun wird Leudesius, ein Neustrier, Sohn des Erchinoald1, von den Neustriern 675 zum maiordomus dieses Teilreiches gewählt2. Leudesius tritt damit die Nachfolge des austrasischen Großen Wulfoald an, der nach der Verban• nung Ebroins den Maiordomat im Gesamtreich von 673 bis 675 inne• gehabt hatte3. Wohl noch im gleichen Jahr wird Leudesius von dem wieder politisch aktiv gewordenen Ebroin aus diesem Amt verjagt. Ebroin, der seinen Verbannungsort Luxeuil mit zahlreicher bewaffneter Mannschaft verlas• sen hatte, gelingt es, den mit Leudesius fliehenden Theuderich III. in Baizieux des thesaurus zu berauben, sich des Königs dann in Cr£cy-en- Ponthieu zu bemächtigen, während Leudesius durch Verrat fällt und ein Teil seines neustrischen Anhangs nach Aquitanien in das Exil geht4. Das im Original erhaltene Placitum Chlothars III. von 659, das Be• sitzstreitigkeiten zwischen der Kirche von Rouen und St.-Denis entschei• det5, erwähnt Leudesius noch ohne Amtsbezeichnung neben seinem Vater Erchinoald.

1 Cf. Prosopographie Nr. CLVI. 2 MGH. SSRM. II, p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45) Danach MGH., a. a. O., p. 169 (= Fred, cont., cap. 95). 8 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIII. 4 MGH. SSRM. II, p. 170 (= Fred, cont., cap. 36). 6 MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11).

CCXXVIL LEUDOBERCTHUS Vir illuster. Domesticus

Dieser Amtsträger wird nur ein einziges Mal als Beisitzer eines Placi- tums, dessen Urkunde im Original erhalten ist, überliefert. 693 Feb 28 läßt Chlodwig III. im palatium Valenciennes in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" ("Meuse"?) verhandeln1. Leudobercth, der seinem Namen nach der einheimischen fränkischen sc. neustrischen Ober• schicht zugeredinet werden kann2, erscheint an letzter Stelle einer Gruppe von vier domestici, die das Diplom nach den Bischöfen, den optimates, den comites und grafiones, aber noch vor den referendarii und dem comes palatii nennt. Die aus Anlaß des Märzfeldes umfangreidie Liste der Bei-

181 sitzer erlaubt nicht, Leudobercth einem bestimmten Amtsbereich zuzu• ordnen.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 1 Der zweigliedrige Personenname ist fränkischer Herkunft. Namenkundlich läßt er sich in althochdeutsch liut (im Bestimmungswort) und althochdeutsch beraht (im Grund• wort) zerlegen. Die Graphie des Namens entspricht älterer sc. originaler Überlieferung.

CCXXVIII. LEUTHARIUS Dux der Alemannen

Pseudo-Fredegar berichtet von diesem Großen, den er als dux Ala- mannorum näher kennzeichnet, daß er im Bündnis mit Pippins (d. Ä.) Sohn Grimoald (I.) 643 den mit dem Arnulfinger rivalisierenden baiulus Otto beseitigt1. Der seit dem Tod Pippins (d. Ä.), 640, vakante Maiordo- mat wird nun erst Grimoald (I.) übertragen2. Leuthar erscheint mithin an hervorragender Stelle der inneraustrasi- schen Auseinandersetzung. Die vom Chronisten angesprochene Zugehö• rigkeit Leuthars zur factio Grimoalds (I.) beantwortet freilich nicht die Frage nach der Herkunft des dux Alamannorum bezeichneten Großen. Zieht man die Möglichkeit in Betracht, daß Otto zu dem Kreis der Gundoine gehört, die das Kloster Weißenburg in der Frühzeit ausstatten, stellt sich die Auseinandersetzung Grimoalds (I.) mit Otto als Schlußakt des Konfliktes zwischen Gundoinen und Arnulfingern dar. Leuthars Ein• greifen zugunsten Grimoalds ergänzt diesen politischen Hintergrund3.

1 MGH. SSRM. II, p. 165 (= Fred. IV, cap. 88). 1 MGH., a. a. O.: "Gradtts honoris maiorem domi in palacio Sigyherti et omnem regnum Austrasiorum in mano Grimoaldo confirmatum est vehementer.9 8 Einziges Indiz für eine alemannische Herkunft Leuthars ist ausschließlich der zwei• gliedrige germanische Personenname. Agathias (Agathiae Myrinaei Historiarum I, 7 und II, 1) überliefert diesen in der Mitte des VI. Jhdts. für einen einheimischen alemannischen Dux. Der mit Grimoald (I.) verbündete Amtsträger ist nach 550 der zweite bekannte Träger dieses Namens.

CCXXIX. LIUTFRIDUS Vir illuster. Dux des Elsaß

Der letzte namentlich bezeugte dux des Elsaß aus der Familie der Eti- chonen ist ausschließlich in Urkunden von 723 bis 739 nachweisbar1. Als Frau Liutfrids begegnet Hiltrude, die nur ein einziges Mal urkundlich genannt wird.2 Bruder Liutfrids ist Ebrohard.

182 Liutfrid ist seinem Vater Adalbert3 spätestens 723 im Amt nach• gefolgt. Die Überlieferung des Klosters Hohenaugia ( = "Honau") im Elsaß, die mit den Brüdern Liutfrid und Ebrohard einsetzt4, nennt in einer in Honau ausgestellten Urkunde von 723 Dez 11 den Eticho-Enkel Liutfrid bereits als dux> seinen Bruder Ebrohard als domesticus5. Die Brüder schenken dem Kloster den auf der Rheininsel ererbten Besitz des verstorbenen Vaters6. In zwei Diplomen Theuderichs IV. für Honau und Maursmünster, die zwischen 723 und 726 ausgestellt sind, begegnet Liut• frid zudem als Subskribent7 resp. Adressat. Das zweifelsfrei echte Privi• leg des Straßburger Diözesans Widegern für Ebrohards bedeutendste Gründung Murbach von 728 versieht Liutfrid mit seinem Signum8 nach den subscriptiones der Bischöfe und vor der seines Bruders. Für das im Speyer-Gau außerhalb des Elsaß gelegene Kloster Weißenburg tritt Liut• frid in der Folgezeit als Schenker neben anderen auf. Besitz der Etich- onen im Elsaß hat Liutfrid zwischen 733 und 739 zahlreich an Weißen• burg übertragen. So sind im einzelnen erfolgt: 733 eine Schenkung aus dem Erbe seines Vaters9, 737 der Verkauf von Gütern seiner Mutter Ingina10, 739 erneut eine Schenkung aus dem Vatererbe11 und im selben Jahr ein weiterer Verkauf an das Kloster12. Die Urkunden Liutfrids für Weißenburg sind sämtlich in Straßburg aus• gestellt, das damit als der bedeutendste Aufenthaltsort des dux ausge• wiesen ist. In drei von fünf Urkunden begegnet derselbe Schreiber, der presbyter Haimo18. Unter Liutfrid wird so nicht nur der Ansatz einer etichonischen Residenz sichtbar, sondern auch der einer etichonischen Kanzlei. Alle für Weißenburg ausgestellten Urkunden Liutfrids nennen Zeugen ohne jede nähere Kennzeichnung. Der Zeugenkreis bleibt sich fast immer gleich, was darauf schließen läßt, daß diese Personen in enger Verbindung mit dem etichonischen Haus gestanden haben. Die Urkunden berichten nichts über das Verhältnis von dux und Bi• schof im Süden des etichonischen Herrschaftsbereichs. Liutfrid hat zu• mindest im Norden des Elsaß deutlich über seine Amtsbefugnisse hinaus- gegriffen. Im königlidien Forst Fasenburgus (= "Wasenburg") verfügt Liutfrid über freda, stuafa und haribannusu sowie über einen Kreis von neun cinsi wie sonst nur der König. Dies erinnert an das Vorgehen des ersten Etichonen-Dux Adalricus im Sornegau, wo er die Centenare zu sich befiehlt und sie verbannt15. Am Beginn des etichonischen Ducats und an dessen Ende steht so ein Ausgreifen über den Amtsbereich hinaus, der noch dadurch besonderes Gewicht erhält, daß das dux-Amt innerhalb derselben Familie weitergegeben werden konnte. Dies hat jedoch nicht verhindert, daß die Etichonen mit Liutfrid zunächst wieder aus der Ge• schichte verschwinden, was sicher nicht nur damit erklärt werden kann, daß Liutfrid ohne Nachkommen gestorben ist, sondern im Zusammen-

183 hang mit dem Aufkommen der Karolinger gesehen werden muß, die fast zu gleicher Zeit auch den alemannischen Ducat nicht mehr erneuern.

1 Der in einer donatio von 742 Juni 15 genannte Liutfrid (== Traditiones Wizenbur- genses Nr. II, p. 9) ist wohl kaum mit dem Etidionen identisch. Gegen eine Identität spricht die Ehe mit einer Theutila — 739 ist der Etichone Liutfrid dagegen noch mit Hil- trude verheiratet —, der Sohn Hildifrid, der als Zeuge erscheint, die fehlende Amtsbezeich• nung, und vielleicht auch der Ausstellungsort Weißenburg. Hildifrid erscheint bereits 735 März 23 (== Traditiones Wizenburgenses Nr. IX, p. 16) als Zeuge in einer Weißenbur• ger Urkunde Ebrohards und bittet 737 den Weißenburger Abt Romanus um eine Ver• leihung von Gütern (= BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 128, p. 72). Eine Zugehörig• keit zum Haus der Etidionen kann daraus in keinem Fall abgeleitet werden. I Traditiones Wizenbur genses Nr. XI, p. 19. 8 Cf. Prosopographie Nr. III. 4 H. BÜTTNER, Geschichte des Elsaß, p. 76. 6 BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 103, p. 47. 6 BRÜCKNER, a. a. O.: a... quantumcunque genitor noster Adelbertus dux nobis mo• rtem dereliquit, ..." 7 BRÜCKNER, a. a. O., Nr. 110, p. 51: Theuderich IV. für Honau 723-726. MGH. DM. Spurium Nr. 90, p. 204: Theuderich IV. für Maursmünster 723 Mai 1, ein in Metz ausgestelltes Diplom, das sicher gefälscht ist, aber doch wohl einen echten Kern aufweist. Das Diplom Theuderichs nennt Liutfrid zwar "vir illuster", nicht hingegen "dux". 8 BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 113, p. 53. 9 Traditiones Wizenburgenses Nr. XIII, p. 21. 10 Traditiones Wizenburgenses Nr. XXXV, p. 37. II Traditiones Wizenburgenses Nr. X, p. 18. 11 Traditiones Wizenburgenses Nr. XI, p. 19. 18 Den in Traditiones Wizenburgenses Nr. XIII, p. 21, in der Reihe von sieben Zeugen als letzten genannten Haimeridio wird man wohl mit diesem Presbyter identifizieren dürfen. Der 723 inHonau alsSdireiber einer donatio Liutfreds genannte Haimo presbyt er (a BRÜCKNER, Regesta Alsatiae, Nr. 103, p. 47) ist sicher mit dem Straßburger Eticho- nen-Schreiber identisch. 14 BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 137, p. 78. Cf. MGH. DM. Nr. 28, p. 27, ein ech• tes Diplom Childerichs IL, der vor 670 auf Vorschlag des Metzer und Straßburger Bi• schofs sowie des damals amtierenden dux Bonifatius der Kirche in Speyer eben diese aus der königlichen Banngewalt fließenden Rechte, die Freiheit von freda, sthopha und herebanno zugesteht. Diese Abgaben sind dem pars fisci zuzurechnen und werden sonst durch den iudex publicus für den königlichen fiscus eingezogen. 15 MGH. SSRM. V, p. 37 (= Vita Germani abbatis Grandivallensis, cap. 10).

CCXXX. LOBICINUS1 Forestarius

Als forestarius des im pagus Paris gelegenen königlichen Forstes Vetus Clippiaco ( = "Clidiy") sowie Roverito (= "Foret de Rouvray" sc. "ForSt de St.-Cloud") begegnet dieser dem Namen nach romanische Amtsträger 717 Feb 28 in dem im Original erhaltenen Praecept Chil- perichs IL, der den forestarius und die genannten Fiskalwälder auf Pe• tition des neustrischen maiordomus Raganfred der Basilica St.-Denis

184 übereignet2. Das in Compi^gne ausgestellte Diplom nennt dazu ein Amts- gütdien (mansus) mit Ländereien, darunter Wiesen, im nämlichen Forst Clichy, das Lobicinus zur eigenen Nutzung zur Verfügung steht. Obschon das für die Dienstleistungen aus Fiskalbesitz ausgegebene Gütchen einen nicht unbeträchtlichen Teil ausmacht, sprechen alle An• zeichen dafür, daß Lobicinus ein unfreier Amtsträger des merowingischen Königtums ist, das den an den Fiskalwald gebundenen forestarius mit diesem verschenkt. Der romanische Personenname ist wohl als ein Indiz für die Existenz der provinzialrömischen Bevölkerung zu werten, wobei sich Lobicinus vermutlich in einem Erwerbszweig unter fränkischer Herr• schaft betätigt, der schon früher der provinzialrömischen Bevölkerung eine Möglichkeit des Überlebens geboten hatte.

1 Dem in Ablaut vorliegenden Personennamen liegt ein mit dem lateinischen lupus gebildeter Name zugrunde, dessen ursprüngliche Graphie Lupicinus ist. 1 MGH. DM. Nr. 87, p. 77 (= LS. Nr. 38).

CCXXXL MADALFRIDUS Vir illuster

Unter den zahlreichen Großen, die das im Original erhaltene Bestä• tigungsprivileg Chlodwigs IL für das Kloster St.-Denis 654 Juni 22 in Clichy-la-Garenne subskribieren, wird Madalfrid mit diesem Prädikat an letzter Stelle genannt1. Die "cum consilio pontefecum et inlustrium virorum, nostrorum procerum" erfolgte Bestätigung des unter Dago• bert I. dem Bischof Landerich von Paris für das genannte Kloster gege• benen Privilegs belegt nur die Zugehörigkeit Madalfrids zum Kreis der proceres. Das vir illuster-Prädikat ist als Rangzeichen des als procer aus• gewiesenen Großen anzusehen. Madalfrid gehört wahrscheinlich der ein• heimischen neustrischen Oberschicht an, wie dies der zweigliedrige ger• manische Personenname sowie Dispositio und Ausstellungsort des Di• ploms nahelegen.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 21 (= LS. Nr. 6).

CCXXXIL MADELANDUS Seniscalc (in Neuster)

Mit seinem Amtskollegen Amalbert nimmt dieser Große 657 Oct 31/ 673 März 10 als Beisitzer an einem Königsgericht Chlothars III. teil, der in einem Rechtsstreit um den Besitz einer villa zwischen der Kirche von

185 Rouen und der Basilica St. Denis entscheidet, zwisdien denen die strittige villa aequa lancia geteilt wird1. Die im Original erhaltene Gerichts• urkunde nennt beide seniscalci nach den grafiones und vor dem comes palatii im Rahmen einer protokollartigen Wiedergabe des Umstandes, der zu dem Rechtsvorgang geführt hat. Der Ausstellungsort des Diploms ist paläographisch nicht mehr zu ermitteln. Der Prozeßbericht enthält möglicherweise aber den Hinweis, daß Madeland neustrischer Amtsträger ist. Der zweigliedrige germanische Personenname deutet die mögliche fränkische Deszendenz des seniscalc an.

1 MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11). Zu einer möglichen Datierung dieser Ge• richtsurkunde vor 658 cf. Prosopographie Nr. CCCVII.

CCXXXIII. MADELULFUS Vir illuster. Grafio Chlodwigs III. Vir illuster. Domesticus Childeberts III.

Unter den Beisitzern des im Original erhaltenen Placitums Chlod• wigs III., der 692 Nov 1 im palatium Luzarches (Seine-et-Oise) in einem Rechtsstreit um den Besitz der villa Noisy (pagus Chambly/Oise) zu• gunsten von St.-Denis entscheidet, begegnet Madelulf als grafio neben Erconald nach den Bischöfen, den optimates und vor den seniscalci und dem comes palatii1. Der den proceres dieses Königs zugehörige Große erscheint wenig später, 693 Feb 28, erneut unter den Beisitzern eines Placitums des genannten Königs, der anläßlich des Märzfeldes über Be• sitzstreitigkeiten "super fluvium Marso" (= "Meuse"?) verhandeln läßt. Die im Original erhaltene und in Valenciennes ausgestellte Gerichts• urkunde verzeichnet Madlulf wiederum als procer Chlodwigs III. Die Liste der Beisitzer nennt den grafio an sechster Stelle einer Gruppe von acht Amtskollegen wiederum nach den Bischöfen, den optimates und den comites und vor den domestici, den referendarii, den seniscalci sowie dem comes palatii2. Die Ausstellungsorte wie die Dispositiones beider Diplome sprechen dafür, daß dieser grafio ein in Neuster eingesetzter Amtsträger ist. Der zweigliedrige germanische Personenname deutet auf eine sehr wahrscheinliche fränkische Herkunft dieses Großen hin, dessen Amts• bereich freilich nicht zu ermitteln ist. Madlulf ist offensichtlich identisch mit dem gleichnamigen domesticus Childeberts III. Dieser Amtsträger begegnet 697 März 14 als Beisitzer eines anläßlich des Märzfeldes im palatium Compi^gne tagenden Königs• gerichts, das die villa Noisy (pagus Chambly/Oise), das einstige Amtsgut des comes von Paris, gegen Pippins (d. M.) Sohn Drogo erneut dem Klo-

186 ster Tussonval zuspricht3. Madlulf erscheint an letzter Stelle einer Gruppe von drei domesticiy welche die im Original erhaltene Gerichtsurkunde nach den Bischöfen, den optimates, den comites und vor den seniscalci sowie dem comes palatii verzeichnet. Der Ausstellungsort des Diploms deutet erneut darauf hin, daß Madlulf ein neustrischer Amtsträger ist. Grafiones erwähnt das nämliche Placitum nicht4. Ob der Wechsel in der Amtsbezeichnung darauf hindeutet, daß sich die Aufgaben von grafio und domesticus besonders im Hinblick auf be• stimmte Verwaltungsaufgaben — wie die Aufsicht über die königlichen Güter — am Ende des VII. Jhdts. entsprechen, bleibt offen. Auf diese Entwicklung weist aber bereits die Dispositio des im Original erhaltenen Praecepts Chlodwigs II. von 639 Juni 19 / 642 Sep hin, derzufolge der grafio Ebrulf5 in ähnlicher Funktion wie der domesticus hervortritt6. Die auch bei anderen Großen auffällige Neubesetzung einzelner Ämter ist wohl am ehesten damit erklärbar, wenn man diese mit dem Regie• rungsantritt Childeberts III. in Verbindung bringt7.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). 1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 8 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 4 Es ist dabei bezeichnend, daß grafiones nach 693 namentlich kaum noch genannt werden. 5 Cf. Prosopographie Nr. CLL • MGH. DM. Nr. 18, p. 19 (= LS. Nr. 7). 7 Zum Kreis dieser Großen gehören: Vulfolaecus (erst Referendar, dann domesticus), Ermentheus (erst grafio, dann comes), Chugobercth (erst seniscalc, dann comes palatii).

CCXXXIV. MAGINHARIUS Comes in Auster

Maginhar begegnet 726 Juli 9 als Subskribent einer echten Urkunde des maiordomus Karl Martell, der Besitz im pagus Betuwe an den Bi• schof Willibrord tradiert1. Dieser Besitz umfaßt unter Childebert III. für den Fiscus eingezogenes Eigen eines Everhard, der sich wohl mit den Friesen gegen die Zentralgewalt eingelassen hatte und dafür bestraft worden war. Childebert III. hatte das konfiszierte Gut dann an Pippin (d. M.) vergabt. Das im castrum Zülpich ausgestellte Diplom Karl Mar- tells nennt Maginhar in der Reihe der nach dem maiordomus subskribie• renden comites an vierter Stelle. Der Ausstellungsort wie die Dispositio des Diploms lassen erkennen, daß Maginhar — wie seine Amtskollegen — ein der austrasischen Oberschicht angehörender Amtsträger ist. Die nur in dieser Quelle überlieferten comites — diese sind vielleicht die persön-

187 liehe Umgebung des maiordomus — wirken nicht am Rechtsinhalt der Traditio Karls mit.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 12, p. 100. Neu ediert in den DB. Nr. 174, p. 306. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/ 66) p. 241.

CCXXXV. MAGNECHARIUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III. und Childeberts III.

Magnechar begegnet unter den Optimaten als Beisitzer zweier Placita Chlodwigs III. und Childeberts III. 693 Feb 28 als siebter von zwölf Optimaten — zu denen austrasische Große wie Nordebercth, Gunduin und Buccelen zählen — nach den Bischöfen und vor den comites, den grafiones, den domesticiy den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii1. 697 März 14 an dritter Stelle von vier Optimaten — es sind burgundische (Agnerich), proven9alische (Antener) und austrasische Amts• träger und Große (Grimoaldll.) —, die das im Original erhaltene Diplom als Beisitzer eines in Compi^gne tagenden Königsgerichts nach den Bi• schöfen und vor den comites, den domesticiy den seniscalci und dem co• mes palatii erwähnt2. Die Ausstellungsorte dieser Placita, Valenciennes und Compi&gne, lassen keinen Rückschluß auf die Herkunft Magnechars zu. Es stellt sich aber die Frage, ob die neben Magnechar in der Reihe der Optimaten als Beisitzer fungierenden Vertreter der austrasischen Führungsschicht für eine austrasische Herkunft Magnechars sprechen. Das Placitum von 697 verzeichnet zudem in der weiteren Reihe der Beisitzer Amtsträger, deren austrasische Herkunft erschlossen werden kann3.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 1 MGH. DM. Nr. 70, p. 62 (= LS. Nr. 27). 8 Unter den comites ist Ermentheus als Sohn von Pippins (d. M.) austrasischem Ver• trauensmann, Nordebercth, nachweisbar. Hociobercth (sc. Hugobert), der comes palatii, erscheint als Vater Irminas von Oeren. Nach der Reihe der Bischöfe und vor der Gruppe der Optimaten erscheint Pippin (d. M.) selbst mit der Amtsbezeichnung maiordomus.

CCXXXVL M A R S O Vir illuster. Comes palatii Chlodwigs III.

Eine im Original erhaltene Gerichtsurkunde des genannten Königs, die 692 Nov 1 im palatium Luzarches (Seine-et-Oise) ausgestellt ist, ver• zeichnet Marso mit dieser Amtsbezeichnung und dem vir illuster-Prädi- kat1. Marso berichtet dem König über den Gang der Verhandlung. Unter

188 den proceres Chlodwigs III. nimmt Marso eine besondere Stellung ein, als deren auffallendstes Merkmal die richterliche Funktion des comes palatii in dem im Palatium tagenden Königsgericht erscheint. Es ist an• zunehmen, daß Marso der für Luzarches zuständige comes gewesen ist2.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (== LS. Nr. 20). 2 Unter Chlodwig III. werden innerhalb von zwei Jahren vier verschiedene comites palatii in jeweils verschiedenen Pfalzen genannt (Luzarches, Nogent, Valenciennes und Chatou). Unter diesem König ist daher eine Zuordnung der comites palatii an eine be• stimmte Pfalz wahrscheinlich.

CCXXXVII. M A R TI N U S Dux (der Champagne?)

Decedentibus regibus, aber auch decedente Vulfoaldo de Auster be• gegnet Martin neben Pippin (d. M.) in Auster in der Ausübung der Herr• schaft dieses regnum1. Es ist bezeichnend, daß der Chronist des Liber historiae Francorum den Tod des austrasischen Großen Wulfoald, 680, als deutlichen politischen Einschnitt darstellt. Nichts spricht zugleich beredter von der Aktivität, die Wulfoald in Auster, wo er nach dem Scheitern als maiordomus des Gesamtregnums (675) noch über einen nicht unbeträchtlichen Anhang verfügt hat, von 675—680 ausgeübt hat. Erst der Tod dieses Großen läßt Pippin und Martin zur Herrschaft gelangen. Der Verfasser des Liber belegt beide als duces, eine Bezeichnung, die vor allem die militärische Funktion Pippins und Martins, die Führer der austrasischen Kontingente sind, in deren Auseinandersetzung mit Theu• derich III. und Ebroin betont, während der Fortsetzer Pseudo-Fredegars, der den Liber weitestgehend ausschreibt, nur Martin mit der Amtsbezeich• nung dux belegt, ohne damit jedoch eine nur militärische Funktion zu meinen2. Martins Wirken fällt in die Zeit der austrasischen Auseinander• setzung mit Ebroin. Mit starken austrasischen Truppen wendet sich Mar• tin gemeinsam mit Pippin (d. M.) 680 gegen den neustroburgundischen maiordomus und den von diesem gehaltenen Theuderich III. In einer ver• lustreichen Schlacht bei Lucofao (= "Bois-du-Fay", bei Laon?) werden die austrasischen duces geschlagen. Während sich Pippin durch Flucht in das rückwärtige Auster in Sicherheit bringen kann, zieht sich Martin mit seinen Anhängern in das befestigte Laon zurück. Die im Grenzsaum zwi• schen Auster und Neuster gelegene Stadt, die wahrscheinlich infolge ihrer befestigten Anlagen nicht in die Hand Ebroins gefallen war, ist wohl Sitz von Martins Ducat. Durch betrügerische Eide — Ebroin hatte auf leere Reliquienkapseln schwören lassen — wird Martin aus Laon fortgelockt und in Ercbreco (= "Ecry", Aisne) cum sociis suis umge-

189 bracht. Unter den Abgesandten Ebroins an Martin nennt der Fortsetzer Pseudo-Fredegars namentlich den Bischof Reolus von Reims (674-688/89)3, dessen Bistum durch seine Grenzlage zwischen den beiden regna eine be• deutsame Schlüsselstellung einnahm. Wahrscheinlich hat Reolus den Eidesbetrug nicht nur gutgeheißen, sondern ihn selbst veranlaßt. Nimmt man für Martin den Ducatus Campaniae als Amtsgebiet an4, wird ver• ständlich, daß Reolus, der ja selbst der Champagne entstammt — Besitz des Bischofs ist abgesehen vom Beauvaisis auch im pagus Reims zahlreich bezeugt — politischer Gegner Martins ist. Der Bischof erweist sich 680 "rechtzeitig" als Gegner der austrasischen Führungsschicht. Odila, eine Tochter des Bischofs, gehört dem Konvent des von Ebroin gegründeten Marienklosters in Soissons an.

1 MGH. SSRM. II, p. 319/20 (= Liber historiae Francorum, cap. 46). Cf. dazu L. DUPRAZ, Le regnum Francorum, p. 105, insbesondere p. 264 Anm. 1. 1 MGH., a. a. O., und MGH., a. a. O., p. 170 (= Fred, cont., cap. 3). 8 MGH., a. a. O., p. 170. 4 Dieser Ducat wird als Amtsgebiet Martins sehr wahrscheinlich gerade durch die Ortsangabe bei L. DUPRAZ, a. a. O., p. 264 Anm. 1, der Lucofao mit einem Bois-du-Fay des Ardenner-De*partements identifiziert (comm. de Sevigny-Waleppe, cant. de Chiteau- Porcien, arrond. de Rithel). Unweit dieses Ortes liegt denn auch Ercry (== "Asfeld", ch.-l. de canton, arrond. de Rithel, depart. des Ardennes) im rückwärtigen Gebiet von Reims.

CCXXXVIII. M A U R I L I O Sacebaro (im pagus Therouanne)

Mit fünf seiner Amtskollegen subskribiert dieser Große als Zeuge 651 Sep 61 die große Schenkungsurkunde des als vir illuster bezeichneten Adrowald für das neuzuerrichtende Kloster Sitdiu, das nachmalige St.- Omer, das auf Eigengut des Adrowald entsteht, der diesem Kloster ne• ben Sitdiu zahlreiche andere kleinere villae umfangreicher Pertinenz im pagus Th£rouanne zuweist2. Dieser pagus ist auch wohl als Amts• gebiet der sechs sacebarones anzusehen. Deren Amtsbefugnisse bleiben aber weitgehend im dunkeln, da sie lediglich in Zeugenfunktion erschei• nen. Der nach den Schenkern und den geistlichen Würdenträgern sub• skribierende grafio Chunebert8 scheint den sacebarones vorgesetzt. Wei• tere Amtsträger nennt die in Aix-en-Issart (Pas-de-Calais) ausgestellte Urkunde unter den mehr als fünfzig Subskribenten nicht.

1 Zu dieser Datierung cf. Chr. COURTOIS, M£langes Halphen, p. 157-160. 1 Pard. II, Nr. 312, p. 88. Zu wichtigen anderen Ausgaben dieser Urkunde cf. Proso- pographie Nr. CXXXVIII, Anm. 2. • Cf. Prosopographie Nr. CXXXVIII.

190 CCXXXIX. MAURILIO Vir illuster. Domesticus Chlodwigs III.

In der Reihe der nach den Bischöfen, den optimates, den comites, den grafiones, aber noch vor den referendariiy den seniscalci sowie dem comes palatii verzeichneten vier domestici erscheint Maurilio an zweiter Stelle einer Beisitzerreihe der im Original erhaltenen Gerichtsurkunde Chlod• wigs III. von 692 Feb 281. Der Name des domesticus ist wohl romanischer Provenienz2. Damit ist nichts zur Herkunft des domesticus selbst gesagt.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). Cf. dazu Prosopographie Nr. CCXXVII. 2 Weder E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1117, noch M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 168, geben diesen Namen unter den Belegen an. Der romanische Ursprung (sc. Maurus) erscheint wahrscheinlicher als die gezwungene Identifi• kation mit althochdeutsch mör- oder altnordisch maur-.

CCXL. M A U R I N U S Comes (im pagus P^rigueux?)

Die Vita des Bischofs Desiderius von Cahors1 erwähnt diesen Großen mit der Amtsbezeichnung comes, dem ein Bote den Brief einer Roma• nin aus Cahors, Placedina, überbringt2. Die Stadt des Bischofs ist als Amtsgebiet des comes auszuschließen, da die Quelle davon berichtet, daß Maurinus von außerhalb an den Lot kommt. Derselbe Amtsträger wohl wird 640/47 in einem Brief der Bischöfe von Albi und Rouen an Deside• rius von Cahors neben einem weiteren Amtsträger, dem comes Cariato, genannt3. Auch diesem Quellenbeleg ist zu entnehmen, daß Cahors nicht als Amtsbereich in Frage kommt. Nun verzeichnet die Teilungsurkunde der Teudila einen gleichnamigen Vertragspartner — wenngleich ohne Amtsbezeichnung —, der 626 Juni 20 eine tabula (annähernd ein Besitz• drittel) namentlich genannter Güter in der Marche erhält, wie ein Aude- gisel, der als zweiter Vertragspartner auftritt4. Die tabula der auf An• ordnung Dagoberts I. erfolgten Teilung, die zu einer erheblichen Besitz• einbuße der Teudila führt, ist anscheinend an von ihm begünstigte Große weitergegeben worden, von denen Maurinus als Amtsträger wenig später überliefert ist. Maurinus ist wahrscheinlich einheimischer aquitanischer Großer, dessen Sitz als comes vielleicht P£rigueux ist5.

1 Die Vita wird an das Ende des VHIJhdts., aber auch später datiert, cf. WATTEN- BACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127. * MGH. SSRM. IV, p. 577 (= Vita Desiderii, cap. 19). 8 MGH. Epp. III, p. 205 (= Desiderii epistolae II, 4). 4 K. H. DEBUS, AfD. 13 (1967) p. 35 (Kommentar) und p. 91 (Text).

191 6 Der Personenname deutet auf romanische Herkunft seines Trägers hin (cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1116), ein zusätzliches Indiz, das zu dem von den Quellen überlieferten historischen Raum paßt. PeVigueux wird in dieser Zeit von Pseudo-Fredegar ausdrücklich als pagus verzeichnet (MGH. SSRM. II, p. 149 — Fred. IV, cap. 57). Er kommt vielleicht als Amtsbereich des Maurinus in Frage.

CCXLI. MAURONTUS (Angeblicher dux der Provence) Wohl patricius partibus Proventiae

Der Fortsetzer Pseudo-Fredegars erwähnt diesen Großen zunächst ohne Amtsbezeichnung zum Jahr 737 in einem Bündnis gegen Karl Mar- tell mit den über die Rhone vorstoßenden Sarazenen1. Maurontus ist offensichtlich das Haupt der infideles gegen den maiordomus, der jedoch Avignon entsetzen kann, den vermutlichen Sitz des Maurontus. Avignon gilt auch der 739 unternommene Zug Karls, der die Provence endgültig seiner ditio unterwirft, "nulla contra eum (sc. Karolum) rebellante", nachdem Maurontus, dem der Chronist die Amtsbezeichnung dux zu- legt, durch seine Flucht, die er wohl zu den Sarazenen unternimmt2, der Einflußnahme auf die Provence entsagt hatte3. Maurontus gehört sicher nicht zu den 736 von Karl Martell in der Provence eingesetzten iudices*. Die Auffassung R. Buchners erscheint von den möglichen Interpretationen als die einzig zuverlässige5. Hinzu tritt als ein weiteres von R. Buchner übersehenes Indiz der romanische Personenname, der Maurontus als ein• heimischen Großen der Provence ausweist. Vieles spricht dafür, daß Maurontus als letzter einheimischer Amtsträger den nicht mehr erfolg• reichen Versuch unternommen hat, die durch die Einsetzung fränkischer Amtsträger hervorgerufene fränkische Einflußnahme abzuwehren.

1 MGH. SSRM. II, p. 177 (= Fred, cont., cap. 20). Über diese Verbindung des Mau• rontus zu den Sarazenen berichten ebenso die Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii VIII, 1, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 59, die hier die Annales Mettenses ausschreiben. 2 MGH. SSRM. II, p. 178 (= Fred, cont., cap. 21): "... fugatoque duce Mauronto inpenetrabilibus tutissimis rupibus, maritimis munitionibus" Diese Beschreibung des Chronisten ruft den Eindruck hervor, als sei Maurontus nach der durch Karl Martell erlittenen Niederlage in eines der sarazenischen Felsennester am Mittelmeer geflohen. 8 MGH., a. a. O. « MGH. SSRM. II, p. 177 (= Fred, cont., cap. 18). 5 R. BUCHNER, Provence, p. 29 Anm. 85.

CCXLII. MERULFUS Vir illuster

Dieser Große begegnet 654 Juni 22 unter den Subskribenten des in Clichy-la-Garenne ausgestellten und im Original erhaltenen Diploms

192 Chlodwigs II. an zehnter Stelle nach den Bischöfen, dem maiordomus Radobert sowie anderen Großen, von denen nur der Name — manchmal verbunden mit dem vir illuster-Prädikat — überliefert wird1. Nach Mer- ulf ist die weitere, sehr zahlreiche Subskribentenreihe ähnlich zusam• mengesetzt. Die "cum consilio pontefecum et inlustrium virorum, no- strorum procerum" erfolgte Bestätigung des Privilegs für das Kloster St.-Denis belegt die Zugehörigkeit Merulfs zu eben diesen proceres> wo• bei das vir illuster-Prädikat als Rangzeichen aufzufassen ist. Dispositio und Ausstellungsort des Diploms wie der zweigliedrige germanische Per• sonenname machen eine Zuordnung Merulfs zur einheimischen neustri- schen Oberschicht wahrscheinlich.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6).

CCXLIII. MODEGISILUS {Vir illuster1) Comes (in Nantes)

Dieser Amtsträger begegnet 652/653 Jan in der Inscriptio eines Di• ploms Sigiberts III. für das Kloster Stavelot-Malm£dy2, dem die Zölle zweier Häfen an der Loire, Vetraria ( = aPort-Saint-P£re") am Flüßchen Taunucus (= "Tenu", ein linker Nebenfluß der Loire) und Sellis ( = "Chäteau-Ceaux", Maine-et-Loire)3 sowie der Schiffahrtszoll auf der Loire verliehen werden. Der in dem Praecept als einziger Adressat ge• nannte comes wird von Sigibert III. über das zugunsten des Klosters er• folgte instrumentHm cessionis in Kenntnis gesetzt. Der Zusammenhang der Dispositio macht wahrscheinlich, daß Modegisil ein an der Loire ein• gesetzter Amtsträger ist, dem vermutlich eben jener Fiskalkomplex Ve- traria/Sellis im Gebiet von Nantes unterstanden hat, von dem aus Schiff• fahrtswege auf der Loire kontrolliert wurden und der als Umschlagplatz für die commertia negotiantum gedient hat. Für die Bedeutung der ge• nannten portus spricht ferner die Nachricht des Diploms, daß in beiden Häfen Bewachungsmannschaften gelegen haben. Der zweigliedrige ger• manische Personenname des comes deutet eine fränkisdie Herkunft Mo- degisils an. Dieser ist wohl nicht mehr identisch mit dem gleichnamigen Amtsträger Chlodwigs III. in dessen Gerichtsurkunde von 693 Feb 284.

1 Das Prädikat ist nidit eindeutig der Inscriptio d. h. Modegisil zuzuordnen. Es könn• te auch Teil der Intitulatio sein. * MGH. DM. Nr. 23, p. 23. Neu ediert von J. HALKIN-C. G. ROLAND, Recueil des chartes de Tabbaye de Stavelot-Malm^dy, Bd. I, p. 12. 3 Zur Identifizierung der Ortsnamen cf. J. HALKIN-C. G. ROLAND, a. a. O., p. 12 Anm. 2. * Cf. Prosopographie Nr. CCXLIV.

193 CCXLIV. MODEGHISELUS Vir illuster, Comes

Dieser Große nimmt anläßlich des Märzfeldes 693 Feb 28 als Beisitzer eines von Chlodwig III. im palatium Valenciennes einberufenen Königs• gerichts teil, das in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" ("Meuse"?) verhandelt. Modeghisel erscheint an letzter Stelle einer Reihe von neun comites, die das im Original erhaltene Diplom nach den Bischö• fen und Optimaten, aber noch vor den grafiones, den domestici, den refe- rendarii, den seniscalci sowie dem comes palatii erwähnt1. Unter den zweiundfünfzig Beisitzern, welche die Geriditsurkunde nennt, sind Große aller Reichsteile. Es ist daher nicht möglich, Modeghisel einem bestimmten Amtsbereich zuzuordnen. Der zweigliedrige germanische Personenname weist diesen comes allenfalls als Amtsträger fränkischer Herkunft aus. Er ist wohl nicht identisch mit dem um die Mitte des VII. Jhdts. bezeug• ten gleichnamigen comes im Gebiet von Nantes2.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 1 Cf. Prosopographie Nr. CCXLIII.

CCXLV. MODOLENUS Centenarius im Gebiet von Noyon

Mit dieser Amtsbezeichnung und der vom Verfasser der Vita des Bi• schofs Eligius von Noyon klar bezeugten Zugehörigkeit zum oppidum Noyon begegnet Modolen nach 6001. Für seine an einer Krankheit ge• storbene Frau erbittet Modolen am Grabmal des Heiligen ein Wunder. Der wohl im Gebiet von Noyon eingesetzte Amtsträger ist fränkischer Herkunft. Die eingliedrige Kurzform des germanischen Personennamens mit latinisierter Endung ist dafür Indiz. Die Nachricht der nicht zeit• genössischen Vita, die aber auf älterer Vorlage beruht, ist unverdächtig2.

1 MGH. SSRM. IV, p. 731 (= Vita Eligii II, cap. 61). * Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127/28.

CCXLVI. MUMMOLUS Comes {civitatis in Paris)

Dieser Große subskribiert das in Paris 700 ausgestellte Testament der Erminethrud als erster Zeuge nach der Erblasserin1. Die fragmentarisch

194 überlieferte, im Original erhaltene Urkunde enthält Übertragungen im• mobilen Besitzes — soweit erkennbar — in den pagi Meaux und Paris und mobilen Besitzes an Verwandte der Erminethrud sowie u. a. an acht Basilicae von Paris und schließlich Freilassungen in großem Umfang, die keinen Zweifel daran lassen, daß die Erblasserin der einheimischen neu- strischen Oberschicht angehört. Das Testament zeigt Formen des römi• schen Privatrechts2, erwähnt aber nicht die Insinuation in den Gesta mu- nicipalia, die eigentlich zu erwarten wäre. Dies hängt wohl mit der fragmentarischen Überlieferung des Papyrus zusammen, wie es auch nicht die curia erwähnt. Die Zeugenreihe gibt allerdings zu erkennen, daß Mummolus comes civitatis gewesen sein könnte, da unter den weiteren Zeugen ein defensor Baudacharius auftritt, der wohl als defensor civitatis identifiziert werden kann3. Die curia hat 700 wohl nicht mehr existiert. Mummolus erscheint als örtlicher Amtsträger nur noch in Zeugenfunktion. Das Testament gibt nicht zu erkennen, in welchem Verhältnis comes und defensor zueinander stehen.

1 Pard. II, Nr. 452, p. 258. * Cf. Prosopographie Nr. LXV Anm. 3. 8 L. LEVILLAIN, Le Moyen Age LI (1941) p. 142, identifiziert Mummolus, in dem er ein Mitglied einer bedeutenden Familie der Oberschicht (p. 142/3) zu erkennen glaubt, mit einem comes des pagus. Levillain übergeht dabei freilich die subscriptio des defensor Baudachar, dessen Amtsbezeichnung den Civitascomitat für Mummolus aber doch ge• rade wahrscheinlich macht.

CCXLVII. N O D D O Dux (des Moselducats?)

Die zeitgenössische Vita Arnulfs von Metz1 nennt nach 641 den dux Noddo2. Dessen Amtssitz ist offenbar die Stadt Arnulfs gewesen3. An der Translation des Heiligen von Remiremont nach Metz nimmt der dux unter dem "universus populus"* selbst teil5. In der Nähe der Bisdiofsstadt liegt auch Noddos Eigengut6. Der in der Vita Arnulfs genannte iudex Immo ist offensichtlich Untergebener des dux in dessen Amtsbereich und anscheinend Beauftragter auf dessen Eigengut7.

1 Zur Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mit• telalter, HeftI, p.126. Ferner F.PRINZ, Mönchtum, p.138 und F.GRAUS, Heiliger, p.101 Anm. 274. * MGH. SSRM. II, p. 444 (= Vita s. Arnulfi, cap. 25). Noddos Auftreten fällt in die Zeit der Translation Arnulfs von Remiremont nach Metz. » MGH., a. a. O. * MGH., a. a. O., p. 443. 5 MGH., a. a. O.: "Tunco Noddo dux, qui unus erat ex euntibus,..."

195 n • MGH., a.a.O.: "Est enim valde procul (sc. a civitate Mettensi) villa meat... 7 MGH., a. a. O.

CCXLVIII. NORDEBERCTHUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III. "Referendar" Childeberts III.

Der Liber historiae Francorum nennt Nordebercth nach 687 als Ver• treter des dux Austrasiorum Pippin (d. M.), den Theuderich III. zum maiordomus des Gesamtregnum bestellt1. Nordebercth bleibt als beson• derer Vertrauter Pippins bei Theuderich III. im neustrisdien Kronland zurück. Der Verfasser des Liber verzeichnet kein Amt für diesen Großen, der nach dem Regierungsantritt Childeberts III., aber noch bevor Pippin seinen Sohn Grimoald als maiordomus einsetzt, nach 696, stirbt2. Nordebercths Stellung am neustrisdien Hof ist von Pippin anscheinend nicht besonders ausgebaut worden. Der von ihm eingesetzte Bevollmäch• tigte erscheint 691 Nov 1 nach den Bischöfen und vor den grafiones, den seniscalci und dem comes palatii an zweiter Stelle unter den Optimaten Chlodwigs III. anläßlich der Tagung des Königsgerichts, dessen Urkunde in Luzarches ausgestellt und im Original erhalten ist3. Der erst dreizehn• jährige König restituiert der Basilica St.-Denis das einstige Amtsgut des comes von Paris, die villa Noisy im pagus Chambly/Oise. Ein zweites im Original erhaltenes Placitum dieses Königs von 693 Feb 28, das in Valenciennes ausgestellt ist, erwähnt Nordebercth erneut an zweiter Stelle der Optimaten nach den Bischöfen und vor den comites, den grafiones, den domestici, den Referendaren, den seniscalci und dem comes palatii4. Auf Intervention Nordebercths erscheint der Diakon Chrotchar als Ver• treter eines Waisen auf diesem Placitum, das diesem Besitz Ksuper fluvio Marso" (= "Meuse"?) restituiert. Unter Childebert III., der seinem Bruder Chlothar III. 695 als Zwölfjähriger in der Herrschaft des Ge• samtregnum nachgefolgt war, wird Nordebercth schließlich 696 Apr 8 in einer im Original erhaltenen Gerichtsurkunde dieses Königs als dessen "Referendar" verzeichnet5. Von Nordebercth geht der Beurkundungs• befehl aus, wie dies von merowingisdien Referendaren in der Regel über• liefert ist. Ob dies aber auch für das in Nogent ausgestellte Diplom Gel• tung besitzt, bleibt zweifelhaft, da der Rang Nordebercths unter den Op• timaten ein solches Amt ausschließt. Das genannte Placitum trifft eine Entscheidung zugunsten des Klosters Tussonval im pagus Chambly/Oise, dem Childebert III. die von Theuderich III. verliehene Immunität be• stätigt. Da nun Erbgut Nordebercths in diesem pagus ausdrücklich be• zeugt ist6, belegt der von ihm ergangene Urkundungsbefehl wohl nur das besondere Interesse, das Nordebercth für den Bereich seiner engeren Hei• mat bekundet.

196 Als Söhne dieses Großen überliefert das in Ponthion ausgestellte Pla- citum Theuderichs IV. von 726 März 3 den als vir illuster ausgewiesenen Ermentheus und Guntechar7. Ermentheus ist Amtsträger in Neuster8.

1 MGH. SSRM. II, p. 323 (= Liber historiae Francorum, cap. 48). 8 MGH., a. a. O. (= Liber historiae Francorum, cap. 49). Cf. DUPRAZ, Le regnum Francorum, p. 370/71 Anm. 3. 8 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). 4 MGH, a. a. O., Nr. 66, p. 58 (== LS. Nr. 23). 5 MGH., a. a. O., Nr. 69, p. 62 (== LS. Nr. 26). 6 MGH., a. a. O., Nr. 94, p. 84. Dieses Placitum Theuderichs IV. nennt die villa Baudrino an der Oise (pagus Chambly). 7 MGH., a. a. O. 8 Cf. Prosopographie Nr. CLXVII.

CCXLIX. O G M I R U S Vir illuster. Comes Chlodwigs III.

Dieser Große begegnet an zweiter Stelle einer Reihe von neun comites, welche die im Original erhaltene Gerichtsurkunde des noch unmündigen Chlodwig III. unter den Beisitzern nach den Bischöfen und den optima- tesy aber noch vor den grafiones, den domestici, den referendarii, den se- niscalci sowie dem comes palatii verzeichnet1. Das in Valenciennes 693 Feb 28 anläßlich des Märzfeldes ausgestellte Diplom nennt unter den zweiundfünfzig Beisitzern Große aller Reichsteile. Es ist daher nicht möglich, Ogmir einem bestimmten Amtsbereich zuzuordnen, zumal er auch nur in diesem Diplom überliefert wird. Der zweigliedrige Perso• nenname ist nicht eindeutig als fränkisch zu erkennen2. Die Herkunft Og- mirs bleibt so im Dunkeln.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). * Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 206. Dem Erstbestandteil liegen demnach althochdeutsch auga-, möglicherweise aber auch das lateinische augere zu• grunde. Cf. dazu auch M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 46, welche die Graphie "Augemirus" belegt, aber wie E. FÖRSTEMANN den comes der Gerichtsurkunde nicht er• wähnt. Der Zweitbestandteil geht nach M. Th. MORLET auf althochdeutsch mari- zurück.

CCL. PANNICHIUS Vir illuster

Die Narratio des im Original erhaltenen Praecepts Childeberts III., der 695 Dez 13 in Compi^gne der Basilica St.-Denis die im pagus Bourges gelegene villa Napsiniaco (= "Nassigny" im Berry) wie die villa Orbana

197 im pagus Lyon konzediert, verzeichnet diesen Großen mit diesem Prä• dikat als einstigen Besitzer der genannten villa Orbana (= "Villeur- bane"), die Pannichius de fisco erhalten hatte1. An den Fiscus ist Villeur- bane dann auch nach dem Tod des Pannichius zurückgefallen. Die Besitzgeschichte dieser villa deutet darauf hin, daß Pannichius wohl noch unter Chlodwig III. Träger eines beneficium gewesen ist, das ihm für Dienstleistungen irgendweldier Art zugeteilt worden ist. Auch das vir illuster-Prädikat weist auf eine solche Dienstleistung des Pannichius hin; das Amt kann aber nicht einmal erschlossen werden. Der für diesen Großen überlieferte romanische Personenname kann wohl als Indiz dafür gewertet werden, daß Pannichius ein im Gebiet von Lyon beheimateter und auch eingesetzter Amtsträger gewesen ist.

1 MGH. DM. Nr. 67, p. 59 (= LS. Nr. 24).

CCLI. PATERNUS Legatus Dagoberts I.

Nach erledigter Mission kehrt Paternus mit seinem Gesandtschaftskol• legen Servatus vom byzantinischen Hof 630/31 in das Frankenreich zu• rück1. Im Auftrag Dagoberts I. hatten diese eine pax perpetua mit Hera- klios geschlossen. Die dadurch erneut geknüpften Beziehungen haben Heraklios wenig später veranlaßt, Dagobert I. die Zwangstaufe von Ju• den anzuempfehlen2. Paternus gehört wie Servatus der romanischen Oberschicht an. Am ehesten wäre wohl an Herkunft aus Burgund zu denken. Die Mission der beiden Gesandten hat mehr als zwölf Monate in Anspruch genommen, da Dagobert I. erst mit der Übernahme der Gesamtherrschaft mit Byzanz in dieser offiziellen Form Fühlung aufgenommen haben dürfte.

* MGH. SSRM. II, p. 151 (= Fred. IV, cap. 62). * MGH. SSRM. II, p. 153 (= Fred. IV, cap. 65).

CCLIL PHYLIPPUS Patricias (der Provence oder Burgunds)

In einem Brief des Abtes Bertegysel1 an den Thesaurar Dagoberts L, den nachmaligen Bischof Desiderius von Cahors, wird Phylipp 629/630 Apr 82 im Zusammenhang eines Rechtsstreites (placitum) mit Bertegysel erwähnt. Dieser bittet Desiderius, sich bei Dagobert I. für die causa des

198 Klosters zu verwenden. Aus dem Textzusammenhang geht hervor, daß der mit der Amtsbezeichnung patricius belegte Phylipp ministeriales des Klosters zurückbehalten hat. Der an Desiderius gerichtete Brief überliefert nicht, wo Bertegysel Abt ist. Eine eindeutige Zuordnung Phylipps zur Provence oder nach Bur- gund ist daher nicht möglich3. Der Personenname spricht für romanische Abkunft des patricius.

1 MGH. Epp. III, p. 203/04 (= Desiderii epistolae II, 2). 2 Datum des Herausgebers W. ARNDT. 8 Cf. R. BUCHNER, Provence, p. 103.

CCLIII. PROBATUS Vir illuster

Der mit diesem Prädikat bezeichnete Große begegnet 654 Juni 22 unter den zahlreichen Subskribenten eines in Clichy ausgestellten Bestätigungs• privilegs Chlodwigs II. für das Kloster St.-Denis nach den Bisdiöfen, dem maiordomus Radobert sowie anderen Großen, von denen nur der Name, oft verbunden mit dem vir illuster-Prädikat, überliefert ist1. Die "cum consilio pontefecum et inlustrium virorum, nostrorum procerum" erfolgte Bestätigung des unter Dagobert I. dem Bischof Landerich von Paris ge• gebenen Privilegs für das genannte Kloster sagt bis auf die Zugehörigkeit des Probatus zu den proceres Chlodwigs IL kaum etwas aus. Der Aus• stellungsort des im Original erhaltenen Diploms, dessen Dispositio und der romanische Personenname machen wahrscheinlich, daß Probatus der burgundischen Führungsschicht entstammt, als deren weiterer Vertreter der patricius Auderad das nämliche Privileg unterzeichnet.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6).

CCLIV. R A B I A C U S (Angeblicher) dux des Eisgaus

Dieser Große begegnet als dux des nordwestlich von Granfelden gele• genen Eisgaus. Der Verfasser der wohl erst aus dem IX. Jhdt. stammen• den Passio Desiderii1 berichtet, daß Rabiacus um 670 das Grabmal des im Eisgau umgekommenen Desiderius mit einer Inschrift auf einer Silber• platte versehen läßt2.

199 Der lautlich entstellt überlieferte Personenname ist anscheinend den germanisch-romanischen Mischformen zuzurechnen3. Die Nachricht der Passio ist nicht unverdächtig.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 136 Anm. 331. * MGH. SSRM. VI, p. 62 (= Passio Desiderii et Reginfridi, cap. 9). 8 E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, I, erwähnt diesen Namen nicht. Im Erst• bestandteil kann althochdeutsch (h)rab(an) vermutet werden.

CCLV. RADBALDUS Sacebaro (im pagus Th^rouanne)

Mit dieser im VII. Jhdt. sehr seltenen Amtsbezeichnung wird Radbald 651 Sep 61 unter den mehr als fünfzig Zeugen der großen Schenkungs• urkunde des im pagus Th^rouanne reich begüterten vir illuster Adrowald bezeugt2. Dieser stattet das neuzugründende Kloster Sitdiu, das nach• malige St.-Omer, neben der villa Sitdiu mit zahlreichen kleineren villae umfangreicher Pertinenz im pagus Th^rouanne aus. Die in der villa do- minica Ascio (= wAix-en-Issartw) öffentlich ausgestellte Urkunde wie deren Dispositio machen wahrscheinlich, daß eben dieser pagus Amtsge• biet Radbalds und der mit ihm genannten fünf Amtskollegen ist, denen der nach dem Schenker und den geistlichen Würdenträgern als erster der weltlichen Amtsträger subskribierende grafio Chunebert wohl vorgesetzt war. Über die Amtsbefugnisse Radbalds, der dem zweigliedrigen germani• schen Personennamen nach fränkischer Herkunft erscheint, ist der Ur• kunde nichts zu entnehmen. Wie seine Amtskollegen wird Radbald nur in Zeugenfunktion sichtbar.

1 Zur Datierung cf. Chr. COURTOIS, Melanges Halphen, p. 157-160. 1 Pard. II, Nr. 312, p. 88. Die maßgebende ältere Edition ist von M. GU£RARD, Cartu- laire de l'abbaye de St.-Bertin, Nr. III, p. 18/9. Die Traditio Adrowalds ist neu ediert in den DB. Nr. 1, p. 7.

CCLVI. RADBERTUS Comes (in Auster)

An erster Stelle einer Reihe von elf Zeugen, unter diesen mit dem Consensvermerk Karls bairische Gemahlin Sonechild und beider Sohn Grifo, begegnet Radbert 741 Sep 17 in einer echten Hausmeierurkunde

200 Karl Martells, der wenige Tage vor seinem Tod die villa Clichy an St.- Denis schenkt1. Die in Quierzy ausgestellte Donatio des maiordomus wie der neben Radbert in der Zeugenreihe verzeichnete comes Salaco2 sind möglidierweise Indiz dafür, daß dieser Große austrasisdier Amtsträger ist. Radbert wird nur in dieser Urkunde erwähnt. Der zweigliedrige Per• sonenname ist fränkischer Provenienz.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 14, p. 102. Zur Echtheit cf. I. HBIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 242 (Regest). * Cf. Prosopographie Nr. CCLXXIII.

CCLVII. RADO (Vir illuster). Maiordomus in Auster

Mit Übernahme der monarchia durch Chlothar II. bestätigt dieser den Franken Warnadiar in Burgund und setzt Rado in Auster als maiordomus ein1. Den Maiordomat Rados erwähnt 616 März 27 das Testament des Bischofs Berthram von Le Mans2. Der mit der Amtsbezeichnung maior• domus und dem vir illuster-Prädikat gekennzeichnete Große erhält wie Warnadiar und Bischof Berthram durch Chlothar II. namentlich nicht genannte villae in Burgund aus dem Besitz des Leudegisel8. Den austra- sischen Maiordomat hat Rado anscheinend nur wenige Jahre wahrgenom• men, da 617/18 bereits Chucus (Hugo) als Inhaber dieses Amtes genannt wird4.

1 MGH. SSRM. II, p. 142 (= Fred. IV, cap. 42). * Pard. I, Nr. 230, p. 211. 8 Cf. R. BUCHNER, Provence, p. 105. Nach Fredegar IV, cap. 5, war Leudisclus "patri- cius partibus Provenciae*. Leudegisel ist zweifellos identisch mit dem von Fredegar be• zeugten Leudisclus. 4 MGH. SSRM. II, p. 144 (= Fred. IV, cap. 45).

CCLVIII. RADO Thesaurar Dagoberts I. Referendar Chlodwigs IL

Die zeitgenössische Vita Audoins von Rouen1 erwähnt Rado, den Bruder des Bischofs, als palatii thesauros custos Dagoberts I.2. Rado ist Franke. Der Besitz seiner Familie3, über die Ionas, der Biograph Colum- bans, ausführlich berichtet, liegt an der Marne (Ussy). Ohne Amtsbezeich• nung subskribiert Rado 632 Nov 22 die charta cessionis des Bisdiofs

201 Eligius von Noyon für das Kloster Solignac4. Wiederum ohne Amtsbe• zeichnung nennt Rado als Bruder Dado-Audoens und Ados das Privileg Dagoberts I. für das Kloster Rebais von 635 Oct 1, einer Gründung Dado-Audoens5. Wiederum als Bruder dieses Bischofs bezeugt Rado auch die in Clichy 636 März ausgestellte Urkunde des Bischofs Burgundofaro von Meaux für das nämliche Kloster Rebais6. Vielleicht ist Rado identisch mit dem unter Chlodwig IL genannten Referendar, den die Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii in einem Praecept dieses Königs, das dieser in seinem ersten Regierungsjahr, 639, für einen neustrischen Großen ausstellen läßt, als "scriptor regalium privilegiorum" überliefern7. Rado führt zugleich das königliche Siegel. Den Gesta zufolge hat Rado dieses Amt noch im zwölften Regierungsjahr dieses Königs, 650, wahrgenommen8. Die Nachricht der Gesta ist sicher nicht ganz zu verwerfen, da ein Rado, dessen Identität mit dem Amts• träger wahrscheinlich ist — zumal es sich hier um die selten vorkommen• de Kurzform eines Personennamens handelt — ohne Amtsbezeichnung 654 Juni 22 unter den Subskribenten des im Original erhaltenen Praecepts Chlodwigs II. für St.-Denis anzutreffen ist9.

1 Diese Vita wurde im VII. Jhdt. verfaßt. Cf. dazu W. LEVISON, MGH. SSRM. V, p. 541. Ferner F. GRAUS, Heiliger, p. 101 Anm. 284 und p. 135 Anm. 490. Ebenso E. EWIG, Teilreiche II, p. 100 Anm. 61. f MGH. SSRM.V, p. 554 (= Vita Audoini, cap. 1). 8 Cf. Prosopographie Nr. CXLI. Die genannte Stelle in MGH. SS. rer. Germ., p. 209 (= Vita Columbani I, cap. 26). 4 MGH. SSRM. IV, p. 749 (= Vita Eligii, charta cessionis Solemniacensis). 5 MGH. DM. Nr. 15, p. 17. • Pard. II, Nr. 275, p. 39. 7 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii I, 7 ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 12. Obschon die Gesta erst nach 833 entstanden sind, wird in ihnen weitgehend merowingi- sches Urkundenmaterial berücksichtigt. 8 Gesta, a. a. O., p. 13/14. • MGH. DM. Nr. 19, p. 21 (= LS. Nr. 6).

CCLIX. RADOBERTUS Vir illuster. Maiordomus (in Burgund)

Das im Original erhaltene Diplom Chlodwigs IL, der 654 Juni 22 in Clichy-la-Garenne der Basilica St.-Denis Privilegien bestätigt, subskri• biert der mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prädikat genannte Große inmitten der Unterschriften der Bischöfe und vor denen anderer Großer ohne Amtsbezeichnung, aber mit dem vir illuster-Prädikat1. Da der Maiordomat für Neuster von 641 bis nach dem Tod Chlodwigs IL von dem neustrischen Großen Erchinoald in der Nachfolge Aegas wahr-

202 genommen wird, ist der burgundisdie Maiordomat als für Radobert wahrscheinlich zu erschließen. Dieser ist anscheinend dem Franken Flao­ chad 642 in diesem Amt nachgefolgt. Radobert könnte mit dem gleich­ namigen Großen identisch sein, an den der Attoarierdux Sichelm 663 als maiordomus sacri palatii adressiert2. Der burgundisdie Maiordomat ist für Radobert wohl auf die Regierungszeit Chlodwigs IL beschränkt ge­ blieben. Während der Regierungszeit des noch unmündigen Chlothar III. wird dieses Amt 663 unter der Regentschaft Balthilds durch Ebroin mit dem Maiordomat für Neuster vereinigt3.

1 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). 1 Pard. II, Nr. 348, p. 131. Die in diesem Brief Sichelms verzeichneten zwei weiteren ■maioresdomus sacri palatii" Emerulf und Chrodebert sind in einem solchen Amt aller­ dings nicht nachweisbar. Anscheinend handelt es sich bei diesen um Amtsträger der Um­ gebung des Königs, wobei die Amtsbezeichnung maiordomus auf den Einfluß der Lex Gundobada (D [XXL] 14 [13]) zurückgeführt werden könnte. 8 MGH. SSRM. II, p. 487/88 (= Vita s. Balthildis, cap. 5): "Burgundiones vero et Franci sunt uniti."

CCLX. RADOBERTUS Maiordomus sacri palatii Chlothars III.

Mit dieser Amtsbezeichnung wird Radobert 663 in einem Brief des Attoarierdux Sichelm erwähnt, der den Großen wie die ebenso mit dieser Amtsbezeichnung genannten Chrodebert und Emerulf bittet, sich bei Chlothar III. für das zerstörte burgundisdie Kloster B£ze, eine Gründung der Amalgar­Familie1, einzusetzen2. Chlothar III. antwortet 664 mit einem Praecept3. Wie Chrodebert und Emerulf ist Radobert keinem der Reichsteile als maiordomus zuzuordnen. Eine auf den ersten Blick mögliche Identität mit dem 654 sicher bezeugten gleichnamigen maiordomus Chlodwigs für Burgund4 scheidet wohl aus, da 663 Ebroin bereits den neustroburgundi­ schen Maiordomat repräsentiert, während in Auster der dux Wulfoald die Aufgaben dieses Amtes wahrnimmt, ohne jedoch als maiordomus bezeichnet zu werden. Der Attoarierdux kann sich mithin nicht an die maioresdomus der Teilreiche gewandt haben, sondern anscheinend an be­ sonders einflußreiche Große am Hof Chlothars III.6. Die zur Amtsbe­ zeichnung hinzutretende Bezeichnung der Zugehörigkeit zum sacrum palatium ist nicht merowingisdi. Dies ist ein Indiz für die sprachliche Überarbeitung des kopial in dem aus den zwanziger Jahren des XII. Jhdts. stammenden Chronicon Besuense überlieferten Briefes, an dessen Echtheit aber nicht gezweifelt werden kann6.

203 Radobert ist möglicherweise mit dem gleichnamigen Großen identisch, der 654 Juni 22 als Beisitzer eines im palatium Clidiy-la-Garenne tagen• den Königsgerichts Chlodwigs IL in der Gerichtsurkunde ohne Amtsbe• zeichnung aufgeführt wird7.

1 Cf. Prosopographie Nr. XXVII. 1 Pard. II, Nr. 348, p. 131. 8 MGH. DM. Nr. 42, p. 39. 4 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). 8 Cf. dazu Prosopographie Nr. CLII, insbesondere Anm. 5. 6 Die kopiale Überlieferung des zweigliedrigen germanischen Personennamens ver• zeichnet die Lautung "Reidebertus". Der Wurzelvokal des Bestimmungswortes (-ei-) ist lautlich entstellt und in -a- zu emendieren. 7 MGH. DM. Nr. 19, p. 20 (= LS. Nr. 6). Für die Identität spricht auch, daß die Beisitzerliste dieses Placitums auch den Namen Syghichelmus nennt, der wohl mit dem gleichnamigen Attoarierdux identisch ist.

CCLXI. RADULFUS Dux in Thüringen

Der Sohn des sonst nicht bekannten Chamar wird von Dagobert I. vor 634/35 als dux in Thüringen eingesetzt, um eine wirksamere Vertei• digung der Ostgrenze des Frankenreiches zu ermöglichen1. Radulf besiegt 634/35 die Wenden2, agiert dann aber gegen den austrasisdien dux Adal- gisel, den Dagobert I. seinem Sohn Sigibert III. neben Bischof Kunibert von Köln als Regenten für das austrasische Unterkönigreich beigegeben hatte, und schließlich gegen Sigibert III. selbst. Der Feldzug des jungen Unterkönigs gegen den 641 offen rebellierenden Radulf wie der für den Merowinger vernichtende Ausgang zeigt, daß Radulf in Thüringen eine selbständige Politik vertritt, die in der austrasisdien Oberschicht weit• gehend Widerhall findet8. Diese unterstützt den in Thüringen amtieren• den dux durch offene oder versteckte Zusammenarbeit gegen Sigibert III., wobei die Mainzer Oberschicht vom Chronisten besonders hervorgeho• ben wird4. Dies kann möglicherweise ein Indiz dafür sein, daß Radulf, der zweifellos selbst zur austrasisdien Oberschicht zu rechnen ist, vielleicht aus dem Gebiet von Mainz stammt5.

* MGH. SSRM. II, p. 159 (= Fred. IV, cap. 77). « MGH., a. a. O. * MGH., a.a.O., p. 164 (— Fred. IV, cap. 87): "Radulfus cum aliquibus ducebus exercitus Sigyberti fiduciam haberit, quod super ipsum nun voluissent inruere,..." 4 MGH., a. a. O.: "Macancinsis hoc prilio non fuerunt fedelis." * Der zweigliedrige germanische Personenname tritt im VII. Jhdt. auch im Umkreis von Weißenburg auf, wo ihn der Sohn Amallinds trägt, einer Tochter des Gundoinen Otto. Der in Thüringen eingesetzte dux könnte verwandtschaftlich mit den Gundoinen zusammenhängen.

204 CCLXII. RADULPHUS Comes von Rouen unter Chlodwig IL

Nach den karolingischen Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii1, die jedoch urkundliche und historiographische Quellen der Merowinger- zeit benutzen, ist Radulf, der comes von Rouen, mit dem domesticus Teut- gisel Adressat einer verlorenen Urkunde Chlodwigs II.2. Dessen Diplom ist nach Ausweis der Gesta 639 Feb 4 im palatium im neustrischen Nan- teuil für einen neustrischen Großen, den sonst unbekannten Rotmar, aus• gestellt. Dieser läßt sich die an ihn unter Dagobert I. vergabten Schen• kungen von Gut im Gebiet von Rouen3 durch Chlodwig II. bestätigen. Nach dem Tod Rotmars tauscht dessen Sohn Airam dieses Gut mit Be• sitz des maiordomus Erchinoald im Vexin. Dieser Besitz fällt später durch Verkauf an St.-Wandrille. Die verlorene Bestätigungsurkunde von 639 ergeht an Radulf als dem für das Gebiet zuständigen Amtsträger, zumal es sich um Vergabung aus Fiskalbesitz handelt, um dem comes anzuzeigen, "ut licitum foret easdem res quieto ordine (sc. Rotmari) possidere.n

1 Zur Datierung ihrer Entstehung nach 833 cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 345. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii, I, cap. 7, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 12. 8 Der im Deperditum genannte locus Bothmariacensis ist von den Herausgebern der Gesta nicht identifiziert (p. 131). Auf den pagus Rouen deutet nicht nur die mit diesem locus verschenkte Mühle "super fluvio Fontaneila" (p. 12), sondern auch die Zuweisung der Dagobertschen Schenkung an Rotmar in die regio (p. 13) des Klosters. Rotmar selbst stammt aus dem Vexin (p. 13).

CCLXIII. RATBERTUS Vir illuster. (Comes palatii Childeberts III.)

Der mit dieser Amtsbezeichnung genannte Große wird 711 Feb 10 an dem im palatium Montmacq/Oise tagenden Königsgericht durch Ingobert vertreten1. Das Diplom weist diesen Großen, der expressis verbis zu den proceres Childeberts gehört, als Amtsträger aus, da er das vir illuster- Prädikat trägt, aber nicht die Ratbert zugeordnete Bezeichnung für das Amt des comes palatii. Dieses ist jedoch aus dem Kontext sicher erschließ• bar. Beide Große aus der Umgebung des Königs sind ranggleich2.

1 MGH. DM. Nr. 79, p. 70. ' Cf. MGH. DM. Nr. 78, p. 70 (= LS. Nr. 32).

205 CCLXIV. RATHARIUS Comes (im Gebiet von Rouen)

Nach Ausweis der nach 833 entstandenen Gesta ss patrum Fontanel- lensis coenobii1, deren Verfasser merowingisches Urkundenmaterial be• nutzt, erhält dieser comes unter Teutsind, dem sechsten Abt des Klosters St.-Wandrille, 734 eine umfangreiche Landleihe, die der Chronist als Musterbeispiel für die unter diesem Abt einsetzende Verarmung des Klosters anführt2. Gegen einen jährlichen Zins von sechzig solidi erhält Rathar Besitz mit umfangreicher Pertinenz aus ehemaligem Fiskalland im pagus B£thune und im pagus Vexin, das dem Kloster 672/73 von Childe- rich IL auf Bitte seiner Frau Bilichild sowie anderen Petenten geschenkt worden war. Rathar erhält ferner zahlreichen Besitz im pagus Vimeu — insgesamt achtundzwanzig vlllae, die unter Teutsind an diesen comes iure precarii gehen. Diese nordwestlich und südostwärts von Rouen ge• legenen Besitzungen lassen diese civitas als Amtsgebiet Rathars vermuten.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 344-45. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii VI, 2 ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 48-51.

CCLXV. RAGANFREDUS Vir illuster. Domesticus Chlodwigs III. Maiordomus in Neuster unter Chilperich IL

Nach den Bischöfen, Optimaten, comites und grafiones, aber noch vor den Referendaren, den seniscalci und dem comes palatii verzeichnet das im Original erhaltene Placitum Chlodwigs III. von 693 Feb 28 Ragan- fred mit der Amtsbezeichnung domesticus neben weiteren drei dorne- stiel1. Die in Valenciennes ausgestellte Urkunde läßt in Raganfred einen neustrischen Amtsträger vermuten, der wohl mit dem unter Chilperich II. genannten gleichnamigen maiordomus identisch ist. Mit dessen Consens privilegiert Chilperich IL 717 Apr 24 das Kloster St. Maur-des-Foss^s im pagus Paris2. Das in Paris ausgestellte Praecept nennt außer Raganfred keinen Amtsträger. Als Petent eines in Compi^gne ausgestellten und im Original erhaltenen Privilegs dieses Königs erscheint Raganfred bereits 717 Feb 283. Chilperich IL konzediert der Basilica St.- Denis den königlichen Forst Rouvray (= Foret de St.-Cloud) im pagus Paris. Der Auftrag zur Unterfertigung des Privilegs, an dessen Zustande• kommen Raganfred wohl entscheidenden Anteil trägt, geht nun anschei• nend auch vom maiordomus aus4. Die sich verselbständigende Herrschaft der maioresdomus findet hier einen sinnfälligen Ausdruck.

206 Über Raganfreds Maiordomat berichtet der neustrische Liber historiae Francorum, daß sich die Franken in der Cocia silva ( = "Foret de Cuise") nach Pippins (d. M.) Tode gegen Plectrud und Theudoald, den Sohn Grimoalds (IL), empören und nach der Flucht Theudoalds 715 Ragan- fred "in principatum maiorum palacii" erheben5. Raganfred, der selbst zur neustrischen Oberschicht gehört, stammt wohl aus dem Vexin6, in dem auch Besitz Erchinoalds, des neustrischen maiordomus, und An- sebercths, des Referendars Chlothars III., nachweisbar ist. Noch 715 stößt Raganfred mit Chilperich II. über die silva Carbonaria bis an die Maas vor7. Ein gleichzeitig mit dem aufständischen Friesendux Radbod geschlossenes Bündnis führt zu einer Niederlage Karl Martells. 716 tritt Raganfred auf der Seite Chilperichs IL erneut gegen Karl an, gelangt bis Köln, wo den Neustriern ein Teil des Thesaurus von Plectrud in die Hände fällt. Auf dem Rückmarsch aber gelingt es Karl, die Neustrier bei Ambleve zu schlagen8. Nach Karls entscheidendem Sieg bei Vincy, 717 März 21, flieht Raganfred mit Chilperich IL nach Aquitanien, um Eudo zum Eingreifen gegen den Karolinger zu bewegen9. Der Fortsetzer Pseu• do-Fredegars berichtet dazu, daß Raganfreds und Chilperichs IL Ange• bot an den aquitanischen dux die Übergabe von "regnum et munera" einschloß10, also die Eigenentwicklung Aquitaniens begünstigen wollte. Der Sieg Karls über Eudo und der mit diesem 720 geschlossene Freund• schaftsvertrag bringt den Versuch zum Scheitern, das aquitanische Eigen• interesse für neustrische Ziele einzuspannen. Hincmar von Reims hat die Auseinandersetzung Raganfreds mit Karl Martell als eine "contentio de principatu"11 gekennzeichnet und damit wohl den Kern der Machtprobe getroffen. Der Fortsetzer Pseudo-Fredegars erwähnt 724 Raganfreds Fluchtsitz Angers, den Karl zwar belagert, aber doch wohl nicht ein• nehmen kann12. Raganfred hat augenscheinlich noch über einen größeren Anhang verfügt, der ihm bis 731 einige Handlungsfreiheit bewahren half. Nach Ausweis der karolingischen Annales Petaviani stirbt Raganfred 73113. Als eine von Raganfred heraufbeschworene Auseinandersetzung mit Karl Martell stellt sie der Verfasser der freilich erst karolingischen14 Vita des Abtes Ermino von Lobbes dar, ohne jedoch den Maiordomat Ragan• freds zu nennen15. Eine weitere, erst spätkarolingische Quelle, die Vita Rigoberts von Reims18, bezeichnet Raganfred dagegen als maiordomus11'.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 1 MGH. DM. Nr. 88, p. 78. * MGH. DM. Nr. 87, p. 77 (= LS. Nr. 38). 4 MGH., a. a. O.: 'Raganfridus optolit.* 5 MGH. SSRM. II, p. 325 (= Liber historiae Francorum, cap. 51).

207 6 Dies legt zumindest Raganfreds Besitz in diesem pagus nah, cf. Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii III, 6, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 34. 7 MGH. SSRM. II, p. 325 (= Liber historiae Francorum, cap. 51). 8 MGH. a. a. O., p. 326 (= Liber historiae Francorum, cap. 52). 9 MGH. a. a. O., p. 327 (= Liber historiae Francorum, cap. 53). 10 MGH. SSRM. II, p. 174 (= Fred, cont., cap. 10). 11 MGH. SSRM. II, p. 251. Die Vita Remigii geht auf Hincmar unmittelbar zurück, cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 123. " MGH. SSRM. II, p. 175 (= Fred, cont., cap. 11). 18 MGH. SS. I, p. 9. Zur Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., Heft II, p. 186-187. 14 Cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., p. 167. 15 MGH. SSRM. VI, p. 465 (= Vita Erminonis, cap. 6). 18 Zur Datierung cf. WATTENBACH-LEVISON, a. a. O., p. 168. 17 MGH. SSRM. VII, p. 67 (= Vita Rigoberti, cap. 9).

CCLXVI. RAGNESINDUS Vir illuster

Dieser Große erscheint 711 Feb 10 vor dem im palatium Montmacq tagenden Königsgericht, um Besitzansprüche einer portio von Maur- curtis (locum) im Pincerais im Norden von Paris gegen einen Sicland und dessen Frau Dina zu verteidigen1. Die aus väterlichem Erbe der Dina stammende portio hatte Ragnesind von Sicland auf dem Weg des Kaufs erworben. Da Ragnesind die Verkaufsurkunde vorzeigen kann und Sic• land zugeben muß, daß die genannte portio an Ragnesind verkauft und von diesem der Preis dafür entrichtet worden ist, ergeht das Königsgebot zugunsten Ragnesinds. Der Rechtsvorgang zeigt, daß Ragnesind ein im neustrischen Kronland begüterter Großer von vermutlich fränkischer Des• zendenz ist — wie dies im übrigen auch der zweigliedrige germanische Personenname andeutet. Ein Amt wird für Ragnesind nicht überliefert. Ob er überhaupt Amtsträger des merowingischen Königtums gewesen ist, kann aufgrund der Quellenlage nicht beantwortet werden.

1 MGH. DM. Nr. 79, p. 70.

CCLXVII. RAGNOALDUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Unter dem noch unmündigen Chlodwig III. begegnet Ragnoald als Beisitzer eines im Original erhaltenen Placitums, das 692 Nov 1 in Lu- zarches ausgestellt ist1. Die Gerichtsurkunde erwähnt Ragnoald an der Spitze von drei Optimaten nach den Bischöfen und vor den grafiones,

208 den seniscalci und dem comes palatii. Von den neben Ragnoald über• lieferten Optimaten sind Nordebercth als der im neustrischen Kronland eingesetzte Vertrauensmann Pippins (d. M.) und Ermenfrid als der viel• leicht mit Ebroins Mörder identische Große nachweisbar, der 680 zu Pippin nach Auster geflohen war2. An vierter Stelle einer Gruppe von zwölf Optimaten, die nach den Bischöfen und vor den comites, den grafiones, den domesticiy den senis• calci, den referendarii und dem comes palatii verzeichnet werden, belegt ein weiteres im Original erhaltenes Placitum desselben Königs diesen Großen3. Das in Valenciennes 693 Feb 28 wohl aus Anlaß des März• feldes ausgestellte Diplom läßt keine Aussage über die Herkunft Rag- noalds zu. Die als Beisitzer neben diesem Großen fungierenden Optimaten sind nur selten zu identifizieren. Wo dies jedoch gelingt, ist zu erkennen, daß diese sowohl austrasischer wie neustrischer Abkunft sind. Ragnoald, der nur in diesen beiden Placita als optimas Chlodwigs III. ausgewiesen wird, ist wohl der Führungsschicht der unmittelbaren Umgebung dieses Königs zuzuordnen.

1 MGH. DM. Nr. 64, p. 57 (= LS. Nr. 20). 2 Zu Nordebercth cf. Prosopographie Nr. CCXLVIII. Zu Ermenfrid cf. Prosopogra- phie Nr. CLXIII. 8 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23).

CCLXVIII. RAYGANBALDUS Comes (in Auster)

Die in Quierzy 741 Sep 17 durch den maiordomus Karl Martell wenige Tage vor seinem Tod verfügte Schenkung der villa Clichy an St.-Denis erwähnt diesen comes an zweiter Stelle in der Reihe der elf Zeugen — unter diesen mit dem Consensvermerk Karls bairische Gemahlin Sone- child und beider Sohn Grifo1. Der Ausstellungsort der echten Donatio2 und der neben Rayganbald in der Zeugenreihe belegte comes Salaco8 deuten darauf hin, daß Rayganbald wohl Amtsträger in Auster ist. Der zweigliedrige germanische Personenname kann möglicherweise als Hin• weis auf eine fränkische Herkunft seines Trägers aufgefaßt werden4.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 14, p. 102. * Zur Editheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 242 (Regest). » Cf. Prosopographie Nr. CCLXXIII. 4 Die Edition von PERTZ gibt den Namen dieses comes in der Lautung "Raygaubaldus" wieder, dessen Graphie wohl in "Rayganbaldus" emendiert werden muß. Lautlich gese• hen stellt sich der Wurzelvokalismus des Namenerstgliedes wohl als Hyperkorrektur aus der Variante "Ragin-" dar. Diese auffallende Lautung überliefert bereits das Char- tular von St.-Denis.

209 CCLXIX. RAMFRIDUS Comes (in Auster)

Eine echte Hausmeierurkunde von 702 Jan 20 verzeichnet diesen Großen an letzter Stelle einer Reihe von acht Zeugen, die sämtlich als comites ausgewiesen sind1. Die Urkunde Pippins (d. M.) und Plectruds, die Besitz im pagus Verdun an die Kirche von Verdun im Tausch gegen anderen Besitz dieses pagus geben, macht keine Angaben über den Amts• bereich Ramfrids. Da auch der Ausstellungsort der Urkunde nicht über• liefert wird, sind Aussteller und Empfänger sowie die Dispositio der einzige Anhaltspunkt dafür, daß Ramfrid — wie seine Amtskollegen — wohl austrasischer Amtsträger ist. Die Lautung des zweigliedrigen ger• manischen Personennamens, der eine fränkische Herkunft seines Trägers vermuten läßt, weist eine auffällige Kontraktion im Bestimmungswort auf, wie sie erst für eine spätere Uberlieferungsstufe kennzeichnend ist.

1 MGH. Hausmeier-Diplome Nr. 3, p. 93. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238.

CCLXX. RECOMARUS Lector

Recomar schreibt auf Bitte Theodetruds sive Theodilas und in deren Anwesenheit 627 die von dieser veranlaßte große Schenkungsurkunde für die Basilica St.-Denis, der Besitz im Limousin, im Beauvaisis sowie im Chambliois per paginam testamenti übereignet wird1. Da die Ur• kunde auch in St.-Denis ausgestellt ist, liegt es nahe, in dem als Lektor bezeichneten Recomar einen Mönch des Konvents zu sehen. Der zwei• gliedrige germanische Personenname deutet vielleidit auf eine fränkisdie Deszendenz dieses Lektors hin2.

1 Pard. II, Nr. 241, p. 228: "Ego Recomarus lector, rogante et praesente supradicta Tbeodetrude, hanc donationem scripsi" 1 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1267.

CCLXXI. R O C C O Comestabuli Theuderichs IL Dux Sigiberts IL

606/07 berichtet Pseudo-Fredegar, daß der comestabuli Rocco und dessen Amtskollege Aeborin zusammen mit Aridius, dem Bischof von Lyon, von Theuderich IL als Gesandtschaft zur Brautwerbung für Theu-

210 derich nach Spanien geschickt werden1. Nach Rückkehr treffen die Ge• sandten mit Theuderich im burgundischen Chalon-sur-Säone zusam• men. Diese vereinzelten Nachrichten machen wahrscheinlich, daß Rocco ein burgundischer Großer ist, ein Amtsträger in Theuderichs burgundi- scher Residenz Chalon, dessen Identität mit dem 613 genannten dux gleichen Namens angenommen werden kann. Dieser dux — ein lokaler Amtsträger, über dessen Amtsbereich aber keine gesicherte Aussage mög• lich ist — gehört in die Umgebung von ausschließlich burgundischen Gro• ßen, die dem maiordomus Burgunds, Warnachar, ihre Zustimmung gege• ben hatten, mit Chlothar Absprachen gegen Sigibert zu treffen2. Der Auf• stieg vom comestabuli zum dux muß für Rocco unter dem austroburgun- dischen Königtum erfolgt sein. In den Jahren der Auseinandersetzung zwischen Brunichild und den Nachkommen Childeberts IL mit Chlothar (IL) hat sich Rocco dann gegen das noch in Sigibert vertretene austrobur- gundische Königtum gewandt. Nach 613/14 wird Rocco nicht mehr ge• nannt. Vielleicht ist dieser burgundische Große mit dem Scheitern der alt- burgundischen Erhebung unter Aletheus gegen Chlothar IL untergegan• gen. Der Personenname Rocco findet sich ein halbes Jahrhundert später bei einem anderen burgundischen Großen wieder3.

1 MGH. SSRM. II, p. 132 (= Fred. IV, cap. 30). 1 MGH., a. a. O., p. 141 (== Fred. IV, cap. 42). Zu diesen Großen zahlen der patricius Aletheus, der über einen Rückhalt im Ultraiuranus verfügt, der dux Eudila, dessen Amtsbereich der Ultraiuranus ist, und der dux Sigoald. 8 Cf. Prosopographie Nr. CCLXXII. Der Personenname Rocco — die Kurzform eines zweigliedrigen germanischen Personen• namens — kommt sehr häufig gerade in Burgund vor. Ein weiterer Rocco ist im letzten Drittel des VlI. Jhdts. patricius in Burgund.

CCLXXII. ROCCO Vir illuster. Patricius in Burgund1

Das im Original erhaltene Praecept, das Theuderich III. 677 Sep 15 in Malay-le-Roi im neustroburgundischen Grenzgebiet ausstellt, ist an die patricii Rocco und Audobercth gerichtet2. Die Dispositio des Diploms, das für den abgesetzten Bischof von Embrun ausgestellt ist, der im neu- strischen Exil in St.-Denis lebt, trägt den in der Adresse genannten Amts• trägern auf, das Eigengut des einstigen Bischofs unangetastet zu lassen. Rocco ist wohl mit einiger Sicherheit als patricius Burgund zuzuweisen3, dem Reichsteil, dem er vermutlich auch selbst entstammt.

1 Cf. dazu R. BUCHNER, Provence, p. 104. * MGH. DM. Nr. 48, p. 44 (= LS. Nr. 15).

211 8 Dies stützt sich auf zwei Beobachtungen. Der Personenname Rocco kommt in Bur- gund häufig vor. Die Narratio der Königsurkunde spricht zudem nur von burgundischen Bischöfen, die neben den neustrisdien in Malay-le-Roi zusammengekommen sind. Der Bischofssitz Embrun gehört innerhalb des burgundischen Teilreichsverbandes dann wohl zur Provence. Zu Audobercth cf. Prosopographie Nr. L. Wenn nach R. BUCHNER, Provence, p. 14, Theuderich III. 677 auch die gesamte Pro• vence unter seiner Herrschaft hatte, könnte Audobercth auch patricius der Provence gewesen sein. Dabei bleibt offen, ob dieses Amt nicht vice versa auch für Rocco in Er• wägung zu ziehen ist.

CCLXXIII. S A L E C O Comes in Auster

Unter der Aegide des maiordomus Karl Martell wird Saleco mit dieser Amtsbezeichnung in zwei echten Urkunden genannt, zuerst 726 Juli 91. Die in Zülpich ausgestellte Urkunde, mit der Karl Martell Besitz im pagus von Betuwe an den Bischof Wiliibrord tradiert, führt den comes Saleco unter den Zeugen nach Wiliibrord und dem maiordomus an der Spitze von neun comites an. 741 Sep 172 taucht derselbe Amtsträger in der in Quierzy ausgestellten letzten Urkunde Karls für St.-Denis wenige Tage vor dessen Tod in Quierzy auf. Salaco subskribiert innerhalb einer gänzlich neuen Zeugenreihe an dritter Stelle nach dem maiordomus und zwei weiteren comites, aber noch vor Karls bairischer Gemahlin Sonehild und beider Sohn Grifo. Die Ausstellungsorte der genannten Urkunden lassen in Saleco einen austrasischen Amtsträger vermuten3.

1 MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 12, p. 100. Neu ediert in DB. Nr. 174, p. 306. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, AfD., 11/12 (1965/66) p. 241. 2 MGH., a. a. O., Nr. 14, p. 102. Zur Echtheit cf. I. HEIDRICH, a. a. O., p. 242. 8 Der seltene germanische Personenname ist in den Weißenburger Traditionen vor allem von 774 bis 812 gut belegt. Auf eine mögliche Identität des unter Karl Martell bezeugten comes mit einem Zeugen Seulaigio deutet Traditiones Wizenburgenses Nr. 38, p. 40, von 693 Mai 1 hin. Die Masse der Belege für diesen Personennamen weist auf das regnum Austrasiorum, zu dem Weißenburg gehörte. Traditiones Wizenburgenses Nr. 53, p. 57 von 774 Jan 6: Salacho ist dritter Zeuge unter zweiundzwanzig. Nr. 62, p. 67 von 797 (?) Jan 6: Saluchus vierter Zeuge unter zwölf. Nr. 128, p. 125 von 773 Dez 31: Salacho ist dritter Zeuge unter dreizehn. Nr. 161, p. 151 von 816 März 25: Salacho ist sechster Zeuge unter zehn. Nr. 182, p. 171 von 812 Oct 31: Hier erscheint ein Salucho als Bruder Liudos, der an das Kloster Besitzungen im Elsaß-Gau tradiert.

CCLXXIV. SARROARDUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Das im Original erhaltene Placitum Chlodwigs IIL, der 693 Feb 28 in Valenciennes über Besitzstreitigkeiten "super fluvium Marso" ("Meu- seM?) verhandeln läßt, verzeichnet Sarroard mit diesem Prädikat an

212 dritter Stelle einer Gruppe von zwölf Optimaten, die das Diplom in der umfangreichen Beisitzerliste nach den Bischöfen und vor den comites, den grafionesy den domestici, den referendarii, den seniscalci und dem comes palatii nennt1. Die große Zahl der Beisitzer erklärt sich wohl aus der Minderjährigkeit des Königs und auch aus Anlaß des Märzfeldes. Da die als Optimaten bezeichneten Großen nur ausnahmsweise zu identifizieren sind — austrasische wie neustrische Abkunft ist zu ermitteln — und Sar- roard auch nur in diesem Diplom überliefert wird, bleibt die Frage nach der Herkunft dieses Großen offen. Von dem zweigliedrigen germanischen Personennamen ergeben sich allenfalls Hinweise auf den burgundischen Raum2. Wie die neben Sarroard verzeichneten Optimaten gehört dieser selbst in weitestem Sinn dem Hof Chlodwigs III. an, dem er in beraten• der Funktion dient — ohne eigentlich im herkömmlichen Sinn Amtsträger zu sein.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 Dieser Personenname weist in Bestimmungs- und Grundwort auf ostgermanischen Ursprung hin: gotisch sarwa-wards. Cf. dazu E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, I, p. 1300.

CCLXXV. S C U P I L I O Spatarius

Unter den Zeugen des in Paris 700 ausgestellten Testaments der Er- minethrud, einer Angehörigen der einheimisdien neustrisdien Obersdiidit, begegnet Scupilio an dritter Stelle nach der Erblasserin und dem wohl als comes civitatis zu identifizierenden Mummolus1. Die nur bruchstückhaft vorliegende Urkunde enthält Übertragungen immobilen Besitzes — soweit erkennbar in den pagi Meaux und Paris — und mobilen Besitzes an Ver• wandte der Erminethrud sowie u. a. an acht Basilicae von Paris und schließlich Freilassungen in großem Umfang. Das Testament sagt nichts zur Amtsbezeichnung des Scupilio, der anscheinend ein in Paris eingesetz• ter Großer aus der Umgebung des Königs ist.

1 Pard. II, Nr. 452, p. 258. Die Graphie des Personennamens ist offensichtlich verderbt. Der Ursprung des Namens bleibt dunkel.

CCLXXVI. SERVATUS Legat HS Dagoberts I.

Servatus kehrt 630/31 aus Byzanz in das Frankenreich mit seinem Ge• sandtschaftskollegen Paternus zurück1. In Dagoberts I. Auftrag hatten

213 beide eine pax perpetua mit Heraklios geschlossen. Beide Gesandten ge• hören der romanischen Oberschicht an. Es ist anzunehmen, daß sie dem regnum Burgund entstammen. Die Angabe des Chronisten, daß beider Mission im achten Herrscherjahr Dagoberts erfüllt ist, läßt darauf schlie• ßen, daß Dagobert beide Große wohl erst mit Beginn der Gesamtherr• schaft, 629, nach Byzanz geschickt hat. Die Gesandtschaft hat demnach mehr als zwölf Monate in Anspruch genommen.

1 MGH. SSRM. II, p. 151 (= Fred. IV, cap. 62).

CCLXXVII. SI A G RI U S * Comes in Albi. Patricius in Marseille

Die gegen Ende des VIII. Jhdts. verfaßte Vita des Bischofs Desiderius von Cahors2 berichtet von diesem Großen, der im aquitanischen Süden beheimatet und Träger eines romanischen Personennamens ist, daß ihm unter Chlothar IL und Dagobert I. die administratio Massiliae anver• traut ist3. Neben Desiderius, dessen Bruder er ist4, erlangt Siagrius "post diutina palatii Francorum ministeria" unter Chlothar IL zunächst 6185 das Amt des comes in Albi, ehe ihm das bedeutendere Amt des Marseiller patricius übertragen wird6, das sich vor allem durch die damit verbundene iudiciaria potestas kennzeichnet7. Wie den Albienser Comitat verwaltet Siagrius den Marseiller Patriziat mehrere Jahre hindurch8, ohne daß der Zeitpunkt für den Antritt des Patriziats freilich zu erschließen ist. Im siebten Jahr der Herrschaft Dagoberts I. stirbt Siagrius in Marseille9; dort folgt ihm Desiderius 629/30 im Amt für kurze Zeit nach. Nach Ausweis der Vita Desiderii ist Siagrius mit Bertolena verheira• tet, einer sehr vornehmen Albienserin, die nach 630 umfangreiche Schen• kungen an die Kirche des ihr per testamenti paginam vermachten Besitzes des Siagrius macht10. Die Ehe scheint kinderlos geblieben zu sein.

1 Zu Siagrius cf. R. BUCHNER, Provence, p. 96. (Nr. 13) und K. F. STROHEKER, Se• natorischer Adel, p. 222 (Nr. 378). 1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 127. 8 MGH. SSRM. IV, p. 568 (= Vita Desiderii, cap. 7), wohingegen cap. 2 (p. 564) von der "Massiliae gubernacula* spricht. 4 Cf. dazu Prosopographie Nr. CXLII. 5 MGH., a. a. O., p. 565 (= Vita Desiderii, cap. 4): "... anno . . . tricesimo quarto Flotharii regis* • MGH., a. a. O., p. 563/64 (= Vita Desiderii, cap. 1). 7 MGH., a.a.O.: "... et apud Massiliam iudiciariam potestatem diu exercuit*

214 8 MGH., a. a. O. (vorhergehendes Zitat). Ebenso: "Siagrius autem Mass Mae guberna- cula et Albiensium cometatum annis plurimis administravit* • MGH., a. a. O., p. 568 (= Vita Desiderii, cap. 7). 10 MGH., a. a. O., p. 566 (= Vita Desiderii, cap. 4).

CCLXXVIII. SICHELMUS Vir illuster. Attoarierdux

663/4 schreibt Sidielm an die maioresdomus Reidebert (sc. Radobert), Chrodebert und Emerulf, die er um Fürsprache für das burgundische Kloster B£ze bei Chlothar III. ersucht1. Chlothar III. antwortet mit einem Praecept von 664 Aug 22, das er an den vir illuster und dux Sidielm richtet. Es ist zugleich das einzige Mal, daß Sidielm mit dieser Amts• bezeichnung genannt wird. Er ist Amtsträger in dem Gebiet, in dem auch B£ze liegt, dem Attoarierducat. Dieser Ducat ist für Sidielm auch dar• aus zu erschließen, da der bisherige Inhaber, der Amalgar-Sohn Adal- ricus — er ist vermutlich der Vater des gleichnamigen dux des Elsaß — dieses Amtes zeitweise enthoben worden ist, das er in der Nachfolge seines Vaters angetreten hatte. Dieser ist als dux im pagus Attoariensis belegt3. Sidielm ist wohl mit dem Subskribenten des in Clichy ausgestell• ten und im Original erhaltenen Diploms Chlodwigs II. für St.-Denis von 654 Juni 224 identisch. Eine Amtsbezeichnung wird 654 noch nicht genannt. Wahrscheinlich stammt Sidielm selbst aus Burgund. Seine Un• terschrift steht zwischen denen zweier burgundisdier Großer5.

1 Pard. II, Nr. 348, p. 131. Das im Chronicon Besuense überlieferte Schreiben des dux ist sicher überarbeitet, im wesentlichen aber doch als echt anzusehen. £ MGH. DM. Nr. 42, p. 39. In der vorliegenden Fassung ist das Diplom nicht echt. Nicht-merowingisch erscheinen corrohoratio und die Datierung. Auch die Arenga fällt auf. Ein echter Kern ist der Urkunde aber nicht abzusprechen. * Cf. Prosopographie Nr. VII. 4 MGH. DM. Nr. 19, p. 21 (= LS. Nr. 6). 5 MGH., a.a.O. Sidielm subskribiert nach dem ebenso ohne Amtsbezeichnung ge• nannten Vandalmarus, der wohl dux des Ultraiuranus ist, und dem patricim Auder(a)- dus.

CCLXXIX. SIGOALDUS Dux in Burgund

Ein dux dieses Namens erscheint 613, dem Jahr der Auseinandersetzung Chlothars (IL) und Brunidiilds, unter den burgundisdien Großen, die mit Warnadiar, dem maiordomus Burgunds, darin übereingekommen

215 waren, mit dem Neustrier gegen den jungen Sigibert (II.) zusammen• zuarbeiten1. Es liegt nahe, für den dux Sigoald, der wohl Amtsträger in Burgund ist, selbst burgundisdie Herkunft anzunehmen. Sigoald gehört nicht mehr in den Kreis der altburgundischen Faktion um den patricius Aletheus.

1 MGH. SSRM. II, p. 141 (= Fred. IV, cap. 42).

CCLXXX. SIGOFREDUS Vir illuster. Grafio Chlodwigs III. Vir illuster. Auditor des maiordomus Grimoald

Mit dem 693 Feb 28 an dem Königsgericht Chlodwigs III. im palatium Valenciennes als Beisitzer teilnehmenden grafio Sigofrid1 ist wohl der unter Childebert III. genannte gleichnamige Amtsträger identisch. Das im Original erhaltene Placitum dieses Königs, der 710 Dez 13 St.-Denis erneut privilegiert, verzeichnet Sigofred als comes palatii des im palatium Montmacq/Oise tagenden Königsgerichts2. Das Original der Urkunde zeigt sehr deutlich, daß der Name des als comes palatii nostri bezeichne• ten Großen an einer frei gebliebenen Stelle der Urkunde nachgetragen worden ist. Derselbe Sigofred wird nun in einer nicht-königlichen Ge• richtsverhandlung, die ein Placitum von 710 Dez 14 wiedergibt, als Bei• sitzer erwähnt8. Diese Urkunde, ein arnulfingisches Deperditum, ist im Bestätigungsdiplom Childeberts III. enthalten. Die testimoniatio Sigo- freds vor dem maiordomus Childeberts III., Grimoald, erfolgt in den Formen, wie sie merowingische Gerichtsurkunden seit der Mitte des VII. Jhdts. überliefern. Die Formel, die diese testimoniatio umschreibt, weicht allerdings stark von der merowingischer Placita ab — wie ebenso die Amtsbezeichnung für Sigofred, den dieses im Original erhaltene Diplom nicht comes palatii, sondern auditor Grimoalds nennt, dessen Siegel er auch führt — auch dies abweichend von den Amtsbefugnissen mero• wingischer comites palatii. Die Bestätigungsurkunde Childeberts III. er• folgt ebenso in der Form eines Placitums. Es gibt kaum einen Zweifel daran, daß der in dem Diplom vom 13. Dezember verzeichnete comes palatii mit dem auditor des Diploms des folgenden Tages identisch ist. Aufgrund des eindeutigen paläographischen Befundes ist Sigofred als auditor dem maiordomus Grimoald, nicht hingegen als comes palatii Childebert III. zuzuordnen. Die Amtsbezeichnung auditor wird nur in diesem Diplom über• liefert. Dies wird wohl der Absicht des maiordomus entsprochen haben, die offiziöse Amtsbezeichnung zu umgehen. Das Amt des comes palatii

216 ist unter Childebert III. innerhalb von vierzehn Jahren ungewöhnlich gut bezeugt.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). * MGH. DM. Nr. 77, p. 69 (= LS. Nr. 31). 8 MGH. DM. Nr. 78, p. 70 (= LS. Nr. 32).

CCLXXXI. SIGOLENUS Vir illuster

Das Testament des Bischofs Berthram von Le Mans, das dieser 616 März 27 in die Gesta municipalia der Bischofsstadt insinuieren läßt, nennt Sigolen, einen Verwandten (parens) des Bischofs, mit diesem Prä• dikat als den Besitzer eines Teils der in der Saintonge gelegenen villa Castolione (= "ChitiHon")1, als deren Mitbesitzer die Eltern Berthrams erscheinen. Die genannte villa ist offensichtlich in den Wirren, die schließ• lich zur Übernahme der Gesamtherrschaft durch Chlothar II. geführt ha• ben, zeitweise in fremden Händen gewesen und durch Chlothar aufgrund königlichen Praecepts — wohl noch 613 — an Berthram gekommen2. 616 verfügt dieser testamentarisch, daß diese villa bei seinem Ableben erneut der ditio seines Verwandten Sigolen unterstellt werden oder dessen Söhnen, Sichelech und Berthelaich, zufallen soll, wenn Berthram Sigolen überlebt. Dieser im Aquitanischen wie Berthrams Mutter begüterte Große ist vielleicht identisch mit dem gleichnamigen Referendar Chlothars IL, in dessen Auftrag er 625 Juni das im Original erhaltene Diplom für die Basilica St.-Denis ausfertigt3. Das im Berthram-Testament für Sigolen belegte vir illuster-Prädikat deutet vermutlich auf eine solche Amts• tätigkeit hin.

1 Pard. I, Nr. 230, p. 201. Nach den Gesta pontificum neu ediert von H. LECLERCQ, DACL. X, 2, p. 1499-1518. 1 H. LECLERCQ, a. a. O., p. 1503: "Similiter villa Castolione, ... ipsam nobis gloriosus domnus Clotarius rex, per suum praeceptum concessit,..." » MGH. DM. Nr. 10, p. 13 (= LS. Nr. 1).

CCLXXXII. SIGOLENUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Unter den zweiundfünfzig Beisitzern eines Placitums des noch un• mündigen Chlodwig III. begegnet Sigolen an letzter Stelle einer Gruppe von zwölf Optimaten1. Für das in Valenciennes 693 Feb 28 anläßlich des Märzfeldes ausgestellte Diplom, das Große aller Reichsteile auch in

217 der Reihe der Optimaten verzeichnet, läßt sich die Herkunft dieses Gro• ßen freilich nur aus dem germanischen Personennamen erschließen, der seinen Träger möglicherweise der einheimischen fränkischen sc. neustri- schen Oberschicht zuordnet.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). Cf. im übrigen Prosopographie Nr. CCLXXIV.

CCLXXXIII. SILVESTER Grafio Die in Reims 715 Apr ausgestellte Donatio des Abtes Ado von St.- Remi für die gleichnamige Kirche verzeichnet diesen Großen an neunter Stelle einer Reihe von elf Zeugen, welche die cbarta des Abtes subskribie• ren1. Silvester ist der einzige in dieser Urkunde überlieferte Große mit Amtsbezeichnung. Der nicht-germanisdie Personenname2 deutet darauf hin, daß dieser grafio nicht-fränkischer Herkunft ist. Zum Amtsbereich des Silvester ist zu bemerken, daß dieser wohl ein im neustrischen Grenz• gebiet eingesetzter Amtsträger gewesen ist.

1 Pard. II, Nr. 492, p. 301. * Der Name des grafio ist nach dem Signatsvermerk im Dativ Singular in der Lau• tung "Silvestro" wiedergegeben.

CCLXXXIV. S I N D I C O Emanuensis ( — " Urkundenschreiber ") Mit dieser Amtsbezeichnung begegnet Sindico in Weißenburg 713 Apr 22 als der für die Ausfertigung der Donatio verantwortliche Schrei• ber, der die Urkunde auch subskribiert1. Die Tätigkeit als emanuensis in Urkunden für das Kloster Weißenburg ist für Sindico nur 713 bezeugt. Mit diesem ist ein nach fast zwei Generationen in Weißenburger Tradi• tionen genannter gleichnamiger Urkundenschreiber wohl nicht mehr iden• tisch. Das Fehlen der in Weißenburger Traditionen üblichen termini notarius oder emanuensis in einer Urkunde von 739 Juni 192, die Sindicho nicht nur subskribiert, sondern wohl auch ausgefertigt hat, wäh• rend die zweite Urkunde von 745 Aug 28 den Namen Sindichos ledig• lich unter den Zeugen überliefert3, ist anscheinend ein Hinweis darauf, daß dieser Mönch des Konvents gewesen ist, zumal die genannten Urkun• den sämtlich in Weißenburg selbst ausgestellt sind.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 266, p. 256. 1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 159, p. 149. • Traditiones Wizenburgenses Nr. 143, p. 136.

218 CCLXXXV. SYCHARIUS Legatus Dagoberts I.

631/32 berichtet Pseudo-Fredegar, daß fränkische Kaufleute von Wen• den des Samo-Reiches getötet und ihrer Waren beraubt werden. In dem vom Chronisten als "inicium scandali" zwischen Dagobert I. und Samo bezeichneten Zwischenfall ergreift Dagobert zunächst die Initiative mit der Abordnung des legatarius Sychar, der von Samo volle Sühne für die getöteten Kaufleute verlangt1. Sychar überschreitet jedoch seine Kom• petenzen auf — wie es scheint — ungeschickte Art, so daß es zwischen ihm und Samo zu einem deutlichen Eklat kommt. Der ins Frankenreich zu• rückkehrende Gesandte erreicht, daß Dagobert I. "de Universum regnum Austrasiorum" das Heer gegen Samo aufbietet. Die durch ein diploma• tisches Ungeschick heraufbeschworene Auseinandersetzung endet mit der großen fränkischen Niederlage bei Wogastisburg. Sychar ist wohl ein• heimischer austrasischer Großer2.

1 MGH. SSRM. II, p. 154 (= Fred. IV, cap. 68). 1 Dagobert I. hat sich 631/32 wohl in Auster aufgehalten. Von Metz nimmt der Feld- zug rein austrasischer Kontingente seinen Ausgang. Der zweigliedrige Personenname des legatus ist germanischer Provenienz, cf. dazu E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1322.

CCLXXXVI. TEUDERICUS Vir illuster. Comes (in Ribuarien)

Ein in den nach 833 entstandenen Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii1 überliefertes arnulfingisches Deperditum von 723 Juli 19 ver• zeichnet Teuderich mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prädikat unter den sieben Beisitzern eines Placitums im castrum Zülpich an vier• ter Stelle nach den Bischöfen Ebbo (von Sens), Haldoin (von Troyes) und Milo (von Trier) und vor drei weiteren comites2. Karl Martell, vor dem der Rechtsstreit um eine unweit S£ez/Orne gelegene villa ausgetra• gen wird, entscheidet zugunsten des Klosters St.-Wandrille, das durch sei• nen advocatus vertreten ist, und gegen den comes Berthar, der wohl Amtsträger im ducatus Cenomannicus ist. Der vor 750 seltene Personenname — ein Königsname, den eben jener Merowinger trägt, in dessen Regierungszeit die Ausstellung des Placitums fällt, Theuderich IV. —, der Umkreis um den karolingischen maiordo- mus, der vorrangige Platz unter den weltlichen Amtsträgern wie das Amt selbst lassen an eine Identität mit dem Theoderich denken, der als Verwandter Chariberts, des comes von Laon und Sohnes Bertradas d. Ä.,

219 unter den karolingisdien Vorfahren nachzuweisen ist. Dieser Theoderich subskribiert als letzter Zeuge die cartula donationis der Bertrada sive Berta für Prüm von 7213 — freilich ohne Amtsbezeichnung, wie ebenso Charibert, der nach Bertrada unterschreibt, als deren Sohn er bezeichnet wird. Beide Große treten zudem als Traditoren von Besitz im Bliesgau an den Abt Fulrad von St.-Denis auf4. Das aus diesem gemeinsamen Besitz zu schließende Verwandtschaftsverhältnis hat E. Hlawitschka mit über• zeugenden Gründen als das von Vettern bezeichnet5. Theoderich ist dem• nach über die Tochter Irminas von Oeren, Chrodelind, die unter den Subskribenten der Prümer Urkunde ihrer älteren Schwester Bertrada ge• nannt wird, mit den Arnulfingern verwandt. Ein Nachfahre des als Bei• sitzer fungierenden comes in der Gerichtsurkunde unter der Aegide des maiordomus Karl Martell ist dann jener gleichnamige Große, den die Annales regni Francorum folgerichtig als propinquus regis6 bezeichnen, der als comes unter Karl d. Gr. in Ribuarien nachweisbar ist. Eben hier wird wohl auch der Amtsbereich des unter Karl Martell in Zülpich ge• nannten comes Theuderich gelegen haben.

1 WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft III, p. 344-45. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii III, 5, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 33. 8 Pard. II, Nr. 516, p. 329. 4 Cf. J. FLECKENSTEIN, Fulrad, Studien und Vorarbeiten, p. 11 und 24. 5 E. HLAWITSCHKA, Die Vorfahren Karls des Großen, Karl der Große, Bd. I, p. 77. 9 MGH. SS. rer. Germ. p. 60 ( = Annales regni Francorum ad a. 782). Ribuarien ist als Amtsbereich Theoderichs nachweisbar: "Quibus in ipsa Saxonia obviavit Theodericus comes, propinquus regis, cum bis c o p i i s, q u a s audita Saxonum defectione raptim i n Ribuariacongregarepotuit."

CCLXXXVII. TEUTGISLUS Domesticus et custos saltuum villarumque regalium im Gebiet von Rouen

Der mit dieser Amtsbezeichnung, aber ohne das vir illuster-Prädikat in den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii1 genannte Große ist neben Radulf, dem comes von Rouen, 639 Feb 4 Adressat einer verlorenen Ur• kunde Chlodwigs IL, die dieser dem neustrischen, aus dem Vexin stam• menden Großen Rotmar2 mit Zustimmung seiner Mutter, der Königin• witwe Nanthild, ausstellt3. Das im neustrischen palatium zu Nanteuil ausgefertigte Diplom bestätigt Rotmar Besitz im Gebiet von Rouen4, den bereits Dagobert I. an diesen Großen durch Schenkung vergabt hatte. Das Deperditum Chlodwigs IL weist den domesticus Teutgisel eindeutig als den für das Gebiet der Schenkung zuständigen Amtsträger aus. Die Rotmar erneut bestätigte Schenkung umfaßt Gut der königlichen Do• mänen im Gebiet von Rouen. Teutgisel, der als Verwalter dieser Do-

220 mänen auftritt, wird wie dem für Rouen zuständigen comes Radulf durch Chlodwig IL angezeigt, "ut licitum foret Rotmaro easdem res quieto ordine possidere". Es fällt auf, daß das Deperditum den domesticus vor dem comes nennt. Das aber ist die Rangfolge des VI. Jhdts., während im VII. der comes vor den domesticus gestellt ist. Damit wird eine im VII. Jhdt. ungewöhnliche Rangverschiebung deutlich. Für das Verhältnis des comes zu den Domanialgütern seines Amtsbereiches kann daraus wohl nur der Schluß gezogen werden, daß diese vom comes nicht unabhängig gewesen sind. Das Interesse des Klosters scheint bei der Erwähnung des dome• sticus vor dem comes als dem eigentlichen Amtsträger mit im Spiele ge• wesen zu sein, da die Gesta Kap. I, 7 vor allem Besitzgeschichte des Klo• sters wiedergegeben. Es ist ebenso auffällig, daß in dem Deperditum von 639 neben der offiziösen Amtsbezeichnung domesticus eine zusätzliche Umschreibung für dieses Amt tritt "custos saltuum villarumque rega- lium". Zieht man die custos-Belege sicherer merowingischer Provenienz heran, so ist festzustellen, daß diese in dem von der Prosopograpie behandelten Zeitraum vorwiegend der Viten-Literatur entstammen, wo sie das weltliche Amt meinen, und merowingischen Diplomen, die mit custos in der Regel den geistlichen Würdenträger bezeichnen5. Die• se Doppelung der Bezeichnung für ein und dasselbe Amt bei Teut- gisel weist so auf die Eigenart der Quelle zurück, wenn sich der Chronist der Gesta an dem custos-Begriff der Viten-Literatur orientiert.

1 Zur Entstehungszeit der Gesta cf. Prosopographie Nr. LXXVI. 2 Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii, caput I, 7, ed. F. LOHIER-J. LAPORTE^ p.13. 8 A. a. O., p. 13. 4 Die Herausgeber der Gesta identifizieren zwar nicht den im Deperditum genannten locus Bothmariacensis (p. 131); der Kontext der Dispositio jedoch schließt das Gebiet von Rouen durch die mit diesem locus verschenkte Mühle "super fluvio Fontaneila" (p. 12) ein. Für eine Zuweisung in das Gebiet von Rouen spricht auch, daß die Schen• kung in der regio des Klosters liegt (p. 13). 5 Als Beispiel für die zeitgenössische Viten-Literatur sei die Vita Audoins von Rouen, cap. 1 (= MGH. SSRM. V, p. 554) genannt, die den Bruder des Bischofs als "palatii thesauros custos" bezeichnet. Die merowingischen Diplomata mit custos-Belegen stam• men alle aus den ersten Dezennien des VIII. Jhdts.: MGH. DM. Nr. 75, p. 66 von 706 (einziges Beispiel zur Bezeichnung eines weltlichen Amtsträgers), MGH. DM. Nr. 78, p. 69 von 710 sowie Nr. 87, p. 77 von 717, die beide den Abt damit bezeichnen.

CCLXXXVIII. THEO(T)BALDUS Dux (in Thüringen)

Theobald wird mit dieser Amtsbezeichnung im Text einer Inschrift erwähnt, deren Fundort das bei Aschaffenburg gelegene Nilkheim ist1.

221 Erst Willibald, der Biograph des Bonifatius, nennt in der nach der Mitte des VIII. Jhdts. verfaßten Vita des Heiligen2 den Amtsbereich Theotbalds, dessen Herrschaft in Thüringen Willibald als einen pericu- losus primatus beschreibt8. Ob Theotbald mit Heden verwandt ist und in welcher Weise er neben diesem Herrschaft in Thüringen ausgeübt hat, sind Fragen, die angesichts der Quellenlage offen bleiben müssen4.

1 Die genannte Inschrift ist ediert von W. LEVISON, MGH. SS. rer. Germ., p. 32 Anm. 4 (== Vita Bonifatii auctore Willibalde*). Der in der Inschrift erwähnte Bischof Regebertus ist mit Rigobert von Mainz identisch (cf. L. DUCHESNE, Fastes ^piscopaux, Bd. III, p. 158). * Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft II, p. 176. 8 MGH. SS. rer. Germ., p. 32 (= Vita Bonifatii auctore Willibaldo, cap. 6). 4 Zu Theotbald cf. H. PATZE und W. SCHLESINGER, Geschichte Thüringens, Bd. I, p. 339/40 und Literatur (vor allem H. BÜTTNER) p. 432.

CCLXXXIX. THEOTCHARIUS Vermutlicher dux des pagus Muslinsis (= "Mosel-Gau")

In einem echten Hausmeierdiplom1 Pippins (d.M.), das 706 Mai 13 in Gaimundas (= "Saargemünd"?) ausgestellt ist, wird der dux Theo- thar, der 706 bereits gestorben ist2, als Besitzer einer Hälfte von Ech- ternach erwähnt. Dieser Besitzanteil ist über Theothars Sohn Theodard an Pippin und Plectrud tradiert worden. Wohl derselbe Amtsträger verkauft schon 682/83 Apr 1 an das Klo• ster Weißenburg eine Einrichtung zur Salzgewinnung in Marsal im Seille- Gau, wo seine Urkunde auch ausgestellt ist3. Im Salzgebiet von Marsal ist auch der jüngere comes Wulfoald, der Gründer St.-Mihiels, begütert4; das wirft ein bezeichnendes Licht auf die wirtschaftliche Bedeutung dieses Gebietes, in dem auch Fulrad von St.-Denis Besitz hat5. Die 682/83 an• scheinend unter dem Einfluß der Bestimmungen der Lex Ribuaria öffent• lich verhandelte cbarta Theotchars6 nennt wiederum den Sohn des dux: Theotchar, der nach seinem Vater subskribiert7. In zwei weiteren Weißenburger Urkunden der Familie Chrodoins, die besonders eng mit dem Kloster verbunden ist, taucht ein Theothard unter den Zeugen für eine Besitzübertragung im Saargau auf, wohl der Sohn des duxs. Dieser ist nicht der Vater Irminas von Oeren, wie auch sonst keine gesicherten verwandtschaftlichen Beziehungen nachgewiesen werden können9. Wäh• rend wir die Kenntnis des Besitzes in Echternach und Marsal einem Zu• fall der Überlieferung verdanken, bleibt der eigentliche Amtsbereich dieses dux ungenannt10. Es ist jedoch eine ansprechende Hypothese,

222 Theotchar als dux des ducatus Muslinsis11 anzunehmen, in dessen Gren• zen auch der von ihm bekannte Besitz liegt.

I MGH. DM. Hausmeier-Diplome Nr. 4, p. 93. Zur Echtheitsfrage cf. I. HEIDRICH, AfD. 11/12 (1965/66) p. 238. * MGH., a. a. O.: "... medietatem de ipso Epternaco, quam Tbeotbarius quondam dux ibidem tenuit, . . ." Cf. dazu F. HIMLY, BECh. L (1939) p. 284. 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 213, p. 204: "... in vico marsello ad sal faciendum una cum sesso vel officina constructa cum portu." 4 Pard. II, Nr. 475, p. 280: "...(.. .)aenea in vicus Marsallus ad sal faciendum .. ." 5 J. FLECKENSTEIN, Fulrad von Saint-Denis, Studien und Vorarbeiten, p. 12. 6 Die "publice" und "coram testibus* verhandelte Urkunde wird von dem Gerichts• schreiber ("amaioinsis") Babo geschrieben. Die Siebenzahl der testes dieser Urkunde steht nach ribuarisdiem Recht (cf. Titel LIX, § 1 in der Ausgabe von K. A. ECKHARDT, Hanno• ver 1966) für eine parva res, wie es der Verkauf einer Salzpfanne nahelegt. 7 Er ist wohl identisch mit dem 706 (cf. Anm. 1) genannten Theodardus, obschon das Grundwort nicht übereinstimmt. Dies scheint aber auf der verderbten Weißenburger Überlieferung zu beruhen, die oft ein und denselben Personennamen mit verschiedenen Lautungen wiedergibt. 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 195, p. 185 von 718 Mai 18 mit der Lautung "Theotbart". Nr. 196, p. 186 von 716 Juni 27 mit der Lautung "Tbeatbad" und "Theat- hart." Beide Urkunden sind im Saargau ausgestellt; die Precarie Chrodoins von 718 in Berg, die Urkunde desselben Ausstellers von 716 in Rimwiller. 9 Cf. E. HLAWITSCHKA, Die Vorfahren Karls des Großen, Karl der Große, Bd. I. (= Persönlichkeit und Geschichte), p. 73. HLAWITSCHKA argumentiert zu Recht, daß Theotchar nicht der Vater der Äbtissin sein kann. Der Besitz einer Hälfte der villa Ech- ternach und die Tatsache, daß der dux 706 bereits nicht mehr lebt, Irmina hingegen 698 bereits Besitzanteile in Echternach hat, machen deutlich, daß hier eine ältere Besitzteilung für Echternach vorliegt, die zwischen Irminas Vater und dem dux Theotchar erfolgt sein muß. Cf. auch K. A. ECKHARDT, Merowingerblut I, p. 124, der jedoch an Theotchar als dem "ziemlich wahrscheinlichen" Vater Irminas festhält. 10 Die Bezeichnung "pagus mosalinse" kennen die Weißenburger Traditionen, die diese 699 Mai 1 (= Nr. 205, p. 196) überliefern. Der "ducatus Moslinse" entstammt erst karolingischer Zeit: MGH. DD. Karol. I, Nr. 148, p. 201, von 781/91. II So E. EWIG, Trier, p. 81 und RhVjBll. 17 (1952) p. 128. EWIG setzt die Errichtung des Mosel-Ducats an das Ende des VI. oder in das VIII. Jhdt. "als Grenzducat gegen Burgund" (=* Trier, p. 83).

CCXC. THEUDOALDUS Comes in Nantes

Mit Soffronius, dem Bischof dieser Stadt, empfängt Theudoald, dem Ionas, der Biograph Columbans, die Amtsbezeichnung comes zulegt, um 610 den nach Nantes in die Verbannung reisenden Columban "iuxta regis Imperium" (sc. Theuderici II.)1. Columban soll von hier aus mit Theudoalds Hilfe zu Schiff nach Irland gebracht werden, ein Vorhaben, das jedoch scheitert. Columban wird in Nantes mit allen Ehren wieder-

223 aufgenommen, wo er sich noch eine Zeitlang aufhält, um sich dann zu Chlothar (IL) zu begeben.

1 MGH. SS. rer. Germ., p. 205 (= Vita Columbani I, cap. 23).

CCXCL THEUDOGISILUS Domesticus Die zeitgenössische Vita des Sulpicius von Bourges1 erwähnt Theudo- gisel als Großen vornehmer Abkunft, der noch zu Lebzeiten des Bisdiofs (vor 646) mit diesem expetenti causa in Verbindung tritt2. Der Verfas• ser berichtet, daß Theudogisel de palatio regis, d. h. wohl aus Paris, zu Sulpicius nach Bourges kommt. Der mit der Amtsbezeichnung domesti• cus ausgewiesene Große ist wohl fränkischer Deszendenz, wie dies auch der zweigliedrige germanische Personenname nahelegt.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I., p. 127. 1 MGH. SSRM. IV, p. 373 (= Vita Sulpicii, cap. 1).

CCXCII. TRODOVEUS Vir illuster Dieser Große begegnet 651 Juni 27 in der Schenkungsurkunde des Ab• tes Leodebod von St.-Aignan/Orleans, der die Kirchen von St. Aignan/ Orleans und St. Maria/Fleury sowie das in Fleury neuzugründende Klo• ster reich ausstattet1. Die villa Asinarias, quae est in volle', die durch diese Schenkung an das Kloster in Fleury gelangt, hatte Leodebod per commutationis epistolas von dem mit dem vir illuster-Prädikat beleg• ten Trodoveus (anstelle von einzelnen portiones in Sonchamp und Ga- rance aus käuflichem Erwerb des Abtes) erhalten. Die wohl im Orl£an- ais gelegene villa macht wahrscheinlich, daß Trodoveus der einheimi• schen Oberschicht zugerechnet werden kann. Der Personenname, der wohl den zweigliedrigen germanischen zugehört2, spricht möglicherweise für eine fränkische Provenienz seines Trägers. Ob das vir illuster-Prädikat auf ein Amt hinweist oder nur der Ranghöhe dieses Großen Ausdruck verleiht, bleibt ungewiß.

1 M. PROU et A. VIDIER, Recueil des chartes de Tabbaye de St.-Benoit-sur-Loire, Bd. I, p. 8. 2 Im Namenerstbestandteil liegt wohl althochdeutsch drut- zugrunde, im Zweitbe• standteil althochdeutsch wie-. Cf. dazu M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 76 (zum Erstbestandteil) und p. 18 (zum Zweitbestandteil). Cf. ebenso E. FÖRSTEMANN, Altdeut• sches Namenbuch, Bd. I, p. 781.

224 CCXCIII. ULSINUS Notarius^ "Urkundenschreiberw)

Auf Anordnung des Abtes Huntbert von Maroilles (Diözese Cambrai) schreibt Ulsinus 671 in Maroilles dessen epistola donationis zugunsten des genannten Klosters, dem Besitz Huntberts im pagus Laon übertragen wird1. Aussteller wie Ausstellungsort der Urkunde machen wahrscheinlich, daß der als Notar bezeichnete Ulsinus wohl selbst geistlicher Würden• träger ist, der 671 als Urkundenschreiber fungiert.

1 Pard. II, Nr. 365, p. 155. Wahrscheinlich ist die Urkunde eine Fälschung.

CCXCIV. URO DomesticHs Dagoberts I.

Von Uro wird nur gesagt, daß er der Vater des Prinzenerziehers Otto ist1, der als Gegner der Pippiniden hervortritt2. Es muß dahingestellt bleiben, ob Uro den Weißenburger Donatoren zuzurechnen ist3. Dies würde jedoch die Opposition zu den Pippiniden miterklären. Uros Do- mesticat, den er unter Dagobert I. innegehabt haben muß, hat Otto wohl über die damit verbundene Königsnähe den Weg zum Erzieher des austrasischen Prinzen Sigibert (III.) freigemacht.

1 MGH. SSRM. II, p. 164 (= Fred. IV, cap. 86). 2 Cf. Prosopographie Nr. LIII. 8 Traditiones Wizenburgenses Nr. 257, p. 256 von 719 Juli 12, wo ein Uro an vierter Stelle unter den Zeugen genannt wird, der aber nicht mit dem Vater des baiulus Otto identisch sein kann. Gleichwohl ist die Namensgleichheit ein erstes Indiz für einen mögli• chen verwandtschaftlichen Zusammenhang, zumal der Personenname Otto in der Familie des Weißenburger Donators Gundoin belegt ist und sonst nur noch in einer echten Ur• kunde des maiordomus Karl Martell für Bischof Willibrord von 726 Juli 9 vorkommt (= MGH. Hausmeier-Dipl. Nr. 12, p. 100). Unter den Subskribenten erscheint ein Odo ohne nähere Kennzeichnung an sechster Stelle nach den comites.

CCXCV. URSINUS Vir illuster. Fidelis Dagoberts I.

Mit diesem Prädikat begegnet Ursinus nach 629 Jan 41 in der Adresse des im Original erhaltenen Diploms Dagoberts I.2. Die von Ursinus selbst erbetene Bestätigung der zwischen diesem und seinem Bruder Beppolen geschlossenen pagina divisionis von Besitz aus dem Erbe seines Vaters

225 Chrodolen sowie des verstorbenen Bruders Chaimed nennt Besitz im Rovergue — teilweise de alode materna — den Dagobert I. Ursinus als diesem rechtmäßig zugehörig gegen die Ansprüche Beppolens bestätigt. Ursinus wird als fidelis dieses Königs bezeichnet; dies scheint mit dem überlieferten Prädikat auf eine Amtstätigkeit des Ursinus hinzudeuten3. Ein Amt wird freilich nicht genannt. Der romanische Personenname dieses Großen neben vorwiegend ger• manischen anderer Familienangehöriger läßt darauf schließen, daß hier verwandtschaftliche Bindungen zwischen der einheimischen romanischen Führungsschicht und der fränkischen Oberschicht vorliegen.

1 Das Rovergue ist an Dagobert I. erst nach Übernahme der Gesamtherrschaft ge• kommen. Die dem Ursinus gegebene Besitzbestätigung belegt Dagobert I. bereits als rex. * MGH. DM. Nr. 12, p. 14 (= LS. Nr. 4). 8 MGH., a. a. O.: "Adque ideo vir inluster fedelis Deo propicio noster Ursinus...".

CCXCVI. VENERANDUS Dux (von Bordeaux). Legatm Dagoberts I.

Venerandus ist militärischer Führer eines Frankenheeres, das mit aqui- tanischen Kontingenten (Toulouse) von Dagobert I. zur Unterstützung des westgotischen Prätendenten Sisenand 631 aufgeboten wird1. Venerandus, dessen Amt selbst nicht genannt wird, stößt mit dem exercitus Tolosanus gemeinsam mit Abundancius bis Zaragoza vor, ohne freilich in den Kampf entscheidend eingreifen zu müssen, da Sisenand dort als König erhoben wird. Von diesem beschenkt zieht Venerandus mit dem Aufgebot von Toulouse in das Frankenreich zurück. Im Bericht des Chronisten tritt die militärische Aufgabe des Großen deutlich her• vor. Identifiziert man nach Cl. Perroud2 den exercitus Tolosanus mit dem gesamten Aufgebot des ehemaligen Charibert-regnum, dann ist Bor• deaux als Amtssitz des Venerandus sehr wahrscheinlich. Amtsvorgänger des Venerandus in Bordeaux ist Aighyna3. Der Name des Venerandus deutet romanische Herkunft seines Trägers an, ein Indiz, daß für eine Verwurzelung dieses Großen im aquitanischen Raum spricht. Mit dem dux Amalgarius ist Venerandus wenig später Teilnehmer einer Gesandt• schaft Dagoberts I. an Sisenand, um diesen an die Einlösung seiner vor Beginn des Feldzuges in Aussicht gestellten Ausgleichszahlung zu erin• nern4. Pseudo-Fredegar erwähnt wiederum kein Amt für Venerandus.

1 MGH. SSRM. II, p. 158 (« Fred. IV, cap. 73). 1 Cl. PERROUD, Duch£ d'Aquitaine, p. 44/45. » Cf. Prosopographie Nr. XVIII. 4 MGH., a. a. O.

226 CCXCVII. VIDRACHADUS Referendar Chlothars III.

Um 658 begegnet Vidrachad neben seinem Amtskollegen Ansebercth als Beisitzer eines Königsgerichts Chlothars III.1. Die Gerichtsurkunde ist im Original erhalten. Chlothar III. restituiert dem Kloster St.-Denis namentlich genannte villae im pagus Le Mans und dessen Nachbarpagi. Es ist unsicher, ob die Unterfertigung des Diploms von Ansebercth oder von Vidrachad veranlaßt ist, da das nur bruchstückhaft überlieferte Pri• vileg nach der Dispositio abbricht. Der Unterfertigungsauftrag ist für Vidrachad allerdings in einem in Etrepagny ausgestellten weiteren Privi• leg Chlothars III. bezeugt, der 660 Dez 23 dem Kloster Corbie Immu• nität von Zoll und sonstigen Fiskalabgaben verleiht2. Der Ausstellungsort dieses Privilegs kann für neustrische Herkunft des Amtsträgers sprechen. Der zweigliedrige, sehr seltene Personenname ist germanischer Prove• nienz8.

1 MGH. DM. Nr. 35, p. 33 (= LS. Nr. 13). 1 MGH. DM. Nr. 38, p. 35. Der kopial aus dem X. Jhdt. überlieferte Personenname wird in der Lautung "Vidrehadus* wiedergegeben. 8 Cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1574 und M. Th. MORLET, Les noms de personne, p. 222.

CCXCVIII. WAIMER Dux Campaniae

Als Parteigänger Ebroins begegnet Waimer in der zeitgenössischen Passio Leudegars von Autun1, die von der Gefangennahme des Bischofs, dem 675 ein von Ebroin geplanter Zug gilt, und dessen durch Waimer veranlaßtes austrasisches Exil berichtet2. Unter den zahlreichen viri illu• stres^ die Zeugen der Absetzung und Gefangennahme Leudegars werden, ist Waimer, den die Passio als dux quidam Campaniae bezeichnet, de finibus Austri nach Autun gekommen, wo er mit Desideratus cognomento Diddo, dem Bischof von Chaion, erfolgreidi die Wiederbesetzung des Autuner Bischofssitzes mit Bobo, dem aus Valence verjagten Bischof, betreibt. Während Waimer mit einem Teil des Heeres und Leudegar in die Champagne zurückkehrt, ziehen die Bischöfe Diddo von Chaion und Bobo von Autun gemeinsam mit dem Elsaß-Dux Chadalricus/Eticho vor Lyon, wo der Feldzug, an dem Ebroin selbst nicht teilnimmt, an Bi• schof Genesius scheitert. Nicht lange nach der Gefangennahme Leudegars nimmt Waimer diesen in sein Haus auf. Der Verfasser der Passio be• richtet, daß Waimer und dessen Frau, deren Namen nicht überliefert wird, durch den täglichen Umgang mit Leudegar bekehrt werden3. Eine

227 in Reims 692 ausgestellte echte Urkunde des Bischofs Bertoend von Chä• lons, der das Doppelkloster Montierender (Dervense, ostwärts von Troyes. Das Kloster selbst liegt in der Diözese Chälons.) — das Kloster der Mönche hatte Childerich II. ex munificentia sua erbaut — mit Frei• heiten ausstattet, nennt Waimer ohne Amtsbezeichnung und dessen Frau Walthild neben Abt Berchar als Gründer des Frauenklosters, dem Walt- hild 692 vorsteht. Waimer ist bereits nicht mehr am Leben4. Als Ugimer begegnet Waimer beim Verfasser der zeitgenössischen Passio Praeiects von Clermont5. Die Passio berichtet, daß der ohne Amtsbezeichnung genannte Große an der Blendung Leudegars beteiligt ist6. Die Passio bringt Waimer zugleich mit Troyes in Verbindung, das Waimer wohl gegen Ebroin behaupten konnte. Indizien sprechen dafür, daß der 680 neben Pippin (d. M.) genannte dux Martin7 Nachfolger Waimers als dux der Champagne ist.

1 Die Passio I, um die es sich hier in erster Linie handelt, datiert in das VII. Jhdt. Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 129. Ferner F. PRINZ, Mönchtum, p. 499 und F. GRAUS, Heiliger, p. 110 Anm. 348. 2 MGH. SSRM. V, p. 306/07 (= Passio Leudegarii, cap. 25). 8 MGH., a. a. O., p. 308 (== Passio Leudegarii, cap. 27). 4 Pard. II, Nr. 423, p. 221. Auch die Miracula s. Bercharii (= AA. SS. OSB. II, p. 849) erwähnen Waimer, jedoch ohne Amt. 5 Die Passio entstand in der zweiten Hälfte des VII. Jhdts.; cf. F. GRAUS, Heiliger, p. 135 Anm. 495. Ebenso WATTENBACH-LEVISON, a. a O., p. 129. 8 MGH. SSRM. V, p. 241 (= Passio Praeiecti, cap. 26). 7 Cf. Prosopographie Nr. CCXXXVII.

CCXCIX. WALDEBERTUS Domesticus Chlothars II.

Dieser Amtsträger begegnet 626/27 anläßlich der Auseinandersetzung Chlothars II. mit Godin, dem Sohn des zu diesem Zeitpunkt bereits ver• storbenen burgundischen maiordomus Warnachar1. Waidebert ist neben Chramnulf maßgeblich an der Beseitigung Godins beteiligt, der auf An• ordnung Chlothars IL die Stätten der Heiligen in Neuster (Soissons, Pa• ris und Chartres) aufgesucht hatte, um sich von der Anklage des ge• planten Königsmordes zu reinigen. Pseudo-Fredegar legt Waidebert die Amtsbezeichnung domesticus zu. Mit einem Heeresaufgebot wird Go• din schließlich iusso Chlothariae von Waidebert und Chramnulf, die den Sohn Warnachars von Paris nach Orleans locken können, im Gebiet von Chartres umgebracht. Der Verlauf dieser Auseinandersetzung läßt ver• muten, daß Waidebert wohl Amtsträger unweit Paris gewesen ist. Auch scheint Chramnulf, den der Chronist als procer Chlothars II. bezeichnet, der engeren Umgebung dieses Königs angehört zu haben.

228 Der zweigliedrige germanische Personenname weist Waidebert mög• licherweise als einheimischen fränkischen Großen aus. Es ist vielleicht kein Zufall, wenn Waidebert dann in einem gefälschten Diplom Dagoberts I. von 637 Sep 15 für die matricularii von St.-Denis erscheint, das durch Ausstellungsort (Clichy) und Dispositio wiederum auf das neustrische Kronland verweist2.

1 MGH. SSRM. II, p. 147 (= Fred. IV, cap. 54). 1 MGH. DM. Spuria Nr. 46, p. 165.

CCC. WALDELENUS Dux des Cisiuranus

Die zeitgenössische Vita Columbans1 überliefert Waldelen als dux über die "gentes qui intra Alpium septa et Iurani saltus, arva incolunt.*2 Zu dieser Angabe des lonas paßt indes nicht, daß Besanc;on als Sitz des dux genannt wird. Gerade dies ist Indiz für den Cisiuranus, den Waldelen unter Chlothar II. auch innegehabt hat, da neben ihm Wandalmar (I.) als dux des Ultraiuranus erscheint. Als Frau Waldelens ist Flavia belegt, die der einheimischen romani• schen Oberschicht entstammt — wie Waldelen selbst, der als Romane einen germanischen Personennamen trägt. Pseudo-Fredegar belegt 636/37 einen der beiden Söhne Waldelens, Chramnelen, als dux "ex genere Ro• mano"3. Donat, Waldelens erstgeborener Sohn, wird später Bischof in Besan9on. Von zwei Töditern, von denen lonas berichtet, wird der Name nicht überliefert. Waldelen ist wohl von Theuderich II. als dux des Cisiuranus eingesetzt worden, dem er unter Chlothar II. dann weiter vorgestanden hat. Wal• delens Sohn Chramnelen, der wie sein Vater einen germanischen Namen trägt, übernimmt das Amt des Vaters wohl erst unter Dagobert I.

1 Cf. WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 133. 2 MGH. SS. rer. Germ. p. 174 (Vita Columbani I, cap. 14). 8 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78).

CCCI. WALDERICUS Dux in Burgund

Nach Pseudo-Fredegar zählt Walderich zu den duces ex genere Fran- corum, die 636/37 die einzelnen Kontingente des " universorum regnum

229 Burgundiae" in dem großen Baskenfeldzug Dagoberts I. führen1. Über den Amtsbereich dieses nach dem Zeugnis Pseudo-Fredegars fränkischen Amtsträgers ist nichts zu ermitteln.

1 MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78).

CCCII. WALDO Notarius ( = "Urkundenschreiber")

" Praesentibus testibus sacerdotibus ac secularibus viris" läßt Burgun- dofara 633/34 Oct 26 ihr Testament zugunsten des von ihr in der Brie gegründeten und als Universalerben eingesetzten Klosters Eboriacus ( = "Faremoutiers") in ihrer Gegenwart von Waldo schreiben1. Saecula- res viri nennt das Testament freilich nur grosso modo wie auch die geist• lichen Zeugen. In dieser Urkunde ist Waldo der einzige namentlich mit Amtsbezeichnung überlieferte Amtsträger. Die Dispositio des Testaments wie die geistliche Erblasserin machen wahrscheinlich, daß der in Fare- moutiers als Notar, d. h. als Urkundenschreiber, erwähnte Waldo selbst geistlicher Würdenträger ist.

1 Pard. II, Nr. 257, p. 16. Neu ediert von J. GUEROUT, RHE. LX (1965) p. 817-20. Cf. dazu dens., DHGE. XVI, p. 506-31.

CCCIII. WALDRAMNUS Vir illuster. Referendar Chlodwigs III.

Waldram nimmt 693 Feb 28 an dem im palatium Valenciennes tagen• den Königsgericht teil, das in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" (= "Meuse"?) entscheidet. In der Reihe der Beisitzer erscheint Waldram an letzter Stelle einer Gruppe von vier referendarii des noch unmündigen Chlodwig III.1 Das im Original erhaltene Diplom verzeich• net diese nach den Bischöfen, den optimates, den comites, den grafiones und den domestici, aber noch vor den seniscalci sowie dem comes palatii. Waldram ist es auch, der das Diplom recognosciert. Dies macht wahr• scheinlich, daß dieser Amtsträger, der nur in diesem Diplom belegt ist, der in Valenciennes amtierende Referendar Chlodwigs III. ist. Der zwei• gliedrige germanische Personenname deutet die wahrscheinliche fränki• sche und zwar neustrische Herkunft seines Trägers an. Waldram ist offensichtlich nicht identisch mit dem unter den Beisitzern

230 des genannten Placitums verzeichneten gleichnamigen optimas Chlod• wigs III.2

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). 2 Cf. dazu Prosopographie Nr. CCCIV und Anm. 2.

CCCIV. WALDRAMNUS Vir illuster. Optimas Chlodwigs III.

Dieser Große begegnet unter den zweiundfünfzig Beisitzern des im palatium Valenciennes tagenden Königsgerichts Chlodwigs III., der 693 Feb 28 in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso" (= "Meu- sew?) verhandeln läßt1. Der königlicher Umgebung entstammende Wald• ram ist offensichtlich nicht identisch mit dem in demselben Diplom be• zeugten gleichnamigen Referendar2.

1 MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (== LS. Nr. 23); Cf. im übrigen Prosopographie Nr. CCLXXIV. 2 Zwei fränkische Große, von denen einer als Amtsträger belegt ist, tragen offensicht• lich denselben Personennamen. Dieser kann demzufolge allenfalls nur als ein zusätzliches Indiz in allen Fragen der Identifikation herangezogen werden.

CCCV. WANDALBERTUS Vir illuster. Dux des pagus Chambly

In der ersten Hälfte des VII. Jhdts. erwähnen zwei im Original er• haltene merowingisdie Diplome Wandalbert mit dieser Amtsbezeichnung und diesem Prädikat, zum erstenmal 632 Feb 15 / 633 März 15 in der Adresse des in Clichy-la-Garenne ausgestellten Praecepts Dagoberts I. für die Basilica St.-Denis1, dem die aus Fiskalbesitz stammende, im Norden der sedes regia Paris gelegene villalticinascoa^ "Ecouen") zediert wird. Neben Wandalbert verzeichnet die Adresse des Diploms den domesticus Gaganrich2, der vielleicht als Untergebener des dux fungiert. Es besteht wohl kein Zweifel, daß beide Amtsträger Verfügungsgewalt über den sich im Gebiet von Ecouen erstreckenden Fiskalbesitz haben. Der Amts• bereich Wandalberts ist vermutlich mit der Ausdehnung des pagus Chambly/Oise identisch. Darauf verweist auch das zweite Praecept, das Chlodwig IL 639 Jan 19 / 642 Sep für die Basilica St.-Denis ausstellt3, worin er dieser die Schenkung des noch unter Dagobert I. dem Fiscus zu• gehörigen Cotiracum (= "Crouy") im pagus Chambly/Oise bestätigt. Neben Wandalbert führt das Diplom in der Adresse den grafio Ebrulf

231 an, der hier in ähnlicher Funktion wie der wenige Jahre zuvor genannte domesticus begegnet. Wandalbert gehört offensichtlich zu den eng an das neustrische Kö• nigtum gebundenen Großen. 642 nimmt er an der Seite des Franken Flaochad, der als maiordomus in Burgund eingesetzt worden war, als einer der primates Neusters am Kampf gegen den burgundischen Patri• cias Willibad auf der Seite des jungen Chlodwig II. teil4. Wandalbert ist nicht eigentlich dem Umkreis der Anhänger Flaochads zuzurechnen.

1 MGH. DM. Nr. 14, p. 16 (= LS. Nr. 3). Mit der Amtsbezeichnung dux wird Wandalbert auch in dem als Spurium von PERTZ edierten Diplom Dagoberts I. zu 635 Juli 18 (= MGH. DM. Sp. Nr. 36, p. 154) in der Adresse verzeichnet, die wohl doch auf einer echten Vorlage beruht. * Cf. dazu Prosopographie Nr. CLXXX. Die Lesart "Gaganricus" ist wohl der Lesart "Raganricus" vorzuziehen. • MGH. DM. Nr. 18, p. 19 (= LS. Nr. 7). « MGH. SSRM. II, p. 167 (« Fred. IV, cap. 90).

CCCVI. WANDALMARUS (II.) Dux (des Ultraiuranus)

Unter den von Pseudo-Fredegar 636/37 namentlich erwähnten duces, die das große Heeresaufgebot des "Universum regnum Burgundiae" ge• gen die aufständischen Basken führen, begegnet auch Wandalmar1. Pseu• do-Fredegar bezeichnet ihn ausdrücklich als Franken. Über den Amts• bereich Wandalmars könnte wohl kaum etwas ausgesagt werden, wenn nicht der Personenname auf den Ducatus Ultraiuranus weisen würde, der von 590 bis 603/04 als Amtsgebiet Wandalmar (I.) übertragen war, der vermutlich mit dem unter Gunthram überlieferten gleichnamigen cama- rarius identisch ist2. Auf Burgund weist auch das in Clichy ausgestellte und im Original erhaltene Privileg Chlodwigs II. von 654 Juni 22 hin, das Wandalmar (IL) vor dem Attoarierdux Syghichelm und dem bur• gundischen patricius Auderad unter den Subskribenten nennt3. Neben Wandalmar (II.) als dem vermutlichen dux des Ultraiuranus begegnet 636/37 auch Chramnelen als dux des Cisiuranus.

* MGH. SSRM. II, p. 160 (= Fred. IV, cap. 78). 2 MGH. SSRM. II, p. 127 (= Fred. IV, cap. 13), Beginn des Ducats und MGH., a. a. O., p. 130 (= Fred. IV, cap. 24), Tod Wandalmars (I.). Zu dem gleichnamigen camararius Gunthrams, cf. MGH., a. a. O., p. 125 (= Fred. IV, cap. 4). Nach Wandalmar (I.) hatten sich in der Führung des Ultraiuranus Protadius, Eudila und Herpo abgelöst. Wandalmar (II.) könnte nach dem Franken Herpo wieder dux des Ultraiuranus gewesen sein. • MGH. DM. Nr. 20, p. 21 (= LS. Nr. 8).

232 CCCVII. WANINGUS Comes palatii Chlothars III.

Die im Original erhaltene Gerichtsurkunde dieses Königs, der in einem Rechtsstreit zwischen der Kirche von Rouen und St.-Denis entscheidet, er• wähnt Waningus mit dieser Amtsbezeichnung unter den Beisitzern des Placitums an letzter Stelle eines protokollartigen Berichts nach den gra- fiones und seniscalci1. Die Dispositio nennt den comes palatii nicht. Dies läßt an eine Datierung vor 658 denken2. Am Beginn der Regierung des noch unmündigen Chlothar III. erscheint der comes palatii lediglich als einer unter anderen Amtsträgern am Hof, die der König als Beisitzer heranzieht. Ohne Amtsbezeichnung und ohne das vir-illuster-Prädikat erwähnt die 673 März 10 von Chrothild für ihr Kloster Bruy^re-le-Chitel im pagus Etampes ausgestellte charta Waningus nach dem vir illuster Ermenridi und vor Ghislemar, der wohl mit dem gleichnamigen Sohn des neustri- schen maiordomus Waratto identisch ist3. Waningus ist vermutlich auch mit dem gleichnamigen Großen identisch, dem Bischof Leodegar von Autun zur Folterung übergeben wird4. Postmerowingische Viten über• liefern Waningus als Gründer des Frauenklosters F^camp (Seine-Inf.)5, in das er den durch ein Wunder genesenen Leodegar in Sicherheit bringt6. Die postmerowingische Vita Waningii stellt ihn als "familiaris et secreta- rius" Chlothars hin, der diesem die "provincia Calciacensis" kommen- diert7. Eine Amtsbezeichnung wie auch Familie und Herkunft nennt die Vita nicht. Mit dem Gründer von Fecamp wiederum ist wahrscheinlich jener gleichnamige Große identisch, den neben Leodegar, den viri illustres Fulcoald, Amalridi, dem maiordomus Vulfoald und Gerin, dem Bruder Leodegars, ein Deperditum Childerichs IL von 673 als Petenten für eine Schenkung von Fiskalgütern an St.-Wandrille verzeichnet8.

1 MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (= LS. Nr. 11). 1 Ausstellungsort und Ausstellungsdatum sind paläographisch nicht mehr zu ermit• teln. Die für das Amt des merowingischen comes palatii bezeichnende testimoniatio vor dem König über den Gang der Verhandlung im palatium, die dieses Diplom nicht kennt, ist zum erstenmal in einem im Original überlieferten Placitum Chlothars III. von 658 Nov erwähnt: MGH. DM. Nr. 34, p. 33 (= LS. Nr. 9). Die nach 658 ausgestellten merowingischen Placita weisen dem comes palatii diese Funktion regelmäßig in den Gerichtsverhandlungen zu. 8 Pard. II, Nr. 361, p. 150. Die charta der Chrothild ist neu ediert von L. LEVILLAIN, BECh. CV (1944) p. 42-45. Zu Waningus cf. p. 25/6. 4 MGH. SSRM. V, p. 311 (= Passio Leudegarii I, cap. 30). 5 MGH., a. a. O., p. 336 (== Passio Leudegarii II, cap. 15). • MGH., a. a. O., p. 313 (= Passio Leudegarii I, cap. 31). 7 AA. SS. OSB. saec. II, p. 972. Die aprovincia Calciacensisn ist mit Le Caux zu iden• tifizieren.

233 8 MGH. SSRM. V, p. 610 (= Vita Lantberti, cap. 3). Waningus und dieses Diplom verzeichnen ebenso die Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii VI, 2. ed. F. LOHIER-J. LAPORTE, p. 49.

CCCVIII. WARATTO Vir illuster. Grafio in Neuster. Maiordomus Neustroburgunds

Das im Original überlieferte Placitum Chlothars III. von etwa 659, der in einer Streitsache zwischen der Kirche von Rouen und St.-Denis entscheidet1, nennt unter den Beisitzern den grafio Waratto vor den beiden seniscalei und dem comes palatii. Es ist nicht auszuschließen, daß in die• ser Gerichtsurkunde vor den grafiones noch Amtsträger höheren Rangs aufgeführt waren2. Der Amtsbereich Warattos wird wohl im Gebiet der civitas Rouen gelegen haben3, zumindest auf neustrischem Boden. 663 wird in einem Brief des Attoarierdux Sichelm an die maioresdomus Reidebert, Chrodebert und Emerulf unter den reliqui fideles et servientes der genannten Amtsträger auch ein Vuarato genannt4, der mit dem neustrischen grafio identisch sein könnte. Nach dem Bericht des Liber hi- storiae Francorum wird Waratto mit dem Einverständnis der neustri• schen Großen und der Billigung Teuderichs IV. sdiließlich Nachfolger Ebroins im Amt des maiordomus5. Dieses Amt hat Waratto noch 680 an• getreten. Sein Amtsgut auf neustrischem Boden ist die villa Latiniaco (= "Lagny-le-Sec") im pagus Meaux6. Warattos Maiordomat ist durch die Anlehnung und den Waffenstillstand mit dem 680 wieder in das po• litische Geschehen Austers eingreifenden Pippin (d. M.) gekennzeichnet. Die Auseinandersetzungen in der eigenen Familie zeigen jedoch, daß Wa• rattos Stellung nicht mehr stark gewesen ist. Ghislemar, Warattos Sohn, verdrängt seinen Vater zeitweise aus dessen Amt7. Als Warattos Frau erscheint Ansfled8. Ein weiteres Kind des Paares ist die mit dem späteren neustrischen maiordomus Berchar verheiratete Anstrud9. Ihre zweite Ehe schließt sie später mit Pippins Sohn Drogo, dem dux der Champagne10. 686 stirbt Waratto, der über das Amt des grafio zum Nachfolger Ebroins aufgestiegen war. Die zeitgenössische Vita Audoins von Rouen11, der dem neustroburgundischen maiordomus sehr nahe gestanden hat, wendet auf diesen neben dieser Amtsbezeichnung auch die inoffizielle Be• zeichnung subregulus an12. Eine spätere Quelle erst, die im Ganzen aber zuverlässige Nachrichten bietet, nennt Besitz Warattos im pays de Caux nördlich Rouen13. Andere nicht mehr zeitgenössische Quellen ver• weisen auf den Maiordomat Warattos14 und erneut auf dessen Besitzun• gen im Nordosten von Rouen15.

1 MGH. DM. Nr. 37, p. 34 (- LS. Nr. 11). 1 Das Original (= LS. Nr. 11) weist eine deutliche Lücke vor dem ersten lesbaren

234 Personennamen Vuaratto auf. Die Anrede vir illuster kann ohne weiteres für Waratto vorausgesetzt werden. Seit 640 ist diese Anrede auch für grafiones bezeugt: MGH, DM. Nr. 18, p. 19, ein Königsdiplom, das als Original überliefert ist (■» LS. Nr. 7). 8 Der Ausstellungsort des Placitums ist paläographisch nicht mehr zu ermitteln. Für eine Zuweisung Warattos in das Gebiet um Rouen sprechen die Schenkungen seiner Fa­ milie, die durch spätere Quellen belegt sind. Cf. Anm. 13 und 15. 4 Pard. II, Nr. 348, p. 131. Für die Identität mit dem grafio Waratto spricht in jedem Fall der Personennamen. Dieser ist nur hier als Name dieses neustrischen Großen be­ zeugt und nur für diese Zeit. 5 MGH. SSRM. II, p. 321 (= Liber historiae Francorum, cap. 47): *Franci vero consilio pertractantes, Warattonem virum inlustrem in loco eins (sc. Ebroini) cum ius- sione regis maiorum domo palacii constituunt* • MGH. DM. Nr. 57, p. 51 (= LS. Nr. 17). 7 MGH. SSRM. II, p. 321 (= Liber historiae Francorum, cap. 47). 8 MGH., a. a. O. • MGH. SSRM. II, p. 171 (= Fred, cont., cap. 5). 10 Nach dem Zeugnis der späteren, kompilierten Annales Mettenses priores, MGH. SS. rer. Germ., rec. B. DE SIMSON, p. 16. Ebenso Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii IV, 1, ed. F. LOHIER­J. LAPORTE, Rouen­Paris 1936, p. 37 und 39. 11 Audoin ist 684 Aug 24 in Clichy gestorben. Zur Datierung seiner Vita cf. E. EVIG, Teilreiche II, p. 100 Anm. 61 und F. GRAUS, Heiliger, p. 101, Anm. 284 und p. 135 Anm. 490, der die Vita an das "Ende des VII. Jhdts." setzt. 12 MGH. SSRM. V, p. 563 (= Vita Audoini episcopi Rotomagensis I, cap. 15): "subregulus*. Ebda. cap. 16, p. 564, wird Waratto — ohne daß sein Name genannt wird — als "maiordomus" bezeichnet. 18 MGH. SSRM. V, p. 600 (= Vita Filiberti abbatis Gemeticensis et Heriensis, cap. 31). Die Vita stammt erst aus der zweiten Hälfte des VIII. Jhdts., cf. WATTEN­ BACH­LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 138. 14 MGH. SSRM. V, p. 634 (= Vita Ansberti episcopi Rotomagensis, cap. 21), MGH., a. a. O., p. 649 (= Vita Condedi anachoretae Belcinnacensis, cap. 8). 15 F. LOHIER­J. LAPORTE, Gesta ss patrum Fontanenellensis coenobii, IV, 2, Rouen­Pa­ ris 1936, p. 40­41. Die nach 833 entstandene Klostergeschichte (cf. WATTENBACH­LBVISON, a. a. O., Heft II, p. 345) nennt die Schenkungen von Warattos Enkel Hugo, dem Bischof von Rouen, Paris und Bayeux, der zugleich Abt des Klosters St.­Wandrille und Jumieges ge­ wesen ist, an das Kloster St.­Wandrille. Diese Schenkungen im Nordosten von Rouen sind u. a. dem elterlichen Gut der Mutter (Anstrud) entnommen: Im Nordosten der Bischof sstadt sind es im einzelnen die possessio Molinuscottus (■■ "Aie- licoq­sur­la­Matz", cant. RiWcourt/Oise), die villa Wintlana (= "Bouillancourt­en­ SeVy", cant. Gamaches/Sommes) und die villa Virtlaicus (= "Villy", cant. Eu, arr. Dieppe).

CCCIX. WARNACHARIUS Maiordomus Burgunds (613­626/27)

Als besonderer Vertrauter Theuderichs IL und Brunichilds wird War­ nachar wohl schon 602 Nov in zwei Briefen Gregors L erwähnt1, der Warnadiar als vir illuster bezeichnet2. Damit ist zugleich ein Hinweis auf das Amtsverhältnis gegeben, in dem dieser Große aus der Umgebung Theuderichs IL steht8. Warnachar erscheint dann unter der Regentschaft Brunichilds als maiordomus in Burgund4, der 613 bereits Verbindung mit Chlothar (IL) aufnimmt, wie andere Große seines Amtsbereichs5. Mit

235 den burgundisdien Großen arbeitet er gegen den jungen Sigibert (IL)> den Enkel Brunidiilds. Warnadiar sucht dabei vor allem die Verbindung mit den Austrasiern, da Brunidiild hier wohl am ehesten verwundbar gewesen ist. Mit dem von Warnadiar ins Werk gesetzten Abfall der austrasischen und burgundisdien Kontingente in Sigiberts Heer bei dem entsdieidenden Kampf im austrasisch-neustrischen Grenzgebiet im Nordwesten von Chälons-sur-Marne gegen Chlothar (IL), der wiederum die Ziele War• nachars unterstützende austrasisdie Heereskontingente mit sich führt, ist auch das Ende von Brunidiilds Herrschaft gekommen. Warnadiar ist es schließlich auch, der gemeinsam mit den burgundisdien Großen Brunidiild durch den comes stabuli Erpo im pagus Ultraiuranus festsetzen und Chlothar IL ausliefern läßt6. Dieser bestätigt Warnadiar auf Lebenszeit als maiordomus für Bur- gund7. Das Testament des Bischofs Bertram von Le Mans von 616 März 27 erwähnt nun, daß Chlothar IL wohl noch 613 namentlich nicht genannte burgundische villae — sie entstammen dem Besitz des Leudegisel8 — an Warnadiar schenkt9. Diesem wird neben der Amtsbezeichnung maior• domus auch das vir illuster-Prädikat zugelegt. Nach dem Testament des Bischofs verfügt Warnadiar über Eigenbesitz (mansiones) im Gätinais (Seine-et-Marne), den er gegen die villa Columbaria (= "Coulom- miers", Seine-et-Marne) aus dem Besitz Bertrams tauscht10. Von War• nadiar ist ein Schreiben an den Bischof Ceraunus von Paris erhalten, in dem der ohne Amtsbezeichnung genannte Große11 dem Bischof die Viten der in Langres umgekommenen Heiligen sowie die Vita des Bischofs De- siderius von Langres übersendet12. Die zeitgenössische Passio Praeiects be• zeugt für Warnadiar die Nähe zum Königtum, wenn der Verfasser War• nadiar als optimas bezeichnet, der Amarinus hilft, in den Vogesen eine cella zu errichten13.616/17 erscheint Warnadiar mit dem ganzen Auf gebot der burgundisdien Aristokratie anläßlich einer Reichsversammlung in der königlichen villa Bonogillo (= Bonneuil-sur-Marne?)14. Ein Jahr dar• auf, 617/18, ist Warnadiar einer der drei maioresdomus, die langobar- disdie Bestediungsgelder annehmen und mit diesem unrühmlichen Handel dazu beitragen, daß Chlothar IL den Langobarden die Tributzahlungen erläßt15. 626/27 stirbt Warnadiar im burgundisdien Mäcon, wo er als Widersacher von Columbans Nachfolger Eustasius anläßlich eines Kon• zils aufgetreten war16. Ionas, der Biograph Columbans, nennt bezeich• nenderweise nicht das Amt. Die Großen Burgunds lehnen auf einer von Chlothar IL einberufenen Teilreichsversammlung in Troyes die Wahl eines Nachfolgers im Maiordomat ab17. Burgund wird damit zunächst königsunmittelbar. Diese Regelung mag nicht erstaunen. Warnadiar ist anscheinend Franke, aber kein Burgunder gewesen18. Warnadiar war

236 zweimal verheiratet. Sein Sohn Godin fällt bei Chlothar II. durdi die noch im Todesjahr des Vaters erfolgte kanonisch ungültige Ehe mit seiner Stiefmutter Berta in Ungnade19. Eine Schwester Godins ist mit jenem dux Arnebert verheiratet, der im Auftrag Chlothars II. den Schwager verfolgt, um diesen zu beseitigen20. Der Sohn Warnachars findet schließ• lich Zuflucht im austrasischen Toul, wird aber schließlich durch Verrat bei Chartres durch Große aus der Umgebung Chlothars II. getötet, die Godin dorthin aufgrund falscher Versprechungen gelockt hatten.

1 MGH. Epp. II = RG. II, XIII, 7 und XIII, 9. Lautung: Uuarmaricarius. 2 MGH., a. a. O., RG. II, XIII, 9. Das vir illuster-Prädikat trägt offiziellen Charak• ter und hebt sich deutlich von ähnlich klingenden Wendungen wie *filii inlustres nostri* (RG. II, XIII, 7) ab. Die besondere Vertrauensstellung Warnachars umschreibt dessen Stellung als "famulus" Brunichilds wie Theuderichs II. 8 Die im November 602 von Rom ausgehenden päpstlichen Schreiben an Brunichild und Theudebert II. schließen jeweils einen Gruß Gregors II. an den noch lebenden War• nadiar ein. Da der gleichnamige maiordomus Theuderichs II. aber bereits 598/99 gestor• ben ist (= MGH. SSRM. II, p. 128 = Fred. IV, cap. 18), kann Gregor II. nur den nach• maligen maiordomus Brunichilds für Burgund gemeint haben. 4 MGH. SSRM. II, p. 140 (= Fred. IV, cap. 40). 5 MGH., a. a. O., p. 141 (= Fred. IV, cap. 41). 6 MGH., a. a. O., p. 141 (- Fred. IV, cap. 42). 7 MGH., a. a. O.: "Warnacharius in regnum Burgundiae substituetur maior domi, sa- cramentum a Chlotharium acceptum, ne umquam vitae suae temporebus degradaretur" 8 Cf. dazu R. BUCHNER, Provence, p. 105. Nach Fredegar IV, cap. 5 war Leudegisel (er ist mit Leudisclus ohne jeden Zweifel identisch) "patricius partibus Provenciae." 9 Pard. I, Nr. 230, p. 211. Lautung: Marneharius. Der Wechsel W- > M- beruht wohl auf einem Lesefehler des Kopisten. 10 Pard. I, a. a. O., p. 200. 11 MGH. Epp. III, p. 457 (= Epistolae aevi Merov. Nr. 14) Lautung: Warnecarius. 12 Die fehlende Amtsbezeichnung hängt wohl damit zusammen, daß der Name des maiordomus nur in der Adresse des Briefes genannt wird. 13 MGH. SSRM. V, p. 238 (= Passio Praeiecti, cap. 20) mit der Lautung: War- mecharius. 14 MGH. SSRM. II, p. 143 (= Fred. IV, cap. 44). 15 MGH., a. a. O., p. 144 (= Fred. IV, cap. 45). 16 MGH. SS. rer. Germ., p. 249 (= Vita Columbani II, cap. 9) und MGH. SSRM. II, p. 147 (= Fred. IV, cap. 54). 17 MGH. SSRM. II, p. 148 (= Fred. IV, cap. 54). 18 Auf Warnachars fränkische Herkunft deutet sein Besitz im Gätinais. Ein weiteres wichtiges Indiz ist die mögliche Verwandtschaft mit dem gleichnamigen Großen, der als Gesandter Sigiberts I. (MGH. SSRM. II, p. 110 = Fred. III, cap. 64) zu Justinus geht. Dieser expressis verbis als Franke bezeichnete Große ist wiederum vermutlich identisch mit dem gleichnamigen maiordomus Theuderichs IL Dieser Amtsträger stirbt 598/99 (MGH. SSRM. II, p. 128 = Fred. IV, cap. 18). Sein Vermögen erhält St.-Victor in Genf 602 (MGH. SSRM. II, p. 129 = Fred. IV, cap. 22). Nach den karolingischen Miracula Austrigisili (Austrigisil war Bischof in Bourges und nahm als solcher 614 an der Pariser Synode Chlothars IL teil) wäre Warnadiar bereits unter Theuderich IL als Amtsträger in Bourges eingesetzt worden. Dieses Amt bleibt freilich ungenannt. Nach den Miracula ist Warnadiar durch besondere Königsnähe ausgezeichnet, was den Verfasser aber nicht

237 hindert, ihn als "komo sevissimus* hinzustellen wegen des von Warnachar in der Stadt und ihrer Umgebung in königlichem Auftrag ausgeübten Steuerzwangs, dem sich Austri- gisil erfolgreich widersetzt (MGH. SSRM. IV, p. 200). 19 MGH. SSRM. II, p. 147 (= Fred. IV, cap. 54). M MGH., a. a. O.

CCCX. WARNO Vir illuster. Comes palatii Chlodwigs III. und Chilperichs II.

Das im Original erhaltene Placitum Chlodwigs III., das 692 Mai 5 im palatium Nogent-sur-Marne ausgestellt ist, hebt Warno mit dieser Amts• bezeichnung und diesem Prädikat unter den grosso modo aufgeführten Großen dieses Königs deutlich hervor1. Die richterliche Funktion des comes palatii ist klar bezeugt. Der Bericht Warnos vor dem König über den Verhandlungsabiauf des Königsgerichts erwähnt an entscheidender Stelle die Anwesenheit der einen und das Fernbleiben der anderen Partei bei den verhandelten Besitzstreitigkeiten. Diesem testimonium Warnos folgt dann das Gebot des Königs. Wohl derselbe comes palatii ist 716 März 7 an dem Königsgericht Chil• perichs II. im palatium Compi^gne beteiligt. Das im Original überlie• ferte Diplom2 erwähnt Warno wiederum als einzigen namentlich ge• nannten Amtsträger unter den an diesem Placitum teilnehmenden pro- ceres in der für das Amt des comes palatii charakteristischen Funktion des Zeugnisgebens vor dem König nach erfolgter gerichtlicher Verhand• lung.

1 MGH. DM. Nr. 60, p. 54 (= LS. Nr. 21). Eine auf den ersten Blick sich anbietende mögliche Identifizierung Warnos mit dem im gleichen Jahr genannten comes palatii Marso scheitert an der durch das Original jeweils überlieferten Schreibweise. 8 MGH. DM. Nr. 83, p. 74 (= LS. Nr. 36).

CCCXI. WILLIBADUS1 Patricius Burgunds (vor 629/30-642)

Als Amtsträger Dagoberts I. wird der Burgunder Willibad zum ersten• mal mit der Amtsbezeichnung eines patricius — wenngleich ohne jede nähere Kennzeichnung — zum Jahr 629/30 von dem zweiten Bearbeiter der Chronik Pseudo-Fredegars erwähnt2. Gemeinsam mit den duces Amalgarius3 und Arnebert4 beseitigt Willibad den Onkel von Dago• berts jüngerem Bruder Charibert, Brodulf, der als maßgeblicher politi• scher Berater sehr stark in den Vordergrund getreten war und gegen Da• gobert opponiert hatte.

238 636/37 tritt Willibad erneut in königlichem Auftrag hervor; er zeigt den patricius, von dessen burgundischer Abstammung der Chronist hier berichtet5, als einen der Führer eines fränkischen Heeres aus vorwiegend burgundischen Kontingenten, das von Burgund aus gegen die Basken operiert. Willibad erscheint an der Spitze eines Kontingents seines Patri• ziats6, der wohl Lyon, Vienne und Valence umfaßt7. 642 tritt Willibad mit diesem Kontingent in den Kampf gegen den von Neustrien als maiordomus für Burgund eingesetzten Franken Flao- chad ein8. Die bedeutendste Quelle für die Ereignisse um Willibad, Pseu• do-Fredegar, hebt die Stellung des patricius hervor, der durch Amt und Vermögen großen politischen Einfluß ausübt. Dem Aufruf Flaochads zu dem Besuch einer Teilreichsversammlung leistet Willibad nicht Folge9. Zu den Anhängern des patricius gehören vor allem die kirchlichen Kreise in Burgund, so der Bischof von Valence und andere namentlich nicht ge• nannte Mitbischöfe, von den weltlichen Großen der comes Giso und der Burgunder Manaulf. Diese burgundische Faktion gegen Flaochad ist in der Forschung zu Recht als burgundische Reaktion auf den mit Flaochad neu einsetzenden neustrischen Einfluß bewertet worden10. Als Gegner Willibads treten in erster Linie die neustrischen Amtsträger Flaochad, der Attoarierdux Amalgar, der dux aus dem Gebiet von Besan9on, Chramnelen, sowie der aus dem Ultraiuranus stammende comes palatii Berthar auf, lokale Amts• träger, deren Amtsgebiete an den patriciatus Willibads im Norden und Nordosten angrenzen11. Im Nordwesten seines Amtsbereichs, bei Autun, fällt die Entscheidung gegen Willibad, der in diesem Kampf im Herbst 642 umkommt12. Es fällt auf, daß mehrere namentlich nicht genannte neustrische duces nicht gegen Willibad antreten. Die Auseinandersetzung Flaochads und Willibads erhält dadurch den Charakter eines Privat• krieges, der noch durch die Minderjährigkeit Chlodwigs IL besonders begünstigt wird. Den privaten Zug dieser Auseinandersetzung belegt die karolingisch überarbeitete Vita Sigirams18, die Willibad als einstigen primus alumnus Flaucads bezeidinet. Pseudo-Fredegar selbst hebt die frühere amicitia beider Großer hervor14. Als einzige Quelle nennt die überarbeitete neustrische Vita des Eligius Willibad patricius Burgun- diae15. Dieselbe Vita stellt Willibad als christianissimus vir dem crudelissimus vir Flaochad gegenüber16. Der Kampf Willibads gegen die neustrische Überfremdung erhält so noch einmal einen sinnfälligen Ausdruck.

1 Cf. R. BUCHNER, Provence, p. 103-104. * MGH. SSRM. II, p. 150 (= Fred. IV, cap. 58). • Cf. Prosopographie Nr. XXVII. 4 Cf. Prosopographie Nr. XLIII.

239 6 MGH., a.a.O., p. 160 (= Fred. IV, cap. 78): "... Willibadus patricms genere Burgundionum, ..." 6 MGH., a.a.O., p. 166 (= Fred. IV, cap. 90): "... (Willibadus) colligens secum plurema multetudinem de patriciatus sui termenum,...". 7 E. EWIG, Teilreiche II, p. 119 Anm. 137. 8 MGH., a. a. O. • MGH., a. a. O. 10 Cf. Anm. 7. 11 Diese nicht unerwartete Gruppierung geht eindeutig aus Pseudo-Fredegar hervor: MGH. SSRM. II, p. 166/67 (= Fred. IV, cap. 90). lf MGH., a. a. O. 18 WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Heft I, p. 135. Der Beleg in der Vita MGH. SSRM. IV, p. 613 (= Vita Sigiramni, cap. 12). " MGH. SSRM. II, p. 167 (= Fred. IV, cap. 90): "... Flaochadus et Willebadus, eo quod multa in invicem per loca sanctorum de amicicias oblegandum sacramenta dedirant, 15 Für eine Datierung der Überarbeitung der Vita Audoins von Rouen in die erste Hälfte des achten Jahrhunderts cf. F. PRINZ, Mönchtum, p. 133, Anm. 70. F. GRAUS, Hei• liger, p. 120 Anm. 415 und E. EWIG, Teilreiche II, p. 99 und p. 100 Anm. 61. Der Beleg findet sich in der Vita Eligii II, cap. 28 (MGH. SSRM. IV, p. 715). " MGH., a. a. O.

CCCXII. WILLIBERTUS Comes des Saargaus

713 Feb 1 schenkt Weroald aus der Familie des dux Gundoin, dessen Enkel er ist, an das Kloster Weißenburg Besitz im Saargau1. Ausstellungs• ort der Donatio ist Saarburg. Der unmittelbar nach dem Donator und noch vor dem centenarius Hardoin unterzeichnende comes Willibert, der nur in dieser Urkunde überliefert ist, erscheint dabei als Vorsitzender des nach ribuarischem Recht verhandelnden mallus2. Sitz des comes ist vermutlich Saarburg. Neben Willibert sind für das erste Drittel des VIII. Jhdts., in dem an Weißenburg vor allem Besitzungen im Saar- und Seillegau tradiert werden, noch zwei weitere comites des Saargaus nach• weisbar: 700 der in Siewiller Vorsitzende Adalchard3 und 714 Adalram, der in Ungstein dem mallus präsidiert4.

1 Traditiones Wizenburgenses Nr. 192, p. 181. 2 Titel L (De testibus adhibendis) § 1 der Lex Ribuaria II, hg. v. K. A. ECKHARDT, Hannover 1966, bezeichnet den centenarius oder den comes als Vorsitzende des mallus; Titel LIX (De venditionibus) § 1 die Öffentlichkeit der Verhandlung (cf. publice der donatio) sowie die Klassifizierung der durch zwölf Zeugen unterzeichneten Urkunde als "magna res". Ein Einfluß (nicht: Geltung) dieser Lex ist in Weißenburg nicht zu verken• nen. Cf. dazu jetzt auch H. J. KRUG, ZRG. GA. LXXXVII (1970) p. 17. 8 Cf. Prosopographie Nr. IV. 4 Cf. Prosopographie Nr. VI.

240 CCCXIII. WULFOALDUS Dux in Auster. Maiordomus des Gesamtregnums (673-675)

An der zwischen dem 11. März und dem 14. Dezember 662 erfolgten Einsetzung Childerichs IL in Auster1 ist neben Himnechild, der Witwe Sigiberts IL, auch Wulfoald entscheidend beteiligt. Der Liber historiae Francorum, die wichtigste Quelle für diesen Großen, bezeichnet Wulfoald ausnahmslos als dux3 so bei seiner Mitwirkung an der Einsetzung Childe• richs IL und bei dessen Erhebung in Neustroburgund2. Während Wul• foald noch 662 weitgehend in der Rolle des ersten Beraters erscheint, ist er 673 zum maiordomus aufgerückt. In diesem Amt wird Wulfoald dann auch in einer verlorenen Urkunde Childerichs IL für St.-Wandrille unter den Petenten dieser Urkunde genannt3. Wulfoald wird dazu ein weiteres Mal in einem freilich verfälschten Diplom mit der Amtsbe• zeichnung maiordomus verzeichnet; der Tag der Ausstellung des Prae- cepts Childerichs IL für das Kloster Montierender: 675 Juli 94, liegt wenige Monate vor der Ermordung dieses Königs. Mit der Beseitigung Childerichs IL durch eine Gruppe neustrischer Großer, der Bodilo, Ingo• bert, Amalbert und Lupus angehören, 675,5 ist auch Wulfoalds Stellung unhaltbar geworden. Er flieht bezeichnenderweise nach Auster, wo er um 680 stirbt6. Die Todesnachricht des Verfassers des Liber historiae Francorum kehrt noch einmal die austrasische Herkunft Wulfoalds her• vor, "decedente Vulfoaldo de Auster"7. Während die durch den neustrischen Liber historiae Francorum reprä• sentierte politische Geschichtsschreibung den Maiordomat für Wulfoald nicht belegt, nennen zeitgenössische hagiographische Quellen dieses Amt zu einer Zeit, in der er den Maiordomat innerhalb des Gesamtregnums innegehabt hat. So 675, im Anschluß an die Streitsache um das Vermögen einer Claudia, von der sowohl die Passio Praeiects von Clermont8 als auch die Leodegars von Autun berichten, für den dieser Streit den politi• schen Sturz heraufbeschwört. Dieselbe Passio wendet auf den Autuner Bischof auch die Bezeichnung rector palatiae und maiordomus an10. Eine solche Angabe bekundet vordringlich die starke Stellung Leudegars, der ohne jeden Zweifel der politisch einflußreichste Kopf Neustrobur- gunds am Hof Childerichs IL nach der Verbannung Ebroins (Luxeuil) gewesen ist. Ob der Bischof den Maiordomat wahrgenommen hat, muß nicht nur nach dieser Aussage der erst späten Passio II Leudegars be• zweifelt werden. Die ältere und wertvolle Passio I schreibt dieses Amt ausschließlich Wulfoald zu11. Auch die Passio Praeiects behält ein solches Amt dem Austrasier vor, den diese als senior domus bezeichnet12. In Auster ist der Maiordomat nach 662, dem Todesjahr des Pippiniden Childebert (III.) und seines Vaters Grimoald (L), offensichtlich nicht

241 mehr erneuert worden. Es fällt schwer daran zu glauben, Wulfoald sei nach dem Debakel von 675 noch maiordomus in Auster gewesen13, wo er aber sicher noch über einen beträchtlichen Anhang verfügt hat, dem die Gundoine aus dem Donatorenkreis für das Kloster Weißenburg zuzu• u rechnen sind. Wolfgunde, eine Tochter des dux y ist mit Gundoin ver• heiratet. Besitz Wolfgunds liegt u. a. im Saargau15, in dem vor allem Gundoin selbst wie auch der jüngere Wulfoald begütert ist. Damit ist zugleich auch ein Hinweis auf die engere austrasisdie Heimat des dux Wulfoald gegeben. Dieser ist vermutlich mit dem gleichnamigen Grün• der des Klosters St.-Mihiel in der Diözese Verdun verwandt, der in den pagi Verdun und Bar über einen ausgedehnten Besitz verfügt16. In die• sem Gebiet treten die Wulfoalde deutlich in Konkurrenz zu den Pippin- iden als deren Gegner der dux Wulfoald emporgekommen ist. Der Ver• fasser des Liber historiae Francorum stellt den Tod dieses Großen, um 680, als einen deutlichen Einschnitt im politischen Geschehen Austers hin. Erst nach Wulfoalds Tod wird wieder ein Pippinide für Auster genannt — bezeichnenderweise nur als dux17.

1 Cf. dazu L. DUPRAZ, Le regnum Francorum, p. 177. Der Beleg bei MGH. SSRM. II, p. 317 (= Liber historiae Francorum, cap. 45): *Childericum . . . in Auster una cum Vulfoaldo duce regnum suscipere dirigunt" 2 MGH., a. a. O., p. 318: \ .. una cum Vulfaldo duce ...". 3 MGH. SSRM. V, p. 610 (= Vita Lantberti, cap. 3). Das Deperditum wird ebenso überliefert in den Gesta ss patrum Fontanellensis coenobii, ed. F. LOHNER-J. LAPORTE, VI, 2, p. 49. Cf. dazu Prosopographie Nr. XXIX Anm. 5. 4 MGH. DM. Nr. 31, p. 30. Das Praecept ist nach W. LEVISON, NA. 33 (1908) p. 745-62, insbesondere p. 745 und 753 ff., mit Hilfe von MGH. DM. Nr. 55 nach 980 gefälscht. 5 MGH. SSRM. II, p. 318 (= Liber historiae Francorum, cap. 45). Ebenso MGH. SSRM. V, p. 612 (= Vita Lantberti, cap. 5). • MGH. SSRM. II, p. 310 (= Liber, cap. 46) und MGH., a. a. O., p. 170 (= Fred, cont., cap. 97). 7 MGH. SSRM. II, p. 319 (= Liber, cap. 46). 8 MGH. SSRM. V, p. 239-241 (= Passio Praeiecti, cap. 23-26). • MGH., a. a. O., p. 291 (= Passio I Leudegarii, cap. 9). 10 MGH., a. a. O., p. 328 (= Passio II Leudegarii, cap. 5): "In tantum vero usque- quaque omnia regna Francorum restituit, ut omnes se gratularentur regem sibi habere Childericum <*crectorempalaciae Leudegarium." Den Maiordomat belegt dasselbe Kapitel der Passio: "Idem vero Leudegarium pontificem super omnem domum suam sublimavit et maiorem domus in omnibus constituit* 11 MGH., a. a. O., p. 291 (« Passio I Leudegarii, cap. 9). 11 MGH., a. a. O., p. 241 (= Passio Praeiecti, cap. 25). 11 Ein echtes, wenngleich interpoliertes Praecept Theuderichs II. für die Kirche von Le Mans von 675 Dez 6, das in Compiegne ausgestellt ist (— MGH. DM. Spuria Nr. 74, p. 190), verzeichnet einen Ulphald als Optimaten dieses Königs, der diesem per Königs• gebot untersagt, das Kloster Tuffe' der Verfügungsgewalt des Bischofs von Le Mans zu entziehen. Die Identität des austrasischen Wulfoald mit diesem Optimaten erscheint mehr als fraglich. 14 Traditiones Wizenburgenses Nr. 228, p. 218. Als Vater Wolfgunds kann nur der dux Wulfoald in Frage kommen; der gleidinamige Gründer von St.-Mihiel wird noch 709 und später urkundlich bezeugt. 15 Cf. Traditiones Wizenburgenses, a. a. O., p. 218/19. Cf. Nr, 212, p. 203. *• Cf. Prosopographie Nr. CCCXIV. 17 MGH. SSRM. II, p. 319 (= Über historiae Francorum, cap. 46).

CCCXIV. WOLFAUDUS/WULFOALDUS Comes des pagus Verdun Er ist der Sohn Gislarams1, der 709 bereits nicht mehr am Leben ist2. Wulfoald ist vor allem als der Gründer des Klosters St.-Mihiel in der Diözese Verdun hervorgetreten. Der Umfang des St.-Mihieler Besitzes aus dem Eigengut des austrasisdien Großen, der als comes bezeugt ist, läßt entscheidende Rückschlüsse auf die Stellung des Gründers zu, der in einem Gebiet ältesten arnulfingischen Familienguts8 über größere Besit• zungen verfügt hat als die Arnulfinger selbst. Wulfoald ist offensichtlich bemüht gewesen, seinen Besitz im Verduner pagus abzurunden. 708 tauscht er mit dem Metzer Diözesan einen locellus im Saintois gegen einen solchen im pagus Verdun4. Ein Jahr darauf, 709, stellen Wulfoald und seine Frau Adalsind, als deren Vater hier Adalbert überliefert wird, ihre große Schenkungsurkunde für St.-Mihiel aus, das in iure proprietatis beider vor 709 errichtet worden ist5. Unter den zwanzig dona, die sich zum überwiegenden Teil aus den portiones einzelner villae im pagus Verdun zusammensetzen, daneben eines curtis und einer villa im pagus Bar, der im Südwesten an den von Verdun angrenzt, ist auffällig, daß allenfalls sechs davon aus der eigentlichen Erbmasse zu stammen scheinen, während der überwiegende Rest durch Kauf hinzuerworben ist. Eine dieser portiones weckt besondere Aufmerksamkeit. Von der "in loco Monnone villa, super fluvio Mosa (= "Maas") in pago Virdunense" gelegenen portio heißt es, Wulfoald und Adalsind hätten die portio von Gundoin auf dem Weg des Kaufs erworben6. Adalbert ist wohl der Vater Adalsinds, der ein Bruder des Etichonen-Dux Adalricus-Etidio gewesen sein könnte, in dessen Generation er einzuordnen ist7. Der Erwerb von Besitz an der Maas wirft nun nicht nur ein bezeichnendes Licht auf den Umkreis der etichonischen Einflußsphäre, sondern zugleich auf das Ver• hältnis von Etichonen und Gundoinen. Untersucht man nämlich die Zeu• genreihe der großen Schenkungsurkunde Wulfoalds und Adalsinds, sind es eben Angehörige dieser beiden Familien, die als Signatare auftreten: Gundoin aus dem Donatorenkreis für Weißenburg, wobei dieser Gund• oin nicht mit dem Vater Ermberts und Audoin-Ottos identisch, vielleicht aber deren Bruder ist; ferner Ercanbert, der Sohn des Nordoald. Ercan- bert tritt oft als Zeuge in Urkunden der Gundoin- und Chrodoin-Fami- lie auf; ferner Attala, die nach Ausweis der Honauer Schenkungen eine

243 Genealogisdie Tafel zur Prosopographk Nr. CCCXTV. Über den Zusammenhang von Wulfoalden, Giindoinen und Etkhonen

AMALGARIUS -AMOLOALDUS OOAQUILINA (erschlossen) Dnx. Prosopographie Kr. XXVIL

. 1 ADALRICUS Waldelenus Adalsinda NN WULFOALDUS Dax des pagus Attoariensis Abbas in monasterio n monasterio Dux in Auster. Prosopographie Nr. VII. Fönte Besnae Dornatiaco Maiordoinus des Gesamtregnum. (hodie: St. Martin-de-Bregille). Prosopographie Nr. CCCXHI.

ADALRICUS-ETICHO ADALBERTUS GISLARAMNUS 'WOLFGUNDA1 Duz des pagus Attoariensis. OOGUNDOINUS Dax des Elsaß. Dux in Auster. Prosopographie Nr. VIIL Prosopographie Nr. CXCVIII.

"1 I I

1 ADALBERTUS Odilia (H)ADALRICUS ' WULFOALDUS Er(e)mbertu$ AUDOINUS/(H)ODO Comes. Dux des Elsaß. Abbatissa Comes des pagus Virdunensis. Domesticus. Comes in Auster. Prosopographie Nr. III. Hol Prosopographie Nr. CCCXTV. Prosopographie Nr. LI.

00 ADALSINDA

Die genealogisdie Skizze folgt im Stemma der Etichonen L. Dupraz, Melange* P. E. Martin, p. 24. Tochter des Etichonen Adalbert ist8. Auf die Familie Gundoins deutet zudem ein weiteres Indiz hin, die villa Godonecurtis im Verduner pagus9. Die Nachricht der späten Vita Anstruds, einer Tochter der Sadalberga von Laon, die Vulfold als consanguineus bezeichnet10, findet eine Stütze in der Schenkung des comes, der die villa Buxarias (= ?) im Verduner pagus einst von Anstrud käuflich erworben hatte. Sadalberga selbst hat nach Ausweis ihrer nicht mehr zeitgenössischen Vita einen Gundoin zum Vater11. Audi dies deutet eine Verwandtschaft von Gundoinen und Wul- foalden an. Die Verbindung der Familie Wulfoalds und Gundoins ist indes nicht nur an den Besitzverhältnissen abzulesen, sondern deutlicher an der verwandtschaftlichen Beziehung untereinander: als Gundoins Frau erscheint in den Weißenburger Traditionen eine Wolfgunda12, Tochter Wolfoalds. Wolfgundas charta für Weißenburg datiert von 695/711, der Regierungszeit Childeberts III. Sie tradiert an das Kloster Besitz im Saar• gau, in einem Gebiet das wiederum auf die Familie Gundoins hinweist18. Über die Wulfoald-Familie sind so Etichonen und Gundoine miteinander verwandt. Die Verbindung des elsässischen Herzogshauses mit dem Grün• der von St. Mihiel läßt sich ein weiteres Mal nachweisen, wenn man die Zeugenreihe des Widegern-Privilegs für Murbach von 728 Mai 13 ver• gleicht14. Der comes Wolfoald signiert das Privileg des Straßburger Diö- zesans für die Gründung des Etichonen-Comes Ebrohard vor dem Eticho- nen-Dux Leodfrid und seinem Bruder Ebrohard. Vielleicht ist der noch vor Wolfoald genannte Hadalricus ein Bruder von Wolfoalds Frau Adalsind15. Die große Schenkungsurkunde Wolfoalds für St.-Mihiel und die Ebrohards für Murbach weisen zudem eigentümlich auf die allegatio der Urkunde in die Gesta municipalia hin16, was indes kaum anders als formelhaftes Anhängsel verstanden werden kann. Wulfoald hat zwischen dem etichonischen und dem arnulfingischen Einflußbereich seine eigene Stellung ausgebaut. Dieser comes blieb Zeit seines Lebens immer mehr den Weißenburger Gundoinen wie dem Herzogshaus der Etichonen verbun• den. Nach der Lage des Besitzes in unmittelbarer Nähe arnulfingischen Hausguts war die Stellung Wulfoalds durch Konkurrenz mit den karo- lingischen Vorfahren gekennzeichnet. Hinzu tritt der ererbte politische Gegensatz, da kaum daran zu zweifeln ist, daß den Gründer von St.- Mihiel verwandtschaftliche Beziehungen mit jenem austrasischen dux gleichen Namens verbinden, der das Aufkommen Pippins (d. M.) verzö• gert hat17.

1 Pard. II, Nr. 375, p. 165 und Nr. 475, p. 281 und p. 283. Zu Nr. 375 fällt die Da• tierung auf, die wohl kaum 675 lauten kann, sondern mit 722/3 anzusetzen ist. Als Re• gierungszeit kommen die Jahre Theuderichs IV. in Betracht. Es ist sicher derselbe Schen• ker wie in der Urkunde von 709. Die Zeugenreihe der Urkunde von 722/23 scheint ge• stört, da man die subscriptio Adalsinds nach der Wulfoalds erwartet hätte.

245 f Pard. II, Nr. 475, p. 281: \ .. Wolfoaldus, filius Gislaramno quondam,...". 9 Cf. H. E. BONNELL, Die Anfänge des karolingisdien Hauses, p. 78-80. 4 Pard. II, Nr. 471, p. 278. Das eingetauschte Besitztum Vincey (nach der Identifi• kation von Pard. II, p. 538), 20 km nördlich Epinal, liegt im äußersten Südosten fast schon außerhalb des Wulfoaldschen Besitzkomplexes, dazu in einem Gebiet der Vogesen, das schon fast zur etichonischen Einflußsphäre zu rechnen ist. 5 Pard. II, Nr. 475, p. 280-283: a... monasterium . . . a novo fundamento in iure proprietatis nostrae visi fuimus aedificasse" 8 Pard. II, a. a. O. Die grammatische Konstruktion ist unpräzise, läßt aber wohl keine andere Deutung zu: "Similiter donamus portionem illam . . . quem Adalbertus quondam, de Gundoino dato pretio comparavimus,..." 7 Cf. F. VOLLMER, Die Etichonen, p. 145. 8 Cf. das Etichonen-Schema bei F. VOLLMER, Die Etichonen, p. 153. 8 Pard. II, Nr. 475, p. 281. "Godonecurtisn wird man wohl als Besitz eines Godoin resp. Gundoin verstehen dürfen. In der Familie Gundoins ist mehrfach bezeugt, daß eine Neugründung von Eigengut den Namen eines Familienangehörigen erhält, so die villa Audouuino super fluvio Cernuni (= "Ottweiler* im Seille-Gau) und die villa Gunduuino super fluvio biberaha im Elsaß, ein Besitz, der später nach dem Sohn Gun• doins Ermenberto-villare genannt wird: Traditiones Wizenburgenses Nr. 218, p. 208 und 209. 10 MGH. SSRM. VI, p. 73 (= Vita Anstrudis, cap. 16). 11 MGH. SSRM. V, p. 50 (= Vita Sadalbergae, cap. 1). 12 Traditiones Wizenburgenses Nr. 205, p. 197 (in der Zeugenreihe nach ihren Söhnen Ermenbert und Otto).Traditiones Wizenburgenses Nr. 228, p. 218: "Ego itaque uuolf- gunda filia uuolfoaldo quondam ...".DaWolfgunds charta in der RegierungszeitChilde- berts III. ausgestellt ist, 695/711, kann als ihr Vater nur der austrasische dux Wulfoald gemeint sein, der nach Ausweis des Liber historiae Francorum (== MGH. SSRM. II, p. 319) 680 gestorben war. Cf. im übrigen Prosopographie Nr. CCCXIII. 18 Traditiones Wizenburgenses Nr. 228, p. 218: "... in pago Saroinse in audoneuillare curtile", ein Hof also in unmittelbarer Nähe des Gesamterbes Gundoins an der Blies südöstlich von Tholey. 14 A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 113, p. 56. 15 Der Personenname und die subscriptio für ein auf etichonischem Eigengut errich• tetes Kloster legen diesen Zusammenhang nahe. Adalricus hieß auch der erste Etichonen- Dux des Elsaß. Die mit dem Bestimmungswort adal- gebildeten zweigliedrigen germa• nischen Personennamen sind jedenfalls in der zweiten Hälfte des VII. und im frühen VIII. Jhdt. gerade bei den Etichonen zahlreich anzutreffen (je zweimal) Adalricus, Adal- sinda und Adalbertus. 18 Wulfoalds Urkunde für St.-Mihiel: Pard. II, Nr. 475, p. 281: "... nee sine gesta- rum allegatione, plenissima voluerunt firmitate maneipare,...". Ebrohards große Schenkungsurkunde für Murbach: A. BRÜCKNER, Regesta Alsatiae Nr. 127, p. 69: "Presentem vero donationem nequaquam vilitate gestis munieipalibus alli- gare curavimus .. .*. 17 Cf. Prosopographie Nr. CCCXIII.

CCCXV. VULFOLAECUS1 Vir illuster. Referendar Theuderichs III. und Chlodwigs III. Vir illuster. Domesticus und Referendar Childeberts III.

Unter den Beisitzern des im Original erhaltenen Placitums Chlod• wigs III., der 693 Feb 28 in einem Rechtsstreit um Besitz "super fluvium Marso* (= "Meuse"?) verhandeln läßt, begegnet Vulfolaicus an erster

246 Stelle einer Gruppe von vier Referendaren, die das Diplom nach den Bischöfen, den optimales, den comites, den grafiones und den domestici, aber noch vor den seniscalci und dem comes palatii verzeichnet2. Die in Valenciennes anläßlich des Märzfeldes ausgestellte Gerichtsurkunde sagt nichts über das Amt. Der neben drei seiner Amtskollegen als Beisitzer erwähnte Große ist offensichtlich mit dem gleichnamigen Referendar Theuderichs III. identisch, der 688 Oct 30 bereits das im Original er• haltene und in Compi^gne ausgestellte Praecept für St.-Denis unterfer• tigt3, ohne daß das Amt selbst genannt wird. 695 Dez 13 begegnet Vul• folaecus erneut in der Tätigkeit des Referendars, der die im Original er• haltene und in Compi&gne ausgestellte charta commutatoria Childe- berts III. unterfertigt4. Unter dem nämlichen König fungiert dieser Große zum Jahr 697 März 14 als Beisitzer eines Königsgerichts, das anläßlich des Märzfeldes erneut in Compi^gne zusammentritt5. Das im Original erhaltene Diplom, das St.-Denis die curtis Nocito (== "Noisy") im pagus Chambly/Oise zuspricht, verzeichnet Vulfolaecus jedodi als domesticus neben drei seiner Amtskollegen nach den Bischöfen, dem maiordomus (Pippin d. M.), den optimates und den comites, aber vor den seniscalci sowie dem comes palatii. Wenige Tage darauf, 697 Apr 3, wird Vulfo• laecus erneut als Referendar Childeberts III. in dessen Praecept für das Kloster in Argenteuil genannt6. Vulfolaecus unterfertigt das im Original erhaltene Diplom wieder in Compi^gne. Unter den genannten Ausstel• lungsorten nimmt Compiegne einen besonderen Rang ein. Dies läßt sich nicht allein damit erklären, daß Compiegne die im VII. Jhdt. bevorzugte merowingische Pfalz gewesen ist. Childebert III. urkundet hier insgesamt viermal (von dreizehn bekannten Urkundungen). Alle vier Urkunden nennen Vulfolaecus, drei davon als Referendar dieses Königs. Dies deutet wohl darauf hin, daß Vulfolaecus der Pfalz Compiegne als Referendar zuzuordnen ist. Der zwischenzeitliche Wechsel im Amt vom Referendar zum domesticus, wie dies das Placitum von 697 März 14 belegt, kann nicht hinreichend geklärt werden. Der Rangunterschied erscheint uner• heblich. Die genannten Ämter werden in merowingischen Diplomata, de• nen die Beachtung einer Rangfolge sicher nicht abzusprechen ist, unmittel• bar nacheinander verzeichnet.

1 Diese Lautung wird von der Mehrzahl der Diplome überliefert. Die Lautgestalt Vulfolaicus findet sich nur in DM. Nr. 66, p. 58. Der zweigliedrige Personenname ist germanischer Provenienz, cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1655. * MGH. DM. Nr. 66, p. 58 (= LS. Nr. 23). • MGH. DM. Nr. 57, p. 52 (= LS. Nr. 17). * MGH. DM. Nr. 67, p. 60 (= LS. Nr. 24). 5 MGH. DM. Nr. 70, p. 63 (= LS. Nr. 27). • MGH. DM. Nr. 71, p. 63 (= LS. Nr. 28).

247 CCCX VI. VULSMARUS Vir illuster

Gemeinsam mit dem ebenso als vir illuster ausgewiesenen Chedenoald1 schenkt dieser Große 664 Sep 14 Besitz (terra) an dem im pagus Laon gelegenen Fluß Sesmereia(}) an das im nämlichen pagus von dem Bi• schof Amandus (von Maastricht) gegründete Kloster Faverolas (= Ta- verolles")2. Wie Chedenoald ist wohl auch Vulsmar der einheimischen austrasisdien Oberschicht zuzurechnen. Die Graphie des zweigliedrigen Personennamens ist offensichtlich im Erstbestandteil gestört; hier liegt wohl Vulf- zugrunde3. Audi bei Vulsmar bezieht sich das vir illuster- Prädikat nicht eindeutig auf eine Amtstätigkeit. Wahrscheinlich wird damit der Ranghöhe dieses Großen entsprochen.

1 Cf. Prosopographie Nr. CXIV. 1 Pard. II, Nr. 350, p. 133. 8 Im Grundwort des zweigliedrigen Personennamens liegt ahd. mari- zugrunde (cf. E. FÖRSTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, Bd. I, p. 1662).

248 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

AA.SS.OSB. — Acta Sanctorum ordinis S. Benedicti in saeculorum classes distri- buta. Collegit L. D'ACHERY, ed. J. MABILLON et Th. RUINART. AfD. = Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappen• kunde. AUF. = Archiv für Urkundenforschung. BECh. = Bibliotheque de PEcole des Chartes. Recueil d'lrudition p. p. la Socie*te* de l'Ecole des Chartes et consacr£ sp^cialement ä l'£tude du Moyen Age. DACL. = Dictionnaire d*Archäologie chr^tienne et de Liturgie. DB. = Diplomata Belgica ante annum millesimum centesimum scripta. Du Cange = Glossarium mediae et infimae latinitatis. DHGE. = Dictionnaire d'Histoire et de Geographie eccUsiastiques. FMSt. = Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Früh• mittelalterforschung der Universität Münster. LS. = Les diplömes originaux des M^rovingiens, p. p. Ph. LAUER et Ch. SAMARAN. MGH. = Monumenta Germaniae historica. DD.Karol. == Diplomata Karolinorum. DM. = Diplomatum imperii I. Epp. = Epistolae. Fred. = Fredegarii chronica. cont. = Fredegarii continuationes. SS. = Scriptores. rer.Germ. = Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum ex monu- mentis Germaniae historicis separatim editi. SSRM. = Scriptores rerum Merovingicarum. MIÖG. = Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsfor• schung. NA. = Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts• kunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellen• schriften deutscher Geschichte des Mittelalters. Pard. = Pardessus, Diplomata, chartae, epistolae, leges aliaque instru• menta ad res Gallo-Francicas spectantia. RHE. = Revue d'Histoire eccl&iastique. RhVjBll. = Rheinische Vierteljahrsblätter. Mitteilungen des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande an der Universität Bonn. ÜB. = Urkundenbuch. ZRG. = Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. GA. = Germanistische Abteilung. > = wird zu. * == erschlossen.

249 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

QUELLEN

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LITERATUR

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255 PERSONENREGISTER

Bei den in alphabetischer Ordnung aufgeführten Großen wurden zur näheren Kenn• zeichnung zwar die Amtsbezeichnung(en) aufgenommen, aber nicht das vir illuster-Prä- dikat. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die einzelnen Abschnitte der Prosopo- graphie; die arabischen Ziffern verweisen auf die entsprechende Seite.

Abbelenus, comes I, 14, 20 Ansbertus, comes XXXIII, 16/17 Abundancius, dux II, 13, 20, 226 Ansebercthus, Referendar XXXIV, 207, Adalbertus, comes, dux III, 14, 15, 18, 35, 227 89, 129, 183, 245 Ansigisilus, domesticus XXXV Adalchardus, comes IV, 16, 18, 240 Ansigisilus, comes XXXVII, 16/17, 109 Adalgisilus, dux V, 13, 17, 26, 40, 87, 140, Ansoaldus, legatus XXXVIII 153,157,204 Ansoaldus, comes palatii XXXIX Adalramnus, comes VI, 16, 240 Antenerus, optimas, (patricius) XL, 97 Adalricus, dux (Dijon) VII, 13, 20, 34, 41, Arghilus, demesticus XLI 49,215 Arigius, grafio XLII, 17 Adalricus (- Eticho), dux (Elsaß) VIII, Arnebertus, dux XLIII, 12, 19, 49/50, 14, 18, 28, 41, 87/88, 91, 102, 114, 131, 237/238 167, 172, 183, 227, 243, 246 Artaldus, cancellarius XLIV Adalricus, comes IX, 16, 19, 177 Asilendus, sacebaro XLV Adrebercthus, comes X, 15, 19 Audachro/Otacar, comes XLVII, 16, 18 Adrowaldus XI, 55, 60, 122, 177, 190, 200 Auderadus, patricius XLIX, 64, 199, 215, Aeborinus, comes stabuli CL, 210 232 Aega, maiordomus XII, 97, 137, 165, 202 Audobaldus, comes palatii XLVIII Aenovales, comes XIII, 15, 18 Audobercthus, patricius L, 211 Aericus, dux XIV, 14,18,106 Audoenus, capellanus LH (A)glybertus, (notarius), Referendar XVI Audoinus/(H)odo, domesticus, comes LI, Agulfus XVII 16/17,29/30,35,167/168,243 Aighyna, dux XVIII, 13, 21/22, 72, 140, Aud(o)ramnus, comes palatii LV 226 Aurilianus, grafio LVI, 17 Aiglus, Referendar XIX Austrobertus LVII Aigobertus, ministerialis XX Austro(h)aldus, centenarius LVIII, 102 Aigulfus, comes palatii XXI Austrolenus, lector LIX Aletheus, patricius XXII, 146/147, 211, 216 Babiso LX Amalbercthus, seniscalc XXIII, 185 Babo, emanuensis LXI Amalbertus, dux XXIV, 13, 19, 49, 150, Barontus, comes, dux LXIII, 13, 15, 20- 175, 241 22, 28, 43, 156 Amalbertus, comes XXV, 15, 19 Basenus, grafio LXIV, 17 Amalfridus XXVI, 161 Batgis(i)lus, comes LXII, 16/17 Amalgarius, dux XXVII, 13, 20, 32, 47, Baudacharius, defensor LXV, 195 110,150,180,226,238/239 Baudechisilus LXVI Amalgis(i)lus, iudex, thesaurarius XXVIII Benedictus, seniscalc LXVII, 100, 141 Amalricus, dux XXIX, 13, 17, 88, 152, Bercharius, dux LXVIII, 13,18/19 233 Bercharius, maiordomus LXIX, 68 Amalsindus, comes XXX, 16, 20, 23, 158 Berdandus, miles LXX, 84 Anginulfus, comes XXXI, 16, 18, 105,118 Bergethosienis, comes LXXI, 16,18 Anglibercthus, comes XXXII, 15,19 Bero, comes palatii LXXII, 164 Anschiddus, sacebaro XXXVI Bertelandus, vicarius LXXIII, 25, 83

256 Bertharius, comes, cubicularius LXXIV, Chimbaldus, centenarius CXVII, 102 14,20 Chlodulfus, domesticus CXVIII Bertharius, comes palatii LXXV, 61, 110, Chramnelenus, dux CXIX, 13, 20, 47, 49, 150, 239 167, 229, 232, 239 Bertharius, comes (Le Mans) LXXVI, 16, Chramnulfus, optimas CXX 20,52, 105, 116,219 Chrodbercthus, Referendar CXXVII Bertheimus LXXVII Chrodebertus, maiordomus sacri palatii Bertoaldus, dux LXXVIII, 12, 19 CXXIII, 112, 135, 203, 215, 234 Bertoaldus, comes palatii LXXX Chrodebertus, dux CXXIX, 14, 18, 25 Bertoldus LXXIX Chrodobaldus, comes palatii CXXI Bertinus, miles LXXXII, 78 Chrodobertus, comes palatii CXXVI, 63, Bertuinus, comes LXXXI, 15, 18, 80 113 Bettilinus, domesticus LXXXIII Chrodegarius CXXX Blidegarius, optimas LXXXIV, 93 C(h)rodegarius, dux CXXXI, 14, 20, 22, Bobo, thesaurarius LXXXV 118 Bobo, dux (Auvergne) LXXX VI, 13, 18, Chrodmarus, sacebaro CXXXIII 40, 153, 157 Chrodmundus, grafio CXXXIV, 17 Bobo, dux (Auster) LXXXVII, 13,17, Chrodoinus, notarius CXXXV 30/31 Chronebertus CXXIV Bonifatius, dux LXXXVIII, 13, 18, 34, Crodobertus, dux CXXII, 13,19 51, 167, 184 (C)hugobercthus, seniscale, comes palatii Bonitus, princeps pincernarum, Referen• CXXXVI, 145, 179, 187 dar, patricius LXXXIX (C)hugus, (maiordomus) CXXXVII, 165, Boronus XC 201 Boso Landegisilus, dux XCI, 12, 19, 25, Chunebertus, grafio CXXXVIII, 17, 54, 149 61,119,177/178,190,200 Bovo, comes XCII, 16/17 Chunoaldus, dux CXXXIX, 14, 20,148/ Bubo, dux XCIII, 14, 20 149 Buccelenus, optimas XCIV, 188 Corbo CXL

Caldemarus, notarius XCV Dado-Audoenus, Referendar CXLI, 202 Candidianus, cancellarius XCVI Desiderius, thesaurarius CXLII, 198, 214 Cariato, comes CVII, 15, 191 Dodo, domesticus CXLIII Chaddo, defensor XCVII Domo, cubicularius CXLIV Chadoindus, legatus, Referendar XCVIII, Dotto, comes CXLV, 15,19 146 Dructoaldus, Referendar, comes palatii (Ch)agnericus, optimas, patricius XCIX, CXLVI, 63 58 Chainulfus, comes C, 15, 19, 23 Ebbo, notarius CXLVII Chairaardus, dux CI, 13, 20 Ebrohardus, domesticus, comes CXLVIII, Chaldo, cancellarius CII 17/18,29,35,152,182/183,245 Cha(l)doloaldus, comes palatii CHI, 63 Ebroinus, comes palatii, maiordomus Chammingo, comes CIV, 16, 18 CXLIX, 34, 87,114, 135,138, 142, Chardoinus, seniscalc CV, 76 154/155, 160, 172, 175, 181, 189/190, Chardoinus, centenarius CVI, 29/30, 32, 203, 227/228, 234 100, 240 Ebrulfus, grafio CLI, 17, 187, 231 Charibertus, comes CVIII, 15, 19 Emerulfus, maiordomus sacri palatii CLII, Charibertus, comes (Laon) CIX, 16, 18, 112,203,215,234 219/220 Erchembodus, lector CLI II Charicardus CX Erchenbertus CLIV Charievius, comes CXIII, 15, 18, 40 Erchinoald, maiordomus CLVI, 39, 76, Charivius CXII 132, 143, 150, 154, 171, 175, 181, 202, (Ch)aubedo, legatus XLVI, 81 205, 207 Chedenoaldus CXIV, 248 Erconaldus, grafio CLVII, 17, 186 Chillo, comes CXVI, 15,19 Erichus, comes XV, 15, 18, 29, 114

257 Erkanfredus, comes, advocatus CLV, 16, Gundolenus, ostiarius CXCVII 18,116 Gyso, comes CCII, 15, 20, 239 Erimardus, comes CLVIII, 16/17 Ermarius, gubernator palatii CLIX, 43, 72 Hahicho notarius CCIII Ermecharius, optimas CLX Ermedramnus, seniscalc CLXI, 101 Haimo, dux CCIV, 13,19 Ermenbertus CLXII, 174 (H)aldofredus, notarius CCV, 158 Ermenfridus, optimas CLXIII, 209 Hardricus, comes CCVI, 16/17 Ermeno, dux CLXIV, 13, 20 Haregarius, comes CXI, 16, 18, 52, 118 Ermenricus, domesticus CLXV, 54, 233 Hector, patricius CCVII, 58 Ermenricus, domesticus, optimas CLXVI Hedenus, dux CXV, 14, 19, 222 Erment(h)eus, grafio, comes CLXVII, 16/ Heldiilenus CCVIII 17, 19, 187, 197 (H)erpo, legatus, comes stabuli, dux Ettherius, comes CLXX, 15, 19 CLXVIII, 12, 20, 25, 45, 96, 147/148, Eudila, dux CLXXI, 12, 20, 146, 211, 232 232, 236 Eudo, dux CLXXII, 14, 20, 22, 123, 207 Herpinus, comes CLXIX, 14, 20, 27, 46, 146 Far(a)ulfus, dux CLXXIII, 12, 19 Hrotgarius, comes CXXXII, 16, 20, 22, Flaochadus, maiordomus CLXXIV, 47, 52, 105/106 49, 81, HO, 137/138,143, 170, 203, Humbertus, vicarius CCXII 232, 239 Folcarius, comes CLXXV, 16, 18 Imbertus, lector CCXIII Fredulfus, domesticus CLXXVIII Immo, iudex CCXIV, 195 Fulchernus, tribunus CLXXVI Ingobertus, optimas, (comes) CCXV, 15, Fulcoaldus, dux CLXXVII, 13,18, 51, 19, 23, 134 87, 107, 157, 233 Ingobertus, (comes palatii) CCXVI Ingobod(us), grafio CCXVII, 17 Gaerinus, comes CLXXIX, 15, 19, 23, 51, Ingomarus, comes CCXVIII, 15, 19 132, 134, 152, 175, 233 Ionathan, comes CCXIX, 16, 19, 37 Gaganricus, domesticus CLXXX, 134, 231 Isbertus, sacebaro CCXX Gainoaldus, comes CLXXXI, 14, 20, 73 Garibertus, domesticus CLXXXII Garifredus, grafio, comes CLXXXIII, 15, Landegisilus CCXXI 17,19 Landricus, seniscalc CCXXII, 121 Genesius, comes CLXXXIV, 15, 18 Landwinus, notarius et emanuensis Gerefredus, defensor CLXXXV, 52 CCXXIII Ghiboinus, grafio CLXXX VI, 17 Leodoinus, cancellarius sive et emanuensis Ghislemarus, maiordomus CLXXXVII, CCXXIV, 164 144, 233/234 Leudebertus, dux CCXXV, 13, 20 Gislefridus, centenarius CLXXXIX, 102 Leudesius, maiordomus CCXXVI, 138, Godafredus, dux CXC, 14, 19, 67 154, 175 Godefridus, (comes), (dux) CXCI, 14/15, Leudobercthus, domesticus CCXXVII 17 Leutharius, dux CCXXVIII, 13, 19, 66 Godinus, grafio CXCII, 17 Liutfridus, dux CCXXIX, 14,18, 29, 35, Godinus, optimas CXCIII 129-131, 245 Gonduinus, comes CCI, 16/17 Grimbercthus, comes palatii CXCIV, 79 Gundbertus, cancellarius emanuensis Lobicinus, forestarius CCXXX CXCV, 35, 180 Gundoenus, (comes) CC, 15,19 Madalfridus CCXXXI Gundoinus, dux (Elsaß) CXCVIII, 13, 18, Madelandus, seniscalc CCXXXII, 46 29,35,87,110 Madelulfus, grafio, domesticus Gundoinus, dux (Auster) CXCIX, 14, 17, CCXXXIII, 17,139 64, 85, 93,120, 169,188, 240, 242 Maginharius, comes CCXXXIV, 17/18 Gundolandus, maiordomus CXC VI, 122 Magnecharius, optimas CCXXXV

258 Marso, comes palatii CCXXXVI, 238 Rodebertus, comes CXXV, 15, 18, 29, 33, Martinus, dux CCXXXVII, 14, 18, 228 41 Maurilio, sacebaro CCXXXVIII Rotbertus, advocatus CXXVIII Maurilio, domesticus CCXXXIX Maurinus, comes CCXL, 15, 20, 103 Saleco, comes CCLXXIII Maurontus, (dux), patricius CCXLI, 14, Sarroardus, optimas CCLXXIV 20 Scupilio, spatarius CCLXXV Merulfus CCXLII Servatus, legatus CCLXXVI, 198 Modeghisilus, comes CCXLIV, 15, 19 Siagrius, comes, patricius CCLXXVII, Modegisilus, comes (Nantes) CCXLIII, 14,21 15,20 Sichelmus, dux CCLXXVIII, 13, 33/34, Modolenus, centenarius CCXLV 49,112,135,203/204,232,234 Mummolus, comes CCXLVI, 16, 19, 23, Sigoaldus, dux CCLXXIX, 12, 20, 211 74, 213 Sigofredus, grafio, auditor CCLXXX, 17 Sigolenus CCLXXXI Noddo, dux CCXLVII, 13, 18, 174 Sigolenus, optimas CCLXXXI I Nordebercthus, optimas CCXLVIII, 188, Silvester, grafio CCLXXXIII, 17, 24 209 Sindico, emanuensis CCLXXXIV Sycharius, legatus CCLXXXV Ogmirus, comes CCXLIX, 15, 19 Otilo, dux LIV, 14, 19 Teudericus, comes CCLXXXVI Otto, baiulus LIII, 182, 225 Teutgislus, domesticus, custos CCLXXXVII Theo(t)baldus, dux CCLXXXVIII, 14, Pannichius CCL 19, 161 Paternus, legatus CCLI, 213 Theotcharius, dux CCLXXXIX, 14, 18, Phylippus, patricius CCLII, 126 70 Probatus CCLIII Theudoaldus, comes CCXC, 14, 20 Theudogisilus, domesticus CCXCI Rabiacus, (dux) CCLIV, 14, 18 Trodoveus CCXCI I Radbaldus, sacebaro CCLV Radbertus, comes CCL VI, 17/18 Ulsinus, notarius CCXCIII Rado, maiordomus CCLVII, 201 Uro, domesticus CCXCIV, 66 Rado, thesaurarius, Referendar CCLVIII, Ursinus CCXCV 124 Radobertus, maiordomus (Burgund) Venerandus, dux, legatus CCXC VI, 13, CCLIX, 151, 190, 199 21,27/28 Radobertus, maiordomus sacri palatii Vidrachadus, Referendar CCXCVII, 53 CCLX, 112,135,215,234 Vulfolaecus, Referendar, domesticus Radulfus, dux CCLXI, 13, 19, 40, 67, 86, CCCXV, 187 112, 153 Vulsmarus CCCXVI, 107 Radulphus, comes CCLXII, 15, 19, 220/ 221 Waimer, dux CCXCVIII, 14,18, 153 Raganfredus, domesticus, maiordomus Waldebertus, domesticus CCXCIX CCLXV, 148/149, 184 Waldelenus, dux CCC, 12, 20, 110 Ragnesindus CCLXVI Waldericus, dux CCCI, 13, 20 Ragnoaldus, optimas CCLXVII Waldo, notarius CCCII Ramfridus, comes CCLXIX, 16, 18 Waldramnus, Referendar CCCIII Ratbertus, (comes palatii) CCLXIII, 175 Waldramnus, optimas CCCIV Ratharius, comes CCLXIV, 17,19 Wandalbertus, dux CCCV, 13, 19, 60, Rayganbaldus, comes CCLXVIII, 17/18 134,155 Recomarus, lector CCLXX Wandalmarus (II), dux CCCVI, 13, 20, Rocco, comes stabuli, dux CCLXXI, 12, 146, 180, 215 20, 133 Waningus, comes palatii CCCVII, 54, 63, Rocco, patricius CCLXXII, 64 144

259 Waratto, grafio, maiordomus CCCVIII, Willibertus, comes CCCXII, 16 17, 54, 68, 74, 77,133, 159-161, 232 Wulfoaldus, dux, maiordomus CCCXIII, Warnacharius, maiordomus CCCIX, 45, 13, 17, 26, 34, 51, 65, 135,138, 152, 59/60, 122, 147, 150, 165, 201, 211, 215, 228 154, 160,168,170,175, 181,189, 203, Warno, comes palatii CCCX 2327233 Willibadus, patricius CCCXI, 47, 49, 81, Wulfoaldus/Wolfaudus, comes CCCXIV, 110,138,143,150,170,232 16, 18, 35/36, 89, 222, 242

FRANCIA FORSCHUNGEN ZUR WESTEUROPÄISCHEN GESCHICHTE

Herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut in Paris

Erscheinungsweise: Jährlich ein Leinenband von etwa 1000 Seiten Bd. I (1973). Gr. 8°. 1232 S. Ln. DM 78,-. Einzelpreis DM 95,-

BEIHEFTE DER FRANCIA

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