! Linker OBM für Leipzig? Seite 3 ! Ein Jahr Koalition in Sachsen Seite 7 2255//2266 Seite ! Bin ich Deutschland? 9 2005 ! Schkeuditz: Atomwaffen DOPPELAUSGABE inklusive? Seite13 Nur ! Leipziger Skandale Seiten 14–15 2 Euro! ! Schriftsteller Dieter 13. Jahrgang Lattmann im Gespräch Seiten16–17 23. Dezember www. ! „Systemnah“ – ein leipzigs- neue.de EINE LINKE ZWEIWOCHENZEITUNG Nazibegriff Seite 22 Drewermannsche Freiheit – ein Lehrbeispiel Eugen Drewermann, der oppositionelle Katholik und Kir- Eisige Zeiten chenkritiker, machte sich das derzeit viel zitierte „Ge- schenk der Freiheit an mich selber“, wie er formulierte, übrigens schon am 20. Juni, zu seinem 65. Geburtstag. Wobei dies ohnehin ein längst überfälliger, nur konse- quenter und nur noch formaler Schritt für einen Mann war, der nach eigener Auskunft darunter leidet, dass die Kirche keine „Interpretationsbrücken von der Botschaft Jesu zu der Not der Menschen hin“ schaffe. Die Konfes- sion sei nicht so wichtig, sondern der Mensch selber, so der nach wie vor überzeugte Christ. Da möchte man ergänzen, die Parteien sind auch nicht so wichtig, sondern die Menschen, für die sie wirken wollen oder jedenfalls sollten. Wenn Drewermann in den „objektiven Inhalten des Glaubens, seinen symbolischen Vorgaben in Ritus, Sakrament und Frömmigkeitsleben“ eine dermaßen weite Abspaltung vom subjektiven Er- leben sieht, dass sich ein auf sich konzentrierter Machtapparat mit autoritäter Hierarchie darüber ent- wickeln kann, dann beschreibt er ebenso die Me- chanismen der weltlichen Macht. Wir haben gerade wieder den leidigen Ritus einer Wahl mitgespielt, wohl wissend, dass sowieso gebrochen wird, was versprochen wurde, wohl wissend, dass den Parteioberen die Auskungelei ihrer Ämter über alles geht, dass egal, wer das Regierungschiff im Kapitalimus lenkt, Komplize einer immer noch schier allmächtigen Al- lianz der großen Geldes ist. Gesinnungslosigkeit, Ver- derbtheit – das sind Voraussetzungen, um an den Fleischtöpfen der wirklich Mächtigen ein paar Happen abzubekommen. Was Drewermann das Pfaffentum, das ist dem Volk, ob gläubig oder nicht, die von ihm mehr oder weniger gewählte Regierung. Eigentlich weniger, sieht man sich die Ergebnisse genau an. Drewermanns Schritt, einer autoritären, arroganten Machtinstitution zu entsagen, ohne seinen Glauben auf- zugeben, den haben auf ihre Weise rund vier Millionen überzeugte deutsche Demokraten auch getan. Sie wähl- ten links, sie wählten die Opposition. Das Problem besteht jetzt offenbar darin, dass ein nicht uneinflussreicher Teil der in eine starke Opposition Ge- wählten diese Rolle gar nicht so vorteilhaft betrachtet, wie sie tatsächlich sein könnte. In der gewiss hehren Ansicht, dies sei Wählerwille, verspricht man deshalb immer näher rückende Termine fürs Mitregieren. (Ohne wirkliche Mitregierungs-Erfolge vorweisen zu können – oder geschah in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern irgendetwas, was Grüne und SPD nicht auch hätten durchsetzen können und wollen? Gar nicht zu reden da- von, dass die PDS – von der SPD bewusst vorgeführt – an Wählervertrauen verloren hat.) Nicht zuletzt visionsreiche linke Opposition ist angesagt. Denn, so wie Drewermann für die katholische Kirche er- kannte, gibt es ebenfalls unüberbrückbare Interpreta- tionsbrücken vom CDU-SPD-Programm hin zur Not der Menschen. Allerhöchste Zeit, richtig Feuer unter den Hinterteilen all der Politik-Pfäffchen zu machen. Das Mitregieren auf höherer (nicht auf kommunaler!) Ebene hat sich vorläufig diskreditiert. Es fehlte ihm ganz einfach ein längst notwendiges, ein Drewermannsches „Bis hier- Heiße Herzen her und nicht weiter!“ • MAXI WARTELSTEINER 2 • MEINUNGEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘05 • 23. DEZEMBER 2005 Liebe Leser, liebe Freunde, da oben können nicht unbeirrt so weitermachen, wie es Wer nicht arbeiten ihnen passt, wenn die da unten es nicht mehr dulden. will, soll auch nicht liebe Autoren von LEIPZIGS Man kann die Zustände nicht ewig nur interpretieren. essen. Man kann und man muss sie verändern, wenn sie sich Neues Testament: 2. NEUE, barbarisch gebärden. Thessalonicher 3, 10 wir wünschen Ihnen und Ihren In diesem Sinne möchte Ihnen LEIPZIGS NEUE nicht nur Aber wer arbeiten Angehörigen ein schönes Weihnachtsfest, die nötigen Informationen vermitteln, sondern auch Mut will, der findet Arbeit. Nur darf einen friedvollen Jahresausklang und ein machen und die Kraft geben für den aktiven Widerstand gegen die Kälte in dieser Gesellschaft, für eine wirkungs- man nicht gerade gesundes und aufmüpfiges Ankommen im volle außerparlamentarische Opposition. Dafür brauchen zu dem kommen, Jahr 2006 wir andererseits auch Ihre Unterstützung, sei es als neuer der diesen Satz spricht; denn der Abonnent, als Anzeigenkunde, als Spender. Nicht jeder kann in diesen Zeiten der rigorosen Umver- hat keine Arbeit zu Herzlichen Dank all jenen, die uns im nun ablaufenden teilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach vergeben, und der Jahr nicht nur treue Leser, sondern auch unverzichtba- oben so feiern wie er gerne möchte, nicht jeder kann weiß auch niemand re Sponsoren waren. Bitte lassen Sie nicht nach in seine Lieben so beschenken, wie sie es verdienten. Das zu nennen, der Ihrem Engagement für die Existenz von LEIPZIGS NEUE. schmerzt. Und fordert Widerstand heraus. Der Zulauf zur einen Arbeiter Linkspartei und zur WASG spricht dafür. Von den Re- Ihr Redaktionskollektiv von LEIPZIGS NEUE sucht. gierenden Betrogene organisieren sich. Sie wissen: Die Unsere erste Ausgabe im neuen Jahr erscheint am 13. Januar B. Traven: Der Schatz der Sierra Madre Hunderte Bornaer zeigten Flagge bei Kundgebung 500 weiße Fragen zum Mord am Leipziger Reclam Verlag und Demonstration: Rosen Wir wissen, dass unsere daraus entwickelten einmali- Wortmeldung nichts än- gen Profil geschadet hatte. Eine unübersehbare Anzahl Bürger versicherte, dazu alle verfassungs- dern, nichts mehr rückgän- Da natürlich gewusst wird, war am 16. Dezember dem Aufruf rechtlichen Möglichkeiten bemühen gig machen wird. Aber wir dass Herkunft, Verlagsge- von Landratsamt und Stadtverwal- zu wollen, „sofern dem nichts im müssen uns äußern, da uns schichte und Tradition auch tung gefolgt, gegen die von nord- Wege“ stehe. Regierungspräsident Protest und Empörung, für den Reclamverlag in rhein-westfälischen faschistischen Steinbach rief zu einem überparteili- wenn wir schweigen, im Ditzingen unentbehrlich blei- Vereinigungen in Borna angestrebte chen Aktionsbündnis auf. Der Bor- Halse stecken bleiben, wir ben werden, soll der erledigte Gedenkstätte deutscher Kriegsopfer naer OBM Schröter, dessen Firma dann auch noch sprachlos Standort „virtuell“, soll also zu protestieren. Neben Landrätin Pet- die Herstellung des Großkreuzes für werden. Wir fragen: Wäre Leipzig als Name bleiben. ra Köpping geißelten mehrere Red- die Gedenkstätte verantwortet, führte der Leipziger Verlags- Welche Großzügigkeit und ner – Innenminister Albert Buttolo, die Situation auf mangelnden Kennt- standort denn in diesen Gnade! Ditzingen? Regierungspräsident Walther Chris- nisstand zurück. Er versprach jedoch, Schwundprozess und nun Ditzingen! Wo liegt denn tian Steinbach und OBM Bernd alles zu tun, dass Nazivereinen in die- endgültig ins Aus getrie- das? Wer soll das sein? Was Schröter – das eklatante Täuschungs- ser Stadt kein Erfolg beschieden sein ben worden, wenn er nicht ist das für ein Verlag? manöver um die Immobilie des vor- wird. Bei der abschließenden De- zwischenzeitlich – alle maligen Braunkohlenzentrums in der monstration zum geplanten Standort Welt weiß, wann er von So fragen nicht nur: Röthaer Straße. Einhellige Betonung legten Kundgebungsteilnehmer 500 wem gegründet wurde – DR. CHRISTEL HARTINGER, der Redner: Das nazistische Projekt weiße Rosen nieder. einige Jahrzehnte in der HANNELORE CROSTEWITZ, darf nicht gelingen. Minister Buttolo • BRUNO SCHWEITZER DDR gelegen hätte? Er ist 1828-2005 MARLIES MICHEL, EDDA aber ein unwiderlegbares Beispiel da- GLÖS, JUDITH ZEISING, LOUISE Verkehrte Welt in Sachsen für, dass das weder dem weiterwirkenden WILSDORF, ELISABETH ENGLER, EVELYNE internationalen Erfolg des Verlages noch – HOFFMANN, INGE GOLDMANN, DORA Während Untreue-Vorwürfe gegen frühere und derzeitige Minis- das muss in diesem Fall mit äußerstem ARNOLD, BRUNHILDE MEIßNER, INGEBORG terpräsidenten bis über die Verjährungsgrenze verzögert werden Nachdruck betont werden – der kulturge- WERNER, ANNE MEINEICKE ... (Paunsdorf-Skandal) und während sich die Ermittlungen gegen den schichtlich verantwortungsvollen Weiter- VON DER FREITAGSWERKSTATT ERZÄHLEN unter Korruptionsverdacht stehenden Ex-Wirtschaftsminister führung der Gründungsintention und dem UND SCHREIBEN /DIALOG E.V. LEIPZIG Schommer dahinschleppen, wird flugs Anklage ausgerechnet gegen den Staatsanwalt erhoben, der ursprünglich gegen Schom- mer ermittelt hat. Dabei geht es um den angeblichen Verrat einer ARGE verstärkt sprächsrunde mit dem Finanzdezernat, dem neuen Eigentümer und der Ortsvorsteherin Hausdurchsuchung bei Schommer gegenüber einer Zeitung, was Der Oberbürgermeister solle sich dafür einset- nur verwundern kann, da Staatsanwaltschaften in anderen, ebenso statt. Trotzdem besteht die Linkspartei auf zen, dass die Widerspruchsstelle der ARGE einer Mieterversammlung mit dem Ort- spektakulären Fällen selbst Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Im Übri- personell verstärkt wird. Das sei dringend er- schaftsrat und dem neuem Eigentümer. gen wird hier in geradezu unverschämter Weise mit zweierlei Maß forderlich, um die gesetzlichen Fristen zur Be- gemessen: Die Staatsregierung, die wortreich die Verletzung
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