Kultur Im Raum Basel November 2013 Nr
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Menschen, Häuser, Orte, Daten CHF 8.00 | EUR 6.50 Zeitung| ProgrammKultur im Raum Basel November 2013 Nr. 289 S. 5 u Peter Greenaway, ‹The Dance of Death – Der Tanz mit Cover: Cover: dem Tod. Ein Basler Totentanz› Theatertiere und Weibervolk dagmar brunner Editorial. Keineswegs furchteinflössend, aber wachsam Bei all diesen Neuerungen gibt es einen Wermutstropfen: präsentierten sich Mitte Oktober zwei neue Theaterleiter, Frauen bleiben auch in der Leitung von Kultureinrichtun- die beide aus dem Ruhrpott stammen, den Medien: Sven gen deutlich in der Minderheit. Das ist nicht a priori männ- Heier vom Roxy, der seine Arbeit mit einem ganz jungen, licher Ignoranz anzulasten, aber u.a. fehlenden Netzwer- höchst motiviert auftretenden Team bereits aufgenom- ken. Immerhin wehren sich Frauen zunehmend gegen ihre men hat, und Andreas Beck, der erst ab 2015 Intendant des Untervertretung, wie etwa der Aufstand gegen die SRG Theater Basel sein wird. Letzterer ein stilbewusst und gut- zeigte, die sich in ihrer TV-Reihe ‹Die Schweizer› und in der artig wirkendes ‹Theatertier› mit einer eher leisen Stimme. Kinder-Serie ‹Helveticus› für ein konventionell einseitiges Dass die Findungskommission sich für diesen Mann des Geschichtsbild entschied. Selbst wenn angeblich «in jenen Sprechtheaters (er leitet derzeit das Wiener Schauspiel- Epochen keine Frau im Vordergrund stand» – wie der Pro- haus) entschieden hat, wurde von Fachleuten zumeist als jektleiter sich etwas dümmlich rechtfertigte – hätten die zwar überraschende, aber gute und mutige Wahl taxiert. Helden an der Front ohne ‹Weiber- und Fussvolk› keine Überraschend, weil dieser Name m.W. im Vorfeld nie er- Geschichte geschrieben. Und auch die InitiantInnen der wähnt wurde; gut, weil er das hiesige darbende Schauspiel Bild- und Tonshow, die derzeit farbenprächtig das Bundes- bestimmt stärken wird und im Übrigen explizit sparten- haus beleuchtet und von Helvetia erzählt, haben es sich be- übergreifend und teamorientiert wirken will; mutig, weil quem gemacht: Sie setzten gleich auf märchenhafte statt er in der Führung eines grossen Hauses sowie in Oper und reale (Frauen-)Figuren … Tanz weniger erfahren ist. Die Frauen und Männer, über deren Kulturarbeit wir auf Natürlich sind Statements von neuen Köpfen im Vorfeld im- den folgenden Seiten berichten, sind weder Prinzen noch mer mit Vorsicht zu geniessen, doch es ist erfreulich, dass Hexen, sie haben auch (noch) keine Geschichte, aber viele es nach einer langen Zeit der Ungewissheit – wie es am The- Geschichten geschrieben, die sie auf Bühnen und Leinwän- ater Basel nach Delnon weitergehen wird – jetzt wieder den, in Foren und Büchern vorstellen. Darunter Preis- nach Aufbruch ‹riecht›. Diese Aufbruchstimmung ist auch würdiges wie etwa Edgar Hagens neuer Film (S. 6/7). dem Basler Marionettentheater zu wünschen, wo sich nach Als preiswürdig erkannt wurden auch die Leistungen ande- einer schweren Krise mit Abgängen des Leiters und des Be- rer Kulturschaffender. Angefangen bei der Künstlerin triebsbüros nun Entspannung abzeichnet. Nach einer Inte- Miriam Cahn, die jüngst den ersten Basler Kunstpreis in rimsleitung von Karin Wirth (Theater xl) wird ab August Empfang nehmen konnte (eine überfällige Ehrung!), über 2014 Denis Marcel Bitterli zum Intendanten des Hauses, das den Autor Alain Claude Sulzer, der den Basler Kulturpreis in der aktuellen Saison sein 70-jähriges Bestehen feiern erhält, bis zum Bassisten Stephan Kurmann, der mit dem kann. Ebenfalls eine neue Geschäftsleitung hat nach einer Jazzpreis der Fondation Suisa ausgezeichnet wird. Wir Umstrukturierungsphase die Basel Sinfonietta. Mit Eva gratulieren herzlich! Ruckstuhl und Felix Heri konnte sie mit zwei jungen inter- Kulturpreis an Alain Claude Sulzer: Mo 11.11., 18.15, Rathaus Basel nen Kräften besetzt werden. Jazzpreis an Stephan Kurmann: Fr 15.11., 18.30, Bird’s Eye Jazz Club Hauskultur einem Unternehmen nicht höher «als das Zwölf- Inhalt fache des tiefsten vom gleichen Unternehmen be- db. «Alles sinnlos», befand Albert Camus – aber zahlten Lohnes» ist. Bei uns ist das kein Thema, Redaktion 3 resignieren kam für ihn nicht in Frage. Zum 100. weil Unterschiede und Lohnsumme bescheiden Kulturszene 24 Geburtstag des französischen Schriftstellers und sind. Aber dass in der Schweiz endlich über ein Philosophen finden auch in Basel Gedenkabende Tabu gesprochen und vielleicht etwas Transpa- Kultursplitter 53 statt; am einen wirkt u.a. unsere Autorin Anne- renz geschaffen wird, ist zu begrüssen. ‹Gerech- Agenda 54 marie Pieper mit. Ihre Kolumne zu Alltags- tigkeit› wird es hierbei wohl eh nie geben. weisheiten erscheint zweimonatlich (wieder im Nur das Beste für die Zukunft wünschen wir Ausstellungen & Museen 76 | 77 Dezemberheft). unseren Luzerner KollegInnen vom ‹041 Kultur- Kurse 78 Camus erhielt 1957 bekanntlich den Literatur- magazin› zum 25-jährigen Bestehen. Gefeiert Nobelpreis. Heuer ging diese Auszeichnung wie- wird mit einem rauschenden Fest und einer Jubi- Impressum 78 der einmal an eine Frau, die Kanadierin Alice läumsausstellung (www.kulturluzern.ch). Die Munro. Ein seltenes Ereignis, wurden doch seit Kulturtipps der Kulturpool-Partnerzeitschriften 1901 gerade mal 13 Frauen berücksichtigt, davon stehen auf S. 53. 7 in den letzten 25 Jahren. Kein Zufall, dass im Lesungen zu Albert Camus’ 100. Geb.: Do 7.11., 19.30, Zentrum von Munros Erzählungen oft Frauen- Kleines Literaturhaus Basel, Bachlettenstr. 7. schicksale und -diskriminierung stehen. Neue Mit G. Antonia und H.-Dieter Jendreyko Literatur aus Basel, die kein Blatt vor den Mund ‹Die Freiheit leben›: Di 12.11., 19 h, Literaturhaus Basel. Mit Martin Meyer (Autor einer neuen Camus-Biografie) nimmt, finden Sie auf S. 16/17. und Annemarie Pieper, Moderation Barbara Bleisch, Ende November stimmen wir über die 1:12-Inita- danach Filmporträt über Camus tive ab, die verlangt, dass der höchste Lohn in November 2013 | ProgrammZeitung | 3 JAPANtage im Herbstmond Donnerstag, 7. bis Samstag 23. November 2013 Neuerwerbungen der diesjährigen Japanreise. Lackwaren aus Kanazawa Jap. Möbel aus verschiedenen Epochen Papierlampen und Laternen Setokeramik und Porzellan aus Kyushu Bildrollen und Tuschzeichnungen Bambusobjekte und Kleinode Japanische Inneneinrichtungen Dieter Joerin Gerbergässlein 12, 1. Stock, Basel, T/F: 061 261 55 97. Di–Fr 10–12, 14–18.30 Uhr, Sa 10–17 Uhr + So 12–17 Uhr Pixel statt Pinsel tilo richter Der Basler Totentanz wird multimedial wiederbelebt. Den Rang des Sterbens erläutert der prominenteste Schöp- fer eines neuen Basler Totentanzes gleich selbst: «Zwei Dinge halten uns alle in ihrem Bann: Eros und Thanatos – Sex und Tod. Sie sind nicht verhandelbar, wir entkommen ihnen nicht. Der allererste Anfang und das allerletzte Ende.» So der britische Regisseur Peter Greenaway, der mit seinen ebenso durchkonstruierten wie epischen Kinofilmen ‹Der Kontrakt des Zeichners›, ‹Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber›, gesteigert noch vom bildstarken ‹Prospero’s Books›, international bekannt wurde. Nun lässt der Künstler den Totentanz am Rheinknie aufer- stehen. Auf 18 Vertikal-Bildschirmen in und bei der Predi- gerkirche zeigt er mehr als 50 einminütige Filme, die im italienischen Lucca u.a. mit Tanzschaffenden gedreht wur- den. Greenaway soll eine halbe Stunde nach Eintreffen der Anfrage des Basler Vereins Totentanz (initiiert von Carmen Bregy, Matthias Buschle und Pfarrer Michael Bangert) seine Mitarbeit zugesagt haben und freut sich darauf, mit den Mitteln der visuellen Sprache vom Tod zu erzählen. Das Kino sieht er, wie er bei einem Besuch in Basel erläuterte, als würdigen Nachfolger der historischen Wandmalerei, glaubt jedoch, dass wir heute das erkennende Sehen kaum Peter beherrschen. Wir dürfen gespannt sein, was uns das an- Festivals, das Beiträge aus Kunst und Musik neben solche Greenaway und ein Motiv aus gekündigte Bilderspektakel – begleitet von Kompositionen aus der Wissenschaft stellt – eben: Der Tod hält uns alle ‹The Dance of Marco Robinos – bringen wird. Immerhin wurden dafür im Bann. Death› in der Predigerkirche, von verschiedenen Seiten mehr als eine halbe Million Fran- Peter Greenaway, ‹The Dance of Death – Der Tanz mit dem Tod. Foto: Tilo Ein Basler Totentanz›: Do 31.10., 18 h (Vernissage), ken eingesetzt. Richter Seelen- und Wandbilder. Nur wenige Jahre nach den frü- bis Sa 30.11., täglich bis 22 h, in und bei der Predigerkirche, Hintergründe und Rahmenprogramm: www.baslertotentanz.ch hesten Totentanz-Wandgemälden in Frankreich entstanden um 1440 die Urbilder des Basler Totentanzes an der Innen- Gleichnamiger Katalog, Christoph Merian Verlag, 2013. 92 S., 100 farb. Abb., br., D/E, CHF 32 seite der Friedhofsmauer der Predigerkirche als 60 Meter Ausserdem: ‹Der Tod und das Ich des Menschen›, 4. Tagung zur Sterbe- langer Fries eines Künstlers aus dem Umfeld von Konrad kultur: Fr 15. bis So 17.11., Goetheanum, Dornach, www.goetheanum.org Witz. Der als Knochenmann personifizierte Tod tanzte dar- Zum Thema siehe auch u S. 16, 36 auf mit Lebenden aller Stände, ob reich oder arm, jung oder alt, vom Papst über die Adlige bis zum Bauern. Breitere Bekanntheit fanden die Darstellungen mit den von Hans Holbein d.J. um das Jahr 1525 in Holz geschnittenen ‹Bildern des Todes› und im 17. Jahrhundert durch eine Serie Besondere Filme des Kupferstechers Matthäus Merian d.Ä. 1805 schliesslich db. Erneut hat Patrick Bühler eine bunte Auswahl von Filmen, die wurde der zu dieser Zeit schon mehrfach überarbeitete kaum in ‹normalen› Kinoprogrammen zu sehen sind, für sein Originalfries abgerissen, der Friedhof aufgelöst.