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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien

Jahr/Year: 1991

Band/Volume: 92B

Autor(en)/Author(s): Fazekas Imre

Artikel/Article: tolli beieri Bleszynski, 1955 status novus (: ). 113-119 ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at

Ann. Natur hist. Mus. Wien 92 B 113-119 Wien, 30. Mi 1991

Agriphila toi li beieri BLESZYNSKI, 1955 status no vus (Lepidoptera: Crambidae)

Von IMRE FAZEKAS1)

(Mit 11 Abbildungen)

Manuskript eingelangt am 13. Juni 1989

Summary Having studied the taxa of the species group Agriphila geniculea HAWORTH, 1811 the author states that Agriphila beieri BLESZYNSKI, 1955 cannot be considered as a valid species, because it represents only a subspecies of Agriphila tolli BLESZYNSKI, 1952.

Zusammenfassung Aufgrund der Untersuchung der Taxa der Agriphila geniculae HAWORTH, 1811 Artengruppe hält der Autor Agriphila beieri BLESZYNSKI, 1955 nicht für eine valide Art, sondern für eine Unterart von Agriphila tolli BLESZYNSKI, 1952.

Aufgrund von vier Exemplaren hat BLESZYNSKI (1955) aus Mesopotamien (Locus typicus: Mosul) eine neue Unterart von Agriphila dalmatinella HAMPSON, 1900 beschrieben; er hat diese neue Unterart unter dem Namen beieri in die Wissenschaft eingeführt. Mit der Ausnahme eines einzigen befinden sich sämtliche Typenexemplare der Unterart beieri im Naturhistorischen Museum Wien. Die Typenexemplare sind schlecht erhalten und es ist bisher kein einziges Habitusbild von ihnen erschienen. Die Etiketten enthalten folgende Angaben: - Holotype: S, „Otto, Mesopot., Mossul, 1917, Praep. Gen. Cramb. Wien N. Hist. Mus. Nr. 3. Type, Agriphila dalmatinella ssp. beieri BL. det. Bleszynski et praep. 1953, GU Mus. Vind. 9148." - Allotypus: 9, „Otto, Mesopot., Mossul, 24. X. 1917, Praep. Gen. Cramb. Wien N. Hist. Mus. Nr. 26, Agriphila dalmatinella ssp. beieri BL. det. Bleszynski, Allotype, 1955, GU Mus. Vind. 9208." - Paratype: 9, „Haifa, Syr. Kalchberg, Praep. Gen. Cramb. Wien. N. H. Mus. Nr. 25, Agriphila dalmatinella ssp. beieri BL. det. Bleszynski, Paratype, 1955, GU Mus. Vind. 9207." - Paratype: 9, „coll. Kalchberg, 1900, Syr. Haifa, Gen. Prep. Fazekas I. No. 2421. 9, Agriphila tolli beieri BL. det. Fazekas I." ') Anschrift des Verfassers: IMRE FAZEKAS, Komloer Naturhistorische Sammlung, Vâroshâz ter l, H-7300 Komló, Ungarn. ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at

114 I. FAZEKAS

Im ersten Band des Werkes Microlepidoptera Palaearctica (p. 259) behandelt :der Autor das Taxon beieri schon als eine selbständige Art, jedoch entbehrt seine Beschreibung - genau so wie die früheren - ein Habitusbild der neuen Art. Die 'Probleme, die sich mit dem Bau der Genitalien der Taxa von der Artengruppe Agriphila geniculea HAWORTH, 1811 verknüpfen, machen sich schon in der Origi- nalbeschreibung (BLESZYNSKI 1955) bemerkbar. Sie sind wohl darauf zurückzufüh- ren, daß BLESZYNSKI aus dem Material des Wiener Naturhistorischen Museums mehrere Exemplare der Art Agriphila tolli BL. ZU solchen der Art Agriphila dalmatinella HAMPS. gerechnet hatte (siehe in coll. Naturhist. Mus. Wien, det. et GU Fazekas, Nr. 2418, 2420). Eine exakte Identifikation wird durch das Fehlen der weiblichen Typenexem- plare der beiden Arten Agriphila dalmatinella HAMPS. und A. tolli BL. fast unmöglich gemacht. Die weiblichen Genitalien der Art A. tolli sind so weitgehend jenen von geniculea ähnlich, daß sie von denen letztgenannter Art nur von einem erfahrenen Untersucher unterschieden werden können. Besonders auffallend ist die große individuelle Variabilität der Valvae der männlichen Exemplare von A. tolli und A. geniculea - wie ich darauf schon in mehreren meiner Aufsätze hingewiesen habe (FAZEKAS 1985, 1987). Hinsichtlich der Beschaffenheit der Pars basalis unterscheidet sich am ausge- prägtesten innerhalb der Artengruppe geniculea (geniculea, dalmatinella, tolli, ? beieri) die Art dalmatinella von den übrigen. Die Pars basalis ist an ihrem Grunde auf einer langen Strecke mit dem Lamellenrand der Valva zusammengewachsen, was im Falle der anderen Arten nicht zutrifft. Die abweichende Beschaffenheit des Marginalabschnittes der Pars basalis bei dalmatinella beweist eindeutig, daß es tatsächlich verfehlt war, das Taxon beieri als eine Unterart von dalmatinella zu betrachten. Aufgrund einer eingehenden Untersuchung der Typen und einer großen Serie von Agriphila tolli BL. scheint die Artberechtigung von beieri recht fraglich zu sein. Eine eingehende Analyse der Taxa der Artengruppe geniculea, eine sorgfäl- tige Untersuchung der Typen sowie ein Vergleich der Literaturangaben haben eindeutig bewiesen, daß das Taxon beieri zu der Formengruppe von Agriphila tolli BLESZYNSKI 1952 gehört. Vor allem habe ich unter den Tieren von südbalkanischen und korsischen Populationen mehrere Exemplare (lokale Formen) gefunden, die vollkommen identisch mit den òeim-Typen waren. Auch aus Mittel-Europa (Ungarn) sind uns Genitalien-Formen bekannt geworden, bei welchen die Beschaffenheit der Valva und des Aedoeagus mit denen der òezen-Exemplare identisch sind. In einem Fall ist die Valva jener der typischen geracw/ea-Exemplare äußerst ähnlich. Die weiblichen Genitalien von tolli-beieri zeigen keine wesentlichen Abwei- chungen voneinander. Die wohlbekannte Gestalt der Apophyses anteriores ist bei beiden Taxa entweder leicht abgerundet oder in eine kleine Spitze ausgezogen. Die Ostium-Tasche und die „Abweichungen" des Ductus bursae sowie jene der Bursa copulatrix sind nur Artefakte, die während der Herstellung des Präparates entstan- den sind und können nicht als charakteristische Artmerkmale bewertet werden. ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at Agriphila tolti beieri BLESZYNSKI, 1955 status novus 115

zi

1 mm

Abb. 1-4: Unterschiede in der Zeichnungsanlage von Agriphila lolli beieri BL. (stat. nov). - 1. Holotypus, Mesopot., Mossul, - 2. Allotypus, loc. idem, - 3. Paratypus, Haifa, Syr., - 4. Paratypus, loc. idem. ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at

116 I. FAZEKAS

Abb. 5: Männlicher Genitalapparat von Agriphila tolli beieri BL.: „MUS. Vind. GU 9148. â, Agriphila dalmatinella beieri BLESZ., Holotypus, BLESZYNSKI, 1955, Otto, Mesopot., Mossul 24. X. 1917".

Sowohl die morphologischen Untersuchungen als auch ein Vergleich der Genitalien beweisen, daß Agriphila tolli beieri BLESZYNSKI, 1955 (stat. nov.) nur ein intraspezifisches Taxon verkörpert, dessen Areal sich aus westasiatischen Isolaten zusammensetzt. Bisher wurde dieses Taxon nur aus Syrien, dem Irak, dem Iran, der Türkei, dem Kaukasus und der Umgebung von Samarkand sowie von Zypern gemeldet (BLESZYNSKI 1965; GANEV & HACKER 1984; FALKOVITCH 1984). Besonders beachtenswert ist der Fundort des Taxons beieri in Kleinasien (Beypazari), da von diesem Fundort das sympatrische Vorkommen von beieri und tolli gemeldet wurde. Unentschieden ist jedoch bis zum heutigen Tage geblieben, welches der beiden Taxa hier tatsächlich vorkommt. Aufgrund jener Fundortangaben, die auch durch Genitalien-Untersuchungen belegt wurden, scheint es eindeutig zu sein, daß die beiden Unterarten ssp. tolli und ssp. beieri allopatrische Taxa sind, und daß die Arealgrenze zwischen ihnen irgendwo in der westlichen Hälfte der Türkei zu suchen ist.

Danksagung Auch an dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. M. LÖDL (Wien) für seine an dem Material des NHMW durchgeführten Untersuchungen, deren Ergebnisse er mir freundlicherweise zugänglich gemacht hatte, meinen aufrichtigsten Dank aussprechen.

Literatur BLESZYNSKI, S. (1955): Material zur Kenntnis der Crambidae. Teil XI. Bemerkungen über Agriphila dalmatinella HAMPS. - Z. Wiener Ent. Ges.; 40: 293-295. ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at Agriphila tolli beieri BLESZYNSKI, 1955 status novus 117

Abb. 6-8: Weiblicher Genitalapparat von Agriphila tolli beieri BL. : - 6. „Otto, Mesopot., Mossul, 1917, Allotypus, GU Mus. Vind. 9208. - 7. „coll. Kalchberg, 1900, Syr. Haifa, Paratypus, GU Fazekas, No. 2421. - 8. „Haifa, Syr., Kalchberg, Paratypus, GU Mus. Vind. 9207". ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at

118 I. FAZEKAS

0,5 mm

Abb. 9: Männlicher Genitalapparat von Agriphila dalmatinella HAMPS.: - Dalmatia, Knin, 4. 9. 1938, J. Hafnei, GU Fazekas, No. 2419.

0,5 m,

Abb. 10-11: Variabilität der Form der Valva: - 10. Agriphila tolli pelsonius FAZEKAS, Ungarn, Pécs, GU Fazekas, No. 2102. - 11. A. geniculea HAW., West-Ungarn, Szentpeterfölde, GU Fazekas, No. 2404 (oben), 2405 (unten). ©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at Agriphila tolti beieri BLESZYNSKI, 1955 status novus 119

- (1965): . In: AMSEL & GREGOR & REISSER: Microlepidoptera Palaearctica I; (G. Fromme & Co.) Wien. FALKOVITCH, I. M. (1984): Cambidae. In: MEDVEDEVA, G. S. (ed.): Keys to the fauna of the European part USSR IV; (Akad. nauk. CCCP.) Leningrad, p. 1-503 (Russisch). FAZEKAS, I. (1985): Agriphila tolli pelsonius ssp. nova aus Ungarn. - Nota lepid.; 8: 15-20. - (1987): Beiträge zur Kenntnis von Agriphila geniculea andalusiella und A. tolli. - Ent. Z., Essen; 97: 197-203. GANEV, J. & HACKER, H. (1984): Beitrag zur Kenntnis der Microlepidopteren der Türkei. Die Crambidae der Ausbeute H. HACKER aus dem Jahr 1983 nebst Beschreibung neuer Texa. - Nota lepid.; 7: 237-250.