Sind Wir Hier Bei Der Wimbledon-Quali Oder in Kaltenkirchen?
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Tennis live online, 9. Ausgabe Juni 2016 Tennis: ITF-Turnier Future Nord in Kaltenkirchen – 18. bis 26. Juni Sind wir hier bei der Wimbledon-Quali oder in Kaltenkirchen? Yannick Maden (l.), Gregoire Jacq und Dr. Frank Intert. Kaltenkirchen. Der Sieger des 20.000-Dollar-ITF-Turniers Future Nord heißt Gregoire Jacq. Der Franzose gewann durch eine verletzungsbedingte Aufgabe von Yannick Maden beim Stand vom 3:6, 3:2. Bei den Damen siegte Katharina Hobgarski gegen Lisa Matviyenko mit 6:3 und 6:3. Jens Kröger ( v. l., TV HH), Bernd Wacker (TV Berlin-Brandenburg), Katharina Hobgarski und Lisa Matviyenko, Björn Kroll (TV SH), Henner Steuber (TV Niedersachsen). Der an vier gesetzte Jacq (Weltrangliste 460) gewann bei dem ITF-Future 18 Weltranglistenpunkte und 1440 Dollar Preisgeld. Die an drei gesetzte Katharina Hobgarski (BASF TC Ludwigshafen, 512) gewann 12 Punkte und ein Preisgeld 1568 Dollar. Dem Finalisten und an eins gesetzten Maden (TEC Waldau Stuttgart, 424) werden 10 Punkte gut geschrieben, und er erhielt 848 Dollar. Matviyenko (Club An der Alster, 774) kassierte 980 Dollar und sieben Punkte. Maden hatte im Finale Pech. Beim Stand von 6:3 und 2:1 für den Favoriten verletzte er sich am Fuß und musste behandelt werden. Doch mit Laufen war es vorbei. Yannick Maden versuchte es, doch jeder sah, es ging nicht mehr. Nach zwei verlorenen Spielen gab es schließlich beim Stand von 2:3 auf. Zuvor hatten die Finalisten – witterungsbedingt – am Morgen auch die Halbfinalspiele ausgetragen. Yannick Maden gewann gegen Jonas Lütjen (TC Weinheim, 622) in drei Sätzen 6:4, 4:6, 6:1. Im zweiten Herren-Halbfinale spielte sich ein wahrer Tenniskrimi ab. 3 Stunden und acht Minuten kämpften der an zwei gesetzte Kevin Krawietz (TC Großhesselohe, 428) und Gregoire Jacq um jeden Punkt. Und da stellte ein Zuschauer die rhetorische Frage: „Sind wir hier bei der Wimbledon-Quali oder in Kaltenkirchen?“ Krawietz und Jacq hatten quasi das Finale vorgezogen. Die Ballwechsel waren entgegen den meisten Matches nicht von einem Grundlinienspiel geprägt. Vielmehr nutzten beide Spieler nach einer guten Vorbereitung ihre Chance am Netz oder mit einem Stoppball. So setzten sie sich gegenseitig unter Druck und bekamen immer wieder den Applaus von rund 200 Zuschauern. Der erste Satz ging mit 7:5 an Jacq, der zweite Satz mit 6:4 an Krawietz und der dritte Satz wiederum mit 7:5 an Jacq. Beide Spieler sind auf der internationalen Tennisbühne unterwegs. Für die Kenner des neuntägigen Turniers war es das beste und abwechslungsreichste Match. Auch bei den Damen gab es im Halbfinale zweimal sehenswerte Dreisatz-Matches. Katharina Hobgarski gewann gegen Vendula Zovincova (CZE, 758) mit 2:6, 6:4 und 6:4. Lisa Matviyenko besiegte mit 6:4, 1:6, 6:4 die Belgierin Kimberley Zimmermann (698). Im Herren-Doppel siegten Gabor Borsos und Adam Kellner (beide Ungarn) gegen Jonas Lütjen (TC Weinheim) und Timon Reichelt (TEVC Kronberg) mit 7:6, 6:4. Im Damen-Doppel gewannen Katharina Hobgarski (BASF TC Ludwigshafen) und Julia Wachaczyk (TC Union Münster) gegen Bianka Bekefi (Ungarn) und Charlotte Römer (Ecuador) mit 6:4, 6:2. Während der Siegerehrung bedankte sich Verbandspräsident Dr. Frank Intert (SH) im Namen seiner Kollegen aus den beteiligten Verbänden bei den Zuschauern für das rege Interesse, beim TC An der Schirnau für die zur Verfügung gestellte hervorragend gepflegte Anlage und beim Organisationsteam. „Wir freuen uns, mit diesem Turnier dem Nachwuchs aus unseren eigenen Reihen, aus den anderen DTB-Landesverbänden sowie von der internationalen Bühne eine sportliche Plattform anbieten zu können. 23 Nationen waren hier vertreten. Dies spricht für sich, ebenso die Anzahl der Teilnehmer aus Norddeutschland.“ Mehr im Internet: http://www.future-nord.com/ Hier finden Sie Dutzende von Fotos und alle Pressetexte sowie Tagesthemen. 2017 gibt es ein 30.000-Dollar-Turnier Kaltenkirchen. Auch im nächsten Jahr soll es das ITF-Turnier Future Nord für Damen und Herren in Kaltenkirchen geben. Dies sagte Björn Kroll im Interview. Der 38-jährige Vizepräsident des schleswig-holsteinischen Tennisverbandes ist Turnierdirektor der 20.000- Dollar-Veranstaltung, die erstmalig stattfindet. Björn Kroll Frage: Welche sportliche Bedeutung hat das Turnier? Kroll: Wir hatten bis vor einigen Jahren in Wahlstedt ein Future-Turnier für Damen und Herren. Dann gab es nur noch ein Turnier für Damen und dann fiel auch dies weg. Es gab also eine große Lücke im Angebot für den Tennisnachwuchs, der sich auf der Profi-Tour die ersten Meriten erkämpfen möchte. Denn das nächste große Turnier gibt es erst in Braunschweig. Frage: Wurde es denn von Spielern und Spielerinnen aus dem Norden angenommen? Kroll: Es wurde sehr gut angenommen. Aus jedem der beteiligten sieben Verbände kamen Spieler und Spielerinnen. Auch das Wild-Card-Turnier in Hannover, auf dem man Wildcards für das Future-Nord-Hauptfeld gewinnen konnte, wurde besser angenommen, als wir gedacht haben. Frage: Und wie haben Spielerinnen und Spieler aus Ihrem Landesverband auf das neue Turnier reagiert. Kroll: Die Zahlen sprechen für sich: zehn Herren und sieben Damen in der Quali, weitere vier Herren und zwei Damen im Hauptfeld. Frage: Nun hat aber aus der Quali niemand den Sprung ins Hauptfeld geschafft. Kroll: Richtig. Es zeigt, dass es auch in der Quali eine hohe Leistungsdichte gab, sowohl aus dem deutschen Raum insgesamt als auch aus dem Ausland. Dies ist die eine Seite. Die andere Seite: Es zeigt, wie wichtig es ist, unseren Spielerinnen und Spielern vor Ort ein solches Turnier anzubieten, damit sie entsprechende Turniererfahrung – für sie auch relativ kostengünstig – machen können. Viele haben gerade erst begonnen, die Profi-Schiene einzuschlagen. Frage: Auch im Hauptfeld war es mit dem Weiterkommen der Schleswig-Holsteiner schwierig. Die beiden Leistungsträger George von Massow und Amelie Intert, sie kamen direkt ins Hauptfeld, schieden in der ersten Runde aus. Kroll: George von Massow hat in den letzten Wochen sehr gute Leistungen gezeigt. In Hamburg wurde er Tennismeister des Nordens. Bei der Auslosung hat er jetzt Pech gehabt. George musste gegen den an acht gesetzten Schweden Isak Arvidsson antreten, der auf der Weltrangliste auch 100 Plätze vor George liegt. Amelie Intert hat gut gespielt, jedoch darf man nicht vergessen, es war ihr erstes Turnier nach einem monatelangen krankheitsbedingten Ausfall. Frage: Wie ist die Resonanz bei den Spielern? Kroll: Wir bekommen ein positives Feedback. Die Organisation funktioniert. Die Atmosphäre ist gut und das Wetter macht insgesamt auch mit. Frage: Trägt sich das Turnier finanziell? Kroll: Das wissen wir erst, wenn abgerechnet wird - nach dem Turnier. Es läuft aber gut an. Wir haben viele ehrenamtlich arbeitende Tennisfreunde und auch Sponsoren. Das Sponsorenfeld ist noch ausbaufähig. Wir dürfen nicht vergessen, es ist das erste Turnier dieser Art. Geldgeber wollen erst einmal sehen, was wie läuft. Frage: Gibt es 2017 ein neues Future Nord? Kroll: Da bin ich mir sicher. Nach allen Gesprächen, die ich in den letzten Tagen geführt habe, bieten wir 2017 ein 30.000-Dollar-Turnier in Schleswig-Holstein an, da die untere Stufe, je 10.000 Dollar für Damen und Herren, auf der ITF-Tour wegfällt. Wir brauchen also mehr Sponsoren. Veranstalter des Future-Nord-Turniers sind die Verbände Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Berlin-Brandenburg, Nordwest (= Bremen, Bremerhaven und einige Orte südlich von Bremen), Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Die Future Tour ist eine von der ITF – International Tennis Federation – organisierte Turnierserie. Sie gilt mit als Einstieg für Spieler in den Profi-Tennissport. Tennisprofis nagen am Hungertuch Hamburg. Nur ganz wenige Tennis-Profis können von ihrem Verdienst auf der Tour leben. Dies ergab eine von der ITF – International Tennis Federation – in Auftrag gegebene Studie. Untersucht wurde die Saison 2013. Danach konnten nur 1,8 Prozent der männlichen und 3,1 Prozent der weiblichen Spieler den Lebensunterhalt aus Preisgeldern bestreiten. Zugrunde gelegt hatte das wissenschaftliche Team um Datenanalyst Michael Bane einen Betrag von 160.000 Dollar, der für die Teilhabe am Profi-Zirkus inklusive Reisen, Unterkunft, Kleidung, Training etc. über das Jahr anfällt. Laut Studie können nur 160 der 8874 Männer und 150 der 4862 Frauen einen Profit einfahren – fast die Hälfte verdiente gar kein Preisgeld. Was bei einer Preisgeld-Ausschüttung von 150 Millionen Euro bei den Männern und 110 Millionen Euro bei den Frauen nachdenklich stimmt. Und es kommt noch besser: 92 Millionen Euro (61 Prozent) kassierten die Top 50 bei den Männern, bei den Frauen strichen die Top 50 die Hälfte aller Prämien ein. Die Wissenschaftler meinen nun, es müssten Überlegungen angestellt werden, wie das Preisgeld besser verteilt werden kann, zumal die Top 50 auch von Werbeeinnahmen leben. Als Quintessenz führen die Uni-Leute an, dass der Tennis-Sport auf Dauer unter diesen Bedingungen leiden würde, Talente verloren gehen. Geschehen ist bisher nichts. (Die Infos stammen aus der Süddeutschen Zeitung). Das Preisgeld beim ITF-Turnier Future Nord Herren: Winner: 1440 Dollar, Finalist: 848, Semi-finalist: 502, Quarter-finalist: 292, Round of 16: 172, Round of 32: 104. Damen: Winner: 1568 Dollar, Finalist: 980, Semi-finalist: 490, Quarter-finalist: 245, Round of 16: 196, Round of 32: 98. Und es gibt noch Preisgelder für die Doppel. Der weite Weg zu den Punkten Bei einem ITF-Turnier geht es um Geld und um Punkte. Doch Weltranglistenpunkte sind wichtiger das relativ geringe Preisgeld. Je mehr Punkte, je größer das Turnier, an dem Spieler und Spielerinnen teilnehmen und dann ist auch das „Honorar“ höher. Beim ITF-Turnier Future Nord in Kaltenkirchen bekommt der Winner 18 Punkte, Runner-up 10, Semi-finalists 6, Quarterfinalists 2, Round of 16 einen Punkt. Wer gleich in der ersten Runde ausscheidet, geht mit einer Null nach Hause. Und wie wichtig Punkte sein können, macht dieses Beispiel deutlich. Leon Schütt (Suchsdorfer SV) steht auf der Weltrangliste mit 20 Punkten auf Rang 848 laut Tennisergebnisse.net. Würde er in Kaltenkirchen gewinnen, kämen 18 Punkte hinzu. Mit 48 Punkten stünde er dann bei den deutschen Spielern auf der Weltrangliste vor George von Massow, der auf 611 notiert wird.