Die Schädelkalotte Des Neanderthalersvon Ochtendung
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56 — 68 Eiszeitalter und Gegenwart 50 Hannover 2000 8 Abb., 1 Tab. Die Schädelkalotte des Neanderthalers von Ochtendung/Osteifel — Archäologie, Paläoanthropologie und Geologie AXEL VON BERG, SILVANA CONDEMI & MANFRED FRECHEN*) BERG. A. VON, CONDEMI, S. & FRECHEN, M. (2000): Die 1 Einleitung Schädelkalotte des Neanderthalers von Ochten Das Landschaftsbild zwischen Mayen und Neu dung/Osteifel - Archäologie, Paläoanthropologie und Geologie. - Eiszeitalter und Gegenwart, 50: 56-68; Han wied wird durch den quartären Vtilkanismus ge nover 2000. prägt. Mehr als 100 kleine alkalibasaltische Vulka ne und vier große, phonolithische Eruptionszen Keywords: Neanderthal man, loess, volcanism, Pleisto cene, Rheinland. tren waren während des Pleistozäns in der Ost eifel aktiv. Die Vulkangnippe der Wannen und Kurzfassung: In der Osteifel wurde in den Deck Wannenköpfe in der Gemeinde Ochtendung im schichten einer Kratermulde der Wannenköpfe-Vul kangruppe bei Ochtendung die Schädelkalotte eines Kreis Mayen-Koblenz am Mittelrhein gehören zu Hominiden im Zusammenhang mit drei Steinartefakten diesen spätmittelpleistozänen Schlackenkegel- gefunden. Aufgrund der anatomischen Merkmale wer komplexen des Osteifel-Vulkanismus (Abb. 1). den die Hominiclenreste als ..späf'-prä-Neanderthal- Die Wannenköpfe sind durch den intensiven zeitlich interpretiert. Die geologischen, chronologi Lavaabbau der letzten beiden Jahrzehnte her schen und archäologischen Befunde sowie die anato mischen Merkmale der Schädelkalotte unterstützen die vorragend aufgeschlossen, so dass die Eruptions- stratigraphische Einstufung in das Frühglazial der vor geschichte und der komplexe Aufbau des letzten Kaltzeit (frühes Sauerstoff-Isotopenstadium 6). Schlackenkegelkomplexes rekonstruiert werden Die Schädelkalotte stellt den bisher ältesten Fund von konnte (FRECHEN 1995). Die Deckschichten der In Hominidenresten im Rheinland dar. ter- und Intrakraterdepressionen beinhalten Lös- se und Lössderivate der letzten beiden Glazial-/ [A cranial calotte of the Neanderthal man from Interglazialzyklen, die eine detaillierte Rekons Ochtendung/East Eifel — archaeology, truktion der Klima- und Umweltbedingungen der paleoanthropology and geology] letzten 200.000 Jahre ermöglichen. Abstract: Parts of a cranial calotte of a hominide to Die 50-100 m hohen Vulkane haben für die Alt gether with a convolute of three artifacts were discov steinzeitforschung des Mittelpaläolithikums eine ered in a crater filling of the Wannenköpfe scoria com herausragende Bedeutung (BOSINSKI et al. 1986). plex close to the village of Ochtendung in the East Eifel area, Germany. Palaeoanthropological investigations In den Deckschichten der Schlackenkegel- indicate that the hominide remains correspond to the komplexe Plaidter Hummerich, Tönchesberg, late phase of the Neanderthals evolution lineage, Schweinskopf-Karmelenberg und Wannenköpfe designated to represent the „Late" Pre-Neanderthals. wurden Faunenreste in Verbindung mit mittel- Geological, chronological and archaeological investiga paläolithischen Artefakten gefunden, die vielfälti tions and the anatomic features of the cranium indicate ge Befunde zu Jagdverhalten und Siedlungsweise an early penultimate glacial age (early oxygen isotope stage 6) for the hominide remains. The cranial calotte is der Neancierthaler erbrachten (BOSINSKI et al. designated to represent the oldest human remains of 1986; BOSINSKI 1995). Die meisten Funde datieren the Rheinland, Germany. in die offene Steppenlanclschaft der vorletzten Kaltzeit (Sauerstoffisotopenstadium [OIS 6]) so wie in das letzte Interglazial und Frühglazial (OIS *) Anschriften der Verfasser: Dr. A. v. BERG, Landesamt für Denkmalpflege, Abteilung Archäologische Denk 5). Die untersuchten Jagdlager in den Kratermul- malpflege, Amt Koblenz, Festung Ehrenbreitstein, den und in den Depressionen zwischen den ein D-56077 Koblenz; Dr. S. CQNDEMI, Centre National de zelnen Schlackenkegeln der Osteifel-Vulkankom- la Recherche Scientifique, C.R.F.J., Shimshon 5, B. P. plexe spiegeln dabei Spuren gelegentlicher Jagd- 547, 91004 Jerusalem, Israel; [email protected]; aufenthalte wider. Die hervorgehobene Lage der Priv.-Doz. Dr. M. FRECHEN, Centre for Environmental Vulkanbauten bildete in diesen extremen Bioto Change & Quaternary Research, GEMRU, Francis Close pen günstige Voraussetzungen für jagende Homi- Hall. Swindon Road, GB-Cheltenham, GL50 4AZ; [email protected] nidengmppen, die die jeweiligen Orte nach den Die Schädelkalotte des Neanderthalers von Ochtendung/Osteifel - Archäologie, Paläoanthropologie und Geologie 57 Schwalbenberg 0 s Hamburg ^ Y Berlin ! Ahr N 'A/ «Köl n j Ariendorf 7 München .3 / • f — --^.r i B Arb«itsgebi«t i Neuwied LAACHER SEE/ *t»# PL Hummerich .Miesenheim I :P E L L E N Z flO/^dtfl ^Kärlich /^/^ ^/ O ^WannenkäpfelMette™ch -köpfet ''k . |||^wejnskopf fKo| , Ochtendung '/////////? I |<200mü.NN O Schlackenkegel 9nnm .". mm Phonolithisches 200m u.NN ^ Eruptionszentrum Abb. 1: Lage der Wannenköpfe im Osteifel-Vulkanfeld. Fig. 1: Map showing the location of the Wannenköpfe scoria complex and other important find localities in the East Eifel Volcanic Field, Germany. bisher untersuchten Befunden mehrfach aufge (BOSINSKI et al. 1986; TURNER 1990; sucht haben (BOSINSKI et al. 1986). Die hohen Kra KoLFSCHOTEN & ROTH 1993). Eine solche gemisch terwälle schützten vor Witterungseinflüssen te Jagdbeute ist für die Zeit der Neanderthaler im während der Kaltzeiten, und der weite Ausblick Mittelrheingebiet geradezu charakteristisch. Art von den Kraterwällen herab war für die Jagd auf und Zustand der Beutereste weisen darauf hin, Großwild von Vorteil. Davon zeugen Konzentra dass die Jagd vorwiegend unterhalb der Vulkan tionen von Beuteresten und Steinartefakten so bauten in den freien Steppenlandschaften statt wie einfache Siedlungsspuren mit Hinweisen auf fand (BOSINSKI et al. 1986). Feuernutzung (BERG 2000a). Die Rastplätze in den Die bisherigen ur- und frühgeschichtlichen Fun Kratermulden der Schlackenkegelkomplexe wei de aus dem Bereich der Wannenköpfe bei Och sen eine gemischte Jagdbeute auf. Es finden sich tendung, sowohl die Jagdlager (JUSTUS 1992, 1995; Reste unterschiedlicher Tierarten, darunter woll JUSTUS et al. 1987; BERG 2000a) wie auch die 150 m haariges Nashorn (Coelodonta antiquitas), Ren von den Jagdlagern entfernte Fundstelle der tier (Rangifer tarandus), Pferd (Equus sp.), Rot Hominidenreste (BERG 1997a, b), belegen inten hirsch (Cervus elaphus), diverse Boviden (Bus sp. sive paläolithische Aktivitäten innerhalb dieser oder Bison sp.) und Mammut (Mammutbus pri- Schlackenke«el in der vorletzten Kaltzeit. Die Abb, 2: Lage von Profil H und der bereits in FRECHEN (1995) und FRECHEN & JUSTUS (1998) untersuchten Profile A-G im Bereich der Wannenköpfe- Vulkangruppe. Fig. 2: Map showing the location of section H and sections A-G, already published in FRECHEN (1995) and FRECHEN & JUSTUS (1998) in the area of the Wannenköpfe sco ria complex. Die Schädelkalotte des Neanderthalers von Ochtendung/Osteifel - Archäologie, Paläoanthropologie und Geologie 59 Lithologie Proben-Nr. Korngrößenspektrum 0 m X X X X X X WAN 97-1 mniiiiiii WAN 97-2 WAN 97-3 WAN 97-4 WAN 97-5 m 3 - T T I 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100% Legende 4 - ~l Löß / Fließerde I x x| Pararendzina Bv-Horizont 5 - — Asche - / Lapilli - Fallablagerung Distale Maarablagerungen 6 - |r r j Brockentuffartige Maarablagerungen \ \'\ Vulkaniklastische Detritus ~\T~ Vulkanische Bombe Diskordanz A * Fundhorizont Korngrößenverteilung < 0,002 mm 0,002 - 0,0063 mm 0,0063 - 0,02 mm 9 - 0,02 - 0,063 mm 0,063 - 0,2 mm 0,2 - 2,0 mm 10 Profil H Abb. 3: Lithologische Interpretation von Profil H. Sedimentologische Ergebnisse und stratigraphische Fundpositi- on der Hominidenreste und Steinartefakte. Fig. 3: Lithologie interpretation of section H. Sedimentological results and stratigraphie position of the find horizon. geologischen und sedimentologisch/pedologi- Tephren mit denen benachbarter Schlackenke- schen Untersuchungen erfolgten durch FRECHEN gelkomplexe wurden von BOGAARD & SCHMINCKE (1995) und FRECHEN & JUSTUS (1998). Die tephro- (1990) durchgeführt. Die chronostratigraphische chronologische Korrelationen der in den Lie Stellung der bisher veröffentlichten archäologi gend- und Deckschichten zwischengeschalteten schen Fundhorizonte und ihre klimatische und Sedimen- Pedo- Sedimentologie tologie logie Geologie Physik. Datierung Paläoklima und Paläoumwelt 0 m- Laacher See Bims C/TL/W:etwa 12,5 ka gemäßigt,offene Graslandschaft X X X X X X ALLERÖD Alleröd-Boden mit Waldarealen ininiiiii! (Pararendzina) IRSL: 13,4 ± 1,2 ka OBER- Löß kalt-trocken,offene Lößsteppe, 1 - Spätglazial Sedimen- Pedo- WEICHSEL IRSL : 16,3 ± 1,4 ka tologie logie Umlagenjngshorizont 0 m Umlagerungszone B-8 humose Fließerde Umlagerungszone kalt-feucht / kalt-trocken f Steppenbedingungen (Schwarzerde) Humuszone "in situ" UNTER - mit trockenen relativ warmen Sommern WEICHSEL IRSL : 109 ± 10 ka m TL:118±10ka Klimaverschlechterung mit Zerstörung •/• Z V der Pflanzendecke ; ; ; Humuszone "in situ" B-7 IRSL : 72 ± 7 ka Steppenbedingungen (Schwarzerde) Bt-Rest einer EEM TL : 80 ± 7 ka Klimaverschlechterung mit Zerstörung SS Parabraunerde der Pflanzendecke IRSL: 100 ± 10 ka B-6 Löß Klimaoptimum, geschlossene Walddecke TL : 103 ± 9 ka Schwemmlöß offene Lößsteppe mit Naßboden B-5 V V V Tephra D-7 kalt-trocken mit etwas feuchteren Phasen B-4 SAALE Schwemmlöß V V V IM B-3 mit Naßboden Fließerde kalt-trocken mit etwas feuchteren Phasen Humusanreicherung 6 -::::HTH:::^: