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8 2016

NR. 2016

OLYMPIA-SPEZIAL8 AB S. 18 Olympia in Rio de Janeiro • Die Radszene • Revierguide • Olympia-Bahnrad • Die Rennstrecken

SERVICE S. 50 Secondhand- Rennräder Die besten Tipps für den Kauf

15 SEITEN AKTUELL 19 • Unschlagbar: Chris Froome • Exklusiv: Inside Team Bora • Zwischen Hoffen und LAUFRÄDER Bangen: Fans in Kolumbien IM AERO-TEST

BeNeLux 5,80 € Finnland 7,20 € Griechenland 7,20 € RENN-REPORTAGE SEITE 110 FAHRTECHNIK SEITE 104 KURZTRIP SEITE 136 Deutschland Frankreich 6,40 € Italien 6,40 € Spanien 6,40 € 4,90 € Slowenien 6,40 € Slowakei 6,40 € Dänemark 50,00 DKK WOMEN’S TOUR TEST: AERO-LAUFRÄDER TOUR DE FRANCE AKTUELL KAUFBERATUNG: SECONDHAND-RÄDER OLYMPIA-SPEZIAL OLYMPIA-SPEZIAL SECONDHAND-RÄDER KAUFBERATUNG: DE FRANCE AKTUELL TOUR AERO-LAUFRÄDER TEST: TOUR WOMEN’S Österreich Printed in Germany H1593 WOMEN’S TOUR: SO GEHT’S: DIE SCHÖNSTEN 5,60 € FRAUENPOWER IN RICHTIG BERGAB TOUREN IM Schweiz 9,50 sFr ENGLAND FAHREN THÜRINGER WALD LE I PIE N R S IO E D H E C TEILE,TEILE, TEST TEST& TECHNIK & TECHNIK S J I A P

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R L O O 50 Gebrauchtrad-Kauf 34 Titelthema Preis, Qualität, Zustand: So unter- scheiden Sie Schrott von Schnäppchen 18 Radszene Rio Titelthema Gefährlich? Ja! Aber die Leidenschaft 58 Aerodynamische Laufräder fürs Radfahren sucht sich ihre Wege Systemvergleich: 19 schnelle Laufräder mit unterschiedlichen Felgenhöhen 28 Revierguide Rio Strecken, Infos und Treffpunkte 68 Shimano „No carb“: Shimano setzt konsequent 8 30 Sportschau 1 auf Metall. Drei Werksbesuche in Asien Das Olympia-Bahnrad des deutschen Sprinters Maximilan Levy 74 Leserrad 2O16 Stil-Ikone: Andreas Höhnen und sein 32 Sportschau 2 restauriertes Cinelli Laser INHALT Olympia: Strecken, Orte und Teilnehmer 76 Werkstatt Geräusche beseitigen, Teil 3: die Demontage von Innenlager und Kurbel TOUR DE FRANCE 78 Testcenter 34 Hinter der Spitze Für Sie getestet: u. a. SQLab-Sattel, Titelthema Das deutsche Team Bora-Argon 18 Garmin-Datenbrille, Gore-Radhose 40 Porträt Der unschlagbare Chris Froome „Tour der Sprinter“? Christopher Froome auf der 12. Etappe am Mont Ventoux FITNESS 42 Gesichter der Tour Diese Menschen prägten die Tour 2016 104 Richtig bergab fahren Titelthema Sicher im Flow: Mit unseren Tipps wird 44 Fans in Kolumbien die schnelle Pass-Abfahrt zum Genuss Aero-Laufräder 58 mit ver schiedenen Heldenverehrung aus der Ferne Felgenhöhen im Windkanal-Test 108 Fitnessforum 46 Timeline Trainingstipps, Expertenrat: Radfahren Die Highlights der 21 Etappen mit Knieprothese, Buchtipp Coaching RUBRIKENRUBRIKEN 48 Ergebnisse Die 103. Tour de France im Überblick HOBBYSPORT SEITE 3 Intern

136 126 TOUR Transalp SEITE 6 PROFIS & CO. An der Spitze: Wie zwei Athleten aus Moment

dem Team TOUR ihre Premiere erleben SEITE 8 110 Aviva Women’s Tour Magazin

Titelthema Insel der Glückseligkeit: Großbritannien 134 Tourenszene SEITE 14 bietet der Frauenpower eine Bühne Krušnoton-Radmarathon, Retro-Events, Leserforum vier Mal Mitgefahren SEITE 80 118 Spanien-Rundfahrt Impressum Die 71. Vuelta kämpft mit einem schweren Parcours um ihren Status TOUREN & REISEN SEITE 145 Radschlag 122 Rennszene 136 Kurztrip Thüringer Wald SEITE 146 Vorschau 18 Titelthema Deutsche Meisterschaft, Giro Rosa, Tour Im Angesicht des Wintersports: ein Fotos: Getty Images, IKirchner, Reuters Images, IKirchner, Getty Fotos: Auf zum Zuckerhut: Wir haben uns den Olympiastandort mal angesehen Rein ins grüne Wintersportparadies: Kamm rauf, Kamm runter im Thüringer Wald Reuters Images, IKirchner, Getty Fotos: de Suisse, Cyclassics, Hingucker sommerlicher Radtrip am Rennsteig

4 TOUR 8-2016 8-2016 TOUR 5 MOMENT

rankreich im Juli 1962. Ein junger deutscher Radrennfahrer mit strahlen- Fdem Lächeln schickt sich an, die Tour de France zu erobern – und mit ihr die Herzen der Radsport-Fans diesseits und jenseits des Rheins. Zwei Etappen hat er bereits gewonnen bei seiner ersten Tour, ein dritter Sieg wird noch folgen. Unbändiger Ehrgeiz und enorme Kraft zeichnen den damals 25 Jahre alten Jungprofi aus, der seine erste Straßen- saison im Team St.Raphaël-Helyett bestreitet, an der Seite des drei Jahre älteren Jacques Anquetil, der als Tour-Sieger von 1957 und ’61 in Frank- reich längst ein Star ist. Am Ende der vierten Etappe von Amiens nach Le Havre liegt die Radsportwelt aber dem jungen Deutschen zu Füßen, der an diesem Tag das Gelbe Trikot trägt. Am Ende dieser Tour de France wird sein Kapitän Anquetil das Maillot Jaune tragen und damit den dritten seiner fünf Tour-Siege feiern. Den eleganten, stilsicheren Franzosen adeln die Fans zum „Maître“, während sie den deut- schen Rad-Berserker als „Sacré Rudi“ für seine kämpferische Fahrweise verehren. Für Rudi Altig war dieses Jahr 1962 der Auftakt zu einer langen und glanzvollen Karriere, die er mit dem Welt- meistertitel der Profis 1966 auf dem Nürburgring krönte. Am 11. Juni 2016 ging sein langes und erfülltes Leben mit dem und für den Radsport zu Ende. Adieu, Rudi! Fotos: Rübel, Witters Fotos:

6 TOUR 8-2016 8-2016 TOUR 7 TOUR DE FRANCE 2016

Zwei Teams in Schwarz – Sky und Bora-Argon 18 – illustrieren die Bandbreite der Tour de France: Hier die gut geölte Sieg- Maschine für das Projekt Gelbes Trikot, dort die Angreifer mit heißem Herzen auf der Jagd nach ersten Erfolgen. Die Tour 2016 als Story der MEN IN BLACK

GEGENSÄTZE Chris Froome (oben) ist der strahlende Sieger, (links) macht lehrreiche

Erfahrungen Roth&Roth De Waele, Fotos:

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SCHMERZHAFT Sam Bennett kann kaum den Lenker halten

ERSTE HILFE Shane Archbold schiebt Bennett nach KRAFTPROBE seinem Sturz ins Ziel Die Besten messen sich ohne den Bora-Sprinter auf den Zielgeraden Schwarz – mit weißen Ärmeln – um Achtungs- erfolge und die Zukunft des deutschen Rad- TEXT sports. Hier das mit geschätzt 30 Millionen Andreas Kublik Euro teuerste Radsportprojekt der Gegenwart – dort das Team Bora-Argon 18, das kleine Fa- milienunternehmen von , in dem der Vater die Autos wäscht und die Mutter sich um die Buchhaltung kümmert.

eine große Geste, kein lauter TIPP FÜR HINTERBÄNKLER Jubel: Versonnen lächelnd überquerte Chris Froome die Auch Tour-Sieger Chris Froome kennt die Ziellinie im Alpendorf Morzine – und hatte doch in dieser Unterschiede zwischen einem Top-Team und KSekunde seinen dritten Tour-Sieg unter Dach und Fach einem kleinen, bescheidenen Rennstall aus gebracht, nach der letzten Alpen-Etappe, am vorletzten der zweiten oder gar dritten Reihe. Seine erste Tag der Tour. Doch Froome blieb demütig. Kaum 24 Stun- Tour bestritt er 2008 noch für die zweitklassi- den zuvor hatte er erfahren, an welch seidenem Faden der ge Barloworld-Mannschaft, und er scheint Erfolg hängen kann. Eine kleine Unachtsamkeit hatte ihn sich noch gut daran erinnern zu können, wie auf regennassem Asphalt stürzen und hart auf den Asphalt damals die Erfolgs- bzw. Überlebensstrategie aufschlagen lassen. „Ich hatte Glück, ich habe nur etwas lautete. Befragt, was er tun würde, wenn er Haut verloren“, sagte er später. An diesem Tag war er haar- nicht auf dem Flaggschiff Sky durch Frank- scharf am sportlichen GAU vorbeigeschrammt, den siche- reich segeln würde, sondern mit einer Truppe, ren Tour-Triumph noch aus der Hand zu geben, nachdem die nur durch die Gunst einer Wildcard dabei er das Rennen drei Wochen lang dominiert hatte bis zur sein dürfe, zögerte der Mann in Gelb nicht Langeweile. lange: „Wir würden jeden Tag versuchen, in Irgendwie passte der späte Sturz ins Bild der Überra- eine Ausreißergruppe zu kommen und eine schungen, mit denen Froome Gegner und Öffentlichkeit in Etappe zu gewinnen“, antwortete der stets Atem hielt. Während seine Armada in Schwarz mit freundliche Brite und beschrieb damit auch: blau-weißem Brustring alle Gegner geradezu entwaffnete, Die Strategie des Team Bora. machte er sich um den Unterhaltungswert des Rennens Abgesehen von den wenigen Siegern unter den verdient und attackierte an Stellen, wo es niemand erwar- 198 Radprofis, die Jahr für Jahr ins Rennen tet hätte. Solche Geschichten erlebt die Tour aber nicht nur gehen, sind die drei Wochen Tour für die im Rampenlicht. Im Schatten der Stars, am anderen Ende meisten ein täglicher, meist vergeblicher Fotos: Bora-Argon18/Veloimages, Imago Bora-Argon18/Veloimages, Fotos: De Waele Foto: Fotos: Bora-Argon18/Veloimages, Imago Bora-Argon18/Veloimages, Fotos: De Waele Foto: der Radsport-Hierarchie, kämpfte ein weiteres Team in Kampf etwas Zählbares zu erreichen – und

36 TOUR 8-2016 8-2016 TOUR 37 TOUR DE FRANCE 2016 CHRIS FROOME

sondern an den Gegnern, dass Froome in diese schaft und Entertainment. So konterte Froomes Position kam“, urteilte Tour-Direktor Christian Tempomacher Geraint Thomas die Fragen der GEGEN Prudhomme. Der Widerstand schien früh ge- Journalisten zum langweiligen Rennverlauf: brochen. Alberto Contador reiste nach zwei „Ich werde nicht dafür bezahlt, gute Unterhal- ALLE Stürzen zu Beginn früh ab, Froomes einstiger tung zu liefern, sondern dafür, Rennen zu ge- Adjutant Richie Porte verlor durch einen Platten winnen.“ Dabei lieferte Froome diesmal sogar zur Unzeit auf der zweiten Etappe wertvolle gute Unterhaltung, Überraschungseffekte und WIDER- Zeit, Nairo Quintana war formschwach. „In den die Bilder, die bleiben. „Das Gelbe Trikot läuft Bergen waren die Gegner nicht auf dem erwar - den Ventoux hoch – das wird natürlich in die STÄNDE teten Niveau“, meinte Prudhomme. Die Stärke Geschichte eingehen“, urteilte Kelly über die des Siegers war auch die Schwäche der Gegner. jetzt schon legendäre Szene: Der Gesamtfüh- Chris Froome gewinnt rende zu Fuß auf dem Weg Richtung Ziel, ATTACKE IN DER ABFAHRT nachdem er im dichten Fan-Spalier mit Bauke zum dritten Mal Aus einer mediokren Tour ragte Froome heraus. Mollema und Richie Porte über einen plötzlich die Tour de France – mit „Er war das Besondere in diesem Rennen. Er anhaltenden Motorradfahrer gestürzt war und hat uns überrascht. Er hat Zeit herausgeholt in ein nachfolgendes Motorrad das Rad des Briten neuem Stil und Szenen, der Abfahrt oder im Finale im Flachen. Das war zerstört hatte. die in die Geschichtsbücher etwas, was wir nie erwartet haben“, urteilte Kelly glaubt, dass diese Bilder und die überra- Ex-Profi Sean Kelly, der seit Jahren für Euro- schende Fahrweise viel für die Popularität des eingehen werden. sport die Tour de France kommentiert. Bergauf Radprofis gebracht haben. Der Berg lauf am Aber ist er schon ein echter blieb der Top-Favorit lange passiv, bis er auf Ventoux zeigte einen Chris Froome, der nicht Tour-Patron? dem Col de Peyresourde plötzlich an die Spitze ergeben am Straßenrand auf sein Teamfahrzeug IN BESSEREN KREISEN schoss und sich wagemutig in die Abfahrt nach wartet, sondern sich gegen das Schicksal (links) Bagnères-de-Luchon stürzte – wie stemmt. Die Franzosen werden mit dem etwas und TEXT bei seinem WM-Sieg im vergan genen Jahr: farblosen Briten nicht warm – aber sie mögen Andreas Kublik windschnittig auf dem Oberrohr sitzend und traditionell Herausforderer und Kämpfer lieber (hinten) an der Seite von und selbst in dieser Position weitertretend. als überlegene Seriensieger. zweiten für ihn, für uns und den deutschen Peter Sagan Nur ein paar Sekunden brachte das. Aber es war Im Peloton genießt Froome Respekt, er gilt als Radsport ein Erfolg“, urteilt Denk über das Ergebnis. ein erster Denkzettel für die Konkurrenz. Froo- höflicher Kollege. „Er sagt auch danke, wenn mes Stärke war plötzlich unberechenbar. Dann man ihn vorbeifahren lässt“, schildert der deut - MANNSCHAFTEN FÜR CHAMPIONS nahm er sich wieder zurück, kontrollierte das Geschafft: Chris Froome meistert die vorletzte Etappe im Regen sche Profi Paul Voß seine Beobachtung. Beim „Schritt für Schritt“, lobt Tour-Chef Christian Prud- Rennen mit seinem Team, das sehr dosiert die französischen Publikum punktete er mit seiner homme, habe Denk seine Mannschaft aufgebaut. Laut- Fachkräfte für jedes Terrain eingesetze. Der Ansprache auf den Champs-Élysées, als er an sprecher wie der Russe Oleg Tinkow kommen und gehen, nächste Schlag: Auf der windumtosten Etappe Publikum – und Zeichen, dass auch der Center des Radsportweltverbands in das Attentat am 14. Juli in Nizza erinnerte und Denk steht für die leisen Töne, für nachhaltiges Wirt- en rechten Arm gestreckt, nach Montpellier folgte er mit seinem Edelhel- kühle Rechner verletzlich ist: Als Froo- der Schweiz. „Ich kann jedem afrikani- der Toten gedachte – Froome lebt in der Nähe schaften im Radsport. „Bei uns ist ein Wort noch ein die Faust geballt – so schoss der Mann in Gelb fer Geraint Thomas der Tempoverschärfung von me nach seinem Sturz am drittletzten schen Radsportler diesen Weg empfeh- der Stadt an der Côte d’Azur. „Diese Ereignisse Wort“, sagt der Oberbayer. Er trifft seine Vereinbarungen Ddurch das Ziel vor der Sporthalle in Megève. Peter Sagan und dessen Teamkollegen Maciej Tag zerschunden und auf dem vom len“, sagt Froome heute. 2006 war er relativieren die Bedeutung des Sports, aber sie per Handschlag. Aus kleinen Anfängen hat er es nun zu Wie Superman feierte Chris Froome seinen Bodnar. Prudhomme zeigte sich von der Fahr - Teamkollegen Geraint Thomas geliehe- bei der U23-WM in Salzburg noch für zeigen auch, dass die Werte des Sports in unse- drei Einladungen zum wichtigsten Radrennen der Welt zweiten Etappensieg bei dieser Tour, mit dem weise des Mannes in Gelb begeistert: „Das war nen Rad ins Etappenziel nach Saint- Kenia gestartet – doch dann entschied ren freien Gesellschaften so wichtig sind“, sagte geschafft. Zuletzt als einziges nicht-französisches Team. er seine Gesamtführung auf bequeme vier ein Coup à la Merckx oder Hinault!“ Im Peloton Gervais kam, bescheinigte im Frank- er sich für einen britischen Pass. Nach der Brite. Für seine Worte auf Französisch be- Das liegt auch daran, dass sich Denks Interessen und die Minuten ausbaute. Das war fast schon normal wurde gemault, weil die schwarz-blaue Armada reichs große Sport zeitung „L’Équipe“ seiner ersten Profi-Station beim Team kam er stürmischen Applaus. von Prudhommes Firma ASO überschneiden: „Wir müs- für Froome auf dem Weg zu seinem dritten Sieg jetzt auch noch die Vorbereitungen der Sprinter- einen „eisernen Willen“. Barloworld formte Sky-Chef Brailsford sen die Radsport-Begeisterung wieder wecken. Dazu in Frankreich, mit dem er in einen illustren Kreis Teams auf den Flachetappen störte: um sich aus aus dem bis dahin eher unauffälligen EIN NEUER REKORDSIEGER? braucht man wieder deutsche Champions, und man eintrat – in eine Reihe mit Greg LeMond, Philip- Stürzen herauszuhalten, aber auch, um die di- NUR DER BESTE Schlaks ab 2010 einen herausragenden Vermutlich wird er auch künftig im Mittelpunkt braucht deutsche Mannschaften, um diese Champions zu pe Thys und Louison Bobet, hinter den vier rekten Konkurrenten unter Druck zu setzen. Ruhig, höflich, zurückhaltend, so ken- Rundfahrer. 2011 stieß er als Zweiter der des großen Straßenfests in Frankreich stehen schaffen“, erklärt der Tour-Chef. Fünffach-Siegern Anquetil, Merckx, Hinault Die Fahrweise war wohl auch eine Art Strategie nen alle Chris Froome – Journalisten, Vuelta in die Weltspitze vor. Bei der wollen. Eddy Merckx, der fünfmalige Tour- Für die Wochen nach der Tour hat Denk sich weitere und Indurain. gegen die Zweifel an seinen Leistungen. „Es ist Rennveranstalter, die anderen Renn- Tour 2012 brachte er bereits seinen Sieger, befand vom Rande der Strecke: „Ich Überraschungen aufgehoben. Dann will er ankündigen, Viele Fans fanden das langweilig, was sie Tag schwierig, nach VAM (Aufstiegsrate in Metern fahrer. Sportlich herausragend. Aber ist damaligen Kapitän Bradley Wiggins mit weiß nicht, wer ihn von seinen Gegnern in den welche Top-Rundfahrer im nächsten Jahr das Trikot des für Tag an der Strecke oder am Bildschirm von pro Stunde; Anm. d. Red.) und Powerdaten zu er nach seinem dritten Gesamtsieg Tempoverschärfungen immer wieder in nächsten Jahren schlagen soll. Vielleicht ge- Teams tragen werden, das dann Bora-hansgrohe heißen der Tour zu sehen bekamen: Der hagere Brite fragen, wenn man in der Abfahrt angreift“, schon ein wahrer Patron des Rennens? Schwierigkeiten. Im folgenden Jahr winnt er die Tour fünf- oder sechsmal.“ wird. Buchmann wird dann als Assistent eines routinier- wirkte unantastbar. Dabei hatten sich die Stre- meinte Sky-Teamchef Dave Brailsford. Mehr als „Er ist der Beste! Daher ist er der Patron machte Brailsford ihn anstelle von Abgesehen davon, dass der Radsport keinen ten Rundfahrtkapitäns weiter bei der Tour lernen. Ob ckenplaner des Tour-Veranstalters ASO viel solche konstruierten Rechtfertigungen steigern – aber kein Patron à la Hinault“, befin- Wiggins zum Kapitän bei der Tour, und allzu großen Bedarf an haushoch überlegenen Bennett noch einmal für Denks Rennstall in Frankreich Mühe gegeben, den Kontrollfreaks des Sky- menschliche Regungen die Sympathien beim det Tour-Chef Prudhomme und ergänzt: prompt feierte der gleichermaßen star- Seriensiegern hat: Im nächsten Jahr braucht sprinten darf? Oder bringt der neue Materialsponsor Teams Steine in den Weg zu legen. Schwer „Die stärkste Persönlichkeit der Gegen- ke Kletterer wie Zeit fahrer seinen Superman definitiv neue Gegner. Specialized wirklich Weltmeister Peter Sagan mit, wie die kon trollierbare Etappen mit engen Straßen, wart ist ohne Zweifel Peter Sagan.“ ersten Sieg. Gerüchte während der Tour glauben machen wollen? Im ewigem Auf und Ab und gefährlichen Abfahrten Froome, in Kenia geboren und in Süd- Er entstammt einem Umfeld, in dem kommenden Jahr will Denk den anderen „Men in Black“ hatten sie herausgesucht. Vergebliche Mühe der afrika aufgewachsen, ist der erfolg- kühle Berechnung zum Erfolg führen Foto: Getty Images Getty Foto: um Chris Froome die Schlagzeilen und das Rampenlicht Streckenplaner. „Es lag nicht an der Strecke, Images Getty Foto: reichste Absolvent des World Cycling soll – da ist wenig Platz für Leiden-

Foto: De Waele Foto: der Tour jedenfalls nicht kampflos überlassen.

40 TOUR 8-2016 8-2016 TOUR 41 TOUR DE FRANCE 2016 | TIMELINE

13. ETAPPE Das anspruchsvolle Einzelzeitfahren, das zusätzlich durch stürmischen Seitenwind erschwert wird, ge- winnt der Niederländer Tom Dumoulin vor Froome. 3. ETAPPE

Foto-Finish: Nach einer Etappe 4. ETAPPE 15. ETAPPE im Bummeltempo und einem Comeback: Marcel Kittel hat 12. ETAPPE Kolumbien darf packenden Finale mit Massen- das Siegen nicht verlernt. 1. ETAPPE Nachdem bei einem Sturz jubeln: Während Nairo 16. ETAPPE sprint bleibt eine Frage: André Doch auch nach der mit 237,5 14. ETAPPE Quintana passiv bleibt Auftakt: Bei seiner 10. Tour de im Fan-Gedränge sein Bern empfängt seinen Greipel oder Mark Cavendish – Kilometern längsten Tour- Mark Cavendish feiert seinen vierten Etappensieg und seine Fans ent- France schnappt sich Mark Rad zerstört wird, läuft erfolgreichsten Rennfahrer wer ist der Sieger? Die Zielrich- Etappe muss ein Foto finish in Villard-les-Dombes. Sein Zähler steht täuscht, gewinnt sein Cavendish mit seinem 27. Chris Froome ein Stück mit riesigem Jubel – doch ter mussten entscheiden: Der entscheiden. Das Ergebnis: nun bei 30 Etappensiegen insgesamt. Landsmann Jarlinson Etappensieg sein erstes Gel- Richtung Ziel und erhält Fabian Cancellara muss sich Brite lag auf der Ziellinie nach 2,5 Zentimeter Vorsprung für 5. ETAPPE Marcel Kittel beklagt sich über die Pantano die schwere bes Trikot. „Es ist immer später den Zeitabstand beim Zielsprint in seiner 223,5 Kilometern ein paar Zenti- den Deut schen vor Bryan Co- Das Rennen im Zentralmassiv wird Fahrweise des Briten – die Jury folgt Bergetappe durch den unglaublich, eine Etappe zu zum Zeitpunkt des Sturzes Heimatstadt mit Rang meter vorn. quard. „Ich bin so froh, dass zum Tag der Belgier – und die erste seiner Ansicht nicht. französischen Jura aus gewinnen – und das Gelbe gutgeschrieben. Den sechs begnügen; den Ruhm ich es allen gezeigt habe“, Ausreißergruppe dieser Tour kommt einer 30-köpfigen Trikot zu tragen, ist eine Ehre, Tagessieg der verkürzten erntet Peter Sagan (Bild). die ich noch nicht hatte.“ sagt Kittel später. durch. Greg Van Avermaet gewinnt Etappe zum Mont Ventoux Fluchtgruppe heraus. Etappe und Gelbes Trikot, Thomas feiert Thomas De Gendt. De Gendt das Bergtrikot. START

1. ETAPPE 2. ETAPPE 3. ETAPPE 4. ETAPPE 5. ETAPPE 6. ETAPPE 12. ETAPPE 13. ETAPPE 14. ETAPPE 15. ETAPPE 16. ETAPPE

7. ETAPPE 8. ETAPPE 9. ETAPPE 10. ETAPPE 11. ETAPPE 17. ETAPPE 18. ETAPPE 19. ETAPPE 20. ETAPPE 21. ETAPPE ZIEL 7. ETAPPE Die Luft ist raus: Der aufblasbare Bogen an der Ein-Kilometer-Mar- ke fällt in sich zusam- men, der Brite Adam Yates knallt in die Gummiwurst. Die Jury korrigiert die Zeiten der 11. ETAPPE aufgehaltenen Fahrer. 21. ETAPPE Vom Winde verweht: Der stürmische Und dann wird doch 9. ETAPPE Mistral zerreißt das Peloton auf dem Die erste Bergankunft in noch alles gut für André Weg nach Montpellier. Als Tinkoff mit Greipel. Mit dem Sieg auf Andorra-Arcalis gewinnt der und Peter Sagan das 8. ETAPPE Niederländer Tom Dumoulin 19. ETAPPE den Champs-Elysées ret- Tempo verschärft, können nur Chris 18. ETAPPE Endlich: Die drittletzte Überraschung! Seinen ersten vom Team Giant-Alpecin, mit- tet er seine Tour-Bilanz Froome und sein Helfer Geraint Stark am Berg und gegen die Uhr: Der logische Chance kann Romain großen Angriff startet Chris Froome ten in einem heftigen Hagel- und verlängert die Serie Thomas folgen. Sagan gewinnt den Sieger des Bergzeitfahrens heißt Chris Froome. Bardet nutzen und be- nicht bergauf, sondern auf der Kuppe schauer, als Bester einer deutscher Sprintsiege in Zielsprint, Froome nimmt seinen Trotz des schweren Streckenprofils nutzt er und schert den darbenden Paris auf vier seit 2013. des Col de Peyresourde: In der Abfahrt 20-köpfigen Ausreißergrup- 20. ETAPPE direkten Konkurrenten weitere zwölf komplettes Aero-Equipment. Romain Bardet Radsport-Fans der Grande setzt er sich tretend aufs Oberrohr – in pe. Die Gruppe der Favoriten Mehr als 1.500 Kontrollen wurden Sekunden ab, sechs davon aus Zeit- fährt auf einem Straßenrad mit Lenkeraufsatz. Nation am Fuße des Mont dieser Aero-Haltung holt er bis ins Ziel um Froome kommt sechsein- bei dieser Tour mit der Wärme- gutschrift. Blanc den ersten – und in Bagnères-de-Luchon 13 Sekunden halb Minuten später ins Ziel; bildkamera durchgeführt, um einzigen – franzö sischen heraus – plus zehn Sekunden Zeitgut- Alberto Contador, auf den verbotene Elektro motoren aufzu- Etappensieg dieser Tour. schrift für den Etappensieg. ersten Etappen zweimal ge- spüren. „Alle negativ“, teilt der stürzt, gibt auf. französische Sportstaatssekretär Fotos: De Waele (7), Imago De Waele Fotos: Images (4) (5), Getty De Waele Fotos: Fotos: De Waele (7), Imago De Waele Fotos: Images (4) (5), Getty De Waele Fotos: Thierry Braillard mit.

46 TOUR 8-2016 8-2016 TOUR 47