Politische Studien444
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Politische studien 444 orientierung durch information und dialog 63. Jahrgang | Juli-August 2012 | ISSN 0032-3462 | € 4,50 /// IM FOKUS RessouRceN – zu weRtvoll, um SIe zu veRSchweNdeN? Mit Beiträgen von ilse aigner | Justus von Geibler | holger rohn | christian ruck | Frieder schnabel /// Gerd langguth Joachim Gauck 100 tage im amt /// Mike MohrinG Junge Menschen braucht die Politik /// severin Fischer die energiewende in europa www.hss.de editorial Der ‚Arabische Frühling‘ ist ein Aufbruch in ein neues Zeitalter, das die bisherigen politisch-sozi- „ AufbAu alen Gebrechen mit dem einer modernen, demokratischen Gesellschaft überwinden kann. DEMOKRATIE ALS MODELL? Der „Arabische Frühling“ hält noch immer die Welt in Atem. Mittlerweile versteht man ihn nicht mehr chronologisch, mit Bezug auf den Jahresan- fang 2011. Der Frühling ist umfassender gemeint. Es geht im metaphori- schen Sinne um den Aufbruch der arabischen Welt in ein neues Zeitalter. Es geht um die Hoffnung, dass die Arabische Welt ihre bisherigen poli- tisch-sozialen Gebrechen überwinden und durch eine moderne, demokra- tische, tolerante und pluralistische Gesellschaft ersetzen wird. In der Tat bieten die Regime-Wechsel in Tunesien, Ägypten und Libyen ein staunenswertes und vor allem unerwartetes Bild von geradezu jugend- frischer Dynamik. Diesen Vorgängen gibt man gerne den Kredit, sie als frühlingshafte Vorboten noch viel weiter gehender Befreiungsleistungen zu sehen. Da wir im Westen unsere demokratische Staatsform als die histori- sche Krönung des Ausgleichs zwischen persönlicher Freiheit und staatli- chem Ordnungsbedürfnis verstehen, wünschen wir auch den siegreichen arabischen Revolutionären, sie mögen mit ihrem „Frühling“ den entschei- denden Punkt erreicht haben, von dem aus sie den Weg zur Demokratie einschlagen können. Solche Wünsche zeugen davon, dass in Europa die Hochschätzung der Demokratie als gesichert angesehen werden darf. Ihre Erfüllbarkeit in der arabischen Welt stößt sich hingegen an mancherlei Realitäten. Diese sind ihrerseits so vielschichtig, wie es dieser Weltteil sein muss, nach all den historischen Entwicklungen, die er im Unterschied zu Europa durchge- macht hat. Besonders häufig warnt man hierzulande pauschal vor den Gefahren des Islamismus. Bei aller Berechtigung und Mahnung zur Wachsamkeit sollten wir in Europa allerdings nicht vergessen, dass der Islam zur Seele der arabi- schen Welt gehört. Der „Arabische Frühling“ ist deshalb auch ein guter Test für unsere religiös-weltanschauliche Toleranz, die doch eine der edelsten Früchte der europäischen geistig-politischen Entwicklung darstellt. Prof. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair ist Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung und Staatsminister a. D. 444 // PoLITISCHE STUDIEN 3 18 inhalt 06 IM FoKUS PoLITISCHE-STUDIEN- Porträt zEITgESPRÄCH 16 Ressourcen – 90 MissioN: ein gLobales Thema 06 botschafter Goethe – InternatioNalisierung Einführung deutsche Kultur- und Vorgestellt: Tom Enders Silke Franke SprachaRbeit im Ausland Claudia SChleMbaCh Politische-Studien-Zeitgespräch mit dem 18 Herausforderung Generalsekretär des Goethe-instituts Rezensionsessay Ressourceneffizienz JohanneS ebert Verantwortung für eine nachhaltige Politik 94 Ein Fest ohne Kuchen ChriStian ruCk aNaLYSEN Zwei Jahre konservativ-liberale Koalition in Großbritannien 30 PotenzIale technischer 54 100 Tage im Amt SteFan eiCk 43 Innovationen Bundespräsident Joachim Gauck What’s new? Besser, sparsamer, Gerd langguth aKTUELLES BUCH effizienter JuStuS von Geibler | holGer rohn | 62 Junge Menschen 102 So ein Skandal … Frieder SChnabel bRaucht die Politik Gemeuchelt in den Medien Sterben Volksparteien aus? Gerhard hirSCher 43 Auf den Tisch statt in die Tonne Mike MohrinG Mit Lebensmitteln sorgsamer umgehen RUbRIKEN ilSe aiGner 70 Die Energiewende in EuroPa Geduld und ein langer Atem 03 EDIToRIaL Severin Fischer 105 REzENSIoNEN 118 aNKÜNDIgUNgEN 80 Die SaLafiyya 120 IMPRESSUM Eine Bewegung zwischen Religion und 80 Politik Peter l. MünCh-heubner 4 PoLITISCHE STUDIEN // 444 444 // PoLITISCHE STUDIEN 5 Politische-studien-ZeitgesPräch /// Politische-studien-Zeitgespräch Botschafter Goethe – deutsche Kultur- und SpracharBeit im Ausland alliance Johannes ebert /// folgte am 1. März 2012 Hans-Georg Knopp auf den Posten des picture Generalsekretärs des Goethe-Instituts nach. Zuvor war der Islamwissenschaftler und dpa Politologe als Leiter des Goethe-Instituts Moskau und Regionalleiter der Region Osteuropa / Zentralasien und davor von 2002–2007 als Leiter des Goethe-Instituts Kairo und der Region Nahost / Nordafrika für diese bedeutende Sprach- und Kultureinrichtung tätig. Somit kennt Johannes Ebert nach 20 Jahren mit den zwei zentralen Einsatzfeldern Bildnachweis: Osteuropa und Naher Osten die Praxis der Auswärtigen Kulturpolitik in allen Facetten. Das Goethe-Institut ist das Flaggschiff deutscher Kultur- und Bildungsarbeit im Ausland. Seine Wahl signalisiert auch Kontinuität in der Arbeit. Die Zentrale befindet sich in München. Politische studien: Das Goethe-Institut und Förderung internationaler Partner- menhang verstanden als Teil der euro- mit einer gewissen Staatsferne zu verse- arbeitet mit dem Auswärtigen Amt eng schaften. Schon Willy Brandt sprach in päischen Kultur, die in einen spezifi- hen: Sie vertrauten die operative Umset- und loyal zusammen, wie es in dem be- den 60er-Jahren von der Auswärtigen schen Wertediskurs eingebunden ist, zung der Auswärtigen Kultur- und Bil- treffenden Rahmenvertrag von 1976 for- Kultur- und Bildungspolitik als „dritter der auch in die Kulturarbeit im Ausland dungspolitik den unabhängigen Mittler- muliert ist. Welche sind nun die Prinzipi- Säule“ der Außenpolitik neben Diplo- einfließt. Dem Ganzen liegt ein erwei- organisationen wie dem Goethe-Insti- en der Auswärtigen Kulturpolitik der Bun- matie und Außenwirtschaftsförderung. terter Kulturbegriff zugrunde, der ne- tut, dem Deutschen Akademischen Aus- desrepublik Deutschland? Wenn ich meine persönlichen Erfahrun- ben den eigentlichen Künsten auch das tauschdienst (DAAD) oder dem Institut Johannes ebert: Die Grundsätze der ak- gen betrachte, was die Arbeit unserer Nachdenken über gesellschaftliche Ent- für Auslandsbeziehungen (ifa) an. Eine tuellen Auswärtigen Kultur- und Bil- Institute beispielsweise in Osteuropa wicklungen und Phänomene im weite- sehr weise Entscheidung, die viel dazu dungspolitik haben ihren Anfang in den oder dem Nahen Osten in diesem Sinne ren Sinne einschließt. beigetragen hat, das internationale Ver- 70er-Jahren. Seither wurden sie den po- zu leisten vermag, ist das ein sehr weit- Von besonderer Bedeutung und ganz trauen in die Bundesrepublik zu stärken. litischen, gesellschaftlichen und kultu- sichtiges Modell, das sich Tag für Tag spezifisch für die Bundesrepublik ist, rellen Entwicklungen weltweit immer neu bewährt. Neben der Vermittlung wie diese Prinzipien seit der Nachkriegs- Politische studien: Haben diese Prinzi- wieder angepasst. Die Auswärtige Kul- deutscher Kultur im Ausland setzt die zeit organisatorisch umgesetzt werden. pien in letzter Zeit eine größere Verände- tur- und Bildungspolitik wird als wich- Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Vor dem Hintergrund des Missbrauchs rung erfahren? tiger Bestandteil der Außenpolitik der auf den partnerschaftlichen Dialog und von Kultur und Bildung durch das Dritte Johannes ebert: Seit der Nachkriegszeit Bundesrepublik verstanden und teilt de- den Austausch zwischen Ländern und Reich hielten es die der jungen deut- gab es immer wieder Veränderungen, ren Ziele: Friedenssicherung, Stärkung Menschen unterschiedlicher Kulturen. schen Demokratie verpflichteten Politi- vor allem in der regionalen Schwer- des europäischen Integrationsprozesses Deutsche Kultur wird in diesem Zusam- ker für grundlegend, Kultur und Bildung punktsetzung der Auswärtigen Kultur- 6 POLITISCHE STUDIEN // 444 444 // POLITISCHE STUDIEN 7 Politische-studien-ZeitgesPräch die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik wird als wichtiger Bestandteil der außenpolitik der Bundesrepublik verstanden Politische studien: Welche Schwerpunk- dung von Theatermachern, Dokumen- „ tarfilmern etc., aber auch von Kultur- und teilt deren Ziele. te für die Arbeit des Goethe-Instituts möchten Sie persönlich als Generalsekre- managern, Verlegern und Informations- tär setzen? Spezialisten. Es geht mir jetzt darum, stehen oder die Zivilgesellschaften hier Johannes ebert: Die 100 ersten Tage dass wir diese Bildungskompetenzen, und in den Gastländern eine immer meiner Amtszeit sind vorüber und ich die aus dem Kulturbereich kommen, wichtigere Rolle für die deutschen Au- habe natürlich Vorstellungen, in wel- bündeln und stärker ausbauen. Weitere politik. Wendepunkte waren zum Bei- ßenbeziehungen spielen, sind der Erfah- chen Bereichen wir Akzente setzen. Das wichtige Fragen, die sich in den nächs- spiel die Veränderungen in Osteuropa rungsschatz und die gewachsenen Part- Kerngeschäft des Goethe-Instituts ruht ten Jahren stellen werden, sind Fragen nach dem Fall der Berliner Mauer, die nerbeziehungen des Goethe-Instituts auf drei Säulen: der deutschen Sprache, von Demographie und Mobilität. Im Intensivierung des Dialogs mit der isla- wichtig. Aber auch was Europa betrifft: dem internationalen Kulturaustausch Zusammenhang mit der Euro-Krise mischen Welt in der Folge des 11. Sep- Selbst wenn jetzt die Finanzen die Ta- und der Information über Deutschland. wurden Projekte begonnen, mit denen tembers. Im Moment sind natürlich die gesnachrichten dominieren, so müssen Hier leistet das Goethe-Institut hervor- das Goethe-Institut mobile Menschen