Dreigroschenheft Informationen zu

24. Jahrgang Heft 4/2017

Neues über Siegfried Weigl und Frank Banholzer (Fotos) U. fischer über den Dreigroschenfilmprozess-Anwalt Klaus-Dieter Krabiel über Surabaya-Johnny Frank Wagner über die Eule der Minerva brechtige Bildbände

aus dem Wißner-Verlag

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Anzeige_3GH_Jugendstil-Historismus_170228.indd 1 01.03.2017 15:06:08 Inhalt

Editorial . 2 Pädagogik, Politik, Poesie. 29 Impressum. 2 Textmaterial zu einer Tagung: „Brecht gebrauchen“ Dieter Henning Musik Kunst Neues vom „Surabaya-Johnny“ – Brechts erste Textfassung aus dem Jahr 1926...... 3 Lange verschollenes Porträt von Klaus-Dieter Krabiel wird versteigert. 33 Mary, Pity Women! . 4 Der Augsburger Rudyard Kipling Neue Ausstellungsstücke im Augsburger Film Brechthaus. 34 Dokumente zu Frank Banholzer und Siegfried Weigl „Frag Casper“: Brechts Michael Friedrichs Dreigroschenfilmprozeß-Anwalt . 9 Ulrich Fischer Am Grab des Obergefreiten Frank Banholzer 38 Fritz Kirchmeier Theater Theater Brecht/Weills „Mahagonny“in Mannheim und Salzburg: Zwischen Revue-Langeweile und Brecht auf der Bühne . 40 amüsanter Aktualität. 22 Bertolt Brecht-Inszenierungen in der Spielzeit 2017/18 in D, A und CH Ernst Scherzer Zusammenstellung: Nicola Ahr, Suhrkamp Verlag Brechts „Leben des Galilei“ am Linzer Landestheater. 23 Hegel Ernst Scherzer Minima Hegeliana Zu Brechts Denkbildern (8) Rezensionen Die Eule der Minerva. 42 Frank Wagner Über die Brecht-Stadt Leipzig . 24 Aufführungs-Rezensionen bis 1932 dokumentiert Bertolt-Brecht-Archiv Brecht im Bücherherbst: Auswahl angekündigter Neuerscheinungen. 25 Neu in der Bibliothek des Bertolt-Brecht- Archivs. 44 Brecht als Zeitgenosse (natur-) Zusammenstellung: Helgrid Streidt wissenschaftlicher Geschichte . 26 Gerd Koch Zwei Fundsachen zu Brecht und Pädagogik. 28 Gerd Koch

Dreigroschenheft 4/2017  Editorial Impressum

Schon vor vielen Jahren hat Gerhard Gross, Dreigroschenheft der in Augsburg lebende Halbbruder von Informationen zu Bertolt Brecht Brechts erstem Sohn Frank Banholzer, Gegründet 1994 damit begonnen, etwas mehr Licht in das Herausgeber 1994-2009: Kurt Idrizovic schwierige und kurze Leben von Frank zu www.dreigroschenheft.de bringen. Nun hat er auch die erstaunliche Verknüpfung von dessen Leben mit dem Erscheint vierteljährlich zu Quartalsbeginn von Helene Weigels Vater Siegfried Weigl Einzelpreis: 7,50 € Jahresabonnement: 30,- € herausgefunden: Der hat Frank großherzig unterstützt und wurde wenige Jahre später Anschrift: Opfer des Holocaust. Eine neu gestaltete Vi- Wißner-Verlag GmbH & Co. KG trine im Augsburger Brechthaus zeigt eini- Im Tal 12, 86179 Augsburg Telefon: 0821-25989-0 ge Dokumente. – Zeitgleich hat der Volks- www.wissner.com bund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die [email protected] sterblichen Überreste von Frank und vielen [email protected] anderen deutschen Soldaten umbetten und auf Stelen ihre Namen festhalten können, Bankverbindung: Wißner-Verlag GmbH & Co. KG Stadtsparkasse Augsburg Fritz Kirchmeier hat uns den gekürzten Swift-Code: AUGSDE77 Nachdruck seines Beitrags gestattet. – Und IBAN: DE15 7205 0000 0000 0282 41 in Berlin kommt ein großartiges Porträt von Helene Weigel zur Versteigerung, vor 1928 Redaktionsleitung: Michael Friedrichs (mf) gemalt von Rudolf Schlichter. Erstaunliches Wissenschaftlicher Beirat:Dirk Heißerer, Tom Kuhn, Zusammentreffen. Joachim Lucchesi, Werner Wüthrich

Klaus-Dieter Krabiel, der vor einem Jahr Autoren in dieser Ausgabe: Nicola Ahr, Ulrich Fischer, für das Dreigroschenheft Textvarianten in Michael Friedrichs, Dieter Henning, Fritz Kirchmeier, Gerd Brechts „Rat an die Schauspielerin C. N.‘‘ Koch, Klaus-Dieter Krabiel, Ernst Scherzer, Frank Wagner nachgespürt hat, ist diesmal bei einem der Titelbilder: Fotos aus der neu gestalteten Vitrine im Brecht- berühmtesten Songs fündig geworden, haus, sowie von der Stele in Sebesh (Quellenangaben in den dem „Surabaya Johnny“. – Ulrich Fischer nachfolgenden Artikeln) hat viel Wissenswertes über den Anwalt he- rausgefunden, der Brecht im Dreigroschen- Druck: WirmachenDruck GmbH, Backnang filmprozess vertrat: Paul Casper. – Unser ISSN: 0949-8028 Österreich-Korrespondent Ernst Scherzer trägt Kurzbesprechungen mehrerer Brecht- Inszenierungen bei. – Und es gibt wieder Gefördert durch die zahlreiche Buchrezensionen und Hinwei- Stadt Augsburg se auf Neuerscheinungen dieses Bücher- herbstes. Lesen Sie wohl!¶ Gefördert durch den Bert Brecht Kreis Michael Friedrichs Augsburg e.V.

 Dreigroschenheft 4/2017 Neues vom „Surabaya-Johnny“ – Brechts erste Textfassung aus dem Jahr 1926

Klaus-Dieter Krabiel Brecht un d M usik

Brechts Lied vom „Surabaya-Johnny“ ge- fee-Plantagen“ (ebd., S. 158). Wenig später hört zu den Songs aus den 1920er Jah- heißt es, Marjorie „singt und steppt den ren, die sich bis heute großer Beliebtheit Surabaya-Jhonny“ (ebd., S. 164). Sie hat erfreuen. Weltweite Bekanntheit erlangte daran offenbar ein ganz besonderes Inter­ es in Kurt Weills Vertonung für Elisabeth esse. Der Text des Liedes wird im Stück Hauptmanns Stück Happy End, das am allerdings nicht mitgeteilt. 2. September 1929 zur Aufführung ge- langte. Den Text aber hatte Brecht drei Im Hinblick auf geplante Aufführungen Jahre zuvor für ein anderes Stück verfasst: scheint sich Brecht bald um eine Verto- für Lion Feuchtwangers Schauspiel Kal- nung bemüht zu haben. Erst seit Anfang kutta, 4. Mai, eine 1925/1926 entstandene der 1980er Jahre ist bekannt, dass es bereits Neufassung des Historiendramas Warren im Mai 1927 eine Vertonung des „Suraba- Hastings. Gouverneur von Indien (1916), ya-Johnny“ gab, gut zwei Jahre vor der von die Brecht angeregt und an der er maßgeb- . Sie stammte von Franz Servati- lichen Anteil hatte. Das Lied geht zurück us Bruinier (geboren 1905), Brechts erstem auf eine Übersetzung der Ballade „Mary, professionellen musikalischen Mitarbeiter, Pity Women“ von Rudyard Kipling, „die von dem die Brecht-Forschung bis dato Klage eines verlassenen Mädchens, das nichts wusste. Die Entdeckung Bruiniers den untreuen Mann immer noch liebt“. war dem Musikwissenschaftler Fritz Hen- Am Beginn des zweiten Akts von Kalkutta, nenberg zu danken, der mehrere Beiträge 4. Mai übt Lady Marjorie Hike „mit großer  Was in dem Rollengedicht (eine von Kipling häufig Sorgfalt zu einer Art Banjo den ‚Song vom verwendete Form) zum Ausdruck kommt, spiegelt Surabaya-Jhonny‘ [sic] ein“, lautet eine Re- nicht etwa das Schicksal der Lady, ihre persönliche gieanweisung. „Der ‚Surabaya-Jhonny‘ ist Situation ist der des verlassenen Mädchens vollkom- verdammt schwer“, gesteht die Lady. „Ich men entgegengesetzt: Nicht s i e wurde verlassen, habe ihn auf Ceylon gehört in den Kaf- vielmehr war sie es, die ihren Ehemann, Viscount von Hike (sie nennt ihn Conny), verlassen hat und sich nun um Sir Warren Hastings, den Generalgou-  James K. Lyon: Bertolt Brecht und Rudyard Kipling. verneur von Indien, bemüht. Sie bringt ihre Bemü- Frankfurt a.M. 1976, S. 70. Lyon hat die Quelle auf- hung um den Song und um die Ehe mit Hastings gefunden (einem Hinweis von Elisabeth Hauptmann sogar in einen unmittelbaren Zusammenhang: Es nachgehend, von der die Übersetzung stammte); er sei momentan ihr wichtigstes Anliegen, lässt sie hat auch Brechts spätere Bearbeitungen des Lieds für wissen, „meinen Song in Ordnung zu bringen und die Mutter Courage sowie weitere Verwendungen aus Connys Frau Warren Hastings Frau zu werden“ des Motivs in seiner Lyrik dargestellt. Die Namen (a.a.O., S. 159). Surabaya, Burma, Johnny und Pandschab (Punjab)  Seine Uraufführung erlebte das Stück am 12. No- hat Brecht ebenfalls in Kipling-Übertragungen ge- vember 1927 in Königsberg und Krefeld; die Berliner funden (ebd., S. 55). Erstaufführung fand am 12. Juni 1928 im Staatlichen  Lion Feuchtwanger: 3 angelsächsische Stücke. Pro- Schauspielhaus statt (Regie: Erich Engel, Bühnen- pyläen-Verlag Berlin 1927, S. 157. Der Name, in bild: Caspar Neher, Musik: Hanns Eisler); vgl. Carl der Erstausgabe regelmäßig „Surabaya-Jhonny“ Wege: Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger: „Kal- geschrieben, wird im zweiten Abdruck des Stücks kutta, 4. Mai“. Ein Stück Neue Sachlichkeit. Mün- korrigiert: Lion Feuchtwanger: Stücke in Prosa (= chen 1988, S. 7. Ob das Lied bei den Aufführungen Gesammelte Werke. 11). Amsterdam: Querido Ver- tatsächlich verwendet wurde, ist nicht abschließend lag 1936, S. 45ff. geklärt.

Dreigroschenheft 4/2017  über den Pianisten und Komponisten veröf- fentlichte. Es folgten rasch weitere musik- wissenschaftliche Publikationen zum The- ma. 1985 erschien ein Aufsatz von Joachim Lucchesi über Bruinier und seine Brecht-

Brecht un d M usik Vertonungen, im selben Jahr ein Kapitel in dem Standardwerk zum Thema Brecht und die Musik von Albrecht Dümling. Das Handbuch Musik bei Brecht lieferte 1988 in knapper Form die Fakten zu beiden Verto- nungen des Songs. 1990 fasste Hennenberg im Brecht-Jahrbuch in einem umfänglichen Resümee zusammen, was über Brechts er- sten Komponisten in Erfahrung zu bringen war.

Brecht hatte Bruinier 1925 im Berliner Funkhaus kennengelernt. Seit November des Jahres gab es eine sporadische Zusam- menarbeit.10 Bekannt sind zehn Kompositi- onen, „die nach Textvorlagen Brechts ent- standen“.11 Brecht gab vielfach Melodien, Rhythmen und gestische Elemente vor, Rudyard Kipling (1865-1936; Foto 1892, Wikipedia) wurde in Bombay geboren,  Fritz Hennenberg: Brecht schreibt Lieder. Zu den aber nach England in die Schule ge- kompositorischen Arbeiten und Liedereditionen schickt. Anschließend arbeitete er meh- der frühen Jahre. Die Zusammenarbeit mit Franz rere Jahre in Indien als Journalist und S. Bruinier, in: Notate. Informations- und Mittei- lungsblatt des Brecht-Zentrums der DDR 1981/6, Schriftsteller. Sein Gedicht „Mary, Pity S. 5‑8. – Ders.: Der erste Brecht-Komponist, in: Die Women!“ erschien 1896 in dem Band Weltbühne 78. Jg. (XXXVIII) (Berlin 1983), Heft Barrack-Room Ballads. Zum Vergleich 27 (5. Juli), S. 841 f. – Brecht-Liederbuch. Hrsg. und mit Brecht hier die erste Strophe von Kip­ kommentiert von Fritz Hennenberg. Frankfurt a.M. lings Gedicht: 1985; dort S. 374 f.: „Brecht und Bruinier“.  Joachim Lucchesi: „Illustrator der Moderne“. Franz S. Bruinier – der erste Brecht-Komponist, in: Musik und Gesellschaft 35 (1985), Heft 5, S. 276‑278. Mary, Pity Women!  Albrecht Dümling: Laßt euch nicht verführen. Rudyard Kipling Brecht und die Musik. München 1985, S. 127‑134: „Berlin, Brecht, Bruinier“; zum Lied vom „Suraba- ya-Johnny“ S. 133f., auch S. 201f. und 206f. You call yourself a man,  Joachim Lucchesi, Ronald K. Shull: Musik bei Brecht. For all you used to swear, Frankfurt a.M. 1988, S. 340f. An‘ leave me, as you can,  Nachrichten über den ersten Brecht-Komponisten, My certain shame to bear? in: Brecht-Jahrbuch 15/The Brecht Yearbook 15: Es- says on Brecht (1990), S. 1‑43. I ’ear! You do not care – 10 Vgl. die acht Autographe Bruiniers zu Texten von You done the worst you know. Brecht in: Bertolt-Brecht-Archiv. Bestandsverzeich- I ’ate you, grinnin‘ there. . . . nis des literarischen Nachlasses, bearbeitet von Herta Ah, Gawd, I love you so! Ramthun, Bd. 4 (Berlin, Weimar 1973), S. 165. 11 Hennenberg: Nachrichten über den ersten Brecht- […] Komponisten, S. 11; dort S. 11f. die Titel mit den Angaben zur Überlieferung.

 Dreigroschenheft 4/2017 Bruinier übertrug die in einer persönlichen auf Schallplatte aufgenommene Interpreta- Kürzelschrift notierten Vorstellungen des tion der Vertonung Bruiniers durch Carola Dichters in reguläre Notenschrift. Das Lied Neher aus dem Jahr 1927 gab14, ist, soweit vom „Surabaya-Johnny“ war der letzte der ich sehe, bisher nicht bemerkt worden. Es Songs, die auf diese Weise entstanden – An- war eine der ganz frühen Schallplattenauf- fang Mai 1927, wie sich aus Bruiniers Da- nahmen von Liedern Brechts, und Carola Brecht un d M usik tierung seines Autographs ergibt, das sich Neher war die Erstinterpretin des „Sura- in der Sammlung Kate Kühl (Akademie baya-Johnny“, nicht – wie zu lesen ist – die der Künste, Berlin) fand. Bruinier, der zur Berliner Kabarettistin Lore Braun, die das Spielzeit 1927/1928 als Dirigent des Ope- Lied am 17. März 1928 vortrug.15 rettentheaters nach Den Haag ging, kehrte schwer erkrankt aus Holland nach Berlin Die Aufnahme ist nicht zuletzt deshalb von zurück und starb, erst 23jährig, im Juli 1928 besonderer Bedeutung, weil nur auf dieser an Tuberkulose. Platte die frühe, für Kalkutta, 4. Mai ge- schriebene Textfassung des Songs vom „Su- Von seiner Vertonung, ein Wechsel von rabaya-Johnny” überliefert ist. Sie hat dort Gesang und Sprechgesang, ist nur der In- folgenden Wortlaut16: strumentalsatz (Alt-Saxophon, Trompete, Banjo und Violine) überliefert, nicht der [1] Klavierauszug mit Gesangsstimme12, also Ich war jung, Gott, erst sechzehn Jahre auch nicht der Text. Da der Text des Liedes, Du kamest von Burma herauf den Brecht selbst nie veröffentlicht hat, Und sagtest, ich solle mit dir gehen in Feuchtwangers Stück Kalkutta, 4. Mai Du kämest für alles auf. ebenfalls fehlt, ging man bisher offenbar da- Ich fragte nach deiner Stellung von aus, dass der Vertonung Bruiniers der Du sagtest, so wahr ich hier steh uns heute vertraute, von Kurt Weill kom- Du habest zu tun mit der Eisenbahn ponierte Wortlaut zugrunde lag. Das ist je- Und nichts zu tun mit der See. doch nicht der Fall. Brechts Lied aus dem Du sagtest viel, Johnny Jahr 1926 wich noch in bemerkenswerten Kein Wort war wahr, Johnny Details von der späteren Textfassung ab, Du hast mich betrogen, Johnny, nach einer wie sich jetzt belegen lässt. Stund Ich hasse dich so, Johnny Im Dezember 1927 gab Brecht dem Kritiker Wie du dasitzt und grinst, Johnny Hans Tasiemka in Berlin ein Interview.13 Er Nimm die Pfeife aus dem Maul, du Hund. sprach über seine Jugendwerke, über das von ihm geforderte Theater, über Mög- 14 Erschienen bei Electrola (Ensemble Franz Bruinier, lichkeiten der Kombination von Film und Interpretin: ). Die Aufnahme ist in digital restaurierter Form auf zwei CDs wieder zu- Bühne, über seine Zukunftspläne und seine gänglich: 1) „Nur für Raucher – Songs für Unver- Lieblingsbücher. Am Schluss spielte Brecht besserliche“, 12000 Edition Berliner Musenkinder dem Interviewer „die Ballade ‚Jonny von (Bestellnummer: 05673); und 2) „100 Jahre Kabarett Surrabaya‘“ [sic] auf dem Grammophon – 1901‑1933. Da machste was mit“, vol. 1, 05197 vor, „Carola Neher singt sie“. Dass es eine Bear Family Records (Bestellnummer: BCD16901). Freundliche Mitteilung des Deutschen Rundfunkar- chivs, Frankfurt a.M. 15 Vgl. Hennenberg: Brecht-Liederbuch, S. 407; Luc- 12 Hennenberg: Brecht-Liederbuch, S. 375; Lucchesi/ chesi/Shull: Musik bei Brecht, S. 341. Shull: Musik bei Brecht, S. 340. 16 Orthographie (Groß- und Kleinschreibung) und 13 Erschienen am 26. Dezember 1927 u.d.T. „Meinun- Zeichensetzung orientieren sich am Erstdruck des gen und Pläne / Bert Brecht“ in der Neuen Leipziger Liedes: Bertolt Brecht: Gedichte, Band II: 1913‑1929. Zeitung. Daraus die folgenden Zitate. Frankfurt a.M. 1960, S. 244f.

Dreigroschenheft 4/2017  Surabaya-Johnny, warum bist du so roh? Kurt Weills Vertonung für das Stück Happy Johnny, Johnny, Johnny, mein Gott, ich liebe End anstand. dich so. Mein Gott, ich liebe dich so. Im Bertolt-Brecht-Archiv existieren zwei Blätter einer typierten Abschrift von unbe-

Brecht un d M usik [2] kannter Hand (BBA 1554/30‑31), die noch Zuerst war es immer Sonntag eng an die frühe Fassung anknüpft. Sie ist So lang, bis ich mitging mit dir flüchtig getippt und fehlerhaft. Einige der Aber dann nach zwei Wochen Fehler lassen vermuten, dass es sich ent- War dir nichts mehr recht an mir. weder um die Abschrift einer handschrift- Hinauf und hinab durch den Pandschab lichen Vorlage oder um eine Niederschrift Den Fluß entlang bis zur See: nach Diktat handelt. Elisabeth Hauptmann Ich sehe schon aus im Spiegel hat das Blatt 1554/30 später – möglicher- Wie eine Vierzigjährige. weise erst 1960 bei der Vorbereitung des Du wolltest nicht Liebe, Johnny Erstdrucks (vgl. Anm. 16) – mit Stift über- Du wolltest Geld, Johnny schrieben: „v[on] Brecht Aus ‚Happy End‘ Ich aber sah, Johnny, nur auf deinen Mund. v[on] E. Hauptmann“ (was nicht völlig zu- Du verlangtest alles, Johnny trifft, wie sich zeigen wird) und auf beiden Ich gab dir mehr, Johnny Blättern ebenfalls mit Stift eine Reihe von Nimm die Pfeife aus dem Maul, du Hund. Korrekturen vorgenommen. Die Strophen Surabaya-Johnny, warum bist du so roh? sind dreistufig angelegt: die Verse 9‑14 und Johnny, Johnny, Johnny, mein Gott, ich liebe der dreizeilige (in Majuskeln getippte) Re- dich so. frain sind jeweils eingerückt. Der Titelbe- Mein Gott, ich liebe dich so. griff ist regelmäßig „Surabaja“ geschrieben. Der Refrain entspricht noch weitgehend [3] dem der frühen Fassung; die beiden letz- Eines Morgens in einem Sixpencebett ten Zeilen sind jedoch zur Vermeidung der Werd ich donnern hören die See Wiederholung verkürzt: „Johnny Johnny Und du gehst, ohne etwas zu sagen Johnny / Mein Gott ich liebe dich so!“ Und dein Schiff liegt unten am Kai. Du hast kein Herz, Johnny Gegenüber der Erstfassung liegen eine Du bist ein Schuft, Johnny Reihe von Varianten17 vor. 1. Strophe: V. 1: Du gehst jetzt weg, Johnny, sag mir den sechzehn] neunzehn (EH korrigiert: 16); V. Grund. 11: nach einer Stund] die erste Stund (EH Ich liebe dich doch, Johnny korrigiert: zur ersten Stund); V. 13: Wie du Wie am ersten Tag, Johnny dasitzt] Wie du dastehst – In der 2. Strophe Nimm die Pfeife aus dem Maul, du Hund. gibt es in V. 2 einen eindeutigen Fehler: bis Surabaya-Johnny, warum bist du so roh? ich mitging] bis ich durchging (er bleibt Johnny, Johnny, Johnny, mein Gott, ich liebte unkorrigiert). V. 3: dann nach zwei Wo- dich so. chen] schon nach zwei Tagen („Tagen“ von Mein Gott, ich liebte dich so. EH korrigiert: „Wochen“). In V. 6 heißt es in beiden Fassungen: bis zur See (EH kor- rigiert: bis an die See). Die letzte Zeile des Das Lied vom „Surabaya-Johnny“ ist nicht Refrains beginnt: Mein Gott] Oh Gott nur von motivischem und musikalischem Interesse, es hat eine veritable Textgeschich- 17 Die Variantendarstellung geht mit den editori- schen Regeln eher lässig um; angestrebt wird eine te. Brecht hat seinen Song mehrfach über- möglichst leichte Lesbarkeit. – Der Name Elisabeth arbeitet, das erste Mal, als im Sommer 1929 Hauptmanns erscheint in abgekürzter Form: EH.

 Dreigroschenheft 4/2017 Die 3. Strophe, in der Erstfassung nur aus dort eine größere Anzahl von Eingriffen, 10 Versen (plus Refrain) bestehend, beginnt in der 1. Strophe auch gravierende Fehler, auf Blatt 1554/31 mit vier eingefügten Zei- bei denen es sich nur um Abschreibfehler len: handeln kann.

Nichts fürcht ich so sehr, als zu sehen Der titelgebende Name wird nun regelmä- Brecht un d M usik Das Schiff – denn dann gehst du von mir. ßig „Surabaya“ geschrieben; das Personal- Nichts fürcht ich so, als zu hören pronomen der 2. Person Singular beginnt Die See – Und dorthin gehen wir. jeweils mit Majuskel. Varianten gegenüber den Blättern BBA 1554/30‑31 (unter Be- Offenbar wollte Brecht die Zahl der Verse rücksichtigung der Korrekturen von EH): den beiden ersten Strophen angleichen, da 1. Strophe: V. 1: neunzehn/16] 16 – V. 7: Kurt Weill für die drei Strophen eine weit- habest] hättest – In den Versen 11 und 13f. gehend identische Melodik und Rhythmik finden sich (neben der Variante .V 13: da- (mit geringer Varianz in der dritten Stro- stehst] stehst) die erwähnten Fehler, die die phe) vorsah.18 Sein Klavierauszug (Gesang rhythmische Struktur und das Reimschema und Klavier), der noch 1929 im Druck er- der Strophe empfindlich stören. Da in V. 11 schien19, konnte sich deshalb auf e i n e der am Schluss „die erste Stund“ bzw. „zur er- Strophen (die erste) beschränken. – Elisa- sten Stund“ fehlt, fehlt das auf „Du Hund“ beth Hauptmann hat die vier ergänzten (V. 14) reimende Wort. Ebenso fehlt V. 13 Zeilen gestrichen und am rechten Rand ne- am Versende der Name „Johnny“ (Wie Du ben einer Schweifklammer vermerkt: „die stehst und grinst), der die Verse 9‑13 sonst 4 Zeilen in der Weillschen Komposition, regelmäßig abschließt; dagegen wird der glaube ich, weggefallen“. Dies trifft zwar zu, Name in den V. 14 eingeschoben, wo er in der Vertonung Weills sind die Zeilen je- aus rhythmischen Gründen völlig fehl am doch durch vier andere Verse ersetzt (vgl. Platze ist (Nimm die Pfeife aus dem Maul, weiter unten). Johnny, Du Hund!). Wie die drei Verse richtig lauten müssen, ist der Struktur der V. 7 bzw. 11: Du gehst jetzt weg] Jetzt gehst entsprechenden Zeilen in den Strophen du weg – V. 8 bzw. 12: Ich liebe dich doch] 2 und 3 zu entnehmen, unmittelbar auch Ich liebe dich – Im Refrain ist das Perfekt Kurt Weills Klavierauszug der 1. Strophe der ersten Fassung („liebte“) den beiden (vgl. Anm. 19). Sie waren bereits in der von ersten Strophen entsprechend ins Präsens Bruinier vertonten Erstfassung vorhanden überführt („liebe“). und wurden von dort richtig in die typierte Abschrift BBA 1554/30 übernommen. Es existiert ein weiterer Überlieferungs- Die Herausgeber des Songs in der Großen träger des Songs. Er befindet sich auf zwei kommentierten Berliner und Frankfurter Seiten des typierten Bühnenmanuskripts Ausgabe waren schlecht beraten, bei der von Happy End aus dem Jahr 1929 (S. 48 Textgestaltung der 1. Strophe ausgerechnet und 49, BBA 994/51‑52). Gegenüber den auf das Bühnenmanuskript von Happy End Blättern BBA 1554/30‑31 zeigt der Text zurückzugreifen.20

18 Vgl. die Vertonung Weills (Klavierauszug und Im Bühnenmanuskript ist der Refrain jetzt Gesang) in: Hennenberg: Brecht-Liederbuch, vierzeilig. Er lautet in den Strophen 1 und S. 106‑110; zur Musik- und Textgestaltung dort 2: S. 404f. 19 Kurt Weill: Surabaya-Johnny. Text von Bert Brecht. Gesang und Klavier. Universal-Edition (N.° 9862), 20 Bd. 13 (Berlin/Weimar, Frankfurt a.M. 1993), S. 345, Wien, Leipzig 1929. (Printed in Austria). 3 Seiten. Verse 13 und 15f.

Dreigroschenheft 4/2017  Surabaya-Johnny, warum bist du so roh? auf Blatt BBA 1554/30). V. 3 der 2. Strophe Surabaya-Johnny, mein Gott, ich liebe Dich so. beginnt: Aber schon nach (ebenfalls nur auf Surabaya-Johnny, warum bin ich nicht froh? Blatt BBA 1554/30 überliefert). Für die Le- Du hast kein Herz, Johnny, und ich liebe sung „Ich hatte“ in V. 1 der 3. Strophe liegt Dich so. eine Quelle nicht vor (auf Blatt 994/52 be-

Brecht un d M usik ginnt der Vers im Präsens: „Ich habe“). Die Strophe 3 hat in V. 2 die Variante: warum Liste könnte fortgeführt werden. Weitere lieb ich Dich so Varianten finden sich in der Partitur Kurt Weills.22 Strophe 2: V. 3: schon … Tagen/Wochen] dann schon … Wochen – V. 6: bis zur See/ Weills Vertonung des „Surabaya-Johnny“ bis an die See] bis zur See (wie in der Erst- wurde bei der Uraufführung von Happy fassung) – Strophe 3: Am Anfang werden End am 2. September 1929 im Theater am anstelle der von EH gestrichenen Zeilen Schiffbauerdamm zum ersten Mal vorge- vier neue Verse eingefügt: tragen. Wie im Fall der Vertonung Franz S. Bruiniers war es auch diesmal Carola Ne- Ich habe es nicht beachtet her, die das Lied als erste sang – im 3. Akt Warum Du den Namen hast, in ihrer Rolle als Lilian Holiday.23 Von Lotte Aber an der ganzen langen Küste Lenya dagegen stammt die Schallplatten- Warst Du ein bekannter Gast. einspielung, die dem Song zu dem bis heute andauernden Erfolg verhalf. V. 11: Jetzt gehst du weg] Du gehst jetzt weg (wie in der Erstfassung) – V. 12: liebe dich] Für Brecht war die Arbeit am „Surabaya- liebe Dich doch Johnny“ mit der Vertonung Weills been- det. Ein Interesse an der Veröffentlichung In Weills Klavierauszug der 1. Strophe (vgl. scheint er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Anm. 19) taucht in V. 2 erstmals die Lesung gehabt zu haben. Für ihn standen inzwi- „Birma“ (statt „Burma“)21 auf. In V. 11 heißt schen andere Themen und andere Formen es (wie in der Erstfassung): Johnny, nach ei- im Mittelpunkt. Sofern nicht noch ein ner Stund, in V. 13 (wie im Typoskript BBA Zeitungsdruck auftaucht (womit immer 994/51): Wie du stehst zu rechnen ist), gilt die Feststellung, dass Brecht das Lied selbst nie publiziert hat. ¶ Die wenigen Textstellen belegen, dass Eli- sabeth Hauptmann, als sie den Erstdruck des Liedes für Band II der Gedichte Brechts vorbereitete (vgl. Anm. 16), mehrere Über- lieferungsträger konsultiert, an einigen Stellen wohl auch eigene Lesungen einge- führt hat. Im Erstdruck lauten die eben zi- tierten Varianten: V. 2: Birma (wie in Weills Klavierauszug), V. 11: in der ersten Stund (eine Lesung, für die eine Quelle nicht 22 Vgl. Hennenberg: Brecht-Liederbuch (wie Anm. 18). überliefert ist), V. 13: Wie du dastehst (wie 23 Wenn überlieferte Berichte zutreffen, dann war Ca- rola Neher mit dem Lied vom „Surabaya-Johnny“ an dem Brecht-Abend beteiligt, der anlässlich des Be- 21 Im deutschen Sprachraum war bis Ende der 1980er suchs des Dichters in Moskau am 12. Mai 1935 im Jahre „Birma“, im englischen „Burma“ die gängige Klub ausländischer Arbeiter stattfand (vgl. den Bei- Bezeichnung. Seit 1989 ist der offizielle Name der trag des Verfassers: „Bertolt Brecht und die Schau- früheren britischen Kolonie: Union Myanmar. spielerin Carola Neher“, der in Kürze erscheint).

 Dreigroschenheft 4/2017 „Frag Casper“: Brechts Dreigroschenfilmprozess-Anwalt F ilm Ulrich Fischer

Zwar war für Bert Brecht sein spektaku- folgenden Nero) mit dem Brechtschen Büh- lärer Prozess um die Verfilmung der Drei- nenverlag Felix Bloch Erben, Berlin, in Ver- groschenoper, der mit einer Niederlage bindung mit der den Weillschen Musikver- beim Landgericht Berlin I Mitte und einem leger Universal Edition, Wien, geschlossenen nachfolgenden Vergleich endete, keine Vertrages über die Verfilmungsrechte an der primär juristische Angelegenheit, sondern Dreigroschenoper. Dessen § 9 beinhaltete fol- eine eminent kulturtheoretische, politische gendes Mitbestimmungsrecht der Autoren: und soziologische. Davon zeugt sein breit angelegter und weithin beachteter Essay Die Produktion räumt den Autoren ein Mitbe- „Der Dreigroschenprozeß – Ein soziolo- stimmungsrecht bei der kurbelfertigen Be- gisches Experiment“. Im Vorwort des Erst­ arbeitung des Stoffes ein. Den Verlagen oder abdrucks formuliert er, dass seine Klage den Urhebern stehen gegen jede Form und ein Versuch war, „aufgrund eines Vertrages Inhalt des durch die Produktion, bzw. ihren Recht zu bekommen.“ Rechtsnachfolger aufgrund der im Benehmen mit den Autoren angefertigten kurbelfertigen In der Sache ging es um die Auslegung des Bearbeitung hergestellten Films, des Propa- am 21.5.1930, also fast zwei Jahre nach der gandamaterials und dergleichen ein Einspruch Dreigroschenoper-Premiere, von der Film- nicht zu. Die Neukomposition von Musik und produktionsfirma Nero-Film-A.-G. (im Bearbeitung der schon vorhandenen Musik darf nur durch den Komponisten Kurt Weill  vgl. dazu zusammenfassende Darstellungen bei vorgenommen werden, der hierfür von der GBA 21, Seite 769 ff.; Panja Mücke, Musikalischer Film – Musikalisches Theater/Medienwechsel und Produktion gesondert zu honorieren ist. Eben- szenische Collage bei Kurt Weill, Münster/New so dürfen neue Gesangstexte zu der bereits York/München/Berlin, 2011, Seite 98 ff. Burkhardt bestehenden Musik sowie zu etwaigen Neu- Lindner in Brecht Handbuch, hrsg. von Jan Knopf, kompositionen nur von dem Textdichter Bert Bd. 4, Stuttgart/Weimar, 2003, Seite 134 ff.; Stephen Brecht verfasst werden, der auch zur Mitarbeit Hinton, in Stephen Hinton (Hrsg.), Kurt Weill- , Cambridge, 1990; Monika am kurbelfertigen Manuskript von der Pro- Dommann, Elfenbeintürmer (etü), HistorikerInnen- duktion zu verpflichten ist. Die Produktion Zeitschrift des Historischen Seminars der Universi- hat für diese Tätigkeit den Autor Bert Brecht tät Zürich 1 (2015), S. 28-31; Bertolt Brecht/Slatan gesondert zu honorieren. Entsprechende Dudow/Hanns Eisler/Ernst Ottwalt, oder Wem gehört die Welt?, Kommentar und Ma- Abmachungen sind mit dem Komponisten terialien, Zusammengestellt von Heinrich Geisel- Kurt Weill und dem Buchautor Bert Brecht berger, DVD mit Begleitheft, darin Kommentar und zu treffen, welche in materieller Hinsicht die Materialien, S. 6 ff. bei ersten Filmautoren üblichen Bedingungen  GBA 21, Seite 448-514. und Honorarsätze enthalten müssen.  näheres zu dieser von Heinrich Nebenzahl und Richard Oswald bei Erika Wottrich (Hg.), M wie Nebenzahl. Nero – Filmproduktion zwischen Euro- Während die Verhandlungen mit Kurt pa und Hollywood, München, 2002. Der Name der Gesellschaft leitet sich ab aus: Nebenzahl Richard aus Deutschland und Österreich emigrierten Film- Oswald. Weitere Informationen zu Heinrich Neben- schaffenden 1933-1945, Hamburg, 2011, Seite 359 f. zahl und Richard Oswald bei Kay Weniger, Es wird bzw. 379 ff. im Leben mehr genommen als gegeben, Lexikon der  zitiert nach dem Urteil des Landgerichts Berlin I

Dreigroschenheft 4/2017  Weill über eine vertragliche Vereinbarung sichtlich aus der 3-Gr.-O. einen harmlosen F ilm im Sinne der geregelten Mitarbeit schon Operettenfilm machen. Dagegen mussten u. am 21. Juni 1930 zu Stande kamen, gestal- müssen wir uns mit allen Mitteln wehren. teten sich die Verhandlungen zwischen der Die Arbeit am Drehbuch ist jetzt im Gange. Nero und Brecht über dessen Mitarbeit am Ich beschäftige mich unterdessen hier damit, Drehbuch schwieriger. Zwar meldete Weill die technischen und akustischen Vorausset- am 21. Juli 1930 an die Universal Edition, zungen genau zu studieren und danach die Brecht habe sich „endlich mit der Nero ge- Instrumentation zu ändern. einigt“, und fügte am 26. Juli hinzu, dass er gemeinsam mit Brecht am Ammersee Der hier noch anonyme Rechtsanwalt steht „eifrig an dem Tonfilm Dreigroschenoper“ im Mittelpunkt dieser Erkundungen. Sein arbeite. Doch erst am 3. August 1930 kam Name ist Paul Casper und er sollte Brecht es tatsächlich zu einer schriftlichen und über die Gesamtheit der Auseinanderset- rechtsverbindlichen Vereinbarung zwischen zung begleiten. Brecht und der Nero, die beinhaltete, dass Brecht gemeinsam mit Caspar Neher und Paul Casper wurde am 27.7.1903 in Berlin Slatan Dudow ein Exposé für das Drehbuch geboren, besuchte das Mommsen-Gymna- herstellen sollte. Das Drehbuch sollte dann sium der damals noch selbstständigen Stadt – auf Wunsch Brechts – Leo Lania „im Be- Charlottenburg, legte das Abitur im März nehmen mit Herrn Brecht“ schreiben „und 1921 ab und studierte Rechtswissenschaft zwar in Assistenz des Herrn Vajda“. in Heidelberg, Tübingen und Berlin, wo er 1924 am Kammergericht die Erste juri- Auf diese Vereinbarung nimmt Kurt Weill stische Staatsprüfung bestand. Die Große in einem Schreiben an die Universal Editi- Juristische Staatsprüfung, also das so ge- on vom 6. August 1930 Bezug: nannte Assessorexamen, legte er 1928 mit dem außergewöhnlich herausragenden Prä- Wir (sic!) haben jetzt endlich mit Hilfe eines dikat „Gut“ ab. Noch im gleichen Jahr wurde Rechtsanwalts durchgedrückt, das die uns er zur Rechtsanwaltschaft beim Kammerge- vertraglich zugesicherte entscheidende Mit- richt Berlin zugelassen, und er richtete sei- arbeit an dem Tonfilm 3-Gr.-O. in befriedi- ne Praxis Unter den Linden 17 gemeinsam gender Weise fixiert ist. Die Nero, rein indus- mit dem Rechtsanwalt Helmut Ellerholz ein. triell eingestellt u. dabei von einer seltenen Die Firma Nero hatte ihren Sitz nur ein paar Organisations-Unfähigkeit, wollte ganz offen- Häuser weiter, Unter den Linden 21.

vom 4. November 1930 – 38 O 680.30/13 – UFITA Am 17. September 1930 vermeldet Warner 1931, Seite 73 ff. Bros./Tobis/National wieder auf Seite 1 des  Kurt Weill, Briefwechsel mit der Universal Edition, Film-Kurier per Anzeige: „Unter der Lei- Hrsg. Nils Grosch, Stuttgart, 2002, Seite 260.  Kurt Weill, Briefwechsel mit der Universal Edition, tung von G.W. Pabst sind die Aufnahmen Hrsg. Nils Grosch, Stuttgart, 2002, Seite 260. für „Die Dreigroschenoper“ Manuskript:  Ladislaus Vajda, eigentlich László Vajda, * 19. Au- Leo Lania und L. Vajda in vollem Gange“. gust 1877 in Eger, Ungarn; † 10. März 1933 in Berlin, Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde der war ein ungarischer Drehbuchautor, Theaterregis- Öffentlichkeit mittelbar deutlich, dass es seur und Dramaturg und arbeitete ständig mit G.W. Pabst zusammen; sein gleichnamiger Sohn, * 18. Au- hinter den Kulissen zu erheblichen Strei- gust 1905 in Budapest; † 25. März 1965 in Barcelona, war später als Regisseur und Cutter erfolgreich, vgl.  unvollständige weitere Angaben zu ihm bei Simo- dazu Kay Weniger, Es wird im Leben mehr genom- ne Ladwig-Winters/Rechtsanwaltskammer Berlin men als gegeben, Lexikon der aus Deutschland und (Hrsg.), Anwalt ohne Recht, Das Schicksal jüdischer Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933-1945, Rechtsanwälte in Berlin nach 1933, 2. Aufl., Berlin, Hamburg, 2011, Seite 514 ff. 2007, Seite 133.

10 Dreigroschenheft 4/2017 tigkeiten, besser Zerwürfnissen, zwischen von Herrn Brecht zu verantworten ist, die Brecht, Lania und der Nero gekommen war. Öffentlichkeit über die bestehenden Dif- F ilm Ohne dass dies im einzelnen hier ausgeführt ferenzen zu unterrichten, halte es jedoch werden kann, ging es dabei vor allem da- unter allen Umständen für unstatthaft, dass rum, dass Brecht die Vorstellung hatte, der Herr Brecht sich über die Qualität des Ma- Film müsse aufgrund seiner spezifischen nuskripts, welches er noch gar nicht kennt Bedingungen deutliche stilistische und in- und über den in der Fabrikation befind- haltliche Abweichungen vom Bühnenwerk lichen Film abfällig äußert. Meine Mandan- aufweisen. Dies nahm die Nero am 23. Au- tin wird ihn für alle Schädigungen, die ihr gust 1930 zum Anlass, vom Zusatzvertrag aus einem derartigen Verhalten erwachsen, mit Brecht vom 3. August zurückzutreten haftbar machen.“12 und sich Schadensersatz vorzubehalten. Zugleich wurde nun Béla Balázs anstelle Paul Casper hatte sich aber nicht beim von Lania mit dem Drehbuch beauftragt. Landgericht beim Berliner Kammerge- Trotz dieser „Kündigung“ arbeitete Brecht richt zulassen lassen. Das führte nun zu jedoch weiter am Drehbuch, weil er den dem Problem, dass er vor dem Landgericht Rücktritt der Nero für unbeachtlich hielt.10 Berlin I Mitte nicht „postulationsfähig“ im Damit war die juristische Auseinanderset- oben skizzierten Sinne war. Das Vertrauen zung eröffnet und Brecht beauftragte Paul Brechts muss trotz dieser Komplikation Casper, Vorbereitungen für eine Klage ge- doch so groß gewesen sein, dass er in Kauf gen die Nero zu treffen. nahm, dass Casper die eigentlichen prozes- sualen Handlungen vor dem Landgericht Die zugespitzte Lage zeigte sich auch da- nicht vornehmen konnte. Diese wurden rin, dass die von Brecht beauftragte An- dem Sozius Rechtsanwalt Helmut Eller- waltskanzlei, also die Anwälte Casper und holz übertragen, er unterschrieb die Klage- Ellerholz, per Rohrpost am 24. September schrift, die am 30.9.1930 beim Landgericht ein Anwaltschreiben des Rechtsanwaltes Berlin I Mitte einging. der Nero, Dr. Fischer11, folgenden Inhalts erhielt: „Wie mir meine Mandantin mit- Der eigentliche Prozessbevollmächtigte war teilt, versucht Herr Brecht sie dadurch sei- und blieb natürlich Rechtsanwalt Casper. Er nen Wünschen gefügig zu machen dass er war es auch, der zusammen mit Kurt Weills damit droht, sich an die Öffentlichkeit zu Anwalt Otto Joseph, der am 1. Oktober wenden. Ich lasse es dahingestellt, ob es 1930 für seinen Mandanten eine zwar nicht auf identische, aber doch rechtsähnliche  Béla Balázs, * als Herbert Bauer am 4. August 1884 Gründe gestützte Klage gegen die Nero in Szeged, Österreich-Ungarn; † 17. Mai 1949 in Bu- beim Landgericht Berlin I eingereicht hatte, dapest, war ein ungarischer Filmkritiker, Ästhetiker, eine am 2. Oktober 1930 im Berliner Bör- Schriftsteller, Drehbuchautor, Librettist, Regisseur und Dichter (Quelle Wikipedia), der von Brecht in sen-Courier veröffentlichte gemeinsame seinem Dreigroschenprozeß-Essay zusammen mit Erklärung verfasst hatte: Vajda als „Literaten geringen Ranges“ abqualifiziert wurde, GBA 21, Seite 448-514, hier S. 492. Unsere Mandanten, Brecht und Weill, 10 vgl. zum Ganzen Klaus-Dieter Krabiel, in Brecht haben die Verfilmungsrechte der ‚Dreigro- Handbuch, hrsg. von Jan Knopf, Bd. 3, Stuttgart/ Weimar, 2002, Seite 122 ff. schenoper‘ einer Berliner Filmgesellschaft 11 * 1. Juli 1888 in Kattowitz; keine Angaben zum übertragen und sich im Hinblick auf die Versterben; Kanzlei Kurfürstendamm 38/39, siehe Erfahrungen bei der Verfilmung bekannter Simone Ladwig-Winters/Rechtsanwaltskammer Ber­ Bühnenwerke ausdrücklich im Vertrage vor- lin (Hrsg.), Anwalt ohne Recht, Das Schicksal jüdi- scher Rechtsanwälte in Berlin nach 1933, 2. Aufl., Berlin, 2007, Seite 162. 12 Bertolt Brecht Archiv, Berlin, BBA 385/01.

Dreigroschenheft 4/2017 11 behalten, dass der Film nur aufgrund eines Brecht großzügig über den nicht anwe- F ilm im Benehmen mit dem Autor ausgearbei- senden Kurt Weill verfügte, musste solch teten kurbelfertigen Manuskriptes hergestellt ein Vergleich schon deshalb scheitern, weil werden dürfe. Der eigenartige Stil der ‚Drei- die Nero völlig zu Recht darauf hinwies, groschenoper‘ erforderte diesen Vorbehalt, sie habe nicht die Filmrechte an der Bettler­ durch den, auch vertraglich, verhindert wer- oper gekauft, sondern an der Dreigroschen- den sollte, dass im Wege üblicher Schablone oper. In der mündlichen Verhandlung, das das Werk, seiner Eigenheiten entkleidet, jedenfalls lässt sich der Prozess-Berichter- lediglich die stoffliche Unterlage für einen stattung insbesondere im Filmkurier vom vielleicht netten Unterhaltungsfilm bildet. 18.10.1930 entnehmen, verhält sich Rechts- Die Autoren halten es für unverantwort- anwalt Casper relativ passiv. Er überlässt lich, eine Vorzensur gewisser Verleiher und zu großen Teilen seinem Mandanten das Lichtspieltheaterbesitzer im künstlerischen Wort, insbesondere dort, wo es um grund- Fragen zu dulden und sich deren Unterstüt- sätzliche Fragen des Urheberrechts und der zung des Publikums zu eigen zu machen. Sie „Stilwahrung“ geht. In seinem Plädoyer halten sich der Öffentlichkeit gegenüber für geht es ihm zum einen darum, den Streit- berechtigt und verpflichtet, die inhaltlichen wert, der vom Gericht vorläufig mit 20.000 und stilistischen Eigenarten der „Dreigro- Reichsmark angesetzt war und nach dem schenoper“ auch bei einer Verfilmung des sich die Kosten des Rechtsstreites rich- Werkes zu wahren. Die grundsätzlich entge- ten, die letztlich die unterlegene Partei zu gengesetzte Einstellung der Filmfirma zwingt zahlen hat, zu senken. Das Interesse der die Autoren zur gerichtlichen Klarstellung. Filmgesellschaften, neben der Nero waren Die Klage (sic!) ist vor dem Landgericht I das mittlerweile die Tobis und Warner, die erhoben. Termin steht am 17. Oktober 1930, als Nebenintervenienten aufgrund einer vormittags 10:00 Uhr, vor der Spezialkammer Streitverkündung der Nero auf deren Seite des Landgerichts I unter dem Vorsitz des im Prozess beigetreten waren, ging dem- Landgerichtsdirektors Weigert an. gegenüber dahin, den Streitwert möglichst hoch zu treiben, umso das finanzielle Ri- Zum Prozessauftakt erschienen dann -Ber siko Brechts mit abschreckender Wirkung tolt Brecht und Paul Casper in Begleitung zu erhöhen. Das Gericht beließ es aber bei von dessen Anwaltskollegen Helmut Eller- der äußerst moderaten Streitwertfestset- holz. Nachdem dieser den Antrag aus dem zung auf 20.000 Reichsmark. Im Übrigen eingereichten Klageschriftsatz verlesen hat- argumentierte Casper defensiv, sozusagen te, konnte er das Wort dem „Hauptbevoll- juristisch konservativ. Er beschränkte sich mächtigten“, Rechtsanwalt Casper übertra- nämlich auf die fallbezogene, konkrete gen. Dieser unterbreitete gleich zu Beginn wertbezogene Auseinandersetzung mit den der Verhandlung einen Vergleichsvorschlag: zu Grunde liegenden Verträgen: Zum einen Die ursprüngliche „Beggar’s Opera“ von dem schon erwähnten Verfilmungsvertrag John Gay solle Gegenstand der Verfilmung vom 21. Mai 1930 und der Sonderverein- sein. Der Film könnte dann „Bettleroper“ barung, die Brecht im Hinblick auf sei- heißen. Brecht würde sich in diesem Falle ne Arbeit am Drehbuch mit der Nero am bereiterklären, seine Songs mit Weills Mu- 3. August 1930, also erst kurz vor Beginn sik dazu zu geben, so dass also der Filmtitel der Dreharbeiten, abgeschlossen hatte. Die heißen könnte „Bettleroper mit Songs von urheberrechtlichen und kunsttheoretischen Weill/Brecht aus der Dreigroschenoper“.13 Ausführungen überließ er seinem Man- Einmal ganz abgesehen davon, dass hier danten.

13 Film-Kurier, Ausgabe vom 18.10.1930 Rechtsanwalt Casper gelang es nicht, was an

12 Dreigroschenheft 4/2017 sich auch Aufgabe eines Prozessbevollmäch- logischen Studie „Der Dreigroschenprozeß tigten ist, die argumentative und prozessu- – Ein soziologisches Experiment“16, als stra- F ilm ale Gestaltungsrolle zu übernehmen, nicht tegisches Verhalten nach der Urteilsnieder- zuletzt deshalb, um die vertretene Partei, lage, im Pluralis Maiestatis wie folgt: die nicht selten in einer emotionalen Stress- situation ist, zu entlasten und zu schützen. Wir wiesen unsere Anwälte an, mit unserm So kam es dazu, dass sich Brecht zu laut- Geld so sparsam wie möglich umzugehen, starken verbalen Auseinandersetzungen im da Geld uns die Möglichkeit bedeutet, ohne Gerichtssaal hinreißen ließ. Während des Bevormundung zu arbeiten, und unser Ver- abschließenden Plädoyers der Beklagten- trauen auf die Gerichte nicht viel größer war seite durch Rechtsanwalt Dr. Frankfurter14, als das auf die Industrie. Unser Risiko betrug den Tobis-Anwalt, einen herausragenden über 15.000 Mark. Der Sieg der Vernunft der Vertreter seiner Zunft, kommt es so zu Tatsachen war nur eine Frage der Zeit. Es war einem Eklat im Gerichtssaal. Als Rechts- besser, den ersten Prozess zu verlieren als den anwalt Dr. Frankfurter unter Hinweis auf dritten. [Mit dem „dritten“ meint Brecht das frühere Verhandlungen Weills und Brechts Revisionsverfahren vor dem Reichsgericht in über eine Verfilmung mit anderen Produk- Leipzig, das auf das Berufungsverfahren beim tionsfirmen und Gesellschaften ausführte, Berliner Kammergericht gefolgt wäre, der „es habe ein Angebot über 15.000 Dollar Verfasser] Das bestimmte unser Verhalten aus Amerika vorgelegen, bei dem bestimmt nach verlorenem ersten Prozess. Der unan- keine Stilwahrung vorgesehen worden genehmste Fall wäre natürlich eingetreten, wäre“, verließ Brecht „unter Protest“ den wenn wir in der ersten Instanz gewonnen Saal vor Abschluss der Verhandlung.15 hätten (Weill passierte dies), denn dann hätte uns wahrscheinlich gewöhnlicher Geldman- Daran wird es jedoch nicht gelegen haben, gel gehindert, den wirklichen Rechtszustand dass die Klage Brechts mit Urteil vom 4. No- klarzustellen, der darin bestand, dass wir vember 1930 abgewiesen wurde. Denn die in der dritten Instanz verloren hätten. Der Erfolgsaussicht der Brechtschen Klage war Film wäre herausgekommen, indem uns das aufgrund der im konkreten Fall zu beur- Gericht erlaubt hätte, gegen Hinterlegung teilenden Verträge von Anfang an mehr als einer Summe, die wir nicht besaßen, dieses ungewiss, ja fast aussichtslos. Brecht ging es Herauskommen zu verhindern. Ein Sieg in ja auch weniger um einen juristischen Sieg, der dritten Instanz hätte dann bewiesen, daß als um Entlarvung von Strukturen. Und die Industrie auch in diesem Falle erwiesenen seine Anweisung an Rechtsanwalt Casper, Unrechts höchstens einen kleinen Schadens­ gegen das Urteil Berufung einzulegen, be- ersatz riskierte. Aber Recht wäre dann Recht gründete und legitimierte er Monate später, geblieben. Und wir wären daran schuld in seiner schon eingangs erwähnten sozio- gewesen! Das Glück hat uns davor bewahrt, daß durch uns nachgewiesen worden wäre, es 17 14 12. Dezember 1873 Bielitz; † 2. Februar 1953 Mon- gäbe noch Richter im Kapitalismus. tevideo; Kanzlei Nikolsburger Platz 2, Wilmersdorf, also direkt neben dem Bühnenverlag Felix Bloch Er- Lotte Eisner berichtet am 17. November im ben, der in der Nr. 3 residierte; bei Horst Göppinger, Film-Kurier: Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“, 2. Aufl., München, 1990, Seite 280, als „bekannter Filmanwalt“ bezeichnet. Er war im übrigen, wie der Die Einlegung der Berufung war somit rein Film-Kurier am 20.7.1928 meldete, maßgeblich an taktisch bestimmt. Da Rechtsanwalt Casper, der Gründung der Tobis beteiligt und saß auch in wie dargestellt, beim Kammergericht in Ber- deren Aufsichtsrat. Außerdem war er Autor in der Weltbühne. 16 GBA 21, S. 448-514. 15 Prozessbericht im Film-Kurier vom 21.10.1930. 17 GBA 21, Seite 460 f.

Dreigroschenheft 4/2017 13 lin zugelassen war, konnte er hier selbst alle a) in Deutschland darf Brecht seine Verfilmung F ilm prozessrelevanten Handlungen, so z. B. seine oder Ton-Verfilmung der Dreigroschenoper zur Vertretung anzeigen und (Antrags-) Schrift- öffentlichen Aufführung bringen frühestens zwei sätze einreichen, vornehmen. Schon auf den Jahre nach der ersten öffentlichen Aufführung des 23. Dezember war die Berufungsverhandlung Films der Beklagten und Nebenintervenienten, anberaumt. Doch dazu kam es nicht. Außer- auf jeden Fall jedoch ab 31.12.1933. gerichtlich hatte nämlich Rechtsanwalt Cas- b) in allen übrigen Ländern kann Brecht den per die bei Gericht gescheiterten Vergleichs- Film oder Tonfilm frühestens 3 Jahre nach der verhandlungen weitergeführt und am 19. De- ersten öffentlichen Aufführung des Films der zember eine gütliche Einigung erzielt.18 Beklagten und der Nebenintervenienten in den betreffenden Lande zur Aufführung bringen. Deren Einzelheiten werden unter anderem c) Bzgl. einer englischen Fassung des Films oder im Film-Kurier vom 20. und 23. Dezember Tonfilms gilt folgende Besonderheit: 1930 veröffentlicht. Hier jedoch (erstmals) Die Herstellung und Aufführung einer solchen der genaue Wortlaut: Fassung ist Herrn Brecht erst vom 31.12.1935 ab gestattet unter der Voraussetzung, dass bis dahin „Zwischen die Beklagte oder die Nebenintervenienten oder dem Schriftsteller Bert Brecht deren Rechtsnachfolger eine solche Fassung des einerseits Films nicht hergestellt haben. […] und der Nerofilm A.G. und den ihr beigetretenen III. Nebenintervenienten Tonbild-Syndikat A.G. Die Beklagte und die Nebenintervenienten oder (Tobis) und Warner Broth. ihre Rechtsnachfolger verpflichten sich, bei der andererseits Titelbezeichnung und ferner bei allen Ankün- schwebt in den Akten 38.O. 680.30 des Land- digungen des Films, welcher Art sie auch sein gerichts I Berlin ein Rechtsstreit, der durch fol- mögen, die Worte zu bringen: genden Vergleich beseitigt wird: „frei nach dem gleichnamigen Werk von I. Brecht und Weill“. Brecht verzichtet auf den im Prozess geltend Sie verpflichten sich ferner, allen Abnehmern des gemachten Anspruch und somit auf das von ihm Films die gleiche Verpflichtung aufzuerlegen. behauptete, von der Beklagten und den Neben- IV. intervenienten bestrittene Recht der Mitwirkung Die Parteien erkennen an, gegeneinander keine und des Einspruchs bezüglich der aufgrund des Schadensersatzansprüche zu haben. Vertrages vom 21. Mai 1930 von der Beklagten V. und den Nebenintervenienten hergestellten oder Die Beklagte und die Nebenintervenienten zah- herzustellenden Verfilmung der „Dreigroschen- len als Gesamtschuldner an den Kläger zu Hän- oper“ in deutscher oder in ausländischen Versi- den der RA. Dr. Ellerholz und Dr. Casper, unter onen. den Linden 17, sein rechtliches Vertragshonorar II. von 9.000.--Mk. und für die Kosten von Brecht Die Beklagte und den Nebenintervenienten ge- 7000 Mk. statten aber Brecht, die Dreigroschenoper Brecht/ Im übrigen tragen die Parteien und die Neben- Weill zu verfilmen oder ton-zu-verfilmen und intervenientin ihre außergerichtlichen Kosten zwar unter folgenden Bedingungen: des Prozesses selbst, die Gerichtskosten werden

zwischen Brecht einerseits und den anderen Ver- 18 Die Darstellung bei Werner Hecht, Brecht Chronik, gleichsschließenden andererseits geteilt.“19 Frankfurt, 1997, Seite 296, Burkhardt Lindner in Brecht Handbuch, hrsg. von Jan Knopf, Bd. 4, Stutt- gart/Weimar, 2003, Seite 136 und in GBA 21, Seite So wie die Klage mit einer begleitenden Er- 777, der Vergleich sei schon am 19. November 1930 zustande gekommen, ist somit unzutreffend. 19 Bertolt-Brecht -Archiv, BBA 1120/01-03.

14 Dreigroschenheft 4/2017 klärung in der Presse erhoben wurde, hät- bert Ihering vom 10. Februar 193123 ergibt, te meines Erachtens auch der Vergleichs- im Wesentlichen von Ersterem nicht nur F ilm schluss durch eine fachkundige Erklärung vorbereitet, sondern maßgeblich gestaltet. der Öffentlichkeit erläutert werden müssen. Steinthal nimmt in diesem Schreiben auf Denn der finanzielle Teil des Vergleiches, den von Casper verhandelten Vergleich Be- insbesondere die 7000 Reichsmark20, gaben zug und schreibt: nicht nur denjenigen, die in dem Prozess ein reines Erwerbsmanöver Brechts sahen, Ich habe […] darauf gedrungen, dass Weill, sondern auch wohlmeinenderen Zeitge- um Missdeutungen zu vermeiden, seine Ge- nossen Anlass für interpretatorische und richtskostenhälfte und seine Anwälte selbst kritische Bemerkungen. Nicht wenige Be­ bezahle, und ich habe dies auch erreicht […] obachter sahen insbesondere in der Zah- Den eigentlichen Prozessvergleich mit der lung von 7000 Reichsmark eine versteckte Nero habe natürlich nicht ich abgeschlossen, „Abfindung“, mit der sich Brecht seine sondern Weills Anwalt. Aber ich kenne ihn kulturpolitische Position habe abkaufen und habe der abschließenden Verhandlung lassen.21 Casper hat es zu diesem Zeitpunkt beigewohnt. Er enthält kein Wort von einer meines Erachtens versäumt, für juristische Abfindungssumme. Ich kann mir nur vor- Klarheit zu sorgen. Denn tatsächlich war stellen, dass Uebelwollende oder besonders es so, dass das Vergleichsergebnis nichts Schlaue aus den umstehend genannten mit der urheberrechtlichen Überlegungen Vertragsbestimmungen eine Abfindungs- zu tun hatte, sondern schlicht und ergrei- summe herauszulesen wünschen, genau wie fend den Sachverhalt regelte, dass die Nero bei Brecht. [Die vier kursiv gesetzten Worte sich dazu verpflichtete, den mit Brecht ver- sind nachträglich mit anderer Schrifttype einbarten Werklohn für die Drehbuchher- von Steinthal eingefügt worden.] Kernpunkt stellung trotz der erfolgten Kündigung der ist, dass Weill in diesem Produktionsvertrag Vereinbarungen zu zahlen. Rechte eingeräumt worden sind, wie sie bis- her im Film einem Autor noch nie gewährt Die öffentliche Diskussion über den wurden. Darauf allein kommt es an, darum Brechtschen Vergleich, die sich über Weih- allein durfte Weill sich vergleichen. nachten und den Jahreswechsel beruhigt hatte, wurde am 5. Februar 1931 erneut hef- In derselben Ausgabe des Reichsfilmblatts, tig angefacht, denn an diesem Tage wurde in der die umstehende Karikatur erschien, in der Presse die Tatsache verkündet, dass polemisierte Hans Erdmann24: sich nun auch Kurt Weill verglichen habe. Der erfolgreiche Abschluss dieser Ver- „Brechts Theater der Prozesse“, Dreigroschenheft gleichsverhandlungen, wurde, wie sich aus 2016, Seite 26–34 und „Ein vergessener Dessauer einem Schreiben Walter Steinthals22 an Her- Weggefährte Kurt Weills – Erinnerung an Walter Steinthal“, Dessauer Kalender 2017, Seite 84-93. 20 so fragt der Film-Kurier in seiner Ausgabe vom 23 Nachlass Herbert Ihering, Akademie der Künste 18. Februar 1930: „Was erhielt Bert Brecht?“ und Berlin, Konvolut Steinthal. nennt die oben aufgeführten Zahlungen. 24 Hans Erdmann Thimotheos Guckel (* 7. November 21 vgl. dazu den Kommentar in Lichtbild-Bühne vom 1882 in Breslau; † 21. November 1942 in Berlin) war 21. Januar 1931, Nr. 18; Fred Hildebrand in Berli- ein deutscher Filmmusik-Komponist und Musikpu- ner Tageblatt in der Abend-Ausgabe vom 6. Fe- blizist. Hans Erdmann war sein Künstler- u. Auto- bruar 1931 und der (anonyme) Kommentar in der renname. Ab 1924 schrieb Erdmann als Musikre- Morgen-Ausgabe vom 18.2.1931; siehe auch Lothar dakteur für das Reichsfilmblatt und die Zeitschrift Starks offener Brief, abgedr. in Photo: Casparius zur Filmtechnik. 1926 wechselte er zur Zeitschrift Film gleichnamigen Ausstellung der Stiftung Deutsche -Ton-Kunst, die sich mit der Theorie und Praxis Kinemathek vom 23. Februar bis 5. März 1978 in von Stummfilm-Begleitmusiken beschäftigte. 1928 der Staatlichen Kunsthalle Berlin, Seite 222 f.. leitete Erdmann die Akademie für Filmmusik am 22 Zur Person Walter Steinthal siehe meine Aufsätze: Klindworth-Scharwenka-Konservatorium in Berlin

Dreigroschenheft 4/2017 15 „Sic transit – - – Eine melancholische Ballade Heu! – Sic transit … Laßt die Flöten! F ilm Lasst uns froh die Klappen schmieren Klappt‘s Klavier zu, es war nischt! - An den Flöten und Klavieren! Pscht ! Denn für Brechten und für Weillen Müssen wir uns arg beeilen, Zwei Tage später nahm das Berliner Tage- Singen einen Ehren-Song: blatt25 den Weillschen Vergleich zum Anlass, - – - – Gong! – - – - die gesamte Geschichte der Verfilmung der Die Dreigroschenoper wollte, Dreigroschenoper unter dem Titel „Der Möchte – durfte, könnte – sollte Roman eines Film-Manuskripts“ noch ein- Steil den Weg des Ruhms erklettern mal aufzurollen: Hin zur Leinwand von den Brettern Nach bewährtem Kunstprinzip. […] nachdem die Anwälte Brechts zunächst Piep! 25.000 DEM verlangt hatten, einigte man Aber kaum was ausgehandelt, sich auf eine Summe von 16.000 DEM. Bei Wurde sie auch schon verschandelt diesem Vergleich wurde auf Wunsch Brechts Vom Genie blieb nicht die Spur formuliert, das 9000 DEM als Resthonorar In der ganzen Partitur. gelten, während 7000 DEM zur Abdeckung Die Autoren fanden dies „seiner weiteren Kosten“ dienen sollten. Ge- mies. richts-und Anwaltskosten wurden vergleichs- Und der Dichter tunkt in Tinten, weise geteilt und waren nicht, wie jetzt in Und er schrieb: „Die faulen Finten den von Brecht beeinflussten Berichtigungen Sollen euch hier nicht gelingen! behauptet wird, von der Nero zu tragen. An Hört ihr´s ?! – Götz von Berlichingen!! - dem wahren Sachverhalt ändert diese For- Ich steh´ auf für Kunst und Recht. - mulierung gar nichts, denn Tatsache ist und Brecht“ bleibt, dass Brecht keinerlei Forderungen hat- Schon fuhr auf der Komponi – nste te, vielmehr Schadensersatzansprüche gewär- Wild sich durch die Haargespinste: tigen und die gesamten Gerichts- und An- „Ich erkläre mich solidar´sch! waltskosten tragen musste. Alle Zahlungen Denn der Brecht hat Recht: mies war´sch! also, die an ihn im Wege des Vergleichs gelei- Pfeif´ auf die Dukaten!! – Heil!!! stet worden sind, sind freiwillige Zahlungen Weill!“ oder, krass gesagt, Abstandszahlungen. Infol- Aber leider gute Mores ge dieses Vergleichs erklärte Brecht, dass er Bringen Sorgen, Sorgen – Zores. seinen Einspruch gegen die Aufführung des Wilde Streiter werden weicher, Films zurückziehe, verpflichtete sich im üb- Der akute Zorn wird bleicher, rigen mündlich, keine Polemik gegen Filme Winkt als chron´sches Ehrenpflaster: zu führen oder zu veranlassen. Die Berichti- Zaster. gungen, die jetzt verschiedentlich erschienen, sind also mindestens im Falle Rechtsanwalt O wie schnell hat sich verflüchtigt, Caspers bewusst wahrheitswidrig, wenn von Umgesetzt und hinverdichtigt ‚längst überfälligen Honorarforderungen für Die Courage in Moneten! geleistete Arbeiten‘ gesprochen wird.

und bildete dort junge Filmmusikkomponisten aus. Das war natürlich ein heftiger Angriff auf Damit war er einer der wichtigsten Theoretiker der die Anwaltsehre von Paul Casper und er Stummfilmmusik in den zwanziger Jahren. Zusam- nahm die Gelegenheit wahr, in einer län- men mit Giuseppe Becce und Ludwig Brav verfasste geren Stellungnahme im Berliner Tageblatt Erdmann 1927 das Allgemeine Handbuch der Film- Musik, ein Standardwerk der Stumm-Film-Kino- musik. (Quelle Wikipedia) 25 Abend-Ausgabe vom 21. Februar 1931.

16 Dreigroschenheft 4/2017 seine und die Position Brechts klarzustellen:26 F ilm

Ein […] wesentlicher Streitpunkt der Vergleichsverhandlungen war die Forderung der Nero, dass Brecht sich verpflichten solle, den Film nicht öffentlich zu kri- tisieren, und zwar weder unmit- telbar noch mittelbar (!). Diese Forderung wurde abgelehnt, und Brecht hat sich ausdrücklich das Recht zur Kritik aller Vorgänge und des Films vorbehalten. Die entgegengesetzte Mitteilung der Nero beruht auf Unwahr- heit. Ohne Rückerlangung der Verfilmungsrechte und die öf- fentliche Dokumentation der Ablehnung der Verantwortung Anonyme Karikatur im Reichsfilmblatt vom 6. Februar 1931. für den Film hätte Brecht einen Vergleich niemals abgeschlossen. Nachdem stete Arbeit. Im übrigen hat das Gericht mit dieses Ziel erreicht war, handelte es sich noch keinem Wort den Honoraranspruch Brechts darum, Brecht von finanziellen Verlusten verneint, sondern hat […] den Rücktritt als nach Möglichkeit freizustellen. Ich hätte es solchen für unberechtigt erklärt. Er konnte nicht verantworten können, für Brecht einen den Honoraranspruch also auch nicht ver- Vergleich abzuschließen, durch den er sich loren haben, da er die Arbeit geleistet hatte, in sehr hohe Kostenschulden stürzte, die für und wie das Urteil feststellt, bis zu dem unbe- ihn vermeidbar waren. Ich habe mit Brechts rechtigten Rücktritt zur Mitarbeit bereit war Geld (auch was das Risiko betrifft) stets ge- […] Von den 7000 Mark Prozesskosten hat nau gerechnet, gerade weil seine Arbeit zum Brecht nicht einen Pfennig behalten. Die Ver- größten Teil nachweisbar kein Geld einbringt einbarung bedeutete niemals etwas anderes, („“, „Die Maßnahme“, „Das Bade- als dass Brecht seine Prozesskosten und sein ner Lehrstück“, „Das Lesebuch für Städtebe- Vertragshonorar erhielt, und dadurch vor wohner“, „Die Geschichte vom Herrn Keu- Vermögensverlusten geschützt werden sollte, ner“, usw.) und weil weitere kompromisslose nachdem über die urheberrechtlichen Ver- Arbeit durch Übernahme enormer Schulden hältnisse eine Einigung zu Stande gekommen gefährdet werden kann. Brecht ist nicht geld- war. Eine Entstellung bedeutet es, wenn die gierig, wie alle wissen, die ihn kennen. Sonst Nero mitteilt, die Kosten des Rechtsstreits hätte er das im Termin gemachte Angebot seien geteilt worden. Die im Vergleich enthal- einer Abfindung von 25.000 Mark (er for- tene Klausel, dass die übrigen Prozesskosten derte diesen nicht, sondern lehnte die ange- geteilt werden sollten, kam lediglich für den botene Abfindung ab) angenommen. Denn theoretischen, praktisch jedoch kaum mög- wenn er auch kein Kaufmann ist, so weiß er lichen Fall in Betracht, dass infolge Herauf- doch immerhin, dass 25.000 Mark Abfindung setzung des Streitobjektes durch das Gericht mehr sind als 9000 Mark Honorar für gelei- noch höhere Kosten entstanden. Sachlich 26 Berliner Tageblatt vom 28. Februar 1931, Abend- bedeutete die Vereinbarung nichts anderes, Ausgabe. als dass die Filmgesellschaften Brechts Pro-

Dreigroschenheft 4/2017 17 zesskosten übernahmen, was der Nero in nach zwei Jahren, das Recht zur Verfilmung F ilm Wirklichkeit auch sehr gut bekannt ist. der Dreigroschenoper nach seinen eignen Ideen wieder erlangte. 3. Es ist unrichtig, dass Ohne völlig unangebrachte Beckmesserei Brecht aufgrund des abgeschlossenen Ver- lässt sich aber doch sagen, dass Paul Cas- gleichs oder im Zusammenhang damit eine per glücklicher hätte agieren können, als er Abfindung oder Zuwendung irgendwelcher den Vergleich für Brecht aushandelte und Art erhalten hat. Richtig ist vielmehr, dass er formulierte und ihn dann anschließend un- lediglich das Resthonorar aus dem Vertrage kommentiert der Presse übergab. Er musste für die von ihm geleistete Arbeit erhalten hat wissen, dass der Prozess nicht überall mit und von den Prozesskosten freigestellt wurde. Sympathie verfolgt wurde. Im Gegenteil, es gab hämische Kommentare von allen Seiten, Sollte Rechtsanwalt Paul Casper gewähnt von Links und von Rechts. Und er musste haben, damit sei der Dreigroschenoper- auch wissen, dass die Öffentlichkeit mit juri- prozess endgültig vorbei, so hatte er sich stischen Feinheiten überfordert ist. Es hätte insofern geirrt, als die hier nur kursorisch deshalb nahe gelegen, wesentlich mehr Wert angerissenen Auseinandersetzungen über auf allgemein verständliche Klarheit zu legen Sinn und Unsinn des Brechtschen Ver- und insbesondere auch die Kostenfragen gleichs in eine weitere rechtliche Auseinan- nicht hinter dem missverständlichen Begriff dersetzung mündeten, in der Paul Casper der „weiteren Kosten“ zu verstecken. auch an Brechts Seite focht. Diesmal ging es aber nicht gegen die Filmkapitalisten, son- Auch in der Weltbühne kam es, auch erst dern um die Rechtssache Bertolt Brecht vs. nach dem Weillschen Vergleichsschluss, Ludwig Marcuse. Dieser aus heutiger Sicht ebenfalls zu einer heftigen und intensiv ge- skurrile Streit hat seinen Ausgangspunkt in führten Kontroverse zwischen Béla Balázs einer „parodistischen Szene“ von Ludwig und Herbert Ihering.27 In ihr meldete sich Marcuse mit dem Titel „Brecht ist Brecht“, auch Paul Casper wieder zu Wort, der „im die im „Tage-Buch“ vom 4. Februar 193129 Auftrage von Bert Brecht“ das folgende erscheint und im 3. Bild einen gegen die Schreiben an die Weltbühne sandte, die es Filmindustrie protestierenden Brecht auf- auch umgehend veröffentlichte28: treten lässt:

1. Es ist unrichtig, dass Herr Bert Brecht in DIE FILMINDUSTRIE Wir bieten sechstau- irgend einer Form während oder nach Been- send, siebentausend, achttausend (als Ent- digung des Prozesses Mitarbeit an dem Film schädigungssumme für die Filmrechte). geleistet hat. Damit wird also auch hinfällig, dass er hierfür eine Abfindung erhalten hat. BERT BRECHT nimmt die Pfeife aus dem 2. Es ist unwahr, dass Bert Brecht das Prinzip, Maul; spuckt die gelbe Tabaksauce ins Mikro- zu dessen Schutz er den Prozess gegen die fon: Ich protestiere! Nero-Film A.-G. angestrengt hat, hat fallen lassen. Der Abschluss eines Vergleichs wurde DIE FILMINDUSTRIE Neuntausend, zehn- vielmehr seitens des Herrn Brecht davon tausend, elftausend…, sechzehntausend. abhängig gemacht, dass er nach einer ge- Außerdem gehört Ihnen, verehrter Herr wissen Zeit, und zwar in Deutschland schon Dichter, von heute an der ganze Shakespeare. Sie können ihn als von Ihnen geschrieben 27 siehe dazu die Weltbühne vom 10. Februar 1931, betrachten. Seite 232 f., vom 17. Februar 1931, Seite 265 f., vom 24. Februar 1931, Seite 297 ff. und vom 3. März 1931, Seite 336 f. 28 Weltbühne Seite 265 f. 29 Weltbühne Seite 259 ff.

18 Dreigroschenheft 4/2017 BERT BRECHT Gut! Klare Sache! Man wird lernte dort den ‚armen bb‘ kennen. Es be- mich aber wieder erkennen, wenn ich aber- gann, wie auf mancher Friedens-Konferenz, F ilm mals Schild und Lanze trage. (Schild und auf der man sich trifft, um zu demonstrie- Lanze werden ihm abgenommen und in die ren, dass man nur seinen (kursiv im Text) Hundehütte geschleppt.) Frieden will und den Frieden des anderen für Unfrieden hält. Brecht hatte einen Das fand Brecht gar nicht witzig und er be- Rechtsanwalt mitgebracht, ich keinen – und auftragte Rechtsanwalt Paul Casper, an das verlangte, dass mein Gegner entsprechend „Tage-Buch“ folgende Erklärung zu senden, abrüste. Es wurde zwei Stunden Geschäfts- die dort auch am 21. Februar 193130 veröf- Unordnung gespielt; Brecht erfand mit viel fentlicht wird: Fantasie eine Reihe von Paragraphen, die es gar nicht gab, endlich waren wir zu dritt. Es ist unwahr, dass Herr Brecht anlässlich des Der Friedens-Engel32, wahrscheinlich ein in dem Prozess um die Verfilmung der Drei- Kaufmann im Filzschuhen, versuchte es mit groschenoper abgeschlossenen Vergleichs der Technik des Konklaves […] und drohte sich eine Abfindungssumme hat gewähren gemütlich, uns nicht wegzulassen, bevor wir lassen. Richtig ist vielmehr, dass er lediglich nicht Frieden geschlossen hätten […] wir das aufgrund des ursprünglichen Vertrages sprachen Frieden zwei weitere Stunden, was vereinbarte restliche Honorar für die von unsere Beziehung erheblich verschlimmerte; ihm geleistete Arbeit erhalten hat und von Aussprachen produzieren meist eine Feindse- den Prozesskosten freigestellt worden ist. Da- ligkeit, die vorher nicht da war, als man noch rüber hinausgehende Leistungen hat er we- nicht so viel ausgekramt hatte. Da wurde der der empfangen noch sich versprechen lassen. Mann des Friedens zum Abendbrot gerufen. Herr Brecht hat auch im Vergleichswege das Und ich sah zum ersten Mal, was ich später Recht zurückerhalten, die Dreigroschenoper wieder und wieder erlebte: die Verwandlung nach einem gewissen Zeitraum, und zwar in des Drachen bb in eine Friedenstaube. Unser Deutschland schon nach zwei Jahren, nach Diplomat war kaum aus dem Zimmer, als seinen eigenen Ideen verfilmen zu lassen. Brecht Worte, Stimme und Haltung völlig änderte. Er wurde liebenswürdig, gesprächig, Die Veröffentlichung dieser aus meiner von abgeklärtem Witz. Er versicherte zutrau- Sicht allerdings zu spät erfolgten Klarstel- lich: es käme ihm nicht darauf an, was ich lung wird jedoch gekontert von einer neu- oder irgendwer in der Welt von dem denke, erlichen Attacke Marcuses unter dem Titel nur was gedruckt würde; denn das könnte ge- „Brecht ist doch nicht Brecht.“31 In ihr wie- schäftsschädigend sein. Er hakte sich ein und derholt Marcuse den Vorwurf an Brecht, schlug vor, den Trottel am Abendbrottisch in der rechtlichen Auseinandersetzung um zu hintergehen: alles unterschreiben, was er die Verfilmung der Dreigroschenoper un- wolle – um dann, auf der Treppe schon, den redlich gehandelt zu haben. Nun allerdings frisch-fröhlichen Krieg weiterzuführen.33 geht Brecht nicht nur publizistisch, sondern auch juristisch in die Offensive und droht „Das Tage-Buch“ vom 16. Mai 193134 ver- über Rechtsanwalt Casper Ludwig Marcu- öffentlichte daraufhin eine gemeinsame se mit einer Zivilklage. Ludwig Marcuse 32 Die in der GBA 21, Seite 780 verwendete Begrifflich- schildert die Güteverhandlung in seinen keit „Friedensrichter“ ist unzutreffend. Erinnerungen so: 33 jedoch nicht ein Friedensrichter, wie auch von der GBA 21, Seite 780 unter Hinweis auf Ludwig Marcu- Wir kamen vor den Friedensrichter. Ich ses in der Stuttgarter Zeitung vom 9. April 1960 ver- öffentlichten Bericht „Mein Prozess mit Bert Brecht“ 30 Weltbühne Seite 308. dargestellt, sondern ein Schiedsmann. 31 Weltbühne Seite 309. 34 GBA 21, Seite 791 f.

Dreigroschenheft 4/2017 19 „Erklärung“ von Paul Casper und Leopold Zum Zeitpunkt der Einigung und der Ver- F ilm Schwarzschild, dem Herausgeber des „Tage- öffentlichung befindet sich Brecht in Süd- Buchs“, mit folgendem Wortlaut: frankreich.35 Aus dem Hotel Beauvau in Marseille schreibt er an Helene Weigel am Am 14. Februar 1931 erschien im „Tage-Buch“ 14. Mai 1931: „Schick mir das ‚Tage-Buch‘, ein Artikel von Ludwig Marcuse, der in paro­ wo eine Erklärung Marcuses drin steht, distischer Form den Prozess Bert Brechts wenn nicht, frag Casper!“36 gegen die Nero-Film-Gesellschaft in Sachen des Films „Dreigroschenoper“ behandelt. We- Brechts anwaltliche Verbindung zu Paul gen dieses Artikels beabsichtigte Bert Brecht, Casper blieb auch über den Dreigroscheno- eine Klage gegen Dr. Marcuse anhängig zu perfilm hinaus erhalten. Denn Paul Casper machen. In diesem Stadium haben die beiden war auch einer der Beteiligten an dem Film- Unterzeichneten, der Rechtsbeistand Bert projekt „Kuhle Wampe oder Wem gehört die Brechts und der Herausgeber des „Tage-Buch“, Welt?“. Die GBA versieht den Abdruck des sich veranlasst gesehen, die Angelegenheit Textes „Tonfilm ‚Kuhle Wampe oder Wem mit den streitenden Parteien außergerichtlich gehört die Welt?‘“37 mit dem Hinweis, das zu erörtern. Da die Satire Marcuses, die ihr Typoskript sei „gezeichnet“ mit: „Brecht. Autor ausdrücklich bestätigte, sich keineswegs Dudow. Höllering. Kaspar. Ottwald. Eisler. auf das Gesamtschaffen Brechts bezog und Scharfenberg.“38 Bisher war unklar, wel- weit entfernt von der Auffassung war, dass che Person sich hinter „Kaspar“ verbarg. Brecht sein literarisches Schaffen materiel- Im Dreigroschenheft 4/2012 hatte Helmut len Zielen unterordne, und da auch aus der G. Asper nur vermuten können, dass die finanziellen Gestaltung des Vergleichs keine bisherige Zuschreibung, bei der im Zusam- gegenteiligen Folgerungen gezogen werden menhang mit dem Film genannten Person sollten, bleibt von dem Streitfall die folgende „Kaspar, Kasper, Casper“ handele es sich um sachliche Meinungsverschiedenheit übrig: Brechts Freund Caspar Neher39 falsch ist und Marcuse behauptet, dass ein Autor, der wegen dass es sich in Wirklichkeit um Paul Casper, eines künstlerischen Prinzips einen Prozess also Brechts Rechtsanwalt aus dem Dreigro- angestrengt hat, diesen Prozess bis zum schenoperfilm-Prozess handelt. Nun dürften Ende durchführen muss. Brecht hingegen alle Zweifel beseitigt sein. Denn in einem behauptet, sein prinzipielles Prozessziel sei es Brief Slatan Dudows aus Paris an Bert Brecht gewesen, Klarheit über die rechtlichen Ver- vom 4. September 1936 fragt ersterer im Zu- hältnisse der Filmautoren zu schaffen. Diese sammenhang mit Vorführungen des „Kuhle Klarheit hat er sich verschafft. Seine konkreten Wampe“-Films in Paris und Zürich Brecht, Ziele, die er auch erreicht hat, waren, sich ob er, also Brecht, die relevanten Filmverträge das Recht zur nochmaligen Verfilmung der noch habe und „auch andere Abmachungen, Dreigroschenoper nach seinen eigenen An- die Casper später mit Höllering40 gemacht gaben zu verschaffen sowie die künstlerische 35 Werner Hecht, Brecht Chronik, Frankfurt, 1997, Verantwortung für die vorliegende Verfilmung Seite 307. öffentlich abzulehnen. Diese Ziele hat Brecht 36 „ich lerne: gläser+tassen spülen“, Bertolt Brecht/He- bereits im Eingang der Gerichtsverhandlung lene Weigel, Briefe 1923–1956, hrsg. von Erdmut klar angegeben. […] Nachdem also nunmehr Wizisla, 2. Aufl., Berlin, 2012, Seite 69. 37 GBA 21, Seite 544-547 der Streitfall lediglich auf eine Diskussion über 38 GBA 21, Seite 795. die Möglichkeiten eines solchen Prozesses 39 in GBA 21, Seite 795. hinausläuft, halten alle Beteiligten das Gericht 40 * 20. Juli 1897 in Baden bei Wien; † 10. Februar 1980 nicht für kompetent, hierüber zu entscheiden. in London, Bruder von Franz Höllering, vgl. bei Kay Weniger, Es wird im Leben mehr genommen als ge- Brecht verzichtet demnach auf seine Klage. geben, Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933-1945, Hamburg,

20 Dreigroschenheft 4/2017 hatte. Meine sind alle z.Zt. in Berlin von der land auf, ohne die Möglichkeit einer beruf- Gestapo mit beschlagnahmt.“41 Und dass es lichen Tätigkeit.“44 Von November 1934 bis F ilm sich bei „Casper“ um Paul Casper handelt, Mai 1941 lebte er in Portugal und versuchte ist zweifelsfrei. Geklärt ist damit wohl auch, dort, „durch kaufmännische Tätigkeit mei- welchen Rechtsanwalt Brecht in dem oben nen Lebensunterhalt zu verdienen, jedoch genannten Text meinte, den die GBA (Bd. infolge des Fehlens der Vorkenntnis auf die- 21, Seite 796) nicht ermitteln konnte. Georg sem Gebiet ohne oder zeitweilig mit gerin- Höllering, der vermutete, er sei gemeint, war gem Erfolg.“ Ende Mai 1941 gelang es ihm, in es meines Erachtens jedenfalls nicht. die USA einzureisen und Unterkunft in New York zu finden.45 Erst „nach längerer Zeit 1932 hatte Paul Casper seine Sozietät mit (fand ich) eine Tätigkeit in einer Exportfir- Helmut Ellerholz beendet und war auch aus ma für Automobil-Ersatzteile“, schreibt er in den bisherigen Kanzleiräumen Unter den seinem Lebenslauf.46 Diesen hatte er erstellt, Linden 17 ausgezogen. Die neuen Kanzlei- um seine Wiederzulassung als Rechtsanwalt räume waren spektakulär, nämlich im 1930 in Berlin zu erreichen, die er mit Schreiben bis 1932 errichteten „Shell-Haus“, dem em- vom 4. Oktober 1952 beim Kammergerichts- blematischen Gebäude der „Neuen Sachlich- präsidenten in Berlin beantragte. Er schreibt: keit“ von Emil Fahrenkamp, nicht wenige „Ich bitte um eine Zulassung unter Befreiung halten es auch heute noch für das schönste von der Residenzpflicht. Mein fester Wohn- modernere Gebäude Berlins, das mittlerwei- sitz ist gegenwärtig in New York, USA. Eine le vom Bundesministerium für Verteidigung Reihe meiner früheren, jetzt in den USA an- angemietet wurde. Sein neuer Sozius wurde sässigen Mandanten sowie sonstige Parteien, Klaus Bonhoef­er42, der in Heidelberg stu- die Rechtsbeistand in Berlin suchen, haben diert hatte und mit einer Arbeit über „Die mir für den Fall der Wiederzulassung die Betriebsräte als Organ der Betriebsgenos- Übertragung ihrer Angelegenheiten zuge- senschaft“ promoviert worden war. Im April sagt. Ich sehe hierin die Grundlage für den 1933 erhielt Casper – wie fast alle jüdischen Aufbau meiner neuen Anwaltspraxis.“ Rechtsanwälte in Berlin43 – Berufsverbot. Die Löschung seiner Zulassung erfolgte im Juni Nachdem er den Kammergerichtspräsi- 1933 und wurde veröffentlicht im JMBl vom denten davon überzeugt hatte, dass seine 30.6.1933, Nr. 31, Seite 203. Er flüchtete An- kaufmännische Tätigkeit als Angestellter fang Juni 1933 und hielt sich „bis November einer Exportfirma für Automobil-Ersatzteile 1934 in Frankreich, zeitweise auch in Eng- mit der anwaltlichen Tätigkeit kompatibel war, wurde er wieder beim Kammergericht 2011, Seite 581 f.; siehe auch Eduard Höllering, Ge- zugelassen und von der Residenzpflicht be- org und Franz Höllering und die sudetendeutschen freit. Mit Schreiben vom 30. September 1960 Bühnen, Regensburg, 1998. gab er dann seine Zulassung zurück und er 41 Zitiert nach Hermann Harmann/Christoph Hesse (Hrsg.), Briefe an Bertolt Brecht im Exil 1933 bis wurde von der Liste der beim Kammerge- 47 1941, Berlin/Boston, 2014, Seite 584f. richt zugelassenen Anwälte gestrichen. ¶ 42 * 5. Januar 1901 in Breslau; † 23. April 1945 in Ber- lin, Bruder von Dietrich Bonhoeffer, der ab 1935 als Rechtsberater (Chef-Syndikus von 1937 bis 1944) bei der Lufthansa tätig war und als Mitwisser des 20. Juli am 1. Oktober 1944 verhaftet und am 2. Fe- 44 Maschinenschriftlicher Lebenslauf vom 4. Oktober bruar 1945 durch den Volksgerichtshof zum Tode 1952, Wiederzulassungsakte Landesarchiv Berlin verurteilt wurde (Wikipedia). Landesarchiv Berlin B Rep. Nr. 486. 43 Siehe Simone Ladwig-Winters/Rechtsanwaltskam- 45 266 West End Avenue, Upper West Side von Man- mer Berlin (Hrsg.), Anwalt ohne Recht, Das Schick- hattan. sal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin nach 1933, 46 Landesarchiv Berlin B Rep. Nr. 486. 2. Aufl., Berlin, 2007, Seite 57 f. 47 Landesarchiv Berlin B Rep. Nr. 486.

Dreigroschenheft 4/2017 21 Brecht/Weills „Mahagonny“in Mannheim und Salzburg:

T heater Zwischen Revue-Langeweile und amüsanter Aktualität

Ernst Scherzer

Wie schwierig es ist, eine anständige Aufführung von „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ zustande zu bringen, haben vor Jahren schon Salzburg (ge- meint sind die unter der neuen Inten- danz künstlerisch völlig uninteressant In Salzburg: Eric Greene, Frances Pappas, Rainer Maria gewordenen Festspiele) und – weit we- Roehr (Foto: Anna-Maria Löffelberger) niger verwunderlich – bei der dortigen Erstaufführung die Wiener Staatsoper bewiesen. Leider verbindet dieser Umstand ein wenig mit der Salzburger Landestheater-Auffüh- Nun hat diesen beiden negativen Beispielen rung: Dort wurde in der Premiere an den das eigentlich überaus schätzenswerte Na- unpassendsten Stellen gelacht. Und noch tionaltheater Mannheim ein drittes hinzu- ein weiterer, die Interpretin der Jenny war gefügt und die beiden anderen sogar noch nämlich identisch, kam nur gesanglich in unterboten. Die Inszenierung von Markus dem kleinen Haus etwas besser über die Dietz bemüht zwar die Technik des Hauses, Rampe. Davon abgesehen gelang Jacopo erschöpft sich aber sonst im Stehen der Pro- Spirei im Gegensatz zu seinem eine lang- tagonisten an der Rampe und legt sich im weilige Revue vorführenden Kollegen eine Wesentlichen nur auf die eine der im Stück die heutige Konsumgesellschaft prächtig besungenen Lieblingstätigkeiten der Män- auf den Arm nehmende Deutung der Vor- ner fest, nämlich das Lieben. Ein einziger lage. Vielleicht gerieten dadurch die ernsten berührender Moment gelingt, wenn Jenny Hintergründe ein bisschen zu sehr ins Ab- und Jim voneinander Abschied nehmen. seits. Eine Figur wie die Leokadja Begbick Weshalb der von einer Choristin erschossen hätte etwas mehr Sarkasmus vertragen, als wird, weiß wohl nur der Regisseur … Mu- diesen Frances Pappas zu geben vermochte. sikalisch geriet die von Benjamin Reiners Insgesamt war es aber doch ein auf hohem dirigierte Produktion passabel, zumindest Niveau vergnüglicher Opernabend, wie was das Orchester betrifft. Von den Sän- man sich ihn natürlich nicht nur bei Brecht gern entsprach am ehesten Thomas Berau und Weill wünscht, diesen aber besonders in der doch kleinen Rolle des Sparbüch- angemessen erscheint. Dazu trug in ho- sen-Bill. Gibt es im beachtlichen Ensemble hem Maße das von Adrian Kelly geleitete wirklich keine bessere Jenny Hill, dass man Mozarteumorchester Salzburg bei. Erwar- die dünnstimmige Laura Nicorescu als Gast tungsgemäß herausragend aus der Sänger- verpflichten musste? Nicht mehr als bemüht schar der Jim Mahoney von Franz Supper gelang Will Hartmann der Jim Mahoney. als liebenswerter Naturbursche mit helden- Erfreulich immerhin das große Publikums­ tenoraler Stimme. ¶ interesse mitten im Sommer, unverständ- lich der jubelnde Beifall. Der konnte wohl (Trailer zu beiden Inszenierungen gibt es bei nur in Unkenntnis der wahren Qualitäten Youtube) dieser Oper hervorgerufen werden.

22 Dreigroschenheft 4/2017 Brechts „Leben des Galilei“ am Linzer Landestheater

Ein lustvoller Theaterabend T heater Ernst Scherzer

Auf musikalischem Gebiet geriet die erste Spielzeit des neuen Intendanten auf eine Weise, die man als „durchwachsen“ zu be- zeichnen pflegt. Weshalb eigentlich, ist dies doch bei fleischlichen Genüssen eher als Vorzug anzusehen; und davon handelt schließlich auch Bertolt Brechts spätes Stück „Leben des Galilei“, das seine öster- reichische Erstaufführung seinerzeit keiner größeren Bühne, vielmehr den eher laien- Der gefangene Galilei mit seiner Tochter: Christian haften Burgfestspielen im kärntnerischen Taubenheim, Theresa Palfi, Markus Pendzialek. Friesach zu verdanken hatte! Und da kann © Jochen Quast der Unterzeichnete nicht umhin, auf die vor allem szenisch ziemlich dürftige – also im beinahe ständig auf Trab, Katrin Plötner negativen Sinn „laienhafte“ – Produktion ist um Regie-Einfälle keinen Moment ver- der um eine zu Galileo Galilei verwandte legen, und wo es angebracht erscheint, ge- Figur, nämlich Johannes Kepler, kreisende rieten diese voller Witz. Davon profitierte Hindemith-Oper „Die Harmonie der Welt“ vor allem Markus Pendzialek, der damit im Linzer Musiktheater hinzuweisen: Nach den Andrea Sarti beinahe zur Hauptfigur den vorherigen Erfahrungen trat er den aufgewertet hat. Christian Manuel Olivei- diesmal in die altehrwürdigen Kammer- ra verkörperte trefflich den Kardinal - Bel spiele (das ehemalige Große Haus daneben larmin: Äußerlich eine fast sympathische wurde zum Schauspielhaus umgebaut) Weg Erscheinung, mit seinen Äußerungen einer mit zumindest gemischten Gefühlen an. vorgefassten Meinung ein Widerling.

Umso größer geriet die Überraschung, Im Mittelpunkt der gefeierten Aufführung einem Abend beiwohnen zu dürfen, wie blieb glücklicherweise dennoch der Inter- man ihn immer wieder erhofft und doch pret der Titelrolle. Wie Christian Tauben- nur selten erlebt. Nicht nur einfach rund- heim den Galilei auf die Bühne gestellt hat, um gelungen, sondern von allen durchwegs würde jedem mit der Aufgabe gewachsenen famosen Schauspielern mit einer Lust dar- Schauspieler zur Ehre gereichen. Überrascht geboten, die sich auch auf das Premieren- begegnet einem bei der ins Freie verlegten publikum übertrug. Ausnahmsweise nahm Premierenfeier ein junger, völlig bar jener man dafür sogar eine doch ziemlich dra- sich als Perücke erweisenden Haare gerade- stische Kürzung auf etwa zwei pausenlose zu „moderner“ Schauspieler. Stunden in Kauf. Wie weit die sehr verfrem- dend erklingende Musik noch von Hanns Für die bei der Vorstellung etwas ins Leere Eisler stammt, blieb als einzige Frage offen. gehende Antwort auf seine partiengemäß letzte Frage sorgte die Natur mit dem über Die Inszenierung hält auf der Drehbühne dem Theater aufgehenden Mond; die Nacht von Anneliese Neudecker die Darsteller war tatsächlich „Hell!“ ¶

Dreigroschenheft 4/2017 23 Über die Brecht-Stadt Leipzig

R ezension Aufführungs-Rezensionen bis 1932 dokumentiert

Der rührige Sax-Verlag hat eine Fleißarbeit Peter Uhrbach, von Peter Uhrbach herausgebracht: Eine Bertolt Brechts Büh- Dokumentation von Artikeln der Leipziger nenwerke in Leipzig Presse über Brecht-Aufführungen in Leip- 1923-1932, 196 Sei- zig von 1923 bis 1932, also von bis kurz ten, Hardcover, ISBN 978-3-86729-192-7, vor der Machtübernahme, gespeist aus den 18 € Zeitungsbeständen des Stadtarchivs Leip- zig. Der Band ist auf diese Weise eine will- kommene Ergänzung der umfangreichen in der Regie von Brecht – dazu kam es nicht Dokumentation von Monika Wyss, „Brecht mehr. Es gibt Notizen von Brecht zu die- in der Kritik“, von 1977. Dort wurden zwar sem Drama in GBA 21, S. 212-213, datiert die Leipziger Brecht-Uraufführungen des auf „um 1927“. Die Herausgeber der GBA Baal (1923 im Alten Theater) und Maha- konnten sie keinem Theaterstück zuordnen; gonny (1930 im Neuen Theater) bereits der Text, obwohl 1928 gedruckt, scheint breit dokumentiert, aber nicht unbedingt verschollen. aus der Leipziger Presse, und nicht alle zeit- genössischen dortigen Presseorgane waren Einige Theaterzettel und Porträtzeich- berücksichtigt worden. Da gab es immer- nungen sind eingestreut, darunter im Aus- hin Leipziger Neueste Nachrichten, Leip- schnitt die Brecht-Karikatur des leider un- ziger Tageblatt, Leipziger Volkszeitung, Neue genannten Emil Stumpp 1925. Ein Porträt Leipziger Zeitung sowie Sächsische Arbeiter- von Helene Weigel 1932 wird versehentlich zeitung. Zusätzlich zu den Uraufführungen Brecht zugeschrieben, es stammt wie auch nimmt Uhrbach auch die Rezensionen zu ein abgedrucktes Brecht-Porträt von dem Leipziger Erstaufführungen von Brecht- Leipziger Grafiker Erich Gruner (Dank an Stücken auf: Da gab es 1923 Trommeln in Volkmar Häußler). der Nacht im Schauspielhaus, 1928 Leben Eduards II. im Alten Theater, Mann ist Uhrbach ergänzt seine Dokumentation Mann im Schauspielhaus und die Dreigro- durch eigene knappe Erläuterungen zum schenoper im Alten Theater, 1931 den Drei- Zeithintergrund und gelegentliche Anmer- groschenoper-Film, 1932 Die Maßnahme in kungen zu Künstlern und Redakteuren. Sein der Alberthalle des Krystallpalasts. Buch macht neugierig auf die Geschichte der diversen Leipziger Bühnen; hierauf ein- Es sind auch Entdeckungen zu machen. Die zugehen hätte offenbar den Band gesprengt. im Buch abgedruckte Vorschau des Spiel- Ein Namensregister wäre hilfreich. Zumin- plans des Leipziger Komödienhauses für dest einige Repros von Originalartikeln 1932 war vielversprechend: Uraufführungen wären wünschbar, ebenso eine optisch kla- u.a. von Brechts Die Mutter (nach Gorki) rere Trennung der einzelnen Rezensionen. sowie Die heilige Johanna der Schlachthöfe Brechts Name ist im biografischen Nach- wurden da angekündigt, ebenso die Urauf- spann leider teilweise falsch geschrieben. führung eines Stücks Die Bluttat von Ger- Trotzdem ein sehr willkommenes Buch! ¶ mersheim von Hans [Hermann] Borchardt (mf)

24 Dreigroschenheft 4/2017 Brecht im Bücherherbst: Auswahl angekündigter R ezension Neuerscheinungen

Suhrkamp: Nach den Bänden 1, 2 und 7 erscheint im Oktober Notizbücher Band 3: 1921, hrsg. von Martin Kölbel und Peter Villwock (735 Seiten, 58 €); – ferner: Benjamin und Brecht – Denken in Extremen, hrsg. von Erdmut Wizisla (240 Seiten, 32 €). Im März 2018 er- scheint Leben des Galilei in der Edition Suhrkamp Letterpress, Satz und Layout Erik Spiekermann (160 Seiten, 42 €).

Akademie der Künste im Oktober: Mord im Fahrstuhlschacht. Tatsachenreihe von Bertolt Brecht und Walter Benjamin. Co- mic von Steffen Thiemann (Holzschnitt), mit Texten von Steffen Thiemann und Erdmut Wizisla (32 Seiten, 7,50 €)

Königshausen + Neumann kündigt an: September: Helmut Koopmann, Bösartig- keiten und Einsprüche: Studien zum Werk Bertolt Brechts (Brecht - Werk und Kon- text, 350 Seiten, 49 €); – Dezember: „der staub, den sie bei ihren kämpfen aufwirbeln, das ist die wirkliche materie“: Realitätskon- zeptionen in Bertolt Brechts Texten (Brecht – Werk und Kontext) von Doris Neumann- Rieser (388 Seiten, 48 €); – ferner: Minima Hegeliana: Brechts Denkbilder von Frank D. Wagner (220 Seiten, 29,80 €)

Theater der Zeit, November: Recycling Brecht: Materialwert, Nachleben, Überleben (Recherchen), hrsg. von Günther Heeg (220 Seiten, 18 €)

Verbrecher-Verlag, November: Laxheit in Fragen geistigen Eigentums: Brecht und Urheberrecht (lfb texte), hrsg. von Annett Gröschner und Christian Hippe (320 Sei- ten, 24 €) ¶

Dreigroschenheft 4/2017 25 Brecht als Zeitgenosse (natur-) wissenschaftlicher Geschichte R ezension Gerd Koch

Arbeite ich theaterpädagogisch mit Kol- Christian leginnen und Kollegen aus anderen Diszi- Hippe, Volker plinen zusammen, etwa mit Lehrenden in Ißbrücker, i. A. den Naturwissenschaften (Physik, Chemie, des Litera- Biologie) oder mit Geschichtslehrer*innen turforums im beziehungsweise Sozialpädagog*innen, Brecht-Haus die biografisch vorzugehen pflegen, dann (Hg): Brecht ziehe ich gerne das Buch von Hippe und und Naturwis- Ißbrücker aus der Tasche und schlage die senschaften. Berlin: Verbrecher 2017 [333 S., Seiten 309–325 auf – nämlich: die chro- ISBN 978-3-95732-156-5] nologische Synopse „Naturwissenschaft- lich/technisches Ereignis“ und „Brechts der Prologe (S. 265 ff.) deutlich wird und Biografie/Werk“ (zusammengestellt von damit in den Kontext politischer Verant- Ißbrücker). Durch diesen Zeitstrahl wird wortung von Wissenschaft, wie sie etwa erst der Theatermensch Brecht als Zeitgenos- 1974 von der UNESCO in der „Empfehlung se (natur-)wissenschaftlicher Geschichte zur Stellung der wissenschaftlichen For- sichtbar. Erst dann gehen wir exemplarisch scher“ zum Ausdruck kommt (vgl. S. 281). an Beiträge verschiedener Autoren und Au- Musikhistorisch interessierte Kolleginnen torinnen des Buches heran und können sie und Kollegen weisen mich bei der Gelegen- doppelt kontextualisieren: im literarischen heit auf den Vater von Galileo hin, nämlich Werk und in der Zeitgeschichte. Vincenzo, der Lautenist, Komponist und Musiktheoretiker (Harmonielehre) war. Aber auch für Kolleginnen und Kollegen Und sein Sohn Galileo war es, der die phy- aus der Theater- bzw. Literatur- und Er- sikalischen, schwingenden Verhältnisse der ziehungswissenschaft kann dieser Zugang Saiten später messbar machte. Brecht fragt sinnvoll sein – sind doch die verschie- rhetorisch: „was hat Wissenschaft mit Kunst denen hier versammelten Lesarten des zu tun?“ Und er antwortet, dass die „Vor- Brechtschen Werkes durch Natur- und Kul­ gänge in der Welt von Menschen“ so ver- turwissenschaftler*innen (entstanden aus wickelt sind, dass „alle (Hv. gk) Hilfsmittel Kurzvorträgen und Gesprächen während für ihr Verständnis herbei(zu)ziehen“ seien der Brechttage 2015 im Literaturforum in (vgl. S. 262) – also auch die Künste. Brecht-Haus zu Berlin), häufig genug an- und aufregend auch für sie und für ‚klas- Lukas Mairhofer (Philosoph/Physiker) sische‘ Brechtianer*innen. etwa wendet sich in diesem Buch (S. 67 ff., 137 ff.) aus Fragestellungen der „Heisen- Bekannt ist in der Regel die brechtsche Be- bergschen Unschärferelation“ und aus Ge- handlung des Galileo-Galilei-Stoffes – im- sprächsnotizen Brechts mit dem Physiker merhin als „Leben des Galileo Galilei“ beti- und Philosophen Hans Reichenbach im Exil telt, so dass der Zeitkontext schon im Stück an Brechts „Kaukasischen Kreidekreis“, der selbst angelegt ist, was auch durch Brechts häufig als Agitationsstück bzw. als Folklore Bearbeitungen seines eigenen Stückes und missverstanden wird: Welche sichtbaren

26 Dreigroschenheft 4/2017 und nicht sichtbaren ‚Kausalitäten‘, ‚Un- möglich wäre, natürliche Gesetze, Prozesse gleichzeitigkeiten‘, ‚Überlagerungen‘ und und Phänomene zu beobachten und zu er- „Wirkungsquanten“ (Brecht) herrschen in klären. Die Aufgabe des Wissenschaftlers Verhaltens- und Entscheidungsprozessen ist es, gleichzeitig genau zu beobachten, R ezension des Stückes? Die Rolle des Beobachters, kritisch dem experimentellen Aufbau ge- des „Sängers“ im „Kreidekreis“ wird wie genüber zu bleiben, ihn stetig zu evaluieren ein „Experimentator“ (S. 148) erkannt, und die Ergebnisse sorgfältig und objektiv der zugleich das Geschehen beeinflusst. auszuwerten.“ (S. 259 f.) Brinkert fasst pro- Mairhofer zitiert Brecht zustimmend: „So nonciert zusammen: „Das epische Theater- beobachten wir nicht das normale Leben stück (ist) als naturwissenschaftliches Ex- der mikrokosmischen Welt, sondern ein periment (zu verstehen).“ (S. 259) durch unsere Beobachtung verstörtes Leben“ (S. 142, Hv. gk). Sie kommt damit zu einem Schluss, den der Wissenshistoriker Yehuda Elkana 1986 Anne Dippel berichtet von ihrer Feldfor- unter diesem Titel vorlegte: „Anthropolo- schung im Kernforschungsinstitut CERN: gie der Erkenntnis. Die Entwicklung des „ich möchte begreifen, wie sich Wissens­ Wissens als episches Theater einer listigen produktion in einem technischen Raum Vernunft“ (Wissenschaftliche Sonderaus- vollzieht und welche Bedeutung der Mensch gabe im Suhrkamp Verlag). Solch listiges, in seinem Miteinander hier hat, wie das so- scharfsinniges, auch praktisches Weisheits- ziale Zusammensein gestaltet ist, welche wissen wird in der griechischen Mythologie Rolle die Maschine spielt und in welchem der ersten Geliebten des Zeus, der Metis, Wechselspiel sie stehen. Das andere, was zugeschrieben. das CERN interessant für die Ethnologie macht, ist, dass es seinem Charakter nach Die Herausgeber Ißbrücker und Hippe lei- ein großes Sozialprojekt ist. Es ist ein trans- ten ihren Sammelband mit einem Brecht- nationaler und interkultureller Raum. Die Zitat ein: „Argumente wirkten auf mich größte Maschine, die gebaut worden ist, begeisternder als Appelle an mein Gefühls- ist letztlich auch die Verwirklichung des leben, und Experimente beschwingten Traums vom Turmbau zu Babel“ (S. 82 f.); mich mehr als Erlebnisse“ (S. 7). Das hier „das Wort ‚Feld‘ (…) haben die Sozialwis- vorgelegte Buch liefert gleichwohl all dies: senschaften aus der Physik übernommen; Argumente, Appelle, Gefühlsleben, Experi- umgekehrt wandert das Wort ‚Kollektiv‘ mente und auch hervorragende Erlebnisse. aus den Sozialwissenschaften in die Physik Eine empfehlenswerte Lektüre! ¶ (…) Das ist eine sehr interessante Wendung in der Wissensproduktion“ (S. 87 f.). Prof. Dr. Gerd Koch ist Emeritus der Alice- Salomon-Hochschule Berlin. Katharina Brinkert kommt zu diesem [email protected] Schluss: „Der Naturwissenschaftler und Ex- perimentator wird (…) zum Regisseur ei- ner Experimentierreihe, die einem Theater-  Siehe auch: „Die List der Vernunft: Metis“, in: Ye- stück gleicht: Er konzipiert ein Experiment, huda Elkana/Hannes Klöpper: Die Universität im 21. Jahrhundert. Für eine neue Einheit von Leh- eine Szene, das er nach bestimmten Regeln re, Forschung und Gesellschaft. Hamburg 2012, verfremdet, um einen Sachverhalt, der un- S. 229 ff., und die Notiz „My Mentor Yehuda“ von ter Beobachtung steht, zu verdeutlichen Rivka Feldhay in: Yehuda Elkana: Leben in Kontex- und hervorzuheben. Die experimentelle ten. Life in Contexts. Wissenschaftskolleg zu Berlin 2015, S. 112 f.: „Science and Beyond“ – Elkanas MA- Verfremdung wird damit zugleich zu einem Hauptfach (1966) war Physik, die Nebenfächer: Ma- Untersuchungswerkzeug, ohne das es nicht thematik und Geschichte der Wissenschaften, S. 28.

Dreigroschenheft 4/2017 27 Zwei Fundsachen zu Brecht Franz Heinrich Ziegenhagen. Sichtbar wird ein weites Verständnis von Sozialismus als und Pädagogik einer kritischen Theorie und Praxis mensch- R ezension licher Solidaritätsbemühungen (siehe näher Gerd Koch die Einleitung, S. 9–22: „Sozialistische Pä- dagogik?“). Die renommierte Buchreihe „Pädagogik Benjamin Paul-Siewert, Robert Pfützner, und Politik“ will „pädagogische und erzie- Michael Winkler (Hg): Sozialistische Päda- hungswissenschaftliche Grundthematiken“ gogik. Eine kommentierte Anthologie. Balt- darstellen und „Ansätze von Personen und mannsweiler 2016 (Schneider Verlag Hohen- Organisationen“ in Quellen vorstellen, die gehren), 258 S. (in der Buchreihe „Pädagogik „im weitesten Sinne der kritischen Päda- und Politik“, hrsg. von Armin Bernhard, Eva gogik zuzurechnen sind“. Band 10 aus dem Borst, Matthias Rießland) Jahre 2016 liefert als „Eine kommentierte Anthologie“ (Untertitel): „Sozialistische Pä- dagogik“ – und hat darin auch Bertolt Brecht einen guten Platz eingeräumt (S. 51–64) – 2015 legte Uwe Hirschfeld seine „Notizen mit Brecht-Texten zur Großen und Kleinen zu Alltagsverstand, politischer Bildung und Pädagogik, zur Theorie der Pädagogien, aus Utopie“ vor – ohne deutlichen Bezug auf „Die Mutter“, „Leben des Galilei“. Der Autor Brecht wurden diese (mehr als) Notizen David Salomon kommentiert diese Quellen nicht verfasst! Unter der Kapitelüberschrift unter dem Titel „‚Eingreifendes Denken‘ „Das mäeutische Moment der politischen oder Der Politische Dichter als Pädagoge“: Bildung“ setzt Hirschfeld als Motto Brechts „Dass im Fall Brechts von der in diesem Maxime: „Der Lernende ist wichtiger als Band üblichen Beschränkung auf einen Text die Lehre.“ (S. 118) Mit Bezug auf Kant und oder Fragmente eines Textes abgewichen hier weitergeführt mit Ernst Bloch und an wird, begründet sich aus der (…) Besonder- anderen Stellen mit Antonio Gramsci gibt heit, dass der hier vorgestellte Autor nicht Hirschfeld dem interessierten Leser / der Pädagoge (…), sondern Dichter und Regis- Leserin hoffnungsvoll / überbrückend dies seur ist, (und) sich der eine theoretische Text auf den Weg. „Wer einmal die Selbstverfü- schwerlich finden lässt, der geeignet ist, sein gung im Lernprozess erfahren hat, den ekelt pädagogisches Denken einigermaßen zu auf immer alle Belehrung, womit er vorher repräsentieren.“ (S. 60) Deutlich wird, dass aus Not vorliebnahm, weil seine Vernunft Brecht sowohl intentional wie funktional etwas bedurfte und nichts Besseres zu -ih pädagogisch denkt und handelt und dies im rer Unterhaltung finden konnte“ (S. 174) Kontext seines literarischen Werkes und im – das Lehren & zugleich Lernen vermittels Zeitzusammenhang tut – letzterer ist ihm Brechtscher Lehr-Lern-Stücke ist hier sehr kein gleichgültiger; denn, so schreibt Salo- prägnant skizziert und auch der Begriff ‚Un- mon zugespitzt, Brecht seien „Revolutionen terhaltung‘ ist angemessen im Brechtschen immer zugleich als Lernprozess“ (S. 57) er- Zusammenhang, hatte Brecht doch die Si- schienen. cherung (materiell-sozialen) ‚Unterhalts‘ Der Beitrag zu Brecht steht im Kontext die- mit der notwendigen Sicherung von ‚Unter- ser Pädagogen und Pädagoginnen (im z. T. haltung‘ (als kommunikative Vergnügung) weiteren Verständnis): Siegfried Bernfeld, in seine Perspektive genommen. Hermann Duncker, Charles Fourier, Shlo- Uwe Hirschfeld: Notizen zu Alltagsverstand, yeme Gilinsky und Berthold Otto, Rosa politischer Bildung und Utopie. Hamburg Luxemburg, Anton Semjenovič Makaren- 2015 (Argument Verlag) , 243 S. (in der Rei- ko, Karl Marx, Robert Owen, Clara Zetkin, he „Werkstatt-Texte“, Band 6) ¶

28 Dreigroschenheft 4/2017 Pädagogik, Politik, Poesie

Textmaterial zu einer Tagung: „Brecht gebrauchen“ R ezension Dieter Henning

I Differenziert und konkret: Individuum und Gemeinschaft

Sucht man nach einem übergeordneten Thema sämtlicher Beiträge des anzuzei- genden Buches, wird man bereits im ge- 436 Seiten, meinsamen Vorwort der Herausgeber da- 25 Euro rauf hingewiesen, dass die vielfältigen Zu- sammenhänge und Kontradiktionen von gestellt werden, deshalb seien im Nachfol- Ich und Kollektiv das einigende Band der genden – nach der kurzen Übersicht zum Referate und Gespräche einer theaterpäda- Thema von Ich und Kollektiv im Band – gogischen Tagung zu Brechts Lehrstücken zwei Themen herausgegriffen und kurz -be ist, die 2015 am Comer See in der Villa Vi- trachtet. Zum einen das der Widerstands- goni stattgefunden hat. Es sind insgesamt kraft des Einzelnen; wie kommt jemand zahlreiche und umfassende Berichte sowohl dazu, sich zu wehren, das ist die Frage; wie zur theoretischen wie praktischen Arbeit sind Prozesse mit Hilfe der Lehrstücke von mit den Lehrstücken von Brecht. Brecht hat Brecht vorstellbar, dass jemand aus Verun- bekanntlich selbst fünf seiner Sücke aus den sicherung und Infragestellung der eigenen 30er-Jahren zu den Lehrstücken gerechnet: Person, die er nicht nur als eigene Schwä- „Das Badener Lehrstück vom Einverständ- che erlebt, sondern als von außen aufer- nis“, „Der Jasager, “, „Die legtes Scheitern, zum Widerständler wird, Maßnahme“, „Die Ausnahme und die Regel“ der Veränderungen plant. Zweitens wird und „Die Horatier und die Kuriatier“. Über die Frage der Betrachtung von Geschichte alle fünf Stücke erfährt man in den Tex- in den Lehrstücken unter dem Aspekt der ten und Gesprächen viel oder kann Ana- durcharbeitenden Wiederholung dessen, lytisches auf sie beziehen; darüber hinaus was war, beleuchtet. Selbstverständlich kön- ist der wiedergegebene Diskussionsprozess nen nicht sämtliche Beiträger namentlich auf das gesamte Werk Brechts zu beziehen. genannt werden. Interessant ist alles. Früh Für alle, die mit Brecht zu tun haben, so- im Band stellen die Herausgeber die Frage, wohl diejenigen, die ihn einfach lesen, wie ob und inwiefern das von Benjamin den diejenigen, die in der Theaterpraxis mit Lehrstücken Attestierte, dass sie eine päda- ihm arbeiten, ist der Band eine der interes- gogische, eine politische und eine poetische santesten Veröffentlichungen zu Brecht aus Wirkung besitzen (Benjamin meint, oft in dem Jahr 2016. dieser Reihenfolge), heute in der verschie- densten Theaterarbeit herausgeholt und ar- Ein mögliches inhaltliches Fündigwerden tikuliert werden kann. In aller vorhandenen kann nicht insgesamt und umfassend dar- Vielfalt der Theaterarbeit. Nützliches aus den Darstellungen im Band – der Begriff der  Milena Massalongo/Florian Vaßen/Bernd Ruping, Nützlichkeit ist wie der vom Brauchen und Brecht gebrauchen. Theater und Lehrstück – Texte und Methoden, Lingener Beiträge zur Theaterpäda­ Gebrauchen, den die Herausgeber gewählt gogik Band XV, Berlin: Milow 2016, . haben, einer von vielen zentralen Begriffen

Dreigroschenheft 4/2017 29 bei Brecht – fällt für jegliche Theaterarbeit seiner „Selbstkonstitution“ Eigensinniges ab, auch für andere Stücke als die Brechts. wie Gefährdendes hinzuzufügen und reali- siert in Spielformen, weit über Theaterpra- R ezension Aus der Zeit um 1931, eine genaue Datie- xis hinaus, etwas, das Brecht Lebenskunst rung ist schwer möglich, also zur Zeit des genannt hat; u.a. mit so etwas umzugehen Entstehens der fünf Lehrstücke, hat Brecht wie „pluralisierter Identität“(ebd.). einen Satz notiert, den die Beiträge allesamt zum Maßstab haben, ohne das zu benennen Milena Massalongo stellt dar, wie wich- oder sich unterzuordnen; er tritt wie eine tig Brechts Versuch anzusehen ist, Kunst Selbstverständlichkeit auf: „Der Lernende ist als „Gebrauchsgegenstand“ zu verstehen; wichtiger als die Lehre.“ In dieser Hinsicht die Lehrstücke drängen sich in Lebens- zeichnet die Texte eine spezifische Güte aus. zusammenhänge und Lebensformen von Die zusätzlich darin besteht, dass sämtliche Mitspielern wie Zuschauern hinein und Anregungen, die man der Lektüre verdan- wollen dort Produktivität hervorrufen ken kann, welche zur Praxis im umfas- und entfalten (Gerd Koch betrachtet den senden Sinne sind; wenn es um Lehre geht, Brechtschen Begriff der Produktion und ist es „eine Lehre zur Praxis“ (S. 22). Brecht Produktivität und sieht für den Einzelnen „gebrauchen“ soll offensichtlich nicht nur ein Moment von Selbstverwirklichung heißen, dass auf der Tagung Brecht „ge- erreichbar; was nicht funktionieren wird braucht“ worden ist, sondern dass, wenn ohne Widerständigkeit). Dass in sämt- das auch andere tun, Brecht gebrauchen, lichen Anstrengungen Verhältnisse von denen, wenn das gesucht wird, ein wenig Theorie und Praxis im Diskurs anstehen, Erfahrungsschatz und Handreichung dar- zeigt Bernd Ruping in seinem Beitrag. Ma- geboten werden soll. Brecht erscheint in be- rianne Streisand und Finn Iunker weisen stimmten Zusammenhängen als brauchbar. auf einer wichtigen Aspekt von Brechts Dass das so ist und worin jene bestehen, ist Begriff der Gemeinschaft hin, er ist nicht im Zentrum. Insofern ist die Aufforderung, allein vor dem Hintergrund eine sozialis- Brecht zu gebrauchen, ein Werbeprogramm tischen Bezugs zu sehen, sondern auch aus zur Befassung mit Brecht. Ein Ausweis der der Begegnung mit der Reformpädagogik Nützlichkeit. am Ende der Weimarer Republik erwach- sen. Neben dem Kontakt zur reformpäda- Auch die Lehrenden sind Lernende, wenn gogischen Karl-Marx-Schule in Neukölln sie die Lernenden wichtiger nehmen als hatte Brecht in den Beziehungen zu Helene die Lehre, lernen sie von denen; insofern Weigel, Peter Suhrkamp und Walter Benja- ist Brechts Satz einer, der raffinierte - Be min Kontakte zu drei Personen, die mehr züglichkeiten aufzeigt. Lernen ist immer oder weniger intensive Erfahrungen in „ein Lernen am Selbst“ (S. 19), Offenheit solchen Schulen hatten. Hans-Thies Leh- ist die Bereitschaft für die verschiedensten mann und Helene Varopoulou widmen Fremdheitserfahrungen (Florian Vaßen sich explizit der Genese und Entfaltung nennt das in seinem Beitrag „Alterität“), von Subjektivität im Lernprozess, als ei- die mit der eigenen wie der fremden Sub- nen in der Auseinandersetzung mit Kol- jektivität, der von außen, die eigenen Po- lektivität in der verschiedensten Gestalt. tentialitäten entbergen hilft und zu anderen Sie messen ab, was dabei Theaterarbeit Umgangsformen mit der eigenen Person in allen möglichen Formen für eine Rolle führen kann. Identität wird einem z. B. als spielen kann. Loyalitätsangebot bewusst und man lernt, Darüber hinaus wird im gesamten Band aus  BFA 21, S. 531. zahlreichen theaterpraktischen Arbeiten

30 Dreigroschenheft 4/2017 berichtet. U. a. ist mit dem Zitat aus Brechts meinschaft und Kollektiv gegenübersteht, „Fatzer“-Fragment: „Ich scheiße auf die Ord- bezogen werden. Brecht habe vom Versuch nung der Welt“ von Versuchen die Rede, aus einer Darstellung gesprochen, dass der Re- Fatzers Gesten und Haltungen Interessantes volutionär „aus dem schlechten, selbstischen R ezension für „eine Lebenskunst der jungen Genera- Typus ganz ohne Ethos von selber hervorge- tion“ (S. 29) zu erarbeiten. Was Vaßen in hen“ könne. Kennzeichnen lasse sich der seinem Beitrag hervorhebt und mit dem Typus u.a. mit Fatzers Aussage, kein Rad Brechtschen Begriff der „Selbstverständi- im Getriebe der Welt sein zu wollen und gung“ umschreibt, ist stets in mehrfachen mit dem anscheinend antiselbstischen: Bezügen Gegenstand in sämtlichen Beiträ- „Auch habe ich starke Unlust, einzig zu tun/ gen. Die, die als Theatertheoretiker oder Von vielen Taten die, welche mir nützlich.“ -praktiker nach außen treten, arbeiten an Sich auf Gesellschaft zu beziehen, und da- ihr und entwickeln sich in ihrer Arbeit, von seinen Nutzen ziehen zu wollen, ist wie diejenigen, an die man sich richtet, in etwas, das seine Person, sein Selbst nicht Prozesse der „Selbstverständigung“ versetzt ausfüllt und nicht ausmacht, er entdeckt, werden. Zu keinem Zeitpunkt wird in den dass er nicht „der Verwertertyp“ ist, der mit Darlegungen der Versuch unternommen, dem Angebotenen zufrieden sein kann. irgendwo Weltanschauliches zu implantie- Was ihm auffällt, ist, dass er vor allem mit ren; dass jemand, der sich anheischig macht, moralischen Angeboten („Ethos“) nichts andere Menschen zu repräsentieren, denen anfangen kann. Darin wird das Aufsehen- anrät, was sie zu denken und zu tun haben. erregende der Satzes von Brecht gegenüber Was konkrete und sehr grundsätzliche Kri- Benjamin gesehen werden können. Sich tik an politischer und sozialer Wirklich- nicht als „schlechter“ Typus vorwerfen zu keit gerade möglich und zum Gegenstand lassen, man relativiere die eigenen Bedürf- macht. Ganz im Sinne des an Wirklichkeit nisse und Wünsche nicht genügend am vor- und Praxis und an materiellem Erfolg der liegenden und erwerbbaren Nutzen. Seine Leute orientierten Brecht. von Brecht gemeinte Schlechtigkeit besteht gerade im Verzichten auf ein solches Relati- 2 ungesunde Lust, wie Räder zu sein vieren. Gegen dergleichen Vorwürfe ist wie gegen das in ihnen empfohlene Widerstand Der Bericht Benjamins über die Gespräche angesagt. Von dieser Aufstandsbereitschaft, mit Brecht in Svendborg 1938 ist in vielfa- in welchen Lagen und in welchen Umstän- cher Hinsicht bemerkenswert. Florian Va- den auch immer, handeln viele der Beiträge ßen zitiert in seinem Beitrag (S. 55) in einer des Bandes. Theaterpraxis ist pädagogische Weise daraus, die ebenfalls Grundlage für Anleitung zu Selbstbewusstsein, um poli- einige der anderen Beiträger zu sein scheint tisch sich nicht in Formen von Positivität (soweit das übersehen werden kann), weil einbinden zu lassen. Die Poesie eines eige- sich Widerständiges und Rebellisches, die nen Lebens verliert sich womöglich. Traute zu Abweichendem und zur Orien- tierung am Eigenen – auch an der eignen  stücke „durchleuchteter Geschichte“ Lust – als Treffermöglichkeit und gelin- gender Erfolg darstellen lassen. Benjamins Im Beitrag von Francesco Fiorentino „Un- Bericht hat nicht zuvorderst die Lehrstücke terbrechen, Wiederholen, Darstellen. Über im Auge, sondern umfasst die frühen Brechts Lehrstück „Die Maßnahme“ lässt Stücke und das „Fatzer“-Fragment, kann aber auf sämtliche Individualität, soweit sie  „Eure ungesunde Lust/ Wie Räder zu sein/ Ich aber will’s nicht“, BFA 10, S. 463. eine ist und als solche darstellbar gemacht  Alle Zitate: Brecht gebrauchen, S. 55. werden kann, die in den Lehrstücken Ge-  BFA 23, S. 402.

Dreigroschenheft 4/2017 31 sich etwas aufgreifen, das anschließt an tei, zu finden, anscheinend kein Ausweg an- das angesprochene Moment der Ich-Pfle- gegeben werden kann. Der Verweis darauf, ge und der „Selbstverständigung“. Es soll dass keine grundsätzlichen Entscheidungen R ezension dabei nicht um die weitere Diskussion um bezüglich Opfertum gefällt werden können, Brechts Stück gehen, sondern darum, was war dem bei Brecht vorgeführten Prozess- in seinem Gebrauch aus ihm entwickelt verfahren stets zu entnehmen; Fiorentino werden kann. Davon schreibt Fiorentino. fügt der Analyse von Brechts Stück hinzu, Es sind „Infragestellungen“ zum Zwecke des dass es eine „Überwindung des Wiederho- „Bewusstwerdens“ (S. 290). Es ist dies ein lungszwangs“ (S. 292) thematisiert und in , eine Haltung, die viele der Beiträ- die Verbindun g zu einem Begriff des Auf- ge lesenswert macht; Praxisbezüge werden arbeitens, konkret des „Durcharbeitens“ im nicht allein auf Theaterpraxis ermöglicht, psychoanalytischen Modell gebracht wer- sondern zu dem, worauf Theaterpraxis ab- den kann. Was ausgesprochen wird, ist eine zielt: das wirkliche Leben, das geführt wird. Warnung vor der Verdrängung des Stattge- Das außerhalb des Theaters. fundenen, es ist dies in vielfältiger Hinsicht ein Bezug auf eine aktuelle Diskussion (z. B. In Brechts „Die Maßnahme“, worauf Fio- die Verdrängung vergangener Gewalt, das rentino hinweist, ist ein wirkliches Leben gilt für die Gewalt in den gegenwärtigen vorbei. Das des jungen Genossen, er ist Konflikten, die Menschen erleben, wie für von seinen Begleitern umgebracht wor- die weiter zurückliegende und wegen man- den. Vorbei ist auch ein Stück von de- gelnder Aufarbeitung weiterhin Wirkungen ren wirklichem Leben, sie haben getötet. zeitigende sowohl des Nationalsozialismus Das Stück bietet einen Diskurs der Täter wie des Stalinismus, mangelnde Aufarbei- über ihr Tätertum und Täterbewusstsein tung gebiert Wiederkehr): „Es gibt keine wie über Opfertum und das spezifische Verdrängung ohne eine Wiederkehr des Ver- Opferbewusstsein des jungen Genossen. drängten, das aber nie in reiner Form wie- Brecht spiele eine „Wiederholung“ durch derkehrt (als solche existiert es auch nicht), und eröffne die „Chance eines Sich-Sel- sondern immer verzerrt, durch etwas An- ber-Zusehens“(S. 293), meint Fiorentino. deres substituiert.“ Brechts Text, der – 1930 geschrieben – manchmal (ohne dass das jetzt nachgewie- Es ist ein eigener Gebrauch von Brecht sen werden muss) in die Nähe zum – nach und hier der Darstellung zu ihm und sei- 1929 in der Sowjetunion siegreichen – Sta- nem Werk, wenn man anfügt, dass unter linismus gestellt worden ist, ist nicht nur dem Aspekt der Wiederholung Brechts damals, sondern heute auch, aber in ande- gesamtes Werk gesehen werden kann, als rer Weise, eine Vorschlag zu Diskursivität. ein zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Zur „Dekonstruktion des Selbstverständ- wie der von Aufklärung und Emanzipati- lichen“ (S. 292). Die im Stück gegenüber on zugehöriges. Vieles wird wiederholend einem Kontrollchor sich rechtfertigenden aufgegriffen und kann als solches „durch- Agitateure tun nicht nur das, sie bestehen gearbeitet“ und gebraucht werden. Das auf ihrer Selbstreflexion. Lernen in Sachen Politik ist u. a. eine auf die Gegenwart bezogene Aufarbeitung von In der weiten Diskussion um das Stück „Die Vergangenheit, von Gewesenem, wie weit Maßnahme“ hat Hans-Thies Lehmann da- es auch zurückliegt. Welche Diskussion rauf hingewiesen, dass im Stück trotz al- weiter anliegt und dass ein Gebrauch des ler Aufforderung, eine andere Lösung des Werks von Brecht einen weiteren Verlauf Konflikts zwischen Einzelnem, dem jungen  Brecht gebrauchen, S. 296. Genossen, und dem Kollektiv, hier der Par-  Ebd. S. 298. Hervorhebung dort.

32 Dreigroschenheft 4/2017 hat, lässt die Formulierung zur „Maßnah- selnd von den anderen Darstellern gespie-

me“ bei Fiorentino erkennen: „Der Tod des lt wird, kommt er als Figur nicht vor. Die K unst einzelnen, der am Anfang vom kollektiven anderen Genossen haben ihre tödliche Tat Jubel übertönt wurde, und in der Abstrakti- folgendermaßen begründet: „Noch ist es on der Theorie verloren ging, wird ins Zen- uns, sagten wir/ Nicht vergönnt, nicht zu tö- trum der Gemeinschaft gestellt – als stum- ten. Einzig mit dem/ Unbeugbaren Willen, mer Verweis auf eine revolutionäre Ethik die Welt zu verändern, begründeten wir/ Die jenseits des Prinzips der Stellvertretung, das Maßnahme.“ Sie führen als Gemeinschaft die Schuld auf Distanz hält.“ Der junge Ge- der Partei eine weitere Gemeinschaft ins nosse ist nur mehr als Stimme in Brechts Feld: die der Welt. Es ist eine Flucht in die Text gegenwärtig, sein Körper hat keinen Abstraktion, statt zu begründen, weshalb es Auftritt, außer dadurch, dass er abwech- wann und wo wem besser gehen sollte. ¶  Ebd. S. 296.  BFA 3, S. 124.

Lange verschollenes Porträt von Helene Weigel wird versteigert Rudolf Schlichter war im Zwanzi- gerjahre-Berlin der Maler der auf- steigenden Stars. Sein berühmtes Brecht-Porträt von 1926 hängt (bald wieder) im Münchner Len- bach-Haus; das auf 1928 datierte Porträt von Helene Weigel, das 1933 im Besitz des Schauspielers Alexander Granach war, galt lange Zeit als verschollen. Granach gab es vor seiner Flucht ins amerika- nische Exil einem Bekannten zur Aufbewahrung; zu einer Rücker- stattung konnte es nicht kommen, Granach starb 1945 in New York.

Das Bild hatte sicher eine beson- dere Bedeutung für Granach – er stand mit Helene Weigel in Brechts „Mann ist Mann“ auf der Bühne, die Berliner Erstaufführung war Anfang 1928. Das Gemälde zeigt Rudolf Schlichter, Porträt Helene Weigel (Öl auf Leinwand, 83,5 x Weigel vor Elementen des Büh- 60 cm, 1928). Das Bild kommt zur Auktion bei Grisebach am nenbilds zu diesem Stück (Hin- 30.11., Schätzwert 200.000–300.000 Euro. Siehe auch https:// weisschild „Kilkoa“). ¶ www.grisebach.com/ (Dank an Dirk Heißerer für Hinweise).

Dreigroschenheft 4/2017 33 Neue Ausstellungsstücke im Augsburger Brechthaus Dokumente zu Frank Banholzer und Siegfried Weigl A ugs b urger Michael Friedrichs Der

Im Brechthaus ausgestellt: 2x Frank Banholzer im Winter, als Musikant und als Soldat. (Fotos: Archiv Gerhard Gross)

Es ist das Verdienst von Gerhard Gross, dem Das Leben von Brecht und auch von Hele- in Augsburg und Südafrika lebenden Sohn ne Weigel ist in erheblichem Umfang do- von Paula Banholzer und Halbbruder ihres kumentiert, weil beide großen Wert darauf ersten Sohnes Frank, mehr Licht in dessen legten, Schriftliches zu bewahren. Vor allem schwieriges Leben gebracht zu haben. Auf aber deshalb, weil ihnen mit ihren Kindern erstaunliche und eindrucksvolle Weise ist die Flucht ins Exil gelang und den Nazis nur es verknüpft mit dem Leben von Helene relativ wenig in die Hände fiel. Frank Ban- Weigels Vater Siegfried in Wien. Und auch holzer und Siegfried Weigl stehen für die über ihn hat Gerhard Gross Recherchen Schattenseite: Sie erlitten, was der Familie angestellt und mit Archiven korrespon- Brecht/Weigel erspart blieb. diert. Die wichtigsten Ergebnisse sind seit kurzem im Augsburger Brechthaus zu se- Das Kind von Brecht und Paula (Bi) Banhol- hen: im ersten Stock im Raum über Brechts zer wurde am 30. Juli 1919 in Kimratshofen Leben im Exil. im Allgäu geboren und am 2. August auf

34 Dreigroschenheft 4/2017 schen Exil heraus die Betreuung von Frank fort, sie bedankt sich 1935 brieflich bei dem Wiener Arzt Dr. Georg Frankl, der Frank

medizinisch und psychologisch betreut A ugs b urger hat. Im November schreibt Frank an seine Der „Liebe Tante Helli“ und teilt ihr mit, dass er endlich in der Nähe von Augsburg eine Lehrstelle bekommen hat.

Josefsheim in Reitenbuch (Foto 1918, Repro privat) Die sicherlich erheblichen Kosten für Auf- enthalt und Betreuung von Frank in Wien hat, wie Gerhard Gross noch von seiner den Namen Frank Otto Walter Banholzer Mutter erfahren hat, Siegfried Weigl ge- getauft, Brecht bekannte sich von vornhe- tragen. Er war Prokurist eines Textilunter- rein zu seiner Vaterschaft. Es gibt zunächst nehmens in Wien und relativ wohlhabend. keinen anderen Weg, als das Kind am Ort Das Viertel, in dem er wohnte, war jüdisch in Pflege zu geben – weder Vater noch Mut- geprägt; dass er in derselben Straße wie Sig- ter können Frank zu sich nehmen. 1925 mund Freud wohnte, war sicherlich Zufall. wird er in Kimratshofen eingeschult. Ein Jahr später wird er im September für eini- ge Zeit – die Dauer ist nicht bekannt – im Josefsheim Reitenbuch bei Gessertshausen aufgenommen. Wieder ein Jahr später bit- tet Brecht Helene Weigel, mit Frank einen Arzt zu konsultieren und über „den für ihn günstigsten Beruf“ zu sprechen. 1929 im September wird Frank in der fünften Klasse von der Schule abgemeldet und kommt in ein Sanatorium in Wien. Eine Zeitlang ist er nach einer Mitteilung von Marianne Zoff dann auch bei ihren Eltern in Wien. Haupt- sächlich aber kümmert sich Helene Weigel um die Unterbringung und ärztliche Ver- sorgung von Frank in Wien, bis er 1935 von seiner Mutter nach Augsburg geholt wird.

Als 1933 Brecht und Helene Weigel ins Exil gehen, geht ihr Weg über Österreich. Brecht ist zwei Wochen lang gemeinsam mit Weigel in Wien 8 am Hamerlingplatz 4/1/8 gemeldet, dann fährt er weiter nach Bern; Weigel bleibt etwas länger. Dies ist die letzte Gelegenheit für Vater und Sohn, sich zu sehen; der Hamerlingplatz ist 2 km von der Wohnung von Siegfried Weigl entfernt (1913-38 in Wien 9, Berggasse 30/1/4). Leopoldine Weigl, geb. Pollak, mit ihren Töchtern Stella und Helene, fotografiert in dem namhaften Fotostudio Helene Weigel setzt auch aus dem däni­ von Nicolaus Stockmann.

Dreigroschenheft 4/2017 35 A ugs b urger Der

Dokumente der raschen Enteignung jüdischen Vermögens in Wien nach dem „Anschluss“: Siegfried Weigl muss ein Vermögensverzeichnis ausfüllen (links) und eine „Judenvermögensabgabe“ sowie „Reichsfluchtsteuer“ bezahlen und seine Wohnung verlassen, die geplündert wird (Quelle: Österreichisches Staatsarchiv Wien)

Aber auch der Arzt, der Frank betreute, war leute bekamen zwei Töchter, Stella (*1894) wissenschaftlich tätig. Dr. Georg Frankl, ge- und Helene (*1900); ein Foto der Mutter boren 1897, war Kinderarzt, seine Praxis am mit ihren Töchtern ist erhalten. Stella hei- Esteplatz 4 war knapp 3 km von der Berg- ratete Richard Zweig; sie starb 1934, sieben gasse entfernt. Er arbeitete 1938 mit Dr. Jahre nach ihrer bereits 1927 verstorbenen Asperger zusammen, einem der Begründer Mutter. der Autismus-Forschung. Nach dem Nazi- Einmarsch musste er fliehen; er wurde an Als Frank Banholzer 1929 nach Wien der Medizinischen Fakultät der Universität kommt, ist Siegfried Weigl also bereits Wit- von Kansas, USA, Professor für Psychologie wer. Er mag in Frank eine Art von Ersatz- und Pädagogik. Enkel gesehen haben – die Kinder seiner Tochter Helene bekam er in Wien nicht zu Von Siegfried Weigl sind äußerst wenig Gesicht. Kenntnisse überliefert – es gibt kein einziges Foto und keine von ihm selbst verfassten Dass fast nichts von ihm und über ihn Schriftstücke, außer den Enteignungsfor- überliefert ist, ist ein direktes Ergebnis mularen, die er bald nach dem „Anschluss“ der Nazibarbarei. Bereits im August 1938 Österreichs an Hitler-Deutschland ausfül- wurde in Wien eine „Zentralstelle für jü- len musste. Geboren ist er 1868, er verlobte dische Auswanderung in Wien“ eingerich- sich 1893 mit Leopoldine Pollak, wie eine tet, mit äußerster Brutalität geleitet von Zeitungsanzeige dokumentiert. Die Ehe- Adolf Eichmann. Siegfried Weigl musste

36 Dreigroschenheft 4/2017 A ugs b urger Der

sein Vermögen auflisten, Wertsachen ab- liefern, eine „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 14.000 Reichsmark zahlen sowie einen „Sicherheitsbescheid“ über 19.100 Reichsmark. Er musste seine Wohnung mit Einrichtung und Erinnerungsstücken ver- lassen und wurde in der Währingerstraße 33 einquartiert.

In der zweiten Oktoberhälfte 1941 werden rund 5000 meist ältere Jüdinnen und Juden aus Wien in das Getto Lodz in Polen depor- tiert. Darunter ist am 28.10.1941 als Gefan- gener Nr. 931 Siegfried Weigl.

Dieses Getto wird von den Nazis „Getto Litzmannstadt“ genannt, nach dem General und Parteimitglied Karl Litzmann (1850– Liste der verstorbenen Juden des Gettos Lodz/Litz- 1936). Es ist das am längsten existierende mannstadt (Quelle: Archiwum Państwowe w Łodzi) Getto in Polen, eingerichtet im April 1940, und nach dem Warschauer Getto das zweit- schöpfung. Siegfried Weigl stirbt am 20. Ja- größte. Es ist ein Elendsviertel, fast ohne nuar 1942. Abwasseranschluss, in dem bereits 60.000 Juden leben; weitere 100.000 werden dort Im Jahr darauf stirbt auch Frank Banholzer. zwangsweise einquartiert. Sie werden durch Er war 1938 zum Reichsarbeitsdienst ein- Zwangsarbeit ausgebeutet, viele werden in gezogen worden, wurde gleich nach Kriegs- die Vernichtungslager deportiert. Die Le- beginn Soldat und musste Kriegseinsätze bensbedingungen werden eindrücklich in Frankreich und Russland mitmachen. geschildert in dem erst vor wenigen Jahren In Russland stirbt er bei einem Anschlag veröffentlichten Tagebuch der Jugendlichen auf ein Wehrmachtskino in Parchow am Rywka Lipszyc über die Monate Oktober 13. November 1943. 1943 bis April 1944, erschienen bei Suhr- kamp. Mit der Ergänzung der Ausstellung im Augsburger Brechthaus ist, wenn auch auf Innerhalb weniger Wochen sterben im Get- engstem Raum, eine wichtiger blinder Fleck to Hunderte an Hunger, Krankheit und Er- in der Brecht-Überlieferung aufgehoben. ¶

Dreigroschenheft 4/2017 37 Am Grab des Obergefreiten Frank Banholzer Fritz Kirchmeier A ugs b urger Der

Sebesh ist eine Kleinstadt im äußersten neben den Blöcken 8 und 13. Damit sind Westen Russlands, nahe den Grenzen zu die Grasflächen gemeint, wo die genann- Lettland und Weißrussland gelegen. Sanfte ten Toten ruhen – und auch jene, die nicht Hügel, schier unendliche Wälder und eine identifiziert werden konnten. Jedes Grab Vielzahl an Seen prägen die Landschaft. misst 80 mal 50 Zentimeter. So klein sind Drei Jahre lang, von Sommer 1941 bis Som- die Särge, in die am Ende die Gebeine eines mer 1944 war das Gebiet von den deutschen Menschen passen. 23 500 Namen sind in Truppen besetzt. Östlich des Ortes sind Sebesh zu lesen, 35 000 Gräber. Wir wissen deutsche Tote aus dieser Zeit begraben. Der zu wenig über diese Menschen. Friedhof entstand jedoch erst vor etwas mehr als einem Jahrzehnt. Seitdem überführen die Doch in einem Einzelfall können wir uns Mitarbeiter des Volksbundes die Gebeine der Biografie eines Gefallenen annähern. der Soldaten hierher, die sie in der Region Es ist Frank Banholzer (1919–1943), begra- geborgen haben. 35 000 sind es bis heute. An- ben in Block 8, Reihe 30, Grab 2365, Sohn fang September, als sich die Einweihung des des Schriftstellers Bertolt Brecht. Dessen Friedhofes zum zehnten Mal jährte, wurden Jugendliebe zu Paula Banholzer und ihr ge- in einer deutsch-russischen Gedenkstunde meinsamer Sohn Frank sind Themen, mit weitere Soldaten in Sebesh bestattet. Sebesh denen sich etliche Literaturwissenschaftler ist einer der zahlreichen Sammelfriedhöfe, befasst haben. die der Volksbund seit 1990 an den Kriegs- fronten im Osten angelegt hat. Dabei mutet es wie ein heimtückischer Winkelzug des Schicksals an, dass der Sohn Im Juli haben Arbeiter der Firma „Trust-40“ des Nazigegners Brecht, dessen Bücher aus St. Petersburg zusätzliche Namenstelen 1933 auf den Scheiterhaufen der Natio- auf der Kriegsgräberstätte in Sebesh aufge- nalsozialisten brannten, der auf Goebbels‘ stellt. Es sind zentnerschwere Granitsteine, schwarzer Liste der verbotenen Autoren fast so groß wie eine Zimmertür. Auf bei- stand, dem die deutsche Staatsbürgerschaft den Seiten sind in alphabetischer Ordnung aberkannt wurde und der ins Exil flüchten die Namen, Geburts- und Sterbedaten von musste, dass ausgerechnet dessen Sohn im über 110 Toten zu lesen. Das Gravieren der Dienst seiner Feinde an der Ostfront ums Tafeln hat eine computergesteuerte Maschi- Leben kam. ne in der Werkhalle der Baufirma erledigt. Die Datei mit den Namen aber wurde in Um seine tatsächliche Herkunft zu -ver Kassel zusammengestellt, wo die Zentrale schleiern, hatte er in seiner Akte als Vater des Volksbundes ansässig ist. „Bert Banholzer“ angegeben, wohnhaft in Friedberg. Auch den Vornamen der Mutter 22 Stelen mit insgesamt 5 019 Namen wa- hatte er verfälscht und Berta statt Paula ein- ren es in diesem Sommer. Sie stehen jetzt getragen.

38 Dreigroschenheft 4/2017 Die Gräber des deutschen „Heldenfriedhofes“ wurden eingeebnet, entweder von

den abziehenden deutschen A ugs b urger Truppen oder danach von Der der einheimischen Bevölke- rung. Später ließ die Kreis- verwaltung ein Sportgelände mit Zuschauertribüne über den vergessenen Gräbern anlegen. Jahrzehntelang wurde hier Fußball gespielt.

Es dauerte lange, bis der Volksbund die Erlaubnis erhielt, die Toten zu bergen. Als das Stadion 2008 ohne- Juli 2017: Arbeiter aus St. Petersburg errichten weitere Namenstelen an den hin saniert werden sollte, Gräbern in Sebesh. (Fotos: Trust-40) gab es endlich grünes Licht. Mehrere Wochen benötigten die Mitarbeiter des Volks- Seine militärischen Vorgesetzten beur- bundes, um die Gräber der etwa 2 000 To- teilten Frank – 1,67 Meter groß, schlank, ten unter dem Fußballrasen zu öffnen und leichte Brille – als Soldaten ohne Ehrgeiz, ihre Gebeine nach Sebesh zu überführen. ohne sonderliche körperliche und geistige Darunter waren auch die sterblichen Über- Fähigkeiten. Der Literaturwissenschaftler reste von Frank Banholzer. Er war durch Erich Unglaub deutet dessen verschlos- seine Erkennungsmarke zweifelsfrei zu senes Verhalten als eine Art Tarnung. Das identifizieren. 2017 schließlich betonierten hieße, dass Frank Banholzer ein zeitweise die Bauarbeiter auf der Kriegsgräberstätte konspiratives Leben führte. Oft genug war in Sebesh die Stelen ein, auf denen auch er ausgegrenzt worden, nun grenzte er sich sein Name zu lesen ist. ¶ selber aus. Literatur: Anfang September 1943 wird Frank an die Jürgen Hillesheim, Augsburger Brechtlexikon. Ostfront versetzt. Am 13. November 1943 Personen – Institutionen – Schauplätze, Würz- – also keine drei Monate später – stirbt burg 2000 er bei einem Sprengstoffanschlag auf ein Erich Unglaub, Brechts Landkarten. In: Augias Wehrmachtskino in der russischen Stadt Nr. 63 (2003) S. 19-31. Porchow. Er wird auf dem dortigen „Hel- denfriedhof“ begraben, 24 Jahre alt. Por­ Der Artikel (hier gekürzt) entstammt der chow, wo Frank Banholzer 1943 in den Homepage des Volksbundes Deutsche Trümmern des deutschen Kinos ums Le- Kriegsgräberfürsorge. Wir danken für die ben kam, liegt etwa 90 Kilometer östlich Nachdruckerlaubnis. von Pskow und war damals eine Stadt der Wehrmachtslazarette. Als die Rote Armee 1944 den Ort zurückeroberte, kam es zu erbitterten Gefechten, in deren Verlauf na- hezu die ganze Stadt zerstört wurde.

Dreigroschenheft 4/2017 39 Brecht auf der Bühne

T heater Bertolt Brecht-Inszenierungen in der Spielzeit 2017/18 in D, A und CH Zusammenstellung: Nicola Ahr, Suhrkamp Verlag

mit Premierendatum, soweit vorhanden (Stand: 31.8.2017, ohne ) V/WA =Verlängerungen bzw. Wiederaufnahmen aus vorherigen Spielzeiten

Titel Ort Theater Premiere BERTOLT-BRECHT-ABEND Augsburg FaksTheater Augsburg V/WA DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI Berlin Berliner Ensemble V/WA DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI Cottbus Staatstheater Cottbus 27.01.2018 DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI Marburg Hessisches Landestheater V/WA DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI Radebeul Landesbühnen Sachsen 25.11.2017 DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Berlin Schaubühne am Lehniner Platz 01.10.2017 DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Bremen Theater Bremen V/WA DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Dresden Staatsschauspiel Dresden 24.02.2018 DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Freiberg Mittelsächsische Theater und Philharmonie GmbH V/WA DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Hannover Niedersächsisches Staatstheater Hannover V/WA DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Heidelberg Theater und Orchester Heidelberg 29.09.2017 DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Heilbronn Theater Heilbronn 22.09.2017 DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Kaiserslautern Pfalztheater 30.09.2017 DER KAUKASISCHE KREIDEKREIS Berlin Berliner Ensemble 23.09.2017 DER KAUKASISCHE KREIDEKREIS Tournee (A, CH, D) Konzertdirektion Landgraf, Titisee-Neustadt V/WA DIE DES SOPHOKLES Wiesbaden Hessisches Staatstheater Wiesbaden 20.01.2018 DIE DREIGROSCHENOPER Basel Theater Basel 08.02.2018 DIE DREIGROSCHENOPER Berlin Berliner Ensemble V/WA DIE DREIGROSCHENOPER Darmstadt Staatstheater Darmstadt 31.05.2018 DIE DREIGROSCHENOPER Dessau Anhaltisches Theater Dessau 02.03.2018 DIE DREIGROSCHENOPER Dresden Staatsoperette Dresden 28.04.2018 DIE DREIGROSCHENOPER Düsseldorf Düsseldorfer Schauspielhaus 11.11.2017 DIE DREIGROSCHENOPER Halle Neues Theater Schauspiel Halle 18.02.2018 DIE DREIGROSCHENOPER Hamburg Thalia Theater V/WA DIE DREIGROSCHENOPER Köln Theater Tiefrot 30.09.2017 DIE DREIGROSCHENOPER Landshut Kleines Theater Kammerspiele V/WA DIE DREIGROSCHENOPER München Münchner Volkstheater V/WA Neubrandenbg./ Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/ DIE DREIGROSCHENOPER 01.02.2018 Neustrelitz Neustrelitz DIE DREIGROSCHENOPER Trier Theater Trier 30.09.2017 DIE DREIGROSCHENOPER Zürich Schauspielhaus Zürich 14.09.2017 DIE HEILIGE JOHANNA DER SCHLACHTHÖFE Bonn Theater Bonn 22.09.2017

40 Dreigroschenheft 4/2017 Titel Ort Theater Premiere DIE HEILIGE JOHANNA DER SCHLACHTHÖFE Münster Theater Münster V/WA T heater DIE KLEINBÜRGERHOCHZEIT Berlin Schlosspark-Theater 20.02.2018 DIE KLEINBÜRGERHOCHZEIT Essen Studio-Bühne Essen 11.11.2017 DIE KLEINBÜRGERHOCHZEIT Magdeburg Theater Magdeburg 23.02.2018 DIE KLEINBÜRGERHOCHZEIT Halle Neues Theater Schauspiel Halle V/WA DIE MASSNAHME Leipzig Schauspiel Leipzig V/WA DIE TAGE DER COMMUNE Berlin Theater unterm Dach 17.11.2017 FLÜCHTLINGSGESPRÄCHE Bonn Euro Theater Central V/WA FLÜCHTLINGSGESPRÄCHE Essen Ruhrgebietstheater / Theater Courage V/WA Burladingen- HANS IM GLÜCK Theater Lindenhof V/WA Melchingen HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI Düsseldorf Düsseldorfer Schauspielhaus V/WA HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI Zürich Schauspielhaus Zürich V/WA IM DICKICHT DER STÄDTE / Titel: „Dickicht“ Berlin Maxim Gorki Theater V/WA nach Bertolt Brecht LEBEN DES GALILEI Essen Theater Essen V/WA LEBEN DES GALILEI Köln Horizont Theater V/WA LEBEN DES GALILEI Linz Landestheater Linz V/WA LEBEN DES GALILEI Schwerin Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin V/WA MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Fürth Stadttheater Fürth 13.01.2018 MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Gera Bühnen der Stadt Gera V/WA MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Hamburg Thalia Theater V/WA MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Klagenfurt Stadttheater Klagenfurt 22.03.2018 MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER / Titel: Lübeck Theater Lübeck 29.09.2017 „Labor - Mutter Courage“ nach Bertolt Brecht MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Osnabrück Theater Osnabrück 17.02.2018 MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Paderborn Theater Paderborn 25.11.2017 MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Tournee (A,CH,D) Ensemble Phoenix MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Wien Burgtheater V/WA TROMMELN IN DER NACHT München Münchner Kammerspiele 14.12.2017 UNTERGANG DES EGOISTEN JOHANN FATZER Augsburg Theater Augsburg 23.02.2018 UNTERGANG DES EGOISTEN JOHANN FATZER Berlin Deutsches Theater Berlin V/WA

Das Berliner Ensemble ist kein Teil der Suhrkamp- Liste. Für den 23.9. hat es die Premiere von „Der kaukasische Kreidekreis“ angekündigt; später soll es Wiederaufnahmen von „Dreigroschenoper“ und „Arturo Ui“ geben. Demnächst hoffen wir ein detaillierteres Bild davon geben zu können, wie die neue Intendanz mit der Brecht-Tradition des Hauses und den Erwartungen des Publikums umzugehen plant. (Foto von 2011; mf)

Dreigroschenheft 4/2017 41 Minima Hegeliana H egel Zu Brechts Denkbildern (8) Die Eule der Minerva Frank Wagner

„In den Zeiten der Umwälzung, den furcht- habe, so fasst Paulys Realencyclopädie zu- baren und fruchtbaren, fallen die Abende der sammen, sei der „unheimlich funkelnde untergehenden Klassen mit den Frühen der Glanz seiner großen Augen“ gewesen. Die aufsteigenden zusammen. Dies sind die Däm- Eule, genauer der Steinkauz (nach Brehm: merungen, in denen die Eule der Minerva ihre Athene noctua vidalii), ziert immer noch Flüge beginnt.“ (GBA 23, 290) Münzen oder gelehrte Ordenssysteme. Die Eule ist als Symbol der Rationalität das Wap- Brecht bezieht sich mit diesem Text auf den pentier der Aufklärung und in keinem an- § 19 im Kleinen Organon für das Theater, in deren Sinn gebraucht Hegel dieses Symbol. dem von einem „wissenschaftlichen Geist Durch das Auge der Eule blickt Geschichte in der Tiefe“ die Rede ist, der Klasse der auf sich selbst zurück, findet eine Gesell- Arbeiter zugehörig und damit die Klasse schaft ihre eigene Wahrheit, rundet sich der Bürger ablösend. Brechts Eule wird, in- Retrospektive zu einem abgeschlossenen sofern Untergang und Aufgang in eins fal- Bild. Hegel sieht sich in der Tradition der len, zumindest eine halbe Früh-Eule, gehört Lehre Platons. Diesem war Wissen nichts also einer anderen Gattung an als der einer als Wiedererinnerung. Auch Aristoteles ganzen Spät-Eule, deren Bild unauslösch- zitiert Hegel einvernehmlich. Für diesen lich kulturell durch Hegel geprägt ist. musste erst alles Notwendige zum Verkehr Hegel hatte die Vorrede seiner Rechtsphi- des Lebens vorhanden sein, dann konnte losophie mit einem doppelten metapho- philosophische Erkenntnis anheben. Die rischen Donnerschlag beendet. „Wenn die Auguralkunde kennt allerdings auch eine Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist prophetische Kraft der Eule. eine Gestalt des Lebens alt geworden, und 22. Oktober 1818. In seiner Rede zum An- mit Grau in Grau läßt sie sich nicht verjün- tritt des philosophischen Lehramtes an der gen, sondern nur erkennen; die Eule der Universität Berlin erwähnt Hegel ausdrück- Minerva beginnt erst mit einbrechender lich den Zeitpunkt und den Standpunkt sei- Dämmerung ihren Flug.“ (RPh, tw 7, 28) ner akademischen Wirksamkeit. Die „Mor- Das ist eine ganze Spät-Eule, da ihr Blick genröthe eines gediegenern Geistes“ wird einzig zurückgeht, ins Alte, ins Gewordene, begrüßt, der „Geist der Jugend“ angerufen, ins Verdämmernde. Morgendämmerung alles für die „Freyheit einer interesselosen wäre frische Farbe, aufsteigende Sonne, jun- wissenschaftlichen Beschäftigung“. Doch ges Leben. Der Geist einer Philosophie des dann folgt das biblische Bild des Sonntags. Grau in Grau liefert nur Nachzeichnungen, „Verkehr mit der Philosophie ist als der Anamnese statt Antizipation, Erinnerung Sonntag des Lebens anzusehen.“ Die Werk- statt Entwurf, blasses Grau statt sattes Grün. tage sind endliche Wirklichkeit. Die Woche Ruhe wird erste und letzte Bürgerpflicht. ist bürgerliche Arbeit. Am Sonntag erhebt Die Eule der Minerva hat in der Antike ei- der Mensch „sein Auge von der Erde zum nen mehrfachen Symbolgehalt. Sie ist Sym- Himmel“. Philosophie wird „StaatsVeran- bol für Klugheit und Weisheit. Das ist der staltung“. Sollte irgendein Hörer an diesem Flug der Eule. Sie gilt auch als Unglücksbote. Tag erwartet haben, dass auch nur eine Was sie zum Liebling der Athene gemacht Reformidee oder eine Freiheitsparole des

42 Dreigroschenheft 4/2017 Wartburgfestes aus dem Jahr zuvor sich in schrittlich-mutigen Hegel zu unterscheiden.

dieser Antrittsrede wiedergefunden haben Bloch, der Philosoph einer Ontologie des H egel möge, so muss er enttäuscht den Hörsaal Noch-Nicht, urteilt erfrischend deutlich. verlassen haben. Hegel gibt sich angekom- „Hegels Satz bleibt reaktionär.“ (ed. Suhr- men im preußischen Staat, mit Dankbar- kamp, Subjekt-Objekt, 246f.). Bloch sieht keit, und sieht sich in dessen Diensten, mit bei Hegel noch eine nachwirkende feudale Pflichtbewusstsein. Statik, ein Hemmnis für einen Begriff der 23. März 1819. In Mannheim wird August Neuheit. Gleichwohl kämpft Hegel gegen von Kotzebue ermordet. Die Demagogen- einen Neufeudalismus mit fürstlichem Ge- verfolgung nimmt Fahrt auf. Denunziati- waltmonopol, also für die Anerkennung onen und Dienstenthebungen beginnen. von Gesetzen, für das Einklagen von Pflich- Schüler Hegels werden verhaftet. Der The- ten des Staates, für die Rechtsstellung des ologe de Wette, ein renommierter Kollege Bürgers, insgesamt für die Herrschaft der Hegels, wird seines Lehramtes enthoben Vernunft als Gegenentwurf zum Gottes- und aus Preußen verjagt. Die Universitäten gnadentum alter Zeiten. Die Teilung der verlieren das Recht auf freie Lehre. Schlei- Gewalten nach Montesquieu – hinter He- ermacher ist gefährdet. Hegel wird bearg- gels konservativer Maske bahnt sich revolu- wöhnt und observiert. tionärer Geist eine schon nicht mehr unter- 25. Juni 1820. Hegel beendet seine Vorrede irdische Bahn. Gegen die Deutschtümelei zur Rechtsphilosophie mit dem berühmten und den Judenhass der Zeit (Fries, Jahn, Bild vom Flug der Eule. Kein Spitzel der Arndt) setzt Hegel eine fundamentale Hu- Kirche, kein Zensor in Staatsdiensten wird manität. Der Mensch gelte, weil er Mensch in dieser Vorrede einen Anlass zur Interven- sei, nicht weil er Jude, Katholik, Protestant, tion finden. Das Nihil obstat für den Druck Deutscher, Italiener sei. Das ist Hegels Ant- war leicht zu erreichen. Hegel hat sich wort auf Jahns Parole: „Haß alles Fremden in seiner ersten offiziellen Publikation in ist des Deutschen Pflicht.“ Staatsdiensten gegenüber Kirche und Staat Das Bild vom Flug der Eule bekommt eine unangreifbar gemacht. Jede Reflexion darü- eigene Färbung. Der Flug wird lesbar als ber, wie ein Staat sein solle, ist verabschie- Prozess, Dialektik als Fluss der Dinge wird det. Das Pathos der Kritik ist verstummt. vorstellbar, der Flug erreicht die Morgen- Zwanzig Jahre zuvor hatte Hegel noch an- dämmerung. Der „unheimlich funkelnde ders zu reden vermocht. „Die Philosophie Glanz“ des Eulenauges wird Ausdruck des regiert die Vorstellungen, und diese regie- Wirkens der Vernunft, wird zum Gegenbild ren die Welt. Durch das Bewußtsein greift der niedergesenkten Lider der Gläubigkeit der Geist in die Herrschaft der Welt ein.“ feudaler Untertanen. Brecht folgt Bloch. (JS, tw 2, 560f.) Solcher Praxisbezug von Wenn er dabei von einem Witz spricht, meint Philosophie hätte Brecht besser gefallen, er genauer den Blitz der Erkenntnis, der eine obgleich immer noch erzidealistisch. Di- geschichtliche Lage schlaglichtartig ins Helle alektik hat Brecht bei Hegel in den Origi- treibt. „Die größten Aufrührer bezeichnen nalschriften mit Eifer studiert. Er hat etwas sich als die Schüler des größten Verfechters von dem „unheimlich funkelnden Glanz“ des Staates.“ (GBA 18, 264) Die Spät-Eule verspürt, den die ars magna der Dialektik hat der Früh-Eule den Weg gebahnt. ¶ in die Augen zaubert. Doch ist Hegels Werk für Brecht nur Spät- Im 4. Quartal erscheint das neue Buch von Eule? Für Brecht gab es in Sachen Hegel Frank D. Wagner bei Königshausen + Neu- den geachteten Gewährsmann Ernst Bloch. mann: Minima Hegeliana: Brechts Denkbilder. Dieser hatte die seltene Souveränität, den Ca. 220 Seiten, ca. 29,80 € konservativ-ängstlichen Hegel vom fort-

Dreigroschenheft 4/2017 43 Neu in der Bibliothek des Bertolt-Brecht-Archivs Zeitraum: 27. Februar – 07. September 2017 Zusammenstellung: Helgrid Streidt

Kontaktadresse: Prof. Dr. Erdmut Wizisla – Archivleiter ([email protected]) A rchiv Bertolt-Brecht- Akademie der Künste Iliane Thiemann – Handschriftenbereich, Helene-Weigel- Bertolt-Brecht-Archiv Archiv, Theaterdokumentation ([email protected]) Chausseestraße 125 Anett Schubotz – Sekretariat, audiovisuelle Medien, 10115 Berlin Fotoarchiv ([email protected]) Telefon . (030) 200 57 18 00 Helgrid Streidt – Bibliothek ([email protected]) Fax . (030) 200 57 18 33 Elke Pfeil – Brecht-Weigel-Gedenkstätte, Anna-Seghers- E-Mail . [email protected] Gedenkstätte, Benutzerservice Akademie der Künste Archiv ([email protected])

BBA A 4938 BBA A 4951 Bertheau, Anne: Brecht, Bertolt: „Das Mädchen aus der Fremde“: Hannah Arendt und die Svendborgdigte / Bertolt Brecht ; oversat af Henrik Borberg, Dichtung : Rezeption – Reflexion – Produktion / Anne Ber- Ulla Gjedde og Hans Christian Nørregaard ; efterskrift af Hans theau. - Bielefeld : transcript, [2016]. - 412 Seiten. - (Lettre) Christian Nørregaard ; udgivet i samarbejde med BaggårdTe- Dissertation, Universität Paris IV, Sorbonne, 2010 atret, Svendborg Egnsteater. - [Kbh.] : Multivers, 2017. - 301 ISBN 978-3-8394-3268-6 - ISBN 978-3-8376-3268-2 - ISBN Seiten 3-8376-3268-7 ISBN 9788779173545 - ISBN 8779173543 Darin: Bertolt Brecht, Seite 71-82 BBA A 3503.3 (2) Beispiele für poetisches Denken : Heidegger und Benjamin, Brecht, Bertolt: Seite 181-196 Teatro completo / Bertolt Brecht. Trad. de Miguel Sáenz. - Ma- „W.B.“, Seite 295-302 drid : Alianza Ed. - (Biblioteca Brecht) (El libro de bolsillo) 2. Brecht, Bertolt: Vida de Eduardo II de Inglaterra. - Tercera BBA A 4937 edición. - Madrid : Alianza Editorial, 2016. - 241 Seiten : 18 Beyond evidence : das Dokument in den Künsten / Daniela cm. - (Teatro completo ; 2) (El libro de bolsillo) (Biblioteca de Hahn (Hg.). - Paderborn : Wilhelm Fink, [2016]. - 264 Seiten : autor) Illustrationen ISBN 978-84-9104-299-0 Beiträge teilweise deutsch, teilweise englisch ISBN 978-3-7705-5747-9 BBA A 3503.3 (3) Brecht, Bertolt: BBA A 4939 Teatro completo / Bertolt Brecht. Trad. de Miguel Sáenz. - Ma- Blocher, Friedrich: drid : Alianza Ed. - (Biblioteca Brecht) (El libro de bolsillo) Bertolt Brechts Humor in seinen Stücken zwischen 1938 und 1944 / Friedrich Blocher. - Hamburg : Verlag Dr. Kovač, 2017. 3. Brecht, Bertolt: La ópera de cuatro cuartos. Tercera edicion. - 101 Seiten : 21 cm x 14. 8 cm, 147 g. - (Poetica ; Band 142) - Madrid : Alianza Ed., 2016. 292 Seiten : 18 cm. - (Teatro ISBN 978-3-8300-9324-4 - ISBN 3-8300-9324-1 completo ; 3) (El libro de bolsillo) ISBN 978-84-9104-300-3 BBA A 4952 Brecht, Bertolt: BBA A 3503.3 (8) Aruturo ui no kōryū / Brecht, Bertolt, Ichikawa, Akira [Über- Brecht, Bertolt: setzer]. - Oosaka : Matsumotokōbō, 2016. – 507 Seiten : 18 cm. Teatro completo / Bertolt Brecht. Trad. de Miguel Sáenz. - Ma- - (AKIRA ICHIKAWA COLLECTION ; 4) drid : Alianza Ed. - (Biblioteca Brecht) (El libro de bolsillo) ISBN 978-4-944055-85-2 - ISBN 4-944055-85-4 8. Brecht, Bertolt: El interrogatorio de Lúculo. - Tercera edi- BBA A 4946 cion. - Madrid : Alianza Ed., 2017. 324 Seiten : 18 cm. - (Teatro Brecht, Bertolt: completo ; 8) (El libro de bolsillo) Conversas de Refugiados / Bertolt Brecht. Traduçã, posfácio e ISBN 978-84-9104-563-2 notas Tercio Redondo. - São Paulo : Editora 34, 2017. - 157 Seiten ISBN 978-85-7326-658-0

44 Dreigroschenheft 4/2017 BBA A 4883 BBA A 3064 (2015/6) Brecht e la fotografia / a cura di Francesco Fiorentino e Valen- Der Deutschunterricht : Beiträge zu seiner Praxis und wissen- tina Valentini. - Roma : Bulzoni, 2015. - 227 S. : Ill., 24 cm. - schaftlichen Grundlegung. - Seelze : Friedrich ; Stuttgart : (Biblioteca teatrale : Audio-videoteca teatrale ; 11) Klett ; Seelze ; Velber : Friedrich, 1948-. - (Die erziehungswis- ISBN 978-88-7870-982-9 senschaftliche Bücherei : Reihe 3) Darin: ISSN 0340-2258 Heeg, Günther: Reenacting Brecht! Rendere produttivo il fantasma della fotografia nel lavoro teatrale di Brecht!, Seite 2015,6: Brechts Theater und seine Zukunft [13]-27 : Illustrationen Darin: A rchiv Bertolt-Brecht- Valentini, Valentina: Truth is concrete : la fotografia per rifo- Patrut, Iulia-Karin: Unterbrechung und Widerspruch : ndare la pratica teatrale, Seite [29]-59 : Illustrationen Brechts epische Dramaturgie, Seite 6-14 Fiorentino, Francesco: Brecht e la letterarizzazione della fo- Gilcher-Holtey, Ingrid: Das Konzept des Eingreifenden tografia, Seite [61]-76 Denkens : Bertolt Brecht in der Rolle des Intellektuellen, Sei- Finter, Helga: L‘ ascolto della foto: da Brecht a Wilson, Seite te 15-22 [77]-90 : Illustrationen Bodenburg, Julia: Theater ohne Zuschauer : die Lehrstücke, Fragapane, Giacomo Daniele: Qualcosa di vero : la “Kriegs- Seite 23-31 : Illustrationen fibel” tra storia della fotografia e teoria della storia, Seite Becker, Florian N. T.: Bertolt Brecht und Heiner Müller : von [91]-121 der „Maßnahme“ zu „Mauser“ / Florian N. Becker, Seite 32- Di Tommaso, Luca: Brecht, Barthes e la fotografia, Seite 40 : Illustration [123]-142 : Illustrationen Quickert, Anja: Kill your darlings! Streets of Berladelphia : Paolucci, Gianluca: Brecht, Jünger e la fotografia in guerra, Pollesch/Hinrichs/Neumann übersetzen Bertolt Brechts Seite [143]-165 „Fatzer“, Seite 42-51 : Illustration Disanto, Giulia A.: A proposito di fotografia e montaggio : Englhart, Andreas: Brecht als Regisseur und das Theater der Bertolt Brecht e la sperimentazione artistica del dadaismo Gegenwart, Seite 52-60 : Illustrationen berlinese, Seite [167]-180 Vaßen, Florian: Brecht gebrauchen : Theaterpädagogische Rusciano, Dora: Uso politico e funzione sociale della foto- Perspektiven in Bertolt Brechts Theaterarbeit, Seite 61-69 grafia : su Brecht e Tucholsky, Seite [181]-193 Speicher, Hannah: Brecht Ost vs. Brecht West : ein Besuch Costagli, Simone: La macchina da scrivere, le forbici e la col- im Brechthaus in Augsburg, Seite 70-72 la : le immagini dialettiche nel “Journal” di Bertolt Brecht, Huhn, Franziska Katharina: Lebensmaske. Fratze. Mensch : Seite [195]-212 : Illustrationen Mit Müller Brecht lesen/spielen, Seite 73-75 Adami, Milo: Gli attraversamenti leggeri di Bertolt Brecht, Seite [213]-227 BBA A 4941 (2016/2) German life and letters. - Oxford ; Malden : Wiley-Blackwell. BBA B 1163 (5) - Volume 69, Number 2 ( April 2016). Rethinking Brecht: A Brechtivsʹkyj časopys : statti, dopovidi, ese ; zbirnyk naukovy- special number / edited by Stephen Parker and Steve Giles. ch pracʹ (filolohični nauky) = Brecht-Heft / Ministerstvo Osvi- ISSN 0016-8777 ty i Nauky Ukraïny, Žytomyrsʹkyj Deržavnyj Universytet Ime- Darin: ni Ivana Franka, Navčalʹno-Naukovyj Instytut Inozemnoï Fi- Hillesheim, Jürgen: ‘Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh’ lolohiï, NTK “Dramaturhija”, Brecht-Zentrum ; Akademija ich wieder aus ...’: Brechts „Baal“ und die „Winterreise“ von Mystectv m. Berlin, Archiv Bertolʹta Brechta. - Žytomyr : Vyd. Wilhelm Müller und Franz Schubert, Seite 158-172 ŽDU Imeni Ivana Franka Schonfield, Ernest: The rhetoric of business in Brecht‘s In kyrill. Schr. “Dreigroschenroman”, Seite 173-191 ISSN 2303-9612 Parker, Stephen: Taoist paradox and socialist-realist didac- tics : re-grounding the Galileo complex in the ‘Danish’ “Le- 2016, No. 5. . - (Brechtivsʹkyj časopys) ben des Galilei”. Brecht‘s testimony from the ‘finsteren Zeiten’, Seite 192-212 BBA B 1179 (2017/1) Revermann, Martin: Brecht and Greek tragedy : re-thinking Caissa : Zeitschrift für Schach- und Brettspielgeschichte. - the dialectics of utilising the tradition of theatre, Seite 213- Neunkirchen : Verlag Chaturanga, 2016-. - 30 cm 232 ISSN 2363-8214 - ISSN 2363-8214 Summers, Caroline: The playwright as epic translator ? : “Mother Courage” and the intertextual construction of an 2.2017. . - Neunkirchen : Verlag Chaturanga. - (Caissa) ‘English Brecht’, Seite 233-255 Schütte, Uwe: Mit, gegen und nach Brecht: Heiner Müllers BBA B 30 (2017/5) „Fatzer“, Seite 256-268 Decker, Gunnar: Alle gegen alle : Maxim Gorki Theater: „Di- Gezen, Ela: Brecht on the turkish stage : adaption, experi- ckicht“ nach Bertolt Brecht / Gunnar Decker mentation, and theatre aesthetics in Genco Erkal‘s „Dostlar In: Theater der Zeit. - Berlin. - 72. Jahrgang, Heft 5 (Mai 2017), Tiyatrosu“, Seite 269-284 Seite 45

Dreigroschenheft 4/2017 45 BBA A 4955 BBA A 1417 (2015/2) Grenzen & Gestaltung : Figuren der Unterscheidung und Jourdheuil, Jean: Überschreitung in Literatur und Sprache ; Festschrift für Ge- Grenzgänge / Jean Jourdheuil ; herausgegeben von Stefan Tig- org Guntermann zum 65. Geburtstag / Nikolas Immer, Stefani ges und Christina Schmidt; mit einer Bildstrecke von Mark Kugler und Nikolaus Ruge (Hg.). - Trier : WVT Wissenschaft- Lammert. - Wien ; Köln ; Weimar : Böhlau, 2015. - 141 Seiten : licher Verlag Trier, [2015]. – 351 Seiten : Illustrationen, 21 cm, Illustrationen. - (Maske und Kothurn ; 61. Jahrgang, Heft 2) 579 g ISBN 978-3-205-20138-0 ISBN 978-3-86821-608-0 Darin: BBA A 4949 A rchiv Bertolt-Brecht- Lermen, Birgit: Bertolt Brechts Gedicht „An die Nachgebo- Jovanović, Nenad: renen“ : ein Ruf nach der „Menschlichkeit des Menschen“, Brechtian cinemas : montage and theatricality in Jean-Marie Seite [59]-71 Straub and Danièle Huillet, Peter Watkins, and Lars von Trier Hurm, Gerd: Die Rhetorik des Details: Barthes, Brecht und / Nenad Jovanovic. - Albany : State University of New York die epochale Fotoausstellung „The Family of Man“, Seite Press, [2017]. - xiv, 262 Seiten : Illustrationen. - (The SUNY [323]-331 series, horizons of cinema) ISBN 978-1-4384-6363-6 Schößler, Franziska: Protest und gesellige Leidenschaft - Darin: Brechts (Stadt-)Theater und seine Erben, Seite [343]-351 Introduction : Revisiting Brecht, Seite 1-32 Brecht the filmmaker : the “Great Method”adjusted, Seite BBA A 289 (2017/3) 33-62 : Illustrationen Habel, Sabrina: Wahrheitskunst : Brechts Anleitung zum rich- tigen Lesen / Sabrina Habel Jean-Marie Straub and Danièle Huillet : the caveman’s avant- In: Sinn und Form / hrsg. von der Akademie der Künste zu garde, Seite 63-112 : Illustrationen Berlin. - Berlin, 2017. - 69. Jahr, Heft 3 (Mai/Juni 2017), Seite Peter Watkins : Intuitive Brechtianism, Seite 113-167 : Illus- 422-425 trationen Lars von Trier : Brechtian cinema in the postmodern era, BBA A 4958 Seite 169-205 : Illustrationen Hambloch, Sabrina: Whither Brecht?, Seite 207-212 Une certaine tendance brechtienne : Brechts Einfluss auf The- oriebildung und Praxis der Nouvelle Vague / Sabrina Ham- BBA A 4947 bloch. - Hamburg : Avinus, [2017]. - 130 Seiten : 15 cm. - Kaspar, Peter S.: (Hefte zur Medienkulturforschung ; 17/2017) Der gute Mensch von Assuan / Peter S. Kaspar. - Berlin : Car- ISBN 978-3-86938-085-8 pathia Verlag, 2017. - 405 Seiten. ISBN 978-3-943709-15-5 - ISBN 3-943709-15-9 BBA A 4948 Die „Hamburgische Dramaturgie“ der Medien : Egon Monk BBA A 4940.6 (1927-2007) - Autor, Regisseur, Produzent / Julia Schumacher, Kermani, Navid: Andreas Stuhlmann (Hg.). - Marburg : Schüren, [2017]. - 293 Zwischen Koran und Kafka : west-östliche Erkundungen / Na- Seiten : Illustrationen, 22 cm x 15 cm. - (Aufblende ; Band vid Kermani. - 6. Auflage. - München : C.H. Beck, 2016. - 364 17) Seiten. ISBN 978-3-89472-980-6 - ISBN 3-89472-980-5 ISBN 978-3-406-66662-9 Darin: Darin: Slevogt, Esther: Auf dem Platz neben Brecht : Egon Monks Die Wahrheit des Theaters : das schiitische Passionsspiel Jahre am Berliner Ensemble 1949-1953, Seite 15-28 und die Verfremdung, Seite 163-193 Enthält: Dienstausweis des Berliner Ensemble für Egon Monk, 1952 [Faksimiledruck] BBA B 1179 (2017/1) Lange, Bernd-Peter: Hierarchiespiele : Schach spielende BBA A 4944 Frauen um Bertolt Brecht / von Bernd-Peter Lange Hillesheim, Jürgen: In: Caissa. - Neunkirchen, 2. Jahrgang, 1 (2017), Seite 40-47 : Die Wanderung ins „nunc stans“ : Wilhelm Müllers und Franz Illustrationen Schuberts „Die Winterreise“ / Jürgen Hillesheim. - 1. Auflage. - Freiburg i. Br. ; Berlin ; Wien : Rombach Verlag, [2017]. – 242 BBA A 4960 Seiten : Illustrationen. - (Rombach Wissenschaften. Reihe Lit- Lehr, Thomas: terae ; Band 220) Schlafende Sonne : Roman / Thomas Lehr. – München : Carl ISBN 978-3-7930-9849-2 Hanser Verlag, [2017]. - 637 Seiten ISBN 978-3-446-25647-7 - ISBN 3-446-25647-4 BBA A 4932 Jäger, Lorenz: BBA A 4956 Walter Benjamin - Das Leben eines Unvollendeten / Lorenz Lösener, Hans: Jäger. - 1. Auflage. - Berlin : Rowohlt, März 2017. - 395 Seiten : Gegenstimmen : eine Dramendidaktik : mit Leseübungen zu Illustrationen Szenen aus Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ / ISBN 978-3-87134-821-1 - ISBN 3-87134-821-X Hans Lösener. - Baltmannsweiler : Schneider Verlag Hohen-

46 Dreigroschenheft 4/2017 gehren GmbH, [2017]. - VII, 241 Seiten : Illustrationen, Dia- Miura, Motoi: „Ich bin doch nicht Fatzer!“ / Motoi Miura. gramme, 23 cm x 15.5 cm Aus dem Japanischen von Markus Wernhard, Seite [125]- ISBN 978-3-8340-1743-7 - ISBN 3-8340-1743-4 [140] : Illustrationen Holtsch, Alexandra: Fatzers große Untergangsshow : zur Re- BBA B 441 (2017/3) gie und Musik / Alexandra Holtsch, Seite [145]-152 : Illus- Marcus, Dorothea: Erlösende Unterhaltung : Brecht „Furcht trationen und Elend des Dritten Reiches“, Kroetz „Furcht und Hoffnung Wickert, Gregor: Fatzers große Untergangsshow : zum in Deutschland: Ich bin das Volk“ / Dorothea Marcus Raum / Gregor Wickert, Ausstattung, Seite 153-154 : Illus- In: Theater heute. - Berlin. - 58. Jahrgang, Nummer 3 (März tration A rchiv Bertolt-Brecht- 2017), Seite 55 : Illustration Bender, Sonja: Fatzers große Untergangsshow : zum Bild / Sonja Bender, Video. – Illustrationen, Seite 154-157 BBA A 4943 Wirth, Christoph: Über F++++R LIVE : ein Kommentar aus Müller, Heiner: einer zukünftigen Vergangenheit / Christoph Wirth, OB- „Für alle reicht es nicht“ : Texte zum Kapitalismus / Heiner JECTIVE SPECTACLE, Seite [163]-180 : Illustrationen Müller ; herausgegeben von Helen Müller und Clemens Porn- schlegel in Zusammenarbeit mit Brigitte Maria Mayer. – Erste Auflage, Originalausgabe. - Berlin : Suhrkamp, 2017. - 388 Sei- BBA A 4950 ten : Illustrationen. - (edition suhrkamp ; 2711) Raikh, Asher: ISBN 978-3-518-12711-7 - ISBN 3-518-12711-X Sof ha-aʿoam : nyvḧr myn ha-ahirah ha- exprssionistit ha-ger- manit / aʿrikah, tirgum mi- germanit - Asher Reikh. - Tel BBA A 4945 Aviv : ha-Ḳibuts ha- meʾuḥad, 2013. - 238 Seiten Norris, Bruce: ISBN 003100054843 The resistible rise of Arturo Ui / Bertolt Brecht ; adapted by Darin: Bruce Norris ; from a literal translation by Susan Hingley. - [Brecht, Bertolt: Die Pappel vom Karlsplatz, Der Abschied, London : Bloomsbury Methuen Drama, an imprint of Blooms- Schicke mir ein Blatt, Vom armen B.B., Großer Dankcho- bury Publishing Plc, 2017. - 144 pages : 20 cm ral], Seite 173-178 ISBN 978-1-350-05210-9 - ISBN 1-350-05210-8 - ISBN 978-1-350-05211-6 - ISBN 978-1-350-05212-3 BBA B 441 (2017/7) Reuter, Stephan: Diener mit Fehlfunktionen : Brecht „Herr BBA A 4565 (5) Puntila und sein Knecht Matti“, nach Robert Walser „Jakob Not, Lehre, Wirklichkeit / herausgegeben von Matthias Nau- von Gunten“ / Stephan Reuter mann, Tina Turnheim. - Berlin : Neofelis Verlag, [2017]. - 182 In: Theater heute. - Berlin. - 58. Jahrgang, Nummer 7 (Juli Seiten : Illustrationen, 21 cm x 13.5 cm. - (Mülheimer Fatzer- 2017), Seite 66 : Illustration bücher ; 5) ISBN 978-3-95808-133-8 - ISBN 3-95808-133-9 BBA A 4937 Darin: Rokem, Freddie: The archives of “The exception and the rule” : Naumann, Matthias: Not, Lehre, Wirklichkeit : Der Rest ist Brecht in kibbutz Givat Haim 1938 and 2013 / Freddie Ro- Fatzer / Matthias Naumann / Tina Turnheim, Seite [7]-19 kem Wicke, Joshua: Mauerphantasien : Überlegungen zur frak- In: Beyond evidence / Daniela Hahn (Hg.). - Paderborn, talen Grenze und ihrer Überschreitung / Joshua Wicke, Sei- [2016]. - Seite [225]-242 : Illustrationen te [22]-34 Schmücker, Reinold: Wozu berechtigt Not? : Brechts „Fat- BBA B 1176 (1) zer“-Fragment und die Grundlagen einer Notethik / Rein- BBA B 1176 (2) old Schmücker, Seite [35]-48 Das schönste Theater : Bertolt-Brecht-Platz Nr. 1 : Berliner Ensemble 1999 - 2017 : Direktion Claus Peymann / Herausge- Messerschmidt, Astrid: Not - Lehre - Wirklichkeit - Bildung ber: Direktion Berliner Ensemble. - Berlin : Alexander Verlag, / Astrid Messerschmidt, Seite [49]-60 [2017] Ertel, Erhard: NOT-WENDIG : Lehrstücke inszenieren / ein ISBN 978-3-89581-446-4 - ISBN 3-89581-446-6 Gespräch zwischen Erhard Ertel und Joachim Fiebach, Seite [61]-72 Band 1. Theater, Bilder, Theater, Augenblicke. - [2017]. - 594 Rhein, Johannes: Rückprojektionen des ‘Prinzips Hoff- Seiten : Illustrationen nung’? : zum kritischen Potential kontrafaktischer Szenarien / Johannes Rhein, Seite [73]-88 Band 2. Theater, Arbeit, Theater, Einblicke. - [2017]. - 354 Sei- Turnheim, Tina: Fragen-Antworten-Erklärungen : ein ten : Illustrationen + 1 Plakat Brecht-Medley / Tina Turnheim, Seite 89-102 Mundt, Lisa: Die freie Theaterszene in Japan : Akteur*innen BBA B 851 (63) , Themen und Tendenzen / Lisa Mundt, Seite [105]-119 : Sibilak, Carolin: Solidarität mit Brecht? : Forschung zu neuen Illustrationen Brecht-Vertonungen / von Carolin Sibilak Heeg, Günther: Chiten : Fatzer / Günther Heeg, Seite [121]- In: Eisler-Mitteilungen / hrsg. von der Internationalen Hanns- 122 : Illustration Eisler-Gesellschaft. - Saarbrücken. - 63 (April 2017), Seite 20- 24 : Illustrationen

Dreigroschenheft 4/2017 47 BBA A 4935 BBA A 4953 Tanaka, Tokuichi: Wieland, Karin: Doitsu no kabuki to Burehito [Bertolt Brecht]-geki / Tokuichi Das Geschlecht der Seele : Hugo von Hofmannsthal, Bert Tanaka. - Tōkyō : Enishi Shobo, 2015. - 285 Seiten : Illustrati- Brecht und die Erscheinung der modernen Frau / Karin Wie- onen land. - München : Carl Hanser Verlag, 2017. - 304 Seiten : Il- ISBN 978-4-908073-20-5 lustrationen ISBN 978-3-446-25674-3 - ISBN 3-446-25674-1 BBA A 4931 Darin: Towarzystwo Autorów i Wydawców Prac Naukowych Univer- Bertolt Brecht - Carola Neher - Helene Weigel, Seite 121- A rchiv Bertolt-Brecht- sitas: Wokół Bertolta Brechta : studia i szkice / redakcja [275] : Illustrationen Grażyna Barbara Szewczyk, Zbigniew Feliszewski, Marta Jad- wiga Bąkiewicz. - Kraków : Towarzystwo Autorów i Wydaw- BBA B 441 (2017/5) ców Prac Naukowych „Universitas“, 2016. - 354 Seiten : 24 Wille, Franz: Der Gangster von der Bar : Sebastian Baumgar- cm ten entdeckt im Berliner Maxim Gorki Theater Brechts „Im ISBN 9788324230037 - ISBN 8324230033 Dickicht der Städte“ neu als Synchrontext / von Franz Wille Darin: In: Theater heute. - Berlin. - 58. Jahrgang, Nummer 5 (Mai Wizisla, Erdmut: Bertolt Brecht i Helene Weigel : urywki 2017), Seite 52-53 : Illustration korrespondencji / Erdmut Wizisla ; z języka niemieckiego przełożyła Grażyna Barbara Szewczyk. Seite 323-335. BBA A 4942 Enthält: Auszüge aus dem Briefwechsel von Bertolt Brecht Wizisla, Erdmut: und Helene Weigel Benʹjamin i Brecht : istorija družby = Benjamin und Brecht / Ėrdmut Vicisla ; perevod s nemeckogo pod redakciej Sergeja BBA A 4957 Romaško ; perevod: Svetlana Averkina, Jurij Solomatin. - Mo- Uhrbach, Peter: skva : Grundrisse, 2017. - 454 Seiten : Illustrationen, 20 cm Bertolt Brechts Bühnenwerke in Leipzig : 1923 bis 1932 : Kyrillisch, russisch Brecht-Stücke im Spiegel der Leipziger Presse / dokumentiert von Peter Uhrbach. - 1. Auflage. - Markkleeberg : Sax-Verlag, BBA B 1174 (2) 2017. – 195 Seiten : Illustrationen, 21 cm x 13 cm Wizisla, Erdmut: Katastrophal oder produktiv? : die Freund- ISBN 978-3-86729-192-7 - ISBN 3-86729-192-6 schaft von Benjamin und Brecht in einer Ausstellung / Erdmut Wizisla BBA B 30 (2017/5) In: Journal der Künste / Akademie der Künste. Berlin, [2017]-. Weinhold, Chris: Amüsement und Skandal : das diesjährige Ausgabe 2 (April 2017), Seite 36-39 : Illustrationen Augsburger Brecht-Festival unter der neuen Intendanz von Patrick Wengenroth / Chris Weinhold BBA A 4936 In: Theater der Zeit - Berlin. - 72. Jahrgang, Heft 5 (Mai 2017), Žižek, Slavoj: Seite 74-75 : Illustration Weniger als nichts : Hegel und der Schatten des dialektischen Materialismus / Slavoj Žižek ; aus dem Englischen von Frank BBA B 278 (70) Born. - 1. Auflage. - Berlin : Suhrkamp, 2016. - 1407 Seiten. - Werres, Laura: Inklusive Workshops am Theater RambaZam- (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft ; 2188) ba : zum Beispiel zur Inszenierung „Der gute Mensch von ISBN 978-3-518-29788-9 - ISBN 3-518-29788-0 Downtown“ in der Regie von Gisela Höhne / Laura Werres In: Zeitschrift für Theaterpädagogik. – Uckerland, 2005-. 33. Jahrgang, Heft 70 (2017), Seite 25-27 : Illustration

48 Dreigroschenheft 4/2017 B R E C H T Das gesamte Programm jetzt unter www.buchhandlung-am-obstmarkt.de

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