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385 Berichte in der Tagespresse als wissenschaftliche Informationsquelle zu archäologischen Entdeckungen1 Andrzej Kokowski Zusammenfassung Abstract Artikel und Berichte zu archäologischen Entdeckun- Articles and reports on archaeological discoveries gen fanden und finden sich bis heute in der Tages- were and are still found in daily press. Their signi- presse. Ihre Bedeutung zeigt sich vor allem im Fall ficance can be particularly seen in the case of collec- von Sammlungen und Archiven, deren Informationen tions and archives the information of which got lost aufgrund des Zweiten Weltkrieges und seiner Folgen due to the Second World War and its consequences. verloren gingen. Am Beispiel der ehemaligen Grenz- The example of the former Grenzmark Posen (Frontier mark Posen soll der Wert solcher Fundberichte für die March of Posen) is intended to illustrate the value of heutige Forschung und die Art ihrer Erschließung dar- such find reports for today’s research and the form of gestellt werden. their development. Schon seit langem werden Berichte und Artikel in der Entwicklung der Firma. Im Jahr 1904 annoncierte man Presse als wichtige Informationsquellen zu archäolo- – unter einem leicht veränderten Namen: »Argus gischen Entdeckungen wahrgenommen. In manchen Nachrichten Bureau Max Karfunkel« – außer in den wissenschaftlichen Publikationen des 19. Jahrhunderts genannten Städten auch in Rom, Genf, Stockholm stehen sie gleichberechtigt neben der Fachliteratur.2 und Christiana (Kopenhagen). Der Markterfolg führte In der polnischen Forschung ist dieser Umstand dazu, dass die Agentur 1905 mit dem Zusatz »Aeltes- schon mehrfach übergreifend behandelt worden.3 Es tes Nachrichten-Bureau Deutschlands« annoncierte verwundert daher nicht, dass, gestützt auf speziali- und auf die Auflistung der Städte mit Zweigstellen sierte, den Pressemarkt beobachtende Büros und Ins- verzichtete. titutionen, in den Archiven der wichtigsten Museen Konkurrenz erwuchs der Agentur mit der Firma »Zei- Ausschnitte aus der Tagespresse systematisch gesam- tungs-Ausschnitt-Bureau C. Freyer Söhne«, mit Sitz in melt sind. Berlin-Schöneberg, Ebertstraße 33, das sich offenbar Das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin auf die Durchsicht von Regionalzeitungen spezialisier- zum Beispiel nutzte die Dienste von »Max Karfunkel’s te. Solche kleineren Agenturen existierten in Deutsch- Nachrichten-Bureau ›Argus‹, Berlin (N. 37), Saarbrü- land in großer Zahl. cker-Straße 5, Telephon VII, 4096«, mit Filialen in Lon- Die gelieferten Zeitungsausschnitte wurden auf stan- don, New York, Paris und Wien. Das Büro warb mit dardisierten Karten geklebt, mit Inventarnummern ver- dem Spruch: »Liest alle Zeitungen und liefert aus sehen und zusammen mit der die erwähnten Entde- denselben Ausschnitte über jeden Gegenstand«. Wie ckungen betreffenden Korrespondenz in Jahresakten gewinnbringend der Dienst war, zeigt die dynamische abgeheftet. Die handschriftlichen Anmerkungen zei- 1 Der Beitrag entstand im Rahmen des Programmes der Kommis- odkryć – archeologia w prasie regionalnej byłej prowincji sion zur Erforschung von Sammlungen Archäologischer Funde Grenzmark Posen-Westpreußen« (2012–2015) genutzt. aus dem nordöstlichen Mitteleuropa (KAFU), das dem Zusam- 2 Z.B. Blume 1909a. mentragen von Informationen über museale Sammlungen, 3 Z.B. Wrońska 1989; Kokowski 2011a, 16–19; 415–418; die als Kriegsverluste zu beklagen sind, dient. Für den Artikel Ryszewska 2011a; Ryszewska 2011b; Ryszewska 2013, wurden zugleich die Ergebnisse des interdisziplinären For- 14; 18; 30f.; 62–64; 73 Abb. 13, 239. schungsprojektes NCN B/HS3/06407« Na tropie zaginionych 386 Acta Praehistorica et Archaeologica 50 • 2018 gen, wie genau die Berichte analysiert wurden. Auch Versuche, diese Materialien zu bearbeiten, sind nicht wurde auf ihrer Grundlage versucht, die Funde zu er- sehr zahlreich.7 Offenbar wurde nur im Lubliner Land halten bzw. weitere Informationen zu den Entdeckun- die Presse der Nachkriegszeit systematisch ausge- gen zu erhalten.4 wertet und das Ergebnis publiziert. Die erste Zusam- Als Gustaf Kossina im Jahr 1925 den ersten Band der menstellung von Pressemitteilungen zur Archäologie neuen Zeitschrift »Nachrichtenblatt der Gesellschaft erschien schon im Jahr 1957;8 anschließend wurde für deutsche Vorgeschichte« redigierte, sah er es als konsequent bis zum Jahr 1985 der Wissensstand er- außerordentlich wichtig an, in ihm auch »Mitteilun- fasst9. In diesem Zusammenhang ist von Belang, dass gen aus der Tagespresse« (S. 5–8, 23–24, 29–40) un- die Bibliothek des Archäologischen Instituts der Ma- terzubringen. Aus unbekannten Gründen verzichtete ria Curie Skłodowska-Universität immer noch Zeitungs- sein Nachfolger Martin Jahn leider wieder darauf. ausschnitte sammelt, vorwiegend aus der Regional- Möglicherweise war die Zahl der Pressemitteilungen presse, aber auch aus überregionalen Zeitungen10. einfach zu groß, um ihre Bearbeitung zu bewältigen. In den Literaturverzeichnissen der Lubliner Archäolo- Auch viele herausragende Archäologen jener Zeit ma- gen finden sich nicht nur wissenschaftliche und po- ßen dieser Art von Information großes Gewicht bei. pulärwissenschaftliche Positionen, sondern auch Pres- Davon zeugen z.B. die Nachlässe von Gustaf Kossinna5 seberichte.11 und Józef Kostrzewski.6 Gegenwärtig verlieren solche Pressemitteilungen zu- Obwohl vor dem Krieg auch in Polen mehrere, viel- sehend an Bedeutung,12 denn es gibt andere Formen leicht sogar Dutzende Agenturen arbeiteten, die sich schnellen Informationsflusses und der Editionszyklus mit der Auswertung der Presse beschäftigten, ist ein für wissenschaftliche Arbeiten hat sich radikal ver- stärkeres Interesse an der systematischen Erfassung kürzt. In Lublin dienen Presseberichte jetzt zur Beur- von Berichten zur Archäologie in der Fachliteratur erst teilung, inwiefern die wichtigsten archäologischen Pro- für die Nachkriegszeit zu beobachten. In den 50er jekte öffentlich wahrgenommen werden. Zusammen- Jahren lieferte das Biuro Wycinków Prasowych »Glob« stellungen der Presseberichte erfolgten für die Aus- Zeitungsauschnitte. Es entwickelte sich zur Agencja stellung »Schätze der Ostgoten«13 und »Die Vandalen, Prasowo-Informacyjna »Glob« und hatte eine Art Mo- die Könige, die Eliten, die Krieger, die Handwerker – nopolstellung inne. Den Markt bedienten auch einige Wandalowie. Strażnicy bursztynowego szlaku«14, auch im archäologischen Milieu weniger bekannte Firmen, das Medienecho hinsichtlich der ein Vierteljahr- wie z.B. die Agentur »MAT-BUD Biuro Wycinków hundert dauernden Ausgrabungen in Masłomęcz15 Prasowych«. Daten darüber, ob irgendeine archäolo- sowie der Ausstellung »Troja. Sen Henryka Schlie- gische Institution von solchen Diensten Gebrauch manna – Троя. Соон Генріха Шліманна« im Muzeum machte, liegen aber nicht vor. »Stanisława Staszica in Hrubieszów«16 wurde erfasst. 4 Vgl. Kokowski 2011a, passim. einem umfangreichen Bericht der Zeitung »Extra-Wałcz« vom 5 Humboldt-Universität zu Berlin, Universitätsarchiv, 23.5.2013 (http://extrapolska.pl/arch//2010/Walcz/walcz47. Nachlass Kossinna, Ka 21 Nr 301 (mehrheitlich nur noch pdf) beschrieben; weiterhin wurde auf der Anhöhe Lisia Góra von G. Kossinna geschriebene Texte). bei Dzierzążno, gm. Złotów, pow. złotowski, woj. wielkopolskie 6 Dział Zbiorów Specjalnych Wojewódzkiej i Miejskiej Biblioteki (Fuchsberg – Gersonsee) von spielenden Kindern ein Grab der Publicznej im. Cypriana Kamila Norwida in Zielona Góra. Pommerschen Kultur entdeckt, aus dem nach komplizierten 7 Gurba 1958; Głosik 1964; teilweise Śmigielski 1958. Nachforschungen zwei vollständig erhaltene Gefäße in das 8 Bieleń 1959. Muzeum Ziemi Złotowskiej in Złotów gelangten. Der Bericht zu 9 Bargieł 1975; Bargieł 1981; Bargieł 1989, 119–127. – Die der Entdeckung samt Foto erschien im August 2010 in den nächste Zusammenstellung durch Bargieł (1997) umfasste »Aktualności Złotowskie« und im »Panorama Złotowska«. schon keine Mitteilungen aus der Tagespresse mehr. Relativ schnell wurde der Fund jedoch in wissenschaftlicher 10 Kokowski 2008, 19. Form durch die Autorin der Pressemitteilung publiziert 11 Z.B. Bibliografia … 1988; Kurzątkowska 2007. (Stasiak 2012). 12 Dieses ist kein so völlig offensichtlicher Umstand. Regionale 13 Kokowski 1995a; Kokowski 1995b. Zeitschriften publizieren immer noch Berichte über interessante 14 Kokowski/Leiber 2003; Andrzejowski/Kokowski/Leiber Funde, die aber der Fachwelt kaum zur Kenntnis gelangen. 2004; Kokowski/Leiber 2006. Erwähnt seien an dieser Stelle zwei Informationen zu meinem 15 Gurba 2003. Arbeitsgebiet: Die Entdeckung einer bislang unbekannten 16 Kokowski (Hrsg.) 2010; Bartecki/Hyrchała/Kokowski 2010. Burgwallanlage auf der Insel des Sees Szczurzacz 17 http://de.wikipedia.org/wiki/Grenzmark_Posen-Westpreußen (Zützersee – Kr. Wałcz, woj. zachodniopomorskie) wurde in Kokowski Die Tagespresse als wissenschaftliche Informationsquelle zu archäologischen Entdeckungen 387 Der vorliegende Beitrag versucht, die Aufmerksam- keit darauf zu lenken, wie entscheidend Pressebe- richte (vor allem die alten) für die Sammlung von In- formationen zu archäologischen Entdeckungen sind, die in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg erfolgten. Dieses ist auch vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, dass kriegsbedingt viele museale Sammlungen verloren gingen und ein Großteil der Archivalien mit Berichten zu Funden im Gebiet des heutigen Polens zerstört wurden. Besonders war davon die ehemalige Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen betroffen, da- her wird aus diesem Grund in bislang nicht dagewe- senem Umfang auf Presseberichte