! Linker OBM für ? Seite 3 ! Ein Jahr Koalition in Sachsen Seite 7 2255//2266 Seite ! Bin ich Deutschland? 9 2005 ! Schkeuditz: Atomwaffen DOPPELAUSGABE inklusive? Seite13 Nur ! Leipziger Skandale Seiten 14–15 2 Euro! ! Schriftsteller Dieter 13. Jahrgang Lattmann im Gespräch Seiten16–17 23. Dezember www. ! „Systemnah“ – ein leipzigs- neue.de EINE LINKE ZWEIWOCHENZEITUNG Nazibegriff Seite 22

Drewermannsche Freiheit – ein Lehrbeispiel Eugen Drewermann, der oppositionelle Katholik und Kir- Eisige Zeiten chenkritiker, machte sich das derzeit viel zitierte „Ge- schenk der Freiheit an mich selber“, wie er formulierte, übrigens schon am 20. Juni, zu seinem 65. Geburtstag. Wobei dies ohnehin ein längst überfälliger, nur konse- quenter und nur noch formaler Schritt für einen Mann war, der nach eigener Auskunft darunter leidet, dass die Kirche keine „Interpretationsbrücken von der Botschaft Jesu zu der Not der Menschen hin“ schaffe. Die Konfes- sion sei nicht so wichtig, sondern der Mensch selber, so der nach wie vor überzeugte Christ. Da möchte man ergänzen, die Parteien sind auch nicht so wichtig, sondern die Menschen, für die sie wirken wollen oder jedenfalls sollten. Wenn Drewermann in den „objektiven Inhalten des Glaubens, seinen symbolischen Vorgaben in Ritus, Sakrament und Frömmigkeitsleben“ eine dermaßen weite Abspaltung vom subjektiven Er- leben sieht, dass sich ein auf sich konzentrierter Machtapparat mit autoritäter Hierarchie darüber ent- wickeln kann, dann beschreibt er ebenso die Me- chanismen der weltlichen Macht. Wir haben gerade wieder den leidigen Ritus einer Wahl mitgespielt, wohl wissend, dass sowieso gebrochen wird, was versprochen wurde, wohl wissend, dass den Parteioberen die Auskungelei ihrer Ämter über alles geht, dass egal, wer das Regierungschiff im Kapitalimus lenkt, Komplize einer immer noch schier allmächtigen Al- lianz der großen Geldes ist. Gesinnungslosigkeit, Ver- derbtheit – das sind Voraussetzungen, um an den Fleischtöpfen der wirklich Mächtigen ein paar Happen abzubekommen. Was Drewermann das Pfaffentum, das ist dem Volk, ob gläubig oder nicht, die von ihm mehr oder weniger gewählte Regierung. Eigentlich weniger, sieht man sich die Ergebnisse genau an. Drewermanns Schritt, einer autoritären, arroganten Machtinstitution zu entsagen, ohne seinen Glauben auf- zugeben, den haben auf ihre Weise rund vier Millionen überzeugte deutsche Demokraten auch getan. Sie wähl- ten links, sie wählten die Opposition. Das Problem besteht jetzt offenbar darin, dass ein nicht uneinflussreicher Teil der in eine starke Opposition Ge- wählten diese Rolle gar nicht so vorteilhaft betrachtet, wie sie tatsächlich sein könnte. In der gewiss hehren Ansicht, dies sei Wählerwille, verspricht man deshalb immer näher rückende Termine fürs Mitregieren. (Ohne wirkliche Mitregierungs-Erfolge vorweisen zu können – oder geschah in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern irgendetwas, was Grüne und SPD nicht auch hätten durchsetzen können und wollen? Gar nicht zu reden da- von, dass die PDS – von der SPD bewusst vorgeführt – an Wählervertrauen verloren hat.) Nicht zuletzt visionsreiche linke Opposition ist angesagt. Denn, so wie Drewermann für die katholische Kirche er- kannte, gibt es ebenfalls unüberbrückbare Interpreta- tionsbrücken vom CDU-SPD-Programm hin zur Not der Menschen. Allerhöchste Zeit, richtig Feuer unter den Hinterteilen all der Politik-Pfäffchen zu machen. Das Mitregieren auf höherer (nicht auf kommunaler!) Ebene hat sich vorläufig diskreditiert. Es fehlte ihm ganz einfach ein längst notwendiges, ein Drewermannsches „Bis hier- Heiße Herzen her und nicht weiter!“ • MAXI WARTELSTEINER 2 • MEINUNGEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

Liebe Leser, liebe Freunde, da oben können nicht unbeirrt so weitermachen, wie es Wer nicht arbeiten ihnen passt, wenn die da unten es nicht mehr dulden. will, soll auch nicht liebe Autoren von LEIPZIGS Man kann die Zustände nicht ewig nur interpretieren. essen. Man kann und man muss sie verändern, wenn sie sich Neues Testament: 2. NEUE, barbarisch gebärden. Thessalonicher 3, 10

wir wünschen Ihnen und Ihren In diesem Sinne möchte Ihnen LEIPZIGS NEUE nicht nur Aber wer arbeiten Angehörigen ein schönes Weihnachtsfest, die nötigen Informationen vermitteln, sondern auch Mut will, der findet Arbeit. Nur darf einen friedvollen Jahresausklang und ein machen und die Kraft geben für den aktiven Widerstand gegen die Kälte in dieser Gesellschaft, für eine wirkungs- man nicht gerade gesundes und aufmüpfiges Ankommen im volle außerparlamentarische Opposition. Dafür brauchen zu dem kommen, Jahr 2006 wir andererseits auch Ihre Unterstützung, sei es als neuer der diesen Satz spricht; denn der Abonnent, als Anzeigenkunde, als Spender. Nicht jeder kann in diesen Zeiten der rigorosen Umver- hat keine Arbeit zu Herzlichen Dank all jenen, die uns im nun ablaufenden teilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach vergeben, und der Jahr nicht nur treue Leser, sondern auch unverzichtba- oben so feiern wie er gerne möchte, nicht jeder kann weiß auch niemand re Sponsoren waren. Bitte lassen Sie nicht nach in seine Lieben so beschenken, wie sie es verdienten. Das zu nennen, der Ihrem Engagement für die Existenz von LEIPZIGS NEUE. schmerzt. Und fordert Widerstand heraus. Der Zulauf zur einen Arbeiter Linkspartei und zur WASG spricht dafür. Von den Re- Ihr Redaktionskollektiv von LEIPZIGS NEUE sucht. gierenden Betrogene organisieren sich. Sie wissen: Die Unsere erste Ausgabe im neuen Jahr erscheint am 13. Januar B. Traven: Der Schatz der Sierra Madre

Hunderte Bornaer zeigten Flagge bei Kundgebung 500 weiße Fragen zum Mord am Leipziger Reclam Verlag und Demonstration: Rosen Wir wissen, dass unsere daraus entwickelten einmali- Wortmeldung nichts än- gen Profil geschadet hatte. Eine unübersehbare Anzahl Bürger versicherte, dazu alle verfassungs- dern, nichts mehr rückgän- Da natürlich gewusst wird, war am 16. Dezember dem Aufruf rechtlichen Möglichkeiten bemühen gig machen wird. Aber wir dass Herkunft, Verlagsge- von Landratsamt und Stadtverwal- zu wollen, „sofern dem nichts im müssen uns äußern, da uns schichte und Tradition auch tung gefolgt, gegen die von nord- Wege“ stehe. Regierungspräsident Protest und Empörung, für den Reclamverlag in rhein-westfälischen faschistischen Steinbach rief zu einem überparteili- wenn wir schweigen, im Ditzingen unentbehrlich blei- Vereinigungen in Borna angestrebte chen Aktionsbündnis auf. Der Bor- Halse stecken bleiben, wir ben werden, soll der erledigte Gedenkstätte deutscher Kriegsopfer naer OBM Schröter, dessen Firma dann auch noch sprachlos Standort „virtuell“, soll also zu protestieren. Neben Landrätin Pet- die Herstellung des Großkreuzes für werden. Wir fragen: Wäre Leipzig als Name bleiben. ra Köpping geißelten mehrere Red- die Gedenkstätte verantwortet, führte der Leipziger Verlags- Welche Großzügigkeit und ner – Innenminister Albert Buttolo, die Situation auf mangelnden Kennt- standort denn in diesen Gnade! Ditzingen? Regierungspräsident Walther Chris- nisstand zurück. Er versprach jedoch, Schwundprozess und nun Ditzingen! Wo liegt denn tian Steinbach und OBM Bernd alles zu tun, dass Nazivereinen in die- endgültig ins Aus getrie- das? Wer soll das sein? Was Schröter – das eklatante Täuschungs- ser Stadt kein Erfolg beschieden sein ben worden, wenn er nicht ist das für ein Verlag? manöver um die Immobilie des vor- wird. Bei der abschließenden De- zwischenzeitlich – alle maligen Braunkohlenzentrums in der monstration zum geplanten Standort Welt weiß, wann er von So fragen nicht nur: Röthaer Straße. Einhellige Betonung legten Kundgebungsteilnehmer 500 wem gegründet wurde – DR. CHRISTEL HARTINGER, der Redner: Das nazistische Projekt weiße Rosen nieder. einige Jahrzehnte in der HANNELORE CROSTEWITZ, darf nicht gelingen. Minister Buttolo • BRUNO SCHWEITZER DDR gelegen hätte? Er ist 1828-2005 MARLIES MICHEL, EDDA aber ein unwiderlegbares Beispiel da- GLÖS, JUDITH ZEISING, LOUISE Verkehrte Welt in Sachsen für, dass das weder dem weiterwirkenden WILSDORF, ELISABETH ENGLER, EVELYNE internationalen Erfolg des Verlages noch – HOFFMANN, INGE GOLDMANN, DORA Während Untreue-Vorwürfe gegen frühere und derzeitige Minis- das muss in diesem Fall mit äußerstem ARNOLD, BRUNHILDE MEIßNER, INGEBORG terpräsidenten bis über die Verjährungsgrenze verzögert werden Nachdruck betont werden – der kulturge- WERNER, ANNE MEINEICKE ... (Paunsdorf-Skandal) und während sich die Ermittlungen gegen den schichtlich verantwortungsvollen Weiter- VON DER FREITAGSWERKSTATT ERZÄHLEN unter Korruptionsverdacht stehenden Ex-Wirtschaftsminister führung der Gründungsintention und dem UND SCHREIBEN /DIALOG E.V. LEIPZIG Schommer dahinschleppen, wird flugs Anklage ausgerechnet gegen den Staatsanwalt erhoben, der ursprünglich gegen Schom- mer ermittelt hat. Dabei geht es um den angeblichen Verrat einer ARGE verstärkt sprächsrunde mit dem Finanzdezernat, dem neuen Eigentümer und der Ortsvorsteherin Hausdurchsuchung bei Schommer gegenüber einer Zeitung, was Der Oberbürgermeister solle sich dafür einset- nur verwundern kann, da Staatsanwaltschaften in anderen, ebenso statt. Trotzdem besteht die Linkspartei auf zen, dass die Widerspruchsstelle der ARGE einer Mieterversammlung mit dem Ort- spektakulären Fällen selbst Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Im Übri- personell verstärkt wird. Das sei dringend er- schaftsrat und dem neuem Eigentümer. gen wird hier in geradezu unverschämter Weise mit zweierlei Maß forderlich, um die gesetzlichen Fristen zur Be- gemessen: Die Staatsregierung, die wortreich die Verletzung der arbeitung von Widersprüchen einzuhalten. Mehr Plätze in Kitas Persönlichkeitsrechte Schommers beklagte, hat den Staatsanwalt Dieser Antrag der Linksfraktion wurde be- Der Stadtrat beschloss, mehr Plätze in Kin- weit vor Anklageerhebung öffentlich in Misskredit gebracht. schlossen. dertagesstätten zu schaffen. Denn trotz kurzfri- Es befremdet sehr, dass bereits vor der Entscheidung, ob die Anklage 40 Millionen Euro futsch stiger Aufstockung um mehrere hundert Plätze vom Gericht überhaupt zugelassen wird, die Vorwürfe gegen den wird der Bedarf durch den Geburtenanstieg Beschuldigten gleichsam von Amts wegen öffentlich breitgetreten wer- Zur Anfrage ihrer Fraktion über die Gründe für nicht kompensiert. Obwohl der einstige Bei- den. Einen ähnlichen Eifer würde man sich bei der Aufklärung der die Rückgabe von 40 Millionen Euro für ar- geordnete und spätere OBM Wolfgang Tie- Vorwürfe gegen Schommer wünschen, die ungleich schwerer wiegen beitsfördernde Maß- fensee entspre- als der mögliche Fehler des Staatsanwalts. Schließlich geht es dabei nahmen durch die Splitter aus Leipzigs Stadtrat chende Zusa- nicht darum, wie ein Ex-Minister im Morgenmantel auf die Titelseite Leipziger ARGE gen machte, einer Boulevardzeitung geraten konnte, sondern um die höchst bri- wollte Stadträtin Margitta Hollick wissen, wie wurden keine Räumlichkeiten vorgehalten. sante Frage, ob er über 600 000 Euro Honorar vom Dualen System lange sich die Stadt die Untätigkeit noch gefal- Deutschland faktisch ohne Gegenleistung erhalten hat, als Dank für len lassen und wann sie selbst die Hoheit über- Vermarktung des Stadtbades seinen Kampf gegen das Dosenpfand. nehmen will. Beigeordneter Schubert sicherte Durch eine Ausschreibung soll ein Investor Angesichts des Auftauchens immer neuer Ungereimtheiten im För- immerhin mehr Aktivitäten zu. gefunden werden, der nach einer Sanierung dermittelwesen zur Zeit Schommers (Sachsenring, QMF, Werkstoff- das Stadtbad für Sport-, Kultur- und Frei- union Lippendorf, zweckwidriger Einsatz bzw. Verfall von EU-För- Sicherheit für Mieter zeitangebote nutzen will. Die Sanierung des dergeldern, Ermittlungen wegen Subventionsbetrugs in vielen SPD-Stadtrat Gunter Müller stellte eine alten Stadtbades als Schwimmbad hätte so Fällen) drängt sich der Verdacht auf, dass mit dem Verfahren gegen dringliche Anfrage zum Verkauf der Holz- viel Mittel verschlungen wie die Sanierung Staatsanwalt Ball von den zahlreichen „Leichen im Keller“ eines hausener Haus- und Grundstücksgesellschaft aller Volksschwimmhallen und der Neubau früheren Mitglieds der damaligen CDU-Alleinregierung abgelenkt wegen drohender Insolvenz. Auf Drängen der Schwimmhalle mit 50-m-Bahn in der An- tonienstraße zusammen, weshalb sich die Was- werden soll. • ANDRÉ HAHN von PDS-Ortschaftsrätin Brigitte Wagner und Stadtrat Siegfried Schlegel findet eine Ge- serwerke für den zweiten Weg entschieden. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 THEMA • 3 Für eine Umorientierung der Stadtpolitik Der PDS/WASG-Bewerber für das Oberbürgermeisteramt, Dr. Dietmar Pellmann, im LN-Interview

! Die Linke.PDS und die WASG umfangreiche Kenntnisse auf kommu- den. Um uns müssen wir uns selber küm- der Verwaltungsspitze kaum personelle Leipzig präsentieren als letzte mit nalpolitischem Gebiet erworben, und mern, heißt es bei Brecht. Das gilt mehr Veränderungen vornehmen, da die De- Ihnen ihren Bewerber für das Amt des Sie haben Ihre Fähigkeit nachgewiesen, denn je für Leipzig. zernenten und Amtsleiter vom Stadtrat Oberbürgermeisters. Wer Ihr Ansehen sich kritisch und konstruktiv für eine gewählt sind. Deshalb sind Gesprächs- im Stadtverband der Linkspartei und prosperierende und bürgerfreundliche ! Im Herbst vergangenen Jahres sind und Kompromissbereitschaft gefragt. weit darüber hinaus kennt, zweifelt Stadt einzusetzen. Was ist für Sie unter Sie zum zweiten Male als Landtags- Ich würde mich nicht so sehr in das nicht an Ihrer offiziellen Nominierung den gegenwärtigen Bedingungen eine abgeordneter gewählt worden – diesmal Scheinwerferlicht der Kameras drängen, durch die Anfang Januar stattfinden- solide Kommunalpolitik? Was würden sogar per Direktmandat in ihrem Wahl- um mit den Bürgerinnen und Bürgern de Vertreterkonferenz. Sie als Maxime ihrer künftigen Arbeit kreis in Grünau. Wie nützlich können über die Medien zu kommunizieren, son- Wie leicht oder wie schwer ist Ihnen als Oberbürgermeister voranstellen? für einen Oberbürgermeister Erfahrun- dern mehr den direkten Kontakt suchen gefallen, sich für eine Kandidatur zu In der Tat sind wir von einer soliden gen in der Landespolitik sein? und mich insbesondere unmittelbar an entscheiden? Kommunalpolitik weit entfernt. Das liegt Zunächst: Zum Landtagswahlkreis gehö- die sozialen Brennpunkte unserer Stadt Die Entscheidung fiel letztlich am 12. in erster Linie an den Fesseln, die Bund ren auch die Leipziger Ortsteile Miltitz, begeben. Und natürlich sollten bei wich- Dezember in den Abendstunden. Vorher und Land den Kommunen angelegt Böhlitz-Ehrenberg sowie Burghausen- tigen Entscheidungen die Einwohner ihre hatte ich gehofft, dass der Kelch an mir haben. Von einer wirklichen kommuna- Rückmarsdorf, also nicht nur Grünau. Stimme abgeben dürfen. So hätte es bei- vorübergehen würde, denn seit klar war, spielsweise zum Bau des City-Tunnels dass Wolfgang Tiefensee nach Berlin Dietmar Pellmann: Am 19. einen Bürgerentscheid geben müssen. geht, gab es ja zahlreiche Sondie- Dezember 1950 geboren, rungsgespräche mit einer Reihe von Historiker, konfessionslos, ver- ! Leipzig befindet sich gegenwärtig – eventuellen Bewerbern. Dabei wollten heiratet, drei Kinder. bedingt durch eine sich von Jahr zu wir von der Linkspartei nicht nur einen 1969 bis 1973 Studium der Jahr verschlimmernde Finanzlage – in gemeinsamen Wahlkampf mit der WASG Geschichte an der Karl-Marx- einer Situation, in der die Kommune führen, sondern möglichst auch einen Universität Leipzig, hier Assis- ihre Funktionen nur noch einge- gemeinsamen Kandidaten aufstellen. Es tent und Oberassistent. 1984 schränkt ausüben kann. Insbesondere musste also jemand gefunden werden, B-Promotion in Berlin, von die Daseinsfürsorge für die Bürger hat der in seiner Person eine möglichst große 1985 bis 1991 viele Abstriche erlitten. Das wurde Hochschuldozent an der Schnittmenge zu beiden Parteien auf- zum guten Teil durch die Bundes- und Universität Leipzig. weist. Als sozialpolitischer Sprecher der Landespolitik verursacht, ist teilweise Von 1991 bis 1994 Linksfraktionen im Sächsischen Landtag aber auch (Rat-) hausgemacht. Welche Pressesprecher beim Probleme würden Sie als neu gewähl- und im Leipziger Stadtrat, der sich Behindertenverband Leipzig. ter Oberbürgermeister zuerst anpa- zudem mit zahlreichen Aktivitäten gegen 1994 bis 2001 Vorsitzender cken? Hartz IV zu Wort gemeldet hat, wurde der Leipziger PDS; seit 1972 ich seitens der paritätisch zusammenge- Mitglied der SED (ab 1990 Zunächst muss in den Köpfen klar sein, setzten Personalkommission beider PDS). Seit 1991 Stadtrat in dass die Ära der Großprojekte, die we- Parteien in die engere Wahl gezogen. Da Leipzig und seit Oktober 1999 sentlich zur städtischen Schuldenlast bei- wir nur einen kurzen und intensiven Landtagsabgeordneter (2004 getragen haben, endgültig vorbei ist. So Wahlkampf haben werden, musste es im Wahlkreis 27 direkt sehr man sich über Neugeschaffenes zudem eine Person sein, die einen gewis- gewählt). freuen kann, zumal meine Stadtratsfrak- sen Bekanntheitsgrad hat und über tion vieles davon mit auf den Weg ge- langjährige Erfahrungen als Leipziger len Selbstverwaltung, die das Grund- Die damalige CDU-Landtagsmehrheit bracht hat, handelt es sich ja überwie- Stadtrat verfügt. gesetz gebietet, sind wir weiter denn je hatte doch den ursprünglichen Wahlkreis gend um Investitionen, aus denen keine Infolge des fluchtartigen Abgangs von entfernt. Wir brauchen also dringend ei- um diese Ortsteile erweitert, weil sie sich nachhaltige produktive Wertschöpfung Wolfgang Tiefensee hatten wir gar keine ne Gemeindefinanzreform, die den Kom- bessere Chancen ausrechnete. und damit ein höheres Steueraufkommen Zeit, gezielt und langfristig jemanden munen endlich die Luft zum Atmen lässt. Es kann nur von Vorteil sein, wenn man erwachsen. Dieser strategische Fehler in aufzubauen. Auf Grund dieser Konstel- Darüber hinaus hat sich Leipzig mit sei- in der Landespolitik verankert ist. So ist der Stadtpolitik geht auf die Zeit Anfang lation gab es für die zahlreichen „Auser- nen zahlreichen Großprojekten überho- mir deutlich geworden, dass Leipzig der neunziger Jahre zurück und wurde wählten“, mit denen Volker Külow Ge- ben, so dass auf jeden Einwohner mehr gegenüber Dresden erheblich benachtei- unter Oberbürgermeister Tiefensee nicht spräche geführt hat, hinreichende Grün- als 1800 Euro Schulden kommen. Die ligt wurde. Das betrifft u. a. die Wirt- korrigiert. Es hat also kein wirkliches de für eine Ablehnung der Kandidatur. Stadt ist für lange Zeit in ihrer Hand- schaftsförderung, aber auch die Aus- Leitbild für diese Stadt gegeben. Heute Ich hätte vielleicht sogar noch stichhalti- lungsfähigkeit eingeschränkt, muss alles reichung von Mitteln für Kultur. Gene- verfügt keiner der Kandidaten über ein gere Ablehnungsgründe anführen kön- tun, um eine Zwangsverwaltung abzu- rell muss man sagen: Der sächsische Mi- tragfähiges Entwicklungskonzept für nen. Ich betrachte mich allerdings durch- wenden. Vor dieser Situation steht jeder, nisterpräsident sonnt sich im Erfolg rela- Leipzig, selbst wenn es einige behaupten aus nicht als Notlösung. Erinnern wir der in das Amt des Oberbürgermeisters tiv niedriger Schulden gegenüber ande- mögen. Insofern werde ich keine Wohlta- uns: 1994 war die Leipziger PDS fast ein gewählt wird. Deshalb zeugt es von we- ren Bundesländern, was aber die Kom- ten versprechen, sondern in den ersten halbes Jahr ohne Vorsitzenden. Auch nig Realitätssinn, wenn aus den eigenen munen überdurchschnittlich in die Wochen gemeinsam mit den verschiede- damals sprach ich mit potentiellen Reihen von einem Oberbürgermeister Schuldenfalle getrieben hat. Leipzig nen Interessenvertretern dieser Stadt Stadtvorsitzenden. Und dann habe ich der Linkspartei große soziale Wohltaten kann das als wichtigste sächsische Ideen und Lösungsvarianten sammeln das Amt, sicherlich nicht ganz erfolglos, erwartet werden, die einfach nicht reali- Kommune, wie unter Wolfgang Tiefen- und bündeln. Erste Resultate einer Um- sieben Jahre bekleidet. Übrigens beträgt sierbar sind. see praktiziert, nicht länger hinnehmen, orientierung müssen dann allerdings auch die Amtszeit eines Oberbürger- Deshalb wäre meine Maxime, der Bür- sondern muss seine Ansprüche ggf. juri- bereits im Haushaltsplan für das Jahr meisters sieben Jahre … gerschaft die ganze Wahrheit über die stisch gegenüber dem Freistaat durchset- 2007 sichtbar sein. Lage unserer Stadt zu sagen und nicht, so zen. Im Zusammenhang mit Hartz IV hat ! Sind Sie Leipziger? wie der bisherige Amtsinhaber, die ange- unsere Stadtratsfraktion einen entspre- ! Welche Visionen haben Sie mit Blick Geboren wurde ich in einem Dorf im spannte Situation in rosa Farben zuma- chenden Antrag gestellt. auf Leipzig? Osterzgebirge, mit dem ich mich bis heu- len. Zugleich muss aber aufgezeigt wer- Leipzig wird eine Stadt, in der sich alle te eng verbunden fühle. Im September den, wie wir die Geschicke Leipzigs in ! Mit welchen Vorstellungen für die Generationen wohl fühlen, weil sie ganz 1969 kam ich zum Studium an die realistische Bahnen lenken können. Da- Zusammenarbeit in der Ratshaus- selbstverständlich über die Geschicke ih- Leipziger Karl-Marx-Universität. Seit- für brauchen wir einen langen Atem. spitze, mit den anderen Stadtratsfrak- rer Kommune mit entscheiden. Leipzig her, also seit mehr als 36 Jahren, bin ich Aber es ist dann möglich, wenn wir die tionen und den gesellschaftlichen wird eine Stadt mit Anziehungskraft für Leipziger und betrachte diese Stadt als Bürgerbeteiligung an allen relevanten Kräften in der Stadt gehen Sie in den Menschen aus aller Welt, weil sich hier die meine Heimat. Neben der beruflichen Entscheidungen wirklich wollen. Als Wahlkampf? Und wie würden Sie als reichen historischen Traditionen mit pro- Verankerung in der Messestadt hat sicher Historiker sind mir die historischen Oberbürgermeister Ihre Kontakte zu duktiver Wirtschaft, modernen Tech- auch dazu beigetragen, dass ich 1976 Traditionen Leipzigs wichtig. Doch wer den Bürgern gestalten? nologien und einer umweltfreundlichen eine Leipzigerin geheiratet habe. Und glaubt, dass daraus automatisch ein ver- Ein Oberbürgermeister hat nach Säch- Stadtstruktur verbinden. Leipzig wird unsere drei Kinder sind natürlich in briefter Anspruch auf einen Platz in der sischer Gemeindeordnung eine heraus- schließlch eine Stadt, in der sich unsere Leipzig geboren und leben heute noch Eliteliga europäischer Metropolen er- gehobene Stellung. Er ist nicht nur Vor- Enkel über Erscheinungen wie Armut, hier. Allerdings füge ich hinzu, seit 1980 wachsen würde, dürfte durch die letzten sitzender des Stadtrates, sondern auch Obdachlosigkeit oder Hartz IV nur noch mit Leidenschaft Grünauer zu sein und Jahre belehrt sein. Wir befinden uns in Chef der Stadtverwaltung. Dennoch aus Geschichtsbüchern informieren kön- es auch bleiben zu wollen. einem knallharten Wettbewerb mit ande- muss er sich mit dem Stadtrat, der bis nen. ren Städten und sind inzwischen von 2009 gewählt ist, arrangieren und um • FRAGEN: ! Sie haben als langjähriger Stadtrat Dresden oder Chemnitz überholt wor- Mehrheiten ringen. Außerdem kann er in GÜNTER LIPPOLD 4 • POLITIK LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

n Amerika gibt es schöne Profite und schöne Namen für Profite. Windfall Iprofits ist so einer. Er beweist recht anschaulich, worum es geht: Profite, die Außen Werbung, scheinbar vom Himmel fallen. Sie spru- deln immer dann, wenn ein natürliches Monopol im Spiel ist. Zum Beispiel eine unverhoffte Erdgasquelle unter ödem Land oder eine besonders attraktive innerstädtische Ecke, die sich mit lukrati- innen Politik ver Werbung zu bepflastern lohnt. Wie der Zufall es will, fallen satte Ein- nahmen manchmal sogar der faktisch auf den Bankrott zusteuernden Stadt Leipzig Medien GmbH umbenannte DSM ein gen am 1991 mit der DSM geschlossenen in den Schoß. Kürzlich gelang es der Teil von Ströer wird, und schließlich kau- Werbenutzungsvertrag brachte Leipzig Kommune, in turnusmäßigen Verhand- fen die Kölner im Jahr 2005 die Deutsche keine Absenkung der jährlich rund lungen mit der auf Außenwerbung fixier- Eisenbahn-Reklame (DERG) von der 645 000 Euro betragenden Einnahmen, ten Ströer-Gruppe eine finanzielle Ver- Deutschen Bahn. Wenn – wie seit dem 8. sondern trotz schauriger Klagen der Fir- besserung ihrer Konditionen herauszu- Dezember – auf einer grasgrünen ma Ströer eine satte Aufstockung der Ein- der Unternehmens-PR eingeweiht wer- schlagen. Das ist ein bemerkenswerter Schnellzuglok der DB die Flaggen der nahmen. In der Vorlage, die vom Dezer- den. Doch DSM-Geschäftsführer Storim Vorgang, denn Ströer ist ein knallhart kal- kickenden Titel-Aspiranten drauf sind, ist nat Finanzen in den Verwaltungsaus- hat sich eine noch viel bemerkenswertere kulierendes Unternehmen und mitnichten Ströer drin. schuss eingebracht wurde, steht, dass die Spielwiese ausgesucht. In sechs Projekt- darauf bedacht, irgend jemandem seiner Vor allem der DSM-Coup sorgt dafür, Ströer-Tochter DSM der Stadt Leipzig gruppen basteln seine Leipziger Studen- Partner einen müden Cent mehr zukom- dass Ströer längst ein Standbein in „in anderen deutschen Städten ihrer Wahl ten derzeit nicht an abstrakten akademi- men zu lassen, als unbedingt erforderlich Leipzig hat. In der Messestadt tobt nach jährlich Mediavolumen (Plakatanschlag- schen Themen, sondern an konkreten ist. Es sei denn, dahinter steckt ein er- Ansicht von Marketing-Fachleuten die stellen) im Wert von ca. 100 000 Euro Kampagnen, die einer der als groß gel- kleckliches Koppelgeschäft. Außenwerbeschlacht besonders zügellos. und noch einmalig während der Vertrags- tenden Stadtratsparteien im Februar nütz- Deshalb lohnt sich ein Blick zurück: Ströer – nach eigenen Angaben größter laufzeit 250 000 Euro zur Verfügung stel- lich sein sollen – beim Kampf um den 1990 ist Ostdeutschland jungfräuliches deutscher Außenwerber und einer der len“ wird. Stuhl des Oberbürgermeisters im Neuen Werbeland. Zeitungen und Zeitschriften fünf größten weltweit – ist der Ansicht, Es wäre zu schön zu wissen, wofür insbe- werden gerade mit den ersten Anzeigen- seiten „aufgepeppt“. In den Städten hän- gen Plakate in Wildost-Manier. Wo im- mer eine Fläche frei ist, wird hemmungs- los geklebt. Derweil erkennen findige Geschäftsleute im Westen, welches Potenzial im werbe- freien Osten schlummert. Eile ist gebo- ten. Die Außenwerbefirma Ströer findet im deutschen Einheitsjahr den Weg ins Kölner Handelsregister. Ströer nimmt schnurstracks Kurs auf den deutschen Osten. Die Emissäre beginnen, die Rat- häuser zu umkreisen, um geneigte Part- Aus der Information des städtischen Dezernats Finanzen an die Leipziger Ratsversammlung vom 7. 12. 05, Drucksache IV/1280 ner zu finden. Doch in Leipzig kommt im August 1991 Rathaus. Der Vorgang besitzt eine un- erst einmal die DSM Deutsche Städte- dass freie Flächen im Stadtbild immer sondere die Viertelmillion fließt. Immer- rühmliche Tradition. Abstandsgebot? Reklame GmbH aus /Main zum noch unzureichend mit Werbung verziert hin erstreckt sich die Verbandelung von Keine Spur! Schon einmal – 1998 – wa- Zuge. Die Stadt überlässt DSM „das sind. Das Unternehmen möchte die Etats Ströer mit Leipziger Institutionen inzwi- ren eine Werbeagentur und ein OB-Kan- Recht der Nutzung aller Werbemöglich- großer Werbetreibender von gedruckten schen auf viel mehr als den schnöden Pla- didat eine finanziell verworrene Lebens- keiten.“ Im Klartext heißt das, auf kom- und elektronischen Medien spürbar hin katanschlag. abschnittsgemeinschaft eingegangen, wie munalem Grund und Boden darf DSM zur Außenwerbung schaufeln und beklagt Rüdiger Storim, Geschäftsführer der sie vielleicht im Wirtschaftsleben üblich, die Stadt mit Werbeflächen überziehen – sich in diesem Zusammenhang, dass die Ströer Deutsche Städte Medien GmbH, im politischen Geschäft aber halsbreche- sofern es sich nicht um die Haltestellen entsprechenden Konzessionen in ist in den Lehrbetrieb der Leipziger Pub- risch ist. der LVB handelt, denn dort hat sich Deutschland ungebührlich teuer seien. lic Relations Studenten e.V., also auf ge- Dass im Jahr 2005/06 die wirksame schon der Konkurrent JCDecaux festge- Wer in dieser Situation – ein aggressiver schickten Umwegen in die Medienwis- Vermittlung zentraler politischer Bot- krallt. und auf geringere Abgaben bedachter senschaften der hiesigen Universität inte- schaften unter der Anleitung eines PR- Werbung ist immer ein aggressives Ge- Werber auf der einen Seite sowie eine griert. Die Unternehmenskommunikation Fachmannes aus einem Unternehmen schäft, doch Ströer (Brutto-Werbeerlöse klamme Stadt auf der anderen – annimmt, bildet einen wichtigen Teil des Lehr- geschieht, das in wirtschaftlich miesen 2004: 548 Mio. Euro) beherrscht es of- dass nach gutem kapitalistischen Brauch stoffs, seit die Krise des klassischen Jour- Zeiten der Stadt Leipzig scheinbar unei- fensichtlich besonders gut. Im Jahr 2000 die Konditionen zugunsten des Werbers nalismus nicht mehr jedem Absolventen gennützig eine Viertelmillion Euro über- holen sich die Kölner die Tochter Ströer verschoben werden, weil die Stadt letzt- einen sicheren Arbeitsplatz in einer Re- lässt, hat schon mehr als ein Geschmäck- Verkehrswerbung Leipzig GmbH; An- lich über jegliche Einnahme erfreut sein daktion beschert. le. Es stinkt nach „Außen Werbung, innen fang 2004 ist die Zeit gekommen, dass muss, hat weit gefehlt. Gut, wenn die angehenden Kommunika- Politik“. auch die inzwischen in Deutsche Städte Die kürzliche Verhandlung der Änderun- toren von Praktikern in die Geheimnisse • BRIGITTE DREWITZ

ie Handwerkskammern Auch das Vertrauen in die Justiz DHalle und Leipzig sowie ist derart beschädigt, dass die die Industrie- und Handels- Wenig Licht und viel Schatten Hälfte der Betroffenen inzwi- kammern -Dessau und Mitteldeutsche Wirtschaft auf schwankenden Planken schen auf rechtliche Schritte Leipzig analysieren seit drei verzichtet. Begründet wird das Jahren gemeinsam die Wirt- aber noch hinter den neuen Baukrise führte von 2000 bis chen Auftraggeber bis 30 Tage vor allem mit den hohen Kosten, schaftssituation in ihrer Region. Bundesländern (26,2%) und 2004 zum Beschäftigungsabbau und 35 Prozent bis 60 Tage nach zu langer Zeitschiene und feh- Sie mussten auch für das Jahr noch viel deutlicher hinter Ge- von etwa 100 000 Menschen Rechnungslegung. Zahlungsein- lenden Zahlungsaussichten. 2004 und das bisher erfasste samtdeutschland (39,5%) zu- (11,2%). gänge nach 90 Tagen sind keine Was das Vertrauen in die Politik Frühjahr 2005 neben wenigen rück. Die Beschäftigung stieg in Seltenheit. Es zeigt sich, dass betrifft, dieses Problem zu lösen, Lichtblicken große Wachstums- diesem Sektor nur um 1,6 % auf esonders umfangreich sind der Staat sein eigenes Zahlungs- so ist es im Osten auf dem schwächen und schwerwiegende 99 578 Personen. Die anhalten- Bdie Untersuchungen, die die beschleunigungsgesetz ignoriert Nullpunkt. Die beiden letzten ungelöste Probleme aufzeigen de Wachstumsschwäche, vor Kammern zum Zahlungsver- und so zu Firmenpleiten bei- Kanzler als Hauptverantwort- und bestätigen, dass von „festem allem ausgelöst von sinkender halten in Mitteldeutschland vor- trägt. liche nahmen keine erkennbare Boden unter den Füßen“ keine Investitionsbereitschaft (in den genommen haben. Sie führten Die Mehrheit der unter der Position ein, und auch bei ihrer Rede sein könne. NBL ging sie zwischen 1995 zu massiver Kritik an öffentli- schlechten Zahlungsmoral lei- Erbin gibt es bisher keinen An- Einen Lichtblick lieferte die und 2002 um 37,4% zurück) hat chen und gewerblichen Auf- denden Betriebe nannte als lass für die Mitglieder der Industrie, die ihren Umsatz um den Aufholprozess zum Stocken traggebern. Während die Unter- Folgen Existenzgefährdung Kammern, optimistisch zu sein. 11,6 Prozent auf 23,08 Mrd. gebracht, der bis Mitte der 90er nehmen mit fast 90 Prozent der (26,8 %), Entlassungen (11,2%), Trübe Aussichten also für 2006. Euro erhöhte. Die Exportquote Jahre durchaus spürbar war. Privatkunden zufrieden sind, Aufnahme von Überbrückungs- stieg auf 20,3 Prozent, bleibt Die fortbestehende schwere zahlten nur 52 % der öffentli- krediten ( 20,4%). • J. SPITZNER LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 POLITIK • 5

„Ach“, sagt Herr M., „die hängen da ihre „Ach die ..., mal ‘ne Nacht Kartzer und ‘n kleines Feuerwehrschläuche auf, zum Trocknen“. Frühstück.“ Der Fremde winkt ab, stiert durchs „Brennt wohl öfters in eurer Stadt?“ Fenster auf den Turm gegenüber und murmelt: Der „Nee, nee“, beschwichtigt Herr M., „die üben bloß“. „Wohnungen müsste man d‘raus machen. Bezahlbar. Er nippt am Cognac. „War früher mal ‘n Wasserwerk, ‘N Fahrstuhl drin in der Hülse." als das neue noch nicht stand“, weiß er aus der „Das letzte für heute“, verkündet der Wirt und stellt Stadtchronik. zwei Bier und zwei Cognacs auf den Tisch. „Du musst Berber „Soll‘n doch Wohnungen draus machen“, meint der morgen auf Arbeit“, mahnt er Herrn M. Fremde. Herr M. stellt sich vor, da in diesem Turm zu „Hä, Arbeit?“, staunt der Fremde, kramt in seiner wohnen, ganz oben, mangels Friseur vielleicht einen Hosentasche und zerrt einen zerknitterten 50er-Schein ie Tür geht auf, der Dunst wabert in die kalte hervor. „Alles auf meine Rechnung.“ DWinternacht. In der Tür steht ein Mann, unent- „Wohin willst´n heute noch?“, fragt Herr M. den schlossen. Das Kneipenvolk schreckt auf wie ein Fremden. „Komm mit in meine Bude. Kannste mal in Schwarm schwarzer Vögel. Geschichten von ‘ne Badewanne und ‘n sauberes Bett. Was zu trinken „Brett ran! Rein oder raus!“, faucht einer schließlich. hab´ ich auch noch da.“ „Wer is‘n der?“, murmelt sein Kumpel. „Nie gesehn. Herrn M. Der stinkt ja wie die Pest!“ er Fremde betrachtet sich das Bücherregal von „Gegen den Wind“, hetzt der Dritte und guckt nach der aufgeschrieben von Ekkehard Fritz DHerrn M. „Ah", sagt er, „Tolstoi, Krieg und Uhr. Es ist schon spät. Frieden, alle zwei Bände. Guck an. Kennst du auch die Der Mann wischt sich seine zottligen Haare aus der Novelle „Der lebende Leichnam?“ Stirn, streicht sich übers Kinn, als wolle er sich endlich Herr M. erschrickt ein bisschen und stottert: „Hm, hm, mal rasieren. Unsicher irrt sein Blick durch den Raum Zopf herunter fallen zu lassen wie Rapunzel. Er lächelt. ja, ja.“ Der Fremde winkt ab. „‘N Scheiß kennst du! Is ..., kein freier Tisch. Mit hochrotem Kopf steht der Wirt „Steht unter Denkmalschutz“, sagt er. nämlich keine Novelle, sondern ‘n Drama.“ hinterm Tresen. Polizei rufen, Assigesindel raus- „Woher kommst‘n?“, fragt er den Fremden. „Will der mich ärgern“?. denkt M. schmeißen ...? Mit Gläserspülen lenkt er sich ab. Es ist „Was weiß ich“, sagt der. „Gestern war ich in ja noch nichts passiert. . Kam vielleicht aus Paris oder Lissabon oder err M., unruhigen Schlafes sowieso, wird im Mor- Stockholm, oder aus der Taiga. Was weiß ich“, murmelt Hgengrauen wach, ein Geräusch hat ihn geweckt. err M. sitzt allein an seinem Tisch, drei Plätze sind der Fremde und kippt seinen Cognac in den Rachen. Noch zwei Stunden bis zur Arbeit. Kaffee kochen. Hnoch frei. Er winkt den Mann zu sich. Dem Wirt, „Jetzt bin ich hier“. Zieht sein linkes Hosenbein hoch Wozu? Der Fremde ist weg. Das Kettchen, das er am guter Kumpel ansonsten, fallen fast die Augen aus dem und kratzt sich an der Wade – Herr M. sieht Striemen Hals getragen hatte, liegt auf dem Tisch. Darunter, mit Gesicht, und die anderen, auch alles gute Kumpels an- und Pusteln. Filzstift geschmiert: „Merci und Salute, Kamerad. Ich sonsten, gucken pikiert. Der Wirt meidet den Tisch. „Und – wie geht das so einfach? Quer durch Europa? kann nicht anders. Adieu.“ „Zwei Cognac bitte und zwei Bier. Große!“, ruft der So ohne Knete?“, fragt er. Fremde dann zur Theke. Herr M. schluckt vor Schreck. „Es geht“, sagt der Fremde. „Der Schaffner schmeißt m Nachmittag, nach der Arbeit, geht Herr M. wie- „Kann der überhaupt zahlen?“, denkt er. dich am nächsten Bahnhof raus, im nächsten Zug, egal Ader in diese Kneipe, nach Hause zieht ihn nichts. Der Fremde guckt durch‘s Fenster. „Was is‘n das für´n wohin, steigst du eben ein, basta. So bin ich hier ange- Und da sitzen sie, wie jeden Tag, die lebenden, saube- Turm da drüben?“, fragt er nach einer Weile Herrn M. kommen, erstmal.“ ren Leichname, und starren Herrn M. merkwürdig an. „Sieht ja finster aus.“ „Und die Bullen?“, fragt Herr M. blauäugig. Wo wird er jetzt wohl sein, dieser Fremde?

as Sächsische Ministerium für Mögen für Sachsens Kultusministeriale unzumutbare Schulwege zumutbar sein / Das Bautzner Kultus hat offenbar keinen guten Oberverwaltungsgericht sah es anders DStand vor Gericht: erwartungs- gemäß allerdings ohnehin seine Nie- derlage gegen die Schulleiterin aus Lohmen, die nun wieder in ihrer Schule als Schulleiterin (!) arbeiten darf. Jetzt Kämpfen lohnt sich! verlor das Ministerium vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht Kennt das Ministerium die Wegzeiten gar Drei Schüler besuchen inzwischen ein chen Bedürfnisses für diese Klasse“ auch gegen die Gemeinde Schönfeld. nicht? Oder ist man dort tatsächlich der Gymnasium, obwohl sie das ursprünglich förmlich festzustellen und den Fort- Die dortige Mittelschule darf nun doch Meinung, ein Schulweg von durch- nicht wollten, andere haben sich inzwi- bestand dieser Klasse nicht in Frage zu eine 5. Klasse eröffnen – jetzt, Mitte schnittlich zweieinhalb Stunden täglich schen an die neuen Klassenkameraden stellen, also eine verbindliche Bestands- November also, das Schuljahr ist 10 sei für Fünftklässler generell zumutbar? und Lehrer gewöhnt oder befürchten, garantie abzugeben. Wochen alt. Doch dazu später. Nur 27 Steht die Schule in Schönfeld vielleicht wegen des Schulwechsels neue Lehr- Außderm kommt es nun natürlich – ganz Schüler hatten sich für die neue 5. Klasse sowieso auf der Streichliste? Kann materialien anschaffen zu müssen und so auf der Basis des Spruchs des Bautzner angemeldet. Mit dem Bescheid vom 27. eigentlich nicht sein, denn die Schüler- weiter. 16 Schülerinnen und Schüler Oberverwaltungsgerichtes – darauf an, Mai 2005 verfügten Sachsens Kultus- zahlen nehmen auch dort zu. In zwei haben sich dennoch sehr schnell für ihre auch für andere Schulen, bei denen unzu- gewaltige, dass „das öffentliche Be- Jahren ist die Zweizügigkeit gesichert, alte Schule in Schönfeld entschieden. mutbare Schulwege festzustellen sind, dürfnis für die Einrichtung der Klassen- mittel- und langfristig also kein Grund Das wiederum bedeudet, dass die von klare Verhältnisse zu Gunsten der Schüler stufe 5 an der Mittelschule Schönfeld im für eine Schließung. diesem Wechsel betroffenen Schulen zu schaffen. Schließlich geht es um ein Schuljahr 2005/2006 nicht besteht“. Das Was nützt nun das Urteil des Oberver- neue Stundenpläne erstellen und den Präzedenzurteil: Zwar war jedem norma- heißt, die Schüler mussten sich eine ande- waltungsgerichts, wonach die Schön- Lehrereinsatz neu planen müssen. len Menschen klar, dass tägliche stunden- re Schule mit unweigerlich längeren felder 5. Klasse zu erhalten ist? Schließ- Aber das Kultusministerium ist bekannt- lange Schulwege für Kinder nicht zu ver- Schulwegen suchen. Das Verwaltungs- lich hat das Schuljahr längst begonnen. lich ein schlechter Verlierer. Indirekt kün- kraften sind, aber erstmals hat dies in gericht Dresden hatte deshalb sogar nun digte es bereits an, den Mitwirkungsent- Sachsen ein Gericht nachgerechnet, un- anfallende Wege geprüft und mit einem zug für das nächste Schuljahr erneut aus- anfechtbar entschieden und begründet. Beschluss vom 24. August die Auffas- zusprechen. Im Klartext: Klappt es also Die Arroganz der Macht kam wieder ein- sung verkündet, dass die Schulwege ge- dieses Jahr nicht, dann darf eben im näch- mal an ihre Grenzen. Ihre demokratiefer- nerell zumutbar seien. Zum Beispiel auch sten Jahr keine sechste Klasse eröffnet ne und menschenverachtende Strategie für die Schüler aus Sacka. Die sind an werden. Alles ginge also von vorne los! der vollendeten Tatsachen ist nur teilwei- drei Tagen der Woche 160 Minuten, an Ganz in diesem Sinne äußerte sich laut se aufgegangen. Kämpfen lohnt sich. zwei Tagen 130 Minuten unterwegs. Das Sächsischer Zeitung Dirk Reelfs, Spre- • CONNY FALKEN sind durchschnittlich 148 Minuten pro cher des Ministriums: „Es Tag. Wie gesagt, das sei zumutbar, so die kann durchaus sein, dass die Dresdner Richter. dann sechste Klasse noch Das Oberverwaltungsgericht Bautzen un- einmal wechseln muss.“ tersuchte auf Antrag der Gemeinde Das wäre für die Schüler die Schönfeld nun wie gesagt einen anderen größte vorstellbare Kata- Schulweg und erklärte ihn allein „wegen strophe! Der abscheuliche der unzumutbaren Schulwegdauer für die Verdacht drängt sich auf, Schüler aus Blochwitz rechtswidrig“. dass die Verunsicherung der Das Gericht stellte fest: „An der soforti- Schüler und Eltern beab- gen Vollziehung rechtswidriger Beschei- sichtigt ist. de besteht kein öffentliches Bedürfnis“. Dies erkennend, forderte die Auf gut Deutsch: Es darf eine 5. Klasse in Linksfraktion inzwischen der klagenden Gemeinde Schönfeld ge- einen Landtagsbeschluss, um ben. „das Bestehen des öffentli- 6 • POLITIK LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

Leipziger und sächsischer Bornaer gegen Nazikultstätte Arbeitsmarkt im November LN. Etwa tausend (mdr-online) verwiesen, war aber lange auf fentlichem Druck bequemten Trügerischer Bornaer bekundeten am vorigen taube Ohren gestoßen und hatte sich die Verantwortlichen, ihre Freitag trotz extremen Wetters nur träge Reaktionen ausgelöst. Entscheidungen zurückzuneh- Anstiegsstopp ihren Willen, den Plan einer Die Linke.PDS hat sich schließ- men. Und erst nach mehrfacher NPD-nahen Gruppe von Altna- lich an die Bürger der Stadt ge- Aufforderung kündigte Bornas 73621 Erwerbs- zis zu unterbinden, die in einem wandt und sie zum aktiven Wi- Oberbürgermeister Schröter in fähige waren früheren Bergbaugebäude eine derstand aufgefordert, dem sich, an, das in seiner Metallfirma be- Ende Novem- „Gedächtnisstätte für deutsche wie gesagt, zuletzt auch bisheri- reits hergestellte zwölf Meter ber in der Re- Kriegsopfer“ errichten will. Nach ge Ignoranten anschlossen. Aus hohe Stahlkreuz für die Kult- gion Leipzig – Irritationen in den letzten Wo- dem Zentralrat der Juden in stätte erst „nach Klärung der mit Geithain, Borna, Delitzsch, Kommt ab Juni chen nahmen an der Demo auch Deutschland war zu den Vor- Sachlage“ auszuliefern, bevor er Eilenburg – ohne bezahlte Arbeit. Innenminister Buttolo und Land- gängen zu hören: „schriller Aus- konsequenter von dem Vorha- Das sind, auch dank gutem ein Aufschwung? rätin Köpping teil. (Siehe S. 2.) druck politischen Notstands“. ben abrückte. Das Regierungs- Wetter, 969 weniger als im Vormonat, aber 3506 mehr als ein Die hochgesteckten Erwartun- Bereits seit Wochen hatte die Die Errichtung der Gedenkstät- präsidium empfahl der Stadt, die Jahr zuvor. Dabei schönt die gen an die Fußball-WM („Wir sächsische Linkspartei.PDS das te war von Stadtverwaltung und erteilten Baurechte zurückzu- werden Weltmeister“) ziehen Innenministerium und das Landratsamt genehmigt worden. nehmen. Sie erließ daraufhin Statistik: Wer für einen Euro weitere Kreise. Nachdem be- Landratsamt auf die Vorgänge Der Bauantrag hatte ohne Ge- einen vorläufigen Widerruf. jobbt, gilt nicht als erwerbslos. reits die öffentliche Auslosung aufmerksam gemacht und auf genstimme den Bornaer Bauaus- Verfassungsschutz und Polizei Trotz reger Fluktuation ist die Ge- der Vorrundengruppen und zu- Hintergründe und Hintermänner schuss passiert. Erst unter öf- begannen mit Überprüfungen. samtlage fast unverändert: 9183 vor hochtönend angemeldeter Personen fanden Arbeit, Ein-Eu- zusätzlicher Arbeitskräftebe- ro-Jobs eingeschlossen. Doch darf während der WM zu ge- 8202 Personen, davon 2788 aus sellschaftlichen Events gerie- Streitpunkt Verwaltungsreform dem Dienstleistungsbereich, mel- ten, hat jüngst Ministerpräsi- LN. Der seit langem andauern- fende Verwaltungs- und Funk- dieser Frage heillos zerstritten deten sich neu oder erneut dent Mildbradt im MDR erklärt, de Disput um die Regierungsplä- tionalreform in Sachsen, an de- sind, wirke das Agieren der Re- arbeitslos. 785 ABM-Stellen die Fans, die im Sommer 2005 ne für eine Verwaltungsreform ren Ende nach Neuordnung der gierung dilettantisch und hilflos. weniger standen zur Verfügung. nach Leipzig kommen werden, in Sachsen ging in der vorigen Aufgaben auch die Zusammen- Sollte sich bestätigen, dass sich Mit 19 Prozent der zivilen Er- würden für einen Aufschwung Woche im Lenkungsausschuss legung von Landkreisen stehen der Lenkungsausschuss grund- werbspersonen hat der Agentur- sorgen, es entstehe eine Infra- in eine neue Runde. kann. Sie habe auch eine klares sätzlich darauf verständigt ha- bezirk Leipzig wie bisher die struktur, die über die WM hin- höchste Arbeitslosenquote in aus bleibe. Außerdem werde André Hahn von der Linksfrak- Leitbild für eine derartige Re- be, am dreistufigen Verwal- Sachsen (Durchschnitt: 16,6%). Leipzig bekannt, sagte er mit tion.PDS erklärte nach den Ver- form und werde im Januar dem tungsaufbau (Regierungspräsi- Blick auf die 500 Millionen Men- handlungen, seine Fraktion un- Landtag einen entsprechenden dien) festzuhalten, so Hahn, sei Statistisch kommen in der Region schen, die der Gruppenauslo- terstütze alle vernünftigen Be- Antrag unterbreiten. die Reform gescheitert, noch auf eine offene Stelle 17 Be- sung zuschauten – kostenlose mühungen um eine durchgrei- Da die Koalitionsparteien in bevor sie richtig begonnen hat. werber. Besonders stark trifft der Werbung. Dabei hatte Leipzigs Stellenmangel nach wie vor Ar- Arbeitsagenturchef Dr. Meyer beiter (46,7% der offiziell Ar- realistischerweise das Entste- Bachelor und Master Kein Akteneinblick EU-Mittel verfallen beitsslosen) und über 50-Jährige hen dauerhafter Arbeitsplätze LN. Mit CDU/SPD-Mehrheit LN. Die Koalitionsmehrheit im LN. Angesichts des drohenden (26,4%). 44 Prozent (!) der Er- durch die WM deutlich verneint. beschloss der Landtag eine Än- Landtag hat die Annahme des Verfalls von 80 Millionen Euro werbslosen suchen länger als ein Nun kann man wohl bei Minis- derung des Hochschulgesetzes, von der Linksfraktion einge- aus dem Sozialfonds der EU zur Jahr Arbeit. Fast 13 Prozent sind terpräsident und Wirtschafts- die „Bachelor“- und „Master“- brachten Öffentlichkeits-Geset- Arbeitsförderung konnte Sach- noch nicht zwanzigjährig. professor Milbradt nicht den Abschlüsse ermöglicht. Studien- zes verhindert. Beabsichtigt war, sens Wirtschaftsminister Jurk Sachsen insgesamt registrierte Spruch ins Spiel bringen, ein gänge und Abschlüsse sollen da- den Bürgern im Rahmen des Da- bis zur vorigen Woche nur 18,75 Ende November 365588 arbeits- Optimist sei ein Zeitgenosse, tenschutzes Zugang zu Informa- Millionen retten – dank des lose Frauen und Männer – 133 der ungenügend infomiert ist. mit europaweit vergleichbar, die Ausbildungsqualität gesteigert tionen der Verwaltung zu ge- Rückgriffs auf Vorschläge der mehr als Ende Okober, jedoch Wie in vielen ähnlichen Fällen 13600 weniger als vor einem reduziert sich hier Optimismus werden, sagte Wissenschaftsmi- währen, die Grundlage staatli- Linkspartei für ein Mikrodarle- Jahr. DGB-Chef Hanjo Lucassen auf Hoffnung. In diesem Falle nisterin Barbara Ludwig. Nam- cher Entscheidungen sind. Da- hensprogramm (von der Koa- die genährte Hoffnung, der hafte europäische Gelehrte sehen mit wurde laut MdL Michael lition noch vor neun Monaten warnt vor Optimismus: 57000 Sport könne bewirken, was die im zweiklassigen Modell einen Friedrich die Chance vertan, ei- abgelehnt). Die restlichen Mit- Ein-Euro-Jobber und 20000 Ar- Wirtschaft nicht schafft: den Rückschritt gegenüber der Di- nen Schritt zum Umbau des Ob- tel sind mit Wirkung vom 15. beitnehmer über 58 seien nicht Aufschwung. • G. L. plomausbildung. rigkeits- zum Bürgerstaat zu tun. Dezember verfallen. mitgezählt. • gb

29. November 13. Dezember Dresden. Ein Großaufgebot von Polizis- Chemnitz. Das Teilstück der A 71 zwi- ten und Staatsanwälten durchsucht 14 Woh- schen Kreuz Chemnitz und Chemnitz-Süd nungen im Raum Pirna, in Bayern und in SSACHSENACHSEN-C-CHRONIKHRONIK ist nach zweijähriger Bauzeit fertiggestellt. Berlin. Nach einem Überfall Rechtsradi- 29. November bis 19. Dezember 14. Dezember kaler auf Besucher des Dresdner Stadtteil- Heuersdorf. Der Ortschaftsrat von festes Bunte Republik Neustadt am 19. Leipzig. Rund 600 Telekom-Mitarbeiter 7. Dezember Heuersdorf verlangt vom Landratsamt Juni sind 59 Verdächtige im Visier. demonstrieren mit Ver.di-Chef Frank Bsirs- Leipzig. Der Studentenrat der Universität Aufklärung über die Schadstoffbelastung 30. November ke gegen drohenden Stellenabbau. sammelt Unterschriften für ein Son- im künftigen neuen Wohngebiet in Regis- Dresden. Auf die Unterfinanzierung der 2. Dezember derkonzil, das die Rolle von Rektor Franz Breitingen. Bodenproben hatten eine Praxen machen Fachärzte und Arzthelferin- Leipzig. Anrechnung der Bereitschafts- Häuser bei der geplanten Änderung des Kohlenwasserstoffkonzentration ergeben, nen mit einem Protesttag aufmerksam. Im dienste und mehr Gehalt fordern etwa 120 sächsischen Hochschulgesetzes überprü- die weit über den zulässigen Werten liegt. Osten stellen die Kassen ca. 300 Euro je Ärzte der Universitätsklinik bei einem ein- fen soll. Die Studenten befürchten mas- 15. Dezember Versicherten bereit, im Westen 430. stündigen Streik. siven Demokratieabbau. Dresden. Die Staatsanwaltschaft erhebt Kamenz. Seit 2003 steigen AIDS-Infekti- 3. Dezember 10. Dezember Anklage gegen den zweiten Geschäfts- onen in Sachsen wieder stark an, teilt das Markkleeberg. Die Basis der sächsischen Senftenberg. Etwa tausend Menschen tre- führer des Verlages Deutsche Stimme Statistische Landesamt mit. Von Mitte WASG stimmt – wie auch der WASG- ten einem Aufzug des rechtsextremen (Riesa) wegen Volksverhetzung durch 2004 bis Mitte 2005 wurden 70 neue Fäl- Länderrat – der weiteren Zusammenarbeit „Lausitzer Aktionsbündnisses“ entgegen. rechtsextreme Musik-CD. le registriert. mit der Linkspartei zu. Chemnitz/Dresden. Dem früheren Chef Dresden/Chemnitz. Rund 250 4. Dezember Schkeuditz. Mit Transparenten auf drei der sächsischen Antikorruptionseinheit Beschäftigte des KFZ-Gewerbes legen Dresden. Die EU rügt, dass Sachsen Mit- A14-Brücken protestiert die IG Nachtflug- INES, der gegen Ex-Minister Schommer vorübergehend die Arbeit nieder; am tel für kleine und mittelständische Firmen verbot gegen unbeschränkte Fluggenehmi- ermittelte, droht wegen angeblichen Ge- nächsten Tag folgen Chemnitzer Kollegen. in Großprojekte investiert hat, bestätigt das gung für den Postdienstleister DHL. heimnisverrats ein Prozess (s. S. 2). Sie protestieren gegen angedrohte Wirtschaftsministerium. Rückzahlung von 12. Dezember 19. Dezember Arbeitszeitverlängerung und 130 Millionen Euro droht. Leipzig. Gegen die Absicht von Justiz- Dresden. Der bisherige Landesvize der Urlaubskürzung (s. S. 8). 6. Dezember minister Mackenroth, dass Staatsanwälte NPD, Mirko Schmidt (Meißen), erklärt 1. Dezember Leipzig. Nach 177 Jahren Reclam-Verlag und Richter in den Schulen rechtliche nach seinem Parteiaustritt, die überwie- Leipzig. Bei einer Drogenfahndung stürmt in Leipzig gibt die Reclam Verlag GmbH Grundlagen zum Rechtsextremismus er- gend westdeutsche Führung habe sich der eine Polizeieinheit die falsche Wohnung. (Ditzingen) die Schließung des Standorts klären, wendet sich die Lehrerverbands- NDP in Sachsen bemächtigt. Sie verlange Ein im Bett gefesselter Informatiker und in der Inselstraße bekannt. Nur das Etikett Vorsitzende, Ingrid Schwaar. Wichtiger das Bekenntnis zum Nationalsozialismus seine Freundin stehen unter Schock. „Reclam Leipzig“ soll bleiben. seien Fortbildungsangebote für Lehrer. und wolle ein Viertes Reich. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 SACHSEN • 7

as erste Jahr einer Koalitionsre- den Braunen vor deren Augen in die tag geben könnte, allen Kindern unab- Ekelfleisch-Affären zutage getreten ist. gierung in Sachsen ist Geschich- Haare bekamen. Dieses Ziel wurde nach hängig vom Elternhaus einen ganztägi- So bleibt nur das Kompliment der Dte. Was noch im Sommer 2004 Meinung regelmäßiger Beobachter des gen Zugang zur öffentlichen Kinder- Grünen bemerkenswert, die Linksfrak- kaum ein Meinungsforscher für möglich Landtags auch erreicht. Das ersparte betreuung zu gewähren. Dies würde tion sei ihnen mit diesem guten Anliegen hielt, gehört längst zum Alltag sächsi- dem Parlament nicht den historischen auch zum wohlfeilen Bekenntnis quer zuvorgekommen. scher Landespolitik: Die CDU, die zur Sündenfall im so genannten Bewertungs- durch alle politische Lager passen, dass Zeit Biedenkopfs absolute Mehrheiten ausschuss, wo sich CDU, SPD, FDP und es sich bei Kitas nicht um Linke Opposition mildert fest gebucht zu haben schien, muss sich Grüne der Neonazis bedienten, um die Aufbewahrungs-, sondern Gräuel im Landtag eines Mehrheitsbeschaffers Erhebung der Abgeordnetenanklage gegen Bildungseinrichtungen handelt. Hartz IV steht dank Linksfraktion nach bedienen. Diese Rolle hat die SPD über- den Vorsitzenden der Linksfraktion zu Am Ball geblieben ist die Linksfraktion wie vor ständig auf der Parlaments-Ta- nommen, die in eine Koalition eingetre- empfehlen. Ziel: Aberkennung des Man- auch mit ihrem Kleingarten-Gesetz, das gesordnung. So machte sich die Links- ten ist, die den Namen „große“ nicht ver- dats durch den Verfassungsgerichtshof. Hunderttausende Menschen in Sachsen fraktion als erste mit einem Antrag für dient, stürzten doch die Sozialdemokra- vor überhöhten Abgaben-Belastungen die „Beibehaltung der Beteiligung des ten bei den letzten Landtagswahlen unter Stasi-Thema am Kochen schützen soll. Hatten CDU und SPD vor Bundes an den Kosten der Kommunen die Zehn-Prozent-Marke. gehalten der Wahl noch so getan, als werde hier für Unterkunft und Heizung von Arbeits- Das Verfahren schmort immer noch im ein im Grunde ehrenwertes Anliegen losengeld II-Empfängern“ stark und Geschäftsordnungs- und Immunitätsaus- parteitaktisch missbraucht, offenbarte machte auch rechtzeitig auf massenhaft Von MARCEL BRAUMANN schuss. Da sich die Vertreter von CDU, sich nun erwartungsgemäß, dass die drohende Zwangsumzüge aufmerksam, SPD, FDP und Grünen wohl selbst nicht Ablehnung eher damit zu tun hatte, dass selbstverständlich verbunden mit der allzu große Erfolgschancen vor dem man es lieber alles ein bisschen unver- Forderung nach Gegenstrategien. Was seither geschah, trauen sich die Ko- höchsten sächsischen Gericht ausrech- bindlicher haben möchte. Das Gleiche Auch auf den drohenden Ärztemangel alitionäre selber nicht öffentlich zu nen, möchte man das Stasi-Thema noch gilt fürs Schulgesetz: Eine gemeinsame machte die Linksfraktion frühzeitig auf- bilanzieren, eine Regierungserklärung merksam. Auf ihrer zum einjährigen Bestehen dieser vom Sächsisches Regierungsmodell: Herbstklausur erhoben Wahlergebnis diktierten Notge- die demokratischen meinschaft mochte Ministerpräsident Sozialisten Erhalt und Georg Milbradt (CDU) nicht abgeben. Ausbau der sozialen Sein Stellvertreter und Infrastruktur, zu der Wirtschaftsminister Tho-mas Jurk (SPD) SPD-MMinister im auch Gesundheits- und dürfte dafür dankbar sein. Schließlich Bildungseinrichtungen hatte Milbradt entgegen allen diplomati- zählen, zum Schwer- schen Gepflogenheiten wiederholt kess punktthema der näch- behauptet, in Sachsen werde weiter CDU-KKabinett sten Jahre und knüpfen „CDU-Politik gemacht“ – und damit an die Logik Wirtschaftspolitik sowieso auch in der eine Weile medienwirksam kochen las- Schule für alle Kinder und Jugendlichen ihrer bisherigen Alternativen Haushalts- Staatskanzlei. sen. Dass sich Porsch gegen alle Stasi- mindestens acht Jahre lang könnte man ansätze an. Dass sich Jurk zum Jahresende ausge- Vorwürfe erfolgreich vor Gericht durch- ja im Einvernehmen mit der übergroßen Wenn es sein muss, macht die Linksfrak- rechnet mit dem Verfall von 60 Millio- setzen konnte, interessiert natürlich Mehrheit der sächsischen Bevölkerung tion allen anderen etwas vor und setzt nen Euro Arbeitsfördermitteln aus dem nicht. Zwischenzeitlich fielen die Freun- zumindest schrittweise einführen, aber allein einen Untersuchungsausschuss zur Europäischen Sozialfonds (ESF) herum- de der „Stasi-Keule“ erneut auf die Nase: die Koalition konnte sich nur zu Modell- Landesbank ein oder erzwingt eine Son- schlagen muss – das entspricht immerhin Das Verfassungsgericht kassierte die projekten einer so genannten dersitzung des Landtags über Eingriffe dem Jahres-Fördervolumen von Berufs- Spezialität des sächsischen Wahlgeset- Gemeinschafts-schule durchringen, in die Pressefreiheit und Korruptionsbe- bildung in Sachsen – spricht Bände. Wie zes, dass jeder Kandidat unterschreiben deren Verwirkli-chung von der CDU- kämpfung. Auslöser waren die Überre- schon bei der Affäre um die Sächsische muss, ihm sei die Möglichkeit einer spä- gesteuerten Kultus-bürokratie nach aktion der Staatsanwaltschaft auf die Be- Landesbank werden die Sozialdemokra- teren Aberkennung des Mandats wegen Herzenslust blockiert wird. Ihr gebets- richterstattung über eine Hausdurch- ten für Skandale in Haftung genommen, Stasi-Mitarbeit bekannt, und ordnete da- mühlenartig vorgebrachtes suchung bei Ex-Wirtschaftsminister deren Wurzeln zwar in der Zeit der her in einem Leipziger Wahlkreis Nach- Gegenargument im Einzelfall: Der Schommer, die Telefonverbindungsdaten CDU-Alleinregierung liegen, aber zur wahlen an. Der PDS-Kandidat Wolfgang Schulträger will mit seinem Antrag nur eines Journalisten wurden erfasst, und Zeit der Koalition nicht bewältigt wer- Denecke war nicht als Kandidat zugelas- eine Schule retten, die wir schließen wol- die Angriffe von führenden CDU-Poli- den konnten. Anders als bei der sen worden, weil durch ein parteiinternes len. tikern auf die Anti-Korruptionseinheit Landesbank trägt Sachsens führender Versehen die entsprechende Erklärung in INES. An der Spitze der Landesbank Sozialdemokrat für das ESF-Desaster seinen Unterlagen fehlte. Schulschließungen am legen immer neue Manager-Abtritte unmittelbare Mitverantwortung, schließ- Apropos Verfassungsgericht: Vor der im Fließband Zeugnis von der Notwendigkeit und lich gelang es seinem Ministerium in Frühjahr erfolgten turnusmäßigen Wahl Wirksamkeit dieses Untersuchungsaus- über einem Jahr nicht, ausgerechnet die von Verfassungsrichtern kamen Justiz- Damit sind wir beim traurigsten Kapitel schusses ab, den die FDP im letzten Fördermittel ordnungsgemäß zu bewirt- minister Geert Mackenroth und CDU- der sächsischen Landespolitik: den Schul- Moment dann doch nicht unterstützen schaften, die in Zeiten der Rechtspolitiker Marko Schiemann zu schließungen, die wie am Fließband unter wollte, obwohl FDP-Fraktionschef Zas- Massenarbeitslosigkeit gerade einem einer PDS-Fraktionssitzung, um gemein- Regie des ununterbrochen CDU-geführ- trow zunächst einvernehmlich mit sozialdemokratischen Minister beson- sam mit dem rechtspolitischen Sprecher ten Kultusministeriums beschlossen Porsch diesen Schritt als wohl unum- ders am Herzen liegen sollten. der Sozialisten, Klaus Bartl, für den Per- werden, als wären die CDU-Leute gänglich bezeichnet hatte. sonalvorschlag zu werben, der das Er- immer noch allein am Kabinettstisch. So NPD zu oft als lachender gebnis von Verhandlungen zwischen muss der kleine Koalitionspartner alle Antifaschistische Klausel Dritter Staatsregierung und größter Opposi- Peinlichkeiten mit ausbaden, auch die, täte gut Zu Jahresanfang sorgte eine Vereinba- tionsfraktion war. Offenbar ist es für die dass das Oberverwaltungsgericht die Wenn es sein kann, bringt die Linksfrak- rung für Furore, die ihresgleichen sucht: Vernünftigeren in der CDU der kleinere Weiterführung einer fünften Klasse tion gemeinsame Anträge ein, zuletzt zu- Die Vorsitzenden von CDU, PDS, SPD, Skandal, mit den Linken gemeinsame gegen den Willen der Staatsregierung sammen mit den Grünen zum Blei- FDP und Grünen verständigten sich auf Sache zu machen als mit den Nazis, was erzwang, weil andernfalls Schülern rei- berecht für irakische Flüchtlinge. Die ein gemeinsames Vorgehen im Umgang allerdings wohl einzelne CDU-Abgeord- henweise unzumutbare Schulwege auf- Koalition dagegen hat sich selbst ge- mit der NPD. Die Unterschriften von nete in geheimen Abstimmungen nicht gebürdet werden. Die Linksfraktion zwungen, nur gemeinsame Anträge ein- Fritz Hähle und Peter Porsch neben ein- davon abhielt, mit der NPD zu stimmen. braucht für solche Erkenntnisse kein zubringen, so blieb der dubiose CDU- ander – Christdemokraten und Sozialis- Gericht, nicht zuletzt der von Julia Bonk Vorstoß für eine Nationalhymnen-Of- ten Hand in Hand? Natürlich erhob sich Linksfraktion setzt Akzente und Heiko Hilker ins Leben gerufene fensive mangels Mitwirkung der SPD sofort Protest prominenter CDU-Poli- und bleibt am Ball Wettbewerb „Wer hat den längsten auf der Strecke. Die NPD machte sich tiker, und auch unter Linken gab es im- Die Linksfraktion setzte mit ihren Ge- Schulweg? enthüllte, dass Schüler vie- die CDU-Parteitagsforderung in einem mer wieder Diskussionen, ob man so den setzentwürfen bereits im ersten Jahr der lerorts doppelt so lang unterwegs sind Antrag zu eigen – und kassierte nun so- Nazis wirkungsvoll entgegentreten kann. Legislaturperiode unverwechselbare Ak- wie die zwei mal 45 Minuten, die der gar die Ablehnung der sichtlich verstör- Trotzdem wurde die Vereinbarung bis zente und führte damit immer wieder Ini- Landesentwicklungsplan festlegt. ten CDU. Was Sachsen wirklich gut zum heutigen Tag von keiner Seite auf- tiativen der Opposition aus den vergan- Aber zu viele Informationen stören nur täte, wäre eine Antifaschistische Klau- gekündigt, weil sie sich im Parlaments- genen Jahren weiter – siehe Gesetz zur beim Regieren, deshalb wies die sel in der Verfassung. Einen entspre- alltag bewährt hat. Sicherung des Rechtsanspruchs von Kin- CDU/SPD-Mehrheit auch das Öffentlich- chenden Gesetzentwurf brachte die Sie sollte ja ausdrücklich nicht die Un- dern auf eine ganztägige Förderung in keitsgesetz der Linksfraktion ab, das Bür- Linksfraktion ein – mit Unterstützung terschiede zwischen Regierungsmehrheit Kindertageseinrichtungen im Freistaat gern generellen Zugang zu Verwaltungs- der Gewerkschaft der Polizei. So fand und Opposition verwischen, sondern die Sachsen. Leider wurden die Sozialdemo- akten gegeben hätte, natürlich unter Be- man zusammen, nachdem es über den NPD-Fraktion in die Schranken weisen, kraten ihrer bisherigen Position untreu, rücksichtigung des Datenschutzes und Polizeieinsatz bei der Nazi-Demo am 1. die in den ersten Monaten nach ihrem und so werden Kinder Arbeitsloser in schutzwürdiger Interessen. Damit wäre Mai in Leipzig höchst unterschiedliche Einzug in den Landtag immer wieder als vielen sächsischen Kommunen immer auch dem gesetzlichen Mangel an Ver- Auffassungen gegeben hatte. Vielleicht lachender Dritter auftreten konnte, wenn noch diskriminiert, obwohl es inzwi- braucher-Informationsrechten abgehol- ein gutes Omen für die Demokratie in sich Demokraten über den Umgang mit schen eigentlich eine Mehrheit im Land- fen worden, der in der jüngsten Serie von Sachsen. 8 • GEWERKSCHAFT LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

Seit Anfang des Jahres arbeitet „Ich bin gespannt auf die Thomas Steinhäuser in der Verwaltungsstelle Leipzig der IG Metall. Er ist 33 Jahre jung, mediale Begleitung ...“ stammt aus Thüringen, war Bauleiter bei einer Über den Tarifstreit in Industrie und Handwerk der Sanitär- und Heizungs- firma, Betriebsrat und Metallbranche sprach LN mit dem Leipziger Betriebsratsvorsitzen- IG-Metall-Sekretär Thomas Steinhäuser. Der ehemalige der und gehörte Aus- landsdelegationen der Installateur hat auch die millionenschwere „Initiative IG Metall an, die u. a. Neue Soziale Marktwirtschaft“ vor Augen. Kontakte in Latein- amerika knüpften. Seine Gewerkschaft ! LN: Die IG Metall kämpft zur Zeit Verteilungsspielraum von sechs Prozent gewann ihn als Sekre- an mehreren Fronten zugleich: AEG zugunsten der Arbeitnehmereinkommen. tär für ihre Verwal- Nürnberg, Ford Deutschland, Kfz-Ge- tungsstelle Halber- werbe in Ostdeutschland, Metall- und ! Der IG-Metall-Vorstand prognosti- stadt, bevor er zum Elektroindustrie in allen Bundeslän- ziert für die 40 größten deutschen Me- Schwerpunkt Leipzig dern. Wann läuft der Industrie-Tarif- tallunternehmen einen Gewinn von 16,5 delegiert wurde. vertrag von 2003 aus? Milliarden Euro in diesem Jahr. Der Thomas Steinhäuser: Am 28. Februar Unternehmerverband Sachsenmetall Foto: IGM Leipzig 2006. Bis zum 28. März besteht die soge- meldete beträchliche Umsatzsteigerun- nannte Friedenspflicht, von der an not- gen, besonders im Export. Günstige Vor- der Anteil der Lohnkosten an den Aufwen- Tarife durchzuführen. Das wurde abge- falls Kampfaktionen beginnen können. aussetzungen für einen Verhandlungs- dungen insgesamt – ist in der deutschen lehnt. So gelten die Tarifverträge ab 1. Ja- erfolg? Metall- und Elektrowirtschaft permanent nuar nur noch in Gestalt der sogenannten ! Enthielt der Vertrag nicht schon Über den Export jubeln nur die Großen. 80 rückläufig. Im Durchschnitt beträgt sie Nachwirkung für Gewerkschaftsmitglieder. Festlegungen zum kommenden Jahr? Prozent der deutschen Wirtschaft und auch jetzt 17,6 Prozent, in manchem Unterneh- Wer später beitritt, kann sich nicht auf Ta- Er sah – als Kompromiss – im Tarifzeit- zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe unse- men liegt sie sogar unter 10 Prozent! rifschutz berufen. raum eine Entgelterhöhung in zwei Schrit- rer Branche sind auf den Binnenmarkt an- Ich bin gepannt darauf, wie die Medien Für die etwa 40 000 Beschäftigten im Kfz- ten vor, dazu mehrere Einmalzahlungen. gewiesen. Beide Verhandlungsseiten müss- die kommenden Verhandlungen beglei- Gewerbe von Berlin, Brandenburg und Sie sichern, dass die neuen einheitlichen ten daran interessiert sein, ihn zu stärken. ten. In den letzten Jahren hatten wir in Sachsen haben nun Verhandlungen begon- Tarife für Arbeiter und Angestellte ohne Insofern eigentlich beste Bedingungen! den Köpfen der Kollegen manches gera- nen. Die neuen Partner sind mit dem Ta- Nachteile eingeführt werden. Die letzte de zu rücken, was die „Initiative Neue rifgeschehen wenig vertraut; bei der drit- Zahlung fällt in den Februar 2006. ! Doch der Gesamtmetall-Chef spricht Soziale Marktwirtschaft“ eintrichtert ... ten Runde in Potsdam tauchten die alten von „absurden Forderungen“ der Ge- Tarifexperten wieder auf ... ! Was wird die Gewerkschaft bei den- werkschaft, droht mit Verlagerung ins ! ... die von Gesamtmetall ins Leben bevorstehenden Verhandlungen for- Ausland und Personalabbau. gerufen wurde und jährlich vom Unter- ! Kommt man endlich „zu Potte“? dern? Wenn DaimlerChrysler 8500–8600 Be- nehmerverband für ihre Propaganda Leider ganz und gar nicht. Wir fordern Wir diskutieren darüber in den Betrie- schäftigte abbauen will, Siemens über neun Millionen Euro erhält! maßvoll: Wiedereinsetzung der Verträge ben. Unterschiedliche Bedingungen sind 5000, ähnlich Opel und Ford, dann doch Doch nun zum Kfz-Gewerbe, also zu und Entgeltsteigerung um 3,5 Prozent. Die zu berücksichtigen – gut dastehende wie nicht wegen unserer Forderungen! Inte- Vertriebs-, Service- und Reparaturun- Gegenseite verlangte unter anderem Ver- weniger gut situierte Betriebe. Mitte Ja- national hören wir von gleichen Absich- ternehmen, die Innungen und Hand- längerung der Wochenarbeitszeit um drei nuar wird der Vorstand seine Position ten: bei FIAT in Italien, SEAT in Spa- werkskammern angeschlossen sind. Stunden und Urlaubskürzung. Nach Warn- konkretisieren. nien, SAAB in Schweden. Hier fanden inzwischen drei Verhand- streiks in Potsdam und Dresden, woher die Fest steht, dass es neben sogenannten lungsrunden statt. Wie liefen sie? Verhandlungsführer kommen, hieß es: zwei qualitativen Forderungen – vor allem ! Will man uns EU-weit aufs Thema Kompliziert. Auf Arbeitgeberseite hat sich Stunden Mehrarbeit und zwei Tage weni- innovationsgerechter Fortbildung – um Neuverteilung der Arbeit stoßen? ein neuer Verband als Tarifpartner gegrün- ger Urlaub. eine deutliche Entgelterhöhung geht. Sie Auch wenn es nicht opportun erscheint: det – die Tarifgemeinschaft Mitteldeut- Wir sind bereit, den unterschiedlichen be- muss dem realen Einkommensverlust Verkürzung der Wochenarbeitszeit zu- sches Kfz-Gewerbe, die trotz ihres Na- trieblichen Bedingungen gerecht zu wer- von über 5 Prozent infolge gesetzgeberi- gunsten sicherer und neuer Arbeitsplätze mens Unternehmen in allen ostdeutschen den, sprechen darüber mit Betriebsräten scher Maßnahmen und Preissteigerungen bleibt unser Ziel. Ich erinnere an die Ländern und Berlin vertreten will. Die und Vertrauensleuten. Doch wir sind nicht gerecht werden. Das Statistische Bun- VW-Regelung: Viertagewoche, 28,8 Wo- Branche zählt in diesem Gebiet 8500 Be- angetreten, um über Verzichte zu reden. desamt ermittelte für dieses Jahr eine chenstunden. Doch, wie gesagt, auch die triebe unterschiedlicher Größe, doch nur Schon gar nicht, um dem strategischen Preissteigerung von rund 2 Prozent und Kaufkraft des Binnemarktes ist wichtig für 36 zahlen bisher Beitrag für die Tarif- Ziel Verkürzung der Arbeitszeit entgegen- einen Anstieg der gesamtwirtschaft- Arbeitsplätze – und umgekehrt. Dieser gemeinschaft. Das reicht nicht für einen zuwirken. Wir müssen also zu weiteren lichen Arbeitsproduktivität ebenfalls um Zusammenhang ist unterbeleuchtet! Flächentarifvertrag. Die bisherigen Verträ- Warnstreiks aufrufen. Gleichzeitig werden 2 Prozent. In der Metallindustrie beträgt ge auf Länderebene hatten unterschiedli- unsere Mitglieder Anfang 2006 in allen er bis zu 6 Prozent. Die Porsche-Be- ! Die Unternehmerverbände klagen che Laufzeiten, dies macht die Sache noch Betrieben Tarifkommissionen wählen, da- legschaft errechnete 7, die von MAN gar über zu hohe Lohnkosten. komplizierter. mit rasch gehandelt werden kann, wenn 8–9 Prozent. Die Verkaufspreise für die In Wahrheit sind die Lohnstückkosten in Die IG Metall schlug vor, zunächst die be- Unternehmer die Tarifgemeinschaft verlas- Produkte dürften ebenfalls steigen. Alles den letzten Jahren stark gesunken, im Os- stehenden Verträge zu verlängern und dann sen wollen. in allem ergibt sich ein kostenneutraler ten mehr als im Westen. Die Lohnquote – Expertenrunden zur Vereinheitlichung der • Interview: GOTTFRIED BRAUN

Auch das geschah 2005 den Re-Privatisierten, den Arbeitslosen warst du ein Symbol, nein mehr: ein treuer Freund. Die großen Streiks in den Neunzigern waren deine Welt, gleich Hommage an einen endgültig verschiedenen ob Hagenuk oder Kirow, du rolltest in eine bessere Zukunft. Du trugst diese Hoffnung quasi voran. Aber hinter dir marschier- treuen Freund ten auch die von Out-Sourcing und Betriebs- schließung Bedrohten. Dich kennt jeder in Leipzig. Na, gut, ein wenig Manch kühne Rede drang durch deine übertrieben. Bei den Erste-Mai-Demos jedenfalls Lautsprecher. wolltest du trotz deines Alters – mit wehender Fahne – immer an die Spitze. Mit deinen Und jetzt? Es gibt dich nicht mehr. Schon am Arbeiterliedern warst du nicht zu überhören. Und 1. Oktober haben wir dich erstmals schmerzlich übersehen konnte dich sowieso niemand. Dein vermisst. Du wärst gern gegen diesen Nazi leuchtendes, optimistisches Rot! Die Leipziger Worch aus Hamburg mitgerollt, doch du konn- Straßen waren vertrautes Pflaster. In ruhigen wie test nicht mehr. in angespannten Zeiten. Die braune Flut wollte Deine Reifen: zerstochen. sich in die Stadt ergießen – du hast keine Deine Elektrik: herrausgerissen. Sekunde gezögert und die Dämme abdichten Randalierer kannten kein Erbarmen. Wir werden geholfen. Rauchschwaden brennender Barrika- immer an dich denken, an unseren treuen, klei- den, Tränengas, Pfefferspray – alles zog schon nen, roten IG-Metall-Minibus. durch deinen Luftkanal. Den Vernachlässigten, • D. M. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 ZEITGESCHICHTLICHES • 9

as haben sich die Autoren der Kampagne: unserem Land. Da könnte man sogar für einen WDU BIST DEUTSCHLAND wohl ge- kurzen Augenblick in die Versuchung kommen, dacht? Meinten sie etwa, dass jeder Mensch ein ein schlechtes Gewissen zu haben. Selbstbewusstsein haben sollte, das er nur richtig Sicherlich ist der Zustand der Unzufriedenheit an den Mann oder die Frau bringen muss? Oder nicht zu verleugnen. Es ist auch kein unbekanntes meinten sie etwa, dass in jedem Menschen etwas Phänomen, dass frustrierte Menschen mehr oder Gutes steckt, das er nur in seiner Umwelt wirken weniger leicht mit Floskeln zu beeinflussen sind. lassen soll, damit alles gut wird? Wie auch Ein Manipulationsgehalt drängt sich hier gerade- immer. zu auf. Bei emotionaler Musik und illusionären Dem Phänomen der Nörgelei und schlechten Darstellungen kann man ja auch schön träumen Stimmung wird nun der Kampf angesagt. Na, das und die wirklichen Probleme vergessen. ist doch was. Auf die endlose Frage: „Wer bin Die Illusion, ein Deutscher und damit ein erfolg- ich?“ erhält jeder Suchende nun endlich die reicher Mensch zu sein, wie zum Beispiel Antwort: „Du bist Deutschland!“ Ein ganz neuer Porsche, Thyssen oder Einstein, platzt wie eine Aspekt. Ich bin also Deutschland. Na gut, warum Seifenblase, wenn man sich überlegt, wie viele eigentlich nicht und warum überhaupt? Ich bin Menschen aus den verschiedensten Gründen also nicht mehr ich selbst, ein Individuum, son- überhaupt nicht die Chance haben, besondere dern gleich ein ganzes Land. Toll, oder? Okay, Leistungen hervorzubringen. das klingt gut. Und wenn ich so überlege, haben Ist mit dieser Kampagne vielleicht beabsichtigt, der Staat und ich einiges gemeinsam: kein Geld, die vielen unzufriedenen Menschen in keinen Job, damit auch kein Geld für Kultur, von Deutschland damit zu beruhigen, dass es ihnen ja Kindern ganz und gar zu schweigen. Ja, so eigentlich gut gehe und aus ihrem Volk viele her- betrachtet passt das. Mir wird vermittelt, dass ich vorragende Persönlichkeiten erwachsen sind, etwas kann und soll. Aber wenn ich etwas schaf- mithin sie sich nicht über ihre nicht zufrieden fe, wäre ich ja dann auch wieder ein besonderes stellende Situation beklagen sollen? Ein wenig Individuum und nicht Deutschland, oder? Bin ich mehr persönlicher Einsatz, und schon wird alles dann so einer wie Bertelsmann? gut, oder? Zugegeben, diese Sicht ist etwas plump. Aber mal Zu allem Überfluss kann diese Kampagne auch im Ernst: hurrapatriotische Verblödungsversuche, noch zu einem vollkommen abwegigen, chauvi- wie sie genau mit dieser „Du bist Deutschland“ – nistischen Verhalten führen, und zwar nach dem Kampagne propagiert werden, sind unsäglich. Motto: Ich bin Deutscher, ich bin der Größte! Das Ursache und Wirkung werden hier demagogisch ist doch wohl nicht beabsichtigt. in täuschender Absicht auf den Kopf gestellt. Warum bin ich nicht einfach bloß Mensch? Man ist also selbst Schuld an seiner persönlichen Stellung und der sozialpolitischen Situation in CLAUDIA NEUMANNI 26 JAHRE STUDIUM BWL Bertelsmann sagt: Du bist Deutschland ! LEIPZIGS NEUE fragt: Was ist Deutschland? Wer bin ich nach abgeschlossenem Studium, aber ohne Job ?

ch bin in Krasnojarsk (Sibi- Irien) geboren. Von meinem Vater habe ich viel über Ge- schichte und Kultur unserer Vorfahren in Deutschland und über unsere eigene Geschichte erfahren. Das hat mich sehr fas- ziniert. Ich war stolz ein Teil davon zu sein und habe mich • DEUTSCHLAND- aufgrund meiner Herkunft als KARRIKATUR VON Deutsche gefühlt. Wenn ich nach ANNE KATHRIN WERNER, meiner Nationalität gefragt wur- 27 JAHRE de, habe ich selbstsicher geant- DIPLOMKAUFFRAU wortet „Ich bin eine Deutsche“. Als ich vor 10 Jahren nach Leip- zig kam, wurde aus mir über Nacht eine Russin. Unfreiwillig. Ich habe mich immer noch als • FRANZISKA PILLE, eine in Russland geborene Deut- STUDIUM AMERIKANISTIK sche gesehen, aber die Leute sag- ten: „Du kommst aus Russland, ch habe immer geglaubt, dass es schön sein muss Kinder zu soll, den sich die meisten wünschen. Das mehr Eigeninitiative du bist eine Russin!“ Ihaben. Ist es auch !!! Manchmal schwierig und anstrengend, nötig ist und in vielen (aber eben nicht in allen ) Fällen leistbar Dieser Identitätskonflikt be- immer lohnend. Es ist aber nicht leicht diese Sichtweise jeden Tag wäre, darauf könnte man sich, denke ich, einigen. Was mir an die- schäftigt mich auch nach so vie- zu empfinden, vor allem dann, wenn einem bewusst wird, wie oft sem Feldzug in eine bessere Zukunft fehlt ist das „Wir“. Und da len Jahren immer noch. Ich bin Kinder in dieser Gesellschaft als Störung wahrgenommen werden. bin ich wieder bei den Kindern, die Förderung, Unterstützung und keine Deutsche, aber auch keine Dabei sind sie Deutschland oder werden es sein. vor allem Zuwendung und Liebe brauchen. Den Alten und Russin. Ich will auch nicht mehr Deshalb verstehe ich die Politik dieses Landes nicht, die zum Schwachen, die auch ein Teil der Gesellschaft sind, aber immer auf eine der beiden Nationalitä- Beispiel für Ganztagsschulen eintritt, während in der Region mehr nur als Problem diskutiert werden. Was diesem Land fehlt ist ten beschränkt werden, denn Schulen schließen, Schulwege länger und Lernbedingungen der Geimeinsinn, der Wille zu teilen, sowohl materiell als auch beide Länder gehören zu meinem schwieriger werden. Diese Widersprüchlichkeit, auch in vielen ideell. Der Wille dem Anderen zuzuhören, ihm Zeit zu schenken. Leben. Wenn ich heute gefragt anderen gesellschaftlichen Bereichen, hat doch die vielgescholte- Hier liegt das große Defizit, dagegen sollten wir angehen um in werde, sage ich: „Ich bin eine ne depressive Stimmung im Land erst hervorgebracht. Die Deutschland etwas zu verändern Ich will gar nicht Adi Dassler Russlanddeutsche.“ Kampagne „Du bist Deutschland“ ist da wie eine Nadelspitze, die sein oder der Papst. Ich bin ich. Ich will einen familienfreundli- Deutschland ist zu meiner zwei- in einem Sack mit den unterschiedlichsten Problemen herumsto- chen Arbeitsplatz, Zeit für Kinder, Familie und Freunde, mehr ten Heimat geworden. Deutsch- chert und hier und da vielleicht auch mal ins Schwarze trifft, Möglichkeiten der Mitgestaltung. Niemand muss mir sagen, „nun land ist ein Teil von mir. ansonsten mit plakativen Parolen versucht, die allgemeine mach mal“-tu´ ich nämlich schon. • SWETLANA FISCHER, Stimmung zu heben ohne auch nur einen Tipp zu geben, wie aus • SANDRA SAALBACH, 27 JAHRE 27 JAHRE diesem kümmerlichen Pflänzchen der blühende Baum werden STUDIUM DER KUNSTGESCHICHTE / GESCHICHTE KULTURPÄDAGOGIN 10 • POLITIK LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

ine Kuh, die Leistung bringen soll, braucht nicht bloß gutes Futter.“ Landwirtschaft gestern und heute EEinige von uns Rinderzüchterlehr- lingen, die aus traditionellen Bauernfa- milien stammten, lächelten etwas höh- nisch mit Blick auf den Haufen vergam- melten und stinkenden Silomaises, den uns die Kollegen vom Feldbau des Volks- Ein weites Feld ... gutes vor den Kuhstall gekippt hatten. Der Lehrmeister ließ sich nicht beirren. der Kartoffelanbau gegenüber „Eine Kuh ist schließlich ein Lebewesen, dem Vorjahr leicht erhöht und muss auch sauber sein, sich wohlfühlen“, erreichte einen fuhr der Meister in seiner Unterrichtung Durchschnittsertrag von 431 fort. „Ihr bringt auch keine Leistung, dt/ha. Der sächsische Durch- wenn ihr vor Dreck starrt und euch stän- schnitt lag mit guten Quali- dig schaben müsst.“ Also standen bei uns täten bei 397,8 dt/ha. Die im Volkseigenen Lehr- und Versuchsgut hohen Erträge bewirkten Köllitsch die saubersten Kühe der Welt, allerdings eine Senkung der dank der Weisheit unseres Lehrmeisters, Erzeugerpreise um fast 10 Euro/dt. Mit dem Ziel, die Marktposition der in Sachsen Von EKKEHARD FRITZ erzeugten Kartoffeln zu för- dern, wurde schon 19993/94 auf Initiative unter anderem des Sächsischen Qualitätskar- der eher einem dämlichen Lehrling vors toffelverbandes das Quali- Schienbein trat als eine Kuh zu schlagen. tätsprogramm „Erdäpfel – Der war „alte Schule“, der brachte uns Kartoffeln aus Sachsen“ auf- das „Fausten“ bei, also den klassischen gestellt. „Allgäuer“ Handmelkgriff, der die Ge- Die Anlieferungsmenge an sundheit des Kuheuters schonte, und we- Zuckerrüben in Deutschland he einer von uns Stiften ließ sich beim hat sich gegenüber dem Vor- einfacheren „Knebeln“, also dem Melken jahr von 23,8 Mio t auf 27,2 mit zwei Fingern, erwischen. Mit dem Mio t erhöht. Der Zucker- Ergebnis, dass mancher von uns dann gehalt der Rüben lag 2004 im nach dem Praktikum in der Schule kaum Bundesdurchschnitt mit 17,84 mitschreiben konnte, weil die Hand- Prozent leicht über dem Vor- gelenke geschwollen waren und schmerz- jahresergebnis. ten, an der Grenze zur Sehnenscheiden- 13,9 Prozent des Ackerlandes entzündung. Das war nicht wie beim „Al- wurden in Sachsen für den penglühen“ im Fernsehen oder in der Futteranbau genutzt. Dazu Milka-Reklame, wo das Dirndl mit dem zählen die Kulturen Silomais, Knecht nach getaner Arbeit und ein paar kleinkörnige Futterlegumino- Jodlern ..., na und so weiter. Obwohl, wir sen und deren Gemische haben auch im Mädchenwohnheim, (Klee und Luzerne), Acker- nächtens ... Da spielte es keine Rolle, gras und andere. Eine Anbau- dass wir eine Stunde später, also 3 Uhr, erweiterung des Feldfutters im Kuhstall in aller Frische anzutreten ergab sich aus dem im Vorjahr hatten. verursachten Mangel an „Blöder Kuhbauer!“, schimpfte mich mal Grundfutter. Die Dauergrün- mein Bruder, als er mich ärgern wollte, landfläche veränderte sich was ihm, sehr zum Verdruss unserer kaum – 181 541 ha. Mutter, einen herzhaften „Melkerpatsch“ Sachsen ist mit einem Anteil einbrachte. Landwirtschaft ist nämlich von 8,9 Prozent an der deut- eine Wissenschaft, eine angewandte Wis- schen Vermehrungsfläche zur senschaft. Man möchte schon auch als Saat- und Pflanzguterzeugung einfacher „Kuhbauer“ etwas wissen über lich genutzter Fläche wirklich werten? je kg höher. Erklärt wird dieser positive seiner Tradition und Bedeutung als die chemo-biologischen Vorgänge in sol- Was also besagt Sachsens Agrarbericht? Preisverlauf mit einem Zuwachs der Standort gerecht geworden. Die chen Organismen. Schweinefleischexporte an Drittländer Tierproduktion: Sortimentsvielfalt von insgesamt 322 3600 bis 4000 kg Milchleistung pro Kuh sowie mit der großen Nachfrage aus den Sorten ist sehr hoch und weitet sich zu und Jahr, bei etwa 4 Prozent Fett- und Für die sächsische Milchproduktion war EU-Beitrittsländern. einem logistischen Problem aus. etwas über 3 Prozent Eiweißgehalt, das 2004 ein erfolgreiches Jahr. Inzwischen Ein Rückgang um 0,3 Prozent – vor allem Obst für den Frischmarkt wird in Sachsen war damals, in der zweiten Hälfte der ist ja auch die Wissenschaft 30 Jahre wei- von Krankheiten verursacht – ist bei den überwiegend durch die Mitgliedsbetriebe 60er Jahre, die Norm in der DDR. 6000er ter. Die züchterische Forschung erbrachte Schafbeständen zu verzeichnen. Eben- des „Landesverbandes Sächsisches Obst“ galten als Spitzentiere, die man höchstens neue leistungsstarke Rassen und Arten in falls die Vorjahresleistungen nicht errei- e.V. erzeugt. 2004 kamen insgesamt auf der agra bestaunen konnte, und wir der Tier- wie in der Futtermittelproduk- chen konnten die Betriebe der Geflügel- 110 000 t auf die Waage. Auf 4869 ha Köllitscher waren Spitzenreiter im dama- tion. Laut Leistungsprüfung gaben die haltung, weder bei Eiern noch beim wurde Freilandgemüse angebaut. Was ligen Bezirk Leipzig, dank auch unseres 192 879 geprüften Milchkühe durch- Fleisch. Und welche Konsequenzen die viele nicht wissen: Hauptgemüsekultur gepflegten Herdbuchbestandes. Na ja, schnittlich 8115 kg, bei einem Fettgehalt drohende Vogelgrippe noch in sich birgt, blieb die Erbse; auf mehr als der Hälfte und 8000er, die es angeblich in Däne- von 4,23 und einem Eiweißgehalt von ist ungewiss. Das für 2007 vorgesehene der Freilandfläche wurde sie angebaut. mark oder den Niederlanden geben sollte, 3,48 Prozent – trotz schwieriger Grund- Verbot der Käfighaltung wurde zurückge- Der ökologische Gemüseanbau belief hielten wir für eine infame West-Ente, die futterversorgung ein Plus gegenüber dem nommen. Im Jahresbericht wurde es als sich auf eine Fläche von 436 ha im Rah- uns doch bloß einschüchtern sollte. Vorjahr. 14 000 kg Milch und mehr pro Ursache für den Rückgang der Eierpro- men des Teilprogrammes „Umwel- Heute, so ist aus dem vom Staatsministe- Jahr sind heute keine Seltenheit. duktion um 2,5 Prozent genannt. gerechter Gartenbau“. rium für Umwelt und Landwirtschaft des Probleme gab es jedoch weiterhin mit der Freistaates Sachsen herausgegebenen Seuche Bovine Spongiforme Enzepha- Pflanzenproduktion: Berufsausbildung: Sächsischen Agrarbericht 2004 zu fol- lotie bei Schlachtrindern, kurz BSE, im Die Vegetationsperiode 2003/2004 ver- „Landwirtschaft braucht kluge Köpfe“ – gern, sind die Erträge von vor 30 Jahren Volksmund „Rinderwahnsinn“ genannt. lief ohne besondere Wetterereignisse, so unter diesem Motto präsentierte sich ein einfach lächerlich. Der Bericht liest sich Starke finanzielle Belastungen waren die dass die Wintersaaten ohne Auswinte- Stand der Land- und Forstwirtschaft – bei allen Problemen der 6890 Betriebe Folge. Aber auch bei der Schweinezucht rungsschäden ins Frühjahr kamen. Bei jüngst während der 3. Lehrlings- und verschiedener Eigentumsformen – gut, und -mast gab es Rückgänge gegenüber Getreide hatten wir eine Rekordernte: Sie Studententage auf der Leipziger Neuen oder auch nicht gut. Denn der Laie, der dem Vorjahr. So sank die Zahl der ver- lag mit 2,87 Mio Tonnen um 60 Prozent Messe. Bis zum 31. Dezember 2004 ver- sich im Extra-Markt oder bei Lidl ver- kauften Mastschweine um 30 Prozent. höher als 2003. 78,25 Dezitonnen je buchte das für die Berufsbildung in sorgt, ist solchen Jahresberichten ziem- Auch das durchschnittliche Schlacht- Hektar erreichte das Brotgetreide, Futter- Sachsen zuständige Regierungspräsidium lich hilflos ausgeliefert, vor allem ohne gewicht war mit 98 kg um 1 kg geringer getreide 65,91 dt/ha. Auf 57 Prozent der Chemnitz 5308 Ausbildungs- und Um- Fremd-, besser Fachwörterbuch. Wie soll als 2003. Was jedoch durch den Ver- in Sachsen insgesamt bewirtschafteten er die Erfolge der durchschnittlich 2,37 kaufserlös etwas ausgeglichen wurde, er 720 156 ha Ackerland stand Getreide. Landwirte pro 100 Hektar landwirtschaft- lag im Jahresdurchschnitt um 1,35 Euro Deutschlandweit hat sich mit 292 819 ha Fortsetzung auf Seite 11 LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 POLITIK • 11

ach dem überraschenden vom Kräfteverhältnis in der NAusgang der Bundestags- Gesellschaft und von der Unter- wahl, bei der mehr als die Hälfte Was kann die Linkspartei in stützung der Bevölkerung ab. In der Wähler für eine Politik links diesem Zusammenhang ist Prof. von der CDU/CSU und damit Regierungsverantwortung bewirken? Reißig zuzustimmen, der eine für mehr soziale Gerechtigkeit erfolgreiche Regierungsarbeit stimmte, ist die Frage der Über- Gedanken nach einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Leipzig der PDS auch abhängig macht nahme von Regierungsverant- vom ständigen Kontakt und der wortung durch die Linkspartei Ende 2001 in Berlin. Die im Krankenhauskonzerns Vivantes, kussion, das Reißig in einem Zusammenarbeit mit den sozia- schlagartig wieder in den Mit- sogenannten rot-roten Senat der BVG und der Stadtreinigung Standpunkte-Papier der RLS len Bewegungen. telpunkt der Diskussion gerückt. agierenden PDS-Politiker sind Stoppzeichen gesetzt und ein „Integration linker Kräfte in Die Diskussion wird weiterge- Wenn die Einschätzung zutrifft, der Auffassung, dass die Er- Kurswechsel in Sachen Bür- herrschende Eliten“ nennt. Ge- hen. Tatsache ist, dass sich die dass viele Bürger trotz ihres gebnisse ihrer Arbeit in Regie- gerrechte und Demokratie voll- meint ist die Gefahr der Kor- Gesellschaft in einer tiefen Krise Unbehagens über die antisoziale rungsverantwortung beweisen, zogen (Volksentscheide, Ab- ruption von linken Politikern befindet. Die Bildung der großen neoliberale Politik nicht an die dass dieser Weg richtig ist. Es senkung des Wahlalters, Stär- durch die gut bezahlten Regie- Koalition auf Bundesebene ist ein Möglichkeit einer alternativen sei, wie der Vorsitzende der kung des Bürgerprotests, Poli- rungsämter. Die Frage ist natür- Versuch, die Herrschaft der kapi- Entwicklung glauben und den Berliner Linksfraktion Stefan zeireform). lich, ob diese der Gefahr unter- talistischen Klasse zu bewahren. linken Kräften eine soziale Liebich am 3. Dezember im Der Sozialwissenschaftler Rolf liegen. Kerstin Kaiser, Frak- Die sozialen Widersprüche je- Bändigung des Kapitalismus Neuen Deutschland schrieb, Reißig, der am 1. Dezember in tionschefin der PDS in Bran- doch werden sich weiter ver- nicht zutrauen, wäre eine erfolg- gelungen, die durch die frühere der Rosa-Luxemburg-Stiftung denburg, ihr Kollege Wulf Gal- schärfen. In diesem Zusammen- reiche Beteiligung an Regie- große Koalition verursachte des- Leipzig zu dieser Frage sprach, lert im Landtag Sachsen-Anhalt hang ist Dieter Klein zuzustim- rungskoalitionen gerade jetzt aströse Verschuldung Berlins schränkte allerdings ein, dass und Stefan Liebich weisen das men, der im ND am 3. Dezember von nicht zu unterschätzender abzubauen und damit Spiel- der Zwang zur Haushaltskonso- im erwähnten ND-Beitrag als schreibt, dass die PDS ein alter- Bedeutung. räume für soziale Politik zu lidierung zu sozialen Einschnit- Diskreditierung zurück. nativloses Nein meiden sollte, Seit 1998 gibt es eine SPD/PDS- schaffen. Darüberhinaus wurden ten und Ausgabenkürzungen für Ob die PDS ihre parteipoliti- ohne ihre Vision vom demo- Regierungskoalition in Meck- gegen die blinde Privatisie- die Berliner führte, die die PDS schen Ziele in Regierungskoa- kratischen Sozialismus aufzuge- lenburg-Vorpommern und seit rungspolitik z. B. im Falle des lediglich abmildern konnte. Die litionen durchsetzen kann, hängt ben. • MANFRED BOLS Partei orientierte sich zu sehr auf den Koalitionspartner und machte zu wenig deutlich, für Der Vorstand der welche neuen strategischen Po- litikinhalte sie im Interesse der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e. V. Bürger steht. Das breite soziale wünscht allen Leserinnen und Lesern von Prof. Ralf Bündnis, das die Partei 2001 LEIPZIGS NEUE Reißig zum Wahlerfolg geführt hatte, frohe und besinnliche Weihnachtsfeiertage und während begann deshalb zu bröckeln, so ein friedliches und solidarisches Jahr 2006. seines dass sogar die geplante Fusion Vortrages mit der WASG zur Disposition in der Dr. Monika Runge, MdL Prof. Dr. Klaus Kinner stand. Stiftungsvorsitzende Geschäftsführer Rosa- In den Auseinandersetzungen Luxemburg steht auch ein Problem zur Dis- -Stiftung

Fortsetzung von Seite 10 Agrarpolitik (GAP) der Europäischen zwischen 10 und 15 Prozent über dem der neu zu kaufen oder sich eben Kommission und bis zum Jahresende Bedarf, trägt also dazu bei, dass auf die Hungersnöten auszusetzten. entsprechende Durchführungsbestim- EU etwa 30 Prozent der weltweiten Andere Beschlüsse des EU-Ministerrates schulungsverhältnisse in 14 Lehr-beru- mungen vorzulegen. Mit ihnen sollten Milchexporte entfallen. Dennoch soll zur Reform der GAP können sich durch- fen der Land- und Hauswirtschaft. Etwa bereits erlassene Richtlinien aktualisiert künftig noch mehr Milch produziert wer- aus positiv für die hiesige Landwirtschaft 30 Prozent der Plätze nahmen Berufe in und konkretisiert werden. Ein Kernpunkt den, um letztlich die Milchpreise zu auszahlen: Die bisher als Flächen- und den Bereichen Hauswirtschaft sowie der GAP besteht darin, die Direkt- drücken. Das hätte zur Folge, dass der Tierprämien bekannten EU-Direktzah- Landschafts- und Gartenfachwerke ein. zahlungen der EU von der landwirt- ohnehin vorhandene überschüssige Milch- lungen werden seit Beginn 2005 erstma- see noch anwächst. So ver- lig von der Produktion entkoppelt. Das Landwirtschaft wundert es nicht, dass derzeit heißt, dass dem Landwirt keine Pro- unter den Milchbauern duktionsverpflichtung mehr obliegt, um Deutschland, EU und USA: Deutschlands Unruhe und die direkte Einkommensstützung zu „Was wir von der Politik immer wuss- Lieferboykottstimmung herr- erhalten. Während für die Betriebsfüh- ten“, so ulkte die letzte Ausgabe des schen, wie der Bundesverband rung einheitliche europäische Rahmen- halbjährlich erscheinenden „Köllitscher Deutscher Milchviehhalter am vorgaben existieren, liegt die Ausgestal- Echos“ (Zeitschrift des BBS Köllitsch 5. September 2005 verlautbar- tung des Flächenerhaltes in einen guten e.V.) und offerierte u. a. die beiden etwas te. Derzeit liegt der Preis für landwirtschaftlichen und ökologischen makaber anmutenden Scherze: „EU- ein Kilo Milch bei 27 Cent. Zustand weitgehend im nationalen Bürokratie: Sie besitzen zwei Kühe. Die Der Verband fordert einen Ermessen. Außerdem enthält das Gesetz EU nimmt Ihnen beide ab, tötet eine, Mindestpreis von 40 Cent. Anpassungshilfe für ältere Arbeitnehmer melkt die andere, zahlt Ihnen eine Sonst sei das wirtschaftliche sowie eine Ausgleichszulage für Betriebe Entschädigung aus dem Verkaufserlös Überleben vieler der 110 000 in von der Natur benachteiligten Ge- der Milch und schüttet diese dann in die deutschen Milchbauern ge- bieten. Demgemäß werden im Jahr 2005 Nordsee.“ Oder: „Amerikanisches Un- fährdet; 5000 kleine Milch- an beihilfefähige Flächen so genannte ternehmen: Sie besitzen zwei Kühe. Sie betriebe hätten bereits schlie- Zahlungsansprüche zugewiesen. Das verkaufen eine und leasen sie zurück. Sie ßen müssen. heißt, der Wert der Zahlungsansprüche gründen eine Aktiengesellschaft. Sie Überproduktion hie – in der eines Betriebsinhabers wird aus einem zwingen die beiden Kühe, das Vierfache EU kippt man die Milch weg, sachsenweiten einheitlichen flächenbe- an Milch zu geben. Sie wundern sich, in den USA verbrennt man zogenen Betrag ermittelt, differenziert dass die eine tot umfällt. Sie geben eine Getreide, in Brasilien den nach Acker- bzw. Grünland, und aus Presseerklärung heraus, in der Sie er- Kaffee –, Lebensmittel- einem betriebsindividuellen Betrag. Für klären, Sie hätten Ihre Kosten um 50 Pro- knappheit da, in den ärmsten Sachsen gilt ein vorgegebenes Verhältnis zent gesenkt.“ – Scherze, die eine harte Ländern der Welt. 850 Mi- zwischen Acker- und Dauergrünland von Wirklichkeit des Wettbewerbs sowohl schaftlichen Produktion zu entkoppeln lionen Menschen leiden weltweit an 1:0,209, wobei beabsichtigt ist, den Wert innerhalb des Agrarsektors der EU als und sie unter anderem an Vorschriften für Hunger, sechs Millionen Hungertote gab für Zahlungsansprüche „Dauergrünland“ auch zwischen EU und USA andeuten. den Umweltschutz, Futtermittel- und es allein bereits in diesem Jahr. Westliche zu erhöhen. Dadurch würden alle Be- Solche Witze kann sich ein Ministerium Lebensmittelsicherheit sowie Tierschutz Saatgutkonzerne, vor allem der USA, triebe mit einem Anteil von mehr als 25 in einem Jahresbericht natürlich nicht und Tiergesundheit zu binden. Dabei verkaufen seit langem zwar billiges Prozent Dauergrünland, also vornehm- erlauben, der enthält sich ohnehin weit- geht es auch um Milchquoten und In- Saatgut, das aber beispielsweise durch lich in den Mittelgebirgen bzw. Gebirgs- gehend jedweder Kommentierung. terventionspreissenkungen für Butter die so genannte Terminator-Technologie vorländern, profitieren. Und auch in der landwirtschaftlichen und Magermilchpulver. So weit, so gut. gentechnisch so manipuliert ist, dass dar- Fazit: Als Landwirt muss man Wis- Praxis ist vielen Bauern nicht nach 1984 aber trat die europäische Milch- aus keine zweite oder dritte Generation senschaftler sein, gut rechnen und kalku- Lachen zumute. So hatte Deutschland bis mengenregelung in Kraft, die nationale erwächst, es reproduziert sich nicht lieren können, sich aber auch in der zum 1. August 2004 ein Gesetz zur Um- Obergrenzen, Quoten, festlegt. Die in selbst. Länder der Dritten Welt sind so- Politik auskennen. Ein weites Feld, wie setzung der Reform der Gemeinsamen Deutschland hergestellte Menge liegt mit oft gezwungen, Saatgut immer wie- schon Fontane zu sagen pflegte. 12 • GESELLSCHAFT LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

aben Sie schon einmal mit einem Berufen plazieren den Makler neben dem prellten und das Duo flog auf. notwendig. Fünftens ist der Kaufvertrag Immobilienmakler zu tun? In Autoverkäufer regelmäßig an der Spitze Natürlich sind nicht alle Makler Betrüger, mit dem Notar vorzubereiten, was recht- Heinschlägigen Filmen, Kriminal- der Skala. aber in dieser Branche nehmen sich die liche Kenntnisse erfordert. romanen und Fernsehserien wird der Mak- Die Praxis liefert leider immer wieder ehrlichen Makler aus, wie weiße Schafe Der Immobilienmakler, der unparteiisch ler ausschließlich als Bösewicht darge- Beispiele betrügerischen Handelns von in einer schwarzen Herde. sein und uneigennützig beiden Partnern stellt, als „Immobilienhai“, der versucht, Maklern. dienen will, ist in der Realität verschiede- andere zu „schlucken“ oder zu betrügen. Im Herbst 2001 saßen zum Beispiel der akler müssen in Deutschland im nen Versuchungen und dem unterschied- Tote brauchen keine Wohnung, Berlin – Vertreter eines Schweizer Immobilien- Gegensatz zu vielen anderen lichsten psychologischen Druck ausge- beste Lage und Das Wunder von Wuster- Unternehmens (M.) und ein Makler aus MLändern ihre Qualifikation für setzt. mark hießen zum Beispiel drei Fernseh- dem Schwarzwald (L.) auf der Anklage- den Beruf nicht nachweisen und erhalten Der Eigentümer einer Immobilie will krimis in der jüngsten Vergangenheit, die bank eines Leipziger Gerichtssaales. unkompliziert eine Genehmigung für den natürlich bei ihrem Verkauf einen mög- das Thema behandelten. Im hochinteres- Beide hatten sich im Herbst 2000 ken- Job. lichst hohen Gewinn herausschlagen und santen, weil die bundesrepublikanische nengelernt und beiden war gemeinsam, Wer in Deutschland als selbständiger Ver- ist deshalb geneigt, nur den Makler mit Mittelstandsgesellschaft hervorragend cha- dass sie wegen Wirtschaftsvergehen be- mittler tätig werden will, muß das Gewer- der Vermittlung zu beauftragen, der die- rakterisierenden Roman Die Jagd von reits vorbestraft und hoch verschuldet be nach § 84 des Handelsgesetzbuches sen Preis akzeptiert. Es kommt auch vor, Martin Walser werden gleich reihenweise waren. Als sie sich damals gegenseitig (Handelsvertreter) anmelden. Zusätzlich dass Eigentümer eine Prämie anbieten, Makler aufgeführt, die undurchsichtig sind ihre wirtschaftliche Lage offenbart hat- ist ein Antrag auf Erteilung einer Erlaub- wenn es dem Makler gelingt, das Objekt und sowohl Kunden als auch Berufskolle- zu einem höheren, als dem vereinbarten gen „über's Ohr hauen“. Kaufpreis zu veräußern. Fernsehsoaps und Romanzen greifen auf Der Käufer, der in der Regel die Provi- der Suche nach einem bösen Gegenspie- sion zahlen muss, möchte verständlicher- ler für den positiven Haupthelden, der weise möglichst wenig für das Haus oder meist als Arzt, Rechtsanwalt, Polizist Der Makler Grundstück zahlen. Da sich die Provision oder Künstler daherkommt, gern auf den aus der Höhe des Kaufpreises errechnet Makler zurück. Im Fernsehfilm Vollweib und der Makler objektiv an einem hohen sucht Halbtagsmann ist es z. B. ein kar- Betrag interessiert ist, bietet mancher rieregeiler Schuft, der selbst am Strand deshalb dem Makler eine Prämie, wenn weder den Anzug ablegt noch den Laptop – Macher er den Kaufpreis drückt. Heute ist außer- schließt, ständig über das Handy Weisun- dem das Feilschen um die Preise in Mode gen für den Erwerb millionenschwerer gekommen. Deshalb passiert es, dass der Projekte durchgibt und die vor acht Jah- Kaufpreis bewusst höher angesetzt wird, ren schnöde verlassene Frau nur vorüber- damit der Käufer dann erfolgreich beim gehend wieder anmacht, um sich gegenü- oder Mogler? Herunterhandeln des Preises ist und vor ber seinem Auftraggeber als Familien- seinen Verwandten mit seinem Erfolg mensch zu präsentieren. Eine durchaus auch ernstgemeinte Betrachtung glänzen kann. Immer wieder werden dabei Vermittlung, Verwirrend diese Situation, aber zutref- Handel und Entwicklung von Immobilien über heutzutage Übliches fend. in einen Topf geworfen und der Eindruck Für eine erfolgreiche Vermittlung erhält erweckt, Makler handeln mit Immobili- der Makler die Provision (lat. Provisio en, sanieren erworbene Altbauten, er- –Vorsorge) oder auch Courtage ( lat. Cur- schleichen sich Fördergelder und realisie- are – besorgen), die üblicherweise 3 bis 6 ren Fondsprojekte, wie Flugplätze, Su- Prozent des Kaufpreises beträgt. Nach permärkte usw. Selbst in das Theater hat dem Bürgerlichen Gesetzbuch liegt ein dieser Blödsinn schon Einzug gehalten, Provisionsanspruch vor, wenn ein Mak- wie im Soloprogramm des Leipziger Ko- lervertrag existierte, der Makler die Ver- mödianten Jopp, das lange im Kabarett tragsmöglichkeit nachwies oder zwischen „Sanftwut“ auf dem Spielplan stand und den Partnern vermittelnd tätig wurde, und den Titel trug Stellungskrieg am Garten- es zum Abschluss eines rechtsverbindli- zaun. Dabei wurde auch ein neuer Begriff chen Kaufvertrages kam. Bezahlt wird für den Makler kreiert: Mogler. diese Provision in der Regel von dem, der das größte Interesse am Zustandekommen eshalb muss gleich am Anfang des Geschäftes hatte. Das ist meist der erst einmal klargestellt werden: Käufer, wenn es sich um den Verkauf von DDer klassische Immobilienmakler Keine Chance: Alle Quar- privat an privat handelt. Es gibt aber auch handelt nicht mit Immobilien, also mit tiere schon in fester Hand Bauträger, die mit dem Verkauf (Vertrieb) Grundstücken und Gebäuden. Das macht ihrer Häuser und Wohnungen Makler der Immobilienhändler. Dessen Ge- beauftragen und in diesem Fall die Provi- schäftsprinzip ist es, preiswert zu kaufen sion zahlen. Der Kauf der Objekte wird und mit möglichst großem Gewinn wieder dann meistens als „provisionsfrei“ zu verkaufen. Dazu sind Kapital notwen- ten, beschlossen sie, gemeinsam Abhilfe nis gemäß & 34 c der Gewerbeordnung bezeichnet, in Wirklichkeit ist diese jedoch dig und eine Begabung zur Spekulation. zu schaffen und „Leute abzuzocken“. zu stellen. Zum Antrag gehören ein poli- unsichtbar im Kaufpreis versteckt. Ignatz Bubis, der 1999 verstorbene Präsi- Sie suchten sich aus den Zeitungen Inse- zeiliches Führungszeugnis, eine Schufa- Der Begriff Provision ist heute unzweifel- dent des Zentralrates der Juden, war ein rate über Immobilienangebote heraus, die Auskunft und die Unbedenklichkeitsbe- haft verbunden mit Vorstellungen über viel solcher, und auch Bernd F. Lunkewitz, der immer wieder erschienen und so doku- scheinigung des Finanzamtes. Geld, über meist unverdiente finanzielle 1991 den Aufbau-Verlag kaufte, spekulier- mentierten, dass der Verkauf der Immobi- Nach dem Zusammenbruch der DDR ent- Zuwendungen, die an dubiose Vermittler te vorher mit Immobilien. Von ihm stammt lie schwierig war. schieden sich aufgrund der völligen ge- von undurchsichtigen Geschäften fließen. der Satz: Reich wird man, indem man bil- M. stellte sich beim Inserenten und Inha- sellschaftlichen Ausgrenzung vor allem Apropos Provision – auch der Beruf des lig einkauft und teuer verkauft. ber des in der Regel bebauten Grund- ehemaligen Mitarbeiter des MfS für diese Politikers steht ähnlich dem des Autover- Der herkömmliche oder auch klassische stückes als Makler vor und ließ wissen, unbeliebte Tätigkeit. Darüber hat es ei- käufers und Maklers immer wieder an der Makler weist die Gelegenheit zum Ab- dass er einen Käufer habe. Dann schloss genartigerweise nie Schlagzeilen in der Spitze von Umfragen nach den unbeliebte- schluss eines Kaufvertrages nach und er mit dem Verkäufer einen Vermittlungs- Presse gegeben. „Maklerbranche fest in sten Berufen. Wenn man es genau bedenkt, vermittelt zwischen dem Verkäufer und vertrag ab, in dem ihm eine hohe Provi- Stasihand“ oder ähnliches konnte man ähneln sich die Berufe des Politikers und dem Käufer einer Immobilie. Früher sion für den Fall einer erfolgreichen Ver- nirgendwo lesen. des Maklers sehr. Beide Tätigkeiten erfor- wurde das „mäkeln“ genannt. Daher der mittlung zugesichert wurde. Danach trat Ein Immobilienmakler, nur von diesem dern Anpassungsvermögen, Wendigkeit, Begriff Makler. Heute bedeutet „mäkeln“ L. in Aktion. Er meldete sich als der an- ist hier die Rede, muss erstens einen Sprachgewandtheit und sogenannte Cle- nur noch „nörgeln“ oder „beanstanden“. gekündigte Käufer, besichtigte das Haus Hauseigentümer finden, der eine Immo- verness. Die Frage lautet auch beim Politi- An der Arbeit des Maklers wird allerdings und einige Tage später wurde der Kauf- bilie veräußern will. Zweitens muss er in ker: Werden diese in den Dienst des Kun- allgemein manches beanstandet. Er wird vertrag unterschrieben und notariell der Lage sein, den Wert der Immobilie zu den (Wählers) gestellt, oder dienen sie nur aufgrund der Unübersichtlichkeit des beglaubigt. Die Provision floss entspre- beurteilen und den Inhaber vom Preis, der dem Eigennutz auf Kosten anderer. Marktes und der Kompliziertheit der Mate- chend der Vereinbarung des Vertrages auf erzielt werden kann, zu überzeugen.Drit- Das Letztere wird leider durch die Praxis rie zwar gebraucht, aber man mag ihn nicht das Konto des Vermittlers M. der sie mit tens gilt es über Werbung (Anzeigen, bestätigt. Erinnert sei u. a. an Franz Stein- und unterstellt ihm nicht ohne Grund L. teilte. Einige Zeit später trat L. unter Direktmaßnahmen) einen Käufer zu fin- kühler und Klaus Zwickel (Gewerk- Unehrlichkeit, Geldgier, Skrupellosigkeit einem Vorwand vom Kaufvertrag zurück. den. Das Exposé, die Beschreibung der schaftsbosse), Rudolf Scharping (Mini- sowie betrügerische Absichten. Die Masche funktionierte perfekt und der Immobilie, ist zu erarbeiten und mit den ster), Florian Gerster (Arbeitsamtschef), In früheren Zeiten gab es ein Sprichwort, Appetit der Betrüger wuchs von Mal zu Interessenten muss verhandelt werden. Laurenz Meyer (GS der CDU) und Ernst das behauptete: „Ein verdorbener Kauf- Mal. Der siebente Betrug, bei dem es um Dafür sind viertens Kenntnisse der Finan- Welteke (Bundesbankchef), die alle mann gibt einen guten Makler“. Ergebnis- eine Provisionssumme von 77 000 DM zierung, der steuerlichen Gegebenheiten, wegen Vorteilsnahme zurücktraten. se von Umfragen zu den unbeliebtesten ging, führte zur Anzeige durch den Ge- der Abschreibungsmöglichkeiten usw. • MANFRED BOLS LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 GESELLSCHAFT • 13

LN hat in jüngster Zeit schon 21 000 Soldaten binnen fünf Tagen an Laut Artikel 5, Absatz 3 des völkerrecht- in eklatanter Weise zuwider. Artikel 5, mehrmals auf Materialen der Inter- jeden Punkt der Erde zu verlegen, um lich bindenden Vertrages vom 12. Sep- Absatz 3 wurde auf Moskauer Verlangen netseite von german-foreign- „intensive Kampfhandlungen“ in frem- tember 1990 (Zwei-plus-Vier-Vertrag), eingefügt, um die Nutzung des freigege- policy.com. verwiesen – die für den Staaten zu beginnen – nebst Raketen, mit dem die Siegermächte des Zweiten benen DDR-Territoriums für logistische einen außerordentlich enthüllen- Panzern, Hubschraubern und anderen Weltkriegs dem Beitritt der DDR zur und taktische Militärbewegungen der den Journalismus steht und nur Großraumwaffen. Um den Einsatz dieser Bundesrepublik Deutschland zustimm- NATO zu sperren. Vorteile durch Verkür- zu empfehlen ist. Da aber nicht Gewaltmittel zu ermöglichen, erklärte ten, ist es jedoch ausdrücklich verboten, zung der Vorwarnzeiten bei Abschuss- jeder über einen Zugang zum Inte- sich das Berliner Verteidigungsministeri- ausländische Truppen und Atomwaffen und Flugmanövern in Richtung Osten net verfügt, zitieren wir (LN be- um gegenüber der NATO bereit, nach auf dem früheren DDR-Territorium zu sollten dem NATO-Bündnis nicht entste- richtete bereits) – zusammenge- ladefähigen Flugfrachtern und nach stationieren oder dorthin zu verlegen – hen. Damit kamen die vertragsschließen- fasst – aus der Recherche vom 5. den Parteien Bedro- Dezember „Atomwaffen inklusive“: hungsängsten entgegen, die sich aus russischen as sächsische Staatsministerium Erfahrungen des Zwei- des Innern schließt die Verbrin- ten Weltkriegs erklären. Dgung von Atomwaffen und ABC- Sachsens Regierung Indem die sächsiche Kampfstoffen über den Flughafen Leipzig Staatsregierung und nicht länger aus. Dies geht aus einer Stel- das von ihr konsultierte lungnahme des sächsischen Staatsministers Berliner Verteidigungs- vom 28. November 2005 hervor, die ger- spielt mit dem Feuer ministerium den Sinn man-foreign-policy.com. vorliegt. der entsprechenden Ver- Der gegenwärtige Umbau des Flughafen- tragspassagen umdeu- geländes kostet rund 350 Millionen Euro ten, bestätigen sie das und soll die zivile Luftfrachtzentrale der ... und dem Leben seiner Bürger gegen die deutsche Logistikfirma DHL nach Leipzig brin- Seite bereits 1990 gel- gen. Vorerst wird es jede Nacht 150 Flug- tend gemachte Miss- bewegungen geben. Wobei die derzeiti- einem geeigneten Rollfeld zu suchen. eine Regelung, die damaligen russischen trauen: 15 Jahre später schiebt Berlin die ge Auslastung des bestehenden Rollfel- Die Wahl fiel auf Leipzig, wo ab 2006 Forderungen folgte. luftgestützte Militärlogistik der NATO des weniger als 25 Prozent beträgt. Den- Maschinen des Typs AN 124-100 auf Um die Vorschriften des Zwei-plus-Vier- nach Osten vor – via Leipzig, nukleare noch wird bereits eine neue Landebahn Marschbefehle der NATO und der EU Vertrages auszuhebeln, greift die sächsi- Kampfstoffe nicht ausgeschlossen. gebaut, so dass zukünftig zwei parallele warten– zum Festpreis von rund 1,2 Mil- sche Staatsregierung jetzt zu einer aben- Bahnen in Betrieb sein werden. Wozu? liarden Euro bis 2012. Die sechs Flug- teuerlichen Konstruktion. DHL an Militarisierung Gegen den Umbau der Leipziger Region frachter gehören einem ukrainisch-russi- beteiligt in ein Nachschubgebiet für kommende schen Unternehmen und sind auf die Sachsens abenteuerliche Wie die Dokumente der sächsischen Kriege – was ohnenhin zentrale Bestim- militärische Zuladung von bis zu 120 Vertragsauslegung Staatsregierung beiläufig offenbaren, ist mungen des Zwei-plus-Vier-Vertrages Tonnen Waffen ausgelegt. Beim Anmarsch der NATO-Truppenkon- auch das deutsche Frachtunternehmen verletzt – wehren sich zahlreiche Organi- Dass die enorme Menge an Explosivstoffen tingente über das frühere DDR-Gebiet DHL in die Militarisierung des Leipziger sationen im Einzugsgebiet. In der schrift- und Trägergeräten auch aus chemischen, finde keine wirkliche Verlegung statt, Flughafens involviert. DHL werde ledig- lichen Stellungnahme des sächsischen biologischen, radiologischen und nuklearen heißt es in der vorliegenden Stellungnah- lich bei der „Versorgung (...) für die im Staatsministeriums, die an den Präsiden- Kampfmitteln bestehen kann, schließt die me. Auch beim „nicht auszuschließenden Ausland stationierten Soldaten“ tätig – ten des Dresdner Landtags gerichtet ist sächsische Landesregierung nicht länger Fall“ der Zuführung von bis 120 Tonnen mit „Postdienstleistung“, heißt es zur Be- (Aktenzeichen 37-0141.50/2128), wird aus. In einer weiteren Stellungnahme Waffenmaterial nach Leipzig und der ruhigung einfacher Gemüter. Über zu- die Nutzung des Leipziger Flughafens für (Aktenzeichen 37-0141.50/2137) heißt es dort notwendigen Umladung auf die stän- sätzliche Militärfrachten existieren in „die Verlagerung von nationalen Trup- ausdrücklich, der Antransport von Nuk- dig stationierten Maschinen vom Typ AN Dresden „keinerlei Erkenntnisse“, will penkontingenten im Rahmen der NATO learwaffen sei zwar gegenwärtig nicht 124-100 handele es sich um keine Statio- das Staatsministerium glauben machen. Response Force (NRF) und der EU-Batt- „vorgesehen“, aber rechtlich jederzeit nierung. Vielmehr seien lediglich „vorü- Ob DHL oder dessen Tochterfirmen den le-groups“ ausdrücklich bestätigt. möglich: „Ein Verbot der ,Verbringung‘ bergehende Aufenthalte“ geplant, die den Besatzungstruppen in Afghanistan und in bestimmter Waffen“ über Leipzig beste- Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht verletzen anderen Weltgegenden bereits heute in ABC-Waffen von Leipzig he „nicht“, schreibt die Landesregierung würden. erheblichem Umfang mit militärischer aus in die Welt? wörtlich und hält damit die Tür für die Nach Auffassung mehrerer Völkerrecht- Logistik zuarbeiten, scheinen die zustän- Durchleitung von Atom- und ABC-Waf- ler laufen die Darlegungen der sächsi- digen Landesbehörden nicht in Erfahrung Diese NATO-Planung sieht vor, bis zu fen im Freistaat Sachsen explizit offen. schen Staatsregierung dem Vertragstext bringen zu können.

SO SEHE ICH DAS Freiheit des folgenlosen Tuns und Sagens? So etwas zu kommentieren, hieße, auf die sen es nicht zu, dass unsere Söhne aufein- bauen Personal ab – Gesamtumsatz auf Rache zu verzichten, die im Ignorieren andergehetzt werden, um sich abzu- 72,2 Milliarden Euro geklettert“, „Ver- liegt. Dennoch, diese Anita Kecke, einst schlachten für Freiheit und Demokratie schuldung nimmt zu – Starker Anstieg brave und nicht sonderlich auffallende auf Bush-amerikanisch, die Tarnworte für vor allem bei Jugendlichen“, „Nahver- Assistentin an der Fakultät für Journalis- Öl und Profit. kehr drohen Einschnitte – Koalition plant tik der Karl-Marx-Universität hat sich Und nun dieser kecke Kommentar. Frei- Millionen Kürzungen bei Beihilfen“, dem aufmerksamen LVZ-Leser schon vor lich, er ist „Nötige Kritik“ betitelt und er- „Nordsachsen: Notstand bei Notärzten“, Jahren ins Bewusstsein geschrieben, als wähnt auch Abu Ghoreb und Guantanamo. „EU erlaubt Speicherung von Telefon- sie überschwänglich von ihrem Besuch Aber am Ende fiel mir nur der Vergleich daten“, „Fleischskandal weitet sich aus“, auf einem US-Flugzeugträger heimge- mit einem ein, der den ersten Knopf seines „Frauenhäuser in Existenz bedroht“, kehrt war. Muss ja wirklich erhebend ge- Hemdes ins falsche Knopfloch schloss und „Bundeswehr will Truppenübungsplatz wesen sein, dort zu stehen, wo die Mord- dann mit keinem der weiteren Knöpfe im Naturpark Dübener Heide“ ..., „Rie- maschinen abheben und nach ordentlich mehr zurecht kam. seninvestitionsstau in Schulen“. ur 12 Tage Urlaub und schon stapeln getanem Job wieder heldenhaft landen. Allerdings – Journalisten tragen nicht nur Bushs Vision von Freiheit und Demokra- Nsich die Zeitungen, die nur noch das Ein paar Jahre später dann rauschte An- für das eigene richtig geknöpfte Hemd Ver- tie hat vorerst die Welt erobert und nicht Entsorgen verdienen. Was ist schon die gela Merkel als CDU-Chefin nach Wa- antwortung. Sie sind Meinungsmultipli- die von Karl Marx. Die Proletarier aller Meldung von gestern oder gar vorgestern shington, um sich von Kanzler Schröders katoren. Und so sollte man sich dann auch Länder haben sich nicht vereinigt. Noch wert? Dass die Merkel es geschafft hat, (ohnehin nur halbherzigem) Nein zum über Sätze in der LVZ-Leserpost, wie den nicht mal die eines Landes. Ja, Linkspar- das war auch im Ausland zu vernehmen, Irak-Krieg zu distanzieren. von einem Frank Bach aus Leipzig über teichef Bisky brüskiert seine Bundesge- einschließlich mancher Beleidsbekun- Was mich betrifft, auch ich hatte schon das Karl-Marx-Relief an der Leipziger Uni nossen sogar in einem LVZ-Interview dung. Aber das ist es gar nicht, was mich mit US-amerikanischen Bombern zu tun. nicht wundern: „Bitte nicht soviel Rück- (10./11.12. 05): „Wir wollen bei uns ganz angesichts meines Zeitungsstapels be- Im April 1999 flogen sie direkt über mir, sicht mit diesem schauerlichen Dogmati- bewusst nicht alle Linken haben.“ wegt, auf dem obenauf eine LVZ-Aus- in Belgrad. Mit ein paar Dutzend deut- kerklotz: Ist denn alles vergessen? Unter- Und wen will er nicht haben? „Es gibt Leu- gabe vom 21. November liegt mit einem scher Mütter stand ich mit vor Angst ein- drückung, Gängelei, Unfreiheit ...“. te, die wollen gehen. Da sage ich zu jedem, Kommentar, dessen berauschenden ers- geschnürter Brust auf der Donau-Brücke. Höre ich den Einwand, das habe aber nun es tut mir leid, aber es ist o. k.“ ten Satz Anita Kecke so selbstverständ- Wir machten uns freiwillig zu Ziel- mit der Bush-Politik gar nichts zu tun? Nichts ist okay. Einem LVZ-Menschen lich aufschrieb, als hätte sie nie einen ei- scheiben der NATO-Mörder – zusammen Ich blättere noch ein bisschen im Zei- nicht zu widersprechen, der von „Irren“ genen Gedanken gehabt: „Georgs Bushs mit anderen Müttern, serbischen, kroati- tungsstapel. Aber, wie kaum anders zu er- spricht, die den Fusionsprozess überlagern, erklärte Vision ist es, Freiheit und Demo- schen, albanischen, montenegrinischen, warten: Nichts Neues während meines das dürfte massiv verunsichert haben. kratie in der Welt zu verbreiten.“ um aller Welt zu demonstrieren, wir las- Urlaubs: „Ost-Konzerne wachsen und • MAXI WARTELSTEINER 14 • CHRONIK LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

neuen Start- und Landebahn am 1. Mai kann nur durch den Süd am Flughafen Halle-Leip- Einsatz der Bürger gestoppt zig – Voraussetzung für die An- werden. KLEINE CHRONIK siedlung von DHL – erforderli- chen rund 28 Millionen Euro In Berlin beginnt ein Strafpro- nicht eingeplant. zess gegen 15 Ex-Manager der Bank BerlinHyp, darunter Das Oberlandesgericht muss CDU-Politiker Landowski, we- eine rechtswidrige Entschei- gen schwerer Untreue bzw. Bei- dung des Pflegeheims Seller- hilfe dazu. Sie schanzten u. a. Leipziger hausen aufheben, das einer 90- der Immobilienfirma Aubis jährigen demenzkranken Be- überhöhte Kredite für die Sanie- wohnerin wegen krankheitsbe- rung von 150 000 Quadratme- dingten aggressiven Verhaltens tern Wohnfläche in Leipzig- den Vertrag gekündigt hatte. Grünau zu. Aubis-Manager Wienhold ist bereits wegen Die Leipziger Wohnungsbauge- Mieterbetrugs rechtskräftig ver- Skandale sellschaft erhöht für mehrere urteilt. Hundert Wohnungen in Volks- marsdorf und Reudnitz, wo vie- Mit der mehr als fragwürdigen le Bezieher von ALG II woh- Argumentation „Jobs gehen vor nen, die Mieten bis an das zu- Lärmschutz“ weist das Bundes- lässige Limit, um die staatlichen verwaltungsgericht die Klage 2005 Zuschüsse zu vereinnahmen. von Bürgern gegen die Ansied- lung des DHL-Luftdrehkreuzes Die Arge (Arbeitsgemeinschaft am Flughafen Leipzig-Halle zu- Stadt/Arbeitsagentur) Leipzig rück, die einen hohen Nacht- Januar überdimensionierte Wasserzäh- ermittelt. 10 418 von ihnen sind fordert etwa 3500 Mieter auf, lärm erwarten lässt. ler eingebaut, die teilweise zu jünger als 25 Jahre. 33 962 sind durch Umzug ihre Wohnkosten Die Mitteldeutsche Gasversor- einer Verteuerung der jährlichen länger als ein Jahr erwerbslos. zu senken. Gerechnet wird mit Nach breitem öffentlichen Auf- gung GmbH und die Stadtwerke Grundgebühren um 1700 Euro 500 bis 700 Umzügen. begehren von Anwohnern, zahl- Leipzig erhöhen die Bezugs- je Haus führen. Das Regierungspräsidium wi- reichen fundierten Einwänden preise für Erdgas um 0,32 Cent derruft seine Zusage zur Bereit- Die Arbeitsagentur lehnt die und Kompromissvorschlägen je Kilowattstunde. Ihre Beru- März stellung von 2,5 Millionen Euro Genehmigung von zwei ABM- von Fachleuten wird im Interes- fung auf die Kopplung an die Fördermitteln für die Umgestal- Stellen für den Wildpark Con- se einer fragwürdigen Straßen- Erdölpreise ist laut Bund der Oberbürgermeister Tiefensee tung des Lindenauer Hafens newitz ab, obwohl die Agentur verbreiterung die Kleine Fun- Energieverbraucher nicht ge- erhält vom Regierungspräsiden- und fordert von der Stadt eine unmittelbar zuvor auf den un- kenburg in der Jahnallee – ein rechtfertigt und dient nur der ten einen Verweis, weil er den deutlich abgespeckte Variante. genügenden Abruf der verfüg- Baudenkmal von überregiona- Abzocke. Die Stadtwerke sind Stadtrat „wiederholt und in baren Mittel hingewiesen hatte. ler Bedeutung – abgerissen. nicht in der Lage, eine überzeu- wichtigen Dingen nicht ausrei- April gende Kalkulation vorzulegen. chend informiert“ und damit Nach einer weitreichenden Um- Investor Michael Kölmel lehnt Zugleich erhöhen sie den Strom- gegen die Sächsische Gemeinde- Die Statistik der Polizeidirekti- strukturierung der Arbeitsagen- in den Verhandlungen über den preis um bis zu 6,4 Prozent. ordnung verstoßen hat. on weist Leipzig mit 89 000 tur Leipzig und veränderten Verkauf des Zentralstadions die Delikten trotz leichten Rück- Abläufen bei der Bearbeitung von der Stadt gebotenen 18 Mil- Mit der Stadtratsentscheidung Im Stadtrat gibt Oberbürger- gangs nach wie vor als Krimi- der Anliegen der Besucher lionen Euro ab und tritt mit er- zur Schließung der Helmholtz- meister Tiefensee nur lücken- nalitäts-Hochburg aus. kommt es für Wochen zu langen presserischen Forderungen und Grundschule in Lindenau, der hafte Auskünfte zu den Vorwür- Warteschlangen im Eingangs- der Drohung auf, das Stadion Lene-Voigt-Mittelschule in Meus- fen der Staatsanwaltschaft gegen Eine PDS-Anfrage ergibt: Der bereich wie auch zu erheblichen leerstehen zu lassen. dorf und der 83. Mittelschule in den früheren Olympia-Beauf- City-Tunnel kostet der Stadt 6,2 Schwierigkeiten bei der telefo- Grünau sowie zur Fusionierung tragten der Stadt, Beigeordne- Millionen Euro mehr als die nischen Erreichbarkeit der Mit- Zwei weitere Leipziger Gymna- weiterer Einrichtungen in Con- ten Burkhard Jung, mit städti- offiziell ausgewiesenen 12,78 arbeiter. sien und zwölf Mittelschulen newitz und Paunsdorf wird die scher Geldern unzulässige Provi- Millionen Euro. Die Kosten für dürfen laut Verfügung des Kul- Verdünnung der Leipziger Schul- sionen an zwei Sportmanager ge- Leitungsverlegungen der Stadt- Die Autobahn 38 als Südum- tusministeriums im neuen landschaft fortgesetzt. zahlt zu haben. Zugleich be- werke und der Wasserwerke er- fahung Leipzigs wird nicht Schuljahr keine fünften Klassen lastet die Staatsanwaltschaft scheinen in deren Etats. Es ist mehr rechtzeitig zur Fußball- einrichten und sind damit Aus- Am Verkehrsknoten Wilhelm- Jung erneut schwer. Mit der zu befürchten, dass diese Kos- WM fertiggestellt. laufobjekte. Die Stadt will nur Leuschner-Platz soll es laut Entlastung von Dirk Thärichen ten an die Kunden weiterge- in zwei Fällen gegen die Ent- Auskunft der Stadtplaner künf- vom Vorwurf der Untreue – er reicht werden. Mai scheidung klagen. tig keinen Fußgängertunnel hatte nur Jungs Anweisungen zwischen Straßenbahnhaltestel- ausgeführt – erhärtet sich der In Leipzigs Haushalt sind bisher Eine von Justiz und Polizei tole- Die stadteigene Holding LVV le und S-Bahn-Station geben. Verdacht, dass Jung in seiner die für die Mitfinanzierung der rierte Neonazi-Demonstration zahlt dem Manager Thomas Der bisherige Tunnel wird er- eidesstattlichen Erklärung log. satzlos geschlossen. Im Messehaus am Markt kommt Skandal-Person Die Eintrittspreise für die Spie- es zu einem ersten Schadensfall le der Fußball-Weltmeister- beim Bau des Citytunnels. Eine des Jahres schaft liegen in Leipzig zwi- fünf mal fünf Meter große Bo- Autofahren fällt bis auf weiteres aus, jetzt schen 35 Euro (Gruppenspiel, denplatte bewegt sich und drückt muss er laufen: Der bereits mehrfach un- Platzkategorie 4) und 120 Euro Regale eines Modehauses an die rühmlich hervorgetretene Leipziger Bür- (Achtelfinale, Platzkategorie 1). Decke. Die Sprinkleranlage wird germeister Holger Tschense, u. a. zuständig beschädigt, und der 200 Quadrat- für Ordnung, hat sich nicht nur zahlreicher Februar meter große Verkaufsraum wird Verletzungen der Straßenverkehrsordnung unter Wasser gesetzt. und der mindestens 57-fachen Ignorierung Die Anbringung des neuen Lo- des Fahrverbots schuldig gemacht, son- gos des MDR am City-Hoch- Ende März hat Leipzig seit Jah- dern auch des Eingriffs in ein Ordnungs- haus kostet rund 60 000 Euro. resbeginn bereits an 27 Tagen widrigkeitsverfahren gegen ihn durch den Grenzwert für den gesund- Nötigung des ihm unterstellten Ordnungs- Die aus Kostengründen erfolgte heitsschädlichen Feinstaub über- amtsleiters zur Rechtsbeugung. Die Staats- Reduzierung der Arbeitszeit der schritten. Laut EU-Richtlinie anwaltschaft nimmt Ermittlungen auf. Er Rathausmitarbeiter führt in der sind höchstens an 35 Tagen im wird von seinem Amt suspendiert und Kontrolltätigkeit der Politessen Jahr Überschreitungen zulässig. schließlich von der Ratsversammlung ab- vor allem in den Abendstunden Die Stadt steht erst am Anfang gewählt. Bis zuletzt sträubt er sich mit und sonnabendnachmittags zu der Planung von Gegenmaßnah- allen Mitteln, seine Schuld einzugestehen erheblichen Lücken. men. und seinen Stuhl zu räumen, gestützt von der ungebührlich lange dauernden Un- Die Kommunalen Wasserwerke Mit 83 482 wird im Bereich der schuldsvermutung seitens des Oberbürger- Leipzig haben in vielen Häusern Arbeitsagentur Leipzig die höchs- meisters. – darauf weisen Mieter hin – te Anzahl Arbeitsloser seit 1990 LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 CHRONIK • 15

zierung der Zuschüsse für Be- binden konnte, während sie et- Straßenbau- dürftige beim Esssen in Schulen wa 40 Millionen zurückgibt. und Kindergärten. Ende November liegt die An- Chaos zahl der ABM-Stellen mit 2264 Den größten Teil des Jahres über November um 785 unter dem Vorjahres- wird der Straßenverkehr in Leipzig stand. durch eine Konzentration von Bau- Während die Universität den maßnahmen in Zentrumsnähe ex- jüngsten Entwurf des Architek- Dezember trem behindert. Die Gleichzeitig- ten Eggerath für die Innenge- keit der Maßnahmen am Haupt- staltung der neuzuerrichtenden Der Gaspreiserhöhung der Stadt- bahnhof, am Johannisplatz, am Aula als multifunktionalen Bau werke vom Jahresanfang folgt Leuschnerplatz und in der Jahnal- mit viel Licht und Säulen aus eine weitere Steigerung um bis lee führen zu zahlreichen Ein- Porzellan und Glas favorisiert durchschnittlich 18 Prozent mit schränkungen, Sperrungen und und die Wettbewerbsjury emp- Wirkung vom 1. Dezember Umleitungen, die durch Planungs- fahl, „die Gestaltung der Aula/ 2006. Eine Erhöhung der Preise fehler, ungenügende Beachtung Kirche zu präzisieren und den von Fernwärme um durch- der Bürgerinteressen und die damit Charakter der Aula stärker zu schnittlich 17,9 Prozent und verbundenen Baustopps noch maß- betonen“, beharrt der Pauliner- Strom um rund 5 Prozent ab geblich verschärft werden. verein auf der weitgehend origi- Januar ist angekündigt. Leipzig nalen Rekonstruktion der goti- hat bereits die höchsten Gas- schen Universitätskirche und preise in Deutschland. Severin nach einer rund einein- ziger Versorgungs- und Ver- not muss die Eröffnung des Mu- damit der Betonung eines sakra- halbjä+hrigen Tätigkeit bei den kehrsgesellschaft schwer durch- seums für angewandte Kunst im len Charakters der Universität. Ex-Oberbürgermeister Tiefen- Stadtwerken Leipzig eine Ab- schaubar sind, nachlässig abge- Grassi-Museum auf frühestens see wird im Zusammenhang mit findung von 785 300 Euro und fasst wurden und dass beim Ab- Herbst 2007 verschoben wer- Vor der Festlegung neuer lang- Leipzigs Olympiabewerbung überlässt ihm zudem seinen schluss teilweise der Stadtrat den. fristiger Sparziele für den Stadt- seitens zweier Vermarktungsfir- Dienst-Mercedes. umgangen wurde. haushalt zur Überwindung von men mit strafrechtlich relevan- Ein libanesisches Restaurant in Defiziten ergibt eine Bestands- ten Vorwürfen konfrontiert. Tie- Juni Städtische Ämter, darunter Stan- der Münzgasse wird durch aufnahme, dass das Sparpro- fensee schweigt sich aus. desamt, Stadtbibliothek, Ord- einen Brandanschlag zerstört. gramm der Stadt vom Dezem- Rechnungsprüfer ermitteln, dass nungsamt und Amt für Umwelt- Tags darauf wird ein Bistro- ber 2004 bisher nur zur Hälfte Bei der Verfolgung mutmaßli- die städtischen Beigeordneten schutz, weisen darauf hin, dass Lokal am „Adler“ in Klein- umgesetzt ist. cher Rauschgifthändler stürmen Jung, Tschense und Kaminski die Einsparung von 162 Stellen zschocher, das ein Iraker be- Leipziger Polizisten mit Ma- rechtswidrig, ohne Stadtratsbe- in der Stadtverwaltung bis Ende treibt, in Brand gesetzt. Viele Stadträte kritisieren die schinenpistolen im Anschlag in schluss, handelten, als sie dem des Jahres zu Einbußen bei den mangelnde Konkretheit des von einem Mehrfamilienhaus in der VfB Leipzig eine Bürgschaft in Serviceleistungen für Bürger Schlimmste Befürchtungen des der Stadtverwaltung vorgeleg- Südvorstadt irrtümlich die fal- Höhe von rund 511 000 Euro führen wird. Tierschutzvereins bestätigen ten Entwurfs des Haushaltskon- sche Wohnung und nehmen Un- gewährten. Die Staatsanwalt- sich mit der Absicht der Stadt, solidierungskonzepts für die beteiligte fest. schaft beginnt Ermittlungen. Ein Leipziger findet auf der den Neubau eines Katzenhauses kommenden Jahre. Lothar Tip- Straße einen Computerausdruck in Breitenfeld erst 2007 zu be- pach (Linksfraktion): „Wir wer- Der traditionsreiche Reclam- In den Grünauer Wohnkomple- der Agentur für Arbeit, eine ginnen, womit die untragbaren xen 7 und 8 werden die einst zweiseitige Liste mit 89 persön- Zustände im Heim an der Max- mit hohen Erwartungen an die lichen Daten eines Empfängers Liebermann-Straße hingenom- Flucht nach Gestaltung des gesellschaftli- von ALG II. men werden müssen. chen Lebens vor Ort und die oben Dienstleistungen für die Bürger August Vor dem Aufmarsch der Anhän- Als Mitgestalter des asozia- eingerichteten Quartiersläden ger des Neonazis Worch am 1. len Hartz IV-Gesetzes, als wieder geschlossen. Die Stadt Im Mitteldeutschen Verkehrs- Oktober behauptet Leipzigs Po- Verwalter einer von Jahr zu sieht sich außerstande, die nöti- verbund gelten ab Monatsbe- lizeichef Müller entgegen gülti- Jahren ärmeren, vorrangig gen finanziellen Mittel weiter ginn um drei bis fünf Prozent gen Rechtsnormen, die geplante auf „Events“ und Prestige- bereitzustellen. erhöhte Tarife in Bussen und Sitzbblockade von Antifaschisten objekte orientierten Stadt Bahnen. Als Grund werden ne- gegen diese Demo sei rechts- und als Chef einer skandal- Juli ben dem Preisanstieg für Die- widrig, um so gegen sie mit Ge- umwitterten Führungsriege selkraftstoff und Strom die Kür- walt vorgehen zu können. im Rathaus verlässt Wolf- Der Entwurf eines Aktionspla- zung der Bundes- und Landes- gang Tiefensee sein Ober- nes des Regierungspräsidiums zuschüsse genannt. In Leipzig Oktober bürgermeisteramt mit Ziel zur Senkung der Feinstaubbela- werden 4-Fahrten-Karten um 30 Berlin, um Minister in der stung lässt keine wirksamen Cent teurer. Die Stadtwerke tragen einen Regierung Merkel zu werden. Schritte zur Verbesserung der Streit zwischen einem Hausbe- Die Stadt verzeichnet wäh- gesundheitsgefährdenden Situa- Die Aufhebung der Suspendie- sitzer und einer Fernwärme- renddessen einen Höchst- tion erkennen. Er enthält eine rung des früheren bfb-Chefs Lieferfirma auf dem Rücken der stand der Arbeitslosigkeit Klausel, die größere Verkehrs- Matthias von Hermanni durch Mieter aus, indem sie mehrere und einen Tiefstand im An- einschränkungen durch Tempo- Oberbürgermeister Tiefensee Stunden lang die Heizung für gebot an Lebensqualität für 30-Zonen und Einbahnstraßen offenbart, dass die jahrelangen 4000 Wohnungen in Grünau die Bürger. Das langfristige unmöglich macht. Anschuldigungen gegen ihn nur abstellen. Verkehrschaos kann als Sym- dazu dienten, die Auflösung des bol für den Zustand seiner Aus einer Zwischenbilanz der bfb zu begründen. Eine Bestandsaufnahme des Hinterlassenschaft gelten. Stadtkämmerei zur Haushaltssi- Vereins Stattbild ergibt, dass je- tuation geht hervor, dass zu den Seit rund zehn Jahren hat die des fünfte bewohnte Gebäude 21,4 Millionen Euro Defizit Stadtverwaltung ihr zustehende an Leipzigs Hauptstraßen ille- den den Weg (der Kürzungen) Verlag, 1828 in Leipzig gegrün- bereits im Haushaltsansatz wei- Steuern von 26 688 Kleingärt- gal mit Graffiti besprüht ist. nicht mitgehen, soweit es sich um det, jetzt mit Hauptsitz in Dit- tere fünf Millionen hinzukom- nern mit übergroßen Lauben Unternehmen im Kernbereich zungen bei Stuttgart, kündigt men. Die Deckungslücke könne nicht eingefordert. Die Einnah- Nach dem Aufbrauchen finanzi- der Daseinsvorsorge handelt.“ für Anfang 2006 die Schließung bis Jahresende auf 40 Millionen meausfälle belaufen sich mitt- eller Rücklagen und der Er- seines Leipziger Standortes an. anwachsen. lerweile auf 330 000 Euro. höhung der Entsorgungskosten Der von der Falk Marco Polo kündigt der Stadtreinigungsbe- Interactive herausgegebene neue Vor der Stadtratssitzung zum Für den Haltestellenbau am September trieb eine durchschnittliche Leipziger Stadtplan erweist sich Haushalt 2006 und zur mittelfri- Hauptbahnhof ist eine kosten- Steigerung der Müllgebühren als Flop. Vergebens sucht man stigen Haushaltssicherung erhöhende Zwischenlösung er- Vor allem wegen Mehrbela- um 30 Prozent mit Wirkung von die westlichen Gebiete von zeichnet sich eine dramatische forderlich, weil es beim Bau des stung durch Hartz IV sieht sich März 2006 an. Grünau sowie die östlichen von Situation ab: drohende weitere City-Tunnels einen Verzug von die Stadtkämmerin veranlasst, Paunnsdorf und Engelsdorf. Einschnitte in Personalbestand, mehreren Wochen gibt. Später eine Haushaltsperre zu verhän- Durch das teilweise Weiterrei- soziale Leistungen, Vereinsför- wird sogar ein Verzug von acht gen. Leipzig rechnet jetzt mit chen der gestiegenen Betriebs- Die Arbeitsagentur Leipzig teilt derung und Kulturangebot so- Monaten eingeräumt. 44 000 statt bisher 38 000 Be- kosten an die Eltern soll die mit, dass sie von den in diesem wie beabsichtigte Privatisierung darfsgemeinschaften für das Kinderbetreuung in Krippe, Ki- Jahr verfügbaren rund 80 Mil- städtischer Unternehmen. Ein Kontrollbericht des Rech- ALG II. ta und Hort ab März 2006 um 23 lionen Euro für ABM und 1- nungsprüfungsamtes stellt fest, bis 30 Prozent teurer werden. Euro-Jobs nur 43,5 Millionen Und das Jahr ist dass die Verträge über die Leip- Wegen der städtischen Finanz- Die Stadt plant auch eine Redu- bei Trägern von Maßnahmen noch nicht zu Ende ... 16 • ZEITZEUGEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

! Wolfgang Bittner: Sie waren Grün- dungsvorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller, acht Jahre Abgeordneter des deutschen Bundes- tages und haben zahlreiche Bücher „Ich kann Politik geschrieben. Wie war das alles mitein- ander in Einklang zu bringen? Dieter Lattmann: Es waren immer zwei Anlagen, die sehr früh auftauchten und mein ganzes Leben bestimmt haben: Zum einen hatte ich wohl aus der Erzie- hung heraus, aber auch dem angeborenen und Literatur nicht Wesen nach eine ausgesprochene Nei- gung, mich um Menschen zu kümmern, denen es schlecht ging; später habe ich das einmal „soziale Herausforderung“ genannt. Das andere war, dass ich immer das Leben, wie ich es erlebte, mit Worten trennen“ ausdrücken wollte. Ich habe mit 13 Jah- ren zu schreiben begonnen und bis heute nicht damit aufgehört. Wolfgang Bittner sprach mit dem Schriftsteller Dieter Lattmann

! Wie passt das zusammen: diese soziale Ader, wenn man will: das Poli- Nach kurzer Kriegsgefangenschaft und tische, und die Literatur? vorübergehender Arbeit im Sommer Ich kann Politik und Literatur nicht tren- 1945 in der Landwirtschaft, bin ich nach nen. Nicht bei den Autoren, die ich am Kassel gegangen, wo ich bei dem Musik- meisten liebe, denn das sind alles Auto- und Buchverlag Bärenreiter eine Lehre ren, die auch über gesellschaftliche Kon- gemacht habe. Ich wollte den Büchern so flikte - und das ist ja Politik im weitesten nah wie möglich sein. Es waren ja viele Sinne des Wortes - schreiben, sondern Schriftsteller – zum Beispiel Heinrich auch in meinem Leben. Ich kann nicht Böll – Buchhändler; man schrieb heim- verstehen, wie man sich nur mit der sub- lich nebenher, gestand es zwar noch nicht jektiven Thematik des Selbst, der eigenen ein, schickte aber schon Manuskripte Katastrophenträchtigkeit oder den nur herum. Als Buchhändler bin ich dann individuellen Schicksalen beschäftigen richtig auf der Walz mit dem Fahrrad kann. durch die Republik gefahren und war einige Zeit beim Piper Verlag in Mün- ! Ist das nicht bei den einzelnen chen tätig. Das war in gewisser Weise Menschen, je nach Veranlagung und meine Universität, und da wurde ich auch Sozialisation, ganz unterschiedlich? in eine Art literarischen Orden aufge- Ich habe da meine eigene Theorie, nach nommen, das heißt ich gehörte nun zu der jeder Mensch drei Biographien lebt. den wichtigen Verlagen und hatte alle Einmal die ganz private: wie man auf die entsprechenden Querverbindungen. Ich Welt kommt, in welcher Familie, wen lernte andere Verleger und Gleichaltrige man heiratet, Kinder, Liebe, Krankheit, kennen: Siegfried Unseld, den Nachfol- Trauer, Freude, Tod. Das zweite ist der ger von Suhrkamp und viele andere. Da Beruf. Während man in dem ersten noch erst war ich richtig in der Zunft der sehr man selber sein kann - hoffentlich, Büchermacher drin. meistens -, greifen in dem zweiten schon die Mächte der Wirtschaft ein, im Berufs- ! Sie begannen in dieser Zeit schon leben mit seinen Zwängen und Abhän- zu veröffentlichen. gigkeiten sowieso, und das auch für einen Ja, mein erstes Buch, eine Sammlung von so genannten freien Schriftsteller. Aber in ! Was hat Sie seinerzeit angeregt und ganzen Naturell her sofort in einen Aufsätzen und Erzählungen, erschien der dritten Biographie, der politischen, beeinflusst? Gehorsamkeitskonflikt. Deswegen war 1957 bei Langen-Müller. Und 1960 trau- wird man in der Regel gelebt, und nur Potsdam ist für mich nur ein Erinne- das eine grausame Zeit, in der ich nie te ich mich mit meinem ersten Roman auf wenn man die Demokratie als Selbstver- rungshorizont. Allerdings habe ich dort wusste, wie ich mich verhalten sollte. die freie Wildbahn. Ich wollte – obwohl antwortung begreift, kann man sich aus den späteren Stalingrad-General und Mit- Zum wirklichen Widerstand war ich nicht früh verheiratet und mit zwei Kindern – dieser Klammer des Gelebtwerdens begründer des Offiziersbundes im Natio- mutig genug und zu jung, dazu wusste so bald wie möglich vom Schreiben befreien. Literatur fasst alle drei Biogra- nalkomitee Freies Deutschland Martin ich auch nicht genug. Aber ich bin ange- leben. phien zusammen und ist deswegen in Lattmann besucht, den nächsten Bruder eckt und eines Tages im Knast gelandet, meinen Augen zwangsläufig auch poli- meines Vaters – er hatte fünf Brüder, alle habe also das Kriegsende hinter Schloss ! Sie sind dann Vorsitzender des Ver- tisch. Soldaten –, so dass Potsdam für mich und Riegel erlebt. bandes deutscher Schriftsteller gewor- schon ein Zielort war, und zwar einer in den. Wie kam es dazu? ! Diese Entwicklung eines politi- Uniform. Meine Familie war deutsch- ! Was war der Grund für diese Damals gab es unter der Kulturhoheit der schen Bewusstseins ist nicht gerade national eingestellt. Meine Mutter hat Inhaftierung? einzelnen Bundesländer elf Schriftsteller- selbstverständlich. Wurde Ihnen das in noch 1932 in ihr Tagebuch geschrieben: Anfang 1945 habe ich auf der Kriegs- verbände in Westdeutschland und eine die Wiege gelegt? Wie waren Ihre „Hoffentlich siegt die nationale Front“, schule Mürwik bei Flensburg im Kame- großmächtige Bundesvereinigung dieser familiären Verhältnisse? und mein Vater war zwar kein Nazi, aber radenkreis gesagt: „Der Krieg ist verlo- Verbände. Deren Vorstand suchte einen Ich wurde 1926 in einer Soldatenfamilie er ging davon aus, dass eine deutsche ren und jeder Tag, den man ihn noch wei- neuen Präsidenten, nachdem der alte in Potsdam geboren. Mein Vater war Regierung nie verbrecherisch sein kann. terführt, kostet tausende von Menschen- gestorben war. Natürlich wurden alle schon 1914 Berufssoldat gewesen. Er Die Lebensrichtschnur waren preußische leben. Schlussmachen ist das einzig Ver- namhaften Leute gefragt, aber keiner war nach dem ersten Weltkrieg in der Tugenden wie Disziplin, Anstand, Ehr- antwortliche.“ Daraufhin bin ich denun- wollte es machen, und da kamen sie zu Wirtschaft untergekommen und wurde lichkeit. ziert worden, und wäre ich vor einen NS- mir. Ich wurde also 1968 plötzlich Präsi- 1934 als Offizier reaktiviert. Aber es war Führungsoffizier gekommen, hätte es um dent dieser Bundesvereinigung. Das nicht nur eine Soldatenfamilie, sondern ! Gegen Ende des Krieges sind Sie mein Leben gehen können. Aber ich hatte klang ja großartig, aber als ich näher hin- es gab noch Kaufleute, Pastoren, Fabri- ebenfalls noch Soldat geworden. einen grundvernünftigen Kriegsschul- schaute, traf ich die versammelte Ohn- kanten. Insbesondere die beiden Großvä- 1943 hatte ich bereits bei der Fliegerab- kommandeur, der mich mit Stahlhelm macht in elf schwachen Regionalverbän- ter, sehr farbige Figuren in meiner Kind- wehr und dem Reichsarbeitsdienst antre- antreten ließ und sagte: „Sie Vollidiot! den an. Nun meinten einige Freunde, wir heit und Jugend, ragten in mein Leben ten müssen, und danach habe ich andert- Wir wissen doch alle, was los ist. Ich müssten einen einzigen Verband haben, hinein. Der eine war Fabrikant, und er ist halb Jahre als Soldat bei der Kriegsmari- stecke Sie jetzt in den Bau, sonst reden und tatsächlich ist es uns gelungen, 1969 noch als königlicher Kaufmann mit dem ne gedient. Es war für mich eine Zeit des Sie sich noch um Kopf und Kragen.“ den Verband deutscher Schriftsteller zu Pferdeschlitten durch Russland gefahren. Umbruchs, denn so wie ich erzogen war, gründen. Dazu hat uns Heinrich Böll Der andere war in Thüringen Amtsrich- habe ich mich als 16-Jähriger freiwillig ! Wie ging es dann nach Kriegsende wunderbarerweise im Kölner Gürzenich ter, wurde Reichstagsabgeordneter, und gemeldet. Als ich dann die Uniform der weiter? sein Stichwort „Ende der Bescheiden- von ihm sagte man: „Er steht im Großen deutschen Wehrmacht trug, war mir klar: 1945 stand in meinem Wehrpass, dass ich heit“ geliefert und Günter Grass hat gera- Brockhaus und er hat an Kaisers Tische für diese Art von Kadavergehorsam bin wegen Ungehorsams degradiert worden ten, uns der Gewerkschaft der Drucker von goldenen Tellern gegessen.“ ich nicht geboren. Ich kam von meinem war; das haben die Engländer honoriert. und Setzer anzuschließen. Ich war Grün- LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 ZEITZEUGEN • 17 dungsvorsitzender und man kann viel- Opposition sozusagen mit einem Salto ! Das ist seinerzeit durch die Medien kenne überhaupt niemanden, der in leicht sagen, dass es ohne mich diesen mortale abgekippt waren und Gallionsfi- gegangen. Was ist aus dem Vorwurf schuldhaftem Sinn ein Grenzgänger war. Gesamtverband, der heute der Gewerk- guren, Leitfiguren unserer Republik ums geworden? schaft ver.di angehört, nicht so schnell Leben brachten. Dass daraufhin neue Ich war erlöst, als mir der Generalbun- ! Wie erklären Sie sich heute diese gegeben hätte. Gesetze gefordert wurden, war nicht desanwalt nach einem halben Jahr brief- Verdächtigungen und Verleumdun- unbedingt logisch, denn die vorhandenen lich bestätigte, dass der Vorwurf nicht gen? ! Welche Bedeutung hatte der Gesetze hätten ausgereicht. Aber immer etwa aus Mangel an Beweisen nicht zum Das hing mit dem Systemwechsel zusam- Schriftstellerverband damals und was wenn diese Unruhe auftritt, verlangen Prozess geführt hat, sondern dass er nicht men. Immerhin kamen 17 Millionen war seine Aufgabe? Politiker, vor allem die konservativen, begründet war. Ein völliger Freispruch! Deutsche zur Bundesrepublik. Viele - wie Die Schubkraft des Verbandes, der da- schärfere Gesetze. Ich habe dann einen einzigen Satz mit auch Engelmann und ich - dachten mals eine große Popularität und Medien- dpa herumgeschickt, aber zum Beispiel damals: Jetzt tun wir das, was die Väter wirksamkeit hatte, war enorm. Wenn ! Ich erinnere mich, dass Sie dagegen brachte der Spiegel, der mich auf dreiein- und Mütter des Grundgesetzes gewollt Böll, Grass, Walser und Lenz gemeinsam öffentlich Stellung genommen haben. halb Seiten im politischen Teil unter dem haben. Beide Seiten treffen sich, eine eine Pressekonferenz machten, kamen Ich habe zur Begründung meiner Haltung Stichwort „Stasi“ angegriffen hatte, nicht neue Verfassung wird entworfen und vom mehr Journalisten als einmal diesen Widerruf. deutschen Volk beschlossen, von beiden zu manchem Bun- Seiten kommt das Beste zusammen, was desminister. Das ! Wie kam ein derartiger Verdacht in Deutschland vorhanden ist. Der west- heißt wir hatten eine überhaupt zustande? Lag das tatsäch- deutsche Staat aber hat es so gesehen, Wirkung, und die lich an den Kontakten in die DDR, die dass lediglich 17 Millionen Ostdeutsche Freundschaft Willy nach meiner Erinnerung auch Bernd nunmehr Westdeutsche wurden – man Brandts zu den Engelmann zum Vorwurf gemacht sprach von den „neuen Ländern“. Für Schriftstellern war worden sind? mich waren es nie neue, sondern alte Allgemeingut. Man- Ja, so war es. Aber aus meiner Sicht taten Länder in einem anderen Teil unseres che von uns haben ja wir – Engelmann und ich wie viele ande- Landes, das der Bundespräsident Heine- – wie ich auch – als re – etwas ganz Selbstverständliches, was mann einmal „ein schwieriges Vaterland“ Redenschreiber für in unserer Verfassung steht und was genannt hat. Willy Brandt gear- eigentlich die Pflicht aller Westdeutschen beitet. Es gab eine gewesen wäre und – soweit das möglich ! Das erklärt noch nicht die Anfein- ungeheure Nähe war – ebenfalls die Pflicht aller Ostdeut- dungen gegen Persönlichkeiten wie Sie zwischen Geist und schen: nämlich uns die deutsche Teilung und Engelmann. Macht. In gewisser nicht ständig weiter aufnötigen zu lassen. Dieser ganze Konflikt hatte etwas zu tun Weise war das eine Ich war 23 Jahre alt, als Deutschland mit einem Elitewechsel. Bei allen großen Sternschnuppenzeit. geteilt wurde, aber für mich war Deutsch- Machtwechseln zwischen Systemen und Das gab es in dieser Weise zwischen im Bundestag gesagt: „Eine Demokratie land nie wirklich ein geteiltes Land. Wir Politiken kann man in der Geschichte Schriftstellern und Politikern noch nie. stirbt nicht am Mangel an Gesetzen, sie hatten auch Verwandte und Freunde drü- verfolgen, dass Eliten der anderen Seite Das hat sehr stark geholfen, so dass wich- stirbt am Mangel an Demokraten.“ Und ben und sind so oft wir konnten in die beschuldigt wurden, und zwar weit über tige Gesetze auf den Weg gebracht wer- ich habe zweimal – jeweils mit drei ande- DDR gefahren. Wir haben uns gesagt: jedes reale Maß hinaus, um eine absolute den konnten: Tarifrecht für freie Mitar- ren – gegen diese so genannte Antiterro- Solange die deutsche Einheit nicht Unterwerfung unter das siegreiche Sys- beiter von Massenmedien, ein Schul- rismus-Gesetzgebung gestimmt. Außer- kommt, wollen wir sie leben so gut wir tem zu erreichen. Früher kostete das viele buchhonorar, eine Bibliotheksabgabe. dem habe ich natürlich die Gelegenheit können. der Eliten das Leben, in der neuen Zeit Denn die Rechte von Schriftstellern genutzt, in den beiden Büchern, die ich geht das anders, aber es gab eine Art waren sozialisiert in einem Land, das ja als Abgeordneter schrieb, genau diese ! Gab es damals nicht bereits offizi- rückwirkendes Gebot, Kontakte zur DDR nun alles andere als sozialistisch war. Konflikte darzustellen, und zwar in „Die elle Kontakte zur DDR? als etwas Schuldhaftes zu akzeptieren. Einsamkeit des Politikers“ und „Die lieb- Das ist ein wichtiger Aspekt, der leider ! Damals ist also in berufspolitischer lose Republik“. Und über die Friedensbe- ! Wie Hinsicht viel für die Schriftsteller ver- wegung habe ich einen Roman geschrie- sind Sie anlasst und durchgesetzt worden … ben: „Die verwerfliche Alte“. Das zu tun damit Das begann 1969 und währte bis 1982. als jemand, der öffentlich das Wort führt, umgegan- Wir hatten im Vorstand immer wieder als Politiker und als Autor, war für mich gen, wie überlegt, dass die vielen tausend Autoren, selbstverständlich; wie überhaupt für gehen Sie also die Freiberufler, in der Bundesrepu- viele meiner Generation schreiben und damit um? blik eine allgemeine Anschlussmöglich- Gesellschaftskritik – erzählen und Politik Ich habe keit an die Kranken- und Rentenversiche- – eine Einheit war. mich dem rung brauchten. Das wurde zum Haupt- nie unter- ziel des neuen Schriftstellerverbandes, ! Das hat sich ganz offensichtlich worfen, zu- denn unsere Berufsgruppe war als eine geändert. mal ich der wenigen draußen geblieben. Auf Heute ist es weitgehend so, als sei Litera- denke, dass unserem Stuttgarter Kongress 1970, der tur nur noch ein Privatissimum und als man einige unter dem Motto „Einigkeit der Einzel- seien nur noch die Katastrophen des Indi- kritische gänger“ stand, und wo Willy Brandt, viduums ein Thema. Ich hoffe sehr, dass Stimmen Heinrich Böll, Günter Grass und Martin sich bald eine neue Generation junger durch sol- Walser sprachen, war die Künstlersozial- Autoren findet, die wieder die gesell- che Vor- versicherung unsere Hauptforderung. schaftlichen Grundprobleme, die ja die würfe Und nun hieß es im Vorstand: einer von wahre Problematik unserer Demokratie abschalten uns muss das vorantreiben. Ich bin daher und unseres Gesellschaftssystems ausma- wollte. In ganz gezielt in den SPD-Ortsverein Alte chen, erzählerisch aufgreift. in der Öffentlichkeit unseres Landes nie diesem Systemwechsel und mit der Heide im Münchener Norden gegangen, richtig wahrgenommen wurde: Die Bun- Schwierigkeit nun mit 17 Millionen aus um so schnell wie möglich für den Bun- ! Großen Dank haben Sie allerdings desrepublik hatte während der Regierung der DDR ein gemeinsames Deutschland destag zu kandidieren, was erstaunlicher- mit Ihrem gesellschaftspolitischen Brandt mit Egon Bahr und fortgesetzt zu schaffen, gab es natürlich enorme weise geklappt hat. Ich habe eine Mini- Ansatz und Ihrer Gesellschaftskritik unter Helmut Schmidt und Helmut Kohl Spannungen. Seien wir doch ehrlich, kei- Ochsentour gemacht und 1972 im Bon- nicht geerntet. ein Kulturabkommen mit der DDR in die ner wusste wie das genau gehen sollte, ner Abgeordnetenhaus den Gesetzent- Das ist richtig. Plötzlich kam dieser Vor- Wege geleitet. Darin wurden die Schrift- auch nicht von den westdeutschen Politi- wurf auf meiner Schreibmaschine produ- wurf: Landesverrat. Als der Oberstaats- stellerverbände und Kulturorganisationen ker einschließlich Herrn Kohl. Da war ziert und sieben Jahre lang durch den anwalt aus Karlsruhe 1995 anrief, wusste auf beiden Seiten beauftragt, so intensiv man nicht nur übervorsichtig, sondern Bundestag getragen. Die Gewerkschaften ich noch nicht einmal, um welches Land wie möglich zusammenzuarbeiten, ihre auch aufgeregt, und dabei sind einige wie haben geholfen, viele Abgeordnete aus es sich handelt. Ich könnte Geheimnisse Werke auszutauschen, Lizenzausgaben Engelmann und ich in ein Rampenlicht den Fraktionen von SPD und FDP – verraten haben – so hieß es –, wohl nicht zu ermöglichen. Wenn wir über die Gren- gekommen, was uns wirklich falsch damals die sozialliberale Koalition –, nur an die DDR, sondern überhaupt an ze fuhren, handelten wir im Auftrag der beleuchtet hat. Aber dass das eine falsche vereinzelt auch der CDU, und zum Ende Länder im Osten. Meine Frage war: „Was westdeutschen Regierung entsprechend Beleuchtung war, ist nie so öffentlich meiner Zeit im Bundestag wurde das soll ich denn gewusst haben?“ Ich war dem Kulturabkommen. Als dann die geworden wie der Vorwurf damals. Gesetz endlich beschlossen. Kulturpolitiker und bin Schriftsteller. Wende kam, wurde ein großer Teil west- Nicht einmal in meinen acht Jahren als deutscher Literaturleute plötzlich ver- ! Das war ja in den siebziger Jahren Bundestagsabgeordneter habe ich mit dächtigt, sie hätten mit der DDR in uner- (Eine Sammlung mit Interviews von politisch eine sehr bewegte Zeit … militärischen oder sonstigen Staatsge- laubter Weise paktiert und manchen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte Ja, es gab eine gewisse Hysterie aufgrund heimnissen in dem Sinn zu tun gehabt, wurde sogar das Reizwort „Stasi“ ange- erscheint demnächst in Zusammenar- der verbrecherischen Taten einer sehr wie sie Landesverrat begründen könnten. hängt. Dabei war die Zahl derer, die tat- beit mit dem WDR unter dem Titel „Ich kleinen Gruppe von Intelligenzterrori- Ich habe nicht nur um meine Reputation sächlich mit der Stasi zu tun hatten, ver- mische mich ein“ im Klartext Verlag in sten, die aus der außerparlamentarischen gekämpft, sondern um mein Ich. schwindend gering – ich persönlich Essen) 18 • BÜCHER LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

ebensgeschichten aus jener wurde so zuerst ein Lehrer und ungeschminkt zum Ausdruck steckt, sondern in aller Deutlich- Liebe Generation, die vom Ende dann sehr bald ein Schulfunktio- brachten. Und die dadurch für den keit benannt. So entsteht das Leipzigs Neue, Lder Weimarer Republik bis när der jungen DDR, der aber im in unserer Gesellschaft engagiert lebendige Bild einer wider- zu dem der DDR alle Brüche in Krisenjahr 1953 als Schulrat in lebenden Leser immer wichtiger spruchsvollen Persönlichkeit in das Gedicht von Peter der deutschen Geschichte des 20. Erfahrungen machen wurden. einer von Widersprüchen zerrisse- Scher in LN 23/05, S. 11 Jahrhunderts miterlebt hat, rufen musste, die ihm die weitere Teil- Doch konnte er auch immer wie- nen Zeit. Dass dabei aus der sub- möchte ich zum Anlaß immer wieder großes Interesse habe an der Ausübung von Macht der Erfahrungen machen, die jektiven Erinnerung heraus ein- nehmen, auf den Autor hervor. Zeugen sie doch alle auf ein für allemal verleidet haben. belegen, dass die „DDR keines- zelne wichtige Ereignisse wie hinzuweisen, der eigent- individuelle Weise von jenem Danach begann der zweite Le- wegs so monolith“ war, „wie sie Christa Wolfs Auftreten auf dem lich Hermann Fritz „Zeitalter der Extreme“, als das bensweg, über den die Autobio- heute oft dargestellt wird“. Die 11. Plenum 1965 nur verkürzt Schweynert hieß und der britische Historiker Eric grafie Rechenschaft gibt: der des Erfahrung z. B., dass sich verant- wahrgenommen werden, tut dem unter zahlreichen Pseu- Hobsbawn das kurze 20. Jahr- Schriftstellers Werner Heiduczek. wortliche Funktionäre des Staates keinen Abbruch. Dies gilt auch donymen schrieb. Der hundert zwischen Erstem Welt- Zu lesen ist von „Glanz und Elend wie Klaus Höpcke für den vom für einzelne sachliche Irrtümer 1884 in Großkams- krieg und Ende des Kalten des Schreibens“, wie er einen MfS als „negativ feindlich“ be- (so gab es im Frühjahr 1989 keine dorf/Thüringen gebore- Krieges um 1990 zu- Volkskammer-, son- ne vielseitige Schrift- treffend charakterisiert dern Kommunalwah- steller war von hat. Auch für die bei len), doch sollten diese 1914–1916 und Faber & Faber erschie- Vom Leben und Schreiben bei einer Neuauflage 1919–1930 Redakteur nene Autobiografie korrigiert werden. der in München erschei- Werner Heiduczeks Menschlich besonders nenden Satire-Zeitschrift Die Schatten meiner ergreifend wirkt das die Simplicissimus, 1931 und Toten gilt dies unein- im Zeitalter der Extreme Autobiografie abschlie- 1932 schickte er auch geschränkt, aber was ßende fünfte Buch. Es Texte an das in Berlin sie leistet, geht zugleich weit dar- Ende der sechziger Jahren ent- werteten Autor einsetzten und ihm trägt in Anspielung auf den be- erscheinende antifaschi- über hinaus. standenen Essay überschrieben auf dem Höhepunkt der Angriffe rühmten Film von Ingmar stische Satiricon Die Da ist zuerst die Geschichte einer hatte. Damals ein Krisensignal, wegen seines Romans Tod am Bergmann den Titel „Szenen mei- Ente (1931 – Februar Jugend zwischen der Herkunft denn die ersten Erfolge des jun- Meer die ersehnte Frachtschiffreise ner Ehe“ und ist dem Andenken 1933; dann verboten), aus dem lebensprägenden katholi- gen Autors waren mit der Gefahr nach Indien ermöglichten. der vor einigen Jahren an Krebs gestorben ist er 1953 in schen Milieu Oberschlesiens und verbunden gewesen, öffentliche Überhaupt zeichnet es diesen Le- gestorbenen Frau des Autors ge- Wasserburg/Inn. den frühen Erfahrungen mit Anerkennung wichtiger zu neh- bensbericht aus, wie differenziert widmet. Erzählt wird in scho- Frauke Hampel und Kriegsdienst und Gefangenschaft. men als „Aufrichtigkeit des Den- in ihm geurteilt wird. Dies gilt nungsloser Offenheit von einer Peter Hinke nahmen ein Da ist die Situation des knapp kens“, sich dem kulturpolitisch auch für die Zeit nach 1989. Für über ein halbes Jahrhundert geleb- Gedicht von ihm, er- Zwanzigjährigen in der unmittel- Gewünschten „anzudienen“. den Blick auf die „Euphorie der ten Beziehung, deren Krisen vor schienen im Simplicis- baren Nachkriegszeit, von dem es Die existentielle Erfahrung von Wende“, die Aufbruchsstimmung allem dem Egoismus des Mannes simus unter seinem Pseu- heißt: „Er hatte überlebt und er Todesnähe im Sommer 1974 in einer basisdemokratisch orientier- und deren letztliches Gelingen vor donym Emanuel, in ihre wollte leben.“ Und der nach jeder Bulgarien schloss dann für die ten Bürgerbewegung ebenso wie allem der Verständnis- und Ver- schöne, von Thomas M. Möglichkeit greift, die sich ihm Zukunft eine solche Haltung prin- für die Beschreibung der desillu- zichtsbereitschaft der Frau zu ver- Müller kongenial illu- bietet oder bieten könnte. Der im zipiell aus. Der aus dieser Kon- sionierenden Wirkung, die bald danken gewesen sind. „Wir haben strierte, Anthologie Mit Osten am Neulehrerkurs teil- stellation erwachsene Roman Tod danach Begegnungen „mit Bun- dreißig Jahre gebraucht, um zwan- einem Reh kommt Ilka nimmt und zugleich den – aller- am Meer rief heftige Kontrover- desdeutschen Spitzenpolitikern“ zig Jahre glücklich zu leben“ –lau- ins Merkur. Leipziger dings misslingenden – Versuch sen hervor – bis hin zu einem für den Autor gehabt haben. tet das Fazit dieser wahren Ge- Gedichte auf. Sie werden unternimmt, in Freiburg im Breis- Protest des damaligen sowjeti- Gleichermaßen bemerkenswert schichte, die zu den eindrucksvoll- wohl nichts dagegen gau trotz fehlendem Abitur das schen Botschafters bei Erich Hon- und beeindruckend ist, wie Hei- sten Texten gehört, die Werner haben, wenn es für das gewünschte Medizinstudium auf- ecker. Von nun an zählte Heidu- duczek die kritische Beobachtung Heiduczek geschrieben hat. Buch aus der Connewit- zunehmen. Es sind eben nicht sel- czek zu den Autoren der DDR- seiner Umwelt stets mit einer • KLAUS PEZOLD zer Verlagsbuchhandlung ten eher zufällige Konstellationen Literatur, die ihre kritische Sicht ebenso kritischen Selbstbeob- Werner Heiduczek: Die Schat- wirbt: gewesen, die über deutsche Bio- gesellschaftlicher Pro-bleme ohne achtung verbindet. Eigene Ver- ten meiner Toten. Eine Auto- grafien in der zweiten Hälfte des Rücksicht auf Verzögerungen bei säumnisse und auch eigenes Fehl- biographie. Faber & Faber. Under anderm ooch... 20. Jahrhunderts entschieden ha- der Veröffentlichung oder auf verhalten werden nicht hinter ge- Leipzig 2005. 408 S., geb., 24 An Leibdzich ben. Aus Werner Heiduczek unerfreuliche Reaktionen danach sellschaftlichen Umständen ver- Euro. reibd sich Pfui Deifel andolf Scherzer, den Jour- die Sadire, nalisten aus der ehemaligen Wo Ost und West zusammenprallen ... aber die Stadt autonomen Gebirgsrepublik hat L Suhl, braucht man lesefreudigen dacht, die Schulleiter halfen beim ihre Bürgern kaum vorzustellen. Er hat Verteilen – und waren am Ende Vorzieche – ohne seine Fans. Und seine abenteuerli- wohl selbst schockiert. Zweifel! che Wanderung auf den 440 Kilo- Nein, es gibt reichlich Beispiele metern Grenzstreifen zwischen für ein Zusammenwachsen. Und Was wird da alleene Thüringen, Bayern und Hessen doch immer wieder Erschrecken- für Geist betrieben! kann ihm nur noch weitere be- des: „... Es gab drüben nach 1989 Wemm'r den betracht't, scheren. Nicht nur wegen der Be- keine Entsozialisierung wie bei uns meine Lieben, harrlichkeit, in jedem Ort beim nach 1945 die Entnazifizierung. In da saacht m'r dreist: ersten Haus links zu klingeln; vor Rumänien hat man da besser auf- Alle Dichtung allem, weil er ein lebendiges Zeug- geräumt. Ceausescu und die ganze der neien Richtung nis ablegt von einem sich bal- Bande wurden eben umgebracht, is in Leibdzich zur Welt lenden sozialen Sprengstoff ... weggemacht ... Es ist noch net alles gebracht Ich jedenfalls beginne auf Seite so, die Einheit gell ...“ un fludet nu los 117 endlich – nachdem ich vor- Tja, sowas kommt von sowas. und schwingt schnell gedacht hatte, nun könnte Nur ein einziges Mal hat sich Scherzer auf seiner Grenz-Wanderung fah- Wenige Seiten vorher hatte Scher- ren lassen sich hoch. eigentlich nichts Neues mehr pas- zer lakonisch einen 14jährigen Leibdzich is ooch – sieren – Sätze zu markieren. Als schon Anfang der 60er, um sich dort in die LPG ging, wo sie, das Grenzbesucher aus Frankfurt/Main unbedingt!! erstes das eher nebensächliche mit Lederpumps in allen Farben weiß ich nicht genau, wenig oder wiedergeben, der in der Schule ge- Zitat: „Und dort guckt eine Frau einzudecken. Ich selber, modebe- gar nichts gearbeitet hat, also rade das von „Hitler und Hon- aus dem Fenster, erkennt wohl an wusst wie ich immer schon war wenn die sich hinstellt und sagt: ecker“ dran hat. das Gesaachte unserem Aussehen – ich trug farb- ... Nun ja. Landolf Scherzer ist ,Das steht uns doch auch alles zu!‘ Weh tut vor allem, was so mancher beweist es –: lich passende feine Lederhand- klüger. Er wandert einfach weiter. und die bekommt mehr Rente als von der Ostseite der Grenze zu be- schuhe zu meiner Winterjacke –, Sammelt neue Sprüche. Schreibt ich ... Nein, das kann doch nicht richten hatte, von der Arbeitslosig- enne Medrohboohle daß wir aus dem Wes-ten kommen sie auf. Verkneift sich überkluge sein. Kein Pfennig hier bei uns ein- keit (die allerdings längst auch auf des Geistes! und lädt uns ein, von ihrem selbst- Kommentare. Obwohl er manch- gezahlt, aber nun sagen: ,Das steht der Westseite um sich greift), den gebackenen Kuchen zu kosten. So mal ganz zufällig dann doch auf uns auch zu!‘“ zerstörten Hoffnungen, den vielen Simplicissimus, was hatten wir noch nie erlebt Leute trifft und sie zitiert, deren Richtiggehend fröstelnd aber ma- Versuchen, sich nicht aufzugeben München, Nr. 40 v. 3. ...“ Klar! Erzählungen die besten Kommen- chen arrogante, ja gefährlich ... Was für ein Geschichtsbuch! Ein 31920 Aber, Asche aufs Haupt, ich hätte tierung zu vorher Gesagtem sind. dumme Meinungen von Gymna- echter Scherzer eben. mich zuerst über diese Westtante Gar nicht um Nebensächliches siasten über ihre Altersgefährten • M. WARTELSTEINER aufgeregt und erzählt, dass die geht es bei solchen (wiederholten) auf der jeweiligen anderen Seite Landolf Scherzer: Der Grenz- • WOLFGANG U. West-Freundinnen meiner Mutter Aussagen: „ .. wenn ich überlege, der einstigen Grenze. Landolf Gänger. Aufbau Verlag Berlin, SCHÜTTE nur zu gerne in die DDR kamen, daß eine Frau aus dem Osten, die Scherzer hat sich Fragen ausge- 2005. 394 S.. 19,90 Euro LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 BÜCHER • 19

Karl Lamprecht, Thomaskantor Entblößung der politischen Justiz Günter Ramin, Richard Lipinski Erlebter Krieg riedrich Wolff, u. a. bekannt zu delegitimieren“, DDR und (SPD), Kurt Roßberg (KPD), ie Zwenkauerin Ellen Fals Verteidiger in zahlrei- Nazistaat unter einen Hut zu Fußballtrainer Alfred Kunze, DFritsch beschreibt für sie chen politischen Prozessen, dar- bringen. Getreu dieser Vorgabe Komponist Robert Schumann, wichtige Lebensjahre. Im Vor- unter gegen Walter Janka, Gün- heißt es dann: DDR gleich Un- OBM Otto Georgi und Archi- wort sagt sie: „Vor 60 Jahren ter Guilleaume, Erich Honecker, rechtsstaat, BRD gleich Rechts- tekt Kunz Nierade wurden die Konzentrationslager Hans Modrow und Werner Groß- staat. Letzteren Begriff habe die An stadtgeschichtliche Ereig- Auschwitz, Sachsenhausen, Bu- mann, beleuchtet die politische BRD nach eigenem Bedarf defi- nisse erinnern Beiträge zum chenwald und andere befreit. Justiz in beiden deutschen Staa- niert und sich selbst verliehen. Neubeginn der Universität Leip- Vor 60 Jahren wurde die Stadt ten und vor allem die juristische Dennoch fehlte es auch in der zig 1946, zur Gründung der Dresden bombardiert ... Vor 60 Vergangenheitsbewältigung BRD nicht an der Ermahnung, SED 1946, zur Eröffnung des Jahren wurde der Krieg beendet nach dem 3. Oktober 1990. Er so bei Jutta Limbach, sich davor jüdischen Altersheims 1931, ... Bei all diesen Gedenktagen geht den Fragen nach: War die zu hüten, die Justiz in den zum Deutschen Fußballmeister fällt mir ein, dass auch ich ein DDR ein Unrechtsstaat, die Dienst der Politik zu stellen. VfB Leipzig 1906, zum Bau- ganz persönliches Jubiläum zweite deutsche Diktatur? Und Insgesamt gibt Wolff einen kom- beginn des Stadtteils Leipzig- habe, denn vor 60 Jahren, ge- war bzw. ist die BRD ein petenten Überblick zum Ver- Grünau 1976, zur Geburt des nau am 31. Mai, kehrte ich aus Rechtsstaat? hältnis von Politik und Justiz in Buchhandelsriesen LKG 1946, dem Krieg zurück.“ Sein Fazit: „Wir sind nicht ein Deutschland, „vom Schieß- Leipziger zur Gründung des Zentralinsti- Sie erzählt von einer unbe- Volk, jedenfalls nicht politisch, befehl Friedrich Wilhelms IV. tuts für Jugendforschung 1966, schwerten Kindheit, die sie nicht sozial.“ Und er spitzt zu: bis zum ,Schießbefehl‘ Erich Jubiläen zur Eröffnung des Stadtbades noch während des Krieges ver- „Die westdeutschen Richter Honeckers“. Er weist nach, wie unmehr zum dritten mal in 1916, zur Einweihung der Kon- lebte. Die deutschen Soldaten haben kein Recht, im Namen Straf-, Zivil-, Verwaltungs-, ja NFolge hat der Leipziger gresshalle am Zoo 1946 und des versetzen Europa fernab ihrer der Ossis über Ossis und deren selbst Arbeits- und Sozialrecht Lehmstedt Verlag seinen histo- Stadions der Hunderttausend Heimat in Furcht und Schre- Rechte zu urteilen. Sie haben in den Dienst der Delegitimie- rischen Kalender vorgelegt., der 1956, zur Eröffnung des „Gro- cken, lassen ganze Länder in kein Mandat der Ossis, ihnen rung der DDR und seiner Funk- sowohl Taschenkalender als ßen Concerts“ im Gewandhaus Elend versinken. Noch spürt sie fehlt die Legitimation.“ Die im tionsträger gestellt wurden. Der auch Stadtchronik, Lesebuch 1781 und zur Eröffnung des nichts vom Grauen. Konfirma- Namen des Volkes geführten Autor versteht sein Buch als ei- und Nachschlagewerk ist. Dazu Neuen Gewandhauses 1981, um tion, Tanzstunde. Doch dann der Prozesse über DDR-Handlun- ne „Erwiderung auf die größten tragen neben den rund 600 ge- nur einige zu nennen. Vorgeschmack auf Künftiges: gen werden den Kriterien der und häufigsten Angriffe“ gegen nannten runden Jubiläen der Bewährte Autoren bürgen für Drei Monate Kriegseinsatz. Ei- Europäischen Menschenrechts- die gesellschaftlichen Verhält- Stadtgeschichte vor allem 51 es- inhaltliche Solidität und sprach- ne Arbeit im Kindergarten lässt konvention, die ein unpartei- nisse in der DDR. sayartige Kalenderblätter bei. liche Gediegenheit. Der Kalen- sie noch einmal in scheinbare der ist als Weihnachtsgeschenk isches Gericht und einen fairen • KURT SCHNEIDER Aus den personengeschichtli- friedliche Geborgenheit eintau- Prozess verlangen, nicht ge- chen Beiträgen sind unter ande- bestens geeignet. • K. SCH. chen, ehe sie die ganze Wucht recht. Die Justiz folgte, wie Friedrich Wolff: Einigkeit und rem zu nennen die zu Meister- Leipziger historischer Kalen- des Krieges trifft. Vorahnungen Wolff belegt, der Aufforderung Recht. Die DDR und die deut- fotograf Günter Rössler, Schau- der 2006. Lehmstedt Verlag, auf Kommendes bekommt sie, des damaligen Bundesjustizmi- sche Justiz. edition ost, Berlin spieler Günter Grabbert, Verle- Leipzig 2005. 224 S., 49 Abb, als sie einen Gleichaltrigen nisters Kinkel „das SED-Regime 2005. 192 S., 12,90 Euro ger Gotthelf Teubner, Historiker Festeinband. 9,90 Euro trifft, das Bein zerschossen, auf Krücken vor ihr herhumpelnd. Und ein früherer Mitschüler ist ach der Oktoberrevolution schen Pädagogen befassten. gefallen. Dann ist sie mitten- 1917 und dem Bürgerkrieg, Zeitgleich lernte er Erziehungs- N drin. Einberufung zum Arbeits- in Russland herrschten Hunger, Auf Makarenkos Spuren versuche in anderen Bundeslän- dienst. Und später dann Flak- Not, Chaos. Menschen irrten Makarenko. Ab 1920 leitete er in Moskau begegnen ihm in den dern kennen, begegnete Erzie- helferin an der Ostsee, in unmit- durch das Land, Kinder und Ju- die Gorki-Kolonie, dann bis älteren Professoren jene „Volks- hern, Sozialarbeitern, Pastoren telbarer Nähe des Ravensbrü- gendliche rotteten sich zusam- 1935 eine Jugendkommune in erzieher“ aus den 20er Jahren. und jenen, die sich der Straßen- cker Nebenlagers des KZ Barth. men. Dem Ruf „Rettet die Kin- Charkow. Hier lebt er mit Wai- Ehemalige Zöglinge aus der kinder, der Mädchen und Jun- Bomben schlagen neben ihr ein, der, helft!“ folgend, suchten mu- sen und jugendlichen Straftä- Gorki-Kolonie sprechen vor den gen annehmen, die durch Alko- sie ist ständig von Tod und tige Pädagogen, diese Heimat- tern zusammen. Erst später Studenten, erinnern an „ihren“ hol und Drogen gefährdet sind. Verderben umgeben. Einen brei- losen zu retten. Sie nahmen sich schrieb er seine Erfahrungen nie- Anton Semjonowitsch mit Wär- Befragt nach ihren Intentionen, ten Raum nimmt die Zeit vom ihrer an, gaben ihnen Unter- der. In seinem Buch „Weg ins me und mit Achtung. verweisen sie auf Makarenko. Kriegsende bis zur Ankunft im kunft, Kleidung, besorgten Nah- Leben“ schildert er die Metho- Nach seinen Studium war Edgar Der Anhang der Schrift enthält elterlichen Hause ein. rung, brachten sie in verlasse- den des Einwirkens auf die Günther ab 1954 als Lehrer tä- ein Verzeichnis der in dei DDR Ellen Fritsch hat eine kleine Er- nen Gutshöfen unter. Sie arbei- Heranwachsenden: Die jungen tig, später an der Akademie der publizierten Werke Makaren- zählung vorgelegt, die vor allem ten mit ihnen auf Feldern, im Menschen reifen im Kollektiv, Pädagogischen Wissenschaften kos. • FROHWALD NAUMANN für junge Menschen lesenswert Wald, in Werkstätten. Nach ih- durch die gemeinsame Arbeit. der DDR. Er war beteiligt an ist. Hier ist der Krieg von einer ren vagen Vorstellungen von Das Buch erschien in der DDR der Übersetzung und Heraus- Edgar Günther Schellheimer: Betroffenen beschrieben aus der einer neuen Gesellschaft erpro- schon in den 50er Jahren. gabe der Werke Makarenkos in Makarenko in meinem Leben. naiven Sicht der manipulierba- ben sie Formen des kollektiven 1951 begibt sich eine kleine Berlin und Moskau. Ein Beitrag zur Makarenko- ren Deutschen. • A. P. Lebens. Solche Enthusiasten Gruppe deutscher Studenten auf Nach der „Wende“ suchten er Rezeption in der DDR und im galten schon in den 20er Jahren die Reise in die Sowjetunion. und seine Freunde Kontakt zu geeinten Deutschland. NORA Ellen Fritsch: Mädchen im als Wegbereiter einer neuen, Edgar Günther ist einer von ih- Kollegen der Universität Mar- Verlagsgemeinschaft Dyck & Krieg. Bülten-Verlag, Kücken- einer sozialistischen Erziehung, nen. Während des Studiums an burg, die sich seit den 70er Jah- Westerheide, Berlin 2005. hagen 2005. Broschur. 45 S., so auch Anton Semjonowitsch der Pädagogischen Hochschule ren mit dem Erbe des sowjeti- 139 S., 13,50 Euro 7,40 Euro

as Buch ist die leicht ver- kutiert, wobei diese Pläne am Dänderte Fassung der Dis- Verfassungsdiskussionen in Sachsen weitesten in Hessen gediehen sertation Frackowiaks, die am waren, wo SPD und KPD eine 3. Juni 2003 an der Universität und die „Verfassungen der SBZ reich. Er vergleicht die Verfas- und Hessen Ähnliches und Mehrheitsposition innehatten.“ Leipzig abgenommen worden als nicht ernst zu nehmende sungsdiskussion in Sachsen Gleiches erörtert wurde, wobei Zwar gelangten entsprechende war. Prof. Dr. Bramke hat die Täuschungsmanöver von So- nach 1918 mit der nach 1945 Hessen stärker Ideenspender Artikel (bis heute) in die hessi- Arbeit umsichtig betreut und wjets und SED“ diffamieren. nach inhaltlichen Gesichts- war als Sachsen. sche Verfassung, aber die Be- ihren Druck gefördert. Totalitarismusforscher verord- punkten. Beachtenswert ist die Beispiel Sozialisierungsdebatte: satzungsmacht verhinderte de- Das Buch verarbeitet die Lite- nen, wie das Geschehen nach Ähnlichkeit und Kontinuität vie- Frackowiak wählt zwei Ver- ren Umsetzung. Der entschei- ratur zur Verfassungsdiskussion 1945 (nicht nur in Sachsen) zu ler Fragestellungen, obwohl gleichsebenen, die nach 1918 dende Akt der „Sozialisierung“ in Sachsen in hervorragender werten ist: Nur der Begriff kom- nach 1918 keine sowjetische und nach 1945 und die zeitglei- war in Sachsen der Volks- Weise. Es erschließt erstmalig munistische „Diktaturdurchset- Besatzungsmacht „diktierte“. che Diskussion in Sachsen und entscheid vom 30. Juni 1946 in diesem Umfang und in dieser zung“ ist politisch „korrekt“. Ebenso informativ ist der Ver- Hessen nach 1945. Was ergibt über die Enteignung der Kriegs- Qualität den Aktenbestand, der Auf dem Hintergrund dieser gleich der Verfassungsdiskussi- sich: Nach 1945 knüpfte die und Naziverbrecher. Er hat, wie die Diskussion nach 1945 wi- Diskussion erhält die Studie on in Sachsen mit der in Hes- „Sozialisierungs“debatte an die Frackowiak urteilt, die strengen derspiegelt. Es folgt nicht dem Frackowiaks ihre besondere Be- sen. Die „Vergleichsfolie“ Hes- Erfahrungen von 1919/20 und Anforderungen der Weimarer Totalitarismus-Schema, son- deutung. Sie bedient den ver- sen ist für den Verfasser gerade- die Weimarer Republik an, ins- Verfassung erfüllt. dern hält sich an die Fakten. ordneten Zeitgeist nicht, son- zu prädestiniert, „zumal die besondere an deren Verfassung. • HORST SCHNEIDER Frackowiak widerlegt jene, aus dern bleibt der klassischen Ar- Verfassungsdebatte dort in einer Und im Westen? „Vielmehr deren Perspektive „die sächsi- beitsmethode des Historikers freieren Atmosphäre als in der wurde auch in den westlichen Johannes Frackowiak: Ver- sche Verfassung von 1947 als treu: Der Autor hält sich an die SBZ stattfinden konnte.“ Auch Besatzungszonen über die Sozi- fassungsdiskussion in Sach- bloßes Durchgangsstadium in Fakten und vergleicht. Seine Me- die „freiere Atmosphäre“ änder- alisierung von Schlüsselindus- sen nach 1918 und 1945. Böh- die nächste Diktatur“ erscheint thode ist originell und ertrag- te nichts daran, dass in Sachsen trien und eine Bodenreform dis- lau Verlag, Köln 2005. 367 S. 20 • FEUILLETON LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

icht viele deutsche Städte besitzen Neine so reiche Musiklandschaft wie Edvard-Grieg-Gedenk- und Leipzig. Das einzigartige ist, dass diese Aus für Landschaft von Bürgern der Stadt ge- schaffen wurde, nicht auf Wunsch oder Begegnungsstätte eingeweiht Kunstkaufhaus Befehl eines Fürsten oder Königs. So kann Leipzig auf die ältesten bürgerli- mit Musiksalon kann sich die Stadt nun alljährlich mehrere Wochen oder Monate Wollte man zutreffende Attribute chen Einrichtungen von dauerndem Be- mit ihm zieren. weilte. Auch hier erfolgte die (noch im suchen und finden zur kürzlich in stand in Deutschland verweisen: Thoma- Noch schwieriger gestaltete sich die Gang befindliche) Restaurierung des Leipzig verstorbenen Galeristin Gerda nerchor, Oper, Gewandhaus, Konser- Restaurierung des Hauses in der Insel- maroden, einst stattlichen Gebäudes Viecenz, so böten sich Worte an, wie vatorium, Rundfunk-Sinfonieorchester. straße 18, in dem Robert und Clara durch den neuen privaten Besitzer im sehr präsent, grossherzig und leiden- Seit zwei Jahrzehnten tut sich Leipzig Schumann 1840 bis 1844 lebten. Ohne Zusammenwirken mit einem gemeinnüt- schaftlich. Tatsächlich war die 1944 nun auch mit Museen und kleinen das Engagement der neuen Besitzer wäre zigen Verein, dem Verein „Edvard-Grieg- Geborene, eine Frau, die bestrebt war, Musiksälen hervor. Begonnen hat das - das Haus weiter verfallen. So aber fand Gedenk- und Begegnungsstätte“ und Naheliegendes zu denken und zu tun, staatlich entschieden gefördert – 1985 die Clara-Schumann-Musikschule eine dem Norwegischen Generalkonsulat in während sie sich zuständig wusste für mit dem Einzug des Bach-Archivs in das würdige Heimstatt. Für die Gestaltung Leipzig. Auch hier bleibt die Gestaltung fremdes Leid und fremdes Schicksal. Bosehaus gegenüber der am Thomas- des Musikalons und zweier angrenzender dem unermüdlichen persönlichen Einsatz Die 61 -jährige verlor nun den Kampf kirchhof für Konzerte. Mit dem Men- Museumsräume erwarb sich der Robert- engagierter Mitglieder zu verdanken, die gegen Krebs, sie, die sich engagierte delssohn-Haus in der Goldschmidtstraße und-Clara-Schumann-Verein mit Prof. sich um Prof. Dr. Hella Brock als Ver- für die (bildende) Kunst in der Region 12 taten sich schon die DDR-Behörden Dr. Hans-Joachim Köhler, Dr. Petra einspräsidentin und Norbert Molkenbur und weit darüber hinaus. Ihr Kunst- schwer. Nur dank dem unermüdlichen Dießner und weiteren unermüdlichen scharten. Was wäre Leipzig ohne all kaufhaus sucht Seinesgleichen in der Einsatz Kurt Masurs, vieler Sponsoren Mitgliedern bleibende Verdienste. diese uneigennützigen Bürger auch auf Welt. 1997 rief sie es ins Leben. Zu- und Helfer konnte das abgewirtschaftete Nun erhielt Leipzig Anfang November anderen Gebieten? Ob sich endlich auch nächst in Leipzig-Mockau. Ab Mai Haus für eine internationale Stiftung einen weiteren Raum als Musiksalon und ein Investor und Bürger für den Erhalt 2000 fand das Haus in Plagwitz sein erworben und restauriert werden. Seit der Begegnungsstätte im ehemaligen Hause des Geburtshauses von Hanns Eisler in Domizil. Im Januar dieses Jahres dann Einweihung am 150. Todestag Mendels- des Verlages C. F. Peters, in dem der nor- der Hofmeisterstraße finden? die Nutzung einer etwa 1000 Qua- sohns am 4. November 1997 als Museum wegische Komponist Edvard Grieg fast • WERNER WOLF dratmeter großen Fläche in der Nähe des Hauptbahnhofes. Gerda Viecenz, fand ihre politische Heimat bei Bündnis 90/Die Grünen. Ein Jahr neues Bildermuseum Viele Funktionen wären zu benennen, Seine Bücher leben weiter Die Leipziger feierten Anfang Dezember das einjähri- niemals sah sie auf die Uhr, wenn es Zum Tod von Helmut Sakowski ge Bestehen des Neubaus des Museum der bilden- darum ging sich zu engagieren für den Künste. Ohne Pomp. Dafür mit Stil. Bis in die andere, selten nahm sie ein Blatt vor späten Abendstunden konnten bei freiem Eintritt die den Mund, wenn es galt einzutreten Er hat sich in die Herzen der Stephan, Lene Mattke, Gertrud atemberaubende wie durchaus umstrittene Ar- für ihr Lebenswerk, an dem viele Menschen geschrieben. Er Habersaat, Emil Kalluweit – chitektur und vor allem die unzähligen Schätze be- Menschen partizipierten, teilhatten nahm uns mit auf die Wege wir litten und lebten und hoff- wundert werden. Über 200 000 Besucher sind dem und -haben. übers Land, das seine Liebe ten und bangten mit ihnen. Ruf des neuen Domizils seit der Eröffnung gefolgt. 2004 überrreichte ihr Georg Milbradt war. Er machte uns mit Daniel Er ist von uns gegangen. Hel- Eine stolze Zahl. Sie belegt die Anziehungskraft der das Bundesverdienstkreuz. Sie nutzte Druskat bekannt, zog uns in mut Sakowski starb am 9. De- Leipziger Sammlung. Ein Raum für die Kunst im die Gunst der Stunde, um hinzuweisen die Dörfer und Wälder und zember 2005. Herzen der Stadt. Ein Gegenpol zu den Konsum- auf die oft missliche Lage der Felder. Wie ein Vogel im • D. M. tempeln. Gewiss, es gibt noch Probleme. Erinnert sei Künstler, die Situation der Musen, die Schwarm reisten an die fehlende Glasverkleidung und die noch aus- immer stärker bedroht werden vom wir mit seinen Bü- stehende Randbebauung. Auch die Platzierung der Pragmatismus des Marktes. chern. Sein Schrei- Leipziger Schule um Mattheuer, Tübke und Heisig Gerda Viecenz war immer wieder ben war ihm sein im Keller ist -freundlich gesagt – unglücklich. Trotz daran gelegen, Künstlerinnen und Wagnis. Egal ob alledem: Wir freuen uns auf die nächsten Ausstellun- Künstler zu ermutigen, ihre Arbeiten im sommerlichen gen. • D. M. auszustellen in ihrem Kaufhaus, so Heidkau oder bei z.B. Aquarelle, Ölbilder, Zeichnun- der Geliebten des gen, Keramiken und Plastiken. Bis Hochmeisters. Rausch der Tüten zum Jahresende hatte die Galerie Und er resümierte: Die Parkplätze sind verstopft, die Einkaufszettel lang, 1200 Originale im Angebot von an- Mutig waren wir die Wägelchen und Tütchen und Beutelchen gefüllt. nähernd 300 Künstlerinnen und nicht. Wir landeten Prall und praller. Die Werbung hämmert kiloweise Künstlern, die zum größten Teil in in Klevenow, lern- täglich und minutenlang stündlich, gedruckt und als Leipzig wirken. Wie geht es nun wei- ten die Schwäne, Welle, in die Gehirnschale hinein in die Windungen. ter? Hochzeiten und Verheißungen werden gesendet, die Begehrlichkei- Alle, die das Kunstkaufhaus kennen, Erben kennen. ten entzündet. und ich zähle mich auch dazu, sind Käthe Lindner, Geiler Geiz. Schreie nach Sonntagsöffnung, Bettelei betroffen und traurig, dass es zum Grete, Staaf, Hil- nach Rund-um-die-Uhr-Verkaufsorgien. Jahresende geschlossen werden soll. de, Gomolla, Max Foto: privat Und die Gesichter der Plastiktütenträger? Sie sehen • HERMANN GERATEWOHL / M. Z. nicht glücklicher aus. • BERND SELLIN

er die letzten 20 Jahre lischen Vorbild) zu beenden.“ che, oder die einst am Leipziger am einem Sonntag- Damals war noch nicht die Rede Schauspielhaus engagierte Mo- Wabend noch nie zu FF dabei davon, dass inzwischen die nika Woytowicz spazierten lan- Gast in der „Lindenstraße“ war, Goethe-Institute viele Folgen ge Zeit erfolgreich durch die der darf das Folgende überlesen DER FILM- UND FERNSEH-LINK zur Sprachvermittlung nutzen, Lindenstraßen-Szenerie. – vielleicht auch ungläubig stau- dass sich Hunderte wissen- Wenn Mutter Beimer (Marie- nen. Ja, es gab und gibt hierzu- schaftlicher Arbeiten im Me- Luise Marjan) den Eierkarton lande Millionen, auch schon zu 20 Jahre Spiegelei und Pfanne dienbereich mit dieser Serie aus- öffnet und sich der Bratpfanne DDR-Zeiten, für die diese halbe einandersetzen. nähert, weiß der geübte Zu- Stunde in der ARD unverzicht- wusel. Selbst Edmund Stoiber Jahre später schon. Es geht hier nicht um die Rei- schauer:Helga geht`s wieder bar war und ist, gewissermaßen mutierte zum Fernsehkritiker „Manchmal sitze ich nach Be- chen und Schönen. Nein: Alter, mal nicht gut. Weil sie Spie- das Frühstücksei am Abend. und bemerkte 1988 in seiner sichtigung einer fertigen Folge Tod, Arbeitslosigkeit, Politik, geleier brät, wenn das Leben ihr Funktion als Bayrischer Staats- in meinem Sessel und bin glück- Wahlverhalten, Neonazis, Inte- mal wieder zu frustig wird. minister: „Wenn die öffentlich- lich wie ein Schneekönig-durch gration, Krankenpflege, Keuch- Kult oder Nicht-Kult, glühende Von MICHAEL ZOCK rechtlichen Anstalten die Her- das Produkt, an dem so viele husten, KZ-Sühnereise, Zivil- Verehrerschaft oder Desinteres- ausforderungen der neuen Me- Leute mitgestrickt haben.“ Ein dienst, Zölibat, Homo-Ehe...es se: Die Diskussion hat der Lin- dien bestehen und konkurrenz- Zitat des Produzenten. Als ich gibt nichts, was es in der Serie denstraße in den vergangenen Obwohl nicht nur die „Rhei- fähig bleiben wollen, dürfen sie Hans.W. Geissendörfer vor Jah- nicht gibt. Und es agieren da 20 Jahren keinen Abbruch getan. nische Post“ im Dezember 1985 nicht auf einer Lindenstraße in ren in Leipzig traf, gestand er keine schönen Deppen oder Und auch ich gehe sonntags nach den ersten Folgen anmerk- das Jahr 2000 marschieren.“ mir: „Nur wenn ein Unglück die gecastete Milchgesichter. Und zwischen 18.50 und 19.20 Uhr te: Miefiger Allerweltsrealismus Sicher es gab in jenen Jahren halbe Crew vernichtet, das wäre auch die Texte sind oft dem nicht ans Telefon. Sie dürfen mit schlecht eingefädelten Fa- gewichtigere Irrtümer, aber in- ein Grund diese erste deutsche wahren Leben abgelauscht. mich jetzt belächeln, oder sich milien- und Nachbarschaftsge- teressant sind solche Zitate auch Langlaufserie (nach einem eng- Ex-Academixerin Manon Stra- auch als Seher bekennen. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 FEUILLETON • 21

Der Weihnachtsmonat hat es kraftgeballt die Klavierkom- auch im Musikleben mit an positionen des großen Sinfoni- manchen Tagen mehreren kers. Konzerten in sich. Nur Weihnachtsmusiken, Mit Ausnahme der tief bewe- herrscht da – zum Glück – genden, vom Todesmarsch Da- eine ganz andere Stimmung chauer KZ-Häftlinge angeregten als in den Kaufrummelhäu- Klaviersonate „27. April 1945“ sern. Es gibt noch genügend Karl Amadeus entstanden alle anderen Klavier- Leute, die sich der Besin- musiken vor 1933. Bei diesen nung widmen, ob nun kirch- musikantischen, rhythmisch lich gebunden oder nicht. akzentuierten Stücken schauten Keine andere deutsche Stadt Hartmann und Mozart dem damals noch nicht 30- kann so viele Aufführungen Jährigen ab und an noch Stra- von Bachs Weihnachts- winsky und Hindemith über die Oratorium verzeichnen wie und eine Geburtstagsmatinee für Armin Mueller-Stahl Schulter. Doch deren Musizier- Leipzig. Und auch die An- kraft fesselt unmittelbar. Ebenso zahl anderer vorweihnachtli- rungen des Händelschen „Mes- Johann Schelle, Sebastian ten die Gewandhausbesucher stark beeindruckten das im cher Konzerte ist in Leipzig sias“ mit dem Gewandhaus- Knüpfer und Johann Kuhnau. leider verzichten. Deren Sym- zweiten Konzert von Mitglie- enorm. Kammerchor (in Mozarts Be- pathien erwarb mit gänzlich dern der Kammerphilharmonie arbeitung) zu gehetzten Tempi. er MDR bescherte in anderem Programm der kurzfri- Felix M. unter Leitung Michael Nervös wirkende Dirigierbe- Zusammenarbeit mit stig gewonnene temperament- Köhlers das Quintett für Holz- wegungen ließen kaum all die DRadio Bremen dem 75 volle französische Dirigent und Blechbläser sowie die Von WERNER WOLF reichen Stimmungen des Werkes gewordenen Armin Mueller-Stahl Marc Piollet. Energisch erklang Burleske Musik für Bläser, aufkommen. Die historische eine bewegende Geburtstags- die Ouvertüre zu Mozarts Klavier und Schlagzeug. Da- Aufführungspraxis allein schafft matinee mit Kurt Masur als „Titus“, heiter gelöst und be- zwischen erinnerten die jungen das nicht, wenn nicht erfüllt Dirigenten. Launig und gelöst schwingt die Sinfonie Nr. 88 Musiker mit der verschmitzten ie drei Aufführungen der gesungen und musiziert wird. präsentierte der mit dem Sin- von Haydn und kraftgeballt die Palmström-Sonate an den von Thomaner mit dem Ge- Aus der Vielzahl der Konzerte fonieorchester „Till Eulenspie- „Erste“ von Brahms mit einem den Nazis aus Leipziger vertrie- Dwandhausorchester un- seien die des Leipziger Orato- gels lustige Streiche“ von Finaljubel wie in Beethovens benen Günter Raphael. Dessen ter Georg Christoph Biller sind rienchores und der Capella Fi- Richard Strauss. Zu Camille „Fünfter“. weiteres Schaffen fordert Auf- die gefragtesten. Sie kennzeich- dicinia unter Martin Krumbiegel Saint-Saens „Karneval der Tie- merksamkeit. net das immer neue Durchden- ausgewählt. Der Dirigent wählte re“ sprach der Jubilar pointiert ährend die beiden ken und Erfüllen durch den diesmal zur ersten Kantate des die Texte. Zwischendurch gab es großen Leipziger Or- aunig ging es auch im Thomaskantor. Dieses Jahr Weihnachts-Oratoriums die Beiträge von anderen Freunden, Wchester den 100. Ge- mehrmals aufgeführten wirkten manche Choräle, die Kantate 70a zum 2. Advent und und mit Beethovens Chorfan- burtstag von Karl Amadeus LMozart-Programm der Hirtensinfonie und einige Epi- die zum 3. Weihnachtstag aus. tasie (souveräner Solist Peter Hartmann übergingen, erinnerte Mendelssohn-Hochschule für soden nachdenklicher, besinnn- Diese beiden selten aufgeführ- Rösel) und einem Brahms-Lie- das Mendelssohn-Haus in sei- Musik und Theater zu. Zwi- licher als früher. Zudem beein- ten Stücke haben es neben der beslieder-Walzer als Zugabe nem Gartenhaus mit einer an schen engagiert gesungenen druckten die Solisten Ute Sel- ersten des Oratoriums zwar klang der festliche Vormittag in Dokumenten und Informationen Ausschnitten vor allem aus den big, Bogna Bartósz, Christoph nicht leicht, aber es lohnt schon, bester Stimmung aus. gewichtigen Ausstellung und Opern „Die Gärtnerin aus Genz und Andreas Scheibner. an sie zu erinnern. Das Konzert Auf die gespannt erwartete zwei Konzerten an diesen her- Liebe“ und „Idomeneo“ impro- Im Gegensatz dazu drängte der Capella Fidicinia erfreute Aufführung der zehnten Sin- ausragenden Komponisten. Zur visierten die Studenten Szenen Reinhard Goebel, der dieses mit Weihnachtsmusiken der vor- fonie Gustav Mahlers in der Eröffnung der Ausstellung spiel- und Geschichtchen aus Mozarts Jahr die Gewandhaus-Auffüh- bachschen Thomaskantoren Version Rudolf Barshais muss- te der Pianist Benedikt Koehlen Leben.

Anpfiff in der Neuen Szene tadionatmosphäre schon im Foyer der Die kommen von Fans und Ehefrauen, von SNeuen Szene: Bockwurst mit Toastbrot, Sportkommentatoren und Spielern. Vieles Bier aus Plastikbechern. Pünktlich zur WM- klingt vertraut. Regisseur Jan Jochymski ver- Auslosung gibt das Schauspiel Leipzig die meidet billigen Klamauk, spürt vielmehr den Parole aus: „Wir im Finale“ Die 2004 in Gewohnheiten und Marotten der Fußball- uraufgeführte Fußballcollage von Marc anhänger nach. Bettina Riebesel, Stephanie Becker bringt uns die tiefere Bedeutung, aber Schönfeld, Thomas Dehler, Matthias Hum- auch die Ironie und Doppelbödigkeit des mitzsch und Aurel Manthei wechseln cha- Ballsports näher. Der Lieblingsfernseh- mäleongleich die Rollen, mal Fan, mal Profi, couchsport der Deutschen im Prisma des immer mit einem Augenzwinkern. Auch für Theaters gebrochen – eine kluge Reihung von Nichtfußballfans bestens geeignet. Slogans, Phrasen und Gefühlsausbrüchen. • D. M.

Lachmesse extra Tom Pauls und Kollegen warten mit drei Paukenschlägen auf: Am 4. Januar lädt das ZWINGER-TRIO zu „Ilse Bähnerts 79. Geburtstag“. Da der Russe bekanntlich kein H aussprechen kann, gibt es am 6. Januar „Allotria im Russenpuff“ wenn uns Tom Pauls mit seinen Protagonisten Katrin Weber und Detlef Rothe DEUTSCHE KULTUR beibringen möchte. Das Stück Schwarze Augen darf man auf keinem Fall verpassen. Und am 8. Januar sehen wir letztmalig seinen großen Erfolg: „Zwiefach sind die Phantasien“ – ein Wilhelm Busch-Programm. Ort des Geschehens: Schauspielhaus Leipzig. Im Fanblock ist die Hölle los – Können wir es schaffen? Leipzigs NEUE verlost Freikarten. Nachfragen unter 9803988 am 30. (Matthias Hummitzsch, Stephanie Schönfeld, Thomas Dehler, Aurel Manthei; v.l.n.r.) Dezember, 19–20 Uhr. Foto: Rolf Arnold Schauspiel Leipzig 22 • GESCHICHTE LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

KALENDERBLATT Weihnachten 1946 widmete Victor Klemperer seiner Frau Eva aus Dankbarkeit Bereits die Willy Sachse für ihre Hilfe in den Jahren 1896–1944 1933 bis 1945 ein Buch mit Studien, die er unter der Vor 105 Jahren, am 7. Januar 1896, wurde der NS-Herrschaft heimlich Faschisten „säuberten“ Schriftsteller Willy Sachse in Leipzig geboren. angefertigt hatte. Es gibt Nach einer Mechanikerlehre wird er 1914 zur Ma- Einblicke in die Zeit, in der rine eingezogen und nimmt als Oberheizer auf dem die Faschisten ihn als Flaggschiff „Wilhelm der Große“ an der Skager- Jude verfolgten und die Gesellschaft von rak-Schlacht teil. Im August 1917 gehört er zu den demütigten, Klemperer Initiatoren des Matrosenaufstandes in der Kaiser- aber auch einmalige Studi- lichen Hochseeflotte. Mit vier Kameraden wird er en über die Sprache, die zum Tode verurteilt. Albin Köbis und Max Reich- Politik und den Terror des „Systemnahen“ pietsch werden hingerichtet, Willy Sachse zu 15 Dritten Reiches verfasste. Jahren Zuchthaus begnadigt. Ein Beitrag beschäftigte Was für „rechts“staatliche Perspektiven haben viele im Osten Deutsch- Die Novemberrevolution 1918 bringt ihm die Frei- sich mit dem Missbrauch lands noch zu erwarten? heit. Er wird in Leipzig Mitglied des Arbeiter- und des Begriffs System aus Soldatenrates, tritt der USPD und 1920 der KPD der Natur- und Geisteswis- bei und übernimmt Parteifunktionen in Halle/Mer- senschaft. setzte Belgien, Frankreich und die ßen. Maunz war nach 1945 Hoch- seburg und in Hamburg, später ist er als Kultur- Niederlande. Wer sich nicht der Stra- schullehrer, sieben Jahre Kultusmi- redakteur bei der Sächsischen Arbeiterzeitung in lemperer analysierte, dass der tegie der deutschen Faschisten unter- nister in Bayern, beriet ab 1988 die Leipzig tätig. 1926 sitzt er in Leipzig wegen „Vor- Begriff System von den Nazis warf, ein „neues Europa“ unter Füh- rechtsextreme DVU und den rechtsex- bereitung zum Hochverrat“ 7 Monate in U-Haft. immer im Zusammenhang mit rung des deutschen Reiches zu errich- tremen Verleger Frey. Seine erste schriftstellerische Arbeit „Deutschlands K der Weimarer Verfassung, der Weima- ten, wurde als Anhänger des westli- Viele Mitarbeiter des Reichssicher- revolutionäre Matrosen“, verfasst unter dem Pseu- rer Republik und einer bürgerlich-de- chen Systems denunziert, verfolgt und heitshauptamtes der SS saßen im Bun- donym Anti-Nautikus und mit einem Vorwort von mokratischen Ordnung genutzt wurde. auch durch Massenerschießung auf deskriminalamt oder in den Landes- Ernst Thälmann versehen, diente als Grund. Die Nationalsozialisten waren schärf- Befehl der Wehrmachtskomman- kriminalämtern, die Masse der NS-Ju- 1928 wird Willy Sachse wegen „Opportunis- ste Gegner einer liberalen und demo- danten beseitigt. risten sprach wieder Recht oder lehrte mus“ aus der KPD ausgeschlossen. Er lebt in Goebbels erste Rede in der Buchstadt an Hochschulen, die großen Medien Leipzig, Bitterfeld und zuletzt in Berlin. Von Leipzig im März 1933 richtete sich wurden von Medienexperten des SD 1934 bis 1936 erscheinen von ihm mehr als 12 Von OTTO SEIFERT hauptsächlich gegen Liberalismus, und von Goebbels unterwandert. Bücher: Reiseschilderungen, Trampgeschichten Individualismus und die Errungen- Aktuelle Geschehnisse provozieren und Essays. Die Titel werden sowohl unter sei- schaften und den Geist der französi- die Frage: Griffen diese Altnazis und nem bürgerlichen Namen als auch unter dem kratischen Gesellschaft. Auf der Liste schen Revolution. Der spätere SS- ihre Schüler nach 1989 auf die Spra- Pseudonym Jan Murr veröffentlicht. Unter dem des propagierten „Abscheus“ des deut- General Prof. Reinhard Höhn, Füh- che des Dritten Reiches und auch auf Signum Hein Snut veröffentlicht er 1934/35 die schen Faschismus stand nach Klem- die faschistische Praxis zurück, das vom Verlagshaus Freya in Heidenau bei Dresden perer das „System“ an der Spitze. In verbriefte Recht des Individuums auf- editierte Heftserie „Claus Timm – Der Held aus der Sprache des Dritten Reiches tauch- Auf der Liste des propagierten zuheben? Wurde beides erneut für Kamerun“. 1935 beginnt seine neue Heftserie ten davon abgeleitet mehr und mehr „Abscheus“ des deutschen Herrschaft und Manipulation gegen „Alaska Jim –Ein Held der kanadischen Polizei“, „Systemanhänger“, „Systemjuden“, Faschismus stand nach Klempe- verschiedene Gruppen von Menschen die bis zur Nummer 102 unter dem Pseudonym „Systemnahe“, „Systemverbrecher“, rer das „System“ an der Spitze. In genutzt? Big Ben erscheint. Mitte 1939 werden die Hefte oft im Zusammenhang mit „Novem- der Sprache des Dritten Reiches Schließlich wurden in den neuen Bun- 103–226 von Fritz Barthel und Lisa Winkler berverbrecher“, als zu vernichtende tauchten davon desländern, aufbauend auf Höhn und unter dem Pseudonym F. L. Barwin fortgesetzt. Gegner auf. Unter dieses Feindbild abgeleitet mehr und mehr Maunz und der von ihnen begründeten Willy Sachse war aus der Reichsschrifttumskam- fielen Marxisten, Pazifisten, Liberale „Systemanhänger“, „Systemju- NS-Rechtserneuerung, Bürger erneut mer ausgeschlossen worden und hatte Schreib- und andere Befürworter einer bürger- als „Sytemnahe“ kollektiv ausge- verbot erhalten. den“, „Systemnahe“, lich-demokratischen Ordnung. Schon grenzt. Diese Praxis fand, wie bisher 1940 bilden Willy Sachse, Josef („Beppo“) Rö- „Systemverbrecher“ ... auf. 1933 begannen die „Säuberungen“ nur im Faschismus, sogar Eingang in mer und andere in Berlin die Widerstandsgruppe unter Beamten, Angestellten, Künst- die Sozialgesetzgebung. „Revolutionäre Arbeiter und Soldaten“ (RAS), lern, Schriftstellern und auch Mitar- rungskraft des SD, hatte gemeinsam In Sachsen soll die Ausgrenzung für die insbesondere Flugblätter für die Front und beitern von Unternehmen. Einige mit Dr. Theodor Maunz und anderen in 55 Berufsgruppen aus Zeiten der DDR Rüstungsbetriebe herstellte. Vereint mit der kamen in KZ, andere wurden entlas- den „Grundfragen der Rechtsauffas- gelten. Der Katholik Dr. Kurt Bie- Gruppe um Robert Uhrig entsteht im September sen, „zurückgestuft“, vielen die Rente sung“ die Grundsätze faschistischer denkopf (CDU), einst nach eigenen 1941 die in der Geschichtsschreibung als „Rö- gestrichen oder gekürzt oder völlig aus Politik und die nationalsozialistische Angaben gefördert von einem SS- und mer-Uhrig-Gruppe“ benannte Widerstandsorga- dem öffentlichen Leben ausgeschlos- Rechtsauffassung verkündet, die die SD- „Säuberungsexperten“, soll – wie nisation, in der Willy Sachse einer ihrer führen- sen. Auch die Literatur, die Musik, das individualistische Auffassung ablöse Medien herausfanden – eine interne den Köpfe ist. Von -Spitzeln verraten, Theater und das gesamte geistige Le- und durch das Prinzip von „Volks- und eigene „Verwaltungsvorschrift“ fliegt die bis nach Bayern und Tirol reichende bern „säuberten“ die Nazis von „Sys- gemeinschaft und Führung“ ersetze. für Überprüfungen ehemaliger DDR- Organisation im Februar 1942 auf. Zusammen temnahen“. Als Österreich 1938 in das Das NS-Recht würde nicht mehr vom Bürger erlassen haben, die sich im mit mehr als 250 Mitgliedern – unter ihnen Willy „Reich“ eingegliedert wurde, wieder- Recht des Individuums ausgehen, son- „Freistaat“ bewerben wollen. Ein Gebel aus Leipzig – verhaftet, wird Willy Sach- holte sich dieses Vorgehen auch in den dern von „Rasse und Raum“ mit eigenartiger Umgang eines ehemali- se, der mehrere Zuchthäuser und die KZ-Hölle neuen „Gauen“. In wenigen Monaten „Gefolgschaft und Führung“. Sie gen CDU-Generalsekretärs und Strei- Sachsenhausen durchlebt, vom „Volksgerichts- waren alle Juden, anfangs insbesonde- erklärten zudem, dass die NSDAP das ters für eine geistige Wende mit den hof“ zum Tode verurteilt. Im Polizeigefängnis am re diejenigen, die für bürgerlich-demo- oberste Recht verkünde und der Führer Hoffnungen von Menschen im Osten Berliner Alexanderplatz erfährt er, dass sein ein- kratische Verhältnisse eingetreten und und die Partei im Recht und im Staat auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, ziger Sohn Werner an der Front gefallen ist. Am von den Faschisten auf Listen erfasst geistige Toleranz und Freiheit. 21. August 1944 wird er wie rund 30 seiner treu- waren, vernichtet oder vertrieben. Ein Treppenwitz: Wäre es denkbar, en Mitkämpfer im Zuchthaus Brandenburg-Gör- Dem folgte die „Säuberung“ der Be- dass sich der ehemalige Ministerprä- den hingerichtet. Kürzlich wurde bekannt, dass die amten, der Lehrerschaft, der Künstler, sident schon 1989 im Sinne der Aus- In Holzweißig (Landkreis Bitterfeld) wurde in den BfA den letzten Ministerpräsiden- Anwälte usw. Der NS-Gaudienst von schaltung der „Sytemnahen“ von ei- 70er Jahren in der Schulstraße ein Gedenkstein für ten der DDR, Lothar de Maiziére, Steiermark veröffentlichte zum Bei- nem verwandten Juristen aus dem Willy Sachse eingeweiht. Ein Kubus aus Feld- als „systemnah“ eingestuft und spiel ab März 1939 Übersichten über Westen „mit politischem Talent“, Tho- steinen im Forst von Prötzel (Landkreis Mär- die Rentenansprüche gekürzt fristlos entlassene Menschen, auf mas de Maiziére, Sohn eines Stabs- kisch-Oderland) trägt eine Bronzetafel, die darauf habe. halbe Be-zahlung gestufte, zurückge- offiziers mit Osterfahrung, beraten verweist, dass sich hier am 24. August 1941 illegal stufte, „in Ruhestand mit nur der Hälf- ließ? Rechtberater Thomas de Mai- 50 Antifaschisten der Robert-Uhrig-Gruppe trafen. te der Pension“ gesetzte, mit Kürzung bestimmen. Obendrein seien die Ver- ziére praktizierte schließlich alsbald Zu den vier namentlich Genannten gehört Willy von Pensionen um 25 oder 50 Prozent nichtung von Gegnern und deren Ein- als Staatssekretär in der CDU-Regie- Sachse. Eine Ehrung in seiner Geburtsstadt Leipzig versehene sowie in „Ruhestand ver- lieferung in KZ nicht über den Rechts- rung Mecklenburgs sowie als Minister ist nicht bekannt. setzte ohne Pension“. Im be-setzten weg aufhebbar, sondern nur durch die in Sachsendas Sozialstrafrecht. Christian Heermann, dessen Veröffentlichung in Luxemburg, das die Faschisten als Gestapo. Welche Politik wird der Jurist aus dem der Zeitschrift „Herbstblatt“ der Autor genutzt hat, neues Land in das Reich eingegliedert Nach 1945 leitete der SS-General Westen als engster Vertrauter von schreibt: „Für seine Bücher gab es keine Neuaufla- hatten, wurde selbst unter Arbeitern Höhn die von der Wirtschaft und dem Angela Merkel im Bundskanzleramt gen. Überlebt hat allein Alaska Jim durch die gesäubert und besonders „un- Staat geförderte Harzburger Akade- in Berlin praktizieren? Was für Reprints. Aber wer ahnt schon, welches dramati- belehrbare Systemanhänger“ der west- mie, 500 000 Kader wurden dort wei- „rechts“staatliche Perspektiven haben sche deutsche Menschenschicksal sich hinter Big lichen Demokratie und des Liberalis- tergebildet. Ihm zur Seite standen viele im Osten Deutschlands noch zu Ben alias Willy Sachse auftut.“ • K. SCHNEIDER mus „ausgeschaltet“. Es folgte das be- SS-Oberführer und andere NS-Grö- erwarten? LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 GESCHICHTE• 23

nton Ackermann, eigentlich Eu- angehört. Er ist Hauptautor des Aufrufs gungsparteitag von KPD und SPD am 21. nur uns, sondern auch sich selbst seine gen Hanisch, gehörte nach der der KPD an das deutsche Volk vom 11. und 22. April 1946 in Berlin annimmt. ,Wandlung‘ zu beweisen.“ Der Kalte ABefreiung vom Faschismus zu Juni 1945, in dem es heißt: „Wir sind der Hoch geschätzt waren die Vorträge und Krieg war voll entfacht und die KPdSU den allerorts bekanntesten Funktionären Auffassung, dass der Weg, Deutschland Vorlesungen Anton Ackermanns. Über befürchtete, dass die Arbeiterbewegung, der KPD und galt als ihr führender The- das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch seine Vorlesung zur Eröffnung des ersten wie in Jugoslawien und Polen bereits oretiker. Am 25. November 1905 in Thal- wäre, denn dieser Weg entspricht nicht Zweijahreslehrgangs an der Parteihoch- geschehen, statt dem stalinistischen Par- heim/Erzgebirge als Sohn eines Strumpf- den gegenwärtigen Entwicklungsbedin- schule „Karl Marx“ in Liebenwalde teikonzept zu folgen, generell eigene wirkers geboren, tritt er 1926 der KPD gungen in Deutschland.“ Orientiert wur- schreibt zum Beispiel : Wege gehen könnte. Damit war das poli- bei und wird bald darauf Bezirksleiter des de auf „den Weg der Aufrichtung eines „Die erste Vorlesung in Liebenwalde am tische Schicksal Anton Ackermanns als KJVD Erzgebirge/Vogtland. Von 1929 antifaschistischen, demokratischen Re- Donnerstag, 9. Oktober 1947, hat wohl des theoretischen Kopfes eines eigenstän- bis 1931 besucht er die Internationale gimes, einer parlamentarisch-demokrati- alle Hörer gleichermaßen begeistert. An- digen deutschen Weges zum Sozialismus Lenin-Schule in Moskau, an der er ansch- schen Republik mit allen demokratischen ton Ackermann referierte zum Thema besiegelt. ließend bis 1933 als Aspirant und Lektor Rechten und Freiheiten für das Volk“. ,Einführung in den Marxismus‘. Da wir Nach der Gründung der DDR wird er Im Auftrage des Sekretariats des ZK der uns allesamt als Marxisten fühlten, aber Staatssekretär im Außenministerium, wo er KPD verfasst er für die erste Nummer doch sehr diffuse Auffassungen davon 1951 die Auslandsaufklärung formiert. Mit Von KURT SCHNEIDER (Februar 1946) der neu gegründeten Ein- hatten, lauschten wir gebannt und dach- dem sowjetischen Berater Andrej Grauer heit den Grundsatzartikel „Gibt es einen ten, ähnlich wie es Hans Tammer in sei- befindet er sich im Dauerkonflikt. Statt besonderen deutschen Weg zum Sozia- nem Tagebuch vermerkte: ,Die erste Lekti- Zusammenarbeit erlebt er Vormundschaft, tätig ist. Zugleich ist er zeitweilig im lismus?“, der größtes Aufsehen erregte on ... hat einen gewaltigen Eindruck bei die ihn krank macht. Er tritt zurück und EKKI, dem Führungszentrum der Kom- und wesentlichen Einfluss auf den Ver- uns Schülern hinterlassen. Genosse Acker- schlägt Markus Wolf als seinen Nachfolger munistischen Internationale (KI), persön- einigungsprozess von KPD und SPD aus- mann versteht es, mit so präziser Sachlich- vor. licher Mitarbeiter von Fritz Heckert und übte. Gestützt auf die Auffassung W. I. keit und wissenschaftlicher Tiefe den Stoff 1953 wird Anton Ackermann, der als ein Wilhelm Pieck. Im März 1933 kehrt er nach Deutschland zurück. Bis Juli 1935 ist Ackermann poli- tischer Leiter der illegalen KPD-Be- Sowjetsystem passt zirksorganisation Berlin. Dann nimmt er am VII. Weltkongress der KI in Moskau teil und hat anschließend wesentlichen Anteil an der Vorbereitung des 13. Partei- nicht für Deutschland tags der KPD (Brüsseler Konferenz) im Oktober 1935, auf dem er das Referat Ein Beitrag zum 100. Geburtstag von Anton Ackermann „Der Kampf der Partei um die werktätige Jugend“ hält. Anton Ackermann, der den Blick auf eine „freie deutsche Jugendbe- Lenins, dass die Völker „nicht auf ganz zu behandeln, dass fast jeder Satz ein wegung“ richtet, verweist auf die Notwen- gleichem Wege“ zum Sozialismus gelan- Erlebnis ist.‘“ Und Wolfgang Leonhard, digkeit, dass sich der Charakter des KJVD gen werden, dass sowohl die historischen der lange Zeit unter der Leitung von Anton grundsätzlich ändern müsse. Das erfordere als auch die spezifischen nationalen Be- Ackermann gearbeitet hat, vermerkt : „Ich die „Überwindung seiner sektiererischen dingungen eines jeden Landes der sozia- schätzte ihn als den klügsten Kopf der Abgeschlossenheit“ und die „gründliche listischen Umgestaltung „ihre Eigenart“ Parteiführung, als den Einzigen, den man Abkehr von der sektiererischen Nachah- verleihen werden, weshalb der Sozialis- wirklich mit Recht als Parteitheoretiker mung der Partei“. Der Parteitag wählt den mus nicht als „Zukunftsbild in monoto- bezeichnen konnte.“ Dreißigjährigen zum Mitglied des ZK und nem Grau“ zu verstehen ist, erklärte An- Die 1948 auf Druck der KPdSU massiv Kandidaten des Politbüros der Partei. ton Ackermann: „In diesem Sinne müs- einsetzende Entwicklung der SED zu Kritiker Walter Ulbrichts galt, wegen Un- Ab Ende 1935 gehört er der Operativen sen wir einen besonderen deutschen Weg einer stalinistischen „Partei neuen Typus“ terstützung der innerparteilichen „Frak- Auslandsleitung der KPD an, die 1936 zum Sozialismus unbedingt bejahen.“ zwang auch Ackermann, sich „selbstkri- tionsbildung” von Rudolf Herrnstadt/Wil- nach Paris verlegt wird. Hier ist er bis Das war auch der Tenor seines beein- tisch“ von der Konzeption des „besonde- helm Zaisser als Direktor des Marx-En- März 1940 Mitglied des Ausschusses für druckenden Berichts „Der ideologische ren deutschen Wegs zum Sozialismus“ zu gels-Lenin-Stalin-Instituts beim ZK der eine Deutsche Volksfront. Im April 1940 Kampf der Partei“ an den 15. Parteitag der distanzieren. In einem am 24. September SED abgelöst. Im Januar 1954 erhält er als kommt er wiederum nach Moskau, wird KPD im April 1946. Er sieht den größten, 1948 veröffentlichten ND-Artikel „Über „Parteistrafe“ eine „strenge Rüge“ und 1941 Redakteur der Zeitung Das freie in der Vergangenheit oft begangenen Feh- den einzig möglichen Weg zum Soziali- wird aus dem ZK ausgeschlossen. Er wird Wort und 1943 Gründungsmitglied des ler darin, „einzelne Sätze Lenins und Stal- smus“ sagt er sich von seiner bisherigen Leiter der Hauptverwaltung Film im Mini- NKFD sowie Chefredakteur des NKFD- ins, die aus den Besonderheiten der Lage marxistischen Auffassung los und erklärt, sterium für Kultur. Wenn auch im Juli 1956 Senders Freies Deutschland. Wolfgang ihres Landes geboren wurden, schematisch dass diese Theorie ein „Zurückweichen rehabilitiert, wurde ihm keine zentrale Leonhard schreibt über Anton Acker- auf unsere ganz anders gearteten Verhält- vor der wilden antikommunistischen Funktion mehr übertragen. Lediglich ab manns Leitungsstil in dieser Zeit: Er nisse zu übertragen“. Er warnt: „Vor diesen Hetze“ bedeute. Seine Selbstkritik wirkt, 1958 noch als Mitglied und Abteilungslei- kehrte niemals den Chef heraus, „besaß Fehlern müssen wir uns hüten, wenn wir wie Zeitzeugen übereinstimmend berich- ter der Staatlichen Plankommission tätig, aber dafür echte Autorität. Es stand für nicht Schiffbruch erleiden wollen.“ Ganz ten, gequält und verbarg nur schlecht, wird er im Juni 1962 von allen Funktionen jeden außer Frage, dass seine Fähigkeiten in diesem Sinne spricht er über nicht weni- dass Kräfte von außerhalb eingegriffen entbunden. Der 57-Jährige lebt von nun an weit über die aller anderen Mitarbeiter ge Fehler der Partei, von der Notwendig- hatten. Der sonst so ruhige und souverä- als Parteiveteran. 1965, anlässlich seines herausragten.“ keit ihres „Umlernens“ vor allem in der ne Ackermann wirkte hektisch und über- 60. Geburtstages, erhält er den Vater- Am 1. Mai 1945 kehrt Ackermann als Stellung zur demokratischen Republik. reizt. „Es war zu spüren“, schreibt Her- ländischen Verdienstorden in Gold. Leiter der KPD-Initiativgruppe für Sach- Zusammen mit Helmut Lehmann (SPD) mann Weber in Erinnerung an Acker- Am 4. Mai 1973 wählt Anton Ackermann sen nach Deutschland zurück, wo er von hatte er die „Grundsätze und Ziele der manns Vorlesungen an der Parteihoch- – schwerkrank, vereinsamt und verbittert – 1946 bis 1950 dem Sächsischen Landtag SED“ verfasst, die der Vereini- schule, „wie sehr er sich bemühte, nicht den Freitod.

er obenstehende Beitrag zum Bewusst hatte er diesen Ort für sei- D100. Geburtstag von Anton Der tragische Weg des Anton Ackermann nen Freitod gewählt, „damit nicht Ackermann war bereits geschrie- mit ihm und seinem Abgang Politik ben, als im Verlag Das Neue Berlin Der „Parteisoldat“ Ackermann übte alle ahnen würden.“ Damit nahm er sieb- gegen die DDR und seine Partei Frank Schumanns Buch erschien. Es ver- Selbstkritik, so heißt es, „um nicht die zehn Jahre vor ihrem Abgang aus der gemacht werden“ konnte. mittelt detaillierte Einblicke in bisher ganze Mannschaft zu opfern“. Der Preis, Geschichte das Ende der DDR vorweg. „Nachgeborene neigen zur Besserwisse- nicht bekannte Lebens- und Konfliktsi- den er für alle zahlt, ist hoch. „Endgültig Nach jahrzehntelangen Spekulationen rei“, lesen wir bei Frank Schumann. „Sie tuationen des Mannes, der neben Wil- verschwindet Ackermann von der politi- über die Gründe seines Selbstmordes wissen mehr als ihre Vorfahren, können helm Pieck und Walter Ulbricht zur Tro- schen Bühne, als Moskau 1953 direkt in schildert seine Witwe Irmgard Acker- sagen, wo welcher Irrtum begangen wurde, ika der KPD-Führung gehörte. Im Kapitel die Geschichte der DDR eingreift.“ Es mann den tatsächlichen Vorgang. Als ihm weil sie das Resultat der Entscheidung Biographisches findet sich auch eine 28 herrscht Kalter Krieg. Beim CIA gibt es das ärztliche Konzil des Regie-rungs- kennen. Dieses Wissen verführt zu Seiten umfassende Kurze Biographie, ver- einen „Vorgang Anton Ackermann“, von krankenhauses eröffnet, dass die Medizi- falschen Urteilen.“ Wie wahr. Frank Schu- mutlich als Konzept für seine Memoiren dem heute Teile im Nationalarchiv der ner angesichts seiner schweren Krebser- mann ist für dieses Buch sehr zu danken. gedacht; unter den Selbstzeugnissen sein Vereinigten Staaten einsehbar sind. Mo- krankung nichts mehr für ihn tun können, • K. SCHNEIDER berühmter Artikel „Gibt es einen besonde- nate vor seinem Tod, hatte er ein letztes war er von Stunde an verändert. Er ver- ren deutschen Weg zum Sozialismus“ Gespräch mit Erich Honecker. „Es gebe schloss sich selbst gegenüber Frau und Anton Ackermann: Der deutsche Weg sowie sein stark beachtetes Referat vom wenig Anlass zu optimistischer Stim- Kindern und begann sein privates Archiv zum Sozialismus. Selbstzeugnisse und 28. März 1947 „Unser Weg zum Sozialis- mung, notierte er anschließend darüber, auszudünnen. Dokumente eines Patrioten. Heraus- mus“. Zeugnisse Dritter stammen u. a. und gegenüber engsten Vertrauten erklär- Verzweifelt von andauernden schwersten gegeben von Frank Schumann: Das von Peter Florin, Markus Wolf, Fritz Klein te er bald, wenn DIE so weitermachen, Schmerzen begab er sich in das Regie- Neue Berlin 2005. 288 Seiten, zahlrei- und Irmgard Ackermann. käme der Kapitalismus schneller, als wir rungskrankenhaus, wo er sich erschoss. che Abb., 19,90 Euro 24 • ZEITGESCHICHTE LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

1. Der amerikanische Plan für viele andere westliche Initiativen Konfliktsituationen, um den Boden für ein große politische Belastung zu werden „Größerer Mittlerer Osten“ a) eine Politik mit zweierlei Maß: Der die gewünschten Regimewechsel in der schien, nachdem der internationale Ge- palästinensische „Terror“ wird verurteilt , Region mittel- und langfristig sicherer zu richtshof in Den Haag die Forderung Die geostrategische Bedeutung des Na- wobei auf die Verurteilung der massiven bereiten. nach ihrem Abriss positiv beschieden hen und Mittleren Ostens nimmt immer israelischen Gewalt unter Besatzungsbe- Im Folgenden wollen wir versuchen, hatte, tief innerhalb des Westjordanlandes mehr zu: als Bindeglied zwischen Asien dingungen verzichtet wird. Das iranische diese Stategie an Hand zweier Beispiele im Eiltempo hochgezogen. Und die Welt und Europa, als Tor nach Russland und Atomprogramm wird als Bedrohung ver- zu illustrieren. schaut weg. Die 720 Kilometer lange und Zentralasien, aufgrund unmittelbarer urteilt, Israels atomares Waffenarsenal acht Meter hohe Mauer wird an vielen Berührung mit Afrika und den europäi- aber mit keinem Wort erwähnt. Stellen mindestens 60 bis 70 Meter breit schen Mittelmeer-Anrainer-Staaten durch b) Unverkennbar in diesem Projekt ist 2. Gefährliche Entwicklun- sein, das gesamte Territorium zwischen das dichte Netz von Pipline-Routen von die Kontinuität, mit der sich das Verhält- gen im palästinensisch-israe- der Mauer und der „grünen Linie“ (Waf- und nach Europa und Zentralasien. Diese nis des Westens zu den „aufmüpfigen“ lischen Konflikt fenstillstandslinie vom 4. Juli 1967) wird Region erfasst mit Israel und der Türkei Ölländern des Mittleren Ostens zu einer militärisches Sperrgebiet sein. Dadurch zugleich zwei der sechs stärksten Militär- interventionistischen, blutigen und poli- Mit dem Tod des palästinensischen Prä- werden 16,6 Prozent des Westjordanlan- mächte der Welt. Darüberhinaus ist die tisch verhängnisvollen Beziehung aus- sidenten Arafat vor einem Jahr sollte die des und 235 000 dort lebende Palästi- Türkei Mitglied der NATO und Israel die wuchs. Unter dem Vorwand einer kom- Chance für einen Neubeginn Glauben nenser von Israel annektiert und weitere einzige Atommacht der Region, die wie 160 000 werden in fast vollkommen keine andere in der Welt konfliktbeladen durch die Mauer eingekreisten Kommu- nen leben müssen. Der Bau der Mauer wird das Westjordanland endgültig in Drohen weitere einen Flickenteppich aus isolierten Ge- Von SARKIS LATCHINIAN bieten verwandeln, die niemand ohne is- raelische Erlaubnis betreten oder verlas- ist. Hier tobt der Irak-Krieg. Hier ist der sen darf. Ein Palästinenserstaat wird, stets virulente israelisch-palästinensische wenn er dann eines Tages Wirklichkeit Konflikt verortet. Die Krise in den Be- Kriege im Nahen werden sollte, über kein geschlossenes ziehungen zwischen und den USA und Territorium verfügen. dem Iran sowie den USA und Syrien ge- Gleichzeitig geht der Bau von Siedlungen fährdet die Sicherheit dieses Teils der im Westjordanland in amtemberauben- Welt und könnte unter Umständen ähnli- und Mittleren dem Tempo weiter, vor allem in dem che Entwicklungen wie im Irak nach sich Gebeit zwischen der Mauer und der „grü- ziehen. nen Linie“. Viele Nahost-Spezialisten Die ständig schwelende Kriegsgefahr hat meinen, hier würde sich nach dem Ab- ihren Ursprung darin, dass mit dem Zu- leben Arafats nichts mehr bewegen. Wir sammenbruch des Schah-Regimes im Osten? sind anderer Meinung. Hier finden doch Iran 1979 die USA-treueste Dynastie in wichtige Bewegungen statt, die man auf- der gesamten Region als hier traditionel- merksam registrieren sollte. Israel hat in ler Hegemon kollaborierte und keine einem Jahr weitere wichtige Tatsachen andere Macht es bislang vermochte, an geschaffen. Es werden weitere Sied- seine Stelle zu treten. Die USA reagierten lungen gebaut. Nach dem Abzug Israels auf die so entstandene Instabilität mit aus dem kleinen Gazastreifen bleibt die- einem immer stärkeren Eingreifen. Ihre ser fast vollständig isoliert von der Au- neueste Initiative in der Tradition des ßenwelt. Es hat sich Negatives in der dia- „Bagdad-Pakt”-Projektes in den fünfzi- logberetischaft Scharons mit seinen palä- ger Jahren des 20. Jahrhunderts und der stinensischen Konfliktpartnern ent- jüngeren Kriege am persischen Golf trägt wickelt. die Bezeichnung „Größerer Mittlerer Der Gang der Dinge zwischen Israel und Osten“. den Palästinensern wird neuerdings nicht Als Initiative für ein neues Zivilisations- mehr durch Verhandlungen Israels mit projekt proklamiert, basiert dieses nach den Palästinensern bestimmt, sondern nur offizieller Lesart auf drei Säulen: noch durch ein Aushandeln mit den USA • Förderung der Demokratie, munistischen Gefahr wurde 1953 die de- gemacht werden. Man artikulierte die zur Nachbesserung der einseitigen • Aufbau einer Wissensgesellschaft und mokratisch gewählte Regierung Irans Hoffnung, dass der ins Stocken geratene Maßnahmen Israels – bei fast völliger • Ausbau der ökonomischen Potenziale unter Ministerpräsident Mossadeg ge- Nahost-Friedensprozess wieder Impulse Ausschaltung der Palästinenser. Davon der Region. stürzt, die die eigenen Ölressourcen na- bekommen würde. Ein Jahr danach ist zeugt auch das persönliche und unplan- Hinter der Demokratisierungsabsicht ver- tionalisiert hatte. 50 Jahre später wurde von dieser Aufbruchsstimmung nichts mäßig verlängerte Engagment der ameri- birgt sich ein von der Bush-Administra- ein anderes Regime in einem weiteren mehr zu spüren. Statt dessen ist nach dem kanischen Außenministerin in Jerusalem tion mit größzügigen finanziellen und bedeutenden mittelöstlichen Ölland, dem isralischen Rückzug vom Gazastreifen Mitte November zur Inbetriebnahme des personellen Aufwendungen betriebenes Irak gewaltsam beseitigt. Diesmal nicht Ernüchterung eingezogen. ägyptisch-palästinensichen Übergangs in Projekt, das unverkennbar hegemoniale unter dem Vorwand der kommunistischen Der Architekt des Gaza-Abzugsplans und Raffa, zum baldigen Beginn des Baus Ziele in Richtung eines „Größeren Mitt- Gefahr, sondern bekanntlich unter dem Berater des Ministerpräsidenten Scharon eines Seehafens im Gazastreifen und zur leren Ostens“ vertritt und folgende Vorwand der Bedrohung durch Massen- Dov Weisglaß meinte dazu: „Was wir Aufnahme des Personen- und Warenver- Schwerpunkte setzt. vernichtungswaffen, die das Land nicht taten, diente dem Ziel, den Verhandlungs- kehrs zwischen dem Gazastreifen und Erstens: Die Beseitigung der sogenann- besaß und dem internationalen Terroris- prozess einzufrieren. Und indem man die- dem Westjordanland. ten „Schurkenstaaten“ zuerst in Afgha- mus, obwohl auch dafür keine Beweise sen Prozess einfriert, verhindert man die Die Abmachung für Raffa stellt nach isra- nistan und im Irak mit anschließender vorlagen. Schaffung eines palästinensichen Staates elischen Angaben klar, dass Israel seine Etablierung neuerer, in den USA ausge- c) Abgesehen von gewandelten Vorwän- und die Diskussion über die Flücht- physische Präsenz am ägyptisch-palästi- bildeter und neoliberal geschulter Füh- den ist das Ziel der USA unverändert ge- lingsfrage ... Der Abzug bietet die richti- nensischen Übergang an die EU-Beob- rungseliten und die Durchführung soge- blieben: Unterminierung der Souveränität ge Dosis Formalin, die man braucht, achter abtritt, aber doch in Direktschal- nannter demokratischer Wahlen. mittelöstlicher Ölländer, um den stö- damit es zu keinen Verhandlungen mit tung Zugriff auf die Videoüberwachung Zweitens: Unter der Bezeichnung „Part- rungsfreien Fluss von Erdöl in Höchst- den Palästinensern kommt.“ (Ha’aretz, des Personenvekehrs sowie die Com- nerschaft für Frieden“ Abschluss von mengen und zu Niedrigpreisen für den 8.10.05) puterdaten erhält. bilateralen Abkommen zur Errichtung gesamten Westen, vor allem aber für die So und nicht anders lautet Scharons Immerhin bringt die Raffa-Regelung den möglichst vieler militärischer Stützpunk- USA zu gewährleisten und die eigene Credo. Das ist das Fundament, auf dem 1,4 Millionen Einwohnern des Gaza- te wie in Afghanistan, Usbekistan (in- Machtposition weiter zu stärken. sein Abzugsplan aus dem Gazastreifen streifens die langersehtne Öffnung zur zwischen durch dessen Regierung annu- Unter diesen allgemeinen Rahmenbedin- vollzogen wurde. Dieser Plan funktio- Außenwelt und mithin Aussichten für liert), Turkmenistan, Aserbaidshan und in gungen werden gegenwärtig von den niert bislang bestens. Wenn auch zum einen offenen Wirtschaftshorizont. Zu- den Öl-Scheichtümern am Persischen USA wesentliche innere Umstrukturie- Nachfolger Arafats Mahmut Abbas, also gleich ist damit aber festgelegt, dass der Golf. rungen sowie „Reform“schritte im ge- ein den USA gutgesinnter Politiker ge- palästinensische Küstenstreifen Gaza Drittens: Militärische und finanzielle samten mittleren Osten durchgesetzt. Sie wählt wurde, ist es Scharon doch gelun- trotz des Abzugs der Besatzer und Siedler Kooperation mit allen den USA freund- zielen einerseits auf die Anpassung an die gen, eine Wiederaufnahme des politi- rundum unter israelischer Sicherheits- lich gesinnten Staaten in der Region. Anforderungen des genannten US-ameri- schen Dialogs mit den Palästinensern zu aufsicht verbleibt und also nicht souverän Folgt man der Logik dieses geostrategi- kansichen Projekts und andererseits auf verhindern. Die ROADMAP, die ur- gworden ist. Israel behält sich hier wei- schen Projektes, so ist kurz- oder mittel- die Kanalisierung der Gegensätze zwi- sprünglich zu Verhandlungen über einen terhin ein Vetorecht für Einschränkungen fristig auch ein Regimewechsel in den schen den Ländern der Region im Inter- palästinensichen Staat führen sollte, liegt vor. Das ist Teil des sogenannten „Si- „Schurkenstaaten” Syrien und vor allem esse dieses Projekts, auf die Suche nach noch immer auf Eis, ganz so wie es Weis- cherheitsrings“ des Gazasteifens, für den Iran nicht auszuschließen. Kompromisslösungen und eine gewisse glaß vorausgesagt und gesehen hat. sich Israel die Aufsicht über Luftraum, Charakteristisch für dieses Projekt ist wie Entspannung vorhandener virulenter Auch wird die Trennmauer, die für Israel Hoheitsgewässer sowie sämtliche Grenz- LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 ZEITGESCHICHTE • 25

übergänge anmaßt. nuklearen Brennstoffkreislauf – zur Als der israelische Abzug aus dem Gaza- Produktion von Atomwaffen – aufzubau- streifen von Präsident Bush als „mutiger en, so hätten sie dieses angebliche Ge- Schritt“ gelobt und mit grünem Licht für heimnis bemerkenswert schlecht gehütet. die Annektion der großen Siedlungs-blö- Wobei, ihre Absicht, über den vollen cke im Westjordanland belohnt wurde, Nuklearbrennstoffkreislauf zu verfügen, war für Ministerpräsident Scharon die ist sei den frühen siebziger Jahren allge- Zeit gekommen, von einer langen Peri- mein bekannt, zumal sie von den USA ode der bilateralen Verhandlungen mit und europäischen Regierungen dabei den Palästinensern Abschied zu nehmen unterstützt wurden. und zur israelischen Eigenmächtigkeit Der Iran ist, trotz seiner großen Öl- und bei der Gestaltung des Westjordanlandes Gasvorkommen darauf angewiesen, wie und Gazas überzugehen, wobei höchstens die USA, Frankreich, Großbritannien, noch mit den USA direkt um das erträgli- Südkorea, China, usw. seine Energiequel- che Ausmaß der Übergriffe gegenüber len zu diversifizieren, da der Gipfel der den Palästinensern gerungen wird. Irans neuer Präsident – seine Tiraden gegen Israel entschärfen die Lage keinesfalls Erdölproduktion bereits überschritten ist. Palästinenserpräsident Abbas sah sich Dass der Iran deshalb auch Atomenergie angesichts dieser Bedingungen veranlasst, tiert wird und möglicherweise gemäß Iran dauerhaft auf die Anreicherung und nutzen will, ist sein anerkanntes Recht in einer Ansprache am 15. November dem irakischen Beispiel einen Regime- Wiederaufbereitung von Uran und Plu- seit den 70er Jahren mit dem Abschluss klarzustellen, dass sich Israel mit allen wechsel in Teheran bewirken soll. tonium verzichtet, obwohl der Atom- des Atomwaffensperrvertrages. Seitdem Mitteln politischen Verhandlungen ent- Der Iran verspricht bei der Entwicklung sperrvertrag solche Aktivitäten als „un- hat sich die iranische Bevölkerung ver- ziehe und ein Dauerprovisorium mit seiner Atomreaktoren ohne Einschrän- veräußerliches Recht“ erlaubt. dreifacht, während die Ölproduktion des getrennten palästinensichen Kantonen kung an seinen Verpflichtungen im Präsident Bush hat mit seiner Äußerung, Landes fast auf die Hälfte geschrumpft anstrebe, zwischen denen israelische Rahmen des Atomwaffensperrvertrages in der Iran-Frage schließe er „keine Op- ist, so dass heute 40 Prozent des irani- Siedlungen und ihre Verkehrsnetze im- (NPT) – zu dessen ersten Unterzeichnern tion“ aus, die Katze aus dem Sack gelas- schen Öls im Lande verbraucht wird. mer weiter ausgebaut würden. Indem Is- er gehört – und des Zusatzprotokolls sen. Dies veranlasste Bundeskanzler Wenn also die USA und die EU-Drei den rael von den Palästinensern eine Antiter- festzuhalten. Zumal atomare Ambitionen Schröder vor einer möglichen USA-Mili- Iran auffordern, keine eigenen Energie- rorkampagne fordere, wolle es die Paläs- die Wirtschaft des Landes in großem Ma- tärintervention im Iran zu warnen. kapazitäten zu entwickeln, ist das so, als tinenser in einen Bürgerkrieg stürzen. ße belasten und die Staaten der Region „Nehmt die militärischen Optionen vom wenn der Iran fordern würde, Frankreich animieren würden, seinem Beispiel nach- Tisch. Wir haben erlebt, dass sie nichts oder Großbritannien sollten ihre Kern- 3. Die Verschärfung des zueifern – entgegen dem erklärten irani- taugen.“ Niemand könne dem Iran die energieanlagen aufgeben. Atomkonflikts zwischen den schen Ziel einer Entnuklearisierung des ausschließliche friedliche Nutzung der Die wichtigste Bedingung zur Lösung USA und dem Iran Nahen Ostens. Israel müsse seinerseits Atomkraft verwehren. Es müsse aber des Atomkonflikts mit dem Iran scheint auf die Androhung militärischer Hand- sichergestellt werden, dass der Iran „nicht in der Gewährung einer Sicherheitsga- Heute scheint kein Thema von entschei- lungen gegen die Atomenergieanlagen in die Lage versetzt wird“, so Schröder rantie ihm gegenüber und damit der Aus- denderer Bedeutung zu sein als die des Iran verzichten. Und die USA sollten gegenüber der Super-Illu, „Atomwaffen schließung jeglicher militärischer Be- Gestaltung der künftigen Beziehungen Iran in seinem legitim verbrieften Recht herzustellen“. drohung zu bestehen. Dazu wäre erfor- der USA zum Iran. Der Hauptgrund dafür unterstützen, im Rahmen des NPT seine In den USA ist man nicht gewillt, dem derlich, die Abrüstung der gesamten liegt im dramatischen Wandel des regio- atomaren Fähigkeiten zu friedlichen Iran zu trauen. Und der Chef des israeli- Nahost-Region in Angriff zu nehmen, nalen Umfelds Irans nach den Terroran- Zwecken zu entwickeln. Was die EU- schen militärischen Geheimdienstes einschließlich der israelischen Nuklear- griffen vom 11. September 2001. Der Drei (Frankreich, Deutschland, Großbri- General Aaron Seev behauptete am 12,. sprengköpfe, deren Zahl auf 200 ge- US-Einmarsch in Afghanistan und Irak, tannien) anbelangt, so müssten sie laut Januar 2005: „Wenn nichts geschieht, schätzt wird und die keinerlei internatio- die zunehmende militärische Präsenz der des neuen iranischen Atombeauftragten wird der Iran in spätestens sechs Monaten naler Kontrolle unterliegen. USA in diesen Ländern, wie in der Re- Ali Laridshani verstehen, „dass die irani- angereichertes Uran und damit bis späte- Dieser Konflikt beschränkt sich aller- gion am Persischen Golf und in Zen- sche Regierung entschlossen ist, den stens 2008 seine erste Atombombe her- dings nicht allein auf die Atomfrage, son- tralasien sowie die Einbeziehung Irans – Produktionskreislauf für nuklearen stellen können“. dern steht in einem politischen und stra- zusammen mit dem Irak und Nordkorea – Brennstoff beizubehalten“ und damit Die jüngsten Tiraden des iranischen tegischen Kontext, der von den USA defi- in die „Achse des Bösen“ durch Präsident auch die Fähigkeit zur Urananreicherung Präsidenten Ahmadinedschat gegen Israel niert wird. Washington beharrt darauf, Bush haben der nationalen Sicherheit die zu erlangen. nährten das Misstrauen gegenüber dem mit einem „Schurkenstaat“ nicht verhan- höchste Priorität im Iran verliehen. Wobei die Europäer die Meinung vertre- Iran noch mehr. Und so wird die deln zu wollen. Sie streben einen „Re- Längst sind die Zeiten der US-Diploma- ten, dass die Iraner aus prinzipiellen poli- Behauptung der amerikansichen Admi- gimewechsel“ an und schließen die An- tie gegenüber dem Iran vorbei, in denen tischen Erwägungen die technologische nistration, dass der Iran an einem „gehei- wendung von Gewalt nicht aus. der Iran für seine Unterstützung der USA Fähigkeit zur Urananreicherung gar nicht men Programm der Urananreicherung“ Es bleibt nur zu hoffen, dass der von in Afghanistan und im Irak gelobt wurde. entwicklen dürften, obwohl die Inspek- arbeite und sich Atomwaffen zulegen Russland vorgelegte Kompromissvor- Im Zentrum der Beziehungen zwischen toren der Internationalen Atomenergie- wolle, inzwischen als feststehende schlag bei den Konfliktparteien auf Zu- den beiden Ländern stehen heute viel behörde (IAEA) keine Beweise für ein Tatsache wahrgenommen – ähnlich wie stimmung stößt. Dieser gestattet dem Iran mehr die angeblichen iranischen Massen- iranisches Atomwaffenprogramm fanden. 2002 die Angaben über Massenvernich- zwar die Umwandlung von Uran, sieht vernichtungswaffen und insbesondere Die einzige „objektive Garantie“, dass tungswaffen des Irak, die sich später als aber vor, die kritische Urananreicherung das Streben des Iran nach der Nutzung das iranische Atomprogramm ausschließ- Lügen erwiesen haben. in Russland vorzunehmen. Dies würde der Atomenergie, das von den USA stets lich zivilen Zwecken dient, besteht in den Wenn die Iraner tatsächlich darauf aus wesentlich zur Deeskalierung der akuten als Streben nach Atomwaffen interpre- Augen der EU-Troika daran, dass der wären, heimlich einen vollständigen Kriegsgefahr in der Region beitragen.

m 19. Dezember 1945 teilte die ASchweizerische Depeschen- 19. Dezember 1945: Truman stellt die Weichen auf Konfrontation agentur mit, dass der Präsident der Es handelte sich dabei immerhin um Weltgeschehen prägte. USA, Harry S. Truman, in einer das Land, das den Hauptbeitrag zur Trumans Botschaft mündete schließ- Botschaft an den Kongress erklärt Zerschlagung des Hitlerfaschismus lich in der nach ihm benannten und hat, der Sieg im Zweiten Weltkrieg geleistet und die schwersten perso- von ihm am 12. März 1947 verkün- habe dem amerikanischen Volk die nellen und materiellen Verluste erlit- deten Doktrin, die einen Wendepunkt Bürde und Verantwortung auferlegt, ten hatte. In Trumans Anwesenheit, der amerikanischen Außenpolitik in den Angelegenheiten der Welt eine aber auf dessen Einladung hielt der einleitete. Hatten die USA zuvor erste Rolle zu spielen. Damit rückte wegen seiner gefürchteten Politik grundsätzliche Entscheidungen über er von den Prinzipien der Zusam- abgewählte Winston Churchill im ihr weiteres Verhältnis mit dem ein- menarbeit der Großmächte ab. Für März 1946 in Fulton/Missouri jene stigen Kriegsalliierten Sowjetunion Truman war das Potsdamer Abkom- Rede, in der er vor der Ausdehnung noch vor sich hergeschoben, so be- men faktisch passé. sowjetischer Macht warnte. Er emp- trieben sie fortan die Politik des welt- In seinen Erinnerungen berichtet er, er fahl wie Truman Kraft und Macht als weiten „Containment“ („Eindäm- habe Potsdam mit der Erkenntnis ver- Gegenmittel. mung“). Eingedämmt werden sollte lassen: Das russische Fernziel hieß Es ist offenkundig: Bereits Ende der gewachsene Einfluss der UdSSR Weltherrschaft. Die USA müssten dem 1945/Anfang 1946 stellten die USA und des sich entwickelnden soziali- kraftvoll entgegentreten, denn Macht die Weichen auf Konfrontation mit stischen Lagers. Diese Politik wurde ist das einzige, was die Russen ver- der noch kürzlich verbündeten Sow- mit wirtschaftlicher, finanzieller und stünden. Im Januar 1946 schrieb er jetunion, rückten vom Potsdamer militärischer Hilfe an Griechenland seinem Außenminister, der mit einem Abkommen ab, das völkerrechtli- und die Türkei 1947, mit dem Mar- Konfrontationskurs noch zögerte: „Ich chen Charakter hatte, und nahmen shallplan und nichtzuletzt der Grün- Die Tinte unter dem Potsdamer Abkommen war habe es satt, die Sowjets in Watte zu Kurs auf den Kalten Krieg, der dung der NATO verwirklicht. noch nicht trocken, da verrieten es Churchill (links) packen.“ schließlich mehr als vierzig Jahre das • WINFRIED STEFFEN und Truman (Mitte) schon wieder ... 26 • SPORT / GESELLSCHAFT LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

Von Öffentlichkeit auf. Fette Schlagzeilen und gequirlte ten Runde so, dass der Ringrichter abwinkte. Die Hal- Empörung! Unglaublich. Das dürfen wir uns nicht le tobte, Wegner weinte, Abraham war zunächst KLAUS gefallen lassen. Wenn der Außenminister nicht so sprachlos, was indes nicht ins Gewicht fiel, weil der HUHN beschäftigt wäre, um die zwielichtigen CIA-Flüge zu ARD-Reporter den Sieg laut genug bejubelte. Zitat dementieren, würde ich hier vorschlagen, er sollte des Siegers, allerdings schon einige Wochen alt: umgehend den polnischen Botschafter „einbestellen“ „Wenn ich um die WM boxe, dann als Deutscher!“ und ihn wissen lassen, dass wir uns von niemandem Denn: Der Mann hat den Namen Avetik Abrahamyan vorzählen lassen, wieviel Ausländer in der deutschen auf seinem Geburtsschein zu stehen und der wurde in Fußballnationalmannschaft stehen. Auch nicht, wenn Armenien ausgestellt. Um bei niemandem in den Ruf zu geraten, ich sei viel- leicht nicht ausländer- freundlich, versichere Sportkolumne ich ausdrücklich, dass enn ich imstande wäre, solche Sprüche zu ich mich nie irgendwo formulieren, wie Netzer und obendrein gegen die Einwande- Wdabei auch noch eine Miene aufzusetzen Den Botschafter rung von Armeniern ge- wie er, würde ich hier eine längere Betrachtung zum äußert habe. Als 15jäh- Losglück oder Lospech der deutschen Fußball-Na- riger war Avetik ge- tionalmannschaft folgen lassen. Da mir beides jedoch meinsam mit seinem abgeht, verzichte ich darauf, und die LN-Leser wer- „einbestellen“? Bruder und seinen El- den es ertragen. Wer sich für derlei Prognosen interes- tern in die BRD ge- siert, wird längst alle einschlägigen Propheten gehört kommen, hatte erst in oder gelesen haben. Übrigens, wenn Sie die Voraus- Nürnberg geboxt und sage von Angela Merkel übersehen haben sollten, sie wie Podolski und Klose aus Polen stammen! war dann eines Tages als Sparringspartner für Sven wiederhole ich sie ihnen, (reiner „Kundendienst“): Basta! Ottke engagiert worden. Und nun ist er ein „deutscher „Lösbar. Machbar. Wir können das schaffen.“ Sie Weltmeister“, obwohl nicht mit letzter Sicherheit zu können also ruhig schlafen! brigens: In der VIP-Lounge des Leipziger erfahren war, ob er bereits im Besitz aller nötigen Mich dagegen bewegt, was die deutsche Obrigkeit Auslosungsspektakels will jemand Ulli deutschen Papiere ist. Zumal er sich nach dem Sieg von der Fussball-WM erwartet, und da komme ich aus ÜWegner gesehen haben, den Ex-DDR-Box- mit einer armenischen Fahne schmückte und den dem Staunen nicht heraus. Einmal soll die lahmende trainer. Dessen Anwesenheit hatte jedoch nichts damit Fernsehreporter wissen ließ, wie glücklich er sei, dass Wirtschaft durch das Spektakel angekurbelt werden. zu tun, dass man im Fußballumfeld demnächst mit so viele Anhänger aus Moskau gekommen seien. Und Wodurch? Durch Fussballfans, die zu Besuch kom- harten Hieben rechnet und deshalb kundige Berater Manager Sauerland war auch überglücklich, dass er men und Kellner und Zimmermädchen beschäftigen engagierte, sondern einfach nur mit der Tatsache, dass wieder einen Star im Stall hat, gleichgültig ob sollen. Und dann die Souvenirindustrie, die Millio- am Abend nach der Auslosung in Leipzigs Messehalle Armenier oder Deutscher – Hauptsache der Mann nenumsätze erwartet. Um die Erwartungen nicht zu geboxt wurde und Wegner in einer der beiden Ecken füllt die Kassen. Darum geht es schließlich heutzuta- hoch zu schrauben, lasse ich die Wirtschaftsweisen stand. Ursprünglich sollte Markus Beyer in den Ring ge vor allem im Sport. wissen: Ich falle in dieser Branche als Kunde aus. klettern, doch der verletzte sich beim Training. Die Nur: Wenn Ausländer unsere Kassen füllen, nützt das Wichtig wird aber sein, dass wir uns wegen der rührigen Manager zauberten über Nacht einen zwar dem deutschen Aufschwung, kann aber eben Fussball-WM nicht mit Gott und aller Welt anlegen. Weltmeisterschaftskampf aus ihren Hüten. Mittel- auch dazu führen, dass sich mal ein ausländischer 48 Stunden nach der Auslosung begann es schon mit gewichtler Arthur Abraham schwang gegen den in Fußballtrainer ereifert. Macht nichts! Bild lockte mit Polen. Der dortige Trainer soll Abfälliges über die Kanada und den USA lebenden Nigerianer Kingsley der Schlagzeile Kunden und so summierte sich am deutschen Kicker geäußert haben, schreckte Bild die Ikeke die Fäuste und erwischte ihn eingangs der fünf- Ende alles zu allgemeiner Zufriedenheit. DDR-Fotografien der 70er und 80er heute gesehen elten besitzt ein Buch eine solche Der Osten Berlins war der wohl offenste Hauswald Objektiv spiegelten sich Gleichgesinnten bei Bier und Beat im Editionsgeschichte wie der Foto- Teil des ersten deutschen Arbeiter- und Selbstdarsteller und Mustermänner, Par- Kiez oder die von einem Dalmatiner be- SText-Band von Harald Hauswald Bauernstaates. Was seinerzeit in der teigänger und Mitläufer, Aussteiger und wachte Zweisamkeit eines Liebespaares und Lutz Rathenow über Ost-Berlin. Und Hauptstadt der Deutschen Demokrati- Einkaufersteher. Hauswald schenkt uns mitten in Berlin, die Freundlichkeit zwei- zu Recht setzt Rathenow über seine schen Republik von Lieder- oder Theater- mit dieser Fotofolge ein fotografisches er Kumpane (Einheitsmenschen unter Einführungsworte die Zeile „Mehr als ein bühnen verkündet wurde, hätte in Gera Gedächtnis: Jetzt brüllen Krankentrans- ihren Prinz-Albrecht-Mützen) und der Buch“. Denn dieses zum vierten Mal, in den dortigen 1. Sekretär der SED-Be- porte durch die Stadt, früher flitzen glän- frühmütterliche Blick der Schwester auf nunmehr anderer Ausführung und mit zirksleitung die Dienstwaffe entsichern zende Staatskarossen von und nach den kleinen Bruder. erweitertem Umfang erschienene Buch lassen. In Berlin gab es früh schon eine Wandlitz. Vergangenheit ist nicht nur der „Nach dem Vergessen das Erinnern“, „Ost-Berlin“ ist gleichzeitig auch ein Szene. Gab es Randgruppen und Exzen- verschobene oder anzuschiebende Tra- postuliert Rathenow in dem Gedicht Beleg für die verschrobene DDR-Kul- triker. Die Spree schien schon damals, bant oder die Situationskomik, die sich „Verfrühte Autobiografie“ seine Haltung. turgeschichte. inmitten der vermauerten, aus wenigstens einstellt, wenn ein Transparent, „Frieden Und gegen das Vergessen schreibt er an, Da sitzen der Sicherheits-Erich und der drei Hinterhöfen bestehenden Häuser- ist nicht Sein – sondern Tun!“, den (wohl mit diesen seinen Erinnerungen. Klei- Kultur-Kurt über einem Exemplar der fluchten, prädestiniert dafür zu sein, gerade einmal gelebten) Müßiggang kon- nigkeiten kramt er hervor, wie den Be- Erstauflage dieses dreisten und tristen neuere (vor allem westliche) Strömungen terkariert. Zur Vergangenheit zählen auch fehlston eines Vaters, aber auch das Berlin-Buches und würfeln ein Strafmaß aufzunehmen. In der Spree und in Harald die unreglementierten Nachmittage unter Schicksalhaftes eines vermeintlich (nur aus. Sie halten dieses Buch, das rechtzei- rhetorisch) gestellten Aus- tig zum 750. Jahrestag Berlins bei Piper reiseantrages. Vielfach sind es in München, also auf der anderen Seite Kommentare oder Impressionen, der Demarkationslinie erschienen ist, für die der (wohl bis heute) als reni- staatsfeindliche Hetze. Obgleich sowohl tent geltende Lutz Rathenow sei- Bildautor als auch Textautor von der nerseits der DDR-Kollektion des ersten bis zur letzten Seite deutlich wer- Fotografen Harald Hauswald den lassen, dass sie ihr Nest nicht beigibt. Der Ton ist nah, selbst beschmutzen, sondern vielmehr auf die wenn er sich ironisch gibt, und besondere kulturelle und soziale Meta- ruft noch eine andere Gedicht- morphose ihrer Stadt(hälfte) aufmerksam zeile Rathenows hervor, die zum machen wollen. Eigentlich erzeugten sie Gegenstand dieses Buches zu mit diesem Buch Neugier und kurbelten passen scheint: „Ein Platz / auf den kleinen Grenzverkehr an, was ihnen der Erde, / zum Leben ein Ort.“ bei den damaligen Pflichtumtauschsätzen heute durchaus als „Stabilisierung des • RALPH GRÜNEBERGER Unrechtssystems“ ausgelegt werden könnte. Aber na ja. Die Genossen Mielke und Hager sind so gut wie vergessen, und das Berlin-Buch von den 1978 bzw. `77 Harald Hauswald/Lutz Rathe- Zugereisten, Harald Hauswald (Rade- now:Ost-Berlin. Jaron Verlag, beul) und Lutz Rathenow (Jena), feiert in Berlin 2005, 128 S., dt./engl., 12 vierter Fassung Renaissance. Euro LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 IN EIGENER SACHE • 27

chweißgebadet wie schon lange LEIPZIGS NEUE – das hat sich in den 13 Jahren unseres Bestehens wohl gleich wieder zu strahlen: „Aber wenn ich nicht mehr, schreckte Bruno die- herumgesprochen – ist ein ehrenamtliches Zeitungsprojekt. Es lebt von dann alle 14 Tage LEIPZIGS NEUE aus SSser Tage in seinem Bett auf und denen, die regelmäßig am Redaktionstisch sitzen, mitplanen, mitorgani- dem Briefkasten hole, freue ich mich, dass war heilfroh, nur geträumt zu haben: Er sieren, und jenen, die zwar nicht direkt zum engeren Kreis, aber dennoch unsere Idee lebt, dass der Funke knistert. war, wie immer sehr früh morgens, in fest zur Truppe gehören, so wie die Leipziger Manfred Erbe, Hermann Ist schon ein Schatz, diese Zeitung.“ sein Büro in der Kreisredaktion in der Gerathewohl oder Werner Wolf, der Dresdner Horst Schneider, der Er würde gerne noch viel mehr tun für LN, Bornaer Innenstadt gekommen und Hamburger Karl-Heinz Walloch und viele andere, ohne die unser vier- sagt er. Und ich begreife nicht, was das nichts, aber auch gar nichts war vorberei- zehntägiges, immer wieder inhaltsreiches Erscheinen nicht zu bewerk- noch sein soll. Bruno verkauft in Borna tet für die aktuelle, am frühen Nachmittag stelligen wäre. Zu ihnen gehört auch Bruno Schweitzer aus Borna. Ihm und Umgebung bei allen Stadt- oder PDS- in die Leipziger Hauptredaktion zu lie- ist unser diesjähriges nun schon traditionelles Jahresendporträt „In Veranstaltungen unser Blättchen und füllt fernde Zeitungsseite. eigener Sache“ gewidmet. so regelmäßig unsere Kasse mit 20, 30 15 Jahre ist das her, seit Bruno Schweit- oder 40 Euro auf. Keiner dürfte so viele zer sich über solche Albträume eigentlich Gütekontrolleur, FDJ-Sekretär, Partei- der Aufgaben stöhnten, in die Hände ge- LN-Abonnenten geworben haben, wie keine Gedanken mehr zu machen sekretär. spuckt und sich selber gesagt: Nun gera- Bruno. Dutzende müssen es im Laufe der braucht. Denn schon 1990 hat die gewen- Ruhig, sagt er, habe er gelebt, friedlich, de! Was manchmal wirklich leichter ge- Jahre geworden sein. Und dann unterstützt dete LVZ ihm, wie vielen anderen, die menschlich. Wenn die Leute Sorgen hat- sagt als getan war. Beispielsweise, weil er er uns sowieso journalistisch, auf Anruf hin Ehre erwiesen, ihn nicht mehr haben zu ten, kamen sie zu ihm und der Partei- oft der einzige in der Redaktion des gro- oder aus eigener Initiative. wollen. Als wenn einer wie Bruno sekretär ging in die Spur. Man hat gehol- ßen Kohlekreises war, der Autofahren Schweitzer sich für eine LVZ hätte abpla- fen, wo es ging. Bis 1964 war er bei Bel- konnte. Seine Lektionen fürs Fernstu- obei, letzteres koppelt sich gen mögen, die das Erbe ihrer Gründer la. Hat einige Träume verwirklicht und dium musste er dann nachts büffeln. Und zunehmend mit einem wei- gründlich entsorgt hat. Dennoch, vier WWteren Traum Brunos: eine Jahre vor der Rente selber entsorgt Anthologie über seine alte nord-ost- sein? Worin bestand seine Schuld? Da- preußische Heimat zu schreiben. Mit rin, dass er nach einer Erkenntnis lebte Geschichten über Thomas Manns und wirkte, die Lenin in die knappen langjähriges Feriendomizil, über die und zeitlosen Worte gefasst hatte: BBrruunnooss TTrrääuummee Vogelwarte Rossiten und vieles ande- „Man kann nicht zugleich in der Ge- re. Das raue Land an der kurischen sellschaft leben und frei von ihr sein.“ Nehrung hat ihm schon allerhand lohnen- Bruno Schweitzer hat sich mit solchen den Stoff geliefert – LN-Leser können es Gedanken über das Prinzip der Partei- bestätigen. Zur Zeit beschäftigt er sich lichkeit gewiss nicht nur praktisch, mit der Geschichte um das Ännchen sondern auch theoretisch beschäf- von Tharau. tigt, im Fernstudium an der Fach- Aber manche Träume sind halt schule für Journalistik und dann Schäume. Sagt Bruno. Und fragt noch mal an der Fakultät für Jour- sich, wer sich bei dieser Bücher- nalistik. Und so weiß er auch um flut nun auch noch fürs ostpreu- die vermeintliche, die illusionäre ßische Land interessiere. Höch- Freiheit des bürgerlichen Journa- stens diejenigen, die sich, alle his- listen und kann nur müde lächeln torischen Tatsachen leugnend und ob der den Lesern heute eingerede- alle Kriegsunmenschlichkeiten ig- ten Überparteilichkeit oder gar Un- norierend, als Vertriebene, als Opfer abhängigkeit. sehen. Aber mit denen hat er nichts Dabei, warum sollte einer wie Bruno am Hut. Gar nichts. Er fährt nur zu nicht ganz bewusst Partei ergreifen für ei- gerne mit seiner Frau hin in die ge- nen Staat, der den Sozialismus auf seine waltigen Dünen der Nehrung, die lichten Fahnen geschrieben hatte. Sozialismus ist Wälder und wunderschönen Küstenorte – der Frieden. Das zählt für einen, der als 10- wie und schreibt darüber, halt vorerst nur für Jähriger in Ostpreußen, nahe der litaui- andere oft sah die Leser von LN. schen Grenze, am 22. Juni 1941 den weiter ge- er die Son- Im Moment denkt er über jüngere „Ver- Kriegsbeginn vor der Haustüre erlebte: vor träumt – revo-lu- ne bereits wieder triebenen“-Schicksale nach. „Da müsste dem Dorf die Infanterie, dahinter die Ar- tionäre Träume und ganz aufgehen, wenn er an sei- LN mal nachspüren, das ganze Ausmaß tillerie. Da brennt sich entsetzliche Angst private. Auch wenn eines Tages ein paar nen Artikeln feilte. Denn Bruno war zu deutlich machen“, legt er mir nahe, um in die Seele ein – für immer. Figuren – die in ihrer verfestigten allem auch noch Perfektionist. Wenn an sich dann gleich selbst den Auftrag für so Mit 14 Jahren kam Bruno in einen Flie- Dummheit und Arroganz glaubten, den solchen Tagen dann der Kreissekretär frot- einen Bericht zu geben. Nämlich darüber, gerhorst zur Lehre und lernte vor allem Sozialismus neu definieren, ihn ent- zelte: „Siehst schlecht aus, nimmt dich eines kennen: Heimweh. Im Januar 45 menschlichen zu können – bei Bruno deine Frau zu sehr ran?“, dann brauchte Gehört von Manfred Erbe wurden sie über Swinemünde evakuiert, einen „Fleck“ in der Kaderakte fanden: selbst so ein ruhiger Typ wie Bruno alle Vertriebener zu sein, war in der DDR da sah er noch die Masten der versenkten Seine Eltern waren immer noch in der Beherrschung der Welt, um nicht aus der so, wie wenn man in der NSDAP ge- Flüchtlingsschifffe. Mit einem geklauten neuapostolischen Kirche. Und Bruno Haut zu fahren. Dabei war sein Platz als wesen ist. Fahrrad kam der Halbwüchsige, fast Kind hatte sich immer noch nicht von ihnen Lokalredakteur sowieso immer der zwi- H. Schäfer, Präsident der Stiftung Haus noch, später bis Ribnitz-Damgarten, erleb- getrennt. Was im Sozialismus, so wie ihn schen allen Stühlen: einerseits der der Geschichte der BRD, DLF 4. 12. te aus der nahen Ferne die kampflose gebildete Leute verstehen, weder gut Chefredaktion in Leipzig rechenschafts- Übergabe Greifswalds, schlug sich ganz noch schlecht, sondern einfach normal pflichtig, andererseits der SED-Kreislei- alleine weit nach Westen durch und fand ist. Aber diese „Genossen“ wollten nun tung, die als Herausgeber der Kreisseite wie viele seit 1990 ihre Heimat Ost- schließlich nach einer erbarmungswürdi- einen Parteisekretär Bruno Schweitzer fungierte. Da passierte es schon, dass ihm deutschland verlassen mussten auf der gen Odysse seine Eltern in Sachsen wieder. nicht mehr dulden. die Bornaer Parteioberen eine Rüge erteil- Suche nach Arbeit. „Das sind nämlich ten, zum Beispiel für einen Umwelt-Art- nicht nur Erfolgsgeschichten“ – die jün- as Leben im Frieden und in der eine „Strafversetzung“ als Betriebs- ikel. Gerade für den aber bekam er von der gere seiner beiden Töchter hat das durch, neuen Heimat, die die kleine ost- zeitungsredakteur nach Deutzen Leipziger Chefredaktion eine Prämie. sich nie eingelebt im Westen –, aber dann DDpreußische Scholle gewiss nicht SShat gewiss sehr weh, aber dem Das konnte Bruno abschütteln. Darauf wenigstens zu Hause im Osten doch noch ersetzen konnte, ließ sich an. Irgendwie. „Sprachrohr“ der Kohlekumpel gut getan. kam es nicht an. „Hauptsache, du ver- Glück gehabt. Kommt ja auch vor. Mit der von klein auf gewohnten harten So sehr, dass man bei der LVZ auf den jun- lierst die Menschen nicht aus den Augen, 75 ist Bruno Schweitzer in diesem Jahr Arbeit in der Landwirtschaft, dann in der gen Mann aufmerksam wurde. Bruno fand für die du schreibst, in deren Interesse du geworden und es ist für ihn fast wie ein Bella-Schuhfabrik in Groitzsch, von deren zu einem Traumberuf. Vorerst nur als vier- etwas bewegen willst“ – darauf kam es erfüllter Jubiläumswunsch, dass die Lin- Wachsen und Werden Bruno mit glänzen- ter Mann in der Bornaer Kreisredaktion. ihm an. Und darum ist er einfach zufrie- ken in diesem Jahr ihre schier angebore- den Augen erzählen kann und deren rigo- Als er 25 Jahre später von den vorläufi- den, 40 Jahre in der DDR gelebt zu ha- ne Streitlust wenigstens soweit zügelten, rose Abwicklung bis heute weh tut. Und gen Siegern einer immer noch offenen ben. Diese soziale Erfahrung kann ihm als sie sich auf Fusionswege begaben. doch machte die Schuhfabrik den ja immer Geschichte geschasst wurde, war er niemand mehr nehmen. Nie wird es „Was allein schon diese starke Bundestags- noch halbwüchsigen Bruno krank. Er stand längst leitender Lokalredakteur gewesen, Bruno auch nur eine Sekunde bereuen, fraktion für ein Gewinn ist! Wenn sich an einer Maschine, spannte das Leder mit im Kreis bekannt wie ein bunter Hund diesem – wenn auch vor allem an eigenen dann erst die Linke und die WASG verei- Gewalt über die Leisten, ehe es festge- und wieder, wie seinerzeit bei Bella, An- Unzulänglichkeiten gescheiterten – sozia- nigen!“ Da könnten Träume wahr werden, zwickt wurde, und das dröhnte den ganzen sprechpartner in hunderterlei die Leute listischen Versuch all seine Kraft geschenkt könnte neben der Regierungsopposition Tag: wum, wum, wum! bewegenden Fragen. Da kam dem Re- zu haben. „Umso mehr tut es weh, wenn eine außerparlamentarische, eine echte Lungenpneu. Zwei Jahre Sanatorium. dakteur zu Gute, dass er seit 1957 Stadt- heute alles so abfällig beurteilt wird, selbst APO ... Aber dann natürlich wieder Arbeit in der verordneter in seinem Wohnort Groitzsch von Leuten, die es besser wissen müssen, Abwarten! Aber nicht abseits stehen. Schuhfabrik, wenn auch nicht mehr so war, also auch politische und vor allem die alle Vorteile vom Kindergarten bis zum Bruno doch nicht! gesundheitsschädigende. Viel Auswahl soziale Fäden mitziehen konnte. Wie oft Studium und zum sicheren Arbeitsplatz war ja nicht in Groitzsch. Bruno wurde hat Bruno, wenn andere unter der Last ausgekostet haben“, sagt Bruno, um so- • MAXI WARTELSTEINER 28 • POST LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

Liebe Leserin, lieber Leser, Verzweifelter das Leipziger Komitee für Widerstand Gerechtigkeit e.V. hat den Idee, die es verdient, Wunsch, dass es uns gemeinsam Die Medien berichten fast täg- gelingen möge, herausragende lich von Anschlägen im Irak Leistungen einzelner Menschen unterstützt zu werden oder in Afghanistan. Diese rich- und große gesellschaftliche ten sich in erster Linie gegen die Initiativen so zu würdigen, dass Für ein Leipziger Ehrenbuch verdienstvoller Einzelpersonen Besatzer aber auch gegen ein- sie in einem wahren Geschichts- und großer Gemeinschaftsleistungen nach 1945 heimische Kollaborateure, die bild Leipzigs erkennbar bleiben eng mit diesen zusammenarbei- und zum politischen Selbstver- Personen (auch repräsentativ für Gründung antifaschistischer Fritz Selbmann, Kommandant ten. Nun kann man die Mittel ständnis politisch progressiv und Methoden mit denen der Gruppen und Wirkungsgebiete) Parteien; N.I. Trufanow, Pater A. Arke- denkender und handelnder mit Kurzbegründung an die • die Gründung und das Wirken nau, Liddy Pientka, (Ökono- Kampf geführt wird verurteilen Menschen auch in Zukunft bei- oder aus westlicher Sicht als Redaktion LEIPZIGS NEUE zu der Volkssolidarität zur Lin- men,Wissenschaftler, Medi-zi- tragen können. Natürlich ist in unterbreiten, damit eine zu bil- derung von Not und Elend; ner, Künstler) Terror einstufen, es ändert dieser Hinsicht bereits vieles nichts daran, daß er Ausdruck dende Gruppe von Historikern • Leipziger Arbeiter und andere getan worden, so von der Rosa- und anderer Experten die Aus- Werktätige, die die zerstörten 2. Vorschläge für die Ehrung des Hasses der Iraker und Af- Luxemburg-Stiftung, dem Bund ghanen gegen das aufgezwun- wahl unterstützen kann. Industrien für die Friedenspro- von besonderem Bürgerenga- der Antifaschisten und ganz Dabei wird oft nur eine unvoll- duktion in Gang brachten und gement, z. B.: gene Besatzungsregime ist. besonders von LEIPZIGS NEUE. Gleichzeitig wird damit der kommene und unvollendete zugleich große Reparationsleis- • die Bewegung der internatio- Es fehlt jedoch u. E. eine den Wertung („ja, aber…“) möglich tungen zu erfüllen hatten infolge nalen Solidarität in Teilen der Forderung Nachdruck verlie- gesellschaftlichen Umwälzungs- hen, dass die Besatzer (auch die sein, die aber Interessierten hilft, des Eroberungskrieges des deut- Leipziger Bevölkerung sowie in prozess nach 1945 umfassende, Ereignissen und Biografien wei- schen Faschismus; Gewerkschaften, Betrieben und Deutschen) umgehend ihre Län- dennoch überschaubare und all- der verlassen. ter nachzugehen. • die antifaschistisch-demokrati- Schulen (Aufnahme griechi- gemeinverständliche kritische Das „Ehrenbuch“ könnte sche Umwälzungen: Entnazi- scher Partisanen-Kinder 1949, Mit welch hehren Zielen war die Wertung. Hierbei eine Lücke zu schrittweise zunächst in LEIP- fizierung und Reformen politischer Emigranten aus US-Army in diese Staaten einge- verringern sind wir nicht nur fallen. Man wolle den Bürgern ZIGS NEUE und als Homepage (Boden, Verwaltung, Schule, Chile, arabischen u.a. Ländern. den zu Ehrenden schuldig. Es im Internet erscheinen, sollte Hochschule); der Volksent- • Ensemble Solidarität, (nach Freiheit, Demokratie und ein muss auch darum gehen, der menschenwürdiges Dasein brin- mehrere Herausgeber vereinen scheid in Sachsen über die Ent- 1990 „World Family“) europa- herrschenden Geschichtsfäl- und zwei Gruppen von Ehrun- eignung der Kriegsverbrecher weit größtes Kulturensemble gen. Ausgerechnet die USA ha- schung entgegen zu wirken, die ben es nötig, mit solch hohen gen umfassen, entweder chrono- (Firmengruppe A); ausländischer Studenten in den Widerstand gegen soziales logisch und/oder thematisch: • die Rettung der Leipziger Mes- Leipzig (bis 1994) ... Ansprüchen bei anderen hausie- Un-recht lähmt und den Neofa- ren zu gehen. Tatsächlich ist das se; Masseninitiativen für den • Rahel und Prof. Ernst Sprin- schismus befördert. 1. Vorschläge für die Ehrung Bau des Zentralstadions bzw. ger, Prof. Hans Lauter, Johanna Gegenteil eingetreten. Wie ver- Sehr bald sollte – auch aus An- zweifelt muss ein Volk sein, „besonders herausragender den Ausbau der Moritzbastei ... Landgraf, Dr. Helmut Warmbier, lass des 120. Geburtstages des Leistungen“, z. B.: • Volksbewegung 1989 (Mon- Charlotte Zeitschel, Dr. Christel wenn es sich zu mörderischen ersten antifaschistischen Ober- Terrorakten hinreißen lässt? • die Leipziger „Trümmerfrau- tagsdemos) zunächst für mehr Hartinger, Hassan Abidine ... bürgermeisters von Leipzig, en“, die dazu beitrugen, neues Bürgerrechte in der DDR; Das Leipziger Komitee für Ge- GOTTFRIED FLEISCHHAMMER Prof. Dr. Erich Zeigner (17. Leben zu beginnen; • Protestdemonstrationen gegen rechtigkeit wartet gespannt auf LEIPZIG Februar 2006) – begonnen wer- • die Bildung des Leipziger den Irak-Krieg (2002/2003) Vorschläge. den, Ehrungsvorschläge für Evolution einer Antifa-Ausschusses und die • Erich Zeigner (1886 – 1949), HANS-JOACHIM WIENHOLD Zitrone m internationalen Tag „Nein Azur Gewalt an Frauen“, seit In der Schale unweit des Fern- 1999 von der UNO anerkannt, Fahnenaktion am sehgerätes schlummert eine wurde in vielen Städten der Welt Zitrone. Immer wieder hört sie, eine Fahne gehisst. Auch im Leip- wie ihr das ZDF ins Gewissen ziger Stadtbild waren die Fahnen Liebknechthaus redet, drängend und täglich: „Frei leben – ohne Gewalt“ an „Du bist Deutschland, ja, du bist mehreren öffentlichen Gebäuden zu sehen. vorstandes der Linkspartei Leipzig die ken Sie über das Wunder, du bist Deutsch- Mit dieser Fahnenaktion wird alljährlich Fahne, sichtbar für alle Passanten, gehisst. ihre Teilnahme land!“ versucht, das Thema weltweit an die Öffent- Anschließend fand unterm Dach eine nach. Auch im „Wenn sie es mir täglich sagen, lichkeit zu bringen, denn es besteht dringen- Diskussion und eine Lesung zum Thema nächsten Jahr muss es wohl wahr sein“, denkt der Handlungsbedarf. Laut den Vereinten statt. Schreibende Leipzigerinnen lasen aus wird wieder sie, „aber was kann ich, eine Nationen leben heute 200 Millionen Frauen ihren Texten. Die Zuhörenden waren sehr eine Fahnenak- Zitrone, für Deutschland tun?“ und Mädchen weltweit weniger, als demo- beeindruckt von den Erzählungen über tion in der Da greift eine Hand nach ihr, grafisch geschätzt. Sie kamen zu Tode durch Vergangenheit mit Kriegserlebnissen aus Braustraße in zerschneidet und quetscht sie Abtreibungen weiblicher Föten, durch Tö- ungewöhnlicher Sicht, aber auch Geschich- Leipzig starten. aus – bis zum letzten Tropfen. tung kleiner Mädchen, durch mangelhafte ten aus der Gegenwart. „Frei leben – Ausgelaugt hinterlassen beide Ernährung, durch fehlende Medizin und in Nicht in der Hand der Organisatorinnen der ohne Gewalt“. Zitronenhälften der Umwelt ih- bewaffneten Konflikten, aber auch durch ansonsten rundum gelungenen Veranstal- Das Thema geht re Botschaft aus dem Abfall- sogenannte Ehrenmorde und Gewalt in der tung lag die fehlende Teilnahme vor allem uns weiterhin eimer: „Wie schön es ist, sein Familie. männlicher Besucher. Deshalb eine Bitte an alle gemeinsam an, ob männlich oder weib- Bestes zu geben!“ Organisiert von der AG Lisa Leipzig und der die männlichen Leser: Kreuzen Sie den 25. lich und das jeden Tag! JOCHEN TANNIGEL, AGADIR Freitagswerkstatt wurde am Haus des Stadt- November in ihrem Kalender 2006 an, den- UTE SINGER, AG LISA LEIPZIG

orgen des Donnerstags, 8. Dezem- Asylsuchenden nach sechsjähriger Auf- Mber: Das Uhrenradio geht an, ich enthaltsdauer in Deutschland. einen Auf- höre mir noch zwei Viertelstunden-Nach- Morgennachrichten enthaltsstatus gestatten will und kritisiert, richten an : Ein Mensch wurde erschossen. sich an Menschenrechten orientieren. Was Situation. Vermerkt wird auch der Ortsteil, dass „diese Asylsuchenden“ sich ja an Diesmal von Sky-Marshalls, weil er sich wiederum keine Erwähnung findet, dass in dem die Kundinnen leben und ob dort Gerichte wenden würden und dementspre- „auffällig verhalten“ und gerufen habe, „er US-Behörden ein anderes Verständnis von ‚sozial Schwache' wohnen würden. In dem chend einige über diese sechsjährige Frist habe eine Bombe“. Die Informa-tion, dass Folter haben: mit dem Kopf unter Wasser Beitrag wird der Datenschutzbeauftragte hinauskommen und damit Aufenthaltsrecht seine Ehefrau hinter ihm herrannte und tauchen, zählt demnach nicht dazu. zitiert, dass ja jemand mit gutem Ein- erhalten würden. Gleichzeitig betont er, rief, er sei psychisch verwirrt und hätte Nachricht Nummer drei: Fleischskandal. kommen in einem solchen Viertel leben dass ein 45-jähriger, der hier als Flüchtling heute seine Medikamente nicht genom- „Schwarze Schafe“ sollen auf Listen für und damit diskriminiert werden könnte, da anerkannt wird, in 20 Jahren Tätigkeit nur men, tauchte nur in den ersten Nachrichten Verbraucher kenntlich gemacht werden, ihm auf Grund des ‚schlechten Wohn- knapp 350 Euro Rentenanspruch erwerben des Morgens auf, in den zweiten nicht um eine Entscheidungsfreiheit zu ge- viertels' eine schlechte Note erteilt würde. könne und die übrige Zeit „den Steuer- mehr. Der 44-jährige Amerikaner, dessen währleisten.Warum schwingt eigentlich Was ist aber mit denen, die dort auf Grund zahler“nur koste. Mir fallen dazu viele Name uns nicht genannt wird, hatte keine nicht die Frage mit, ob wir vielleicht eines geringen Einkommens wohnen (ich Fragen ein. Hier bloß die: Ja sind denn Bombe und ist nun trotzdem tot. zunächst die finanziellen Grundlagen auch nehme an, dass war im Beitrag mit ‚sozial Ausländer, die dann endlich hier arbeiten Dann: Khaled el Masri sei durch den CIA für finanziell Schwächere sichern sollten. Schwache' gemeint)? Diese dürfen auf dürfen, keine Steuerzahler? ins Ausland verschleppt und dort gefoltert Wer von Hartz IV lebt, greift nach billi- Grund ihrer Wohnlage diskriminiert wer- Ich stehe auf und wende mich dem neuen wurden. Was Menschenrechtsorganisatio- gem Fleisch ... den? Tag zu, an dem mir wieder Leute begegnen nen seit Jahren feststellen, wird nun fun- Immer noch kurz nach 6 Uhr: Versand- Langsam kommen wir zum Ende: werden, die – wie so viele – sagen: „Ich diert. US-Außenministerin Condoleezza handelsketten legen Kundinnenprofile an Irgendein CDU-Mensch aus Niedersach- habe ja nichts gegen Ausländer, aber …“ Rice kündigt neue Verhörmethoden an, die und vermerken Kaufverhalten, finanzielle sen kritisiert einen Vorstoß aus Hessen, der HEINZ-JÜRGEN VOß, LEIPZIG LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 ANZEIGEN • 29

dankt allen Freunden Kubas für ihre Solidarität mit dem karibischen Inselvolk, das der US-amerikanischen Macht vor seiner Haustür mutig und erfolgreich die Stirn Die Mitglieder und Sympathisanten bietet. der Initiative Christliche Linke Ihre Spenden werden wünschen allen Leserinnen und Lesern von LEIPZIGS NEUE auch im neuen Jahr ein gesegnetes Weihnachtsfest gebraucht, für den und ein möglichst friedliches neues Jahr Kindergarten von

Unsere erste Veranstaltung im neuen Jahr findet am 9. 1., Matanzas, für die 18 Uhr, im Gemeindesaal der Nikolaikirche Leipzig statt. Cuba-si-Milchprojekte Prof. Dr. Kurt Meier spricht über Aktuelle Aspekte des Verhältnisses von Christentum und politischem System. und für vieles andere.

Allen Kuba-Freunden ein friedliches Eine bessere Welt ist Weihnachtsfest im möglich! Kreise ihrer Lieben und einen fröhlichen Allen Leserinnen und Lesern von Rutsch LEIPZIGS NEUE ins neue Jahr! Vorstand und Kreistagsfraktion auch im neuen Jahr viel Gesundheit und viel Kraft für die vor uns Anfrage in stehenden Aufgaben. eigener Sache Dr. Volker Külow, MdL, Welcher Korrektor hat nach dem Berufsleben Lust und Ein frohes Weihnachtsfest Vorsitzender des Stadtverbandes Leipzig Zeit, unserer ehrenamtli- chen Redaktion aller 14 Ta- und für das Jahr 2006 ge zur Seite zu stehen? Über eine schriftliche Nach- Kraft und Optimismus im Kampf gegen richt oder E-Mail würden wir uns freuen. Bildungs- und Sozialabbau LEIPZIGS NEUE Das wünscht Ihnen CORNELIA FALKEN Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern von MdL Sachsen – Linksfraktion.PDS LEIPZIGS NEUE eine frohe Weihnacht und ein gesundes neues Jahr. Nochmals vielen Dank für das mir zur Bundestagswahl 2005 entgegengebrachte Vertrauen. Dr. BARBARA HÖLL

Dank und Gruß zum Jahreswechsel allen, die mit uns gemeinsam Gesicht zeigten für Frieden, soziale Gerechtigkeit und gegen Naziprovokationen in unserer Stadt. Stehen wir auch im kommenden Jahr zusammen für ein stärkeres Antikriegs- bündnis und gegen die Herrschaft der Sozialabbauer! Friedenszentrum Leipzig e. V. Leipziger Komitee für Gerechtigkeit e. V. 30 • ANZEIGEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005

Am 2. Weihnachts- Unsere Genossin Unser Genosse BUCHHANDLUNG RIJAPIJAP feiertag wird unsere B R Genossin Margarete Härtel Dr. Reinhard Zimpel ist am 20. Dezember GbR Christel Falke feiert am 31. Dezember seinen 70 Jahre. 75 Jahre Literatur für SIE geworden. 80. Geburtstag. Wir wünschen unserem Im Dezember neu bei uns: „Christkindel“ zum Wir gratulieren Wir wünschen dir, herzlichst und lieber Reinhard, Ernesto Che Guevara: Selbstportrait Che Guevara. Hrsg. v. Jubiläum Victor Casaus. Kiepenheuer & Witsch, 19,90 Euro weiterhin viel wünschen dir, liebe Gesundheit und alles Gesundheit sowie Margarete, erdenklich Gute und Ingo Schulze: Neue Leben. Die Jugend Enrico Türmers in Kraft und Mut im für das neue Lebensjahr danken dir für deine Briefen und Prosa. Berlin Verlag, 24 Euro Ringen um unsere alles erdenklich Gute, unermüdliche und Christoph Links, Sybille Nitsche, Antzje Taffelt: Das wunderbare gemeinsamen Ziele. vor allem viel engagierte Mitarbeit Jahr der Anarchie. Links, 14,90 Euro Gesundheit. Deine Linkspartei.PDS- Wir beschaffen jedes lieferbare Buch. Basisgruppe Lößnig II Deine Linkspartei.PDS- Deine Linkspartei.PDS-OV Wir liefern in Leipzig frei Haus! In alle anderen Orte Sachsens Basisgruppe Lößnig II Connewitz-Dölitz für geringes Porto! Bestellen Sie per Telefon, Fax oder Internet ! 0341 - 9 11 01 70, Fax: 0341 - 9 11 01 71 www.buchhandlung-rijap.de Liebe Allen Genossinnen und Genossen, allen In Leipzig finden Sie uns in der Ruth Dietrich Sympathisantinnen und Sympathisanten Filiale Axispassage 04159 Georg-Schumann-Str. 171 zu deinem der Linkspartei.PDS in Lößnig Filiale Eutritzscher Zentrum 75. Geburtstag ein frohes und geruhsames Weihnachtsfest, 04129 Wittenberger Str. 83 am 20. Dezember verbunden mit herzlichen Grüßen zum Filiale Büchermarkt Mockau Center 04357 Mockauer Str. 123 wünschen wir dir Jahreswechsel und den besten Wünschen für 2006. Gesundheit und alles Wir danken unserer verehrten Kundschaft erdenklich Gute Vor uns stehen große Aufgaben – packen für ihr entgegengebrachtes Vertrauen und wir sie gemeinsam an. Deine Genossinnen und wünschen ein friedvolles Weihnachtsfest Genossen der Der Vorstand der Linkspartei.PDS- und ein gesundes neues Jahr Linkspartei.PDS-OV Basisgruppe Lößnig II Connewitz-Dölitz Carl-Schorlemmer-Apotheke FREIES DENKEN Inhaber: – was für ein FSD PhR Friedrich Roßner Fachapotheker für kostbares Gut in Allgemeinpharmazie Zeiten, in denen die Karlsruher Straße 54 von Geld und Macht 04209 Leipzig gesteuerte Telefon (03 41) 4 22 45 58 Arzneimittel-Information Telefon/Fax (03 41) 4 12 71 91 Meinungshoheit über Arzneimittel-Abgabe Büro / Apothekenleiter allen Tischen und Stühlen herrscht, zwischen Der Vorstand der TIG Leipzig dankt allen Mitgliedern die man leicht und ihren Angehörigen, allen Freunden und geraten kann. Sympathisanten für die Aktivitäten und Unterstützung, wünscht alles Gute zum Jahreswechsel Deshalb: Frei denken! und rechnet weiter mit der Solidarität aller Die Freidenker des im Kampf gegen soziales Unrecht. Leipziger Verbandes Im neuen Jahr finden die ISOR-Sprechstunden an jedem 4. wünschen allen Mittwoch des Monats ab 16 Uhr im Leipziger Stadtteilzentrum Leserinnen und Messemagistrale, Straße des 18. Oktober 10a statt. Lesern von LEIPZIGS NEUE ein erfolgreiches Jahr Weihnacht bedeutet so viel 2006. 1 Weihnacht ist immer dann, wenn du Gutes tust. Weihnacht ist immer dann, wenn du für den Frieden nicht ruhst.

Refrain: Nicht weinen, dass Du gegangen – danken, dass Du gewesen. Weck’ die Träume in dir! Gib die Hoffnung nicht auf! Weihnacht ist mehr als ein Ziel. Genossin Oberstleutnant der NVA Weck die Träume in dir! Gibt die Hoffnung nicht auf! Weihnacht bedeutet so viel.

SR Dr. med. Gisela Gläsel 2 Weihnacht ist immer dann, wenn du Brücken baust. geb. 18.01.1930 gest. 06.12.2005 Weihnacht ist immer dann, wenn du an Menschlichkeit glaubst. 3 Weihnacht ist immer dann, wenn du Liebe wagst. In Liebe und großer Trauer: Weihnacht ist immer dann, wenn du alles Böse anklagst. 4 Weihnacht ist immer dann, wenn du Armen hilfst. Rolf, Lutz und Jura im Namen Weihnacht ist immer dann, wenn du die Gerechtigkeit willst. aller Angehörigen und Freunde Verfasser unbekannt. Gesungen von Jessica (8 Jahre) und begleitet von Uta Knospe (Gitarre) während der Weihnachts- und Jahresab- Die Urnenbeisetzung findet am Mittwoch, dem 18. Januar 2006, schlussfeier im Leipziger Stadtteilzentrum Messemagistrale des 14 Uhr, auf dem Friedhof Wiederitzsch statt. Bundes der Antifaschisten, der allen Freunden in diesem Sinne ein beschauliches Fest und ein gesundes neues Jahr wünscht. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 OH DU FRÖHLICHE • 31

Der gewiss kürzeste Weihnachtsmarkt ...... findet exakt zwischen 16 und 18 Uhr in Mochau auf engstem Platz: Glühwein. Bratwurst, Fettbem- statt – das ist irgendwo hinter Döbeln. Und zwar men, Schokoäpfel und eine Tombola. Alles zusam- immer nur am dritten Adventssonntag. Nicht, dass es men sollte wie jedes Jahr ein wenig Geld in die klam- zu befürworten wäre, dass man seinerzeit das mor- me Kirchgemeindekasse spülen – was bei dem An- sche Kirchdach des 800-Seelen-Ortes einfach einfal- drang in dem engen Hof gewiss mehr als erfolgreich len ließ. Aber die nun seit Jahren dachlose Ruine war. Neben jeder Menge Trostpreise gab es aller- passt echt gut als Rahmen zur Weihnachtsge- hand Hauptpreise. Als ein riesiger Weihnachtsbaum schichte, bei der ein echter Esel nicht fehlen darf und über den Tisch ging, war mir ein bisschen mulmig an- Maria und Josef – als Bedarfsgemeinschaft vorge- gesichts der vielen Gewinn-Lose, die meine Freundin stellt – ziemlich im Clinch liegen, weil sich Josef das noch einlösen wollte. So ein Ding passte nun wirklich mit der unbefleckten Empfängnis partout nicht von nicht auch noch ins Auto. Aber Karin hatte nur ein seiner Maria einreden lassen will. Aber dann siegt Ziel: ein Neujahrs-Mittagessen beim Pfarrer. Voriges halt die Liebe. Zeitgenössischer konnte der junge Jahr hatte sie dieses Glückslos zusammen mit 15 Pfarrer die Geschichte mit seinen Dorfjugendlichen anderen Marktbesuchern gezogen und war nun wild wahrlich nicht auf die Bühne in der schaurig schönen entschlossen, wieder in den Genuss seiner Rundum- Ruine bringen, zumal es an aktuell brisanten Ein- unterhaltung und seiner Kochkünste zu kommen. lagen wie der vor dem Finanzamt nicht mangelte. Klar hat sie es geschafft. Mit Raffinesse. Da kann Vielleicht ein bisschen zu lang, schließlich ist es im kein Weihnachtsmann widerstehen. Dezember ohne schützendes Dach schon ganz Wie gesagt, um Geld ging das Ganze schon auch. schön kalt, aber, nun gut. Es gab ja gleich nebenan, Aber nicht um Kommerz. Und darum fahren wir im unterm Carport des Gemeindehauses alles, was zu nächsten Jahr wieder zum 2-Stunden-Weihnachts- einem richtigen Weihnachtsmarkt gehört, wenn auch markt nach Mochau. • WART

Am 1. Januar 1506, sinnen, vor 500 Jahren, pre- Zum Jahresende 2005 wohl über Weihnachts- und digte der päpstliche Neujahrsbotschaften. Die Sonne lässt uns schwer im Stich. Ablasshändler Jo- Ich müh' mich um den tiefen Glanz hannes Tetzel erst- Die Erde dreht sich, dass uns das Polare von innen, malig in Leipzig. Erst Ins Gesicht schlägt. Es wird winterlich, indes die Gaskonzerne 1517 fand er seinen dass sich der Jahreskreislauf offenbare. Widerpart, als viele Höchstprofite rafften. Wittenberger ihn in Die Christenmenschheit strömt im Magdeburg aufsuch- So rollt ein Jahr zu seinem End' Singen, ten und Luther Auf überfüllten Autobahnen. davon Wind bekam. als sei das Jesus-Kindlein neu geboren. Das Volk auf übervolle Märkte rennt Ein ält'rer Märchenonkel soll Und folgt des Konsumismus Geschenke bringen. stolzen Fahnen. Sobald Der erste Obdachlose ist erfroren. ,S Angela sitzt nun auf höchstem Platz, das und lächelt wie im Liebesrausche. Im Futterhäuschen plustert sich ein Spatz, Mit diesem Gedicht wünscht Hans- wie ich die Shorts mit Georg Brandner, Leipzig, allen LN- Geld Winterunterhosen tausche. Machern und den LN-Lesern ein Ablasshändler Der Pabst und unser Grüße-August schönes Weihnachtsfest und einen im Kasten klingt ... Johannes Tetzel 1517 fröhlichen Rutsch ins neue Jahr.

ot, Geldnot, eigentlich schon Geld- ganz Deutschland unternahm. Nbedarf macht erfinderisch. So kam Als Luther 1517 in seinen 95 Thesen Lösungsspiegel

Papst Julius II., als er den Petersdom zwar nicht den Ablass an sich, aber seine

bauen lassen wollte (Grundsteinlegung schlimmsten Entartungen anprangerte, Seiffen

am 18. April 1506), angesichts knapper dabei durchaus noch papsttreu, war das Spielzeugmuseum Kassen auf die Idee, für Sündenverge- der Beginn der Reformation, die bald ih- Prof.Hans Sandig bung und Bewahrung vor der Hölle nicht ren eigenen Gesetzen folgte und zur früh- nur Fasten .... und Wallfahrten zu verord- bürgerlichen Revolution geriet. ? nen, sondern klingende Münze einzufor- Man muss Tetzel bescheinigen, dass er ? dern. Bis dahin waren Geldbußen, ver- nicht nur die einfältige Gläubigkeit sei- Welcher Komponist und bunden mit tätiger Reue, nur für be- ner Kunden weidlich nutzte, sondern mit Chorleiter schrieb dieses bekannte stimmte Sünden möglich. Nun wurden einem eingängigen Slogan äußerst wer- Weihnachtslied? die Regeln gelockert. Die ausgestellten bewirksam agierte: „Sobald das Geld im Ablassbriefe vergaben alle möglichen Kasten klingt, die Seele (aus dem Fe- kleinen und großen Missetaten – so gefeuer) in den Himmel springt.“ Kirchenraub und Meineid schon für neun Wirksamer hätten es heutige Werbeex- und Mord für acht Dukaten. Auch konn- perten nicht formulieren können. Im Ge- te man Ablässe für Verstorbene erwer- genteil: Werbespot-Schöpfer, Spenden- ben. Die Hälfte der Einnahmen diente akquisiteure, Kaffeefahrten-Dompteure der Finanzierung des Dombaus in Rom, und gewisse Politiker scheinen bei Tetzel die andere Hälfte teilten sich der den in die Lehre gegangen zu sein. Sie bauen Fuggern hoch verschuldete Kurfürst und auf Dummheit und Leichtgläubigkeit, Erzbischof Albrecht von Mainz als Ab- versprechen wider besseres Wissen kör- laßverwalter der westdeutschen Kir- perliche, geistige und soziale Genesung chenprovinzen und der Dominikaner- und plündern damit die Geldbeutel. mönch Johann Tetzel aus Pirna als Die Kurie hat nach der Reformation die „Vertriebsleiter“ und marktschreierischer gröbsten Auswüchse des Ablasses besei- Ablassprediger. Ab 1504 wurde dieses tigt (Tetzel selbst starb 1519), doch Ablass Wo dreht sich diese Gewerbe professionell betrieben. gibt es bis heute. Die Methoden des 6.30 m hohe Pyramide? Leipzig war nur eine der Stationen der Gelderwerbs sind allerdings subtiler ge- Touren, die Tetzel Jahr für Jahr durch worden. • GÜNTER LIPPOLD 32 • ALLERHAND 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 Bestdeutsch

64001 DP AG Postvertriebsstück Gebühr bezahlt Projekt Linke Zeitung e. V., Braustraße 15, 04107 Leipzig

FUNDSACHEN Der US-Handelskonzern Wal Mart sprechen ja schon Denglish. Alle hat 2004 zehn Milliarden Dollar 30 BRD-Daxunternehmen haben Gewinn gemacht. Viele Beschäf- Englisch als eine Konzernsprache tigte bekommen einen Lohn unter eingeführt. Auch der Betriebs- der Armutsgrenze und brauchen ratsvorsitzende muss Englisch ler- zum Überleben Essenmarken und nen, da er sonst die Bezeichnun- andere soziale Zuwendungen. gen für die einzelnen Abteilungen Robert Greenwald hat jetzt einen nicht mehr versteht. 3sat 24. 11. Film über die Praktiken des Kon- zerns gedreht, über den jetzt im Der Teufel ist eine geheimnisvolle ganzen Land diskutiert wird. Anwesenheit. – Ich begrüße die 3sat 23. 11. Teilnehmer des italienischen Exor- NOCH RECHTZEITIG VORM JAHRESWECHSEL hat uns die weltbewegende Nachricht über zistenkongresses. Ich ermutige die auserkorenen Wörter des Jahres 2005 erreicht: Bundeskanzlerin, Wir sind Papst und Ballack muss sich nun entschei- sie, ihre wichtige Aufgabe im Tsunami. Auf den Rängen folgen solche Ehrlichkeiten (was für ein einleuchtendes Unwort den: Will er viele Millionen verdie- Dienst der Kirche weiterzuführen. des Wahljahres 2005) wie Heuschrecken oder Gammelfleisch. Sie alle konnten selbstredend nen oder sehr viele? Papst Benedikt XVI. (Ratzinger) auf noch keine Aufnahme in das Büchlein des Eulenspiegel Verlages „Bestdeutsch – Wörter einer öffentlichen Messe in Rom. und Unwörter 1990 bis 2004“ finden. Aber mehr als dort ist kaum nötig, denn: Noch kar- 2004 sind 150 000 Bundesbürger ARD 24. 11. und 3sat 28. 11. gere, noch eulenspiegellistigere Entlarvung geht nicht. ausgewandert, 18 Prozent mehr Zu jeweils einem Wort aus der Auswahl eines Jahres steuerte Matthias Gubig eine Grafik bei als 2003. In Irland leben zur Zeit Die Physikerin, die es nach Ein- (siehe unten: Ich-AG, 2002). Egal, welche Seite man aufschlägt, es erschlägt, was da steht. 15 000 Deutsche, die meisten in schätzung ihrer Parteifreunde ver- 1992 beispielsweise: Politikverdrossenheit oder ethnische Säuberung oder Rassismus oder Dublin. steht, Partner so schnell über den gaucken ... Für 2000 wählten die Fachjuroren der Gesellschaft für deutsche Sprache unter Beides Bayerisches Fernsehen 24. 11. Tisch zu ziehen, dass diese die anderem aus: Schwarzgeldaffäre, Big-Brother-Haus, Leitkultur, Greencard, national-befrei- entstehende Reibungshitze für te Zone, SMS, brutalstmöglich ... Die Fernseh-Politmagazine laufen Nestwärme halten. Wörter, Unwörter des Jahres? Zeitgeschichte pur! Feindliche Übernahme, Kampfeinsatz, ab 2006 nur noch 30 Minuten, LVZ-Leserbrief 26./27. 11. Maut-Desaster, Besserwessi, nicht mehr 45. rote Socken, schlanker Staat, Schon gemerkt? Chicoree Bildungsmisere, Paparazzi, 500 000 Menschen in der BRD be- schmeckt nicht mehr bitter. Die Bush-Krieger, Arneimittel- kommen von den Banken keine Bitterstoffe wurden weggezüchtet. ausgabenbegrenzungsgesetz, Girokonten. In der Hauptstadt, Wieder ein Produkt mehr, das Rentnerschwemme, genmani- sind es allein 34 000. nach nichts schmeckt. puliert ... Beides ARD 24. 11. Nach Informationen im Das blanke Weihnachtsge- Deutschlandfunk und eigenen schenk für Leute, die sich Ein Volk kann sich nicht mehr er- Kostproben nicht einwickeln lassen, emp- niedrigen, als seine eigene Spra- fiehlt che nicht mehr zu sprechen. Wir • MANFRED ERBE

IHRE MILIANE MAUS Früher hieß es: Von der SU lernen ... Heute gilt: Von den US ler- nen, heißt siechen lernen • R. LOCHNER Das Leben eines Kindes könnte schon Maßstab für Diktatur sein Herausgeber: Projekt Linke Zeitung e.V., IN COTTBUS HABEN sie noch immer nur ein Thema: können. Diktatur hin, Diktatur her – das Leben eines Kindes V.i. S. P.: Rahel Springer Dennis. Wir warfen einen Blick in den Gerichtssaal, in dem könnte schon ein Maßstab dafür sein. gegen seine Eltern verhandelt wird. Zwar klagt der Staatsanwalt Wir kamen zu dem Schluss, dass Dennis wohl noch leben Redaktion: Braustraße 15, 04107 Leipzig, Tel./Fax: 0341 / 21 32 345 wegen Totschlags, aber letztlich handelt es sich um grausamen würde, wenn er in der DDR aufgewachsen wäre ... E-Mail: [email protected] Mord. Ein Kind verhungern zu lassen und dann die Leiche für Übrigens: Der Leiter der „Gedenkstätte“ in Berlin-Hohen- Internet: www.leipzigs-neue.de Jahre in einer Kühltruhe zu verstecken, sprengt menschliches schönhausen – täglich werden hier schockierten Besuchern Einzelpreis: 1 Euro, im Abonnement halb- Vorstellungsvermögen. Nun soll das Gericht auch klären, wie es „Folterzellen“ der „DDR-Diktatur“ vorgeführt – hat eine Dis- jährlich (für 13 Ausgaben): 13 Euro dazu kommen konnte, dass den zuständigen Ämtern der fehlen- counter-Kette angezeigt, weil sie Shampoo verkaufte, das das Vertrieb, Abonnement, Abrechnung: de Schüler nicht auffiel. Am 28. Februar 2001 hätte Dennis ein- Symbol der DDR auf dem Etikett trug. Nach 72 Stunden rea- Ralf Fiebelkorn, Büro- und Verlagsservice, geschult werden sollen. Er gierte der Discounter und nahm Gärtnerstraße 113, 04209 Leipzig. Tel./Fax : 0341/2132345 wurde krank gemeldet. Im Wanderungen durch Neufünfland das Shampoo aus den Regalen. Dezember 2001 starb er, bis Wenn jemand in Cottbus im Fall Anzeigen, Werbung: 2003 wurde die Sozialhilfe überwiesen. Die Zeugen, die helfen Dennis so zügig reagiert hätte, wäre der Fall nie zum Fall BERGdigital, Hans-Jürgen Berg, sollten, das Rätsel aufzuklären, widersprachen sich, ihre geworden. Oststraße 39, 04420 Markranstädt. Tel.: 034205/18 010, Fax: 034205/18 062 Ausreden schienen sich zu stapeln. Die Untersuchung dieses ALS WIR DURCH HALBERSTADT KAMEN, machte man uns E-Mail: [email protected] Falls kann nicht Aufgabe des Wanderers sein, aber er gesteht, darauf aufmerksam, dass rührige Bürger der Stadt sich noch dass er mit seinen Freunden erschüttert den Gerichtssaal verließ immer um Montags-Demos kümmern. Marlies Jehrke wurde da Druck: Rollenoffset-Kiel GmbH und sie noch tief in den Lausitzer Wäldern das Thema leiden- genannt, die dafür sorgt, dass die Initiative nicht in Verges- Einzelne Beiträge müssen nicht mit der schaftlich erörterten. Eine alte Frau, Bewohnerin des Blocks, in senheit gerät. Ihr Motiv formulierte sie so: „Wir wollen kein Meinung der Redaktion übereinstimmen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und dem sich die Tragödie zugetragen hatte, erregte mit ihrem Meckerpodium sein, sondern umfassend informieren und ande- Fotos wird nicht gehaftet. Kommentar die Gemüter der Wanderer: „Das hätte früher nicht re wachrütteln.“ Das klang überzeugend und galt auch für den vorkommen können!“ Die Feststellung ist gewagt, aber nicht zu Hinweis auf die Gesetze, die derzeit in Berlin mit heißer Nadel Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 20. Dezember ignorieren. Jeden Tag werden hierzulande neue Sprüche über die gestrickt würden. Ob man sich an der Spree nicht eine solche Die nächste Ausgabe erscheint am „Diktatur DDR“ gekloppt, aber die Frage muss gestellt werden, Beraterin leisten sollte? Empfehlen würde es jedenfalls 13. Januar ob in der DDR ein Kind über Jahre hätte spurlos verschwinden • KLAUS HUHN