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Aus der Reihe „Mäzene für Wissen- „New Yorks wertvollster Bürger“ schaft“ sind bisher erschienen: – diesen Ehrentitel hat man Adolph Lewisohn gegeben. Als er Band 1: Die Begründer der Ham- 1849 in Hamburg als Sohn ortho- burgischen Wissenschaftlichen Stiftung doxer Juden und erfolgreicher Band 2: Sophie Christine und Carl Kaufleute geboren wird, ist ihm Heinrich Laeisz. Eine biographische eine Laufbahn als Kaufmann in Annäherung an die Zeiten und Themen die Wiege gelegt. Auf der Suche ihres Lebens nach persönlicher Freiheit überre- det er 1867 seinen strengen Vater, Band 3: Eduard Lorenz Lorenz-Meyer. ihn nach New York gehen zu las- Ein Hamburger Kaufmann und sen. In der Stadt am Hudson Ri- Künstler ver wird er sein Leben verbringen, Band 4: Hermann Franz Matthias zurück nach Hamburg kehrt er Mutzenbecher. Ein Hamburger nur auf Reisen. Versicherungsunternehmer Dass Lewisohn in den USA als In- dustrieller in nur zwanzig Jahren Band 5: Die Brüder Augustus ein Millionenvermögen erwirt- Friedrich und Gustav Adolph Vorwerk. schaften wird, wäre dem jungen Zwei Hamburger Kaufleute Migranten wie ein Märchen er- Band 6: Albert Ballin schienen. Aber er weiß die Zei- chen der Zeit zu lesen und inves- Band 7: Ernst Friedrich Sieveking. tiert in die Produktion des Stoffes, Erster Präsident des Hanseatischen der im elektrischen Zeitalter für Oberlandesgerichts die Industrie unverzichtbar wird: Band 8: Franz Bach. Architekt und Kupfer. Mit Hingabe, Weitsicht Unternehmer und Flexibilität baut er ein Fir- menimperium auf, das erst um die Band 9: Alfred Beit. Hamburger und Jahrhundertwende in einer Über- Diamantenkönig nahme- und Börsenschlacht an Band 10: Hermann Blohm. Gründer die Rockefellers und Guggen- der Werft Blohm & Voss heims fällt. Vier Jahrzehnte lang unterstützt Band 11: Gustav Amsinck. Ein Ham- Lewisohn danach unzählige wohl- burger Großkaufmann in New York tätige Projekte mit Millionenbe- Band 12: Henry P. Newman. Ham- Adolph Lewisohn trägen: für Waisen und Gefäng- burger Großkaufmann und Mäzen nisinsassen, in der Bildung und in der Wissenschaft – in New York Band 13: Adolph Lewisohn. Kupfer- und in seiner alten Heimatstadt. magnat im „Goldenen Zeitalter“ Zeitalter“ im „Goldenen Lewisohn: Kupfermagnat Adolph Kupfermagnat im „Goldenen Zeitalter“ HWS_Beit_engl_23.8.12.qxd 23.08.2012 21:20 Uhr Seite 147 HWS_Lewisohn_4.5.13_KORR.qxd 04.05.2013 13:26 Uhr Seite 1

Adolph Lewisohn

Kupfermagnat im „Goldenen Zeitalter“

von Henning Albrecht HWS_Lewisohn_4.5.13_KORR.qxd 04.05.2013 13:26 Uhr Seite 2

Mäzene für Wissenschaft

hg. von Ekkehard Nümann

Gefördert von der Böttcher-Stiftung

Gefördert von ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Den Familien gewidmet, die durch ihre hochherzigen Stiftungen vor 106 Jahren die Gründung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung ermöglicht und den Grundstein dafür gelegt haben, dass die Stiftung auch heute noch Forschung, Lehre und Bildung fördern kann.

Inhalt

Vorwort des Herausgebers ...... S. 3 1. Quellenlage ...... S. 4 2. Der Familien- und Firmengründer Georg Friedrich Vorwerk . . S. 6 3. Zur Kindheit und Jugend der Vorwerk-Brüder ...... S. 15 4. Eine Reise von Augustus Friedrich nach Nordamerika und Kuba ...... S. 23 5. Die Firmen in Chile und Hamburg ...... S. 28 6. Friedrich, Adolph und deren Ehefrauen in den Erinnerungen dreier Enkel ...... S. 44 7. „Villa Josepha“ und „Haupthaus“ ...... S. 54 8. Gustav Adolph als Bau- und Gartengestalter ...... S. 60 9. Entwicklungen nach dem Tod der Brüder ...... S. 67 10. Anhänge ...... S. 70 11. Literatur ...... S. 72 12. Namensregister ...... S. 74 HWS_Lewisohn_4.5.13_KORR.qxd 04.05.2013 13:26 Uhr Seite 3

Inhalt

Vorwort des Herausgebers ...... 4 Vorwort ...... 5 1. Prolog ...... 7 2. Jugend in Hamburg ...... 14 Schul- und Lehrzeit ...... 21 3. Adolph Lewisohn in New York – 1867 ...... 27 4. Kupfer ...... 38 Rotes Metall ...... 38 Elektrolyse ...... 45 Fusionen ...... 47 Secretans Syndikat ...... 51 Kupferkriege ...... 54 „An afternoons reflection“ – Adolph Lewisohns Geschäftsphilosophie ...... 65 5. Adolph Lewisohn privat ...... 73 Stellung zur Religion ...... 84 6. Gesellschaftliche und politische Aktivitäten ...... 93 7. Gefängnisreform ...... 98 8. Der Kunstsammler ...... 103 9. Adolph Lewisohn als Stifter ...... 110 10. Epilog ...... 127 11. Anhänge ...... 134 Stammtafel (Auszug) ...... 134 Adolph Lewisohns Lebensdaten im Überblick ...... 136 12. Quellen, Literatur und Bildnachweis ...... 137 13. Namensregister ...... 143

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Vorwort des Herausgebers

Im Jahr 2007 feierte die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung ihr 100- jähriges Jubiläum. Der vorliegende dreizehnte Band ist Teil der zu diesem Anlass ins Leben gerufenen Schriftenreihe „Mäzene für Wissenschaft“. In ihr wird die Geschichte der Stiftung dargestellt; außerdem werden Stifter- persönlichkeiten und Kuratoriumsmitglieder in Einzelbänden gewürdigt.

Die Absicht, diese Reihe herauszugeben, entspricht dem dankbaren Gefühl den Personen gegenüber, die vor mehr als 100 Jahren den Mut hatten, die Stiftung zur Förderung der Wissenschaften in Hamburg zu gründen und erreichten, dass Hamburg eine Universität erhielt. Verknüpft damit ist die Hoffnung und Erwartung, dass nachfolgende Generationen sich hieran ein Beispiel nehmen mögen.

Ekkehard Nümann

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Vorwort

Das neue Jahrhundert hatte kaum begonnen, als sich 1901 der allseits geschätzte deutsche Bankier und Wirtschaftsfachmann Ludwig Max Goldberger (1848‒1913) auf den Weg machte, um in den Vereinigten Staaten das dortige Wirtschaftsleben und vor allem das Trust-Wesen zu studieren. Durchaus vorstellbar, dass er bei die- ser Gelegenheit auch mit seinem Altersgenossen Adolph Lewisohn, dem dieser so überaus informative Lebensabriss gewidmet ist, zusammentraf. Am Ende der Studienreise in New York nach seinen Eindrücken befragt, konsta- tierte Goldberger lapidar: „Die Vereinigten Staaten sind das Land der unbegrenz- ten Möglichkeiten“ – nachzulesen in der New Yorker Staats-Zeitung vom 3. Juni 1902, Nr. 132. Mit dieser Bewunderung und zugleich aber auch Besorgnis ausdrü- ckenden Charakterisierung der aufstrebenden Wirtschaftsmacht USA war ein „ge- flügeltes“ Wort geboren, das bis heute nichts von seiner suggestiven Kraft eingebüßt hat. Spätestens seit Goldberger 1903 seine Amerika-Erlebnisse, seine Eindrücke und Zukunftsvisionen in Buchform herausgebracht hat, sprechen wir wie selbstver- ständlich von den Vereinigten Staaten als dem „Land der unbegrenzten Möglich- keiten“. Wie stark diese Amerika-Faszination auch heute noch wirkt, kann man an dem Buchtitel von Wolf von Lojewski ablesen „Amerika. Ein Traum vom neuen Leben“, erschienen 1991. Einen solchen Traum hatte auch der junge Adolph Lewisohn, Spross einer altein- gesessenen jüdischen Kaufmannsfamilie in Hamburg. Sein Sehnsuchtsort hieß New York. Dorthin brach er gerade 18-jährig 1867 hoffnungsfroh auf, zu einem großen Schmelztiegel, in den Menschen aus aller Herren Länder zusammenström- ten und sich eine neue, bessere Zukunft als in ihren Heimatländern erhofften. Hier, auf , suchte er sein Glück, und hier fand er es. Er startete zunächst in der Filiale der väterlichen Firma, die mit vielerlei Rohmaterialien zur Herstel- lung von Bürsten, Pinseln und anderen Produkten handelte, nicht ahnend, wel- che glänzende Karriere ihm in geschäftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht in der Neuen Welt bevorstehen sollte. Sein Erlebnishunger, sein Pioniergeist und sein klu- ges Verhalten in allen geschäftlichen Dingen beflügelten ihn und ermöglichten ihm das schnelle Heraustreten aus der Enge der Hamburger Verhältnisse. Der märchenhafte Aufstieg von einem kleinen Händler ohne großen Glanz zu ei- nem der führenden Kupferproduzenten der Welt, die allmählich einsetzende ge-

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sellschaftliche Anerkennung, sein soziales Verantwortungsgefühl, sein privater Le- bensstil, all das wird von Henning Albrecht auf der Basis gründlichen Quellen- studiums anschaulich geschildert. Der Autor entfaltet ein farbenreiches Lebenspa- norama Lewisohns von den frühen Kindheitstagen bis zu seinem Tod 1938, einge- bunden in den größeren Entwicklungsrahmen der ganzen Epoche. Die Biographie, mit der Adolph Lewisohn so eindrucksvoll der Vergessenheit entrissen wird, bietet darüber hinaus aufschlussreiche Einblicke in das amerikanische Leben und vor allem Wirtschaftsleben in den Jahrzehnten vor und nach 1900. Adolph Lewisohn blieb ein Leben lang seiner Heimatstadt herzlich verbunden. Seine Anhänglichkeit wird unter anderem bezeugt durch viele Familienbesuche in der Stadt seiner Herkunft, wobei Hamburg immer wieder von seiner Genero- sität profitierte. Am nachdrücklichsten vielleicht anlässlich der Gründung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung. Mit seinem Beitrag zählte er zu den großzügigsten Geldgebern. Von den vorbildlichen und vielfältigen Unterstützun- gen, die Lewisohn in der neuen Heimat Amerika auf den Feldern von Kunst, Bil- dung, Wissenschaft und Wohlfahrt geleistet hat, soll hier nicht gesprochen werden. Die Stoßrichtung der mäzenatischen Förderung, die Adolph Lewisohn während seines langen Lebens verfolgte, verbindet ihn mit einem Hamburger Mäzen unse- rer Tage: mit Johann Max Böttcher, geboren 1920, der nach dem 2. Weltkrieg mit Einfallsreichtum und Tatkraft ein ansehnliches Immobilien-Imperium aufgebaut hat. Mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau rief der Ingenieur und Kaufmann 1980 die Böttcher-Stiftung ins Leben, deren Zweck es ist, Wissenschaft, Kultur, Volksbildung und Erziehung ebenso zu fördern wie Ökologie, Umwelt-, Tier- und Pflanzenschutz. Ein besonderes Herzensanliegen bedeutet es für Johann Max Bött- cher, anerkennende Preise für besondere Leistungen einzelner oder Gruppen von Menschen zu vergeben. So mag die Übernahme der Druckkosten dieser Publika- tion durch die Böttcher-Stiftung als besonders passend empfunden werden, für die die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung außerordentlich dankbar ist. Erneut zeigt sich, wie die Hamburger Stiftungstradition im Großen wie im Kleinen un- gebrochen bis zum heutigen Tag fortlebt. Allen aktuellen wirtschaftlichen Krisen zum Trotz. Ein weiterer schöner Beleg für die noble Haltung des Hamburger Stiftungswesens ist die Tatsache, dass auch die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius tatkräf- tig zum Gelingen des Projektes Lewisohn beigetragen hat. Der Dank der Leser ist ihr gewiss.

Wilhelm Hornbostel

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Prolog

Als Samuel Lewisohn im August 1867 sei- noch gewaltigeren geschäftlichen Erfolg ste- nen achtzehnjährigen Sohn zum Schiffsan- hen und noch größere Gaben an die Allge- leger an der Elbe begleitete, war ihm unwohl meinheit; Namen von Industriellen, die zu zumute. Er war sehr aufgeregt. Zu seinem Symbolfiguren des beispiellosen wirtschaft- Sohn sagte er, es sei nur natürlich, wenn er lichen Aufstiegs der Vereinigten Staaten ge- es auch sei. Doch dieser empfand nichts der- worden sind und für den tief greifenden gleichen. Und als sein Vater sagte, er werde Wandel der Geschäftsstruktur im letzten nicht weinen, wenn er, Adolph, es auch Drittel des 19. Jahrhunderts – den Aufstieg nicht tue, horchte dieser in sich hinein, und des „Big Business“. stellte betroffen fest, dass er sich nicht ein- ··································································· mal zu Tränen zwingen konnte. Nichts Der revolutionäre Fortschritt in der Trans- fühlte er als die Aufregung am Beginn einer port- und Kommunikationstechnologie, die weiten Reise – und die Hoffnung auf grö- Entstehung der größten Öl- und Stahlin- ßere Unabhängigkeit vom elterlichen Haus. dustrie der Welt und die Elektrifizierung Sein Vater hingegen war in großer Sorge: waren die Grundpfeiler für den Aufbau der Ließ er doch seinen jüngsten Sohn aus ers- neuen und überwältigend leistungsfähigen ter Ehe in ein Sündenbabel ziehen und den US-Industrie, die bereits um 1900 eben so Hort eines neuen, liberalen Judentums: viele Güter produzierte wie die drei führen- nach New York.1 den europäischen Industriemächte, Groß- ··································································· britannien, Deutschland und Frankreich, Dies ist die erste Lebensskizze von Adolph zusammen – ein Drittel der Weltproduk- Lewisohn, einen Hamburger Juden und tion.2 Knapp 35 Jahre zuvor konnte man deutsch-amerikanischen Unternehmer, der nicht sicher sein, ob sich die jungen USA in der Neuen Welt als Kupferindustrieller nicht in einem Bürgerkrieg zerfleischen ein beeindruckendes Vermögen erwirtschaf- würden. tete, in die Finanzaristokratie der Ostküste ··································································· aufstieg und zu einem bedeutenden Philan- Namhafte Großfirmen, die diesen Prozess thropen und Stifter wurde. verkörperten, entstanden im letzten Drittel ··································································· des 19. Jahrhunderts, darunter noch heute Bislang steht der Name Lewisohn in zwei- bekannte Konzerne wie American Tobacco, ter Reihe, hinter solchen wie Rockefeller, General Electric, Ford, Eastman Kodak (Fo- Carnegie oder Morgan – Namen, die für tographie), American Telephone & Tele-

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graph (AT&T), International Harvester, Morgan Andrew Carnegies Steel Company Pullman (Eisenbahnwagen), Philip Armour für 447 Millionen Dollar. 1904 organisierte (Fleischkonserven) und Singer (Nähmaschi- Morgan die Steel Corpora- nen) oder John D. Rockefellers Standard tion: einen Trust mit einem Kapital von 1,4 Oil Company (später und ) Milliarden Dollar – das mit weitem Abstand mit ihrem Quasi-Monopol im Petroleumge- größte Wirtschaftsunternehmen der Welt, schäft. das 60 Prozent des US-Stahlmarkts kontrol- ··································································· lierte.5 Das Wirken der Industriellen dieser Grün- ··································································· derzeit, ihre Initiative und ihr Kapitaleinsatz Kritiker warfen diesen Großgesellschaf- brachten dem Gemeinwesen gewaltige Fort- ten und Kartellen vor, sich auf Kosten des schritte. Die Riesenbeträge ihrer Investitio- Gemeinwesens zu bereichern, indem sie nen und die unerhörte Schärfe des Wettbe- durch Ausschaltung der Konkurrenz die werbs verlangten unermüdlichen persönli- Preise künstlich hochhielten: Karikaturen chen Einsatz, erstklassiges Management und zeigen den Verbraucher, umschwommen harte Ellenbogen. Bei einigen Unterneh- von Haien mit Zylinderhüten, oder als mi- mern förderte dies die Bereitschaft, die Ren- ckrigen Hänfling, umstellt von den „dicken dite durch fragwürdige Manöver zu sichern. Jungs“, den Monopolen, Kartellen und Insbesondere „Eisenbahnfürsten“ wie James Trusts, die ihn mit Bällen bewerfen.6 Auf an- J. Hill, Edward H. Harriman, Collis P. Hun- deren ist zu sehen, wie sich Geldsäcke im tington, Thomas A. Scott, Jay Cooke, Hen- US-Senat breit machen, wie also das Geld ry Villard oder waren auf die politische Macht übergreift und eine viel kritisierte Personen, vor allem aber Spe- Tyrannei des Reichtums droht. Dass Fragen kulanten wie Daniel Drew, Jim Fisk und Jay laut wurden, wer eigentlich das Gemeinwe- Gould. „Railroading through“ wurde im sen lenke, war nicht verwunderlich, wurde Amerikanischen ein Ausdruck für rück- doch etwa J. P. Morgan um die Jahrhundert- sichtsloses Vorgehen.3 Durch Aufkauf und wende vorgeworfen, direkt oder indirekt Fusion verschwanden allein im Jahr 1880 115 746 Direktorenposten in 134 Gesellschaften Eisenbahngesellschaften, um die Jahrhun- zu kontrollieren und durch sie ein Kapital dertwende hatte ein Drittel der Wettbewer- im Wert von 24 Milliarden Dollar – 25 mal ber die anderen zwei Drittel absorbiert. 1904 mehr als die jährlichen Staatseinnahmen der kontrollierten schließlich ganze sechs Fi- USA.7 nanzgruppen 95 Prozent des Eisenbahnnet- ··································································· zes. In ihnen waren über tausend ursprüng- Der gewaltige Umbruch im Wirtschaftsle- lich selbstständige Gesellschaften zusam- ben der USA wurde von zeitgenössischen mengebracht worden.4 Kritikern an den Gesichtern einiger indus- ··································································· triellen Führungspersönlichkeiten festge- Auch in anderen Bereichen durchlief eine macht: Böse Zungen haben manche dieser beispiellose Fusions- und Übernahmewelle Männer Robber Barons genannt, „Raubrit- in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhun- ter“, was einige Historiker später übernom- derts die amerikanische Wirtschaft und men haben. Inwieweit diese Männer und schuf Großkonzerne. 1901 übernahm J. P. ihre Unternehmen zum beispiellosen Auf-

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[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Adolph Lewisohn (1849‒1938)

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stieg der amerikanischen Volkswirtschaft seinen Koffer selber trug und er damit ge- und zum Aufbau der Nation beigetragen gen die Sabbatgesetze verstieß. Birmingham haben, oder inwieweit die Entwicklung der will so den streng religiösen Charakter des amerikanischen Gesellschaft durch die Herr- Vaters hervorheben – und noch mehrfach schaft der Großkonzerne belastet wurde,8 ist erdichtet er Ohrfeigen des Vaters, vor denen als stark ideologisch gefärbte Debatte in die Adolph allein seine Brille Schutz geboten Geschichte der US-Historiographie einge- haben soll.9 Nicht nur, dass es für eine solch gangen, die im Kern um die Frage kreiste, handgreifliche Autorität des Vaters keinerlei ob der Nutzen des Kapitalismus seine Schat- Belege gibt: Zum Zeitpunkt von Adolphs tenseiten überwiegt. Besuch war er bereits seit Monaten tot.10 So ··································································· zeichnet Birmingham ein scheinbar farbiges Der Name Lewisohn wird zu Recht nicht Bild seiner Figuren, für das es keine Grund- genannt, wenn gegen die Robber Barons po- lage in den Quellen gibt.11 lemisiert wird: Zwar gingen auch die von ··································································· Lewisohn aufgebauten Unternehmen um Als Material für die hier vorgelegte Be- die Jahrhundertwende in einem gewaltigen schreibung des Lebens von Adolph Lewi- Kupfer-Trust auf, federführend waren hier- sohn diente unter anderem dessen unveröf- bei jedoch andere Akteure. fentlichte Autobiographie, die er um 1930 ··································································· diktiert hat.12 Sie weist naturgemäß blinde Bislang sind Einzelheiten über Lewisohns Flecken auf. Auskunft über sein privates Le- Leben vor allem durch ein Buch bekannt, ben, etwa die von ihm gegründete Familie, das Stephen Birmingham in den sechziger bietet dieses Dokument kaum. Auch die Jahren über die deutsch-jüdische Ober- Rolle, die Lewisohn und sein Bruder bei den schicht in New York geschrieben hat. „Our Fusionen im Kupfergeschäft um 1900 spiel- Crowd“ wurde 1967 ein internationaler ten, wird sich nur unter Benutzung von US- Bestseller, der 47 Wochen auf der entspre- Archiven rekonstruieren lassen. Diese konn- chenden Liste der „New York Times“ stand, ten allerdings im Rahmen der Arbeiten an 21 Wochen auf Platz eins; die deutsche dieser ersten Lebensskizze nicht besucht Übersetzung erschien unter dem Titel „In werden. unseren Kreisen“. Mit der Wahrheit hat es ··································································· Birmingham, dessen Buch weithin als Klas- Adolph Lewisohn hat seine Erinnerungen siker gilt, allerdings in Bezug auf Lewisohn allein auf sein Gedächtnis gestützt diktiert, (und wahrscheinlich auch darüber hinaus) nicht unter Rückgriff auf ein Tagebuch (das nicht allzu genau genommen. Nicht nur hat er nach eigener Auskunft auch nie geführt er erstaunliche Mengen schmückender De- hat) oder auf Literatur. Er erhebt auch nicht tails seiner Beschreibung frei erfunden: Um den Anspruch, eine „Autobiographie“ zu des dramatischen Effekts willen hält er sich hinterlassen – eine Textform, von der er oh- nicht einmal an das grobe Gerüst der Fak- nehin annimmt, dass sie allzu leicht ins Fik- ten. So schildert er, wie Adolph Lewisohn, tionale hinüber gleite;13 eine literarische als er zum ersten Mal von Amerika aus Überarbeitung für eine etwaige Veröffentli- Hamburg besuchte, von seinem Vater mit chung hat er abgelehnt.14 Zugrunde lag sei- einer Ohrfeige empfangen wurde, weil er nem Entschluss, Erinnerungen zu hinterlas-

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sen, anscheinend vor allem der Wunsch, ten Bürger:15 „He has given princely sums to vom eigenen, als glücklich empfundenen education and to public service and he has Leben zu berichten, von seiner Arbeit als confined his giving by no means to the in- Geschäftsmann, vom Aufbau seines Wohl- stitutions of his race (…). No man of Ame- stands sowie dessen Einsatz zu bürgerschaft- rica has rendered more important aid than lichen und wohltätigen Zwecken. he to improve the conditions of unfortuna- ··································································· tes in prison and secure employment for Und doch erlaubt das vorhandene Material them after regaining their freedom (…). ein erstes Porträt dieses ungewöhnlichen Chief Justice Taft once said of him: ‚The Mannes, den manche „New York’s most use- country is the better for Adolph Lewisohn’s ful citizen“ nannten, New Yorks wertvolls- coming.‘“16

·············································································································································· 1 Lewisohn, Citizenship, S. 57 f. 2 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 127. Allgemein hierzu Porter, Rise. 3 Sautter, Geschichte, S. 247 f. 4 Ebd., S. 248 und 290 f.; Adams, USA vor 1900, S. 107. 5 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 164 f.; Sautter, Geschichte, S. 249. 6 McNeese, Robber Barons, Illustration des Umschlags und S. 79. 7 Myers, Vermögen, S. 745; in den 1870er Jahren umfassten alle öffentlichen Haushalte der USA nur etwa vier Prozent des Bruttosozialprodukts der USA, Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 176. 8 Porter, Rise, S. 4 ff.; Sautter, Geschichte, S. 249 f. 9 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 210, 211 f. und 216 f. 10 Citizenship, S. 72. 11 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 211 f. 12 Citizenship, S. 65 und 211 f. – Das verwendete Exemplar der Autobiographie lag in englischer Sprache vor – in der es wahrscheinlich auch diktiert wurde, wovon etwa die zahlreichen Schreibfehler bei deutschen Ortsnamen zeugen. Zur Verfügung gestellt wurde es dankenswerterweise von John L. Loeb jr., einem Nachfahren von Lewi- sohns Tochter Adele. Nach Abschluss der Arbeiten wurde es der Bibliothek des Instituts für die Geschichte der deut- schen Juden, Hamburg, übergeben. 13 Ebd., S. viii. 14 „I feel that (…) this story will be of value only if it is just in my own words“, ebd., S. ix 15 Art. Lewisohn, Adolph, S. 428: „While he was actively identified with these important business enterprises he was equally interested in civic, cultural and humanitarian affairs, and he was often referred to as ‚New York’s most useful citizen‘.“ 16 McCall, Patriotism, S. 188 f. ··············································································································································

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Hamburg aus der Vogelschau (1849)

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Jugend in Hamburg

Geboren wurde Adolph Lewisohn in stür- die grundlegende Veränderung auch in mischen Zeiten, am 27. Mai 1849. Da ging Deutschland spürbar. Die Industrialisierung die bürgerliche Revolution in Deutschland sollte in den folgenden Jahrzehnten Gesell- gerade in ihre letzte Phase. Nur drei Tage schaft und Leben, die Arbeitswelt und das später sollte das erste, frei gewählte gesamt- Gesicht der Städte von Grund auf verän- deutsche Parlament, die Frankfurter Natio- dern. Und sie brachte enorme Aufstiegs- nalversammlung, seine letzte Sitzung in der chancen mit sich für jene, die die Möglich- Paulskirche abhalten, und nur wenige Wo- keiten erkannten – und über die Mittel chen später wurde das verbliebene Rumpf- verfügten, sie zu nutzen. parlament in Stuttgart von württembergi- ··································································· schen Truppen auseinander getrieben. Ende Adolphs Geburtstag war der 27. Mai. Für Juli kapitulieren die letzten bewaffneten Re- Familie Lewisohn war dies jedoch der erste volutionäre in der Festung Rastatt. Die Re- Tag von Schawuot, des Festes, an dem man volution war niedergeschlagen, und auch in Gottes Offenbarung am Berg Sinai feierte, Hamburg beerdigten am 17. August 1849 und an dem Moses ein zweites Mal die Tora – preußische Besatzungstruppen die letzten die Zehn Gebote – empfing.17 Die Lewisohns Hoffnungen auf die Umsetzung der neuen gehörten zu den schätzungsweise 11.000 Ju- Verfassung. Lewisohns Kindheit war umge- den, die um 1850 in der Stadt lebten.18 Sie ben von der politischen Totenruhe der Re- waren Leviten, und der in der Gemeinde ver- aktion. In seinen Jugendjahren erlebte er wendete Name des Neugeborenen war „Ab- dann die „deutschen Einigungskriege“ ge- raham, Sohn Samuels des Leviten“. „Adolph“ gen Dänemark 1864 und Österreich 1866. hingegen war sein bürgerlicher, im Alltag Als 1870/71 der Krieg gegen Frankreich zur gebräuchlicher, „christlicher“ Vorname. Gründung des Kaiserreichs führte, war er ··································································· schon nicht mehr in Deutschland. Adolphs Vater, Samuel (Schmuel) Lewi- ··································································· sohn,19 war Kaufmann. Mit gutem Erfolg Noch viel mehr war Lewisohn aber das handelte er Rohmaterialien wie Wolle, Bors- Kind einer anderen Umwälzung: der Indus- ten, Ross- und Menschenhaar, Federkiele, triellen Revolution. Von aus hatte Daunen, Bett- und Straußenfedern. Bors- sich das Zeitalter der Dampfmaschinen vom ten, die robusten Haare von Haus- und Beginn des Jahrhunderts an über Europa Wildschweinen, fanden Verwendung bei verbreitet, und seit den 1850er Jahren war der Herstellung von Pinseln und Bürsten;

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Federkiele dienten zum Schreiben; aus ··································································· Menschenhaaren fertigte man Perücken; Am 7. September 1836 heiratete Samuel und Straußenfedern waren ein begehrter Lewisohn die vierundzwanzigjährige Julie Schmuck bei den Damen. (Guta) Nathan aus Braunschweig, die Toch- ··································································· ter von Israel Nathan und Nannette, geb. Lewisohns Vorfahren waren 1609 von Cohn.31 Adolph war das jüngste von sieben Holland nach Deutschland gekommen, Kindern, die dieser Ehe entstammten. Frie- und seit 1740 befand sich die Hamburger derike (geb. 1838) war seine älteste Schwes- Firma im Besitz der Familie.20 Samuels Va- ter, die jüngeren hießen Louise (1840), Selly ter, Lion (auch Lyon oder Leonard, hebr. Jo- (1841) und Henriette (1844); der älteste Sohn shua21) Phi(l)lip Lewisohn, der um 1783 ge- war Julius (1843), gefolgt von Leonhard boren wurde,22 war verheiratet mit Fanny (1847) und Adolph.32 Um die Kinder küm- Haarbleicher (1786–1857),23 der Tochter von merte sich eine Amme, die im Haus blieb, Raphael Samuel Haarbleicher, einem der bis Adolph dreizehn Jahre alt war. Gerührt Kultusvorsteher der Israelitischen Gemein- gedachte noch der Achtzigjährige der star- de,24 und von dessen Frau Sara(h), die aus ken Bindung und der großen Nähe, die er einer Familie Londoner Juden stammte und zu dieser Frau entwickelte.33 ihrerseits die Tochter von Salomon Gold- ··································································· smith und seiner Frau Blume, geb. v. Mil- Adolphs Mutter starb bereits mit 34 Jah- lingen war.25 Die Lewisohns waren nicht ren, am 26. Januar 1856. Ihr Tod hat sich nur erfolgreiche Kaufleute, sondern auch dem Gedächtnis des sechsjährigen Sohnes mit Familien verwandt, die für das Leben eingebrannt und sein weiteres Leben mit be- der Hamburger Gemeinde wichtige Funk- stimmt. Noch siebzig Jahre später erinnerte tionen inne hatten. er sich genau an jenen Sonnabend Nachmit- ··································································· tag, an dem seine Mutter Besuch empfing. Fannys und Lyons ältester Sohn, Samuel Getränke wurden gereicht, Adolph saß ge- (Adolphs Vater), wurde am 16. Juli 1809 ge- meinsam mit einem seiner Brüder in einem boren.26 Und er sollte zahlreiche Geschwis- alten Sessel, als seine Mutter sagte, ihr sei ein ter bekommen. Seine jüngeren Brüder Neu- wenig schwindelig – und als sie, obwohl sie mann (geboren 1811) und Sally (1812) waren eben noch bester Gesundheit schien, nur in ähnlichem Alter.27 Während aber Samuel wenige Momente später starb. Der grau- und Sally und selbst noch deren Söhne spä- same Schlag aus dem Nichts prägte sich dem ter in der väterlichen Firma geschäftlich eng kleinen Jungen tief ein. Von seiner Mutter verbunden blieben,28 bestanden zu Neu- blieben ihm nur wenige Erinnerungen.34 mann und dessen Nachkommen, etwa sei- ··································································· nem Sohn und Nachfolger Leopold, keine Adolph wurde für einige Wochen zur Fa- geschäftlichen Beziehungen.29 Lion und milie eines Onkels gegeben. Das ganze Trau- Fanny bekamen noch auf Jahre hinaus regel- erjahr über, so bestimmte es sein Vater, mäßig Nachwuchs. Die jüngste bekannte musste er jeden Abend in die Synagoge ge- Tochter, Klara, wurde 1830 geboren, und als hen und den Kaddisch jatom hersagen.35 Lion im Jahr 1841 starb, waren noch sieben Drei Jahre darauf, 1860, heiratete Samuel unmündige Kinder am Leben.30 Lewisohn erneut,36 im Alter von 50 Jahren.

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Seine Braut war die 22jährige Pauline Jessel „Freischütz“ (der seit 1825 erschien) und die aus Hamburg, Tochter von Isaac Jessel und „Hamburger Nachrichten“ (seit 1849) abon- seiner Frau Henriette, einer geborenen La- niert, hinzu die „Fremdenliste“, die seit 1828 zarus.37 Aus dieser Ehe bekamen die Lewi- die Ankunft privat und geschäftlich Reisen- sohn-Kinder noch vier Halbbrüder, Philip der in den örtlichen Hotels ankündigte, und (geb. 1861), Raphael (1863–1923), Joseph die als einziges Blatt im Haus blieb, wo sie John (geb. 1864) und Nachmann Albert dann als Packpapier „und so weiter“ verwen- (1865–1911), von denen mindestens drei det wurde. Die „Fremdenliste“ war die be- (Philip, Albert und John) wie Adolph später vorzugte Lektüre von Adolph und seinem nach Amerika auswanderten.38 Bruder Leonhard, die begierig die Titel und ··································································· Verbindungen der Neuankömmlinge in den Samuel Lewisohn war vergleichsweise Hotels lasen und sich deren Besonderheiten wohlhabend. In Hamburg, so erinnerte sich ausmalten. Dass ein Kaufmann in der „Frem- sein Sohn später, sei er „der reiche Lewi- denliste“ am Ende der sozialen Skala stand, sohn“ genannt worden und habe großes An- die man dort überhaupt wahrnahm, hat sehen bei seinen Geschäftspartnern und in Adolph durchaus bemerkt.43 der Gemeinde genossen.39 Adolph Lewi- ··································································· sohn schildert sein Elternhaus als glücklich, Geprägt durch die Mutter, bewahrte sich in materieller Hinsicht war seine Jugend Samuel Lewisohn einen englischen Stil in sorglos. Das damalige Wohnhaus, mit der Kleidung, Benehmen und Haltung, so dass Rückseite an einem Fleet gelegen – entwe- er auf seinen zahlreiche Geschäftsreisen oft der am Herrengraben 30 oder in der Admi- als englishman angesehen wurde.45 Von sei- ralitätsstrasse 2140 – beschreibt er als geräu- nen Reisen durch die deutschen Staaten, mig und luftig, wenn es auch nicht hübsch Österreich, England, Frankreich, Spanien und ausgesprochen einfach gewesen sei, und Italien46 brachte er nicht nur Bücher ohne Gas- oder gar – eine Erfindung späte- mit, sondern auch zahlreiche Geschichten, rer Jahre – elektrisches Licht.41 aus London, Paris und den deutschen Kur- ··································································· orten. So trug er zur Bildung und zu einer Auch die Zeitung kam zu Lewisohns nur gewissen Weltläufigkeit seiner Kinder bei.47 leihweise ins Haus. Sie wurde zu einer be- 1848, so berichtet Adolph, sei Samuel auf stimmten Uhrzeit geliefert, blieb für ein dem Weg nach Paris gewesen, um eine aus- oder zwei Stunden, und wurde dann wieder stehende Zahlung einzufordern, als er vom abgeholt und zu einem nächsten Abonnen- Ausbruch der Revolution überrascht wurde. ten weiter getragen. Der kritische Ton des Trotz der Mahnung Mitreisender umzukeh- alten Lewisohn ist unüberhörbar, wenn er ren, ließ er sich nicht von seinem Vorhaben hierzu anmerkt, solche unnützen Mengen abbringen. Als ihm revolutionäre Barrika- an Abfall wie heutzutage – um 1930 – seien denkämpfer den Weg versperrten, habe damals nicht erzeugt worden, und doch sei Samuel Lewisohn sich laut als „Republi- genau so viel Zeitung gelesen und daraus ge- caine d’Hambourg“ bezeichnet und sei so lernt worden.42 glücklich an sein Ziel gelangt – Hamburg sei ··································································· als freie Stadt angesehen worden.48 Die Lewisohns hatten den demokratischen ···································································

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In der Hamburger Gemeinde bewunderte the righteousness and honor of their lives man an Samuel Lewisohn, wie er seine Ge- and dealings, their kindness of heart and spi- schäftsangelegenheiten in Einklang mit den rit, their benevolence and good deeds, filled religiösen Vorschriften handhabte. Auch auf me with respect and goodwill towards the Reisen beachtete er streng die Speisevor- orthodoxy, but, personally, in my innermost schriften, selbst unter widrigsten Bedingun- heart and soul, I could not believe in it. Such gen, wie 1856, als man ihn während des service as I rendered man was inspired only Krimkriegs in Russland für einen englischen by a sense of duty and not by my spontane- Spion hielt und internierte.49 ous natural impulse.“53 Adolph Lewisohn ··································································· beschrieb seinen Stammbaum väterlicher- Die Lewisohns gehörten zu der strenggläu- seits als eine ununterbrochene Linie from- bigen Fraktion der Hamburger Juden – die mer, gottesfürchtiger Juden, in der nur er selbst im internationalen Vergleich als recht selbst eine Ausnahme bildete („with the ex- konservativ gelten konnte. Als 1887 ein in ception of myself, of the strictest orthodoxy (USA) verstorbener Jude in seinem in the matter of old traditional ritualistic Testament die Anfertigung eines Tora- customs“).54 schmucks bestimmte, den „die orthodoxeste ··································································· Gemeinde und die frömmste Synagoge“ in Adolph Lewisohns Vater stellte seine Re- Europa erhalten sollte, gab ihn der Testa- ligion und die Befolgung ihrer Gebote über mentsvollstrecker, Oberrabbiner Adler in alles andere.55 Als seine Söhne später in New London, 1889 an die Kohlhöfensynagoge in York einen Posten Schweineschmalz erwor- Hamburg. Mochten auch verwandtschaftli- ben hatten, um ihn nach Hamburg zu ex- che Beziehungen bei der Auswahl eine Rolle portieren, gab ihnen ihr Vater postwendend gespielt haben, so sagt dies doch auch etwas die Anweisung, diesen sofort wieder zu ver- über den Geist der ausgewählten Institution kaufen: ER werde damit keinen Handel trei- und dessen Fortwirken.50 ben. (Schweineborsten standen auf einem ··································································· anderen Blatt, denn die waren nicht essbar.) Es war Adolphs Vater, Samuel, der über die Und als das Gerücht zu ihm drang, seine strikte Einhaltung der religiösen Vorschrif- Söhne planten, das New Yorker Büro am ten wachte, und er war es, der die religiöse Sonnabend zu öffnen, drohte er ihnen gar, Praxis im Haus bestimmte, nicht die Mut- die Filiale zu schließen – dabei war das Ge- ter, die aus einer reformjüdischen Familie rücht unbegründet. Für ihn kam die Reli- stammte.51 Die religiöse Hingabe des Vaters gion an erster Stelle, dann erst folgte das Ge- war ein dominierender Faktor in Adolphs schäft.56 Kindheit und Jugend. Jede Stunde zu Hau- ··································································· se, in der Schule oder auf Reisen war davon Samuel Lewisohn war ein scharfer Gegner beeinflusst:52 „[M]y father and my uncle des Reformjudentums. Er mied den „Tem- were firm and honest believers in the faith pel“, wie die Hamburger Reformer ihr Ge- of their fathers and were loyally rigid in their betshaus nannten, obwohl die Versammlun- observance of every form, every ritual, every gen dort, wie Adolph Lewisohn als Achtzig- rule of their lives and action laid down in the jähriger rückblickend bemerkte, deutlich Old Testament and Talmud. Their sincerity, konservativer waren als jene „uptown“ New

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Die neue Hamburger Gemeinde-Synagoge an den Kohlhöfen

York. Keine Einwände hingegen hatte Sa- Peterstraße.58 Dort saßen Männer und Frau- muel Lewisohn, wenn seine Kinder zu Mu- en noch streng voneinander getrennt, tru- sikveranstaltungen in christlichen Kirchen gen die Männer Hüte, und Gesang kam le- gingen.57 diglich in Form der Torakantillationen vor, ··································································· also der melodiösen Intonation des Toratex- Die Lewisohns besuchten eine orthodoxe tes durch den Vorleser. Instrumentalbeglei- Synagoge, wahrscheinlich die Räume der tung, etwa durch eine Orgel, oder Chorge- Alten und Neuen Klaus Vereinigung in der sang waren in orthodoxen Synagogen nicht

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erlaubt. Eine Ausnahme wurde 1859 ge- wachender Löwe“. Der achtzigjährige Adolph macht, als man die Eröffnung der neuen Lewisohn erinnerte sich, nicht an jedem Gemeinde-Synagoge an den Kohlhöfen fei- Morgen sei die Jugend zu solchem Tun be- erte. Bei dieser Gelegenheit sang Adolph Le- reit gewesen.65 wisohn im Chor.59 ··································································· ··································································· Samuel Lewisohn erwartete, dass seine Dieser Bruch der Tradition begründete al- Kinder ihre Sabbat-Gebete in der Synagoge lerdings keinen dauerhaften Wandel in der verrichteten – jene langen Gebete, die sich Gestaltung der Gottesdienste. Nur der Chor seit Jahrhunderten wenig verändert hatten. hatte Bestand, wenn er auch umstritten Der alte Adolph Lewisohn erinnert sich da- blieb. Die 16 Knaben, die ihm angehörten, ran, wie er einen Gutteil der Zeit träumend erhielten monatlich je eine Belohnung von verbrachte, gedanklich weit weg von den 10 (!) Mark.60 Nach Adolphs Erinnerung umgebenden Dingen.66 Doch trotz aufkei- waren es sein Onkel Sally61 und der Textil- mender Zweifel fügte er sich in die religiöse großhändler Simon May62 (aus der bekann- Praxis seines Vaterhauses, dem Vater zu wil- ten Registratoren-Familie der Deutsch-Is- len. Anlässlich seiner Bar-Mizwa erwartete raelitischen Gemeinde Hamburgs), die den er und erhielt eine kleine goldene Taschen- Chorgesang im Gottesdienst der (neu-)or- uhr an einer Goldkette.67 thodoxen Synagoge dauerhaft durchsetzten ··································································· – wenn er auch weiterhin nicht mehrstim- Religiöse Vorschriften bestimmten das mig zur Aufführung kam.63 Extremere Or- Leben im Hause Lewisohn.68 Besonders ein- thodoxe allerdings, Altorthodoxe strikter geprägt hat sich Adolph Lewisohn die Sab- Observanz, mieden auch weiterhin Gottes- battreue seines Vaters. Von Sonnenunter- dienste, in denen nach neumodischer Art gang am Freitag bis zum Sonnenuntergang gesungen wurde, und besuchten lieber jene des nächsten Tages ruhte jede Arbeit. Erst kleinen, zum Teil privaten Bethäuser der dann wurde sie wieder aufgenommen und Stadt, in denen lediglich im alten Stil sin- zu diesem Zweck die heimische Wohnung, gend rezitiert wurde.64 die sich neben dem Lagerhaus befand, in ··································································· eine Art Büro verwandelt, in das die Ange- Samuel Lewisohn besuchte eine der Ham- stellten kamen, um Geschäftsangelegenhei- burger Synagogen an jedem Tag, an dem er ten zu besprechen.69 Nicht nur die Arbeit, in der Stadt war, im Sommer um sechs, im auch jede andere Beschäftigung und das Winter um sieben Uhr morgens. Und von Spiel der Kinder hatten in dieser Zeit zu ru- seinen Kindern erwartete er, dass sie ebenso hen. Samuel Lewisohn achtete streng da- handelten. Mindestens aber sollten sie die rauf, am Sabbat keinerlei Gegenstand selbst Synagoge am Montag und am Donnerstag zu tragen – etwas, das als Arbeit (Melacha) besuchen. Und an jedem Ersten des Monats galt und damit an diesem Tag untersagt war. („new moon“). Natürlich auch am Freitag- Extrem orthodoxe Juden banden sich sogar abend und Sonnabend. Und selbstverständ- ihr Taschentuch außen an den Ärmel, denn lich an Feiertagen. Gern warf er dazu mor- so wurde es zum Teil der Kleidung und gens seine Kinder aus dem Bett mit den musste nicht getragen werden. Samuel etwa Worten, man solle sich erheben „wie ein er- legte seinen Hausschlüssel am Sabbat außen

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an der Tür ab, damit er ihn nicht mit sich Nachbarn auch, die am Freitag vorgekoch- tragen musste, er aber auch nicht gezwun- ten Speisen in einem Gemeinschaftsofen bis gen war, bei der Heimkehr zu klingeln.70 zum Samstag warm, und ließ sie sich von ei- Der traditionelle Besuchstag bei der Groß- nem christlichen Sabbat-Diener ins Haus mutter war Sonnabend, und da es nicht er- bringen (denn selbst tragen durfte man sie laubt war, am Sabbat die Bahn zu benutzen, ja nicht).73 lief die Familie den Weg zu Fuß, obwohl ··································································· Nanette Nathan (die Mutter von Adolphs Feiertage wurden (nach alter Tradition) Mutter) in einem Vorort Hamburgs wohn- zwei Tage lang begangen, wobei der erste te.71 Tag für genauso wichtig galt wie der zwei- ··································································· te.74 An Pessach kostete man bittere Kräuter Wurde im Hause Lewisohn allgemein und Süßes – Symbole für alles, was vom Le- ohne Luxus gespeist, so waren die Mahlzei- ben zu erwarten ist. Nach den Segenswün- ten am Sabbat anspruchsvoller. Die Küche schen und vor dem Essen teilte der Vater ein war streng koscher, d. h. den religiösen Vor- Afikoman, eine besondere Mazze, über die schriften für die Zubereitung und den Ge- der Vater seine Kinder ernst belehrte, sie nuss von Speisen entsprechend. Vor Beginn habe besondere Eigenschaften: So sollte sie der Mahlzeit segnete Samuel Lewisohn jedes etwa, in stürmische See geworfen, die Wo- seiner Kinder, indem er ihm die Hand auf gen beruhigen – er selbst habe dies mit Er- den Kopf legte. Die Männer wuschen sich folg versucht. Da selbst der achtzigjährige rituell die Hände und sprachen dabei die Adolph Lewisohn nicht annahm, sein Vater Worte Baruch ata Ado-naj, Elohenu Melech habe seinen Kindern eine Lüge aufgetischt, Ha’Olam, ascher kideschanu bemizwotaw, schließt er trocken auf Zufall. Wahrschein- weziwanu al netilat jadajim („Gesegnet sei- lich aber habe Samuel Lewisohn mit seiner est Du, G-TT [Ewiger], König des Univer- Erzählung vor allem beabsichtigt, seine Kin- sums, der uns mit seinen Geboten [geheiligt der auf indirekte Weise dazu zu bewegen, zu und] befohlen hat, die Hände zu waschen“). glauben – so wie man etwa christlichen Kin- Danach wurde das Brot gesegnet mit den dern vom Weihnachtsmann erzähle.75 Worten Baruch ata Ado-naj, Elohenu Melech ··································································· Ha’Olam, Hamozi lechem min haarez („Ge- Bereits im Jahr nach dem Tod der Mutter segnet seiest Du, G-TT [Ewiger], König des hatte Adolphs älteste Schwester Friederike Universums, der Früchte aus der Erde her- geheiratet. Die traditionell ausgerichtete vorbringt“). Nach dem Essen wurden ge- Hochzeit fand im Haus ihres Onkels statt. sungen und das obligate Gebet, Birkat ha- Unter einem Baldachin tranken Braut und mason, gesprochen.72 Bräutigam Wein aus dem selben Glas, der ··································································· Bräutigam warf es auf den Boden und zer- Zwischen Freitagabend und Samstag- trat es; Männer und Jungen trugen Hüte, abend darf im Haus eines strenggläubigen Segenswünsche, Gebete und Gesänge folg- Juden kein Feuer angezündet werden. Im ten der Tradition; und während der Feier Winter ist davon die Heizung betroffen und ging ein Mann mit einem Kästchen umher über das ganze Jahr die Zubereitung warmer und sammelte für die Armen, indem er mit Speisen. Wahrscheinlich hielt man, wie die dem Wort Zedaka an das Wohltätigkeitsge-

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bot mahnte. Die Gaben waren reichlich, wie bensjahr besuchte er eine der zahlreichen es üblich war, mochte sonst auch strikt öko- Hamburger Privatschulen, an denen die nomisch gedacht und strenge Sparsamkeit Lehrer Christen waren und der Unterricht praktiziert werden.76 sich an der christlichen Religion orientierte. ··································································· Das brachte Adolph und seinen älteren Bru- An Feiertagen sandte der Vater Gaben an der Leonhard, der die gleiche Schule be- Bedürftige, vor allem an ältere Menschen suchte, in Schwierigkeiten, da ihr Vater den oder solche, die an der Synagoge oder un- Besuch des Unterrichts am Sonnabend, der terrichtend tätig waren. Oft reichte er zu dieser Zeit ein gewöhnlicher Schultag Adolph ein Goldstück in einem Umschlag, war, nicht gestattete.82 um es jemandem überbringen zu lassen. Der ··································································· Umschlag sollte dem Empfänger das Gefühl Als Adolph elf geworden war, also 1860, nehmen, Almosen anzunehmen. Viele die- wechselte er auf eine neue private Schule, ser Menschen waren orthodoxe Juden, die die zwar nicht exklusiv für Juden gedacht aus Osteuropa stammten, im langen Man- war, die aber an den jüdischen Religionsre- tel, mit Schläfenlocken und Bart.77 Auch geln orientiert war, und die sein Onkel Sally Adolphs Vater trug „natürlich“ einen Bart. und Simon May finanziell unterstützten. Es Den jedoch stutzte er nach englischer Mode war die im Sommer 1858 gegründete höhere – und entgegen dem wörtlichen Gebot.78 Bürgerschule von Dr. Placzek, die seit Ok- Auch ansonsten kleidete sich der Hambur- tober 1860 von Dr. Koref und Dr. Fels be- ger Kaufmann modern europäisch. trieben wurde und etwa bis 1870 bestand.83 ··································································· Als von wohlhabenden Orthodoxen getra- Oftmals kamen „polnische Juden“ auch gene Institution stand sie in einer gewissen zu Lewisohns ins Haus.79 Der Vater brachte Rivalität zur liberaleren Talmud Tora Bür- sie am Sabbat nach der Synagoge zum Essen gerschule.84 An ihr wurden alle herkömm- mit. So kam Adolph schon früh in Kontakt lichen Fächer unterrichtet, hinzu jedoch zu solchen Glaubensgenossen, von denen er Hebräisch sowie jüdische Religion und Li- viele als geistreiche und interessante Men- teratur. Als Lehrer, so entsinnt es Adolph schen erinnert, die viel über die jüdischen Lewisohn, habe das Direktorium ausgespro- Gesetze und den Talmud gewusst hätten.80 chen renommierte Männer gewonnen. Ei- Auch in New York hat er später angeblich nige seien später Rabbiner geworden, etwa Kontakt zu ärmeren Juden aus Osteuropa Dr. Solomon H. Sonnenschein, der zuvor gepflegt, und damit gegen die ungeschriebe- „resident teacher“ im Haus seines Onkels nen Gesetze der deutsch-jüdischen Ober- Sally gewesen war, und der dann in den schicht verstoßen, deren Teil er geworden USA in New York und St. Louis wirkte. In war.81 Hamburg sei Sonnenschein sehr orthodox ··································································· aufgetreten, in den USA allerdings zur libe- Schul- und Lehrzeit ralen Seite übergegangen.85 ··································································· ··································································· Bereits seit dem fünften Lebensjahr hatte Adolph Lewisohn nahm für sich in An- Adolph Lewisohn Unterricht in Hebräisch spruch, ein erfolgreicher Schüler gewesen zu erhalten. Vom sechsten bis zum elften Le- sein – außer in Sport.86 Noch der alte Mann

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lobte den anspruchsvollen und Routinen zahlreiche Einzelheiten aus dem Alltagsle- meidenden Unterricht an seiner neuen ben,90 die Lagerhäuser und Fleete, und wie Schule. Unterrichtet wurde von acht Uhr man selbst namhafte Kaufleute sichten morgens bis drei Uhr nachmittags, an man- konnte, die eiligen Schrittes zur Börse streb- chen Tagen bis vier. In den sechswöchigen ten, um die vier Schillinge Eintrittsgeld zu Sommerferien musste jeder Schüler einen sparen, die ab zwei Uhr verlangt wurden, Aufsatz schreiben und in jedem Fach eine und die doch den Witwen der Händler zu- besondere Lektion lernen, was insgesamt gute kommen sollten.91 Oder an seine erste etwa eine der Ferien-Wochen in Anspruch Eisenbahnfahrt, die ihn nach Bergedorf nahm. Nach Schulbeginn gab es eine Prü- führte und an die Begeisterung und Skepsis fung in jedem Fach, in deutscher Gramma- der Menschen angesichts dieser technischen tik und Literatur, Französisch, Englisch, Ge- Errungenschaft.92 Im Sommer trank man schichte, Geographie, Physik, Chemie und Kaffee im „Berliner Garten“ und sah dem Mathematik. Besonders erfolgreich war Hamburger Bürgermilitär beim Exerzieren Adolph Lewisohn nach eigenen Angaben zu.93 Abends geleitete man die Wache in die beim Schreiben der Aufsätze; und intensiv Stadt zurück, wobei die Musik, die dabei verfolgte er den Unterricht in jüdischer Re- gespielt wurde, eine Attraktion war.94 Auch ligion, Literatur und Geschichte. Rückbli- die Trachten der Bauern, die er auf Sonn- ckend urteilte er, seine Schulzeit habe ihn tagsausflügen in die Vierlande sah, blieben solide auf seine Zeit in Amerika vorberei- Adolph in Erinnerung. tet.87 ··································································· ··································································· Mit fünfzehneinhalb Jahren, 1865, begann In den Ferien unternahmen die Schüler mit Adolph Lewisohn im väterlichen Betrieb zu dem Lehrer Exkursionen, auf denen sie im arbeiten. Das Geschäftshaus lag rückwärtig Hamburger Umland botanisierten, etwas, zu einem Fleet, auf dem die Ware heran ge- das Adolph besonders genoss. Bis zum acht- langte – gesegelt, gestakt, oder neuerdings zehnten Lebensjahr hatte er sich ein statt- per Dampfbetrieb.95 Nach einem Jahr un- liches Herbarium zusammengestellt. Die ternahm Adolph dann seine erste längere Naturverbundenheit und insbesondere das Reise und zwar in die Schweiz – ein be- Interesse für Pflanzen hat sich Lewisohn sein sonderer Eindruck für den norddeutschen Leben lang erhalten. Und auf den Wande- Flachländer.96 Sein Weg führte ihn nach Lu- rungen wurde gemeinsam gesungen – viel- zern und Zürich, wo seine Schwester Louise leicht das Fundament für eine weitere le- mit Louis Bernays (geb. 1838) verheiratet benslange Liebe: die Vokalmusik.88 war, einem der Söhne des berühmten Ham- ··································································· burger Rabbiners Isaak Bernays.97 Dem Umfang und Intensität der Erinnerungen, folgten erste Geschäftsreisen, zunächst in die Adolph Lewisohn über seine Kindheit das Umland von Hamburg, nach Schleswig- und Jugend in Hamburg diktiert hat, zeu- Holstein, Hannover und Braunschweig. gen von einer starken Bindung an die Und auch eine erste Seereise war zu bewäl- „schöne Stadt“, in der er geboren wurde.89 tigen und mit ihr die Seekrankheit, die der Er erinnert sich genau an Topographie und junge Kaufmann glücklicher Weise nur Stadtbild, an Details ihrer Geschichte und noch einmal zu überwinden brauchte.98

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··································································· ten.99 Von der Bindung aber, die er sich an 1867 schließlich konnte Adolph Lewisohn Hamburg und seine Familie bewahrt hat, seinen Vater überzeugen, ihn nach Amerika zeugten in den kommenden Jahren zahlrei- ziehen zu lassen, in die Filiale, die seine Brü- che Besuche ebenso wie die wohltätigen der Julius und Leonhard unter dem Namen Stiftungen, die er später in seiner Heimat- „Lewisohn Brothers“ in New York führ- stadt machte.

·············································································································································· 17 Citizenship, S. 1. 18 Die Schätzung beruht auf den Zahlen bei Lorenz, Gemeinde, S. 80. 19 Citizenship, S. 47. 20 Ebd., S. 2. 1807 wurde die Firma erstmals im Hamburgischen Adressbuch erwähnt. 21 Ebd., S. 47. 22 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 233. Lyons Vater (Adolphs Großvater) war Philip Joachim Levy,

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der verheiratet war mit Fanny Samuel, vgl. StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 725e, 1841, Nr. 65. Citi- zenship, S. 2 nennt als den Großvater von Lyon Philip Lewisohn – also als Adolphs Urgroßvater (und vermutlich als Vater Philip Joachim Levys – Nachmann Levy aus „Bembsburg“ (Bensberg?). 23 StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, 62b, Jüdische Geburten 1769‒1812, Alphabetische Kartei nach den Re- gistern Nr. 62‒64, aufgestellt v. Dr. Jacob Jacobson; ebd., Jüdische Gemeinden, 725h, 1857, Nr. 239. 24 Randt, Talmud Tora Schule, S. 39. 25 StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, 725c, 1833, Nr. 145. – Die in Citizenship, S. 2 behauptete verwandt- schaftliche Verbindung zu Glikl von Hameln ließ sich nicht verifizieren. 26 Ebd., S. 2. 27 StA Hbg., 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, B I a 1851, Nr. 37 und 253. – Neumann hatte kein leichtes Le- ben: Seine ersten beiden Frauen, Diana Magnus und Therese Lipmann, die er 1838 und 1841 ehelichte, starben, ebenso seine ersten zwei Söhne, die beide den Namen Ferdinand erhalten hatten. Erst mit der dritten Frau, He- lena Getting, die er 1843 heiratete, hatte Neumann acht Kinder, neben Leopold noch Friederika, Pauline, Emil, Robert, Bernhard, Cecilie und Mathilde, wobei das letzte, 1855 geborene, keine vier Jahre alt wurde. Der vom Schicksal gebeutelte Mann arbeitete als Lotterie-Collecteur und Versicherungsagent, ebd., 522-1 Jüdische Gemein- den, 696c, 1838, Nr. 222; 696d, 1844, Nr. 154; 696d, 1845, Nr. 147; 696d, 1848, Nr. 65; 696d, 1849, Nr. 215; 696d, 1850, Nr. 184; 696e, 1853, Nr. 130; 696e, 1855, Nr. 185; 725e, 1839, Nr. 2; 725e, 1841, Nr. 21; 725e, 1841, Nr. 186; 725i, 1859, Nr. 138; 725k, 1863, Nr. 68. 28 Seit 1847 bildeten beide eine „Geschäfts-Societät“, ebd., 231-3 Handelsregister, B 12677, Acta betr. die Firma S. Lewisohn jr., 1. 29 Ebd., B 13158, Acta betr. die Firma Neumann Lewisohn, nunmehr Leopold Lewisohn. 30 Ebd., 522-1 Jüdische Gemeinden, 696b, 1823, Nr. 49 (Ranette); 696b, 1826, Nr. 29 (Calme); 696b, 1827, Nr. 30 (Jacob); 696c, 1830, Nr. 2 (Klara); 725a, 1823, Nr. 72 (Blüme); 725e, 1841, Nr. 65 (Lion). 31 Citizenship, S. 2 f. (dort mit dem falschen Datum 17. Sept. 1836 und dem Vornamen Julia) und 8; Hau- schild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 233 f. – Ihr Bruder hieß Eduard Nathan, Citizenship, S. 42. 32 StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, 696c, 1838, Nr. 111; 696c, 1840, Nr. 30; 696d, 1841, Nr. 191; 696d, 1843, Nr. 21; 696d, 1844, Nr. 229; 696d, 1847, Nr. 167; 696d, 1849, Nr. 239. – Laut New York Times (NYT), 13. Sep- tember 1904 verstarb am 9. September 1904 Sally Raunheim, Ehemann von Selly Raunheim, geb. Lewisohn. Es handelt sich hierbei um die ältere Schwester Adolph Lewisohns, vgl. auch StA Hbg., 232-1 Vormundschaftssachen, Serie II 4766, Samuel Lewisohn, Erbschafts-Abrechnung. Demnach sind nicht nur Söhne der Familie Lewisohn in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Ihre Kinder hießen Julia (Julie) (verh. Drachman), Mathilde (verh. Arnstein), Fannie (Fanny Florence) (verh. Jarmulowsky), Leon, Maurice (Moritz), Emanuel, Nellie (verh. Hen- schel), Arnold und Julius. Zunächst hatte Familie Raunheim noch in Frankfurt am Main gelebt. 33 Citizenship, S. 8. 34 Ebd., S. 5 und 7 f. 35 Ebd., S. 7 und 26. 36 Hauschild-Thiessen, Lewisohn, Samuel, S. 213. Nach Lewisohns Erinnerungen, Citizenship, S. 3, lagen sechs Jahre zwischen dem Tod der ersten Ehefrau und der zweiten Ehe. 37 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 233. 38 StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, 696 f, 1861, Nr. 39; 696f, 1862, Nr. 18; 696f, 1863, Nr. 101; 696f, 1864, Nr. 303; 696f, 1865, Nr. 170; Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 233 und 236; dies, Lewisohn, Samuel, S. 213; Citizenship, S. 3. Laut Adolph Lewisohns Erinnerungen war sein Halbbruder John, noch am Leben, als die Erinnerungen diktiert wurden. – Eine weitere Schwester, Gitel Jette, geb. 1862, verstarb bereits im Alter von vier Jahren. 39 Citizenship, S. 3. 40 Dies ist zu schließen aus den Angaben im Geburtsregister. 41 Ebd., S. 9. 42 Ebd., S. 10. Auch an anderer Stelle schlägt ein zeitkritischer Ton durch, wenn es heißt: „It has been an era of extraordinary change, but as I look back, I cannot help wondering if we ourselves have improved. (…) We cer-

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tainly have less leisure and less peace, for restlessness is everywhere. (…) Science and intervention have made the world smaller but the distance between human hearts seems greater than in the old days“, ebd., S. 231 f. 43 Ebd., S. 10 f. 44 Ebd., S. 11 f. 45 Ebd., S. 5. 46 Ebd., S. 3. 47 1855 nahm er dann Adolphs älteste Schwester, Friederike, mit nach Paris zur Weltausstellung, ebd., S. 4 (im Text irrtümlich 1856). 48 Ebd., S. 4. 49 Ebd., S. 3, 5 und 25. 50 Krohn, Juden, S. 128. 51 Citizenship, S. 1 und 21. 52 Ebd., S. 25. 53 Ebd., S. 26. 54 Ebd., S. 3. 55 Ebd., S. 3. 56 Ebd., S. 28. 57 Ebd., S. 27. 58 Vgl. Samuel Lewisohns testamentarische Bestimmungen, Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 233. Zur Synagoge: Das Jüdische Hamburg, S. 249 f. 59 Citizenship, S. 21. Vgl. zum Ablauf dieser Feier auch Lehmann, Gemeinde-Synagoge, S. 23‒25. 60 Ebd., S. 50. 61 Sally Lewisohn heiratete 1843 die 23-jährige Hannchen Schloss aus Frankfurt am Main, Tochter von Lyon Philip Schloss und Babette, geb. Doctor. Danach lebte er viele Jahre als Kaufmann in Frankfurt/Bockenheim, an- scheinend – obschon seit 1847 eine Hamburger Adresse vorhanden war und Sally bereits 1851 das Hamburger Bür- gerrecht erwarb, vgl. StA Hbg., 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, B I a 1851, Nr. 37 – bis 1859, denn in diesem Jahr ist die letzte uns bekannte Tochter, Speranza Rebecca Fanny, noch dort geboren worden. Mit Hannchen hatte Sally mindestens sieben Kinder, außer Speranza noch Breina Bertha (1846), Frommaid Franziska (1847), Ida (1848), Jehuda Lion (1849), Elieser Lassar (1851) und Raphael (1854), ebd., 522-1 Jüdische Gemeinden, 696d, 1846, Nr. 63; 696d, 1847, Nr. 181; 696d, 1848, Nr. 224; 696d, 1849, Nr. 182; 696d, 1851, Nr. 126; 696e, 1854, Nr. 40; 696e, 1859, Nr. 116. In Hamburg wurde er 1867⁄68 Mitglied des provisorischen Synagogenvorstandes und auch der Gründungskommission des Deutsch-Israelitischen Synagogen-Verbandes, dessen Vorsitzender er dann von 1880 bis 1885 war, vgl. Lehmann, Gemeinde-Synagoge, S. 29 f. und 41. Daneben war er Direktionsmitglied der Talmud Tora-Realschule, Goldschmidt, Talmud Tora, S. 98. Sein Sohn Elieser Lassar Lewisohn gründete 1872 ein - und Commissionsgeschäft, in das sein Vater als „Commanditist“ eintrat, das aber bereits 1874 einging, wohl als Opfer der „Gründerkrise“, StA Hbg., 231-3 Handelsregister, B 10441, Acta betr. die Firma Lassar Lewisohn & Co. Eliesers Erbteil belegte Sally in der Folge in seinem Testament mit den stärksten Auflagen, ebd., 232-3 Testaments- behörden, H 17369, Sally Lewisohn 1896, S. 17‒20. Eine von Sallys Töchtern heiratete Ludwig Schames (den Frank- furter Kunsthändler?) und hatte mit ihm zwei Töchter, Martha und Leon, ebd., S. 16. Ein weiterer Sohn (Ra- phael?) muss nach Berlin gegangen sein, führte dort ein Unternehmen, dessen Erbe seine Ehefrau, Florrie (?), wurde, ebd., S. 5. 62 Geboren am 28. Oktober 1816 als Sohn des Registrators der Deutsch-Israelitischen Gemeinde, Heyman San- der May und dessen Frau Therese, geb. Hirsch, ebd., 522-1 Jüdische Gemeinden, 696b, 1816, Nr. 107. Simon war der jüngste Bruder von Zebi Hirsch, vgl. May; May, Registratoren, S. 1164‒1167, und heiratete 1844 Julie Mey- erhof aus Hildesheim, StA HH, 522-1 Jüdische Gemeinden, 702b, 1844, Nr. 35. Später war er Direktionsmitglied der Talmud Tora-Realschule, vgl. Goldschmidt, Talmud Tora, S. 99. 63 Citizenship, S. 22 f. – Lewisohn nennt sie „chevras“; Lehmann, Gemeinde-Synagoge, S. 50. 64 Vgl. auch Krohn, Juden, S. 127 f. 65 Ebd., S. 26 f.

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66 Ebd., S. 18 f. 67 Ebd., S. 23: „In our family we expected and received a little open-faced gold watch with a gold chain“. 68 Ebd., S. i. 69 Ebd., S. 9 und 17. 70 Ebd., S. 20. 71 Ebd., S. 41. 72 Ebd., S. 19. 73 Die betreffende Seite im verwendeten Exemplar der Erinnerungen fehlt leider, vgl. ebd., S. 19 f. 74 Ebd., S. 1. Der Grund hierfür war, dass in alten Tagen, als es keinen festen Kalender gab, der Beginn eines Festtages per Signal oder durch Boten von Ort zu Ort übermittelt wurde. So hat sich in der jüdischen Diaspora die Tradition herausgebildet, die Feiertage zwei Tage zu halten, da das Datum der Festtage nicht exakt feststand. 75 Ebd., S. 14. 76 Ebd., S. 13 f. 77 Ebd., S. 15. 78 Ebd., S. 25 f. 79 Ebd., S. 15. Lewisohn Bezeichnung „Polish Jews“ („polnische Juden“) für Juden aus dem östlichen Europa dürfte – wie die in den USA kursierende Sammelbezeichnung „russische Juden“ – geographisch ungenau sein, schon weil Polen als Staat in Lewisohns Kinder- und Jugendjahren nicht existierte. 80 Citizenship, S. 16. 81 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 289 f. 82 Ebd., S. 35 f. 83 Goldschmidt, Talmud Tora, S. 94 und 109; Randt, Talmud Tora Schule, S. 56. Vgl. Rüdiger, Geschichte, S. 169: „In Fühlung mit streng-israelitischen Kreisen eröffnete Dr. Placzek 1858 [sic!] eine solche höhere Bürger- schule, welche Dr. Koreff und Dr. Fels bis in die 70er Jahre fortführten.“ 84 Goldschmidt, Talmud Tora, S. 94. 85 Citizenship, S. 36 f. 86 Ebd., S. 35 f. 87 Ebd., S. 37 ff. und 40. 88 Ebd., S. 38. 89 Ebd., S. 29. 90 Ebd., S. 32. 91 Ebd., S. 30; Gelder; Fischer, Börse, insbesondere S. 75. 92 Citizenship, S. 43. 93 Der „Berliner Garten“ konnte nicht genauer lokalisiert werden, obwohl einschlägige Hamburger Topogra- phien zu Rate gezogen werden. „Sommer“ als Zeitangabe ist wohl ungenau: Nach Fahl, Bürgermilitär, S. 127 exer- zierte das Bürgermilitär „von Mai bis Juni auf den freien Flächen außerhalb der Tore statt, insbesondere in der Gegend vor dem Dammtor.“ Die Exerziersaison trug „volksfestartigen Charakter“, S. 133, Höhepunkt war das Schlussmanöver, S. 134 ff. 94 Citizenship, S. 33 f. 95 Ebd., S. 31. 96 Ebd., S. 53 ff. 97 Ebd., S. 61; StA Hbg., 232-1 Vormundschaftssachen, Serie II 4766, Samuel Lewisohn, Erbschafts-Abrech- nung; ebd., 522-1 Jüdische Gemeinde, 696c, 1838, Nr. 52. Ihre 1873 lebenden Kinder hießen Isaac, Julius, Sara, Fe- lix Philipp und Georg Jacob Bernays. Isaak Bernays gehörte 1859 zu den Mitbegründern der jüdischen Gemeinde in Baden (Kanton Aargau, CH). Er und ein Daniel Guggenheim waren die ersten Gemeindevorsteher, vgl. Ba- den (Kanton Aargau, CH) (http://www.alemannia-judaica.de/baden_synagoge.htm, 13. April 2011). 98 Citizenship, S. 55 und 58. 99 Ebd., S. 56; StA Hbg., 231-3 Handelsregister, B 12677, Acta betr. die Firma S. Lewisohn jr., 4. ··············································································································································

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Adolph Lewisohn in New York – 1867

Das Land, das Adolph Lewisohn 1867 be- die Produktion von Steinkohle um mehr als trat, war in brodelnder Entwicklung. Der das 23fache, von Rohöl um das 90fache und grausame Bürgerkrieg, der 600.000 Ameri- von Stahl gar um das 110fache.101 Dazu exis- kaner das Leben gekostet hatte, lag nur zwei tierte ein Binnenmarkt, der aufgrund eines Jahre zurück. Mit der Nachkriegszeit be- nie dagewesenen Bevölkerungswachstums gann eine Ära der amerikanischen Ge- schier unersättlich war. Von 1860 bis 1900 schichte, die der Schriftsteller hatte sich die Einwohnerzahl der USA mehr als „“ bezeichnet hat, als das „ver- als verdoppelt, von 31 auf 76 Millionen goldete Zeitalter“. Menschen.102 14 Millionen von ihnen waren ··································································· als Einwanderer gekommen.103 Und die Gekennzeichnet war es durch eine jährliche Einwanderung brach immer neue Schwindel erregende Industrialisierung, die Rekorde: Kamen 1832 erst 60.000 und 1842 vor allem in der Revolution des Transport- 100.000 Menschen ins Land104, so waren es wesens Ausdruck fand. Das Eisenbahnnetz 1850 bereits 300.000; 1882 sollten es 789.000 wuchs bis zum Jahr 1900 auf mehr als sein,105 davon 250.000 Deutsche. Über fünf 300.000 Gleiskilometer – mehr als das Fünf- Millionen Menschen suchten in den 1880er fache von dem, was noch Ende des Bürger- Jahren eine glücklichere Zukunft in der kriegs vorhanden gewesen war.100 Bereits Neuen Welt, darunter immer mehr Men- 1869 wurde die erste transkontinentale Ver- schen aus Ost- und Südeuropa.106 1913 hat- bindung fertiggestellt. Die Bahnlinien ver- ten die Vereinigten Staaten bereits 98 Mil- banden die Produktionsstätten der Roh- lionen Einwohner. 1905, 1906, 1907, 1910, stoffe, die Bergwerke und Ölfelder mit den 1913 und 1914 landeten jeweils über eine Industriezentren und Häfen. Bau und In- Millionen Neuankömmlinge an, und in kei- standhaltung der Gleisnetze schufen eine nem Jahr zwischen 1903 und 1914 kamen gewaltige Nachfrage an Stahl, Koks, Kohle, weniger als 750.000.107 In den Jahren von Waggons und Dampfmaschinen. 1840 bis 1890 erreichten über vier Millionen ··································································· Deutsche die USA, in den 1880er Jahren Das nie dagewesene Wirtschaftswachstum stellten die Deutschen über 27 Prozent der dieser Jahre wurde dadurch begünstigt, dass Einwanderer.108 in den USA alle wesentlichen Rohstoffe vor- ··································································· handen waren: Eisenerz, Kohle, Öl und Nicht nur die Industrie, auch die Land- Gold. Zwischen 1860 und 1900 erhöhte sich wirtschaft erlebte ein gewaltiges Wachstum,

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denn all diese Menschen wollten ja ernährt Euro. Zweihundert Millionen Dollar waren sein. Und auch die hierfür nutzbare Fläche demnach acht Milliarden Euro: Das war schien unermesslich. Die Siedlungsgrenze, eine ganz neue Dimension privaten Vermö- die mythenumwobene „Frontier“, verschob gens. sich immer weiter nach Westen. 1890 aber ··································································· war das Ende erreicht. Nicht weitere Sied- Samuel Lewisohns New Yorker Filiale hat- ler brauchte das Land, denen man 1862 mit ten für ihn 1858 zwei Angestellte aufgebaut, dem „Homestead-Gesetz“ den Erwerb von Herr Magnus und Herr Israel, die auch als bundeseigenem Land im Westen gegen eine Namensgeber firmierten. 1865, nach dem geringe Gebühr ermöglicht hatte. Einwan- Ende des amerikanischen Bürgerkriegs, folg- derer benötigte man nun vor allem als Ar- te Leonhard Lewisohn seinem Bruder Julius beitskräfte für die Fabriken – und um das nach New York,114 und früh im Jahr 1866 Lohnniveau niedrig zu halten.109 übernahmen beide die Führung der Filiale. ··································································· Das Geschäft betrieb den Im- und Export Ein unglaublicher Wohlstand entstand in der gleichen Rohmaterialen wie die väterli- diesen Jahren. Aber er war extrem ungleich che Firma in Hamburg, hinzu aber auch von verteilt. 1892 zählte man in den USA bereits Metallen, besonders Blei und Kupfer, was 4.047 Millionäre; nur 84 von ihnen waren für die spätere Geschäftsentwicklung von Farmer (meistens Viehzüchter), die anderen Bedeutung sein sollte.115 waren mit Eisenbahnen, in Handel und In- ··································································· dustrie reich geworden.110 Was aber heißt Adolphs Vater hatte gezögert, seinen reich? Nach Ansicht des Hofmarschalls von jüngsten Sohn nach Amerika gehen zu las- Mrs. Astor, Ward McAllister, war ein Ver- sen, waren ihm doch dessen liberale Glau- mögen von einer Million Dollar bloß „res- benstendenzen nicht verborgen geblieben. pektable Armut“.111 Beim „Ballkrieg“ zwi- Schließlich aber hatte er dessen Drängen schen Alva Vanderbilt und Caroline Astor nachgegeben. Als Leonhard zwei Jahre zuvor um die Spitzenposition in der New Yorker gegangen war, waren noch zwei Tanten er- Society verbrauchte die Herausforderin Van- schienen, um Abschied zu nehmen und mit derbilt allein 250.000 Dollar für jene legen- großer Emphase die Meinung zu vertreten, däre Abendveranstaltung, mit der sie am 26. es sei falsch, einen Sohn nach Amerika ge- März 1883 ihre Offensive eröffnete, die sie hen zu lassen, wenn man dazu nicht ge- zum sozialen Triumph führen sollte.112 1910 zwungen sei.116 Denn für die meisten Men- besaß ein Prozent der Bevölkerung 47 Pro- schen bedeutete „nach Amerika zu gehen“ zent allen Besitzes und verbrauchte fünf- einen Weg ins Ungewisse einzuschlagen, zehn Prozent des Nationaleinkommens.113 verließen sie ihr Heimatland doch aus poli- Der sprichwörtlich reiche Rockefeller allein tischen Gründen oder aus wirtschaftlicher verfügte 1901 über zweihundert Millionen Not. Dollar; und verkaufte ··································································· seine Stahlwerke für fast eine halbe Mil- Über die ursprünglich geplante Dauer von liarde Dollar an J. P. Morgan. Ein Dollar, Adolph Lewisohns Aufenthalt wissen wir das waren damals vier deutsche Goldmark. nichts, aber ein Auswanderer im landläufi- Eine Goldmark aber entspricht etwa zehn gen Sinne war er nicht. Er ging aus sicheren

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Der Segeldampfer „Hammonia II“ der Hamburger HAPAG-Reederei

Verhältnissen in sichere Verhältnisse; nicht letzten Mal in seinem Leben seekrank. Auf aus Not und in der Gewissheit, die Heimat dem Rest der Überfahrt war die See „sanft für immer hinter sich zu lassen. Auch über- wie die Alster“.119 Von etwaigen Unannehm- querte er den Atlantik nicht, wie die meis- lichkeiten weiß Lewisohn nichts zu berich- ten Auswanderer seit Mitte des 19. Jahrhun- ten, weder über die Unterbringung noch derts, eingepfercht unter beschwerlichen über das Essen, war doch die Verpflegung und unhygienischen Bedingungen als Passa- auf den Auswandererschiffen für orthodoxe gier eines Zwischen- oder gar Orlopsdecks, Juden oft ein großes Problem, da die Spei- sondern er reiste als Passagier „Erster Ka- sevorschriften nicht eingehalten werden jüte“.117 Hier gab es gehobene Verpflegung, konnten. Offensichtlich galt dies nicht für frische Handtücher und Bettwäsche. Tags- Adolph. Heimweh oder Einsamkeit, so er- über konnten sich die Passagiere in einem innert er sich, habe er nicht verspürt, alle Salon aufhalten. Der Preis für eine Über- Mitreisenden seien umgänglich gewesen, fahrt Hamburg-New York lag 1866 bei etwa und er habe rasch Bekanntschaften schlie- 100 Talern, im Zwischendeck hingegen bloß ßen können. Man vertrieb sich die Zeit im bei 30–40 Talern.118 Salon mit Kartenspielen, vor allem Poker ··································································· und Sechsundsechzig – „and young as I was, Lewisohn reiste auf einem Schiff der HA- tried to fit in as well as I could into the ge- PAG, der „Hammonia“. Während es den neral party“.120 Ob das Kartenspiel ohne Britischen Kanal passierte, wurde er zum Geldeinsatz abging, darf man bezweifeln –

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und auch, ob es Lewisohns gestrengen Va- Muster angeordneten Straßen: Der Stadt- ter beruhigt hätte, seinen Sohn bei solchem entwicklung New Yorks liegt seit 1811 ein Zeitvertreib zu wissen. Adolphs Emanzipa- Plan zugrunde, der im Englischen „The tion machte genau die befürchteten Fort- Grid“ genannt wird, das Gitter. An der Süd- schritte. spitze der Insel der Mastenwald des wich- ··································································· tigsten Einwanderungshafens der Staaten. Als das Schiff Mitte August121 in Hoboken Noch sind die höchsten Gebäude Kir- festmachte, war niemand erschienen, um chen.125 Trinity Church misst etwas über 86 Adolph abzuholen. Allein musste er seinen Meter. Das neue große Zentrum des jüdi- Weg durch das Gewimmel der Riesenstadt schen Glaubenslebens, die in neobyzantini- finden. schem Stil gebaute Synagoge Emanu-El, ··································································· wird erst drei Jahre nach Lewisohns An- New York ist schon seit einigen Jahrzehn- kunft eröffnet, 1870. ten mit weitem Abstand die größte Stadt der ··································································· USA. 1800 hatte sie nur 64.000 Einwohner, Zwischen 1865 und 1890 wird New York 1850 bereits 612.000. Um 1900 werden es 3,4 in der Fläche um das Zehnfache wachsen. Millionen sein. Rasanter wuchs auf diesem Doch zur Zeit von Lewisohns Ankunft le- Niveau nur das Industriezentrum Chi- ben 85 Prozent der Einwohner im Umkreis cago.122 von zwei Meilen um das Zentrum der Stadt ··································································· (Union Square). Eine Straßenreinigung gibt New York, das ist zu dieser Zeit vor allem es ebenso wenig wie eine funktionierende Manhattan: 1865 der Wohnort von 900.000 Kanalisation. Schon nach einem kräftigen Menschen, 1870 bereits von über 942.000 – Regenschauer ist ein breite Avenue wie der unter ihnen über 130.000 in Deutschland Broadway mit Unrat und Schlamm be- Geborene. 1880 werden es über 160.000 deckt. Lower Manhattan ist berühmt für sein, 1900 über 320.000.123 ist zu seine Kriminalität, 12.000 Frauen in der dieser Zeit noch eine eigene Stadt, mit noch Stadt leben von Prostitution.126 Die Stadt einmal fast 420.000 Einwohnern. Mit Man- wächst unaufhörlich und rasant; innerlich hattan ist es nur über Fähren verbunden. Im aber ächzt sie Ende der 1860er Jahre unter Jahr 1868 transportieren die sechs Schiffe 48 dem Korruptionssystem der Demokrati- Millionen Passagiere über den East River.124 schen Partei, das sie 1872 unter Führung von Erst 1883 wird die Brooklyn Bridge eröffnet, William „Boss“ Tweed an den Rand der die seit 1870 in Bau war. Zahlungsunfähigkeit bringen wird.127 ··································································· ··································································· Manhattan, das ist eine Insel, noch be- Auf der Suche nach dem Büro seiner Brü- deckt von vier- bis sechsgeschossigen Wohn- der fragt Adolph nach dem Weg zur John blocks. Die Ära der „Wolkenkratzer“ be- Street. Man dirigiert ihn zu einer „uptown ginnt erst 1885 in der anderen großen ferry“. Dort angekommen, läuft er auf ver- Metropole der USA, in Chicago – 1888 folgt schlungenen Wegen bis zum Broadway, wo dann New York. Neben den Wohnblocks ihm die Sache spanisch vorkommt und er stehen Bürogebäude und Fabriken, und sich erneut nach dem Weg erkundigt. Ein zwar an schnurgeraden, in rechtwinkligem Passant lässt sich den Zettel zeigen, auf dem

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die Adresse notiert ist: Aufgrund seiner feh- macht er jetzt aber, indem er neue Bekannt- lerhaften Aussprache hatte man den Neuan- schaften schließt, geschäftlich wie gesell- kömmling zur Jones Street dirigiert. So läuft schaftlich, und von Menschen lernt.132 er nun den Broadway wieder hinunter, bis ··································································· er endlich zu seinen Brüdern gelangt. Für Von der Stadt zeigt sich Lewisohn in einem mehr als sieben Jahrzehnte sollte New York Brief an seine Schwester Louise sehr beein- seine Heimat werden.128 druckt, insbesondere vom Central Park, ··································································· dessen erste Teile 1859 der Öffentlichkeit zu- Die drei Brüder, Adolph, Julius und Leo- gänglich gemacht wurden,133 und den er als nard, wie er sich jetzt schreibt, leben am „sechs- oder achtmal größer“ als den Zoo- Broadway in der Nähe Bleecker Street – bei logischen Garten in Hamburg schätzte: einer jüdischen Familie, wo sie strikt ko- „Everything is a[s] grandiose and animated scher versorgt werden. Dieser Teil der Stadt, as possible. Life here not only corresponds so betonte Adolph später, sei nicht so weit to my expectations but even exceeds them.“ „uptown“ gewesen, wie es scheine. Günstig Nur den Jungfernstieg vermisste er bald.134 aber erscheint den Brüdern ihre Unterkunft ··································································· nicht, zahlen sie doch 55 Dollar die Woche Nach 1869 nahm die Firma im Handel mit für Kost und Logis. Aber von der Wohnung Borsten einen bedeutenden Aufschwung. ist es nicht weit zum Büro, 100 John Die Lewisohns begannen mit fleischverar- Street,129 und Adolph macht den Weg jedes- beitenden Betrieben zu kooperieren, na- mal zu Fuß –, mit einem angenehmen Ne- mentlich mit Philip Armour (Armour & beneffekt: Bei seiner Ankunft in Amerika ist Co). Die in jenen Jahren neu entstandenen er noch ziemlich korpulent und an Bord der Fabriken, in denen Tierverarbeitung erst- „Hammonia“ hatte man den Jungen mit mals im industriellen Maßstab stattfand, den graublauen Augen „Fat Boy“ gerufen. behandelten Borsten als Abfall. Die Lewi- In seinem ersten Jahr in Amerika verliert er sohns, aber auch andere aufmerksame Ge- vierzig Pfund Gewicht.130 Ein Grund dafür, schäftsleute, registrierten dies und leiteten dass Adolph den Fußweg wählte, werden die Verwertung als Nebenprodukt in die auch die katastrophalen Verhältnisse im öf- Wege: „My brother and I (…) made an fentlichen Nahverkehr gewesen sein. Im important industry of American bristles“.135 Jahr von Lewisohns Ankunft hatte die „Eve- ··································································· ning Post“ New York noch als die „most in- Auch die Verarbeitung von Rosshaar trie- conveniently arranged commercial city in ben sie voran. Die New Yorker erwarben the world“ beschrieben.131 bald nach Adolphs Ankunft eine Beteili- ··································································· gung an der Pawtucket Hair-Cloth Com- Schon bald nach seiner Ankunft absor- pany der Familie Littlefield, die bereits Kun- biert ihn das Geschäft völlig. Bürozeit ist den des Hamburger Hauses gewesen waren. von acht Uhr morgens bis halb sieben Hier brachte technische Innovation – die abends, ohne Pause, dafür sind die Abende Mechanisierung der Produktion – eine star- frei. Adolph nutzt seine freie Zeit, um seine ke Rationalisierung und Erhöhung der Pro- Bildung voranzutreiben, indem er Vorträge duktivität bei gleichbleibend hoher Qualität hört und liest. Die wichtigsten Fortschritte des Produkts. Ein Schutzzoll stärkte dessen

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Konkurrenzfähigkeit gegenüber europäi- Je einen Stein erhielten die Witwe und jedes schen Erzeugnissen. Und da die Lewisohns Kind, ob aus erster oder zweiter Ehe.142 das Patent für ihre neuartigen Maschinen ··································································· besaßen, flossen zusätzliche Einnahmen, als Alle Kinder erhielten den gleichen Erbteil, diese in England zum Einsatz kam.136 Da- Julius allerdings „in Anerkennung seines neben verarbeiteten sie, ebenfalls gemein- musterhaften Verhaltens“ das Doppelte – sam mit den Littlefields, in einer neuen Fa- hinzu aber auch die Verpflichtung, für die brik – der American Curled Hair Cloth unmündigen Kinder aus der zweiten Ehe Company – kurzes Rosshaar zu Matratzen- Sorge zu tragen. Deren Vermögensverwalte- füllungen und ähnlichem. Auf beiden Ge- rin wurde ihre Mutter, Pauline. Die Kinder schäftsfeldern, sowohl bei Borsten als auch erster Ehe hatten bereits zu Samuels Leb- bei Rosshaar, lagen die Geschäftsaktivitäten zeiten von ihm je 32.000 Mark erhalten, der Lewisohns im allgemeinen Trend, der die nun mit dem Erbe verrechnet wurden. weg ging vom Import aus Europa, hin zur Hinzu sollten sie gemeinsam 80.000 Mark Produktion in Amerika.137 aus dem Nachlass der Mutter erhalten143 – ··································································· insgesamt ein solides Startkapital für ge- Als ihr Vater am 27. Dezember 1872 mit schäftliche Unternehmungen, aber kein dreiundsechzig Jahren starb, kehrte der Äl- Vermögen. teste, Julius, nach Hamburg zurück, um die ··································································· Leitung der väterlichen Firma zu überneh- Auch die Töchter seines Bruders Neu- men, deren Teilhaber er bereits seit Oktober mann, Cäcilie und Pauline, verheiratet Nor- 1865 war. Der Generationswechsel wurde den, wurden mit 4.000 bzw. 2.000 Mark be- dadurch komplettiert, dass auch Sally Lewi- dacht, ebenso die Tochter des Bruders Philip sohn sich nach dem Tod seines Bruders aus in Kopenhagen mit 10.000 Mark und seines der Firma zurückzog und an seine Stelle sein Bruders Isaac mit 3.000 Mark. Samuels äl- Sohn Jehuda Leon trat.138 teste Schwester, Friederike, verheiratet Ja- ··································································· cobson, erhielt 5.000 Mark. 500 Mark Cou- Die nach 1861 geborenen Kinder aus Samu- rant kamen an Heinrich Pfeiffer, einen els zweiter Ehe waren zu dieser Zeit noch Arbeiter seiner Firma.144 unmündig. Sie und ihre Mutter wurden je- ··································································· doch durch das Testament finanziell abgesi- Während sein Bruder Sally sich vielfach chert.139 Samuel Lewisohn besaß zuletzt ein wohltätig und gemeinnützig engagierte, Haus in der Rothenbaumchaussee 72 und hatte sich Samuel zu Lebzeiten auf diesem zusammen mit seinem Bruder Sally ein Gebiet zurückgehalten, vielleicht aufgrund Grundstück an der Admiralitätsstraße 66.140 seiner häufigen Geschäftsreisen.145 Nicht Das Haus am Rothenbaum vererbte er mit nur seine Familie und zahlreiche Verwandte sämtlichen Möbeln und Einrichtungsge- bedachte er nun aber in seinem Testament. genständen, Gold- und Silbergeräten seiner Einer jüdischen Tradition folgend be- Frau Pauline, hinzu 80.000 Mark Banco.141 stimmte er 3.000 Mark für den Oberrabbi- Allein die Brillanten, mit denen seine Tuch- ner Anschel Stern (1820–1888); der ehema- nadel besetzt gewesen war, ließ der Verstor- lige Lehrer Elias Munk (1818–1899),146 Rab- bene unter den Hinterbliebenen verteilen: biner und Dajan (Religionsrichter) in Al-

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tona, erhielt 2.000 Mark, ebenso (aber ge- burg, wo er nur wenige Monate nach dem meinsam) die beiden Rabbiner der Syna- Tod seines Vaters eintraf, wahrscheinlich goge in der Alten und Neuen Klaus.147 auch, um Erbschaftsbelange zu regeln. Er- ··································································· neut reiste er auf einem HAPAG-Dampfer, Daneben bestimmte Samuel, künftig aus der den Namen „Hammonia“ trug – nach seinem Nachlass mehrere Jahresrenten aus- Lewisohns Angaben aber nicht auf dem zuzahlen.148 Je 750 Mark Courant sollten Schiff, das ihn 1867 nach Amerika gebracht seine Brüder Isaac und Carl erhalten, 500 hatte.152 Von Plymouth reiste er über Lon- Mark Courant sein Bruder Jacob; mit jähr- don weiter nach Hamburg. Durch unvor- lich je 250 Mark Courant bedachte er seine hergesehene Ausgaben verfügte Lewisohn Tante Hannchen Oppermann, geb. Haar- unangenehmer Weise über zu wenig Geld, bleicher, wie auch Charlotte Embden (1803– um sich auf der Reise noch Essen leisten zu 1899), die einzige Schwester des Dichters können. Nicht ohne Stolz berichtet er, wie Heinrich Heine, die über dreißig Jahre die er in der Nähe von Brüssel einem Mitreisen- Gesellschafterin von Samuels verstorbener den aus seiner mitgeführten Ware ein Paar Schwiegermutter, Frau Nathan, gewesen Lederhandschuhe verkaufte und so sein Pro- war und fast als Familienmitglied galt.149 blem löste.153 ··································································· ··································································· Auch eine Anzahl wohltätiger Institutio- In Hamburg angekommen nahm er an der nen empfingen von Samuel Lewisohns Stif- Hochzeitsfeier seines Bruders Julius teil, ei- tungen – und zwar nicht nur Einrichtun- ner, für Adolphs Geschmack, sehr orthodo- gen, die sich um das Wohl der israelitischen xen Zeremonie. Julius heiratete Selly Ruben Gemeindemitglieder bemühten. So erhielt (geb. 1851), die Tochter von Elias Levy Ru- das Allgemeine Krankenhaus in der Loh- ben und Rosa, geb. Salinger. Die Trauung mühlenstraße ebenso 2.000 Mark wie die fand am 11. Juni 1873 statt und wurde von „Armenanstalt der Deutsch-Israelitischen Oberrabbiner Stern vorgenommen.154 Ju- Gemeinde“, der „Verein zur Unterstützung lius, der 1873 das Hamburger Bürgerrecht armer Wöchnerinnen in der Israelitischen erworben hatte, wohnte zunächst am Holz- Gemeinde“, der „Israelitische Miethe-Ver- damm 44, später Colonnaden 5 und an der ein von 1828“, der „Feuerungs-Verein von Rothenbaumchaussee 23. 1880/81 war er ei- 1855“ und der „Verein der jungen israeliti- ner der Vorsteher des Deutsch-Israelitischen schen Armenfreunde zur Vertheilung von Synagogen-Verbandes.155 Das Geschäft mit Brot und Suppe“.150 Bereits früher hatte sich Federn und Borsten scheint aber zuneh- Samuel Lewisohn mit Spenden am Wieder- mend schlechter gegangen zu sein. Die aufbau der Nikolaikirche beteiligt. Von Firma „Sam. Lewisohn jr.“ bestand nur Adolph nach dem Grund dafür gefragt, noch bis 1889/90,156 und Julius’ Kinder er- hatte er schlicht geantwortet, die Kirche sei griffen, so weit bekannt, keinen kaufmänni- ein Schmuck der Stadt, und er wolle dazu schen Beruf.157 Bereits vor dem Erlöschen beitragen, seine Stadt schöner zu machen.151 der Firma zog die Witwe Samuels 1885/86 ··································································· zunächst in den Grindelhof, später in die Adolphs erste Reise nach Europa führte Grindelallee, vermutlich zur Miete.158 Im ihn 1873 auch erstmals zurück nach Ham- Mai 1894 ist sie nach New York gereist159 –

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An Bord der „Schiller“ hätte Adolph Lewisohns Leben wahrscheinlich ein tragisches und frühes Ende genommen

möglich, dass ihre New Yorker Söhne nun sohn auf der „Schiller“ reisen wollen, einem für sie sorgten. Julius scheint, wie sein Bru- neuen, besser ausgestatteten und schnelle- der Adolph auch, ein hohes Alter erreicht zu ren Schiff, das 1872 durch die HAPAG von haben und lebte in seinen späten Jahren – der „Deutschen Transatlantischen Dampf- noch 1936 – in London.160 schiffahrts-Gesellschaft“ übernommen wor- ··································································· den war.162 Freunde überzeugten ihn je- Von Hamburg reiste Adolph über verschie- doch, ein anderes Schiff zu nehmen. Eine dene Stationen weiter nach Wien, wo er das glückliche Fügung, der Lewisohn nicht nur kulturelle Angebot genoss – Oper, Theater, eine Bekanntschaft mit dem Mitpassagier Galerien, Ausstellungen –, dann weiter nach Carl Schurz verdankte, sondern auch sein Paris, und über London zurück nach New Leben: Bei der Ankunft der „Hammonia“ in York. 1875 führte ihn eine zweite Europa- Plymouth erfuhr man, dass die „Schiller“ Reise erneut nach London, diesmal war die gesunken war. 335 Passagiere und Besat- Hochzeit seines Cousins Leon der Anlass. zungsmitglieder hatten den Tod gefunden, Als Jungen hatten beide gemeinsam in der nur 37 konnten gerettet werden163 – eine der Hamburger Firma gearbeitet, nun leitete zahllosen Schiffskatastrophen jener Zeit, Leon die Londoner Filiale. Für die Zeit der von denen auch immer wieder Auswande- Hochzeitsreise des jungen Paars übernahm rerschiffe betroffen waren. Adolph deren Management, eine weitere ··································································· lehrreiche Zeit.161 Ursprünglich hatte Lewi- 1879 kamen Leon und seine Frau auf Ge-

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genbesuch nach New York. Gemeinsam be- miles away. That would have been looked suchte man in Boston eine Veranstaltung, upon as a ‚miracle‘ in those days and if a auf der Thomas Edison seine neueste Erfin- man had claimed that this would come to dung vorführte – den Phonographen: „He pass, he would have been laughed at or pi- made us speak into it and to hear our own tied as insane.“164 Die Begegnung mit Edi- voices coming out, was amazing! We could son war demnach nicht, wie vielfach kolpor- not imagine then that we would be heard, tiert, verantwortlich dafür, dass sich Lewi- not only by wire, but by radio, thousands of sohns dem Kupfergeschäft zuwandten.165

·············································································································································· 100 Sautter, Geschichte, S. 247; Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 131: Das Netz wuchs von 3.200 Gleiskilo- metern in den 1850er Jahren auf 56.000 im Jahr 1865, und weiter auf 85.000 1870, 149.000 1880, 266.000 1890, 309.000 1900 und 385.000 im Jahr 1910. 101 Für die Prozentzahlen Cashman, America, S. 13. 102 Die Einwohnerzahl des Deutschen Reichs erhöhte sich von 36 Millionen, 1870, auf 61 Millionen. 1913; in

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Großbritannien hatte 1870 29, 1913 43 Millionen Einwohner. 103 Sautter, Geschichte, S. 257. 104 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 191. 105 Ebd., S. 190 und 194. 106 Ebd., S. 190. 107 Ebd., S. 155 und 194 f. 108 Depkat, Geschichte, S. 84; Burrows; Wallace, Gotham, S. 1111. 109 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 152; Sautter, Geschichte, S. 258 f. und 293. 110 Ebd., S. 250. 111 Vgl. Albig, Mrs. Astors Himmelreich, S. 89. 112 Vgl. allgemein Homberger, Mrs. Astor’s New York. 113 Sautter, Geschichte, S. 291. 114 Citizenship, S. 64. Laut NYT, 21. September 1865 kam Leonard am Tag zuvor an. 115 Ebd., S. 56. 116 Ebd., S. 56 f. 117 StA Hbg., 741-4 Fotoarchiv, Film-Nr. K 1712 (Passagierliste der „Hammonia, 3. August 1867“). Auf der „Hammonia“ reisten auf dieser Überfahrt 490 Personen im Zwischendeck, 111 Zweiter und 44 Erster Kajüte – als Nr. 42 Adolph Lewisohn. 118 Gelberg, Auswanderung, S. 40 ff. und 44. 119 Citizenship, S. 58 und 61. 120 Ebd., S. 58. 121 Vgl. ebd., S. 60 f. – Etwa zehn Tage nach seiner Ankunft schrieb Adolph einen Brief an seine Schwester Louise, der vom 27. August 1867 datierte. 122 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 138. 123 Cashman, America, S. 113; Lankevich, Metropolis, S. 116; Burrows; Wallace, Gotham, S. 1111. 124 Cashman, America, S. 113. 125 Ebd, S. 114. 126 Ebd., S. 115. 127 Sautter, Geschichte, S. 260. 128 Citizenship, S. 59 f. 129 Ebd., S. 60 f. 130 StA Hbg, 332-8 Meldewesen, A 24, Bd. 39, Reisepaßprotokolle 1867⁄68, Nr. 803, Citizenship, S. 58 und 60. 131 Cashman, America, S. 113. 132 Citizenship, S. 61 und 71. 133 Lankevich, Metropolis, S. 117. 134 Citizenship, S. 61, Brief vom 27. August 1867. 135 Ebd., S. 91 f., auch S. 93: „bristles grew to be a very large business“. 136 Ebd., S. 93 f. 137 Ebd., S. 95. 138 StA Hbg., 231-3 Handelsregister, B 12677, Acta betr. die Firma S. Lewisohn jr., 3f. 139 Ebd., 232-3 Testamentsbehörden, H 4010, Samuel Lewisohn 1873. 140 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 233; StA Hbg., 232-1 Vormundschaftssachen, Serie II 4766, Samuel Lewisohn, Nachtrag zur Erbschafts-Abrechnung. 141 Im Folgenden immer Mark Banco – wenn von Mark Courant die Rede ist, ist dies jeweils vermerkt. 142 Ebd., 232-3 Testamentsbehörden, H 4010, Samuel Lewisohn 1873, § 2. 143 Ebd., § 1 und 3. – Ausgezahlt wurden ihnen nach der Erbschaftsabrechnung 60.141,06, 17.142,86 und noch einmal 5.258,57 Mark , vgl. ebd., 232-1 Vormundschaftssachen, Serie II 4766, Samuel Lewisohn, Erbschafts-Ab- rechnung und Nachtrag zur Erbschafts-Abrechnung. Die ausgezahlten Summen standen zu den im Testament be- stimmten im Verhältnis 1,5:1. So wurde den Kindern statt der ihnen bestimmten 80.000 nun 120.000 Mark aus-

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gezahlt, abgezogen wurden den Kindern erster Ehe statt der 32.000 nun 48.000 Mark. 144 Ebd., § § 6‒8, 9 und 12. 145 Citizenship, S. 28. 146 Ein Herr Munk arbeitete später auch als „business representative“ für Adolph Lewisohn in Köln, Citizen- ship, S. 158. Es könnte sich dabei um einen Sohn von Joseph Munk und seiner Frau Friederike gehandelt haben, Adolphs ältester Schwester, vgl. StA Hbg., 232-1 Vormundschaftssachen, Serie II 4766, Samuel Lewisohn, Erb- schafts-Abrechnung. Deren Kinder hießen Anna, Julie, Louis, Fanny, Matthias Max, Julius, Olga, Nanny, Ernst und Selma Munk. Einer der Nachfahren war der deutsch-amerikanische Aeronautiker und Physiker Max Mi- chael Munk (1890‒1986). 147 Ebd., 232-3 Testamentsbehörden, H 4010, Samuel Lewisohn 1873, § 10. 148 Ebd., § 11. 149 Ebd., § 10; Nanette Nathans Mann war bereits früh verstorben. Sie selbst erreichte ein Alter von 87 Jahren, vgl. Citizenship, S. 42. 150 StA Hbg., 232-3 Testamentsbehörden, H 4010, Samuel Lewisohn 1873, § 10. 151 Citizenship, S. 27. 152 Ebd., S. 72. Die neue „Hammonia“ der HAPAG – das zweite Schiff dieses Namens – war allerdings bereits 1867, also im Jahr von Lewisohns Auswanderung, in Dienst gestellt (und verblieb darin bis 1878). Die erste „Ham- monia“, seit Mai 1856 in Dienst befindlich, war 1864 nach verkauft worden, vgl. Kludas, Geschichte, S. 21 und 28. Wahrscheinlich unternahm Lewisohn daher seine zweite Reise auf einem der zahlreichen Schwes- terschiffe, die alle ähnliche Namen trugen, etwa auf der „Holsatia“. 153 Citizenship., S. 73 f. 154 Ebd., S. 74; StA Hbg., 332-3 Zivilstandsregister, B 57, Nr. 1052. 155 Ebd., 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, A I f 150, Nr. 3858, 17. Feb. 1873. Vgl. die Hamburgischen Adress- bücher 1874 ff.; Lehmann, Gemeinde-Synagoge, S. 41. 156 StA Hbg., 231-3, Handelsregister, B 12677, Acta betr. die Firma S. Lewisohn jr., 6. 157 Als Kinder von Julius sind nachgewiesen: Sam, geb. 5. Mai 1874, ebd., 332-3 Zivilstandsamt, Geburtenre- gister 1874, A 176, Nr. 3121; Richard, geb. 12. Juli 1875, wurde später Arzt in Berlin, ebd., Geburtenregister 1875, A 206, Nr. 5102 und ebd., 332-8 Meldewesen, A 30, Alphabetische Meldekartei 1892‒1925 (K 6509); Julius, geb. 29. Februar 1876, 332-8, ebd.; Alfred, geb. 18. Oktober 1880, ebd.; Karl (Charles), geb. 22. Dezember 1886, wurde Lehrer, ebd. Die Namen zweier weiterer Kinder waren nicht entzifferbar, ebd. 158 Vgl. die Hamburgischen Adressbücher 1885‒1894. 159 StA Hbg., 332-8, Meldewesen, A 30, Alphabetische Meldekartei 1892‒1925 (K 6509). Die Hamburgischen Adressbücher führen sie danach nicht mehr auf. 160 Darauf schließen lässt der betreffende Eintrag in StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 992b, Kultus- steuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburgs: Mit Schreiben vom 15. April 1936 stellte Julius Le- wisohn, verh. mit Selly [Ruben], die Zahlung seiner freiwilligen Gemeindebeiträge ein, mit der Begründung, er lebe seit ca. 22 Jahren in London (17 Collingham Road, South Kensington). Wenn nicht sein Sohn Julius, geb. 1876, wiederum eine Frau mit Namen Selly geheiratet hat, dürfen wir annehmen, dass es sich um Adolph Lewi- sohns ältesten Bruder handelte. 161 Citizenship, S. 75 f. 162 Hieke, Sloman, S. 144. 163 Citizenship, S. 73; Kludas, Geschichte, S. 50. – Lewisohn bringt diese Begebenheit mit seiner ersten Euro- pareise 1873 in Zusammenhang. Die „Schiller“ sank allerdings am 7. Mai 1875. Auch, dass Lewisohn in Verbin- dung mit seiner ersten Europa-Reise einmal das Datum 1875 verwendet, deutet auf einen Irrtum. 164 Citizenship, S. 76. 165 Etwa Birmingham, In unseren Kreisen, S. 218 oder Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 234 f. – Im Dezember 1882 schied Leon aus der Firma S. Lewisohn jr. aus, StA Hbg., 231-3, Handelsregister, B 12677, Acta betr. die Firma S. Lewisohn jr., 5. ··············································································································································

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Kupfer

Schon in den Gründerjahren der New Yor- ing and selling of securities, particularly of ker Filiale gelangten die Brüder zu der Auf- those of ‚mines‘ and ‚coppers‘.“168 War fassung, dass es mehr und bessere Geschäfts- Adolph Lewisohn bereits im alten Metier möglichkeiten in Amerika gäbe als Borsten, der Familie nicht faul gewesen, brach jetzt Federn und Kamelhaar zu importieren und in seinem Leben eine Ära an, in der ihn die zu handeln.166 Vor allem aber wurde ihnen Arbeit weit mehr in Beschlag nehmen sollte deutlich, dass die Konkurrenz bei der Ver- als je zuvor.169 wertung von Nebenprodukten der Fleisch- ··································································· wirtschaft immer größer wurde, dass der Kupfer galt lange Zeit als Gebrauchsmetall Konsum mancher der Erzeugnisse, mit de- ohne hohen Wert. Die Vorkommen waren nen sie handelten, von Moden abhängig war verbreitet und die Verhüttung kostspielig. oder dass diese im Begriff waren, von ande- Kupfer war ein Metall, aus dem man billige ren Stoffen abgelöst zu werden. Ihre Auf- Münzen und Gebrauchsgegenstände fer- merksamkeit wandte sich daher dem ur- tigte, nicht aber ein Investitionsobjekt. Dies sprünglichen Nebenzweig des väterlichen änderte sich mit dem Anbruch des „electric Geschäfts zu, dem Handel mit Metallen, age“, des Zeitalters der Elektrizität. Gefragt Blei, Zink und – Kupfer.167 waren jetzt Materialien, die eine Übertra- ··································································· gung von elektrischer Energie über mittlere Rotes Metall und große Distanzen ermöglichten. Das ··································································· ebenfalls leitende Eisen hat dem Kupfer ge- Die Lewisohns waren bereits erfahrene genüber gravierende Nachteile: Es rostet, Kaufleute, als sie sich dem Handel mit Kup- seine Leitfähigkeit ist geringer und es ist fer zuwandten. Die Förderung und Verar- nicht so flexibel wie Kupfer und daher beitung von Metallen jedoch war Neuland schlechter zu verarbeiten. Der Markt für für sie. Indem sie diese Geschäftsfelder für Kupfer erreichte so ganz neue Dimensio- sich entdeckten, bewiesen sie jene Flexibi- nen. Ein Gebrauchsmetall von vergleichs- lität, die für ihr Karriere und den Aufbau weise geringem Wert blieb es zwar, der Be- ihres Vermögens von entscheidender Bedeu- darf aber stieg so stark, dass auch mit dem tung sein wollte: „We found ourselves ex- „Metall der Armen“ nun enorme Summen panding in that direction, cautiously at first, verdient werden konnten. going into mining, refining combinations, ··································································· financing, and, at last, into the issuing, buy- Verwendung fand Kupfer in Produkten

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zur Energieerzeugung (in Dynamos und und nach Europa exportiert worden, um Elektromotoren) und ihrer Übertragung den amerikanischen Markt zu entlasten. Als (Leitungen), die nun in all jenen Bereichen es wieder im Preis zu steigen begann, wurde eingesetzt wurden, die uns heute selbstver- es, trotz der Frachtkosten, attraktiv, Kupfer ständlich sind: zur Erzeugung von elektri- zu reimportieren.172 Es bestanden allerdings schem Licht im Haushalt wie im öffent- einige problematische Auflagen: Das Kupfer lichen Raum (ab 1879 gab es elektrische musste in der Originalverpackung reimpor- Straßenbeleuchtung in und San tiert werden (den „original casks“) und der Francisco); in elektrischen Geräten (elektri- originale Empfänger der Ware in Europa sches Kochen oder Heizen lagen allerdings sollte dem Reimporteur ein Zertifikat aus- noch jenseits des Horizonts); vor allem aber stellen. Die ursprünglichen Behälter waren in der Elektrifizierung des Transports und jedoch bereits zerstört worden, und auch ein Nahverkehrs, etwa im boomenden Straßen- Zertifikat war vom Geschäftspartner nicht bahnbau (1887 lief in Richmond, , zu erhalten. Lewisohns entschlossen sich, die erste Elektrische; 1897 fuhr in Boston die das Risiko einzugehen, und vertrauten da- erste U-Bahn) sowie beim Aufbau von Tele- rauf, dass der amerikanische Zoll es nicht so graphie und Telephonie. Um 1900 waren in genau nehmen werde. Sie hatten Erfolg und den USA bereits 346.000 Kilometer Telegra- konnten ihr Kupfer Gewinn bringend wei- phendraht verlegt. Und gab es um 1890 ter veräußern, mit drei bis vier Cent Profit 500.000 Telephonapparate, so waren um pro Pfund (lbs.).173 1900 bereits mehr als eine Million in Ge- ··································································· brauch, 1915 über neun Millionen.170 Die 1879 bekamen die Lewisohns dann ihre Basis für den Erfolg der Lewisohns im Ge- erste Kupfermine angeboten, und zwar in schäft mit Kupfer war vor allem die spürbar Butte (Montana). Adolph machte sich von steigende Nachfrage. New York aus auf den weiten Weg ans an- ··································································· dere Ende des Kontinents, in die Rocky Als Adolph Lewisohn noch in Hamburg Mountains, um die Mine zu inspizieren. lebte, wurde in den USA noch sehr wenig Butte steckte zu dieser Zeit noch in den Kin- Kupfer produziert. 1845 wurden ganze zwölf derschuhen und war ein Stadt an der „Fron- Tonnen aus den bedeutendsten Minen am tier“, der Besiedlungsgrenze der USA. Als Oberen See gefördert. Um die Zeit aber, als Staat bestand Montana noch nicht, sondern die Lewisohns ins Kupfergeschäft einstie- war seit 1864 ein so genanntes „Territorium“ gen, besaß Calumet & Hecla in Michigan an der Grenze zu Kanada. Um 1740 von bereits die Mine mit dem weltweit höchsten französischen Trappern erkundet und 1803 Einzelausstoß.171 Von 1873 an erschwerte zu- als Teil der französischen Kolonie Louisiana nächst eine tiefe und anhaltende wirtschaft- von den USA erworben, erfolgte die Besied- liche Depression die geschäftliche Neuori- lung durch Weiße erst nach der Entdeckung entierung. 1878 aber bot sich den Lewisohns von Gold im Jahr 1862. Die ansässigen In- die Möglichkeit, mit Kupfer erstmals eine dianer wehrten sich heftig, aber erfolglos. größere Summe Geld zu verdienen, und 1889 sollte Montana dann als 41. Staat in die zwar durch dessen Reimport. Das Metall Union aufgenommen werden. war bis vor kurzem stark im Preis gefallen ···································································

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Butte (Montana) in den frühen Jahren

„Mining claims“ konnten überall und von mit überschwemmen sollte – „the richest jedem in Besitz genommen werden, wo dies hill on earth“.175 zuvor noch niemand getan hatte. Man ··································································· musste lediglich über einige Jahre Arbeit im Nachdem die Lewisohns vorab Experten Wert von hundert Dollar in den Claim in- dorthin gesandt hatten, unternahm Adolph in vestieren, und konnte sich nach Ablauf der den frühen 1880er Jahren zwei weitere Reisen Frist von den Vereinigten Staaten den Besitz in die Wildnis und verbrachte jedesmal zwei bestätigen lassen. Anhaltende Auseinander- oder drei Monate in Butte.176 Eine durchge- setzungen über die Claims deren Entde- hende Bahnlinie dorthin existierte noch nicht, ckungsdatum, die Besitzrechte und Grenzen die Weltwirtschaftskrise von 1873 hatte alle im waren die Folge.174 Bau befindlichen Projekte zum Stillstand ··································································· gebracht.177 Die letzten hundert Meilen legte Butte, das als kleine Goldgräbersiedlung Lewisohn daher jeweils im buckboard zurück, entstanden war, hatte sich bald als ein Ort einem Einspänner simpelster Bauart. Butte, herausgestellt, an dem es auch Silber gab. das waren wenige Jahre zuvor noch einige Vor allem aber Kupfer – und zwar in derart verstreute Häuser in der Prärie gewesen. 1880 gewaltigen Mengen, dass Butte in den nächs- lebten dort bereits 3.000 Seelen, 1885 schon ten Jahrzehnten den US-Markt förmlich da- 14.000. Eine Poststation gab es seit 1878.178

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Die erste Kupfermine der Lewisohns – die „Colusa“ in Butte (Montana)

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··································································· Kupfer aus der Region vom Oberen See Der erste Claim, den die Lewisohns erwar- verarbeitete.182 ben, hieß „Colusa“, sein Vorbesitzer war ··································································· Charles T. Meader. Zur Ausbeutung des Der Anfang der Lewisohns im Geschäft Erzvorkommens gründeten die Lewisohns war beschwerlich. Die Neulinge waren be- die Montana Copper Company, mit einem müht, unnötige Risiken zu vermeiden und Kapital von 75.000 Dollar: „This, a small ca- sich finanziell nicht zu übernehmen. Als ein pital, was afterwards expanded greatly.“179 In Preisverfall einsetzte, so dass die Produkti- unmittelbarer Nähe lag die Anaconda Mine, onskosten nicht mehr gedeckt waren, stand die zu dieser Zeit noch als Silbermine galt man vor der Frage, ob man die Produktion und weitgehend brachlag. Zweieinhalb Jah- einstellen oder im Vertrauen auf steigende re später entsandte das „Chamber Syndi- Nachfrage und Preise weiter produzieren cate“ (Haggin, Travers und Hearst) einen sollte. Besonderen Wert legten die Lewi- neuen Aufseher, , um die Mine sohns von Anfang an darauf, alle Geschäfte zu untersuchen. Daly war es, der das gewal- „according to the highest legal and ethical tige Kupfervorkommen in der Anaconda standards“ durchzuführen. Verlässlichkeit entdeckte, dessen Ausbeutung begann und stand an oberster Stelle. Adolph formulierte dazu die Company be- in diesen Jahren ein Motto, dass nach seinen gründete, bald der größte Kupferproduzent Angaben für sein Geschäftsleben bestim- der Welt – und der große Konkurrent der mend wurde: „Before the word is spoken, Lewisohns. Die Anaconda startete dabei mit you must govern it; after it is spoken, it must einem großen Kapital im Rücken, das aus govern you.“183 Später resümierte er nicht dem Silber- und Goldbergbau in Kalifor- ohne Stolz, aber auch nicht ohne Dankbar- nien und Nevada stammte.180 keit, dass er fähig gewesen sei, seine Ge- ··································································· schäftsvisionen zu zügeln: „in a word, that Der Kaufpreis für den Claim der Lewi- my father’s business prudence governed the sohns war attraktiv niedrig. Die Geschäfts- more adventurous side of us“.184 risiken lagen auf anderem Gebiet. Erstens ··································································· verfügte Butte über keinen Bahnanschluss: Die Reise nach Butte war nicht das An- Der nächste, von der Union Pacific Rail- strengendste am Engagement in Montana. road, lag in Ogden im Staat Utah, 250 Mei- Schwieriger war es, einen passenden Leiter len entfernt. Damit waren sowohl die für die Mine zu finden, was erst nach vielen Heranschaffung des Materials als auch der Wechseln mit „Captain“ Thomas Couch ge- Abtransport mit Ochsenwagen so zeitrau- lang. Schon auf seinen beiden Reisen nach bend und teuer, dass sich dies lediglich für Butte nahm Lewisohn Experten mit, um Erz mit ausgesprochen hohem Kupferge- sich von ihnen beraten zu lassen, einmal halt rentierte.181 Zweitens meinten Exper- James Douglas, einmal August Raht, der ten, dass das Arsen im Erz aus Montana es später höchst erfolgreich für die Guggen- zu spröde mache, um es außerhalb von Gie- heims arbeitete.185 Nach Adolph Lewisohn ßereien zu verarbeiten, und dass es ungeeig- hängt der Erfolg im Bergbau weniger als in net sei für die Verwendung in der Elektro- anderen Industrien von dem ab, was man industrie, wo man vor allem das reinere persönlich beiträgt, sondern vom Charakter

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und den Fähigkeiten der Experten, die man über eine Lösung nach. Er nahm es in sei- beschäftigt, „experts who not only have the nen Erinnerungen als persönlichen Erfolg necessary skill, judgment and knowledge, für sich in Anspruch, dass er Sidney Dillon, but even more than that – those who are re- den Präsidenten der Union Pacific, über- liable in character.“ Die Fähigkeit des Un- zeugt habe, von Ogden in Utah einen Bahn- ternehmers beweist sich also in der Auswahl anschluss nach Butte zu bauen, mit dem Ar- seiner Mitarbeiter. Menschen zu finden, die gument, der Bau der Bahn werde den Aus- über Kenntnisse verfügen, ist dabei das eine; bau der Minen beflügeln, so dass die sichere Menschen mit verlässlichem Charakter zu Auslastung der Linie garantiert sei.188 An der finden, das andere. Der erfolgreiche Unter- Entscheidung der Union Pacific werden nehmer vereint beide Fähigkeiten: „he must aber gewiss noch andere mitgewirkt haben, win his man over to him by showing him denn die Lewisohns waren zu dieser Zeit in that he trusts him, giving him full discretion Kupfer noch vergleichsweise kleine Fische. and authority, loyally standing behind him ··································································· within the scope of his authority and letting Ende Dezember 1881 erreichte endlich ein him know that his employer expects and de- erster Zug Butte. Eine Lösung für das Kos- serves absolute and loyal responsibility for tenproblem der Minenbesitzer war dies je- his work entrusted to him.“186 doch nicht: Die Union Pacific nutzte ihr ··································································· Monopol weidlich und hielt die Frachttarife Experten werden für die verschiedensten auf hohem Niveau. Wichtig war daher der Bereiche gebraucht: Geologen, die die Bo- Bau einer zweiten Bahnlinie 1884 durch die denbeschaffenheiten untersuchen und Ana- Northern Pacific von der Westküste her,189 lysen vorlegen, um einen ertragreichen genauer von Helena aus, die nicht nur Wett- Claim zu lokalisieren; Pläne für die Ausbeu- bewerb schuf, sondern es den Minenbesit- tung müssen erarbeiten werden; Ingenieure zern vor allem ermöglichte, San Francisco, müssen Schächte setzen, das gefundene Erz Seattle und Portland (Oregon) zu erreichen. beurteilen und entscheiden, in welcher Wei- Lewisohn nutzte die Konkurrenz, um mit se dessen Verarbeitung praktisch und ge- der Northern Pacific einen günstigeren winnbringend möglich ist. Der Auswahl der Frachttarif zu vereinbaren, musste allerdings Mitarbeiter und der Analyse der Gesteins- im Gegenzug ein hohes Frachtaufkommen proben folgt der Entschluss über die Vorge- zusichern.190 hensweise, die rechtliche Sicherstellung des ··································································· Eigentums („the securing of the property“), In dieser Ausgangslage hatte Lewisohn eine die Bereitstellung von Maschinen, Material Geschäftsidee: Die erforderlichen Frachtra- und Arbeitskräften, der Transport und die ten konnte er nur erzielen, indem er Ver- Verarbeitung des Erzes, sowie die Vermark- wendung schuf für das minder gehaltvolle tung der Produkte.187 Erz, das in seiner Mine in großer Menge ··································································· vorhanden war. Der entscheidende Schritt Da durch den fehlenden Bahnanschluss war es, dass die Lewisohns den Eisenbahn- eine der größten Schwierigkeiten für eine Magnaten James Hill gewinnen konnten, rentable Produktion in Butte die Transport- eine Trasse der Great Northern nach Butte kosten waren, dachte Adolph Lewisohn zu bauen, die 1888 den Ort erreichte. Die

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Frachttarife fielen stark, von 17 auf 10 Dol- ··································································· lar pro Tonne.191 Aber auch Hill ließ sich im Zum anderen war durch die weltweit an- Gegenzug für den Bau der Strecke vertrag- steigende Nachfrage ein Markt auch für ge- lich hohe Frachtraten garantieren. Diese Be- ringerwertiges Erz entstanden, vor allem in dingung stellte für die Lewisohns jedoch England. Durch den Bau der zweiten und kein Problem dar, hatten sie doch riesige dritten Bahnlinie wurde es möglich, große Mengen von geringwertigem Erz auf Halde, Mengen davon zunächst zu günstigen Fracht- die sie auf der neuen Linie transportieren tarifen in die Häfen der Westküste zu schaf- lassen konnte. Die Trasse der Great North- fen, und von dort aus, Kosten sparend, als ern führte vorbei an den Great Falls am Mis- Ballast auf Frachtschiffen um Kap Hoorn souri, etwa 180 Kilometer Luftlinie von herum über New York nach Liverpool. Die Butte, wo die Lewisohns die dort zur Verfü- durch das größere Aufkommen gesenkten gung stehende immense Wasserkraft nutz- Frachttarife ermöglichten, trotz des weiten ten, um ein großes und modernes Hütten- Transportwegs rentabel zu arbeiten.195 Der werk zu errichten – ihr erstes kleines Schmelz- Grundstein für das beachtliche Vermögen werk stand seit 1880 in Butte. Die Lewisohns der Lewisohns war gelegt. hatten lange einen Standort am Missouri ··································································· nahe Helena geplant. Hill jedoch, der in Nicht nur die Betriebe der Lewisohns flo- Great Falls reichlich Land besaß, förderte rierten. Das beständig wuchernde Butte ver- ihre Entscheidung für eine Ansiedlung dort, schwand unter einer Dunstglocke aus den indem er ihnen 1.500 Anteilsscheine der Schornsteinen der kupferverarbeitenden Great Falls Townsite Company überließ.192 Betriebe. Blumen und Gräser starben; die ··································································· wenigen Bäume, die nicht der Bau der Mi- Es war zum einen dieses Schmelzwerk, das nen verschlungen hatte, starben; Katzen, die den Lewisohns die Verarbeitung ihres gerin- sich den allgegenwärtigen arsenhaltigen gerwertigen Erzes ermöglichte, und dabei Staub ableckten, starben; selbst das Vieh Preise zu erzielen, die mit jenen konkurrie- hatte kupferfarbene Zähne. Der „reichste ren konnten, die durch die Anaconda Cop- Hügel der Welt“ sah eher aus wie der Thron per Company und die Minen am Oberen des Teufels. Und roch auch so.196 See (mit ihrem höheren und hochwertigen ··································································· Ausstoß)193 gesetzt wurden. Frühere Versu- In den Jahren vor 1880 hatten die Minen am che, die Kupfergewinnung aus dem Erz der Oberen See in den USA noch einen Markt- Mine zu verbessern – von den Lewisohns anteil von achtzig Prozent, bis 1883 war ihr etwa bei James Douglas jr. in Phoenixville, Anteil unter 52 Prozent gesunken. Butte , bei den Baltimore Copper aber lieferte schon über 21 Prozent, und die Works oder gar in England in Auftrag gege- Camps in Arizona 20.197 ben – hatten keine befriedigenden Ergeb- ··································································· nisse erbracht. Die Konkurrenz – Anaconda Im September 1887 lösten Adolph und Leo- – hingegen machte, mit größerem Kapital nard die Bande zum Hamburger Mutter- im Rücken, auf diesem Gebiet bedeutende haus und dem Londoner Ableger und über- Fortschritte durch den Bau eines großen nahmen die New Yorker Filiale, also fünf- Hüttenwerks.194 zehn Jahre nach dem Tod des Vaters und der

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Rückkehr von Julius nach Hamburg und schlossenheit für Innovationen und rational neun Jahre nach dem Erwerb der „Colusa“- gebremsten Risikobereitschaft bewältigt. Mine. Die New Yorker übernahmen das Die Herausforderung der Zukunft lag aber amerikanische und die Hamburger das eu- darin, Kupfer herzustellen, das die notwen- ropäische Geschäft.198 Das hatte zunächst dige elektrische Leitfähigkeit besaß.203 Und zur Folge, dass die New Yorker ihre eigenen dies musste zu Konditionen erreicht wer- Lieferanten- und Vertriebskontakte in Euro- den, unter denen das Produkt konkurrenz- pa aufbauen mussten (für den Vertrieb von fähig blieb gegenüber dem von Natur aus Kupfer – hier bestand keine Konkurrenz zu hochqualitativen Erz vom Oberen See. den europäischen Aktivitäten des Hambur- ··································································· ger Hauses – und für den Einkauf von Roh- Dadurch sahen sich die Lewisohns auf ein materialien wie Wolle oder Rosshaar).199 Zu weiteres Feld getrieben: die Metallurgie.204 diesem Zweck unternahm Adolph im glei- Nach wie vor standen keine starken Kapital- chen Jahr erneut eine Geschäftsreise durch ressourcen zur Verfügung, um Versuche zu zahlreiche Länder Europas, die fünf Monate finanzieren: „we (…) could not afford to in- dauerte.200 Reisen wie diese wurden in den vest heavily and had to limit our risk and folgenden Jahren für Adolph zur Routine. await opportunity. We were trying to pro- 1887 bereiste er unter anderem Russland, auf ceed cautiously but we were alert in every di- der Suche nach Lieferanten für lange Keiler- rection, ready to set our sails for any borsten, Kamelhaar, Schafwolle von den breeze.“205 Nahm Lewisohn auch für sich in Ufern des Don und der Wolga (für die Tep- Anspruch, auf seinem ursprünglichen kauf- pichproduktion) und nach sibirischem männischen Feld ein echter Kenner gewesen Wildpferdehaar. Seine Reise führte ihn nach zu sein, war er sich doch bewusst, dass er auf St. Petersburg, Moskau und zu den Märk- den Gebieten, in die er jetzt immer tiefer ten von Nischni Nowgorod. Die Kontakte vordrang, ein Amateur war, und kein An- zu Händlern gaben ihm zahlreiche Eindrü- drew Carnegie oder Charles M. Schwab mit cke von den Zuständen im zaristischen deren technischem Wissen.206 Russland. Eingeprägt hat sich ihm vor allem ··································································· das Klima allgegenwärtiger Bespitzelung.201 Eine konventionelle Raffinerie betrieben ··································································· die Lewisohns in Ansonia (Connecticut), Elektrolyse die Ansonia Copper Refining Company.207 ··································································· Diese aber konnte ihr Problem nicht bewäl- Mochte auch die Transportfrage gelöst tigen. Eine Lösung bot erst das Verfahren sein, so lag langfristig – das stand den Lewi- der Gewinnung reinen Kupfers durch Elek- sohns klar vor Augen – der Markt für Kup- trolyse. Beim Elektrolyse-Verfahren wird fer in der Elektroindustrie.202 Und hierfür das unreine Kupfer in Platten gegossen und blieb der Arsengehalt des Erzes aus Butte ein in einer Lösung aus verdünnter Schwefel- Problem. Kupfer zu finden, zu fördern, säure aus dem Erz als Kupfersulfat ausge- transportieren, verarbeiten und auf den laugt und dann aus dieser Lösung elektro- Markt zu bringen war das eine, und alles chemisch als elementares Kupfer ausgefällt. hatten die Lewisohns mit ihrer Energie und Der unreine Kupferstein wird mit dem Plus- ihrem geschäftlichen Weitblick, ihrer Aufge- pol einer Stromquelle verbunden und ge-

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genüber feinen Blechen aus reinem Kupfer zu informieren: „The Germans were the aufgehängt, die mit dem Negativpol ver- leaders of the world in chemical research as bunden sind. Das reine Kupfer löst sich aus applied to manufacturing, but they had not den Anoden-Platten und lagert sich an der the American genius for replacing hand Kathode an. Die unreinen Bestandteile sin- labor with machinery or for large scale pro- ken zu Boden. Und da das Kupfer aus Mon- duction.“210 In Goslar zeigte man ihm in ei- tana oftmals Silber oder Gold enthält, konn- nem staatlichen Betrieb reines, aus Kupfer- ten in einem eigenen Durchgang auch diese erz gewonnenes Arsen in Puderform und wertvollen metallischen „Verunreinigun- Kupfer, das eine erheblich bessere Qualität gen“ gewonnen werden, ja dies war ur- hatte als das auf herkömmlichem Weg ge- sprünglich der Grund zur Anwendung der wonnene. Das Gesehene bestärkte Lewi- kostspieligen Verfahrens. Kostspielig war sohn in der Auffassung, dass man auf dem nicht der Arbeitsaufwand, sondern die Ge- richtigen Weg war. „Later on we achieved winnung der notwendigen Mengen elektri- great success in this enterprise“, und, wie scher Energie. Abhilfe schuf eine schöne his- Lewisohn betonte, „not by following other torische Wechselwirkung: War anfangs die people who we engaged in that kind of mangelnde Entwicklung der Generator- work, but by breaking the path for oursel- technik das Haupthindernis für die Anwen- ves.“ Der Erfolg sei ihnen nicht auf dem Sil- dung des seit langem theoretisch bekannten bertablett präsentiert worden.211 Verfahrens, so war es die durch die Kupfer- ··································································· förderung und -verarbeitung befeuerte Ent- Der nächste Schritt war die Errichtung ei- wicklung der Elektroindustrie, die wie- ner großen elektrolytischen Raffinerie in derum das Generatorproblem löste.208 Perth Amboy (New Jersey), die von McCoy ··································································· geleitet wurde. Anderthalb Millionen Dol- Da es in Amerika keine Experten für das lar investierten die Lewisohns in das Werk. Elektrolyse-Verfahren gab, warb Lewisohn Später wurde die Raritan Copper Works für die Aufgabe einen jungen Mann an, der weiter ausgebaut und zu einer der weltweit zwar nicht über Spezialwissen verfügte, je- größten Raffinerien.212 Als das Werk in doch über ausreichend Energie und Fähig- Perth Amboy begann, mit großem Erfolg zu keiten, sich die notwendigen Kenntnisse an- arbeiten, war es Adolph Lewisohn ein stiller zueignen, den Schwiegersohn seines Freun- Triumph, Vertretern der Norddeutschen Af- des Daniel Littlefield, J. C. McCoy. finerie aus seiner Heimatstadt, die um eine ··································································· Werksbesichtigung gebeten hatten, alle ge- Die erste kleine Elektrolyse-Raffinerie ent- wünschten Einzelheiten zu zeigen. Jahre zu- stand in Pawtucket, am Sitz von Littlefields vor, als Adolph vor seinem Einstieg in die Fabrik, die New England Electrolytic Cop- Elektrolyse Erkundigungen in Europa un- per Refining Company in Central Falls ternommen hatte, hatte die Leitung der Af- (Rhodes Island).209 Bevor man über Pawtu- finerie (die seit 1876 zu den Pionieren auf cket hinaus expandierte, unternahm Lewi- dem Gebiet gehörte) ihrerseits abgelehnt, sohn auf einer seiner Reisen nach Europa ei- seiner Bitte um eine Besichtigung nachzu- nen Abstecher nach Goslar im Harz, um kommen.213 sich über die Gewinnung von Arsen aus Erz ···································································

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Nach dem Vorbild von Perth Amboy ··································································· wurde auch das Werk in Great Falls bis 1893 Was Bigelow und Clark gesehen haben, modernisiert und – als zweites Werk in muss sie überzeugt haben. Den Lewisohns Montana überhaupt – auf das Elektrolyse- bot die Partnerschaft mit ihnen neue finan- verfahren umgestellt, wobei man auf Basis zielle Sicherheiten, etwa für den Bau ihres der Erfahrungen aus Pawtucket und Perth großen Hüttenwerkes an den Great Falls.216 Amboy manch technische Verbesserung Das Ergebnis war die Boston & Montana vornehmen konnte. Die Great Falls lieferten Consolidated Copper and Silver Mining durch ein Wasserkraftwerk die benötigte Company und deren kleinere Schwester, die Elektrizität in unbegrenztem Maß. Dies er- Butte & Boston Consolidated Mining Com- möglichte den Lewisohns, sich „mit der pany. In beiden Gesellschaften war ein Le- Welt zu messen“: Mit den neuen Anlagen wisohn aktiv, entweder Leonard, Adolph konnte selbst Erz, das nur 0,75 Prozent Kup- oder ihr Halbbruder Philip. Leonard aber, fer enthielt, profitabel und zu der von den „cultivated, domineering, exceptionally Kunden gewünschten Qualität verarbeitet shrewd and tough“, wurde mit der Zeit die werden. Die Produktionskosten sanken auf dominierende Gestalt in beiden.217 fünf Cent pro Pfund. Hinzu kamen schöne ··································································· Erträge durch das als Nebenprodukt gewon- Boston & Montana, oder kurz B&M, nene Silber und Gold.214 entwickelte sich zur größeren der beiden ··································································· Gesellschaften, ja wurde durch das heraus- Fusionen ragende Management und die guten finan- ··································································· ziellen Reserven eine der größten Kupferge- Erfolg hatten die Lewisohns nicht nur als sellschaften der Welt, die vor allem die höchs- Kupferproduzenten, sondern vor allem als ten Profite pro Pfund produziertem Kupfer Kupferhändler. Alle drei Geschäftsbereiche, erzielte. Dem maßgeblichen „Copper Hand- Förderung, Verarbeitung und Handel, ent- book“ galt sie daher 1902 als der beste Be- wickelten sich parallel. Bereits seit etwa 1885 trieb in Montana, „despite the greater devel- waren die Lewisohns Verkaufs-Agenten für opment and production of Anaconda.“ Un- die „Tamarack“, „Osceola“ und „Kearage“- ter dem langjährigen Superintendenten Minen am Oberen See. 1887 bekamen deren Thomas Couch bewirtschaftete B&M die Eigentümer, Joseph W. Clark und Albert S. „Colusa“-Mine, hinzu kamen „Mountain Bigelow aus Boston,215 in Montana die un- View“, „West Colusa“, „Pennsylvania“, „Leo- aufgeschlossene Mine „Mountain View“ an- nard“, „Liquidator“, „Comanche“, „Wan- geboten, die nahe der „Colusa“ lag. Boston dering Jew“, „Badger State“ und andere. Die war durch den Kupferbergbau am Oberen kleine Schwester Butte & Boston – B&B – See eines der Zentren des Kupferinvest- vereinigte die Minen „Mountain Chief“, ments geworden. Adolph Lewisohn empfahl „Silver Bow“, „Grey Cliff“, „LaPlata“, „Blue Bigelow und Clark, Thomas Couch zur In- Jay“ und „Belle of Butte“ unter sich.218 spektion mitzunehmen. Und er bot an, auf ··································································· der Reise doch auch die „Colusa“ zu inspi- Die Zusammenarbeit der Lewisohns mit zieren, und zu überlegen, ob man nicht ei- Bigelow und Clark erwies sich als ausgespro- nen Zusammenschluss erwägen solle. chen fruchtbar. Neben der Anaconda wurde

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Das Fundament von Lewisohns Vermögen: Kupferminen wie Mountain View, Leonard, Pennsylvania und Silber Bow

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Eins der Schmelzwerke von Butte & Boston

B&M der größte Betrieb in Butte, ein ech- and all the sales contracts were made to us.“ ter Faktor für den Aufstieg der Stadt zum Schon bald lief ein Gutteil allen Kupfers in bedeutendsten Kupferproduzenten in den der einen oder der anderen Weise durch die USA. 1895 produzierten B&M und B&B Hände der Lewisohns,221 1889 bereits etwa schon über 86 Millionen Pfund raffiniertes „55% of all the copper produced in the Uni- Kupfer jährlich, 23 Prozent der US-Produk- ted States.“222 Vor diesem Hintergrund ist es tion; 1899 waren es bereits fast 109 Millio- nicht verwunderlich, in welch kurzem Zeit- nen Pfund.219 raum die Lewisohns in den Jahren zwischen ··································································· 1887 und der Jahrhundertwende ihr bedeu- Dadurch, dass die Lewisohns ihre Mon- tendes Vermögen akkumulierten. tana Copper Company in die B&M ein- ··································································· brachten, wurden sie nicht nur deren An- Vollkommen im Dunkeln lässt Adolph teilseigner und Leonard einer der Direkto- Lewisohn in seinen Erinnerungen allerdings ren. Bedeutender war, dass vereinbart wur- den Anteil, den sein Bruder Leonard hieran de, das Management der Produktion von hatte. Die Literatur zur Kupferindustrie Boston aus zu leiten, die Vermarktung des schildert durchgehend Leonard als führen- Kupfers aber (sowohl der Minen von B&M den Kopf der Firma, schließlich war er der als auch von B&B)220 vollständig in die Seniorchef, über den es heißt: „under his Hände der Lewisohns zu legen: „They tur- management, Lewisohn Bros. developed ned over their copper to us and we loaned into the largest firm in the United States en- them 80% of the value of all copper in our gaged in supplying the markets of the world hands. In other words, we were their factors with American Copper“.223 Dabei scheint es

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zwischen beiden Brüdern eine Aufgaben- ten.228 „Those who had speculated or dealt verteilung gegeben zu haben: „Of the two short in ‚Chili Bars‘ [Kupferbarren aus brothers, [Leonard] had concerned himself Chile, die bis Ende der 1880er Jahre als largely with the initation of projects and einziges Kupfer an der Londoner Metal their financing, while Adolph, more cau- Exchange gehandelt wurden, H. A.] were tious, was the business-getter who carried ‚caught‘ and ‚Chili Bars‘ advanced within a ideas into actual operation.“224 Es hat aber year or two from forty pounds to about one den Anschein, als sei Adolph in seiner Au- hundred and twenty pounds sterling a tobiographie der Versuchung erlegen, sich ton.“229 Lewisohn konnte jetzt sein Kupfer in ein etwas helleres Licht zu setzen, als es zu gutem Kurs verkaufen und dabei eine angemessen gewesen wäre. Sein Bruder aber Differenz von 30.000 Pfund einstreichen – konnte dagegen seit fast dreißig Jahren kei- rund 600.000 Goldmark. nen Einspruch mehr erheben. ··································································· ··································································· Aber der Preisverfall zuvor hatte bereits an- Secretans Syndikat dere Akteure auf den Plan gerufen. In Paris ··································································· bestand seit den 1860er Jahren die Société Bereits in der Zeit, als die Lewisohns in Industrielle et Commercialle des Métaux.230 das Kupfergeschäft einstiegen, hatte der Die Société hatte zunächst als kleiner Indus- Kupferpreis begonnen unter der Überpro- triebetrieb begonnen und war dann durch duktion zu leiden, auch durch den enormen den deutsch-französischen Krieg 1870/71 Zuwachs in der Region Butte.225 Um 1885 und mit der Produktion von Patronen groß hatten die Lewisohns bei ihrem Konkurren- geworden. 1887 gehörte die Société zu größ- ten, der Anaconda Copper Company, ange- ten Kupferabnehmern in Europa. regt, den Ausstoß zu drosseln, um den Preis ··································································· stabil zu halten. Vergeblich. So erlebte man Hyacinthe Secretan war „Sekretär“ der einen Preisverfall von 20 bis 25 Cents im Société und „ein Mann großer Visionen“. Jahr 1880 auf 18, 12 und gar 10 Cent pro Secretan hatte ebenso wie die Lewisohns er- Pfund 1886, der die Lewisohns an den Rand kannt, dass Kupfer in den kommenden Jah- der Geschäftsaufgabe brachte.226 ren ein weit wichtigerer Rohstoff werden ··································································· würde, als er es bislang gewesen war, und Im Jahr 1887 auf seiner Europa-Reise, die dass er nicht nur in der Produktion von Kü- ihn auch nach Russland brachte, versuchte chenutensilien, Badewannen, Wasserleitun- Adolph 400 Tonnen Kupfer an den Mann gen oder Dachmaterialien Verwendung fin- zu bringen. Vergeblich. Er konnte lediglich den würde, wie dies bereits in seiner Société 25 Tonnen losschlagen, denn seine poten- geschah, sondern vor allem in der Elektro- tiellen Kunden rechneten mit weiter sin- industrie.231 kenden Preisen.227 Noch im gleichen Jahr ··································································· begann Kupfer dann wieder kräftig im Wert Secretan gründete im Februar 1887 das zu steigen, nachdem Brände in den Minen „French Syndicate“ (das nach seinem Grün- von Calumet & Hecla im Juli und Novem- der auch „Secretan Syndikat“ genannt wur- ber einen Produktionsverlust von etwa zehn de), mit dem Ziel, sich die weltweite Kup- Millionen Pfund Kupfer verursacht hat- ferproduktion der nächsten drei Jahre zu

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sichern. Finanziell gestützt wurde die ambi- Exchange contracts calling for G.M.B.’s tionierte Monopol-Kampagne von den Lon- ‚good merchantable brands‘. This, of doner wie auch den Pariser Rothschilds (die course, made the proposed corner or control bereits die Rio Tinto Mine in Spanien besa- of the world’s supply a much more gigantic ßen, sowie Minen im südlichen Kalifor- and difficult operation – practically an im- nien), und den Banken Crédit Lyonnais, possible one.“237 Zweitens brauchte das Comptoir d’Escompte und der Banque de Syndikat zu lange, um die Verträge abzu- Paris et Pays-Bas.232 schließen, so dass die Preise in der Zwi- ··································································· schenzeit bereits wieder auf dreizehn, ja Mitte 1888 hatten bereits 37 führende siebzehn Cent pro Pfund gestiegen waren Kupferproduzenten ihre Beteiligung zuge- (noch stimuliert durch die Veränderungen sagt, die für 80 bis 85 Prozent der Weltpro- an der Londoner Metall-Börse und das Un- duktion standen:233 „To tempt them to en- glück bei Calumet & Hecla).238 Drittens ter th[e] agreement, the price of thirteen begriffen die Verbraucher, dass der Preis für cents for ‚matte‘ (which graded 50% to 60% Kupfer künstlich erhöht werden sollte, und pure copper), was fixed. This was equal to hielten sich beim Kauf zurück; andererseits about fourteen and a half cents for refined waren, viertens, weltweit gesehen zu viele copper, about three cents above market Produzenten nicht bereit, Verträge mit dem price at that time. As an additional induce- Syndikat abzuschließen, und trieben auf ment, the producers were promised a certain Teufel komm raus ihre Produktion in die share of the profit to be realized above thir- Höhe. Und fünftens entstand ein enorm er- teen cents. In consideration of theses advan- giebiger Markt für das in großen Mengen tages each producer had to agree to limit his vorhandene Altkupfer, das bereits in Ge- production during the three years to a stipu- brauchsgegenständen aller Art im Umlauf lated amount“.234 Da für diese Verträge ge- war.239 waltige Geldsummen benötigt wurden, war ··································································· es für den Käufer notwendig, den Produzen- Am Ende kündigten die Rothschilds Secre- ten eine Garantie für die Zahlung zu bieten. tan ihren Kredit. Die Société fiel ebenso in Secretan gewann die größte Privatbank die Hand von Konkursverwaltern wie die Frankreichs hierfür, Comptoir d’Escompte, Comptoir d’Escompte. Der Direktor der die nur der Banque de France an Ressour- Bank nahm sich das Leben; Secretan verlor cen nachstand.235 sein Vermögen, wurde verhaftet und verur- ··································································· teilt. Dennoch hatte sein Unternehmen ei- Aber der Plan insgesamt scheiterte.236 Se- nen wichtigen Effekt für das Geschäft und cretan hatte die Schwierigkeiten zu gering das Ansehen der Lewisohns. Alle amerikani- eingeschätzt, sich ein Weltmonopol für ein schen Produzenten außer ihnen hatten sich Produkt zu schaffen. Erstens änderte um mit der Sicherheit der Comptoir d’Es- 1889 die „London Metal Exchange (…) its compte zufrieden gegeben, Adolph aber requirements as to standard deliveries and, hatte die Garantie einer weiteren Bank ver- instead of limiting Exchange transactions to langt, und zwar entweder eines finanzstar- the so-called ‚Chili Bars’, ruled that any ken amerikanischen oder englischen Insti- kind of copper could be delivered on Metal tuts. Ihm erschien Secretans Vorhaben von

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Beginn an als „abnormally large“ und er dass die Banken eigenmächtig vorgingen, hielt ein Scheitern durchaus für möglich. Im damit, durch Steigerung der Produktion ih- Herbst 1887 erhielt er eine zusätzliche Ga- rerseits den Kupferpreis auf fünf Cent pro rantie von der Privatbank Baring Brothers, Pfund hinunter zu schicken.243 London, in Höhe von einer Millionen ··································································· Pfund Sterling (etwa fünf Millionen Dollar Bereits zuvor war Adolph Lewisohn (als oder zwanzig Millionen Goldmark).240 Vertreter von Boston & Montana) gemein- Nicht nur standen Barings, als es dann da- sam mit dem Präsidenten von Calumet & rauf ankam, zu ihrer Garantie; sie beauftrag- Hecla, Livermore, und dem Vertreter der ten die Lewisohns auch mit dem Verkauf der Anaconda, James Haggin, nach Europa ge- 14.000 Tonnen Kupfer, die sie ihrerseits als reist, um in dem Desaster die Interessen der Sicherheit angenommen hatten. Die Lewi- US-Kupferindustrie zu vertreten. Jetzt eilte sohns gingen mit einem Gewinn von 1,5 er für Monate zwischen Paris und London Millionen Dollar aus den Aktivitäten Secre- hin und her, um an einer Vereinbarung mit- tans heraus.241 zuarbeiten. Gerade die Lewisohns waren ··································································· aber nicht bereit, um jeden Preis einer Re- Die Banken aber, die das Syndikat gedeckt duktion der Produktion zuzustimmen – aus hatten, saßen auf einer riesigen Menge Kup- Rücksicht auf die Anteilseigner ihrer Gesell- fer. 179.000 Tonnen waren in Frankreich schaft, wie sie betonten.244 Der Preis für und England akkumuliert, „held as collate- Kupfer musste sich daher über längere Zeit ral by the banking interests which had been von selber einpendeln. Dank des wachsen- backing the speculators“, davon 60.000 bei den Bedarfs in der Elektroindustrie konnte der Banque de France, 40.000 bei den Roth- der Markt die Mengen dann tatsächlich re- schilds, 25.000 bei Baron de Hirsch, 25.000 lativ rasch absorbieren.245 bei der Banque de Paris et Pay Bas. ··································································· ··································································· Und doch bedeutete es einen erheblichen Eines war klar: Sollten diese Mengen un- Prestigegewinn, zu diesen Verhandlungen geregelt in den Markt gelangen, war ein ka- hinzugezogen zu werden. Den Lewisohns tastrophaler Preisverfall garantiert. Es lag eilte nach der Affäre der Ruf voraus, sich als daher nahe, eine Vereinbarung über den einzige doppelt abgesichert zu haben: „I be- Verkauf zu treffen, in die auch die Kupfer- came known as ‚the Lewisohn who held the produzenten eingebunden werden muss- Baring guarantee‘.“ Die Brüder gehörten ten.242 Gerade die Banken hatten ein großes jetzt zu den Großen auf dem Feld, die mit Interesse daran, das von ihnen investierte Baron de Hirsch oder den Rothschilds di- Geld durch einen Verkauf des Kupfers so rekt verhandelten.246 Das Geschäft mit schnell wie möglich (und gegebenenfalls un- Borsten, Federn und Haaren überließen ter Inkaufnahme von Verlusten) wieder frei Leonard und Adolph bald ihren jüngeren zu bekommen. Die großen Produzenten Halbbrüdern Philip und Albert, die es un- hingegen wie Calumet & Hecla und Ana- ter dem Namen Lewisohn Importing & Tra- conda drängten die Banken auf eine gemä- ding Co Ltd. weiterführten.247 Lewisohn ßigte Abgabegeschwindigkeit, um den Preis Bros. hingegen blieb der Name der Firma stabil zu halten, und drohten für den Fall, von Adolph und Leonard.

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··································································· sollte. War zwar der Name angelehnt an den Kupferkriege des florierenden Unternehmens der Gug- ··································································· genheim-Familie, die Guggenheim Explora- Nicht nur in Montana, auch in Tennessee tion Company, so war Lewisohns Gesell- hatten die Lewisohns im Kupfergeschäft in- schaft doch weit weniger erfolgreich, und vestiert.248 Dort gründeten sie die Tennessee nur zwei nennenswerte Vorkommen konn- Copper Mining Company. In Tennessee ten erworben werden. Eines davon, eine wurde Kupfer bereits früh gefördert, wenn Mine mit dem Namen „Bagdad“, wurde auch später als am Oberen See, so doch eher bald weiter verkauft. Unweit von Globe als in Montana. Die technischen Probleme, (Arizona) aber erwarb Lewisohn 1907 – auf die es hier zu überwinden galt, waren ande- Empfehlung von J. Parke Channing, einem rer Art als in Montana. Das Erz in Tennes- Absolventen der Columbia School of Mines see war stark schwefelhaltig. Zunächst ver- – für 100.000 Dollar einen Claim, zu des- suchte man, den Schwefel aus dem Erz zu sen Ausbeutung die Miami Copper Com- rösten, aber die Emissionen verseuchten die pany gegründet wurde. In Erschließung und Felder der benachbarten Farmer. Gerichts- Infrastruktur wurde fünf Millionen Dollar prozesse waren die Folge. Man entschied investiert, die über Verkauf von „treasury sich für den „nassen Weg“, und stellte auf shares“ zusammengebracht wurden. Nach diesem Weg Schwefelsäure als Nebenpro- anfänglichen Problemen warf die Mine gute dukt her. Das Geschäft war bald einträgli- Erträge ab: In den nächsten 25 Jahren zahlte cher als die Kupferproduktion selbst. Nach die Company nach Lewisohns Angaben dem Ersten Weltkrieg stieg man zudem in mehr als 35 Millionen Dollar an Dividen- die Düngerproduktion ein, so dass aus der den.251 Daneben waren die Lewisohns betei- Firma die Tennessee Copper & Chemical ligt an der Isle Royale Consolidated Mining Company wurde. Etwa um 1900 schied Company am Oberen See (der einzig rent- Adolph Lewisohn nach eigenen Angaben ablen von sechs dortigen Neugründungen aus dem Kupfergeschäft in Tennessee aus. um die Jahrhundertwende) und an der Um 1920 kehrte er jedoch noch einmal in Santa Fe Gold & Copper Mining Com- das Management der Company zurück, und pany. Adolph war hinzu Präsident der South sorgte als Präsident dafür, dass erneut American Gold & Platinum Company, die schwarze Zahlen geschrieben wurden.249 Minen in Kolumbien besaß.252 ··································································· ··································································· Auch Arizona war Geschäftsfeld für die Le- Die beispiellose Fusionswelle in der US- wisohns, dort waren sie seit 1888 an der Old Wirtschaft um die Jahrhundertwende rief Dominion Copper Mining & Smelting auch Pläne ins Leben, sowohl in der Pro- Company beteiligt. Ihre Anteile hatten sie duktion wie in der Verarbeitung und im von den Keysers aus Baltimore erworben, Handel von Kupfer größere Zusammen- und fortan fungierten sie als Handelsagen- schlüsse zu realisieren. Die Wirtschaft hatte ten für die Mine.250 1906 gründete Adolph zu dieser Zeit begonnen, sich von der Bör- Lewisohn zudem die General Development senpanik von 1893 zu erholen, auch der Company, die neue Erzvorkommen lokali- Kupferpreis hatte 1896 wieder zu steigen be- sieren und in ihre Ausbeutung investieren gonnen,253 und der Sieg der USA im Krieg

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gegen Spanien 1898 und der erwachende Wirtschaftszweige vertikal, von der Gewin- Imperialismus trugen ihren Teil dazu bei, nung der Rohstoffe, über deren Verarbei- die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung tung bis zur Vermarktung des Endprodukts. und die Pläne für Zusammenschlüsse und ··································································· Großfusionen zu befeuern. Und auch die Neben ältere Industriegiganten wie John voranschreitende Herausbildung eines na- D. Rockefellers modellhafte tionalen Markts unterstützte den Trend: Company, die seit 1879 ein Quasi-Monopol Der zugrunde liegende Ausbau der Kom- im Petroleumgeschäft besaß, traten neue munikations- und Transportsysteme setzte Riesen. Am eindrucksvollsten sicher J. P. einen enormen Verdrängungswettbewerb in Morgans United States Steel Corporation, Gang, verschärft noch durch die techni- ein Muster vertikaler Konzentration,256 schen Innovationen dieser Jahre und die nach dem man auch dem Zug der Zeit den Wirtschaftskrise ab 1893, die kleinere Bewer- Namen gab: „Morganization“ – Organisa- ber beseitigte. tion nach der Art von Morgan. ··································································· ··································································· Ein weiterer Faktor war die Gesetzgebung Als den Großkonzernen vorgeworfen der Einzelstaaten in Bezug auf die Grün- wurde, die Preise künstlich hoch zu halten dung von Kapitalgesellschaften, die die und sich so auf Kosten des Gemeinwesens Rechtsform der corporation (Großgesell- zu bereichern, blieb die Gesetzgebung hier- schaft) attraktiver machte als andere Formen gegen in Ansätzen stecken. 1890 wurde im der Partnerschaft. Die bislang geläufigen US-Kongress zwar ein Gesetz verabschiedet, Kartelle (pools) wurden abgelöst durch trusts das die Zusammenarbeit von Unternehmen (eine Rechtsform, die erlaubte, mehrere Ge- untersagte, wenn diese den Wettbewerb be- sellschaften einem zentralen Management hinderten. Die obersten Gerichte aber neig- zu unterstellen) und diese wieder durch hol- ten einer Auslegung zu, die vorhandene Pro- ding companies (eine Fortentwicklung des bleme noch verschärfte: Verfolgt wurden trusts: Dachgesellschaften, in die alle Betei- informelle Preisabsprachen, die Verschmel- ligten ihren Aktienbesitz einbringen konn- zung unterschiedlicher Firmen zu neuen ten).254 Zwischen 1897 und 1904 schlossen Gemeinschaftsunternehmen hingegen be- sich mehr als 4.200 Unternehmen zu 257 anstandeten US-Gerichte nicht. Staaten- Konglomeraten zusammen. Die hundert übergreifende Holdinggesellschaften erfreu- größten Unternehmen vervierfachten im ten sich nun wachsender Beliebtheit. Be- Schnitt ihre Größe. Im Jahr 1904 produzier- sonders die Gesetze des Staates New Jersey ten vier Prozent aller amerikanischen Fir- waren in einer Weise liberal, dass viele Cor- men mehr als die Hälfte aller in den USA porations dort gegründet wurden. New Jer- hergestellten Industriegüter. Anfang der sey wurde zur „Mother of Trusts“.257 1890er Jahre gab es in den USA 86 Industrie- ··································································· konzerne mit insgesamt 1,5 Milliarden Dol- Auch die Unternehmen der Lewisohns lar Kapital; 1904 waren es bereits 318 mit ei- wurden in die atemberaubende Konzentra- nem Kapital von 7 Milliarden.255 Ganze tionsprozesse der Zeit hineingezogen. Das Produktionsbereiche wurden in ihrer Breite betraf zum einen die Produktion des Kup- (horizontal) zusammengefasst, ebenso ganze fers. Hier war die Gründung der Amalgama-

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len Deckung durch James Stillman (1850– 1918) von der National City Bank.261 Rogers, ein Finanzier, der in der Ölindustrie reich geworden war – genauer bei Standard Oil, deren Vizepräsident er war –, war einer der rücksichtslosesten und einflussreichsten Robber Barons und um die Jahrhundert- wende an einer Zahl von Großunternehmen führend beteiligt: „With a grudging respect, Wall Street insiders referred to him as the ‚Hell Hound‘ because of his piratical at- tacs.“262 Er war Präsident von Amalgamated von der Gründung 1899 bis zu seinem Tod.263 ··································································· William Rockefeller war der jüngere Bru- der des berühmten John D. Rockefeller, dem er mit seinem Verhandlungsgeschick zur Seite gestanden hatte, als es darum ging, unabhängige Produzenten in den Standard Oil Trust zu zwingen. Später tat er sich als Finanzier und „promoter“ von außerordent- lichen Fähigkeiten hervor. Anders als sein „Hell hound“ – Henry Huttleston Rogers berühmter Bruder (der lieber auf solide Er- (1840‒1909) pressung setzte) war William der Spekula- tion nicht abgeneigt. Als John D. sich aus ted Copper Company ein erneuter Versuch dem Geschäft zurückzog, um seine Millio- ein Monopol zu errichten258 – positiv inter- nen zu genießen und zu verschenken, hat- pretiert ein Versuch, die Kupferindustrie vor ten seine „Lieutenants“ noch nicht genug: einem Preisverfall durch Überproduktion Die Gruppe, die als „Standard Oil Gang“ zu schützen.259 Negativ betrachtet boten die bekannt wurde, und die sich zwar aus dem Geschäfte mit den Amalgamated-Anteilen Führungspersonal der Standard Oil rekru- einen Blick in die Abgründe der Gesetze von tierte, nicht aber organisatorisch mit ihr ver- Wall-Street im Jahr 1900. bunden war, hatte ihr Geld bereits in zahl- ··································································· reiche Kampagnen erfolgreich investiert, Von wem die Idee stammte, die größten bevor sie daran ging, nach dem Modell der Kupferproduzenten Amerikas und Europas Standard Oil das Kupfergeschäft zu mono- zusammenzuführen, lässt sich nicht mit Be- polisieren.264 stimmtheit sagen.260 Treibende Kräfte bei ··································································· der Durchführung waren aber William G. Bei der Amalgamated Copper handelte es Rockefeller (1844–1922) und Henry Huttles- sich nicht um einen Kupferproduzenten ton Rogers (1840–1909), mit der finanziel- (eine „mining company“), denn die Gesell-

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schaft betrieb selbst gar keine Minen, son- adventurous and audacious promotions“ dern um eine „security-holding corpora- der „Standard Oil Gang“ wurden 1905 in tion“, deren „assets (…) entirely of stocks of dem „“-Klassiker „Frenzied Fi- other operating corporations“ bestanden.265 nance“ von Thomas W. Lawson beschrie- Besonders ihre Finanzierung wurde zum ben, der zuvor als „chief broker“ in das Ge- Gegenstand bitterer Kritik: „In 1899 [Ro- schäft eingebunden gewesen war. Durch gers] formed (…) the gigantic trust, Amal- seine Buchveröffentlichung brach er mit sei- gamated Copper, which was the subject of nen alten Umfeld und starb später in Ar- such acrid criticism then and for years after. mut.267 In the building of this great trust, some of ··································································· the most ruthless strokes in modern business Doch der Reihe nach: Die Rogers-Rocke- history were dealt – the $ 38,000,000 ‚wate- feller-Gruppe hatte das Kupfergeschäft als ring’ of the stock of the first corporation, its lohnendes Feld für Konzentrationen ent- subsequent manipulation, the seizure of the deckt und begann zunächst massiv in Ak- copper property of the Butte & Boston tien von Kupferunternehmen zu investie- Consolidated Mining Company, the using ren, am Oberen See, in Utah und in Butte. it as a weapon against Boston & Montana Da aber die Anteile von Calumet & Hecla Consolidated Copper and Silver Mining streng zusammengehalten wurden, fokus- Company, the guerilla warfare against cer- sierte sich die Rogers-Gruppe bald auf tain private interests, the wrecking of the Butte. Ein wichtiger Erfolg für sie war es, Globe Bank of Boston.“266 Die „numerous dass sie Marcus Daly und James Ben Ali Haggin von der Anaconda für ihr Projekt gewinnen konnten. Beide Männer alterten bereits, und sahen eine Konsolidierung im Kupfergeschäft als notwendig an. Während aber Haggin seine Anteile an der Anaconda für 15 Millionen Dollar in bar liquidierte, konnte Daly dafür gewonnen werden, An- teile an der neuen Corporation zu neh- men.268 ··································································· Wie genau die Anaconda in den Zusam- menschluss gelangte, ist unbekannt.269 Mit Daly hatte man eine Gesamtpreis von 39 Millionen Dollar vereinbart – und, dass der Scheck (auf die National City Bank) für eine Zeit uneingelöst deponiert werden sollte. Dann wurde die Amalgamated ge- gründet, mit einer Reihe von Standard Oil-Angestellten als Strohmännern auf den Direktorenposten. Diese übertrugen das Ei- William Rockefeller (1844‒1922) gentum der Anaconda an die Amalgamated

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für 75 Millionen Dollar in Anteilscheinen. hinzu die Washoe Copper Company, die Diese wiederum wies die Standard Oil Parrot Silver & Copper Company und die Gruppe der National City Bank vor und lieh Colorado Smelting & Mining Company.272 darauf 39 Millionen Dollar – und bezahlte ··································································· damit Dalys Scheck. „Even after the rejecting of many millions ··································································· of improperly submitted and late purchased Der nächste Schritt war, die Aktien der orders, the subscription of Amalgamated neu gegründeten Gesellschaft der Öffent- stock ran to $ 130.000.000 – the largest lichkeit anzubieten. Mit den Einnahmen stock subscription Wall Street had ever seen. konnte die Schuld bei der Bank getilgt wer- (…) The public would soon regret it, for the den. Amalgamated was a pawn which was being ··································································· cynically manipulated by insiders. The Ro- Hier kam Lawson ins Spiel, der über exzel- gers-Rockefeller team acquired their ‚first lente Kontakte zur Wall Street, zu vermö- section‘ of Butte holdings for a total of genden Anlegern und zur Presse verfügte. Er $ 39.000.000. (…) The ‚Crime of the Amal- bereitete den Markt für die Anteilsscheine. gamated‘ (…) came when they flagrantly Mit großer Virtuosität entfaltete er eine overcapitalized their holding company at Kampagne, in der er sie als sichere und vor $ 75.000.000, or neraly twice its proven as- allem rentable Anlage pries: Die Vermögens- sets. In what can only be termed a callous werte der Amalgamated seien deutlich mehr fleecing of the public, Rogers and friends wert als das Gründungskapital; die Rendite now cooly issued the subscribers one share könne keinesfalls weniger als acht Prozent for each five shares solicited in the oversub- betragen. Immer wieder trug er das Argu- scription. This brought in $ 26.000.000. ment vor, dass durch die Konzentration Measured against the $ 39.000.000 pur- nicht nur viele Prozesse verschlankt und die chase price, this meant that the investing Kosten gesenkt werden könnten, sondern public was paying for two-thirds of the real vor allem auch, dass so eine gewinnstei- cost of Amalgamated’s properties. But the gernde Gestaltung der Preise möglich wer- investors thereby acquired with their de. Dass man Daly im Boot hatte, war für $ 26.000.000 only slightly more than one- die Öffentlichkeit der Ausweis, dass man auf third of the heavily watered shares of Amal- ein hocheffizientes Management rechnen gamated stock. All of which meant, of konnte.270 course, that the Standard Oil gang, having ··································································· really invested only $ 13.000.000 of their Lawson hatte mit seiner Eloquenz spekta- own dollars, now held nearly 500.000 kulären Erfolg. Als die Anteile der Amalga- shares of Amalgamated worth roughly mated Copper nach der Gründung Ende $ 50.000.000!“273 April 1899 auf den Markt gebracht wurden, ··································································· war das Papier binnen Tagen überzeich- In wenigen Wochen nach der Emission net.271 Im Grunde waren es nur die realen stieg der Kurs des fragwürdigen Papiers auf Werte der Anaconda, die man unter dem 130 Dollar. Doch dieser Höhenflug sollte Namen der neuen Company (im ersten nur von kurzer Dauer sein. Denn jetzt be- Schub) der Öffentlichkeit zum Kauf bot, gann die Rogers-Gruppe, Jagd auf die eige-

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nen Anleger zu machen: „When the inner ning Company, Parrot Silver and Copper group had thus cashed their profits, the mar- Company, Washoe Copper Company and ket was allowed to break.“274 Die Rogers- Colorado Smelting and Mining Com- Gruppe hatte die erste Tranche der geplan- pany.“278 ten Gewinne eingebracht. Jetzt begann sie ··································································· zu verkaufen. Der Kurs sackte ab auf 75 Wieder trat Lawson eine Kampagne los, Dollar. Zahlreiche Anleger versuchten eilig, und wieder war sie erfolgreich: „Again it was sich der Papiere unter Inkaufnahme von a simple matter to pay for the Boston prop- Verlusten zu entledigen. Nicht so die Ro- erties out of the proceeds of that flotation, gers-Gruppe: Die änderte wieder die Rich- and without taking a cash dollar out of tung und saugte an Anteilen auf, was sie pockets of the promoters.“279 Wieder zahl- kriegen konnte.275 Das Papier stieg wieder. ten gierige Anleger wesentlich mehr für das ··································································· Papier als es wert war und finanzierten Ro- Dann folgte der nächste Coup, die Inkor- gers und seinen Leuten ihr Geschäft; dann poration von Boston & Montana. Wie ge- entlud die Gruppe riesige Mengen von An- nau die Lewisohns in die Amalgamated ge- teilen über dem Markt und trieb den Wert rieten, ist ebenfalls nicht bekannt. Ein der Aktie auf 33 Dollar hinab.280 Das war der Aufkauf wie bei der Anaconda ist nicht Ruin für ein Vielzahl kleiner Anleger, und überliefert. Wahrscheinlich wurde den Brü- eine Welle von Selbstmorden folgte. dern, die einen bedeutenden Teil ihrer Ge- ··································································· winne mit ihren Raffinerien und über den Die Lewisohns, von diesen Geschäften tief Handel mit Kupfer machten, von den Ro- enttäuscht und blamiert, hielten 1904 nur gers-Leuten angedeutet, dass die Amalga- noch 125 Anteile der Amalgamated.281 Die mated, die begonnen hatte, die Klienten- Gesellschaft, die ganz Butte kontrollierte, Minen von Lewisohn Bros. zu absorbieren, übernahm 1906 noch die United Mining sie von den Kupferlieferungen abschneiden Company, wodurch sie der größte Kupfer- könnte, wenn man sich nicht zum Beitritt produzent der Welt wurde.282 Später trug entschließen würde.276 das Unternehmen wieder den passenderen ··································································· Namen Anaconda.283 Als Boston & Montana 1901 Teil von ··································································· Amalgamated Copper wurde, wurde das Auch in der Verarbeitung von Metallen Kapital der Gesellschaft auf 155 Millionen wurden die Unternehmen der Lewisohns und der Wert der einzelnen Anteile von 100 Opfer von Zusammenschlüssen. 1899 kam auf 130 Dollar erhöht, ohne Rücksicht auf es zur Gründung der American Smelting den wahren Wert der inkorporierten Fir- and Refining Company (ASARCO), zu- men.277 Und tatsächlich war die Amalgama- nächst maßgeblich auf Betreiben von Leo- ted jetzt „one of the major industrial com- nard Lewisohn. Die ASARCO führte zahl- binations of that period. This corporation reiche, bislang unabhängige Schmelzwerke purchased the assets of the Anaconda Cop- und Raffinerien, die vor allem im Westen per Mining Company, Boston and Mon- der USA ansässig waren, unter einem Dach tana Copper and Silver Mining Company, zusammen, wiederum um das Konkurrenz- Butte and Boston Consolidated Copper Mi- problem zu lösen. Hierbei handelte es sich

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zunächst vor allem um Betriebe, die Silber Millionen Dollar in Anteilen am geplanten und Blei verarbeiteten, erst später kamen Trust. Zum Ärger der Lewisohns, denn ge- solche hinzu, die dies mit Kupfer taten.284 rade an diesen Schmelzereien hatten die ··································································· Brüder ein spezielles Interesse, da sie den So ausgiebig sich Adolph Lewisohn in sei- Guggenheims ermöglichten, unabhängig nen Erinnerungen den Erfolgen beim Auf- von ihnen auf den europäischen Markt zu bau seines Unternehmens widmet, so karg exportieren.288 sind die Worte, die er für seine geschäftli- ··································································· chen Niederlagen hat; Niederlagen, die den Obwohl Zweifel daran laut geworden war, Brüdern große Teile dessen, was sie sich auf- ob die realen Vermögenswerte dem auch nur gebaut hatten, aus der Hand nahmen. Nach annähernd entsprachen, wurde die ASAR- zwei Jahren und bitterem Kampf verloren CO am 7. März 1899 auf den Markt ge- die Lewisohns nämlich die Kontrolle über bracht, mit einem Gründungskapital von 65 ihre Unternehmen, und zwar an die Gug- Millionen Dollar („half in 7 per cent prefer- genheims285 – in Lewisohns Worten: „Ich red, half in common, a total 650,000 sha- baute die American Smelting and Refining res“).289 Rogers, Moore und Lewisohn, die Company auf“, bis „der Guggenheim in das im Direktorium saßen, erhielten je 19.750 Unternehmen eintrat und die Kontrolle Anteilsscheine als „promotors share“.290 übernahm“.286 Auch die Werbung für die ASARCO war ein ··································································· voller Erfolg, und schon nach zwei Wochen Nach dem Zusammenschluss der Minen waren alle Anteile verkauft. Bald aber kam in der Amalgamated plante Rogers auch ei- die Krise. Sie war zum Teil intern bedingt. nen Trust in der Verarbeitung des Kupfers, Die vielen, ehemals unabhängigen Schmel- wahrscheinlich auf Anregung der Lewi- zer arbeiten nicht reibungslos zusammen sohns, die zur Förderung ihres Kupferhan- (und das Management in den Guggenheim- dels auch in der Verarbeitung an konzen- Schmelzereien erwies sich demgegenüber als trierten Strukturen interessiert waren – un- effizienter). Zweitens expandierten die Gug- ter ihrem Einfluss.287 Um die Ausgabe der genheims nach Mexiko, steigerten dort ihre Anteilsscheine abzusichern, band Rogers die Bleiproduktion und fingen an, dem Trust Firma von John Moore und Grant Schley Konkurrenz zu machen. In der Folge büß- (Moore & Schley) in das Projekt ein, das be- ten dessen Aktien an spekulativer Phantasie vorzugte „brokerage house“ von Morgan ein: Da der Trust nicht die Preise be- und den Rockefellers. Rogers, den Lewi- herrschte, wie dies von den Investoren er- sohns und den Agenten von Moore & wartet wurde, geriet der Kurs unter Druck. Schley gelang es, eine große Anzahl von Drittens, und dies wurde entscheidend, gab Schmelzereien und Raffinerien in Colorado, es Probleme mit den eigenen Arbeitern: Kansas, Montana, Utah, Illinois und Penn- Lang schon hatten diese vergeblich kürzere sylvania zusammenzuführen, jedoch nicht Arbeitszeiten gefordert. Als aber im Juni die der Guggenheims. Die Familie betrach- 1899 in Colorado per Gesetz ein Acht-Stun- tete ihre Schmelzereien als Kernstück ihres den-Tag vorgeschrieben wurde und Arbeit Unternehmens, und war nicht bereit zu ver- darüber hinaus künftig als Überstunden ver- kaufen, trotz eines Angebots in Höhe von elf gütet werden musste, weigerten sich die dor-

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··································································· Die entsprechende Reaktion der Börse ließ nicht auf sich warten, der Kurs der ASAR- CO rutschte ab. Im Dezember 1900 war die Gesellschaft in solcher Finanznot, dass er- neut mit den Guggenheims über deren Bei- tritt verhandelt wurde. Das vorgelegte An- gebot wiesen diese allerdings auch diesmal zurück. Und legten ihr eigenes vor. Das Re- sultat der Verhandlungen im April 1901 war, dass die Guggenheims – auf Basis ihres Jah- resgewinns von 3,6 Millionen – sich bereit erklärten, für 45,2 Millionen Dollar (!) in Anteilen an der ASARCO ihre Schmelze- reien und Raffinerien zu verkaufen,292 wo- bei es ihnen zudem gelang, bedeutende Teile aus der ASARCO herauszuhalten. Hinzu sicherten sich die sieben Guggen-

Meyer Guggenheim (1828‒1905)

tigen Betriebe der ASARCO, dies umzuset- zen. Die Folge war ein Streik, der auf die ASARCO-Betriebe anderenorts übergriff und bis Mitte August andauerte. Die Gug- genheims hingegen akzeptierten die neuen Arbeitszeiten – und besaßen über Monate die einzigen Schmelzereien, welche die ge- förderten Erze verarbeiten konnten. Ihre Werke liefen 24 Stunden am Tag. Die Gug- genheims überschwemmten den Markt mit billigem Blei und Silber und trieben die Preise herunter. ··································································· Am Ende des Jahres präsentierten sie ein besseres Jahresergebnis als der Trust: Lag der Gewinn der ASARCO bei 3,5 Millionen Dollar, so betrug er bei den Guggenheims 3,6 Millionen – hunderttausend Dollar Vor- sprung für die Firma, die nur ein Viertel des- sen an Minen und Hütten besaß, worüber Daniel Guggenheim (1856‒1930), der Trust verfügte.291 Meyers Sohn (ca. 1912)

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heim-Söhne entscheidende Posten: Daniel der Anteile lagen bei Rogers und Konsorten, wurde „chairman of the board of directors“ nur 49 Prozent bei den Lewisohns.295 der ASARCO (und blieb es bis 1919), Solo- ··································································· mon wurde Finanzchef, Isaac, Murry und In Adolph Lewisohns Worten: „In January Simon Verwaltungsräte. Die Guggenheims 1900 the same interest [Amalgamated, HA] und ihre Verbündeten besaßen 51 Prozent organized the United Metals Selling Com- der Aktien und hielten Minen und Hütten pany, which took over the copper and me- fest in der Hand. Sie hatten die Kontrolle tal selling agency of Lewisohn Bros., which über die ASARCO erlangt – und waren im operated as a seperate corporation, and the finanziellen Hochadel der USA angekom- Raritan Copper Company, operating the men.293 Perth Amboy refinery, and became the sel- ··································································· ling agent of the Amalgamated Copper Beinahe wäre auch Lewisohns Handel mit Company, and other producers, refining the Kupfer von den unerwarteten Entwicklun- products of the Amalgamated and various gen im Schmelzer-Trust betroffen gewesen. indipendent companies.“296 Das Grün- Es war gerade der hoch rentable Vertrieb des dungskapital betrug fünf Millionen Dollar, Metalls, der ursprünglich Rogers Aufmerk- die Direktoren waren William Rockefeller, samkeit auf die Kupferbranche gelenkt Henry Rogers, Leonard und Adolph Lewi- hatte. Nach Thomas Lawsons Angaben sohn sowie Charles C. Seaman (von Evarts, schätzte er, dass die Lewisohns in den zehn Choate and Seaman).297 Die UMSC als Ver- oder zwölf Jahren vor Gründung der Amal- triebsarm der ASARCO handelte 95.000 gamated etwa fünfzig Millionen Dollar mit Tonnen Kupfer im Jahr, siebzig Prozent der der Produktion, vor allem aber mit dem US-Produktion.298 Handel von Kupfer verdient hatten.294 Seit ··································································· diesem Zeitpunkt stand für Rogers fest, dass Vielleicht aber hatten Rogers und Lewi- er die Kontrolle über ihre Unternehmen er- sohn, aus welchen Gründen auch immer, langen wollte. Obwohl er sich bewusst war, nicht genug Anteil an den Verhandlungen dass die Brüder über gute Kapitalreserven, genommen – Rogers war zeitgleich viel- beste Verbindungen und einen treuen Kun- leicht zu sehr mit der United States Steel denkreis verfügten, war er von Anfang an Corporation beschäftigt –, oder sie durch- überzeugt, dass sie einen Wettkampf mit schauten nicht, was vor sich ging. In jedem ihm und Standard Oil scheuen würden. Fall forderten die Guggenheims, als sie die Und mit der bewährten Mischung aus Kontrolle über die ASARCO erlangt hatten, Druck und taktischem oder nur scheinba- dass die Produkte des Trusts nun über ihre rem Entgegenkommen – genauer mit dem eigene Handelsgesellschaft vertrieben wür- Angebot, das von der Gruppe für Lewisohn den, und nicht mehr über die United Me- Bros. gezahlte Geld in Anteilsscheinen der tals Selling Company von Rogers und den neuen Gesellschaft reinvestieren zu können Lewisohns – mit dem guten Argument, man – gelang es ihm, die Lewisohns – bei Law- könne so die Kosten senken. Ein bitterer son ist ausschließlich die Rede von Leonard Rechtsstreit und ein Börsenwettkampf zwi- – zum Einlenken zu bewegen – zu den von schen beiden Parteien war die Folge, der erst Rogers gebotenen Konditionen: 51 Prozent nach Monaten durch einen Vergleich bei-

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gelegt werden konnte: Leonard Lewisohn und Rogers verließen den Vorstand der ASARCO, der Vertrieb aber lief weiter über die United Metals Selling Company.299 Spä- ter wurde die UMSC von der neuen Ana- conda übernommen, für zwölf Millionen Dollar in bar.300 ··································································· Dies alles schildert Adolph Lewisohn in seinen Erinnerungen nicht oder nur neben- her; ebenso wenig beschreibt er, wie es mit ihm nach diesen bitteren Niederlagen ge- schäftlich weiterging. ··································································· Wurden die Lewisohns auch aus der Kup- ferproduktion weitgehend verdrängt, den Handel mit Kupfer konnten sie zum Teil für sich retten, und Adolph Lewisohn blieb noch bis 1913 Präsident der UMSC. Hinzu war er Präsident der von ihm gegründeten General Development Company, sowie Vi- zepräsident der Utah Consolidated Mining Company. Die Firmen in Tennessee und Leonard Lewisohn (links unten) Arizona blieben in ihrer Hand. Lewisohn war einer der Direktoren der Crocker Wheeler ten. Sitz der „Sales Agency“ war 61 Broad- Company, der Importers & Traders Natio- way.305 nal Bank, der Lawyers Title Insurance & ··································································· Trust Company sowie der International Leonard Lewisohn hingegen starb bereits Smelting & Refining Company.301 Darüber am 5. März 1902, und zwar an einer Lungen- hinaus war er bis 1907 Vizepräsident der entzündung im Haus seines Schwieger- New York Metal Exchange.302 Als Kupfer- sohns, Charles S. Henry, der für die Londo- Fachmann waren seine Einschätzungen ner Filiale der Lewisohns tätig war. Thomas auch in der Tagespresse gefragt.303 Schon Lawson hat in seinem Buch über die Amal- diese Aufzählung macht deutlich, dass Lewi- gamated ein Porträt von Leonard Lewisohn sohn sich längst nicht mehr auf das Kupfer- überliefert, das Bild eines kraftvollen und geschäft beschränkte. Insbesondere in New mustergültig ehrlichen Kaufmanns. Lewi- Yorker Immobilien scheint er nach 1903 ver- sohn, der hoffte, seinen Familienbetrieb be- stärkt investiert zu haben.304 Das Handels- wahren zu können, sei, so Lawson, von Ro- haus Lewisohn bestand noch mindestens bis gers und seiner Gruppe in ein Unternehmen 1974 und agierte weiter als Verkäufer für die hineingedrängt worden, dessen Durchfüh- Produkte der Firmen in Tennessee und Ari- rung sämtlichen Geschäftsprinzipien zuwi- zona, die 1960 miteinander fusioniert hat- derlief, für die Leonard und auch sein Bru-

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der Adolph standen. Der Skandal um die ternden Gesundheit. 1910 heiratete er die Amalgamated, insbesondere der Ruin der Schauspielerin Edna McCauley, starb je- vielen kleineren Anleger, soll ihn tief getrof- doch bereits 1918 mit nur 46 Jahren an der fen und sein Auftreten vollkommen verän- Spanischen Grippe.311 Seine Schwester Julia, dert haben.306 Dass ihn das Ganze auch ge- das zweitälteste Kind, heiratete später nach sundheitlich belastet hat, ist nicht überlie- London, und zwar Sir Charles S. Henry.312 fert, aber doch nicht unwahrscheinlich. Auch Oscar, geboren 1885, „Sportsman and ··································································· Financier“, war seit 1907 mit einer Schau- Bereits 1901aus der Firma Lewisohn Bros. spielerin verheiratet, und zwar mit der be- ausgeschieden, hielt Leonard Lewisohn bei rühmten Edna May (1878–1948). Auch er seinem Tod noch bedeutende Anteile am starb jung, bereits 1917, und die Ehe blieb Unternehmen.307 Zudem war er einer der kinderlos.313 Die Tochter Lillie heiratete Direktoren der Osceola Mining Company, 1905 Albert Lewisohn, ihren Halbonkel, der der Tamarack Mining Company, Santa Fé aber schon 1911 verstarb. Ihre zweite Ehe Gold & Copper Mining Company, Tennes- 1914 ging sie mit Martin Vogel ein, dem spä- see Copper Company, Feather River Explo- teren Assistant Treasurer der Vereinigten ration Company, New York Dock Com- Staaten. Sie starb erst 1976 im Alter von 100 pany, Detroit Southern Railroad Company, Jahren.314 Leonards Sohn Walter, geboren National Bank of North America, Congress 1880, Yale Absolvent, Bankier und Börsen- Brewing Company, International Banking händler, war seit 1909 mit Selma Kraus, ver- Company, Raritan Traction Company und heiratet, der Tochter von Maurice J. Kraus der United Metals Selling Company. Er war (New York) und dessen Frau Jennie Hom- Mitglied der New York Metal und der Cof- berger (der Tochter von Meyer Homber- fee Exchange. Lewisohn war seit langer Zeit ger). Die Hochzeit fand allerdings in klei- so stark an der Kaffeebörse engagiert, dass nem Rahmen statt, ohne Beteiligung der sein Tod drohte, einen Kursrutsch auszulö- Eltern: Die Braut war seit 1906 in erster Ehe sen; auch der Kurs von Amalgamated Cop- mit L. S. Bernheimer verheiratet gewesen.315 per fiel ab.308 Wohnhaft zuletzt 14 East Fifty- Frederick, geboren 1881, Bankier, Direktor seventh Street, war er Mitglied im „Engi- der Congress Brewing Company, der Feat- neers’“, „Harmonie“, „Criterion“, „Fulton“ her River Exploration Company, der Lewi- und im „Midday Club“. Er hinterließ ein sohn Exploration & Mining Company und Erbe im Wert von zwölf Millionen Dol- der Tenessee Copper Company – also in vie- lar.309 lem Nachfolger seines Vaters – heiratete ··································································· 1907 Rhoda Seligman, die Tochter des Ban- Leonard hatte am 29. Juni 1870 Rosalie Ja- kiers Henry Max Seligman (des zweiten cobs geheiratet, die Tochter des Bankiers Sohns von Jesse Seligman). Das Paar hatte Aaron Jacobs aus New York.310 Das Paar zwei Töchter, Audrey (ca. 1909) und Evelyn hatte neun Kinder. Der älteste Sohn, Jesse, (ca. 1912), ließ sich allerdings 1937 scheiden. geboren 1872, wurde später Vizepräsident Frederick starb 1959 im Alter von 77 Jahren der United Metal Selling Company, musste in Monte Carlo.316 Eine praktischere Nähe sich jedoch schon bald aus dem Geschäft zu- zum Theater als Jesse und Oscar legten die rückziehen aufgrund seiner sich verschlech- Schwestern Alice (1883–1972, verheiratet mit

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Herbert E. Crowley) und Irene (1892–1944) sen, und nicht im eigenen Denken und der an den Tag.: Die beiden gründeten 1915 das eigenen Initiative ihren Erfolg gesucht hat- „Neighborhood Playhouse“ im Henry Street ten. Nach dieser vorangestellten Mahnung Settlement, 466 Grand Street, das sich einen formulierte Lewisohn sieben Handlungs- Namen mit der Aufführung von experimen- grundsätze, die er als unerlässlich für beruf- tellem Theater machte und bis 1927 be- lichen Erfolg ansah, ohne aber ihre Befol- stand.317 Adolph Lewisohn erinnerte sich in gung bereits als eine Garantie hierfür seiner Autobiographie an die Freude, die es anzusehen: ihm und seinen Geschwistern gemacht ··································································· habe, Theateraufführungen nachzuahmen318 1) Schenke dem Geschäft beständig und be- – vielleicht war es Leonard, der die Vorliebe wusst deine volle Aufmerksamkeit. für das Theater an seine Kinder weitergege- ··································································· ben hat. Florine, das sechste Kind, war seit 2) Stelle Charakter und Ehrlichkeit über al- 1897 verheiratet mit dem Kaffeekaufmann les andere. Philip S. Henry. Mit ihm hatte sie zwei Kin- ··································································· der. Auch sie starb allerdings in jungen Jah- 3) Den Entscheidungen, ob und wie man ren und ebenfalls auf tragische Weise beim vorgehen will, müssen vorsichtige Überle- Brand ihres Hauses 1903.319 gung sowie genaue Beobachtung und Ana- ··································································· lyse vorausgehen („careful consideration „An afternoons reflection“ – and thorough study“). Adolph Lewisohns Geschäfts- ··································································· philosophie 4) Wenn sich die Gelegenheit bietet, braucht ··································································· es Vorstellungskraft und Mut („vision and Magazine lieben es seit jeher, erfolgreiche courage“), die aber stets durch Vorsicht ge- Menschen nach dem „Geheimnis ihres Er- zügelt werden müssen. Vorsicht ist von folges“ zu fragen. Auch Adolph Lewisohn größter Bedeutung, denn alles, was durch wurde mehrfach um Antwort gebeten, und Vision und Mut gewonnen werden kann, manchmal hat er widerstrebend nachgege- kann durch mangelnde Vorsicht („by specu- ben, und versucht, dies in Worte zu fassen, lation beyond one’s means“) verloren gehen. war mit dem Ergebnis jedoch nie zufrieden. ··································································· Er vertrat die Auffassung, dass niemand 5) So weit es möglich ist, müssen alle wirklich unfehlbare Regeln für persönlichen Schwierigkeiten vorausgesehen oder im Erfolg aufstellen könne,320 denn sonst hätte Geist vorgestellt werden, die auf dem einge- ja, da dies bereits vielfach versucht worden schlagenen Weg eintreten können, um für war, jeder Leser Erfolg haben können oder den Fall vorbereitet zu sein, dass sie tatsäch- vielmehr müssen. Dies sei aber nicht der lich eintreten. Manch General gewinnt eine Fall. Vielleicht, so bemerkt Lewisohn tro- Schlacht, aber scheitert mit dem gesamten cken, habe aber der Fehler eher bei den Feldzug, weil er nicht vorbereitet ist auf das Schülern gelegen als bei ihren Lehrern321 – Unerwartete. mit anderen Worten, dass die begierigen Le- ··································································· ser gerade dadurch gescheitert waren, dass 6) Großer und andauernder Erfolg kann sie sich zu sehr auf das Urteil anderer verlas- nicht erreicht werden, wenn man ihn einzig

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von den eigenen Fähigkeiten abhängig von ihm profitieren. Und: „In order to bring macht. Es ist von absoluter Notwendigkeit it [das Geschäft, HA] to success, everybody für die Arbeit, die richtigen Partner („asso- in any way connected with the enterprise, ciates“) zu finden, von der Spitze des Unter- should be treated fairly. In other words, nehmens bis an die Basis („top to bottom“), honesty, loyalty, fairness and cooperation Männer, die für dich und gemeinsam mit must all go together.“ Oder in anderen Wor- dir arbeiten. Für ihre Auswahl ist gute Men- ten: „The business head must (…) be hon- schenkenntnis („judgment of character“) est, fair and liberal to the people who work von allerhöchster Wichtigkeit.322 for and with him.“324 Jede mit dem Unter- ··································································· nehmen verbundene Person soll fair behan- 7) Wenn man die richtigen Menschen ge- delt werden. Dabei betont Lewisohn den funden hat, muss man sie so behandeln, Team-Charakters innerhalb der Hierarchie, dass sie in ihrer Arbeit zufrieden bleiben und fordert ein harmonisches Verhältnis („happy and contented“). Man gebe ihnen von Unternehmensleiter und Angestellten. die angemessene Möglichkeit, ihren Ver- Er schlägt vor, sie nicht als „Rädchen im Ge- stand und ihre Fähigkeiten voll einzubrin- triebe“ zu sehen, sondern Handlungsspiel- gen („give him fair and full opportunity to räume zu eröffnen für den Gebrauch ihrer use his brains and ability“). Großer Erfolg Intelligenz, die sie, Lewisohns Modell nach, wird nur dadurch erzielt, dass man das Ver- gern einbríngen als Gegenleistung für das in trauen und die Begeisterung jener Men- sie gesetzte Vertrauen: „From the very begin- schen besitzt, die für einen und mit einem ning of my business life, I believed in and arbeiten. Nur durch die Früchte gemeinsa- succeeded in establishing loyal and friendly mer Anstrengung wird man das Vertrauen relations between myself and my employees jenes „Herren“ gewinnen, für den letztlich by letting them know that I had confidence alle arbeiten: der Allgemeinheit. („so that in them and wanted them to succeed with gradually the fruit of united effort will win me; that by helping me they were also hel- the confidence of the master for whom we ping themselves.“325 all work – the Public“). ··································································· ··································································· Später hat Adolphs Sohn Sam in einem Über diese Regeln sagt Lewisohn, sie wür- Buch über moderne Unternehmensführung den sicher als zu einfach oder offensichtlich die Konzepte seines Vaters aufgegriffen und erscheinen. Jedoch, so gibt er zu bedenken, weiter gedacht. Ob und inwieweit Lewi- sei die Missachtung schon einer dieser Re- sohns moderne Auffassung über die Koope- geln gewöhnlicher Weise der Grund für ge- ration mit Geschäftspartnern und Mitarbei- schäftlichen Misserfolg.323 tern auch seine Unternehmenspolitik ge- ··································································· prägt hat, wen dies mit einschloss und wie Noch zwei weitere Maximen, die Lewi- weit dies ging, könnte nur eine Analyse der sohn in seinen Erinnerungen formuliert, Firmenkorrespondenz erbringen, so weit stechen hervor: „If possible, it is desirable diese erhalten ist. Auch, ob seine Arbeiter et- that all people connected with the enterprise was davon hatten, wäre eine eigene Unter- should benefit from it“ – alle mit dem Un- suchung wert. ternehmen verbundenen Personen sollen

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„Schenke dem Geschäft beständig und bewusst deine volle Aufmerksamkeit“

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·············································································································································· 166 Citizenship, S. 90: „that there was more business in America that merely importing and trading in our brist- les, horsehair, feathers, Russian wool and camel’s hair.“ 167 Ebd., S. 97 f. 168 Ebd., S. 99 und 101. 169 Ebd., S. 103. 170 Copper-Handbook, S. 122 ff.; Sautter, Geschichte, S. 257; Adams, USA vor 1900, S. 103. 171 Citizenship, S. 101 und 105. Vgl. auch Benedict, Red Metal, insbesondere S. 80. 172 Citizenship, S. 106: „The import duty on foreign copper at that time was five cents a pound, but American copper which had been shipped to Europe could be reimported without payment of duty if certain customs regu- lations were complied with.“ 173 Ebd. 174 Ebd., S. 108 f. 175 Vgl. Malone, Battle, S. 3 ff. und 34 ff. 176 Citizenship, S. 111. 177 Malone, Battle, S. 21. 178 Freeman, Brief History, S. 15 f. und 19. 179 Citizenship, S. 109 f.; Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. In Malone, Battle, S. 22 erscheint Meader als Ent- sandter der Lewisohns. Nach Lewisohns Erinnerungen war er dies nicht. 180 Mercier, Anaconda, S. 10; Copper-Handbook, S. 19; Citizenship, S. 109. 181 Citizenship, S. 110 f. und 115. 182 Ebd., S. 110 f. 183 Ebd., S. 98 und 102. 184 Ebd., S. 133. 185 Ebd., S. 111 ff.; zur Schreibweise auch Holbrook, Age, S. 286. 186 Citizenship, S. 100 f. 187 Ebd., S. 101 f. und 109. 188 Ebd., S. 115 f. 189 Malone, Battle, S. 23 und 29. 190 Citizenship, S. 116 f. 191 Malone, Battle, S. 40. 192 Ebd., S. 22 und 49.

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193 Vgl. Benedict, Red Metal, S. 61 und 80. 194 Citizenship, S. 124. 195 Ebd., S. 116 f. 196 Glasscock, War, S. 69‒71. 197 Malone, Battle, S. 36. 198 Citizenship, S. 83. 199 Ebd., S. 86. Vgl. auch The London Gazette, 6. Dezember 1887: Demnach arbeiteten Leonard und Adolph fortan in New York unter dem Namen Lewisohn Bros., Julius Lewisohn und Louis Bernays in London unter dem Namen Lewisohn Brothers & Co und Julius in Hamburg unter dem Namen S. Lewisohn, jun. Knapp fünf Jahre zuvor, am 11. Dezember 1882, war bereits die Partnerschaft mit Leon Lewisohn in London beendet worden, die bis dahin zwischen Julius, Adolph, Leonard und Leon unter dem Namen Lewisohn & Co bestanden hatte, vgl. The London Gazette, 2. Februar 1883. Zunächst waren Sallys Söhne Raphael und Leon gemeinsam Inhaber nach Lewisohn & Co in London, dann Raphael allein, StA Hbg., 232-3 Testamentsbehörden, H 17369, Sally Lewisohn 1896, S. 9. Raphael führte auch in New York ein Unternehmen unter dem Namen Lewisohn & Co, das jedoch 1893 – wohl im Zuge der Wirtschaftskrise – liquidiert wurde. Im Zuge dessen lieh er von seinem Vater mehrere hunderttausend Mark, von denen bei dessen Tod im Jahr 1896 noch 300.000 Mark zur Rückzahlung ausstanden, ebd., S. 14. 200 Citizenship, S. 103. 201 Ebd., S. 83 f., 86 und 87 f. 202 Ebd., S. 120. 203 Ebd., S. 120: „we knew that (…) we must produce (…) a (…) type of copper that could be rolled into pla- tes or drawn into wires, as only pure copper has the proper conductivity to do for electrical aplliances.“ 204 Ebd., S. 119 f.: „The early battles for production and transportation had been won only to present us with a vital problem in metallurgy“. 205 Ebd., S. 123. 206 Ebd., S. 125. 207 Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. – Zur Entwicklung der Raffinerieverfahren seit 1875 Navin, Copper, S. 61 ff. 208 Ebd., S. 62 f. 209 Citizenship, S. 125 f.; Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. 210 Citizenship, S. 126. 211 Ebd., S. 126 f. 212 Ebd., S. 126 und 128; Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. – In Verbindung mit Perth Amboy waren die Lewi- sohns beteiligt an der Raritan Terminal and Transportation Company (Leonard als Präsident), „a short terminal railroad, a trolley car company and the Perth Amboy Trust Company“, ebd. 213 Citizenship, S. 129; Navin, Copper, S. 62. 214 Citizenship, S. 129 f., 131 und 137; Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. 215 Malone, Battle, S. 23 – im Art. Lewisohn, Leonard, S. 484 bereits 1886. 216 Citizenship, S. 137. – Dass Lewisohn dies auch auf die Verhandlungen mit der Northern Pacific und Great Northern über den Bau von Bahnstrecken nach Butte bezieht, bleibt rätselhaft, da dieser vor 1886⁄87 erfolgte. 217 Citizenship, S. 136; Gates, Michigan Copper, S. 71; Malone, Battle, S. 48. 218 Ebd., S. 48 f. 219 Gates, Michigan Copper, S. 71 und 86. 220 Malone, Battle, S. 49. 221 Citizenship, S. 136 f. – 1889 traf Lewisohn auf einer Reise nach Europa den Präsidenten der Arizona Cop- per Company, Jameson. An der Company hatte eine schottische Interessengruppe mit Sitz in Edinburgh die Mehr- heit erworben. Jameson hatte den Plan, die Lewisohns zu Generalrepräsentanten der Company in Amerika zu machen. Die Arizona Copper Company ließ ihr Kupfer bislang über Kennedy, Todd & Co handeln, eine New Yorker Bank, die kein spezielles Interesse an diesem Produkt hatte. Lewisohn konnte von Kennedy, Todd & Co die

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Zustimmung zu Jamesons Plan erreichen, und fortan agierten die Lewisohns als „general American selling agents of the American Copper Company“, ebd., S. 107. 222 Ebd., S. 160. 223 Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. 224 Hellman, Lewisohn, S. 383. 225 So zumindest Benedict, Red Metal, S. 105. Aber auch am Oberen See hatte die Produktion nicht stagniert, sondern war bei Calumet & Hecla von über 25 Millionen Pfund 1878 auf über 51 Millionen Pfund 1886 gestie- gen, vgl. ebd., S. 80. 226 Citizenship, S. 134 f.; Benedict, Red Metal, S. 80. 227 Citizenship, S. 144. 228 Ebd., S. 89, 140 und 144; Benedict, Red Metal, S. 87. Ähnliche Unfälle ereigneten sich wieder 1884 und 1888. 229 Citizenship, S. 144. 230 Ebd., S. 142; Benedict, Red Metal, S. 106; Gates, Michigan Copper, S. 78. 231 Citizenship, S. 131 f. und 142. 232 Ebd., S. 142; Benedict, Red Metal, S. 106; Gates, Michigan Copper, S. 79. 233 Ebd., S. 79. 234 Citizenship, S. 145; Benedict, Red Metal, S. 106. 235 Copper-Handbook, S. 19; Benedict, Red Metal, S. 107; Gates, Michigan Copper, S. 78. 236 Citizenship, S. 131 f. 237 Ebd., S. 145. 238 Ebd., S. 146; Benedict, Red Metal, S. 106. 239 Citizenship, S. 149; Benedict, Red Metal, S. 107; Copper-Handbook, S. 19 f. 240 Citizenship, S. 146 ff. und 149; Benedict, Red Metal, S. 107 – nach Gates, Michigan Copper, S. 80 war es Secretan, der Suizid beging. 241 Citizenship, S. 152. 242 Ebd., S. 153. 243 Copper-Handbook, S. 20. 244 Citizenship, S. 151 und 155; Gates, Michigan Copper, S. 80; Malone, Battle, S. 39. 245 Benedict, Red Metal, S. 106 f. 246 Ebd., S. 154 und 157 f. 247 Citizenship, S. 160. 248 Nach Navin, Copper, S. 306 erst im Jahr 1899. 249 Citizenship, S. 161 f.; Art. Lewisohn, Leonard, S. 46; Art. Lewisohn, Adolph, S. 428; Hellman, Lewisohn, S. 384; Navin, Copper, S. 306; NYT, 13. Juni 1919. 250 Art. Lewisohn, Leonard, S. 464; Navin, Copper, S. 239. 251 Citizenship, S. 162 f.; Art. Lewisohn, Adolph, S. 428; Navin Copper, S. 306 f. 252 Gates, Michigan Copper, S. 71; Art. Lewisohn, Leonard, S. 464; Art. Lewisohn, Adolph, S. 428; Hellman, Lewisohn, S. 384; NYT, 13. Juni 1919. 253 Malone, Battle, S. 132. 254 Heideking; Mauch, Geschichte, S. 173. 255 Sautter, Geschichte, S. 290. 256 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 164 f.; Sautter, Geschichte, S. 249. 257 Marcosson, Metal Magic, S. 58. 258 Zur Gründung von Amalgamated vgl. Holbrook, Age, S. 168 ff. 259 Art. Rogers, Henry Huddleston, S. 66. 260 Holbrook, Age, S. 169 f. 261 Flynn, Rockefeller, S. 65; Holbrook, Age, S. 169. 262 Malone, Battle, S. 134.

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263 Art. Rogers, Henry Huddleston, S. 66. 264 Malone, Battle, S. 134 f.; Flynn, Rockefeller, S. 65. 265 Moody, Truth, S. 3; Malone, Battle, S. 137. 266 Harlow, Rogers, S. 95 f. 267 Ders., Lawson, S. 60. Über Lawson: ebd.; hinzu Holbrook, Age, S. 173 f. 268 Malone, Battle, S. 135 und 137; Lawson, Finance, S. 245 ff. 269 Ebd., S. 135. 270 Eine der Anzeigen findet sich reproduziert in Lawson, Finance, S. 336. 271 Glasscock, War, S. 195. 272 Malone, Battle, S. 137. 273 Ebd., S. 138. Glasscock, War, 196 f.: „So an arbitrary allotment of one share for each five sought was decid- ed upon. This gave to the promoters some twenty-six million dollars cash, and left them five hundred thousand shares in the company. In other words, they had obtained two-thirds of the specified cost from the public, and gi- ven that public only one-third of the stock. They retained the two-thirds, valued on the day after the books closed, at approximately seventy million dollars.“ 274 Moody, Truth, S. 32 f. (Grafik); Malone, Battle, S. 139; Glasscock, War, 197 f. 275 Malone, Battle, S. 139. 276 Ebd., S. 139; Navin, Copper, S. 305. 277 Malone, Battle, S. 139; Art. Rogers, Henry Huddleston, S. 66. Nach Lewisohn wurden bei der Übernahme vier Amalgamated-Anteile für einen Boston & Montana-Anteil gegeben, deren Kurs auf 520 Dollar stieg, Citi- zenship, S. 139 f. 278 Art. Lewisohn, Leonard, S. 464. 279 Glasscock, War, S. 199. 280 Ebd., S. 199 f.; Malone, Battle, S. 139. 281 Nach NYT, 7. April 1904. 282 Malone, Battle, S. 210; Art. Rogers, Henry Huddleston, S. 66. Zur weiteren Geschäfts- und Kursentwick- lung der Amalgamated und zu ihrem Echo in der Öffentlichkeit, Moody, Truth, S. 3‒38 und 42‒44. 283 Zu diesem Prozess Malone, Battle, S. 205 f. 284 Art. Lewisohn, Leonard, S. 464; Marcosson, Metal Magic, S. 61 f.; Art. Guggenheim, Daniel, S. 8. 285 Vgl. Citizenship, S. 140 und 163 f. 286 Ebd., S. 164 f: „the Guggenheim joined the enterprise and took (…) control of it.“ Sachlicher S. 165: „In 1898 I bought about the formation of a trust out of what then existed – 23 different smelting concerns. I figured out that if these concerns combined into one concern better results could be obtained, and so the American Smelt- ing and Refining Company was formed with a capital of $100.000.000, $50.000.000 as common shares, $50.000.000 as preferred shares. The Guggenheims did not join in forming this combination, but were not opposed to it and rather acted in harmony. About two and one-half years later he Guggenheims joined the enterprise, putting in their concern and they obtained the mangement and control.“ 287 Holbrook, Age, S. 286. Für die Gründung der ASARCO: ebd., S. 286 ff.; O’Connor, Guggenheims, S. 101 ff.; Unger; Unger, Guggenheims, S. 69 ff.; Marcosson, Metal Magic, S. 57 ff. 288 Holbrook, Age, S. 287; O’Connor, Guggenheims, S. 105 und 108; Marcosson, Metal Magic, S. 64. 289 O’Connor, Guggenheims, S. 106. 290 Vgl. Marcosson, Metal Magic, S. 64 f., auch zur Zusammensetzung des Direktoriums. 291 Davis, Guggenheims, S. 59; O’Connor, Guggenheims, S. 116. 292 Um dies zu finanzieren, musste eine Kapitalerhöhung auf hundert Millionen Dollar vorgenommen wer- den. 293 Unger; Unger, Guggenheims, S. 77; Art. Guggenheim, Daniel, S. 8; Davis, Guggenheims, S. 59; O’Connor, Guggenheims, S. 117. Zur weiteren Geschäfts- und Kursentwicklung der ASARCO und zu ihrem Echo in der Öf- fentlichkeit, Moody, Truth, S. 45‒53. 294 Lawson, Finance, S. 292.

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295 Ebd., S. 295‒297 und 307. 296 Art. Lewisohn, Leonard, S. 464 f.; vgl. auch Moody, Truth, S. 12. – Das falsche Gründungsdatum 1898 fin- det sich bei Art. Lewisohn, Adolph, S. 428 und Hellman, Lewisohn, S. 383. 297 Citizenship, S. 163 und 140; Moody, Truth, S. 12. Auf Seaman folgte der Präsident der Central Trust Com- pany, Olcott, und später ein Mr. Wallace, S. 163 f. 298 Gates, Michigan Copper, S. 86 f. 299 Unger; Unger, Guggenheims, S. 69; O’Connor, Guggenheims, S. 118 f. 300 Citizenship, S. 164; Malone, Battle, S. 206. 301 Spengler, Element, S. 173; Art. Lewisohn, Adolph, S. 428. – Die International Smelting and Refining Com- pany wurde später von der neuen Anaconda übernommen, Malone, Battle, S. 206. 302 Vgl. NYT, 18. und 22. April 1907. 303 Vgl. ebd., 8. November 1911 und 4. Dezember 1912. 304 Vgl. ebd., 12. März 1903; 10. und 12. Januar sowie 3. Dezember 1904; 28. Februar, 11. und 30. November 1905; 7. und 8. April 1906; 28. Dezember 1907; 4. März, 15. April, 7., 14. und 19. November, 19. und 29. Dezem- ber 1908; 24. Januar, 26. und 27. Februar, 12. März und 3. Dezember 1909; 24. April 1910 (usf.). 305 Navin, Copper, S. 305. 306 Lawson, Finance, S. 308 f. 307 Hellman, Lewisohn, S. 383. – Angeblich wurde nach Leonards Tod Lewisohn Bros. zu Adolph Lewisohn & Sons, Art. Lewisohn, Adolph, S. 428. Nach dem Adressbuch der New Yorker deutschen Gemeinde war Lewisohn Bros. aber noch 1913 existent, Spengler, Element, S. 173. 308 NYT, 6. März 1902; Jackson, Encyclopedia, S. 667; Art. Lewisohn, Leonard, S. 465. – Eine andere Schil- derung findet sich bei Lawson, Finance, S. 309 f.: Danach hatte Leonard Lewisohn kurz vor seinem Tod im Ver- bund mit anderen Investoren in großem Stil in Kaffee spekuliert. Die Bedingungen, mit denen er gerechnet hatte (eine kommende Knappheit), stellten sich nicht ein, und der Kurs von Kaffee fiel und fiel. Er soll bei diesem Ge- schäft zwölf Millionen Dollar verloren haben. 309 NYT, 6. März 1902 und 3. April 1904 – detailliert zur Zusammensetzung seines Besitzes. 310 Art. Lewisohn, Leonard, S. 465. 311 NYT, 1. Dezember 1918. 312 Art. Lewisohn, Leonard, S. 465. 313 NYT, 4. Dezember 1917. 314 Ebd., 23. März 1900, 1. Dezember 1918 und 18. Juni 1976; Art. Lewisohn, Leonard, S. 465. 315 NYT, 9. April 1908 und 12. Oktober 1909. Auch sonst dürfte Walters Lebenswandel nicht durchgängig den Vorstellungen der Mutter entsprochen haben: Die NYT, 27. Mai 1908 berichtet über ein Autorennen, das er sich mit der Polizei lieferte. – Von der Braut existiert eine Portrait-Skizze von Giovanni Boldini. 316 Spengler, Element, S. 173; Seligman (http://dcodriscoll.pbworks.com/w/page/21196719/Seligman_(1), 19. April 2011; NYT, 25. August 1907); Time Magazine, 13. Juli 1959. 317 Jackson, Encyclopedia, S. 667; Wilmeth; Miller, Cambridge Guide, S. 393; Fletcher, Lewisohn, S. 613 f. – Ihr Vater, Leonard Lewisohn, hatte sich bereits für das Henry Street Settlement und für Projekte im sozialen Woh- nungsbau engagiert, Art. Lewisohn, Leonard, S. 465. 318 Citizenship, S. 9. 319 NYT, 12. Januar 1903. 320 Citizenship, S. 166. 321 Ebd., S. 167. 322 Ebd., S. 64 und 99 – eine Qualität, die Lewisohn wiederholt für sich in Anspruch nahm. 323 Ebd., S. 167 f. 324 Ebd., S. 171. Zu Lewisohns Modell der Unternehmensführung vgl. auch seinen Artikel in NYT, 22. August 1913. 325 Citizenship, S. 99. ··············································································································································

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Adolph Lewisohn privat

Fast die Hälfte allen Privatvermögens war der High Society im Gilded Age anerkannt um das Jahr 1900 im Besitz von einem Pro- waren. „Man nannte sie die ‚jüdischen Geld- zent der amerikanischen Bevölkerung. Auch herzöge‘. Unter sich sprachen sie meist nur die Stadtpaläste der Kupfer- und Eisenbahn- von ‚Our Crowd‘.“ Die Männer der Crowd fürsten an Fifth Avenue zeugten davon. 1892 machten ihr Vermögen als Kaufleute oder lebten 1.103 von 4.047 US-Millionären in Bankiers. Zu den Monumenten, die sie hin- New York, sechzig von ihnen waren jü- terließen, gehörten Häuser wie R. H. Macy disch.326 Unter ihnen war ein bedeutender & Co, Abraham & Straus, Lehman Anteil Deutschstämmiger, Familien, welche Brothers, Hallgarten & Co, Speyer & Co, die Namen Loeb, Sachs, Schiff, Seligman, Kuhn Loeb & Co, Goldman, Sachs & Co, Speyer, Straus, Warburg, Lehman, Bache, J. & W. Seligman & Co, J. S. Bache & Co Altschul, Bernheimer, Hallgarten, Heidel- und Carl M. Loeb, Rhoades & Co.329 Na- bach, Ickelheimer, Kahn, Kuhn, Thalmann, hezu jede dieser Familien repräsentierte ein Ladenburg, Wertheim, Cahn, Bernhard, großes Bankhaus. Als Kaufleute reihten die Sheftel, Mainzer, Stralem, Neustadt, But- Lewisohns sich gut in diese Galerie ein, als tenweiser (-wieser), Hellman, Josephthal, Kupfer-Industrielle stachen sie ein wenig ab Lilienthal, Morgenthau, Rosenwald, Walter, – vergleichbar den Guggenheims, die bereits Wolf und Lewisohn trugen – oder Guggen- durch ihre Schweizer Herkunft eine Sonder- heim, aus der deutschsprachigen Schweiz.327 stellung innerhalb der Crowd hatten. Wohnhaft waren sie an Fifth Avenue und ··································································· auf der Westseite . Die Blocks Eigentlich gehörte man der Crowd von zwischen 70th und 80th Street und Central Haus aus an, oder überhaupt nicht, denn Park West und Columbus Avenue wurden wenn es ans Heiraten ging, schloss sich die zu ihrem deutlich erkennbaren und fast ge- Gruppe gegen die Außenwelt ab.330 Finan- schlossenen Wohnviertel.328 zielle Aufsteiger hatten es schwer, Anerken- ··································································· nung und Aufnahme zu finden. Von der Sich selbst bezeichneten sie als die „Ein- christlichen Mehrheit war dieser Teil der hundert“ – gleichzeitig in Anlehnung wie Oberschicht ohnehin geschieden, aber nicht im Gegensatz zu den so genannten „Vier- nur die Astors, Vanderbilts oder Van Rens- hundert“, jenem erlesenen Personenkreis, selaers hielten aus Hochmut Distanz, in der die der Ballsaal von Mrs. Astor fasste, und selbstgefälligen Annahme, jeder, der nicht die durch die Einladung dorthin als Crème zu ihnen gehöre und akzentfreies Englisch

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spräche, müsse sich dies verzweifelt wün- East 47th Street. Sieben Jahre hatte Adolph schen. Aus einem deutlichen Selbstbewusst- mit seinem Bruder Leonard zusammenge- sein heraus ging die Abschließung auch von lebt. Jetzt wohnten die Frischvermählten zu- der finanzstarken jüdischen Minderheit nächst im Hause der Cahns. Die Trauungs- aus.331 Allein die alteingesessenen amerika- zeremonie war nicht frei von orthodoxem nischen Sepharden hatten – zögernd – Ak- Einschlag, vollzogen wurde sie von Rabbi zeptanz bei der christlichen Mehrheit der Frederick de Sola Mendes (der wenig später, Oberschicht gefunden, wovon einige Heira- 1879, Mitbegründer der Zeitschrift „Ameri- ten und die Aufnahme in exklusive Clubs can Hebrew“ werden sollte). Einer der zeugten. Zu ihren deutschen Glaubensge- Hochzeitsgäste war Henry B. Metcalf, Part- nossen, den radebrechenden „Neuan- ner von Littlefield und Mitglied im Senat kömmlingen“, wahrten aber auch sie Ab- von Rhode Island, später erfolgloser Kandi- stand – ähnlich, wie die alteingesessenen dat als Vizepräsident der USA. Auch hier New Yorker Katholiken zu den „Baracken- deuten sich erste weiterführende gesell- Iren“, die vor der Hungersnot aus Europa schaftliche Verbindungen an.335 geflohen waren.332 ··································································· ··································································· Auf Hochzeitsreise begab sich das junge Seligmans heirateten Hellmans, Loebs, Paar nach Europa, für die Braut unbekann- Lewisohns, Lilienthals, Guggenheims und tes Terrain. Die Überfahrt machte es auf Lehmans; Lehmans heirateten Lewisohns, dem Segeldampfer „Russia“ der Cunard Buttenwiesers und Ickelheimers; Ickelhei- Line.336 Als Bildungsreise angelegt, besuchte mers heirateten Stralems, Stralems heirate- man die kulturellen Metropolen des alten ten Neustadts, Neustadts heirateten Schiffs, Kontinents: Von London ging es nach Schiffs heirateten Loebs und Warburgs, Hamburg (um die Braut der dortigen Fami- Warburgs heirateten Loebs, die wiederum lie vorzustellen), nach Berlin, München, Seligmans heirateten. Das Ergebnis waren über den Brenner nach Verona, Venedig und Verwandtschaftsverhältnisse von atembe- Luzern, von den oberitalienischen Seen über raubender Kompliziertheit, die auch in die Frankfurt, Paris und London zurück nach zahlreichen Geschäftsverbindungen hinü- New York. Doch selbst auf seiner Hochzeits- berwirkten.333 reise wusste Adolph das Angenehme mit ··································································· dem Geschäftlichen zu verbinden, etwa bei Insofern war schon Adolph Lewisohns der Inspektion der Filiale in London oder Ehe ein deutlicher Ausweis für seinen Auf- beim Aufenthalt in Luzern: „I suppose that stieg in die High Society des „Gilded Age“, generally it would be considered a hardship der dann durch die Ehen seiner Kinder Be- to have attend to business while travelling, stätigung finden sollte. Am 26. Juni 1878 especially on a wedding trip, but with the heiratete er Emma M. Cahn, die Tochter right spirit, business with its interesting con- von Abraham und Theresa Cahn.334 Sie wa- tacts not only is a constant education but be- ren mit den Cahns von J. S. Bache & Co comes a splendid pastime.“337 Die Liebe verwandt, die wiederum durch Heirat mit zweier Menschen zu beschreiben, ist schwer, den Baches verwandt waren. Getraut wur- und auch, wie groß sie zwischen Emma und den sie im Hause von Emmas Mutter, 226 Adolph gewesen sein mag, wird man kaum

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Adolph Lewisohns Frau Emma (gestorben 1916)

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An Bord der „Russia“ der Cunard Line brachen Emma und Adolph Lewisohn zu ihrer Hochzeitsreise auf

sagen können. Tatsache ist jedoch, dass seine Auf späteren Reisen nach Europa nahm Ehefrau nach dem Kapitel, welches die Adolph als Begleitung bei mindestens zwei Hochzeitsreise schildert, in den Erinnerun- weiteren Gelegenheiten seine Frau mit, 1905 gen von Adolph Lewisohn keine Erwäh- und 1908. 1905 unternahm man in einem nung mehr findet. Kein Wort schreibt Le- Mercedes von Paris aus eine Automobil- wisohn über das gemeinsame Leben oder Reise (für Adolph folgten weitere Fahrten die gemeinsamen Kinder (außer ganz am 1909 und 1910). Und auch für 1911 war be- Rande über den gemeinsamen Sohn Sam, Adolphs Augapfel).338 Und so entsteht der Eindruck eines Mannes, der sich vor allem über seinen geschäftlichen Erfolg definierte und über sein sinnliches Erleben von Kunst und Kultur; eines selbstbezogenen Mannes, der über sich selbst zu Protokoll gab: „[B]usiness was a great amusement. As I look back (…), I should like to have anot- her sixty years of it, but (…) a man cannot very well do business (…) until he is one hundred and forty.“ Und: „Business has so constantly and thoroughly filled my daily life that I find it hard now to stand outside of it and describe it.“339 Geht man allein nach dem Detailreichtum seiner Erinnerun- gen, dann muss man zu dem Schluss kom- men, dass der Handel mit Borsten diesen Mann mehr beschäftigt hat als seine Fami- lie.340 Adolph Lewisohns Tochter Clara, ··································································· verh. Rossin (1880‒1927)

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reits eine gemeinsame Tour im Automobil geplant, aber Emma erkrankte ernsthaft. Die Reise nach Europa 1910 war so für Adolph Lewisohn die letzte.341 ··································································· Fünf Kinder hatte das Paar. Zunächst ka- men drei Töchter. Florence, die 1878 oder 1879 geboren wurde und mit Samuel J. Re- ckendorfer verheiratet war, Treasurer und Secretary der American Lead Pencil Com- pany, starb 1907 mit nur 28 Jahren in Elbe- ron am Fieber.342 Clara (1880–1927), die Al- fred S. Rossin (geb. 1867) heiratete, unter- hielt in New York einen musikalischen Salon, der sich besonders um die Auffüh- rung zeitgenössischer Kompositionen ver- dient machte.343 Schließlich Adele (1882– 1965), die seit 1901 mit dem Bankier Arthur Lehman verheiratet war, Sohn von Mayer und Babette Lehman, geb. Neugass/New- gass, und Bruder von Herbert H. und Irving Adolph Lewisohns Sohn Sam (1884‒1951)

Lehman. (Emma Lewisohn soll mit der Heirat nicht einverstanden gewesen sein, da sie die Lehmans nicht als gesellschaftlich gleichrangig empfand.344) Dann folgten zwei Söhne, Samuel (1884–1951), genannt Sam, der 1918 Margaret V. Seligman (1895– 1954) heiratete, die Tochter von Isaac Newton Seligman und seiner Frau Guta, ei- ner geborenen Loeb (aus der Kuhn, Loeb- schen Familie).345 Damit schuf er eine fami- liäre Verbindung zu einer der angesehensten deutsch-jüdischen Bankiers-Familien: Isaac Seligmans bedeutendste Leistung war die Organisation der Finanzierung des Panama- kanals gewesen.346 Und Gutas Schwester war Nina Loeb, die Frau von Paul Warburg, dessen Bruder Felix wiederum Frieda Schiff Adolph Lewisohns Tochter Adele, geheiratet hatte. Sams jüngerer Bruder hieß verh. Lehman (1882‒1965) Julius, über den wir am wenigsten wissen,

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Das Stadthaus der Lewisohns an Fifth Avenue, rechts im Bild

der aber später (1913) Präsident von Adolph lerie. Der Aufzug, die Spiegel, die Lüster, die Lewisohn & Sons war.347 Tapeten und Wandteppiche, die gewaltigen ··································································· Kamine, reich verzierten Stühle und Sessel, Zunächst wohnte die Familie West 45th Kissen und Kunstwerke: Das alles war in Street, dann 9 West 57th Street. Das Ge- seiner auserlesenen Pracht ein wenig ge- bäude hat längst einem Wolkenkratzer Platz schmacklos angehäuft und soll den Charme gemacht. 1908 erwarb Adolph von Mrs. E. eines Hotels ausgestrahlt haben.349 H. Harriman, der Frau des „Eisenbahnfürs- ··································································· ten“, für 800.000 Dollar (etwa 4 Millionen Neben seinem Stadthaus nannte Lewisohn Goldmark) das Haus Fifth Avenue 881.348 drei Landsitze sein eigen. Der erste lag in El- Dieser eindrucksvolle Bau, den man durch beron an der Küste New Jerseys. Elberon war eine marmorne Eingangshalle mit Spring- in den 1870er und 1880er Jahren unter ver- brunnen und Topfpalmen betrat, beher- mögenden „Ostküstlern“ ein ausgesprochen bergte einen Ballsaal von märchenhafter beliebter Ort, um dort die Sommerfrische Größe, einen der gewaltigsten der Stadt, zu verbringen. Dann wechselte die High So- zweistöckig, rundum verspiegelt und mit ciety nach Newport – und die Mitglieder Engelsfresken an der Decke; daneben Sa- der Crowd übernahmen zahlreiche der Ur- lons, eine Bibliothek und eine Gemäldega- laubsresidenzen.Peggy Guggenheim beschrieb

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Elberon später als „eine Art Ghetto“.350 ··································································· Auch Lewisohn erwarb dort ein Haus, dem In den Gewächshäusern von Ardsley ließ er den Namen „Adelawn“ gab, nach seiner Lewisohn Pflanzen züchten.352 Schon als Tochter Adele. Dort genoss die Familie in Schuljunge hatte er ein Herbarium zusam- den Sommermonaten das Badeleben.351 mengestellt, in den USA machte er den Gar- ··································································· tenbau zu seinem Hobby: „There is some- Daneben besaß er die 400-acre große thing about creating a beautiful garden that „Heatherdell Farm“ außerhalb von Ardsley- gives me an even greater joy and a deeper on-Hudson in Westchester. Lewisohns En- sense of personal satisfaction than the mere keltochter, Frances, erinnert sich an ein selection and purchase of an object of „manor house“ im Tudor-Stil, mit einer gro- beauty. We can watch the plants as they ßen elisabethanischen Halle, die von einem blossom into perfection, we can improve gewaltigen Kamin geheizt wurde. Ardsley them from year to year and finally, when war ein Ort, an dem sich Städter die Illusion they have been brought out of the earth and des Landlebens verschafften: Milch, Butter, are shown in competition with other flo- Eier, Gemüse und Obst wurden direkt auf wers, we feel a peculiar pride in finding that der Farm erzeugt. the results of our own and that of our faith-

Interieur von Adolph Lewisohns „Heatherdell Farm“ in Ardsley-on-Hudson

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Außenansichten von Adolph Lewisohns Landsitz in Ardsley-on-Hudson

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ful gardeners’ devotion have proven worthy chen Immobilienhändlers hin fuhr Lewi- to be called the fairest amongst the fair. sohn mit Pferd und Wagen zum Upper Money helps no doubt, in growing flowers, Saranac Lake. Beeindruckt von der wilden but it is not essential to success as it is in und schönen Aussicht über den See kaufte acquiring works of art, for flowers will er kurzerhand 4.000 Acre Land und er- bloom for hands black with toil, or even richtete bis zum nächsten Jahr darauf sein black with crime, if those hands are guided Camp. Es bot 50 Gästen und 40 Bedienste- by patience and understanding.“353 ten Platz. ··································································· ··································································· Mit seinen in Ardsley gezogenen Blumen Architekt des Gebäudekomplexes war gewann Lewisohn Preise bei Wettbewerben, William L. Coulter (ca. 1864–1907), der am etwa im Grand Central Palace. 1912 präsen- Upper Saranac Lake bereits das Camp des tierte er auf einer Schau der „Horticultural Bankiers Otto Kahn, „Bull Point“, entwor- Society of New York“ im American Mu- fen und in rastloser Tätigkeit noch zahlrei- seum of Natural History drei Chrysanthe- che andere Projekte für zahlungskräftige men, deren Blüten jeweils einen Durchmes- New Yorker Kunden verwirklicht hatte, und ser von elf Fuß hatten – über drei Meter: die der auch bereits in Ardsley Lewisohns Archi- Höhe eines Flachdachbaus. Der Transport tekt gewesen war.356 Nach dem frühen Tod der Blüten führte in New York zu Verkehrs- Coulters wurden die erforderlichen Umbau- behinderungen. Lewisohn hatte die Kulti- ten und Erweiterungen von William Distin vierung der Pflanzen persönlich über- geplant. wacht.354 ··································································· ··································································· Es entstanden im Lauf der Jahre 28 Ge- Illusionen anderer Art als in Ardsley bäude. Die vier Haupthäuser mit breit ge- suchten wohlhabende New Yorker seit den gabeltem Giebel waren zwei oder dreige- späten 1890er Jahren in den Bergregionen schossig, von Laubengängen, Balkonen und nördlich der Stadt. Dort errichtete man Veranden umgeben und untereinander mit „Camps“: von außen roh erscheinende, an breiten, überdachten Bohlen-Gängen ver- Jagdhütten erinnernde, im Inneren jedoch bunden. Die äußere Struktur dominierten mit allem Komfort ausgestattete Blockhaus- ungeschälte Stämme, ansonsten war die Fas- komplexe in malerischer Lage, häufig an sade verkleidet mit Birkenrinde und mit Seen gelegen und mit eigenem Bootsanle- eindrucksvollen Geweihen dekoriert. Bei ger. aller demonstrativen Rohheit waren die Ge- ··································································· bäude durchaus raffiniert gestaltet und erin- Als Lewisohn 1903 sein Camp „Prospect nerten sowohl an süddeutsche Bauernhäu- Point“ am Oberen Saranac See in den Adi- ser als auch an japanische Bauten. Im rondacks erwarb, war er eigentlich mit sei- Inneren war ebenfalls viel unbehandeltes ner Tochter Adele auf dem Weg nach Lake Holz verarbeitet. Die Räume aus unverputz- Placid.355 Er reiste in seinem privaten Eisen- ten Feldsteinmauern und unbehandelten bahnwaggon, die Lokomotive jedoch blieb Hölzern waren dekoriert mit Fellen, ausge- in Saranac Inn Station liegen. Zum Aufent- stopften Tieren und Jagdtrophäen aller Art. halt verdammt und auf den Rat eines örtli- Die Möbel hatte der Architekt in einer Art

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Adolph Lewisohns „Camp“ in den Adirondacks: Innenaufnahme vom Wohnzimmer

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Außenaufnahme von einem der Bohlengänge zwischen den Häusern

Das Esszimmer

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[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Ansicht des Haupthauses (um 1905)

Kolonialstil entworfen. Die urtümliche Ro- und es wechselte oft den Besitzer. Später heit war jedoch bloße Illusion. Der gesamte ging es in den Besitz der christlichen Orga- Komplex war elektrisch versorgt (durch ein nisation „Young Life“ über, die dort Som- Aggregat mit 60 PS) und sogar Telephon mercamps veranstaltete. Die ausgestopften gab es in allen Gebäuden. Bodentiefe Fens- Bären waren schon ein wenig mitgenom- ter im Esszimmer aber ließen gewisserma- men, und aus ihrem Inneren lugten deut- ßen das Äußere nach Innen und erzeugten sche Zeitungen hervor, die man als Füllma- die Illusion, unmittelbar in der Wildnis zu terial verwendet hatte.357 speisen. ··································································· ··································································· Stellung zur Religion Lewisohn soll in das Camp zwischen 1903 ··································································· bis 1930 zweieinhalb Millionen Dollar inves- Nicht nur für die in Deutschland geblie- tiert haben. Genutzt wurde es vor allem im benen Juden, auch für ihre deutschstämmi- Spätsommer und Frühherbst, zur Zeit der gen Glaubensgenossen in den USA wurde malerischen Laubfärbung. In den 1940er im Laufe des 19. Jahrhunderts die Forderung Jahren hat die Familie das Camp verkauft nach Assimilation zum Problem, genauer,

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die Einfügung in die Mehrheitsgesellschaft politischen Leben möglichst bruchlos er- unter Bewahrung der eigenen Traditionen. möglichen sollte. Auch „Jude“ wollte man Auch in den USA gab es Vorbehalte gegen- eigentlich nicht mehr genannt werden, lie- über Juden. Bei manchem von ihnen ver- ber „Hebräer“ – eine Bezeichnung, welche stärkte dieser Druck den Wunsch, das „Jü- die Sepharden bislang quasi exklusiv für sich disch-Sein“ hinter sich zu lassen – wenn beanspruchten.358 Und je mehr man sich als auch nicht bei standfesten Orthodoxen wie Jude ausgeschlossen fühlte, desto stärker be- Jacob Schiff. rief man sich darauf, in erster Linie Deut- ··································································· scher zu sein. Schon die bloße Größe der Das Reformjudentum wurde zur stärksten deutschen Community und die gesellschaft- Strömung unter den Einwanderern, die in liche Stellung, die ein bemerkenswerter Teil den ersten drei Vierteln des 19. Jahrhunderts von ihr erreicht hatte, taten ein Übriges, um das Land erreichten, also eine Handhabung die Anhänglichkeit an das Herkunftsland zu der religiösen Vorschriften, welche die Ein- stärken.359 fügung in die Mehrheitsgesellschaft und die ··································································· Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und Aber nicht nur, weil die Juden von der

[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Adolph Lewisohn neben dem Bootshaus am Upper Saranac Lake (um 1905)

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Mehrheitsgesellschaft vielfach im Unsiche- zwar nie abgerissen, und doch nannte er ren darüber gelassen wurde, für wie „ameri- sich einen „100 % American“. Vielleicht war kanisch“ sie galten, blieben die deutschen die Grundlage hierfür auch sein pragmati- Juden ihrem Heimatland verbunden. Die sches Verhältnis zur Religion. deutsche Kultur zu bewahren wurde auch zu ··································································· einem Wert, weil Deutschland für die Am Anfang der jüdischen Geschichte in den deutsch-amerikanischen Juden im ausge- Vereinigten Staaten standen 23 brasiliani- henden 19. Jahrhundert in vieler Hinsicht sche Juden, Sepharden, die 1654 aus dem die Blüte von Kunst, Wissenschaft und portugiesischen Recife in Brasilien nach Technik verkörperte: „Deutsch war die Spra- „Neuamsterdam“ (New York) geflohen wa- che, deren man sich zu Hause, im Kreise der ren. Durch Zuwanderung mehrte sich die Familie, bediente. Von deutschen Kompo- jüdische Gemeinde zunächst nur sehr zöger- nisten stammten die Werke, die die Kinder lich. 1790 lebten in den Vereinigten Staaten in den Musikzimmern übten. Wenn ein Se- erst zwischen 100 und 500 Juden, 1818 wa- ligman, ein Loeb, ein Lehman nach Europa ren es 3.000 und 1840 15.000. Erst danach reisten, fuhren sie mit der Hamburg-Ame- setzte ein deutlicheres Wachstum ein. 1848 rika-Linie. Sie war die beste. Wenn sie Er- hatte sich ihre Zahl auf 50.000 erhöht, 1855 holung brauchten, suchten sie einen deut- auf 100.000, 1860 auf 150.000 und 1877 auf schen Kurort auf – Baden, Karlsbad oder über 229.000.362 Vor allem deutsche Juden Marienbad. Zum Essen trank man deutsche waren es, die als Folge der gesellschaftlichen Weine. Erkrankte jemand schwer, wurde er und wirtschaftlichen Krise des Vormärz in aller Eile nach Deutschland gebracht, wo sowie nach dem Scheitern der Revolution es die besten Ärzte gab.“ In ihren New 1849 und der folgenden Aufhebung oder Yorker Häusern hatten die Mitglieder der Einschränkung der Emanzipationsgesetzge- Crowd französische Köche, irische Dienst- bung in vielen Bundesstaaten ihrer Heimat mädchen, englische Butler, aber deutsche den Rücken kehrten – gleichermaßen aus Gouvernanten.360 Enttäuschung darüber, dass man ihnen glei- ··································································· che Rechte wie ihren Mitbürgern weiterhin Auch Lewisohn war Mitglied im „Deut- hartnäckig vorenthielt, aus Unzufriedenheit schen Press Club“, der „Deutschen Gesell- mit den politischen Zuständen wie aus schaft“ und im „Harmonie Club“, dem vor- mangelnder wirtschaftlicher Perspektive. So nehmsten, 1852 gegründeten deutsch-jüdi- wuchs die beachtliche deutsch-jüdische Ge- schen Herrenclub. Die offizielle Sprache im meinde in den USA heran. „Harmonie Club“ war deutsch und in der ··································································· Vorhalle hing ein Porträt des Kaisers. Der Die Zusammensetzung der jüdischen Ge- Club war allerdings der erste seiner Art, der meinde insgesamt sollte sich dann in den Frauen zum Dinner zuließ.361 In dieser Hin- folgenden Jahren von Grund auf verändern. sicht war der „Harmonie-Club“ noch fort- Fünf Millionen Immigranten kamen in den schrittlicher als die Synagoge, die das Zen- 1880er Jahren in die USA, unter ihnen im- trum der religiösen Praxis war, der 1868 er- mer mehr Menschen aus Süd- und Osteu- richtete Tempel Emanu-El an Fifth Avenue. ropa, und darunter viele russische Juden, die Lewisohns Kontakte nach Deutschland sind vor Pogromen flüchteten. Rund 1,5 Millio-

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nen Juden reisten zwischen 1880 und 1914 in stände in der Lower East Side, wo Anfang die USA ein.363 Und sie blieben vor allem in der 1890er Jahre 75 Prozent der New Yorker New York. Betrug die Zahl der Juden in der Juden lebten, über überfüllte Wohnungen, Stadt 1870 80.000, die neun Prozent der Ge- Ungeziefer, Schmutz, Ehebruch, Schläge- samtbevölkerung ausmachten,364 so kamen reien, Hunger und Kriminalität, waren in allein im Jahr 1907 90.000 neu hinzu, die hohem Maße peinlich, vor allem aber, mit meisten von ihnen aus Russland und Polen. diesen Leuten in einen Topf geworfen zu (Da man Russen und Polen nicht unter- werden, dem lauten, zudringlichen und ag- scheiden mochte – und da Polen zu dieser gressiven „Abschaum Europas“. Ungläubig Zeit als Staat nicht existent war –, sprach mussten die etablierten deutschen Juden zur man allgemein von „Russen“.) Die Zahl der Kenntnis nehmen, dass man sie immer häu- jüdischen Einwohner New Yorks näherte figer mit den „Negern“ auf eine Stufe stell- sich bald der Millionengrenze. 1915 waren es te.367 Also machten sie die „Russen“ für den bereits fast 1,4 Millionen, 28 Prozent der ge- in New York immer mehr spürbaren Anti- samten Bevölkerung.365 semitismus verantwortlich und reproduzier- ··································································· ten dabei zum Teil selbst antisemitische Ste- Die massive Zuwanderung stellte die be- reotype in ihrer Abgrenzung von den reits amerikanisierten Juden vor schwerwie- „Orientalen“ und „Asiaten“ – den Kikes, wie gende Probleme: sowohl bei ihrer Integra- sie in Anspielung auf die russische Endung tion in die Gemeinde als auch, was die ihrer Namen („-ki“) abwertend genannt Wahrnehmung durch die Mehrheitsgesell- wurden.368 schaft anbetraf. Zwischen den assimilierten ··································································· deutsch-amerikanischen Juden uptown und Sie gründeten Wohlfahrtsorganisationen, den Russen in der Lower East Side bestand die zunächst Versuche unternahmen, die eine tiefe soziale und religiöse Kluft: Die Neuankömmlinge zu überzeugen, aus New wohlhabenden, etablierten Alteingesessenen York weiter zu ziehen – ohne viel Erfolg. sahen in den orthodoxen Habenichtsen aus Dann versuchte man die soziale Situation zu dem Osten das, was die Sepharden fünfzig verbessern und die Assimilation zu fördern. Jahre zuvor in ihnen erblickt hatten. Die Man bot freie Unterkunft, Verpflegung und Neuankömmlinge waren zerlumpt, bettel- ärztliche Betreuung an und veranstaltete arm, bildungshungrig und zu allem Über- Vorträge: über gutes Benehmen und richtige fluss sozialistisch infiltriert. Von der gemein- Kleidung (wozu Schläfenlocken und „Kaf- samen Religion abgesehen, hätte man sich tane“ nicht gehörten), gute Sitten, die Ehe keinen krasseren Unterschied denken kön- und die Gefahren des Sozialismus, „die den nen als jenen zwischen „Deutschen“ und armen Russen vor Augen führen sollten, wie „Russen“.366 unvernünftig ihre frühere Lebensweise ge- ··································································· wesen war“.369 Die deutschen Juden gaben Die „ungehobelten“, „ungewaschenen“ und reichlich für diese Projekte, aber ungern, vor allem jiddisch sprechenden „Russen“, vielfach nicht dem religiösen Gebot der die sich ihre Brüder nannten, brachten die Barmherzigkeit folgend, sondern aus bitte- achtbaren, etablierten Juden in Verlegen- rem Ressentiment, aus Verlegenheit und heit. Die Zeitungsberichte über die Zu- Furcht vor der üblen Nachrede ihrer Nach-

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barn – und das Spendensammeln entwi- ckelte sich zu einem strengen System, das unangenehm einer Besteuerung ähnelte.370 ··································································· Immer offener unterstützten die etablierten jüdischen Bevölkerungsgruppen eine Be- grenzung der Zuwanderung. Bereits im Au- gust 1882 verabschiedete der US-Kongress ein Einwanderungsgesetz, das den Neuan- kömmlingen eine Kopfsteuer von fünfzig Cents auferlegte. Vor allem wurde eine Ein- wanderungsbehörde auf Ellis Island einge- richtet. Ab 1892 war dort die größte Hürde für Einwanderer die gesundheitsärztliche Untersuchung. 1917 wurde dann hinzu ein Test eingeführt, der die Lesefähigkeit zur Aufnahmebedingung machte. ··································································· Adolph Lewisohn war gegen diese „Illite- racy Clause“, wie er in einem Gespräch mit Präsident Wilson deutlich machte [vgl. Kap. 6]. Stattdessen engagierte er sich für die Be- lange der Immigranten und für die Juden in Russland selbst. Sensibilisiert vielleicht schon durch die Kontakte seines Vaters zu Jacob Schiff (1847‒1920) „Ostjuden“ in Hamburg, durch die eigenen Erfahrungen seiner Russlandreise 1887 und in den USA.372 An ihrer Spitze stand Jacob durch seine Treffen mit „russischen“ Juden H. Schiff, der einflussreichste US-Bankier in New York, reiste Lewisohn 1905 als Teil neben J. P. Morgan. Als Jude hatte er im einer hochkarätig besetzten Delegation jü- rückständigen zaristischen Russland, das discher Industrieller und Finanziers nach seine Glaubensgenossen in mittelalterlicher Portsmouth (New Hampshire). Die ande- Unterdrückung hielt, seinen persönlichen ren Teilnehmer waren der einflussreiche politischen Feind gefunden und sich bereits Bankier Isaac N. Seligman (später Vater von während des Krieges 1904/05 nachdrücklich Sam Lewisohns Braut), Oscar S. Straus (ab für die finanzielle Unterstützung Japans ein- 1906 Handelsminister im Kabinett von Prä- gesetzt.373 Noch 1914 sollte er die Gewäh- sident Roosevelt) und Adolf Kraus (Präsi- rung von Anleihen zugunsten der Alliierten dent von B’nai B’rith).371 Am Rande der Kon- davon abhängig machen, dass in keiner ferenz, die den russisch-japanischen Krieg Weise Russland von ihnen profitieren dürfe, beendete, trafen sie den russischen Verhand- und sollte so das Ansehen des Bankhauses lungsführer, Ministerpräsident Sergej Witte Kuhn Loeb & Co in der amerikanischen (1849–1915), und den russischen Botschafter Öffentlichkeit aufs Spiel setzen.

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··································································· größte Maß an politischer Freiheit herr- Das Zarenreich war stark daran interessiert, sche.375 das Wohlwollen der amerikanischen Finanz- ··································································· märkte zu gewinnen. Die Delegation hinge- Seiner Einstellung zu Religion und Juden- gen machte Witte in dem dreistündigen Tref- tum hat Adolph Lewisohn in seinen Erinne- fen unmissverständlich klar, dass ein Entge- rungen unter dem Titel „Thoughts on Being genkommen zur Voraussetzung hätte, dass a Jew“ ein eigenes Kapitel gewidmet.376 Sein die unerträgliche rechtliche Situation der Judentum präsentiert er darin selbstgewiss, Juden in Russland umgehend und umfas- unangefochten durch die verbreitete Juden- send verbessert und vor allem ihr Schutz vor feindschaft: „I could never understand and Pogromen gewährleistet werden müsse, wie do not understand now, why anybody could sie sich zuvor (1903) in Kischinew (Molda- be ashamed of being a Jew.“ Man müsse wien) ereignet hatten. Dies legten die Mit- schlicht das sein, was man sei, ob man mö- glieder mit außerordentlichem Selbstbe- ge oder nicht. Versuche man, etwas anderes wusstsein, ja in drohendem Ton dar, wie ein zu sein, sei man gar nichts. Von einem mög- dem Treffen nachfolgender Brief vom 5. lichen Minderwertigkeitsgefühl den Chris- September 1905 belegt.374 Das indirekte Ziel ten gegenüber will Lewisohn nichts wissen: der Delegation war es dabei, den andauern- Man möge sich daran erinnern, dass das den Einwanderungsdruck auf Amerika zu Christentum historisch auf dem Judentum verringern. basiere. Juden allerdings, die sich für das ··································································· „auserwählte Volk“ hielten, sind ihm glei- Politisch argumentierten die Mitglieder, chermaßen unsympathisch: Alle Gruppen die Einmischung in die inneren Angelegen- seien lediglich Teil der einen, umfassenden heiten Russlands müsse erlaubt sein, wenn Menschheit („We are all part of an entire hu- das Land durch die Behandlung seiner manity“). Was jüdische Besonderheiten an- Untertanen deren massenhafte Emigration geht, mag Lewisohn allenfalls einräumen, forciere. Sie gingen in ihren Forderungen so dass die Jahrhunderte der Verfolgung viel- weit, die sofortige und vollständige Gleich- leicht ein Volk geformt hätten, das zum ei- stellung der Juden zu verlangen, und zwar nen schneller und gewitzter, und zum ande- mit dem Argument, dass die für diesen Fall ren untereinander solidarischer sei als seine befürchteten inneren Unruhen und Vorbe- Nachbarn.377 halte bei einer schrittweisen Emanzipation ··································································· erst recht Gelegenheit fänden, sich stets er- Der Judenfeindschaft steht Lewisohn be- neut zu artikulieren (wie es ja in Deutsch- merkenswert gelassen und optimistisch ge- land tatsächlich geschehen war). Gegen den genüber. In Anspielung auf die berüchtigte Einwand, die russischen Juden seien nicht Hilton-Seligman-Affäre von 1877, die sich reif für eine sofortige Emanzipation, argu- daran entzündet hatte, dass das Grand mentierte die Delegation historisch: In allen Union Hotel im bekannten Ferienort Sara- Staaten, welche die Emanzipation durch- toga der Familie von Joseph Seligman den geführt hätten, hätten sich die Juden als Zutritt verwehrt hatte, sagt er, ihn persön- vollgültige Bürger und gute Patrioten er- lich kümmere es nicht, ob Juden Zugang zu wiesen, gerade in den USA, in denen das allen Hotels oder Klubs erhielten: „Solche

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Dinge“ regelten sich von selbst („These mer weniger Hingabe an religiöse Formen – things adjust themselves“).378 dem Christentum sei es nach der Reforma- ··································································· tion ebenso ergangen. Aufgewachsen in ei- Schon in jungen Jahren aber, so gab Lewi- nem orthodoxen Haushalt und mit ortho- sohn zu Papier, habe er nicht allen Formen doxen Verwandten, bewahrte sich Lewisohn der orthodoxen religiösen Praxis folgen kön- auf seinem Lebensweg Wohlwollen und nen. In seinem Elternhaus fügte er sich ohne Respekt („goodwill and respect“) für beides, Widerspruch – glücklicherweise, denn sein Altes wie Neues.381 Und doch hatte auch Vater stellte Religion und tägliche Glau- seine eigene Religiosität auf seinem Weg ge- benspraxis über alles andere, so dass offener litten: „I do not, and never have been able Widerspruch zum Bruch zwischen beiden to, believe in Orthodox form or in the Su- geführt hätte. Der religiöse Ernst seines Va- pernatural. The only thing I can conceive of ters sei ihm ein Leben lang ein Beispiel ge- is some Unknown Force that helps us until blieben.379 Die Bitterkeit jedoch, mit der we learn to use our brains and make the best zuhause über das Reformjudentum gespro- of our condition; in other words, that we are chen wurde, habe ihm nie einleuchten kön- here to work out our own destiny.“382 Aus- nen, und er mochte sie in seinem späteren gehend von einer Religionskritik im Geiste Leben nicht teilen. Man könne sich nicht, der Aufklärung artikuliert Lewisohn letzt- so Lewisohn, von der Lebenswirklichkeit lich den Glauben des selfmade-Man, der ab- abkapseln. Die moderne Welt sei nun ein- schließend über sich zu Protokoll gibt: „I mal christlich dominiert, und die Juden eine was not a believer in religious forces“.383 Minderheit. Der Versuch, allein den alther- ··································································· gebrachten, religiösen Lebensregeln zu fol- Für Lewisohn war religiöse Toleranz wich- gen, sei törichter, unpraktischer Starrsinn, tiger als religiöse Treue. Vor allem müsse der in die Isolation führe und die Juden des man sich, so postulierte er, dem Glauben sozialen, geschäftlichen und politischen anderer gegenüber tolerant verhalten und Austauschs und auch ihres Einflusses be- mit ihnen harmonisch zum Wohle der All- raube, was allein eines zur Folge habe: „bad gemeinheit zusammen arbeiten. Dies gelte neighborliness, bad business, bad politics“ – nicht nur für Juden untereinander, sondern schlechte Nachbarschaft, schlechte Geschäf- ebenso für das Verhältnis von Juden und te und schlechte Politik. Die alten Regeln Christen. Auch jene sollten darauf verzich- seien lediglich passend gewesen für eine ten, Juden dafür anzugreifen, wenn sie in- Lebenswelt in Palästina, zwei- oder drei- mitten einer modernen Welt versuchten, im tausend Jahre zuvor. Heutzutage sei es der Einklang mit den Gesetzen ihrer Vorväter zu Wunsch der Juden zu leben wie ihre Mit- leben.384 bürger.380 ··································································· ··································································· In seiner Autobiographie berichtet Adolph Allerdings, so räumt Lewisohn ein, habe Lewisohn wie nebenbei von einer unge- die Anpassung an die Lebenswirklichkeit zwungenen Diskussion, in der ein Freund allgemein auch eine Abnahme der religiösen leidenschaftlich die These verfochten habe, Hingabe zur Folge gehabt. Weniger religiöse man nehme das Judentum mit der Mutter- Uniformität bedeute nun einmal auch im- milch auf. Lewisohn entgegnete damals

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knapp, dass dies auf ihn nicht zutreffe: Er Sir Samuel Montagu (später Baron Swayth- habe eine christliche Amme gehabt. Und ling) in London, musste der überraschte augenzwinkernd setzte er hinzu, dies sei ver- Adolph Lewisohn sich erst in Erinnerung mutlich der Grund dafür, dass er so viele rufen, warum ihm bei Tisch ein Hut ge- christliche Freunde habe.385 1898 jedenfalls, reicht wurde: Es war Freitagabend.386 an der Dinner-Tafel des extrem orthodoxen

·············································································································································· 326 Rischin, Promised, S. 53. 327 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 19. 328 Ebd., S. 253. 329 Ebd., S. 19. 330 Ebd., S. 20. 331 Ebd., S. 130 und 253. 332 Ebd., S. 130 f. 333 Ebd., S. 20. Vgl. auch Barkai, Branching out, S. 138. 334 Emma Cahn wurde etwa 1856 geboren, vgl. NYT, 29. Juli 1916. 335 Citizenship, S. 78; Birmingham, In unseren Kreisen, S. 253. 336 Citizenship, S. 79. 337 Ebd., S. 80 f. 338 Simon, Portrait, S. 32. 339 Ebd., S. 84 und 166. 340 Vgl. zu dieser Einschätzung Birmingham, In unseren Kreisen, S. 346. 341 Citizenship, S. 81 f. 342 Art. Lewisohn, Adolph, S. 428; Art. Lewisohn, Leonard, S. 465; NYT, 4. Juli 1907. Das Paar hatte drei Kinder. 343 Ihre Kinder waren Edgar (später bei Lewisohn Bros.), Natalie, Florence, Carol, Alfred, Adolph sowie ein sechstes, früh verstorbenes Kind, vgl. Loeb, Lifetime, S. 40 und Clara Lewisohn Rossin (www.nycommunitytrust. org/Portals/0/Uploads/Documents/BioBrochures/Clara%20Lewisohn%20Rossin.pdf, 13. April 2011). 344 Loeb, Lifetime, S. 27 f. – Seinen ersten Wohnsitz errichtete das junge Paar 31 West 56th Street, auf einem Grundstück, das Adolph Lewisohn für die beiden erwarb. 345 Art. Lewisohn, Margaret Seligman, S. 148. 346 Loeb, Lifetime, S. 42. 347 Art. Lewisohn, Adolph, S. 428; Spengler, Element, S. 173. 348 Loeb, Lifetime, S. 27 und S. 36. Das Haus wurde 1941 abgerissen, NYT, 14. September 1941. 349 Simon, Portrait, S. 16 ff. und 35. 350 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 254. 351 Loeb, Lifetime, S. 39 f.

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352 Ebd., S. 39 f. – in der Schreibweise „Heatherdale“ etwa bei Birmingham, In unseren Kreisen, S. 342. 353 Citizenship, S. 184. 354 Loeb, Lifetime, S. 38; NYT, 2. November 1912, 1. November 1913, 5. November 1915, 9. April 1916 und 16. Januar 2007. 355 Zum Folgenden Loeb, Lifetime, S. 40; Kaiser, Great Camps, S. 146 ff.; Gilborn, Adirondack Camps, S. 239 ff. 356 Ebd., S. 232 ff. und 240. – Auch die Seligmans hatten eine Sommerresidenz in den Adirondacks und zwar in Fish-Rock, Loeb, Lifetime, S. 42. 357 Kaiser, Great Camps, S. 153. 358 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 131. 359 Adams, Die Vereinigten Staaten, S. 200 und 214; ders., USA vor 1900, S. 116; ders., USA im 20. Jahrhun- dert, S. 23. 360 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 135 f.; vgl. auch Rischin, Promised, S. 96. 361 Spengler, Element, S. 173; Jackson, Encyclopedia, S. 528. Andere Gründungsdaten bei Barkai, Branching out, S. 172 f. 362 Moltmann, Auswandererschiff, S. 286; Cohen, Encounter, S. 122. 363 Depkat, Geschichte, S. 142. 364 Barkai, Branching out, S. 136 sieht die Zahl von 80.000 erst 1880 erreicht; auf S. 210 allerdings auch 1870. 365 Rischin, Promised, S. 94. – Barkai, Branching out, S. 210 spricht hingegen von „half a million“ und 28%. Da die Gesamtbevölkerungszahl 1910 ca. 4,8 Mio. und 1920 ca. 5,6 Mio. betrug, Jackson, Encyclopedia, S. 920, darf man für 1915 von ca. 5,2 Mio. Einwohnern ausgehen. Wenn der jüdische Bevölkerungsanteil etwas weniger als 28 Prozent betrug, hätte die absolute Zahl der jüdischen Bewohner tatsächlich 1,4 Mio. betragen. 366 Rischin, Promised, S. 53 f.; Birmingham, In unseren Kreisen, S. 283. 367 Ebd., S. 283 und 287; Sorin, Time, S. 70. 368 Rischin, Promised, S. 97 f. Zur Lower East Side Sorin, Time, S. 70 ff.; zur Distanz von „Russen“ und „Deut- schen“, ebd., S. 86 f., auch Depkat, Geschichte, S. 142 f. 369 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 285. Vgl. auch Rischin, Promised, S. 54 und 99 f. 370 Sorin, Time, S. 86 f.; Barkai, Branching out, S. 196 ff; Birmingham, In unseren Kreisen, S. 286 f. 371 Citizenship, S. 88; Adler, Schiff, S. 128. 372 Cohen, Schiff, S. 137. 373 Ebd., S. 134 ff. 374 Ebd., S. 138; Adler, Schiff, S. 120 f. und 129 ff. 375 Ein zweites Treffen fand zwei Wochen später in New York statt, vgl. NYT, 13. September 1905. 376 Citizenship, S. 47 ff. 377 Ebd., 47, 49 f. und S. 51: „The oppression which for centuries forced the Jews to use their wits has perhaps resulted in producing a people with brains more clever and quicker on the average, than those of their neighbors. Perhaps (…) the fact that they are thrown together (…) made neighboring families and within each household, the members of the family (…) more kindly to one another than [it] is the rule in Christian communities“. 378 Ebd., S. 52. Vgl. Cohen, Encounter, S. 156; Birmingham, In unseren Kreisen, S. 143 ff. 379 Citizenship, S. 20 f. 380 Ebd., S. 48. 381 Ebd., S. 48 f. 382 Ebd., S. 49. 383 Ebd., S. 78. 384 Ebd., S. 49 f. 385 Ebd., S. 8. 386 Ebd., S. 16. ··············································································································································

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Gesellschaftliche und politische Ativitäten

Lewisohn, der als „short, animated man 1881 war Lewisohn gerade dort, als Präsident with a shrewd, philosophical air, a humani- James A. Garfield (1831–1881) im ersten Jahr tarian outlook, and an equable temper“ be- seiner Präsidentschaft nach einem Attentat schrieben wird,387 preist in seinen Erinne- dorthin gebracht wurde und verstarb. Dies rungen die Fähigkeit, Freunde zu gewinnen: waren Kontakte von ferne. Näher rückte „The most important factor in our lives is Grover Cleveland (1837-1908), der erste Prä- our association with people.“ Und dies war sident der Demokratischen Partei seit 1861 für ihn nicht nur ein Faktor für geschäftli- (1885–1889 und 1893–1897), den Lewisohn chen Erfolg. Für sich selbst nahm er in An- „quite an intimate friend of mine“ nennt: spruch, stets leicht Freunde gefunden zu ha- Seine Frau habe den Grundstein für das Ge- ben: „A spontaneous feeling of democratic bäude der Hebrew Technical School for fellowship, caring for men and women for Girls gelegt, dessen Bau Lewisohn gefördert what they are rather than for what they do hatte. Cleveland selbst habe bei dieser Gele- or what they have, has been part of my na- genheit eine Grußadresse verlesen. Auch für ture all my life.“388 Diese Behauptung ist William McKinley (1843–1901) nimmt Le- wohl nicht allzu eitel, bedenkt man Lewi- wisohn in Anspruch, ihn recht gut gekannt sohns Interesse für „russische“ Juden oder zu haben („Whenever I met him, he was al- seinen Einsatz für die Belange von Häftlin- ways cheerful and kind“).390 gen [vgl. Kap. 7]. ··································································· ··································································· Dann folgen jene Präsidenten, bei denen Anschließend listet Lewisohn jene US- Lewisohn detaillierter wird. Bezeichnender Präsidenten auf, die er persönlich gekannt Weise, sind es jene, die ins Amt kamen, nach- hat, und die er, jeweils in unterschiedlich dem Lewisohn seine geschäftlichen Aktivi- starkem Maß, zu seinen Freunden zählt.389 täten bereits deutlich reduziert hatte. Der Sie haben den Mann mit dem gewitzten erste war Theodore Roosevelt (1858–1919), „philosophischen“ Auftreten und der hu- Präsident von 1901 bis 1909: „I came to manitären Einstellung mehrfach zur Bera- know President Theodore Roosevelt intima- tung von verschiedenen politischen Proble- tely – a real friendship existed between us.“ men hinzugezogen. 1908 hatten beide eine lange Unterredung ··································································· „as a result of which he called a conference Ulysses Grant (1822–1885) besaß lediglich at the White House for discussion of the das Nachbarhaus der Lewisohns in Elberon. proper care of delinquent children.391 Das

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Treffen, das Lewisohn angeregt hatte, fand Lewisohns Ankunft in den USA herausgab. dann am 25. und 26. Januar 1909 statt [vgl. Sie enthielt Beiträge unter anderem von Ja- Kap. 7]. „Roosevelt used to speak very cob Schiff, Daniel Guggenheim, John P. highly of the German Emperor, as if they Mitchel, New Yorks Bürgermeister, Senator were warm friends and cordial mutual ad- Dwight W. Morrow und Nicholas M. But- mirers, although this was before they had ler, dem Präsidenten der Columbia Univer- ever met. He liked to hear the story of my sity.396 Taft schrieb darin: „I note with inter- various business experiences, and I often told est that Mr. Adolph Lewisohn celebrates on him interesting incidents connected with it, August first next the fiftieth anniversary of for he was quick and keen to see the point. his arrival in this country. This country is far At any rate, I enjoyed a long and cordial ac- better off for Mr. Lewisohn’s coming. He has quaintance with President Roosevelt“.392 been very successful as a businessman and has ··································································· helped the community by his forethought, Über William Howard Taft (1857–1930) his enterprise and the practice of sound gab Lewisohn zu Papier: „I was a great ad- business principles. The great field, howev- mirer of President Taft. He was a man of er, in which he has shown his highest civic charming personality and great ability. A usefulness is in meeting the responsibility he sincere friendship existed between us for has so keenly felt by devoting his great twenty years. While he was president, he wealth to aiding his fellowmen. The list of talked over many matters of importance his beneficiaries is not so remarkable for with me and during the last year of his ad- their number and amount, great as they are, ministration, he appointed me a member of as in their effectiveness. May he live long to the newly created United States Commis- enjoy the retrospect of the good he has done. sion on Industrial Relations.“393 Zur Beset- He has deserved well of his country.“397 zung aber kam es nicht: „I was supposed to ··································································· represent the capitalists on that commis- Sein Verhältnis zu Woodrow Wilson (1856– sion, but the Evening Post (…) intimated 1924) schildert Lewisohn distanzierter: „When- that I was not really extremely capitalistic. I ever I visited Washington during President agreed with this, for I am at least as fond of Wilson’s administration, he was always gra- non-capitalists as I am of those who repre- cious and freely discussed with me the var- sent capitalism.“394 ious topics of the time. I must have had sev- ··································································· eral such interviews and I remember that Auch nach Tafts Präsidentschaft hielt die once we discussed the illiterary clause in the Verbindung an: „President Taft was always Immigration Bill.“ Lewisohn verlieh dabei generous in his support of the various phil- seiner Überzeugung Ausdruck, dass die anthropic enterprises in which I was inter- mangelnde Gelegenheit, sich Schulbildung ested, and it was an honor to enjoy, as I did, anzueignen, nicht alleiniges Kriterium dafür the confidence and cordial friendship of one sein dürfe, ob jemandem die Einwanderung of America’s greatest gentlemen.“395 Von der in die USA erlaubt werde. Viele Menschen, Verbindung beider zeugt auch die Sonder- die diese Gelegenheit nicht gehabt hätten, nummer, die 1917 die Zeitschrift „American könnten trotzdem gute und wertvolle Bür- Hebrew“ anlässlich des 50. Jubiläums von ger der USA werden. Bei anderer Gelegen-

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heit diskutierten beide ein Bundesgesetz ge- camp in the Adirondacks. My acquaintance gen Kinderarbeit. Wilson sprach sich gegen with President Hoover began almost twen- ein solches Gesetz aus, mit dem Argument, ty-five years ago and I have always found der Gegenstand solle dem Senat überlassen him a fine and able man. We have talked werden „to be guided by local opinion“. Le- over many business affairs time to time. In wisohn hingegen vertrat den Standpunkt, 1908 in London, I saw a good deal of him dass ein Problem von solcher Grundsätzlich- and was his guest on an automobile trip keit „the concern of the Nation“ sein sollte. through England. I always admired his In der Tat hat Wilson später seinen Stand- splendid work for Belgian Relief.“399 punkt geändert und sich für ein bundeswei- ··································································· tes Gesetz stark gemacht. Bei einer weiteren Alles in allem fühlte sich Lewisohn privi- Gelegenheit diskutierten beide über „prison legiert und geehrt, die Bekanntschaft so vie- labor and the management of prisons“: „He ler US-Präsidenten gemacht zu haben.400 and I expressly agreed on the desirability at Seine Sympathien vergab der Republika- that time, while we were engaged in war, of ner401 offensichtlich unabhängig davon, ob having prison labor in both State and Feder- ein Präsident Demokrat war oder seiner ei- al prisons directed to the benefit of the Na- genen Partei angehörte. Bei Wahlkampf- tional Government when free labor was so spenden, ob etwa für Roosevelt 1904 oder much needed for war purposes.“ Wilson be- für Charles E. Hughes erfolglose Kandida- dauerte wie mühsam es war, die notwendi- tur gegen Wilson 1916, gab er dem Anschein gen Gesetze zu verabschieden, „because of nach nur vergleichsweise kleine Summen delay by what he calles ‚recess-loving Con- (allerdings, so weit bekannt, vornehmlich gressmen.’“ „The last words h[e] addressed für republikanische Kandidaten).402 Wenig to Sam and me were, ‚I am antirely with you. Auskunft über seine politischen Präferenzen In fact, you may call me one of you.’“398 gibt es, zu betrachten, welche Präsidenten in ··································································· seinen Erinnerungen keine Erwähnung fan- Wiederum persönlich herzlicher, aber we- den: Charles A. Arthur (1881–1885), Benja- niger intensiv, was politische Kontakte an- min Harrison (1889–1893) und Warren G. belangt, schildert Lewisohn sein Verhältnis Harding (1921–1923) waren zwar alle Repu- zu Calvin Coolidge (1872–1933) und Her- blikaner, vor allem aber nicht die eindrucks- bert Hoover (1874–1964) (und geht damit in vollsten Amtsinhaber. Zusammenfassend seinen Auskünften nah an die Gegenwart kann man einstweilen nur sagen, dass Lewi- heran, wurde Hoover doch erst 1929 Präsi- sohn vor allem von Präsidenten zur Bera- dent der Vereinigten Staaten): „President tung herangezogen wurde, die etwa in glei- Coolidge honored me with a most cordial chem Alter, aber etwas jünger waren. friendship. In spite of his reputation for tac- ··································································· iturnity, he and I have had many long and Welche politischen Positionen Lewisohn mutually sympathetic talks together. One of vertrat, kann im Rahmen dieser Untersu- [the] pleasant memories is of the intimate chung nur skizziert werden, etwa seine Hal- family luncheons I enjoyed with him at the tung zum Ersten Weltkrieg und zum Kriegs- White House. After his retirement from of- eintritt der USA, der einen tiefen Einschnitt fice, he and Mrs. Coolidge were guests at my für die deutschstämmigen Einwanderer in

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den USA und die deutsch-jüdische Gesell- Auch welche Stellung Lewisohn zu den so- schaft in New York bedeutete. Als Mitglied zialen Fragen der Zeit nahm, etwa zur Anti- der „New York Peace Society“ hoffte er ver- Trust-Gesetzgebung, geht aus seinen Erin- mutlich zunächst auf Vermittlungsversuche nerungen kaum hervor. Uneingeschränkt der amerikanischen Regierung zwischen lobend äußert er sich allerdings – ein wenig den kriegführenden Mächten.403 Ob aber überraschend – über die Trustbildung im sein Engagement für die Juden in Russland Kupfergeschäft: „The result of this (…) trust Lewisohns Einstellung zum Ersten Welt- has been beneficial in many ways to all who krieg beeinflusst hat (wie bei Jacob Schiff), were connected with the enterprise and to kann nicht gesagt werden, ebenso wenig, the country generally by working in a har- wie er die Entscheidung der USA aufge- monious way and helping the general pros- nommen hat, in den Krieg gegen seine alte perity.“408 Über die Opfer, die der Börsen- Heimat einzutreten. Seinen Ballsaal stellte gang der Amalgamated forderte, verliert er er für Benefizveranstaltungen für die US- kein Wort. Truppen zur Verfügung.404 Andererseits hat ··································································· er sich später in den USA für die junge deut- Aus seinen späten Jahren sind ebenfalls we- sche Republik eingesetzt, und dafür gewor- nige politische Äußerungen überliefert. Die ben, ihr zu helfen, die wirtschaftlichen Las- „New York Times“ bezeichnete ihn zu sei- ten des Krieges zu bewältigen.405 Seine nem 89. Geburtstag als Kritiker der New Kontakte nach Deutschland blieben auch Deal-Gesetzgebung und insbesondere der über den Weltkrieg hinaus bestehen, wie „undistributed profits tax“.409 seine philanthropischen Aktivitäten zeigen ··································································· (s.u.). Auch waren Deutsche weiterhin bei Über Jahrzehnte allerdings engagierte sich ihm zu Gast, etwa als im Frühjahr 1925 der Lewisohn gegen Kinderarbeit (s. o.) und war Hamburger Bankier Cornelius v. Beren- Mitglied des National Child Labor Com- berg-Gossler mit seiner Frau New York be- mittee.410 1900 waren durchschnittlich 1,7 suchte und von Lewisohn in sein Haus an Millionen Kinder in den Fabriken und in Fifth Avenue eingeladen wurde.406 der Landwirtschaft beschäftigt, etwa zehn ··································································· Prozent aller Mädchen und zwanzig Prozent Eine ablehnende Haltung nahm Lewisohn aller Jungen zwischen zehn und fünfzehn zunächst gegenüber der Schaffung eines jü- Jahren. Die Mehrheit der Staaten besaß dischen Staates im Nahen Osten ein. Seine Gesetze gegen die Kinderarbeit, deren Ein- Grundposition hierzu war klar: Die Integra- haltung wurde jedoch kaum kontrolliert. tion der Juden war das Ziel, nicht ein erneu- Dabei war die Unfallquote in amerikani- tes Exil und ihre Konzentration im „Gelob- schen Betrieben die höchste der Welt: 1907 ten Land“. Und doch hat er später seine Ein- verunglückten neunzig Arbeiter pro Woche stellung geändert und 1917 die Balfour-De- tödlich.411 Abhilfe tat not. klaration begrüßt.407 ···································································

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·············································································································································· 387 Hellman, Lewisohn, S. 384. 388 Citizenship, S. 63. 389 Ebd., S. 66 f. – Sichtet man die Memoiren, Tagebücher und Briefwechsel der betreffenden US-Präsidenten, fällt auf, dass keine Autobiographie Lewisohn erwähnt; kein Herausgeber hat eines seiner Schreiben in eine Edi- tion aufgenommen; keine Biographie nennt Lewisohn, weder jene, die sich dem politischen, noch jene, die sich dem privaten Leben eines der Präsidenten widmen. Angemessen ist es demnach wohl, eher von Lewisohns Be- kanntschaft mit diesen US-Präsidenten zu sprechen. 390 Ebd., S. 66; vgl. auch NYT, 12. November 1904. 391 Vgl. auch Citizenship, S. 197 f. 392 Ebd., S. 66 f. 393 Ebd., S. 67. – Die Kampagne zur Einrichtung einer „Industrial Relations Commission“ wurde von „settle- ment workers“ initiiert, Männern und Frauen, die auf sozialen Ausgleich und „industriellen Frieden“ hinarbei- teten, auf Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Lohnerhöhungen, und die der Progressive Party nahe stan- den. Lewisohn unterstützte die Sozialreformer mit 5.000 Dollar, vgl. Davis, Spearheads, S. 208 ff. 394 Citizenship, S. 67 f. 395 Ebd., S. 68. 396 Hirsh; Doherty, Mount Sinai, S. 194; vgl. auch NYT, 27. Juli 1917. 397 Zitiert nach Citizenship, S. 68. 398 Ebd., S. 69 f. – Zu Lewisohns Position gegenüber der Illiterary Clause auch NYT, 15. Dezember 1914. 399 Citizenship, S. 70. – Hoover setzte sich nach Beginn des Ersten Weltkriegs mit großer Energie für humani- täre Hilfsleistungen an die belgische Zivilbevölkerung ein. 400 Ebd., S. 70. 401 NYT, 28. Mai 1938. 402 Lundberg, America´s 60 Families, S. 84, 129, 132, 154 und 181. 403 Zechlin, Politik, S. 477. 404 Vgl. etwa NYT, 15. und 31. März 1918. 405 Vgl. ebd., 20. August 1920, „Asks Helping Hands for New Germany“. 406 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 238. 407 Zechlin, Politik, S. 513; NYT, 28. April 1917. 408 Citizenship, S. 165. 409 NYT, 28. Mai 1938. 410 Art. Lewisohn, Adolph, S. 428. 411 Sautter, Geschichte, S. 291. ··············································································································································

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Gefängnisreform

Zum politischen und sozialen Lebensthema ··································································· wurde für Lewisohn die Gefängnisreform, Dass sich Lewisohn darüber hinaus auch und zwar eine Reform, die auf eine Verbes- für die Lage der Gefangenen zu interessie- serung des Managements der Gefängnisse ren begann und ein Bewusstsein für die so- und der Gefängnisarbeit zielte und auf eine zialen Auswirkungen ihrer falschen Behand- Haftgestaltung, die vor allem die Resoziali- lung entwickelte, war nach seinen Angaben sierung des Straftäters zum Ziel erhob. Etwa bereits angeregt durch die Lektüre seiner Ju- seit dem Jahr 1900 hat Lewisohn hier ein ste- gendjahre, vor allem von Victor Hugos „Les tig wachsendes Maß an Zeit und Energie in- Miserables“.415 Schon als junger Mann war vestiert,412 und dem auch breiten Raum in er überzeugt, dass die Gefangenen in einer seinen Erinnerungen gewidmet. Hier legte Weise behandelt wurden, die, gemessen an er erneut jene modernen Positionen dar, die den Intentionen, schlechte Resultate er- er seit dreißig Jahren in der Gefängnisfrage brächte: „[I]t is a mistake – or worse – to verfocht, und die auf ähnlichen Grundsät- treat such dependents cruelly or unreason- zen basierten wie seine Sicht auf Kinder- ably, rather than in a manner that may pos- heime [vgl. Kap. 9]. sibly, or even probably, bring them back to ··································································· normal conditions.“416 Und gerade, dass so Lewisohns Interesse für die Gefängnisre- viele andere Mitbürger sich nicht für die Be- form wurde geweckt durch die Sorge für lange von Gefangenen interessierten, da „dependent children“, für die Kinder von jene gemeinhin als selbstverschuldet oder Häftlingen.413 Bereits 1908 hatte er durch gerechter Weise leidend galten und daher ein langes Gespräch mit Präsident Roosevelt keine Zielgruppe philanthropischer Zuwen- eine Konferenz im Weißen Haus angeregt, dung waren, stärkte Lewisohns Interesse: auf der die richtige Sorge für Kinder von „Prison reform has of late especially ap- Häftlingen diskutiert wurde. Lewisohn trug pealed to me, perhaps because fewer people in einer Adresse vor, dass diese Kinder sei- are interested in criminals than in children, ner Ansicht nach so weit eben möglich in ih- the crippled, aged and poor“.417 rem gewohnten Umfeld verbleiben und zu ··································································· Hause versorgt werden sollten, und dass Ausgehend von der Annahme, dass bei man gegebenenfalls Witwen mit der Sorge der Unterbringung von Strafgefangenen das für sie beauftragen und hierfür entlohnen Hauptinteresse „the welfare of the public in sollte.414 the main“ sei, und ausgehend davon, dass

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eben die große Mehrheit der Gefangenen treatment to all children and young nach Verbüßung der Strafe in die Gesell- people.“420 Lewisohn ruft zur sachlichen schaft zurückkehre, wurde es zur Grundprä- Analyse der Lebensumstände der Kriminel- misse von Lewisohns Forderungen, dass die len auf und ebenso sachlich die richtigen Haft sie genau hierauf vorbereiten müsse.418 Maßnahmen zu ergreifen: „Whatever may Die Brisanz des Themas erläutert Lewisohn have been the cause of crime we should deal an einem einfachen Rechenbeispiel: Gesetzt with the existing conditions. These causes den Fall, dass jedes Jahr in den USA should be thoroughly studied without 200.000 Menschen zu einer Haftstrafe ver- losing our tempers, without bitterness or an- urteilt würden, so erhält man innerhalb von ger, but calmly considered so that the best zwanzig Jahren (wenn man die Wiederho- results may be secured.“421 Mit dem Argu- lungstäter unberücksichtigt lässt) vier Mil- ment, so ließen sich die Kosten für die Po- lionen Bürger mit Hafterfahrung. Die von lizei und für den Gefängnisbau erheblich der Haft und den Haftbedingungen ausge- senken, versucht er seine Mitbürger für ein henden Effekte haben also einen großen Überdenken ihres desinteressierten oder gar Einfluss auf die gesamte Gesellschaft und resentimentgeleiteten Standpunkts zu ge- die Gefängnisfrage ist somit ein gravieren- winnen: „Perhaps this theory does not agree des Problem. with the accepted penology; perhaps it calls ··································································· for a change in the attitude usually assumed Kriminalitätsprävention steht daher in this work. But to my mind such a course für den fortschrittlich denkenden Lewisohn contains at least the promise of lessening the an oberster Stelle, um das Problem zu lösen, grist that flows every year to the mills of our und er glaubt durchaus, die Öffentlichkeit prisons.“422 für seine Sicht gewinnen zu können: „I be- ··································································· lieve that (…) people are more socially in- Darauf aufbauend regte Lewisohn an, telligent now than they were two or three man solle von den Millionenbeträgen, die generations before.“419 Zur frühzeitigen Prä- man beim Bau und vor allem beim Betrieb vention (im weitesten Sinne) könne schon von Gerichtshöfen und Strafanstalten ein- viel durch die richtige Behandlung („wise sparen könne, die Hälfte in die Kriminali- treatment“) von Kindern und Jugendlichen tätsprävention investieren: „I would like to beigetragen werden: „We should bear in give the people good education, have plenty mind that 20 years or more ago, all the pris- of Y.M.C.A.’s and Y.W.C.A.’s, plenty of oners (…) today were children, incapable of public baths, many free concerts, music committing crimes but subject to tempta- school settlements, playgrounds, parks, re- tions and evil influences. Under proper con- creation for the people, young and old, in- ditions many of them might have grown up struction in home gardening, good housing to be good citizens. That they had the wrong facilities and many other things. Then we environment was more the fault of the com- would greatly reduce the number of our munity than of the children. (…) We could, prisoners.“423 and we should (…) insure public safety in ··································································· the future by decreasing the number of fu- Die Gefängnishaft verfolge immer drei ture criminals by the proper education and Zwecke: zunächst Strafe und Abschreckung,

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drittens aber „the moral rescue and econo- reiten, waren zentrale Forderungen Lewi- mic rehabilitation of the prisoner him- sohns. self“.424 Gerade bei Ersttätern müssten daher ··································································· die Gründe und Hintergründe der Tat ge- Auch die Qualität der Wärter sei von ho- nau untersucht werden. Lewisohn regt an, her Bedeutung für den Erfolg der Haft: bei ihnen stärker von Bewährungsstrafen „Again, I must repeat what I have said many Gebrauch zu machen, die sie unter Aufsicht times to the press: that wardens and keepers von kompetenten „probation officers“ ver- should be men of character, experience and büßen sollten, in einer Art „open air wor- ability, and that they should be well-trained king community“. (Das Wort „community“ in their work.“ Vor allem müsse es endlich zeigt, dass Lewisohn anderes vorschwebt als eine professionelle Ausbildung für den ein Arbeitslager.) Das Gefängnis solle ledig- Strafvollzug geben wie in allen anderen Be- lich Mittel zweiter Wahl sein. So könne rufen. Es könne nicht sein, dass man aus- nicht nur der Überfüllung begegnet, son- gerechnet die Aufsicht über Sträflinge – in dern auch der Kontakt von Ersttätern mit Lewisohns Worten gefährliche Menschen, den gefährlicheren Mehrfachtätern („danger- „Schwächlinge“, „moralische Invaliden“ ous hardened, morally contagious prison- oder durch Drogenkonsum Unzurechnungs- ers“) unterbunden werden. Möglicherweise fähige („dangerous men, weaklings, moral könne man so auch das kreative Potential invalids, men debilitated or crazed by drug und das Maß an Energie, dass die Straftäter addiction“) – und die Sorge für sie solchen in ihrer Tat bereits unzweifelhaft unter Be- Männern überlasse, die hierfür nicht profes- weis gestellt hätten, in gesellschaftlich nütz- sionell ausgebildet seien, sondern mehr oder liche Bahnen lenken.425 minder durch Zufall zu ihrer Arbeit kämen. ··································································· Lewisohn regt daher an, ein „Normal Col- Das Haftklima dürfe nicht durch Repres- lege of Penology“ einzurichten.427 sion und Schrecken geprägt sein, sondern ··································································· vielmehr von Versuchen, den Häftling auf Lewisohn schrieb zahlreiche Artikel zu den rechten Weg zu leiten: „For many years diesem Thema in „Century“, „Review of now, I have been visiting prisons consis- Reviews“, „Atlantic Monthly“, aber auch in tently and as a result of my observations am der Tagespresse.428 Doch nicht nur publizis- convinced that the best way to get prisoners tisch engagierte er sich, sondern auch prak- to abandon their criminal careers is not by tisch und unter Einsatz seines Vermögens. threatening them, but rather, through the Lewisohn war Jurymitglied der „Society for right kind influence. Finding jobs for dis- the Prevention of Crime“, die 1926 einen charged prisoners is excellent work, and, to Preis von 2.500 Dollar für den beste Aufsatz my mind, it is far better to bring the proper über Kriminalitätsprävention vergab. Er war training and treatment to bear upon the Mitglied der „Mutual Welfare League in prisoner while he is still in prison.“426 Den Sing Sing“ und unterstützte mit Sachspen- Entlassenen Arbeitsplätze zu verschaffen als den die Gartenarbeit von Häftlingen. Vor Palliativ gegen eine Wiederaufnahme der allem aber war er Vorsitzender des National kriminellen Karriere und sie auf die Berufs- Committee on Prisons and Prison Labor tätigkeit schon während der Haft vorzube- und des Prison Survey Committee of New

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York.429 Zu seinem 70. Geburtstag überga- bürger, ihre Vorurteile und Ängste gegen- ben ihm Repräsentanten des National Com- über Strafgefangenen abzulegen. Die meis- mittee 30.000 Dollar für die Arbeit der Pri- ten von ihnen hätten nie eine Strafanstalt son Survey Commission, quasi deren ge- besucht oder seien in direkten Kontakt mit samtes Budget.430 Diese ließ im Dezember Strafgefangenen gekommen. Viele hegten 1919 Experten die Gefängnisse Sing Sing deshalb bittere oder „instinctive feelings of und in Auburn untersuchen. Die Ergebnisse resentment and repugnance“ den Gefange- wurden in einem Bericht niedergelegt und nen gegenüber, hielten sie für bösartig, oder gedruckt. Das Prison Survey Committee hätten gar den Aberglauben, dass der bloße forderte darin eine hygienischere Unterbrin- Kontakt zu Straftätern bereits einen schlech- gung der Gefangenen und kam zu dem ten Einfluss habe. Dabei vergäßen sie, so Le- Schluss, dass sie konstant beschäftigt wer- wisohn, dass nicht sehr viele Unterschiede den sollten, und zwar möglichst mit einer bestünden zwischen den Männern und Arbeit, die ihnen nach ihrer Entlassung von Frauen im Gefängnis und jenen außerhalb: Nutzen sein könnte. Für ihre Tätigkeit soll- Jene hinter Gittern seien ebenso bei Ver- ten sie entlohnt werden.431 stand wie alle anderen, und dass sie etwas ge- ··································································· tan hätten, „was man nicht tun soll“, heiße Lewisohns Arbeit für eine Gefängnisre- nicht, dass sie notwendiger Weise für immer form, eine neue Wahrnehmung der Gefan- außerhalb „the pale of humane consider- genen, für Kriminalitätspräventionen und ation“ seien. Viele Straftaten seien leicht mit neue Strategien der Resozialisierung war ein Umständen zu erklären, die außerhalb des langsames Bohren dicker Bretter, dies war Einflusses der Täter lägen, ob es nun schlech- ihm bewusst: „The advanced method of te Gesundheit, Alkohol- oder Drogen- treating prisoners is progressing very slowly. abhängigkeit, mangelnde Erziehung oder In the economic and industrial worlds we Ausbildung, ein unkontrollierbares Tempe- have made wonderful strides; many of the rament oder Mangel an Selbstkontrolle byproducts of industry that were once sup- seien.433 Welche Erfahrungen dem selfmade- posed to be worthless have been found to be Man diese nüchtern-humane Sicht auf die of great value and benefit. But in the work Hinfälligkeit des so genannten „freien Wil- of preventing crime and redeeming the lens“ des Menschen eröffnet haben, muss waste products of society, not much has yet offen bleiben. been done.“432 Er mahnte daher seine Mit-

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·············································································································································· 412 Citizenship, S. 218 und 224. 413 Ebd., S. 218. 414 Ebd., S. 66 f.: „(…) children should be cared for if possible in their own homes and that when necessary, some remuneration should be given to widows to enable them to take care of their children.“ 415 Ebd., S. 218. 416 Ebd., S. 219. 417 Ebd., S. 223. 418 Ebd., S. 219. 419 Ebd., S. 222. 420 Ebd., S. 220. 421 Ebd., S. 225. 422 Ebd., S. 221. 423 Lewisohn, Message. 424 Citizenship, S. 227. 425 Ebd., S. 225 f. und 227. 426 Ebd., S. 228. 427 Ebd., S. 228 f. 428 Etwa in NYT, 23. Mai, 26. Oktober und 27. November 1913 („Abolish Sing Sing“); 19. Mai 1914; 4. Juli 1915; 1. Oktober 1916; 3. Mai 1920. 429 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Morris, Rose Man, S. 307 f.; Rafter, Creating, S. 197. 430 Morris, Rose Man, S. 307; Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; NYT, 18. August 1938, S. 19. 431 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Rafter, Creating, S. 197 f., auch zu den Bestrebungen des Komitees zur Ka- tegorisierung der Gefangenen nach fragwürdigen medizinisch-psychischen und sozialen Kriterien. Für etwa zwan- zig Prozent der Inhaftierten ging das Komitee davon aus, dass es sich um „mental defectives“ handle, die (auf- grund von Gehirnschäden) keine Chance auf Resozialisierung besäßen und keiner sinnvollen Beschäftigung zugeführt werden könnten. Es plädierte für ihre separierte Unterbringung unter besonderer Aufsicht, wobei Be- zeichnungen wie „Human Scrap Heap“ verwendet wurden. Rafter diagnostiziert im Ineinanderfließen von me- dizinisch-biologistischen und industriellen Kategorien eine Nähe zur Sprache der Euthanasie. 432 Citizenship, S. 222. 433 Ebd., S. 224 f. ··············································································································································

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Der Kunstsammler

Literatur, Theater, Musik und bildende Oper: „There was good opera in Hamburg Kunst hat Adolph Lewisohn von früh an als when I was a boy, and it was my good for- Bereicherung des eigenen Lebens empfun- tune to attend practically all the Verdi and den. Schon als Schuljunge begann er das Meyerbeer.“ Bereits in seiner Heimatstadt Theater zu besuchen. Nachdem er in der hörte er neben Theodor Wachtel Pauline Firma seines Vaters zu arbeiten begonnen Lucca, Adelina Patti und Christine Nilsson hatte, wurde die Zeit hierfür knapper. Das bei ihren Gastspielen, und Jenny Lind, „die Geschäft ging bis 8 Uhr abends, die Vorstel- schwedische Nachtigall“.435 lungen jedoch begannen um halb 7 und wa- ··································································· ren um 9 Uhr bereits aus. So war nur an den In New York kam er später in den Genuss Sonntagen Zeit. Eine Stunde vor der Vor- von Caruso, Etelka Gerster, Emma Calvé, stellung war Adolph am Stadttheater (das Lilli Lehmann und Marcella Sembrich. Be- vor allem für seine Opernvorstellungen be- reits als sie noch an der 57th Straße wohn- kannt war) oder am Thalia Theater, um sich ten, veranstalteten Lewisohns Musikabende für ein Billet anzustellen – für das Stehpar- mit namhaften Künstlern im eigenen terre. Er gab nichts darum, komfortabel zu Haus.436 Im Sommer fanden dann im alten sitzen, sondern wollte so nah wie möglich an Central Park Garden Konzerte unter Leo- die Bühne, um alles genau zu sehen. Und pold Damrosch statt oder unter Theodore bereits eine Woche nach seiner Ankunft in Thomas, der sich sehr für die deutsche Mu- den USA im August 1867 besuchte er seine sik einsetzte. „Die Met“ gab ihre exklusive erste Theateraufführung.434 Aufmerksamkeit für italienische und franzö- ··································································· sische Opern auf und brachte nun auch Vor allem aber die Musik hatte es dem Jun- Wagner zur Aufführung: Tannhäuser, Lo- gen angetan und so weit seine Erinnerung hengrin, später Tristan, Parsifal und den zurückreichte, fühlte er sich von ihr angezo- Ring. Der Detailreichtum und Umfang, mit gen: von den alten hebräischen Melodien dem Lewisohn seine Konzert- und Theater- der „psalms and prayers“ in der Synagoge, besuche in seinen Erinnerungen schildert, den gemeinsam gesungenen Volksliedern lässt auf intensives Erleben schließen und der Schulzeit, von der Musik, die das Mili- ein sehr gutes Gedächtnis in diesen Dingen: tär spielte, das 1864 durch Hamburg zog. „Music has given me great happiness and it Seine wichtigste Entdeckung war aber die has been my privilege and pleasure to find

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friends among those gereat conductors and ··································································· artists.“ Allerdings schildert Lewisohn in Seine Sammlung umfasste später drei Ma- seinen Erinnerungen vor allem seinen pas- nets (unter ihnen „Die Seifenblasen“), vier siven Genuss; eine Auseinandersetzung mit Monets (darunter eine Variante der „Water- den Kunstwerken findet nicht statt.437 loo Bridge“), zwei Pissarros, einen Sisley, ··································································· sechs Degas’, eine Landschaft von Corot, In späten Jahren fing er selbst wieder an zu ein Selbstporträt von Courbet, Daumiers singen, in Erinnerung daran, wie er dies als „Les Buveurs“, ein Carrière, eine Gerichts- Schuljunge und im Chor genossen hatte. szene von Forain, fünf Renoirs, vier Gau- Etwa seit 1920, also seit er siebzig geworden guins, van Goghs „L’Arlésienne“, einen Tou- war, nahm Lewisohn Gesangsunterricht bei louse-Lautrec, drei Cézannes, einen Seurat, J. Bertram Fox, sang deutsche Volkslieder zwei Rousseaus, drei Matisse’, drei Picassos und die Liedliteratur von Schumann, Schu- und drei Derains. Zudem besaß Lewisohn bert und Brahms. Ohrenzeugen äußerten eine Skulptur von Rodin und zwei von sich stets freundlich. Bourdelle.440 Aber auch zeitgenössische ··································································· amerikanische Kunst sammelte Lewisohn, Nicht nur Theater und Oper bereiteten etwa von Maurice Sterne, „who was like a Adolph Lewisohn Vergnügen, auch die bil- court artist to their family“.441 dende Kunst hatte es ihm angetan: „The ··································································· first time I visited a great museum in my War das Sammeln von Kunst immer auch early youth a new world was open to me – eine bewusste Form der Selbstrepräsenta- the world of art – and from that time on, tion, ein Zeichen des sozialen Aufstiegs und (…) even as a busy man, I availed myself of eine sozial anerkannte Form Reichtum zu every opportunity to see the paintings, präsentieren, so verfiel Lewisohn doch nicht sculptures, tapestries and buildings that auf die Strategie zahlreicher Nouveaux Ri- made Europe such a treasurehouse.“438 ches, vor allem Alte Meister zu sammeln. ··································································· Auch war das Sammeln keine Geldanlage Mit dem wachsenden Vermögen, das ihm für ihn, wie er betont: „[M]y choice was ne- zur Verfügung stand, entsprang aus dieser ver affected by ‚speculation‘ in art.“ Er habe Begeisterung der Wunsch, Kunstwerke zu Bilder immer in Abhängigkeit von seiner sammeln. Um 1920 begann Adolph Lewi- eigenen Reaktion auf sie erworben: „It is sohn mit „‚new’ art“.439 Stolz klingt durch, merely fortunate that my judgment has wenn er in seinen Erinnerungen schildert, been confirmed by time.“ Seine Verdienste wie er, geleitet nicht durch Kritiker („tradi- um die Anerkennung der modernen franzö- tional professional or critical commenda- sischen Kunst in den USA scheint sogar mit tion“), sondern durch das eigene Urteil, einer Auszeichnung gewürdigt worden zu Werke von Künstlern zu kaufen begann, die sein: „Recently I received the decoration of seinerzeit wenig bekannt waren. Eine Land- the Legion of Honor from the French Gov- schaft von Monet erwarb er noch für 300 ernment, for no better reason that I can see Dollar – zu jener Zeit, zu der Lewisohn than that I have been one of the pioneers in seine Erinnerungen diktierte, war das Bild recognizing the merits of the great modern bereits 10.000 Dollar wert. French painters.“442

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Adolph Lewisohn, von Harrington Mann

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Seifenblasen, von Édouard Manet (1867)

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L’Arlesienne, von Vincent van Gogh (1888, heute als Leihgabe im Metropolitan Museum of Art New York)

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Die Galerie in Lewisohns Stadthaus

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··································································· von Rotterdam, Edmund Spenser, Ben Jon- Neben seiner bedeutenden Sammlung bil- son, Milton sowie Goethes Faust und Les- dender Kunst nannte Lewisohn eine nicht sings Nathan.443 weniger beeindruckende Buchsammlung ··································································· sein eigen: Antike hebräische Manuskripte, Kunststiftungen erhielt von Lewisohn Manuskripte des 13. Jahrhunderts, Inkuna- vor allem das Brooklyn Museum, etwa die beln, zahlreiche frühe Ausgaben vom 15. Statue „The Awekening“ von Maurice Jahrhundert an (etwa von Ciceros De Offi- Sterne, „Selina“, eine Büste von Jacob Ep- ciis, Mainz 1466, oder von Ptolemäus’ Cos- stein, und „Eve and the Apple“ von Kaj mographia, Rom 1478), darunter auch auf- Nielsen sowie die Bilder „The Virgin“ von wendig illustrierte Werke, etwa eine Kopie Joseph Stella, „Maternity“ und „Man on der Hypnerotomachia Poliphili von 1499, Horseback“ von Alfred-Philippe Roll, „Too und zahlreiche frühe Bibel-Ausgaben (von late“ von Otto de Thoren, „Scene in Venice“ 1478 an). Neben Hand- und Widmungs- von Alfred Smith und „The Unknown“ von exemplaren fanden sich Autographen von M. Savin. Auch ein Bild seines Halbbruders George Washington, Benjamin Franklin, stiftete er: „Le Pouldu Horses and Carts“ Benjamin Disraeli, Thomas Carlyle und von Raphael Lewisohn, der in Paris lebte Paul Jones, sowie Erstausgaben von Erasmus und dort 1923 starb.444

·············································································································································· 434 Ebd., S. 174 f. – Die Seiten, auf denen Lewisohn vermutlich jene Theateraufführungen schildert, die er in Hamburg gesehen hat, fehlen leider im überlieferten Exemplar seiner Erinnerungen. 435 Ebd., S. 27 und 178 f. 436 Ebd., S. 180. 437 Ebd., S. 175 ff und 180. So heißt es auch ebd., S. 185: „Although I had no such intention when I began these memories, it seems that I have been merely making a catalogue of the things that I enjoyed in my life.“ 438 Ebd., S. 181. 439 Ebd., S. 182: „About 10 years ago, the French impressionist paintings attracted my interest“. 440 Vgl. zu den Gemälden französischer Maler in der Sammlung Lewisohn: Bourgeois, Collection. Zu den Wer- ken, die bereits Adolphs Sohn Sam der Sammlung hinzufügte Weber, Patron Saints, S. 53. 441 Ebd., S. 53. 442 Citizenship, S. 182 f. 443 Vgl. Catalogue sowie Art. Lewisohn, Adolph, S. 429. 444 Ebd.; NYT, 4. Mai 1923. Vgl. zu Lewisohns Gaben an das Museum: Brooklyn Museum Quarterly, S. 40, 54 f., 67, 102 und 117. ··············································································································································

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Adolph Lewisohn als Stifter

Adolph Lewisohn wollte nicht allein sein the keenest of enjoyments. (…) Now that I privates Vermögen mehren und bewahren, come to recall my activities in welfare work, sondern es auch zum Nutzen der Allgemein- my reader must believe that I am now recal- heit einsetzen und ihr „etwas zurückgeben“: ling my own enjoyment rather than bidding „In my activities, my aim has always been to for commendation. (…) I feel again the be constructive; not only to make money for thrill I felt when it was in my power and be- myself or my firm but to bring about impro- came my privilege, to bestow rather than to vement for the general public and to be di- receive.“447 Entsprechend zurückhaltend be- rectly or indirectly a factor in development schreibt Lewisohn in den Kapiteln, die sich of this country“, etwa indem er einer großen einzelnen seiner zahlreichen Stiftungen und Zahl Arbeitern Beschäftigung gab oder zur wohltätigen Aktivitäten widmen, lediglich, industriellen Entwicklung der Nation bei- was er getan hat, benennt eigene Funktio- trug. Für seine Unternehmen nahm er in nen oder schildert Arbeitsweise und Ent- Anspruch: „We have made money by being wicklung der von ihm geförderten Institu- constructive, not harmful.“445 tionen. Die namhaften Summen, die er ··································································· ihnen hat zukommen lassen, bleiben meist „Geld zu machen“ war zwar das, was ungenannt.448 Adolph Lewisohn überaus gut verstand, ··································································· aber dies war nicht sein alleiniges Ziel: „I Der überproportionale Anteil, den Juden know that, as far as ‚making money‘ goes, I an wohltätigen Stiftungen hatten, und ihr have been ‚successful‘ (…) but I know offensichtlich ausgeprägtes soziales Verant- equally well that, all the time, the accumu- wortungsgefühl haben ihre Wurzel in der jü- lation of wealth was not my set deliberate dischen Religion, in der die pflichtgemäße aim, certainly not my conscious purpose as Fürsorge für Bedürftige (Zedaka), persönli- an end to ambition.“446 Er betont, welch ches Verantwortungsgefühl, Gemeinsinn tiefe Freude es ihm bereitet habe, zu geben und Nächstenliebe (Geˇmilut chessed) einen und dadurch Freude zu bereiten: „I must say hohen Stellenwert haben. Wohlstand wird that I sincerely believe that I have found my als Verpflichtung zu materieller und indivi- greatest happiness (…) in the field where dueller Hilfeleistung gegenüber Bedürftigen one´s aim is not to get, but to give pleasure. verstanden.449 Neben der Tradition haben To find happiness through giving it to oth- auf Adolph Lewisohn aber auch persönliche ers is, to my mind, not only the highest but Vorbilder gewirkt, etwa die Wohltätigkeit

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seines Onkels Sally oder die testamentari- Wohlfahrtsorganisationen unter- schen Bestimmungen seines Vaters. stützte Lewisohn vor allem dann, wenn sie ··································································· durch einen Selbsthilfeansatz die materielle Lewisohn stiftete meist zweckgebunden Lage Bedürftiger verbessern wollten, so etwa und zwar auf den Feldern Kunst, Bildung die „Hebrew Free Loan Society“, eine 1892 und Wissenschaft, Medizin und Forschung, in der Wilner Synagoge (Henry Street) von sowie an jüdische Wohlfahrtorganisationen, russischen Einwanderern – mit einem Kapi- jedoch nicht ausschließlich an solche, und tal von 95 Dollar – gegründete Nonprofit- niemals an solche mit dezidiert religiösem Organisation, die Kleinkredite vor allem in- Hintergrund:450 „[T]he (…) object of my nerhalb der jüdischen Gemeinde vergab life (…) has always been and is now, to do und im Laufe der Zeit eine echte Erfolgsge- something more than what business repre- schichte schrieb: Bis in die 1990er Jahre hat sents itself; to do what I can, in the light that die Gesellschaft mehr als 100 Millionen I have, to make the world a little better for Dollar an mehr als eine Million Kreditneh- others, apart from my personal relations to, mer verliehen – zu Lewisohns Zeiten mit or connections with, them. My interest in einer Ausfallquote von weniger als fünf people is not confined to any race, religion, Prozent.455 Zur „Free Loan Society“ trug er or country; although we naturally take a nach eigener Aussage gemeinsam mit sei- certain special interest in those who are nem Bruder Leonard und Jacob Schiff „ei- nearest to us and of our own race or religion. nige Tausend Dollar“ bei.456 Ebenso unter- That is why, at an early stage, I began to pay stützte er das „National Thrift Movement“, attention to Jewish welfare work, though I eine Kampagne, Menschen zu größerer soon outgrew that limitation“.451 Sparsamkeit und einem bewussteren Um- ··································································· gang mit Geld zu bewegen, die 1917 unter Es war die Zeit, als Adolph Lewisohn in Charles R. Towson aus Bankierskreisen her- Amalgamated, ASARCO und UMSC aus vorgegangen war,457 sowie die „United Heb- wichtigen geschäftlichen Positionen ver- rew Charities“, einen 1874 gegründeten drängt wurde, als die Philanthropie begann, Dachverband von fünf deutsch-jüdischen einen neuen Stellenwert in seinem Leben zu Vereinen zur Unterstützung osteuropäischer entwickeln.452 Lewisohns Gaben sind zwar Einwanderer. 1927 erhielt er eine Goldme- nicht vergleichbar mit den Riesenstiftungen daille für seine zehnjährigen Dienste als Vor- von Rockefeller, Carnegie oder Mellon,453 sitzender.458 Nach dem Ersten Weltkrieg, ge- doch hätte er sich schon mit seinen schier nauer seit September 1924, gehörte er auch zahllosen kleineren Beiträgen als großer zu den Gründern und Förderern von „The Wohltäter bewiesen.454 Im Folgenden sollen Ort“, „a philanthropic organization for the nur seine umfangreichsten Zuwendungen establishment in Europe of trade and agri- vorgestellt werden. cultural training schools for Jews who had ··································································· become impoverished in the First World

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War“.459 Und aus Anlass seines siebzigsten gründet worden war, kam in den Genuss sei- Geburtstags gab Lewisohn 150.000 Dollar ner Unterstützung. Nach dem Studium der an die „Federation for the Support of Jewish Materie an vergleichbaren Institutionen in Philantropic Societies of “.460 den Staaten und Europa und beraten von Zudem war er im Vorstand der „Young namhaften Sozialarbeitern wie Lee K. Fraen- Men’s Hebrew Association“ aktiv. kel oder Homer Folks, begann sich Lewi- ··································································· sohn für eine Reform der Unterbringung Eines der wichtigsten karitativen Anliegen von Waisen einzusetzen. von Lewisohn war, wie bereits oben geschil- ··································································· dert, die Wohlfahrt von Kindern.461 Seit Diese sollten nicht mehr in einem großen, etwa 1900 engagierte er sich in der prakti- anonymen Haus in der überfüllten Stadt schen Fürsorge für Waisen, und seinen Ak- untergebracht werden, sondern auf dem tivitäten auf diesem Feld widmete er sich Land, in einer besseren und gesünderen Um- auch in seinen Erinnerungen ausführlich.462 gebung, mit der Möglichkeit, an der fri- Vermutlich hat schon der frühe Tod der ei- schen Luft zu spielen und „to work on genen Mutter Lewisohn für das Schicksal the grounds“; in neu angelegten, kleineren von Waisen sensibilisiert. Auch hatte er Häusern, „Cottages“, und betreut in kleinen noch in Hamburg beobachtet, wie eltern- Gruppen, in denen jede Waise als Indivi- lose Kinder unter Anleitung ihrer Wärterin- duum behandelt werden und dort ein Leben nen Sammelbüchsen durch die Stadt tru- kennen lernen sollte, dass möglichst nah an gen, um für ihren Unterhalt zu sorgen. So das „home life“ einer intakten Familie heran bald der Junge dazu in der Lage war, solche reichte. „Pleasantville“ in den Hügeln von Dinge zu verstehen, wurde er das Gefühl Westchester County (New York) entstand, nicht mehr los, dass dies nicht der richtige 30 Meilen von der City entfernt – 18 Cot- Weg sei, Kinder zu behandeln.463 Früh er- tages, in denen je 20 bis 23 Kinder lebten; wachte sein Widerwille gegen die traditio- jedes mit eigener Küche, Essraum, Büche- nellen Verwahranstalten, in denen man rei, Wohnzimmer und Klavier, und, „best of noch, so Lewisohn in seinen um 1930 dik- all, its own ‚cottage mother‘ in charge“ – ei- tierten Erinnerungen, bis vor kurzem habe ner eigenen „Mutter“ pro Haus. Das Asyl beobachten können, wie Kinder einfach in sollte durch ein Heim ersetzt werden.465 Die großen Baracken zusammengepfercht wur- Kinder wurden in die Hausarbeit eingebun- den – als institutionalisiertes Allheilmittel den und lernten, sich selbst zu versorgen. für das Problem ihrer Elternlosigkeit. Auf Disziplin wurde großer Wert gelegt. Das ··································································· Gelände verfügte über eine Kapelle, einen Lewisohns ersten Kontakt zur „Hebrew Veranstaltungssaal, je eine „technical school“ Sheltering Guardian Society“ (gegründet für Jungen und Mädchen, Unterrichtsräu- 1879 und 1942 in der „Jewish Child Care As- me – nicht nur für den Schul-, sondern auch sociation“ aufgegangen) hatte Seligman Sa- für den praktischen Unterricht (in Holz-, lomon geknüpft. Sein stetig wachsendes En- Metall-, Elektro- Druckerei- und Schnei- gagement führte dazu, dass er später deren derarbeiten sowie verschiedene Bürotätig- Präsident und Ehrenpräsident wurde.464 Ins- keiten), sowie über Sportplätze. Ein Arzt besondere das Orphan Asylum, das 1884 ge- hatte die ständige Gesundheitsfürsorge.466

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Das Verwaltungsgebäude und die technische Schule des Heims in Pleasantville

Waisen-Mädchen in Pleasantville (ca. 1900)

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Die Pathology Library im Adolph Lewisohn-Laboratory, Mount Sinai Hospital, New York

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··································································· Vorgänger hatte nicht mehr Platz einge- Lewisohn betont in seinen Erinnerungen nommen als ein Wandschrank. Das Labora- die Freude, die es ihm bei seinen Besuchen torium ermöglichte nicht nur klinische Tests dort gemacht habe, die glücklichen und gut und Ausbildung, sondern auch, sich an der ernährten Kinder mit strahlenden Augen an bakteriologischen, serologischen und che- der frischen Luft spielen zu sehen.467 Gleich- misch-medizinischen Forschung zu beteili- wohl sei durch keine noch so positiv gestal- gen, die seit Ende des 19. Jahrhunderts so tete Form institutioneller Fürsorge die wah- bedeutende Fortschritte in der klinischen re und natürliche, von Gefühlen getragene Medizin gebracht hatten. Lewisohn, der Kindessorge durch die leibliche Mutter zu Sinn für die Naturwissenschaften und den ersetzen, die für die Entwicklung des Kindes technischen Fortschritt hatte, ging es vor so wichtig sei. Genau aus diesem Grund hat allem um die Unterstützung der medizini- Lewisohn sich auch dafür eingesetzt, Witwen schen Forschung – mit einer einfachen Be- lieber im Fall der Fälle materiell zu unter- gründung: „To help sick people is very im- stützen als ihnen die Kinder wegzunehmen. portant“. Die Gesamtsumme seiner Spen- Der „Hebrew Sheltering Guardian Society“ den für das Mount Sinai beliefen sich auf hat er im Lauf seines Lebens mindestens 400.000 Dollar.470 Er empfand Befriedi- 250.000 Dollar zukommen lassen.468 gung nicht nur über den unmittelbar prak- ··································································· tischen Nutzen, sondern auch über die Vierzig Jahre lang, von 1898 bis 1938, war wachsende Ausstrahlung der Institution: „It Adolph Lewisohn Trustee des Mount Sinai reflects much credit on the Jewish people of Hospital469 – ein deutlicher Beleg, dass er this city that this great hospital has built up sich nicht nur mit seinem Geld engagierte, an institution that, by its excellent results, sondern auch praktisch. Das 1852 als Jewish commands the admiration and confidence Hospital gegründete Haus hatte anfangs nur of the public and thus it has been a great sat- jüdische Patienten aufgenommen, während isfaction to me to assist in such a work to a des Bürgerkriegs aber seine Pforten für ver- considerable degree.“471 Auf medizinischem wundete Soldaten aller Konfessionen geöff- Gebiet richtete Lewisohn zudem anlässlich net. 1866 in Mount Sinai umbenannt, ver- seines achtzigsten Geburtstags für 30.000 ließ es 1872 sein bisheriges Gebäude, das nur Dollar ein Fellowship am Wilmer Ophthal- 45 Betten hatte, und zog zunächst an die mological Institute der Johns Hopkins Uni- Lexington Avenue, später dann in einen versity ein. Verwandter Art war seine Mit- Neubau zwischen 99th und 101st Street an gliedschaft im Committee for Lighthouses Fifth und Madison Avenue. Dort wuchs in for the Blind.472 den Folgejahren jener Krankenhauskom- ··································································· plex, der heute international ein Begriff für Daneben förderte Adolph Lewisohn vor medizinische Versorgung, Ausbildung und allem Bildungsprojekte. Auch hier stand er Forschung auf Spitzenniveau ist. in einer gewissen familiären Tradition. Be- ··································································· reits sein Onkel Sally hatte auf Anregung des 1904 spendete Adolph Lewisohn dem Hamburger Oberrabbiners, Anschel Stern, Mount Sinai ein neues Pathologie-Labora- der Talmud Tora Schule den Bau eines torium mit modernster Ausrüstung – der neuen Schulhauses an den Kohlhöfen 19 fi-

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Das neue Haus der Talmud Tora Schule an den Kohlhöfen (links im Bild)

nanziert. Für das 1872 eingeweihte Gebäude ohne dafür Schulgeld zu verlangen, berich- übernahm er die Baukosten in Höhe von tet Lewisohn nicht ohne Stolz: „It is very in- 27.430 Mark Courant und widmete die Stif- teresting to note that the total earning capa- tung dem Andenken seiner früh verstorbe- city of the reporting graduates now figure at nen ersten Tochter, Braina Bertha.473 $ 6,200,000 annually.“475 Das ist für das ··································································· Jahr 1930 in der Tat ein bemerkenswertes Adolph Lewisohn – der sich auch für das Resultat. Frauenwahlrecht einsetzte474 – förderte ins- ··································································· besondere Institutionen, die sich die Ausbil- 1913 stiftete Lewisohn dem Hunter College dung von Frauen auf die Fahnen geschrie- of the City of New York for Young Women ben hatten. Über 25 Jahre war er Vizepräsi- eine deutsche Bibliothek – 1.500 Bände, in- dent, Präsident und Ehrenvorsitzender der klusive einer Weimarer Goethe-Ausgabe. Hebrew Technical School for Girls. Für den Die Bände wurden in Anwesenheit des Neubau an 15th Street und 2nd Avenue trug deutschen Botschafters, von Bernstorff, er Mittel bei und wandte der Schule insge- übergeben, und auch Andrew Carnegie, samt mehr als 140.000 Dollar an Spenden Seth Low und Rudolf Eucken nahmen an zu. Über die Einrichtung, die jungen Frauen der Veranstaltung teil. An diesem „free col- eine technische Berufsausbildung anbot, lege“ organisierte Lewisohn gemeinsam mit

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Prof. Henry T. Fleck außerdem Kammer- ··································································· musikkonzerte mit freiem Eintritt.476 Eine der größten Gaben Lewisohns an die ··································································· Stadt New York war die Finanzierung des Die Bildungsinstitutionen, die Lewisohn nach ihm benannten Stadions des City Col- förderte, waren nicht durchgehend jüdisch lege of New York, zwischen West 136th und – wohl aber finanzierte er an der Yale Uni- West 138th Street und Convent und Amster- versity eine (befristete) Dozentur für jüdi- dam Avenue. Das College, an dem zumeist sche Literatur.477 Auch andere Hochschulen Sprösslinge von Familien mit knappen Mit- kamen in den Genuss seiner Unterstützung. teln studierten, besaß keinen Ort, an dem 1904 spendete er 300.000 Dollar an die Co- man Leichtathletik treiben konnte, außer lumbia University für ein Gebäude der eine nahe gelegene, unaufgeräumte Baubra- School of Mines, wobei das Interesse an der che, die der Stadt gehörte. Joseph L. Butten- Ausbildung von Experten auf dem eigenen wieser sprach Lewisohn an, ob er nicht Geld Geschäftsfeld eine Rolle gespielt haben dafür geben wolle, um die Flächen in Stand wird.478 1925 wurde im Haus zu Ehren des zu setzen, fünf- oder zehntausend Dollar: Stifters eine Büste aufgestellt ist – die Glatze „This was the small end of the wedge“, so zu reiben, brachte den Studenten angeblich Lewisohn später – der Anfang vom Ende Glück für Prüfungen. Seit dem Jahr 2007 ist also. Denn John H. Finley, der Präsident des sie allerdings verschwunden.479 College,480 griff die Idee auf, modifizierte sie

[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Das Gebäude der Columbia School of Mines, gestiftet von Adolph Lewisohn – heute Lewisohn Hall

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[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Eine von Adolph Lewisohns größten Gaben an die Stadt New York: das nach ihm benannte Sportstadion

jedoch nicht unwesentlich: Eigentlich ideal ligte ein, die Arena zu errichten, vorausgesetzt, sei die vorhandene Fläche doch für die Errich- die Stadt würde das Grundstück zur Ver- tung eines – Amphitheaters! Wie in Taor- fügung stellen. Nur zu gern war man bereit. mina, auf Sizilien. Vielleicht, weil die Idee so ··································································· extravagant war, gefiel sie Lewisohn. Er wil- Gebaut wurde das 200.000 Dollar teure

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Stadion nach Plänen von Arnold W. Brun- zwar zu ausgesprochen günstigen Preisen, ner, der bereits Lewisohns Gebäude für die denn Karten kosteten zwischen 25 Cent und Columbia School of Mines entworfen hatte. einem Dollar. 1930 betrug die durchschnitt- Studien, die Brunner und Finley in Europa liche Besucherzahl 5.000–6.000, in man- unternahmen, gingen voraus.481 Entworfen chen Nächten kamen, da man ja auch das als Halboval mit 64 dorischen Säulen und Spielfeld als zusätzlichen Raum nutzt konn- gebaut aus Stahlbeton, bot es Sitzplätze für te, 10.000–15.000 Zuschauer. Zum Ver- 6.000 Gäste und Stehplätze für 1.500 wei- gleich: Die Carnegie Hall hatte 2.800 Sitze, tere und umfasste ein großes Feld „for foot- die Metropolitan Opera etwas über 3.000.484 ball and track athletics and, when flooded in Zweimal in der Woche wurden die Konzerte the winter, for skating“.482 Allerdings diente im Radio übertragen. Lewisohn hatte immer die Stätte von Anfang an auch kulturellen den Wunsch, kulturelles Erleben möglichst Zwecken. 1915 wurde sie mit einer Theater- vielen Menschen zugänglich zu machen. aufführung von Euripides’ „Troerinnen“ Und hierfür war er bereit, in außerge- durch Granville Barkers English Players er- wöhnlich großzügiger Weise Mittel aufzu- öffnet.483 wenden. All die Jahre, bis zu seinem Tod, be- ··································································· teiligte er sich daran, das Budget der Kon- Bekannt wurde die Arena dann vor allem zerte zu finanzieren, und glich, gemeinsam für die klassischen Musikveranstaltungen mit anderen Förderern, etwaige Defizite aus. unter freiem Himmel, die seit 1918 jeweils Die Konzerte waren das Lieblingskind des im Sommer stattfanden. Gespielt wurde vor späten Lewisohn. Bis 1966 sollten die „Sta- allem symphonische Musik, meist unter der dium Concerts“ stattfinden, 1973 wurde die Leitung von Willem van Hoogstraten, und in die Jahre gekommene Arena abgerissen.485

Von Beginn an auch eine Stätte der Hochkultur: das Lewisohn-Stadion bei der Aufführung von Euripides’ „Troerinnen“ am 29. Mai 1915

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Das Lewisohn-Stadion im September 1973, einige Tage vor dem Abriss

··································································· Otto Kahn, Nathan Straus jr., Roger Straus, Adolph Lewisohns Liebe zur Musik fand Arthur und Irving Lehman, Felix Warburg, auch Ausdruck in zahlreichen Konzerten, Mrs. Vincent Astor, George Gershwin und die er im eigenen Haus veranstaltete. 1934 James Speyer.486 etwa spielte Albert Einstein dort bei einer ··································································· Benefizveranstaltung für „Berliner Freunde Auch in Europa war Adolph Lewisohn als in Not“ – Einsteins Debüt als „Musiker“ in Stifter aktiv. Während des Ersten Weltkriegs den USA. Die 264 Besucher des Amateur- unterstützte er in Frankreich die Fürsorge Konzerts zahlten je 25 Dollar Eintritt, unter für Kriegsblinde, in Frankfurt am Main ver- ihnen (jeweils in Begleitung ihrer Frau) schiedene Hospitäler. Seine wohltätigen Ak-

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[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Büste von Adolph Lewisohn in der Bibliothek des City College of New York

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Wohnung hatte vier Zimmer, eine Küche und ein Mädchenzimmer. Zwei Läden im Keller mit dahinter liegenden Wohnungen wurden vermietet. Ende 1906 betrug das Kapital der Stiftung außer dem Grundstück 102.952 Mark.490 Im Sommer 1901 besich- [Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt] tigte Lewisohn auf einer Reise das Haus und stellte 1.000 Mark für Verbesserungen und Verschönerungen zur Verfügung. Nach dem Tod des Bruders wurde Adolph Patron des Stifts. Als es nach dem Ersten Weltkrieg in finanzielle Nöte geriet, sorgte er mit einer Spende von 50.000 Mark dafür, dass die Be- wohner weiterhin mietfrei dort leben konn- ten. Erst ab Oktober 1938, kurz nach Adolph Lewisohns Tod und nachdem die Deut- schen 1933 den Nationalsozialisten die Macht übertragen hatten, sah sich das Stift gezwun- gen, vier Mark pro Kopf und Monat von Die Porträt-Zeichnung Adolph Lewisohns den Mietern zu verlangen.491 von der Hand George Gershwins ··································································· Eigentümer des Grundstücks wurde tivitäten in seiner Heimatstadt schildert er 1938 der „Jüdische Religionsverband Ham- in seiner Autobiographie nur en passant, burg e. V.“. Im August 1942 wurde er in die etwa seine Spenden an den „Israelitischen „Reichsvereinigung der Juden in Deutsch- Unterstützungsverein für Obdachlose von land“ eingegliedert, die den Weisungen der 1884“.487 1890 ließen die New Yorker Brüder Gestapo unterstand. Die Grundstücke der Leonard, Adolph, Philip und Albert in Reichsvereinigung wurden zwangsverkauft; Hamburg zum Gedenken an ihren Vater am Käufer war die Hansestadt Hamburg, ver- Kleinen Schäferkamp 32 das „Samuel Lewi- treten durch Reichsstatthalter Kaufmann.492 sohn Stift“ errichten, eines jener 28 Wohn- Aus dem Haus am Kleinen Schäferkamp stifte, die jüdische Stifter in Hamburg zwi- wurde ein „Judenhaus“ – eines jener über- schen 1838 und 1930 ins Leben riefen.488 füllten Häuser, in das Juden, die auf staatli- Patron der Stiftung war Leonard.489 chen Befehl ihre Häuser und Wohnungen ··································································· räumen mussten, zwangseingewiesen wur- Das Stift war ein vierstöckiges Haus mit den. Hatten Ende 1938 23 Menschen in den acht Freiwohnungen, die für Not leidende acht Wohnungen gelebt, waren es im Som- israelitische Familien aus Hamburg be- mer 1942 44, wobei nur noch eine zu den ur- stimmt waren, und zwar vorzugsweise sol- sprünglichen Bewohnern gehörte. Alle ande- che, die zuvor „in besseren Verhältnissen“ ren waren ausgewandert oder bereits depor- gelebt hatten – Empfänger von Armen- tiert worden. Am 11., 15. und 19. Juli 1942 unterstützung waren ausgeschlossen. Jede gingen dann jene Transporte, mit denen auch

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Das Haus des Samuel Lewisohn-Stifts am Kleinen Schäferkamp, Hamburg, heute

diese 44 Menschen weggeschafft wurden, ··································································· unter ihnen das Ehepaar Manfred und Ruth Lange zuvor, im Jahr 1901, stellten die vier Meiberg, die 98 und 100 Jahre alt waren. Der Lewisohn-Brüder, zu der Zeit als dort Paul erste Transport ging nach Auschwitz, die bei- Warburg das Amt des Kassierers ausübte,494 den anderen nach Theresienstadt.493 dem Israelitischen Krankenhaus in Ham-

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Die neuen Pavillons des Israelitischen Krankenhaus, Hamburg, gestiftet von den Brüdern Lewisohn

burg 130.000 Mark für den Bau und die ßere der beiden diente der Erweiterung des Ausrüstung zweier neuer Pavillons zur Ver- Krankenhauses. Die Einweihung der Ge- fügung, sowie 5.000 Mark für die Anschaf- bäude am 9. November 1902 erlebte Leo- fung von Instrumenten.495 Das Hospital war nard nicht mehr, er starb im März zuvor.498 1839 durch eine Schenkung des jüdischen ··································································· Bankiers Salomon Heine begründet wor- 1906/07 schließlich gehörte Adolph Lewi- den, die er dem Andenken seiner 1837 ver- sohn zu den Begründern der Hamburgi- storbenen Frau Betty, geb. Goldschmidt, schen Wissenschaftlichen Stiftung, der Keim- widmete.496 Sein Zweck war es in erster Li- zelle der Hamburger Universität. Er spen- nie, armen israelitischen Kranken unent- dete 25.000 Dollar, also 100.000 Mark. geltliche Pflege angedeihen zu lassen. 1880 Damit war er einer der sieben großzügigsten um eine Poliklinik erweitert, wurde das Geldgeber, nur der Diamanten- und Gold- Krankenhaus bald auch von der christlichen magnat Alfred Beit aus London und die Fa- Bevölkerung der stetig wachsenden Groß- milie Warburg aus Hamburg und New York stadt frequentiert: Die Zahl der Einwohner gaben höhere Beträge.499 Es ist durchaus war zur Zeit der Errichtung der Pavillons auf plausibel anzunehmen, dass die Spende auf über 700.000 gestiegen und der Bedarf an Anregung der Warburgs erfolgte. medizinischer Versorgung hoch.497 In dem ··································································· kleineren der zwei neuen Pavillons entstand Adolph Lewisohns großzügige Gaben tra- eine Station für Infektionskranke, der grö- fen aufgrund ihrer Zahl und Höhe aller-

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dings nicht auf die uneingeschränkte Be- es denn gemacht?“500 Zwar sind diese Worte geisterung seiner Familie. Auf den Vorwurf nur durch Stephen Birmingham überliefert, des Sohns „Vater, Du verbrauchst unser gan- aber wenn er sie erfunden hat, so hat er sie zes Kapital!“, entgegnete er kühl: „Wer hat gut erfunden.

·············································································································································· 445 Citizenship, S. 171 f. 446 Ebd., S. 166. 447 Ebd., S. 185 f. 448 Nur nicht bei jenen Projekten, die er nur am Rande erwähnt. 449 Schwarz, Wohnstifte, S. 447 f. 450 Sein Bruder Leonard hingegen hatte 1901 das Jüdische Theologische Seminar in New York mit 100.000 Dol- lar unterstützt, vgl. Adler, Schiff, S. 53. (Die NYT, 6. März 1902, schreibt von 50.000 Dollar.) Bereits der Onkel der beiden, Sally Lewisohn, hatte Anfang der 1870er Jahre anscheinend zum Gründungskomitee von Esriel Hil- desheimers „Rabbiner-Seminar für das Orthodoxe Judenthum“ in Berlin gehört. 451 Citizenship, S. 186. 452 Von Präsident Roosevelt berichtet Lewisohn nicht ohne Stolz: „One day in 1908 when we were going to lunch at the White House, he asked my son Sam (…) ‚Do you help your father in his work?’ My son said, ‚What work do you refer to? Do you mean mining?’ and Roosevelt replied, ‚No, in philanthropy.’“, ebd., S. 66. 453 Vgl. etwa die stark tendenziöse Darstellung bei Lundberg, America´s 60 Families, S. 320 ff. 454 Dies lässt sich gut nachvollziehen anhand der „New York Times“ der Jahrgänge nach 1900, die auch online zugänglich sind. 455 Jackson, Encyclopedia, S. 536; Citizenship, S. 188. 456 Ebd., S. 187. 457 Ebd., S. 214‒217. 458 Jackson, Encyclopedia, S. 1213; NYT, 12. Juni 1927. 459 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; NYT, 18. August 1938. 460 Ebd., 29. Mai 1919. 461 Citizenship, S. 191. 462 Ebd., S. 191 f. 463 Ebd., S. 191. 464 Jackson, Encyclopedia, S. 619; Citizenship, S. 192 f. 465 Bogen, Orphans, S. 168; Citizenship, S. 193 f. und 197. 466 Ebd., S. 194 f. 467 Ebd., S. 196. 468 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429. – Bereits sein Bruder Leonard hatte der Organisation 100.000 Dollar gestif- tet, Art. Lewisohn, Leonard, S. 465 sowie NYT, 6. März 1902. 469 Hirsh; Doherty, Mount Sinai, S. 194. – Auch sein Bruder Leonard engagierte sich für das Haus. Dem Mon- tefiore Sanatarium gab er 60.000 Dollar, Art. Lewisohn, Leonard, S. 465 und NYT, 6. März 1902. 470 Aufses; Niss, This House, S. 373 und 378; Citizenship, S. 188 f.; Hirsh; Doherty, Mount Sinai, S. 195 f. 471 Citizenship, S. 190.

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472 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Hirsh; Doherty, Mount Sinai, S. 195; NYT, 27. Mai 1929. 473 Das 1846 geborene Mädchen verstarb bereits 1861, StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, 696d, 1846, Nr. 63 sowie 725i, 1861, Nr. 179; Goldschmidt, Talmud Tora, S. 109 f.; Randt, Talmud Tora Schule, S. 54‒56. 474 Vgl. NYT, 25. April 1914. 475 Citizenship, S. 200 f.; Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Vgl. zu Lewisohns Engagement für diese Schule auch Klapper, Jewish Women. 476 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; NYT, 18. August 1938, S. 19; Citizenship, S. 205 f. 477 NYT, 10. Mai 1910. 478 Hellman, Lewisohn, S. 384; Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Hirsh; Doherty, Mount Sinai, S. 195; Citi- zenship, S. 202 f. – 1916 empfing Lewisohn in Anerkennung seiner Verdienste eine Goldmedaille vom National Institute of Social Sciences, Art. Lewisohn, Adolph, S. 429. 479 NYT, 13. Februar 1925; Lewisohn Hall (http://www.wikicu.com/Lewisohn_Hall, 12. Mai 2011). 480 Jackson, Encyclopedia, S. 667. 481 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Citizenship, S. 206 f. 482 Jackson, Encyclopedia, S. 667; Citizenship, S. 208. 483 Jackson, Encyclopedia, S. 667; Citizenship, S. 209; NYT, 18. August 1938. 484 Citizenship, S. 210 und 212. 485 Ebd., S. 213; Jackson, Encyclopedia, S. 667. – An einem seiner Geburtstage dankte das College ihrem Spen- der dadurch, dass es eine Porträtbüste von ihm, die von Cheater W. Beach stammte, im Stadium enthüllen ließ: „This was one of the few occasions in my life when I have been embarrassed“, Citizenship, S. 209. 486 NYT, 6. und 18. Januar 1934. – Die anderen Musiker waren Harriet Cohen, Leon Barzin, Ossip Gisken und Emil Hilb. 487 Citizenship, S. 187; zum Verein vgl. Joachim, Handbuch, S. 439 f. 488 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 235; Joachim, Handbuch, S. 318; Stein, Baudenkmäler, S. 115; Citizenship, S. 187; Schwarz, Wohnstifte, S. 447. 1909 existierten 66 Wohnstiftungen in Hamburg – 22 stamm- ten von jüdischen Stiftern, also ein Drittel – und dies bei einem Bevölkerungsanteil von 1,9 Prozent, ebd., S. 448. 489 StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 782, Protokollbuch der Samuel-Lewisohn-Stiftung, S. 1, 10 und 30. – Zuvor hatte Leonard in Hamburg bereits die Talmud Tora-Realschule mit Geldspenden unterstützt (je 5.000 Mark gab er in den Schuljahren 1899⁄1900 und 1900⁄01 zur Finanzierung je einer Freistelle, die erste zur Erinne- rung an seinen Sohn, Selig Samuel, die zweite zur Erinnerung an seine Frau Rosalie) sowie den Israelitischen Un- terstützungsverein für Obdachlose, StA Hbg., ZAS, A 761, Lewisohn, Leonhard: Ausschnitt aus den Hamburger Nachrichten Nr. 56 (7. März 1901). 490 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 235; Joachim, Handbuch, S. 318; Stein, Baudenkmäler, S. 115; Citizenship, S. 187. 491 StA Hbg., 522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 782, Protokollbuch der Samuel-Lewisohn-Stiftung, S. 27 und 76 (Sitzung vom 20. Juni 1920); Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 238. 492 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 239 f. 493 Ebd., S. 240; Mosel, Wegweiser, S. 24. 494 Citizenship, S. 187; Joachim, Handbuch S. 399. 495 Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 235; Citizenship, S. 187. 496 Ebd. wird das Krankenhaus „Henie Hospital“ bezeichnet – ein Tippfehler; es muss Heine-Hospital heißen, nach dem Stifter. 497 Lindemann, 140 Jahre, S. 14, 36 und 42 f. 498 Ebd., S. 50 f.; Hauschild-Thiessen, Adolph Lewisohn, S. 235. 499 Gerhardt, Begründer, S. 25; Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; Citizenship, S. 187: „I gave 100,000 marks to- wards a scientific building“ – so vage erinnert sich Lewisohn an den Zweck seiner Spende, trotz der nicht unbe- trächtlichen Summe. 500 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 343. ··············································································································································

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Epilog

Die Furcht des Sohns vor dem Ruin der Fa- Gäste, sich einen fabelhaften Abend mach- milie wurde nicht allein ausgelöst durch die ten, sich durchfraßen, Champagner tran- Spenden, die sein Vater tätigte. Nicht nur ken und dabei die Größen von Wall Street, liebte Adolph Lewisohn ein mehr als kom- Broadway und Park Avenue angaffen konn- fortables Leben, wie schon sein Stadtpalais ten, während auf dem Balkon des gewalti- und seine drei Landsitze zeigen; auch war gen Ballsaals ein komplettes Tanzorchester das Vermögen der Familie nie so groß, wie spielte. Mancher stopfte sich noch die Ta- die Öffentlichkeit vermutete.501 Vor allem schen voll.503 aber waren da die teuren Freunde, mit de- ··································································· nen Lewisohn sich nach dem Tod seiner Frau Der Familie waren diese Abende, an denen am 28. Juli 1916 umgab, und eine Freigebig- die Stadt das Haus stürmte, ein Gräuel. Für keit des alten Mannes, die an Verschwen- sie war es vor allem nicht leicht mit anzuse- dung grenzte. In seinen Erinnerungen aus hen, wenn sich der alte Herr bei der Gele- dem Jahr 1930 formuliert Lewisohn: „Now genheit mit platinblonden Schönheiten ver- that there is no longer any special reason for gnügte. Nicht nur, dass manche dieser me to be thrifty or to hoard or conserve, I Frauen in den Augen der Familie an Vulga- like to put my money to work by employ- rität ihresgleichen suchten, zu allem Über- ing those who need employment or in af- fluss bestand ja auch noch die Gefahr einer fording entertainment and cheerful sur- neuen, späten Ehe.504 Auch setzten diese roundings to others. My theory is that if you Auftritte den alten Lewisohn in den Ruf, ein no longer need money for any specific ob- „Playboy“ zu sein. Und zwar der erste der jective, don´t keep it for fear of wasting it; Crowd505 – wenn auch nicht der letzte. find use for it somewhere – or give it ··································································· away.“502 Und danach scheint er gehandelt Lewisohn blieb die meiste Zeit Beobach- zu haben. ter am Rande des Geschehens, als einziger ··································································· unter seinen 500 geladenen Gästen ohne Vor allem die Silvesterfeiern im Hause Kostüm.506 Er behandelte die anwesenden Lewisohn wurden legendär. Ausgelassene Familienmitglieder mit überlegenem Desin- Feste, bei denen bald niemand mehr den teresse und umgab sich stattdessen auch bei Einlass kontrollierte, die bis auf tausend Be- diesem Anlass mit jener Corona aus abhän- sucher anschwollen, und auf denen gate- gigen Existenzen, die ihm von New York crashers aus ganz New York, ungeladene nach Palm Beach folgte, von Palm Beach

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nach Elberon, von Elberon in die Adiron- nach seinem Tod auf seine Familie überging, dacks und zurück nach New York. Regelmä- betrug „lediglich“ drei Millionen Dollar. ßig erschienen zum Dinner ein Pianist und Acht Jahre zuvor hatte man noch auf 30 Mil- seine Frau, ein Architekt sowie mehrere Sän- lionen gehofft. Haupterbe war sein Sohn ger und Ökonomen. Aus Sicht der Familie Sam. Die anderen Verwandten wurden mit umschwärmten sie den alten Mann mit „Naturalien“ bedacht. Sie erhielten Schmuck der geübten Professionalität von Kranken- oder die wertvolle Bibliothek, die dann ver- schwestern. steigert wurde.511 ··································································· ··································································· Zu den teuren Freunden kam noch das Sam folgte seinem Vater auf zahlreiche Vor- ständig wachsende Heer der Leibbedienste- standsposten und setzte auch dessen philan- ten des alten Mannes: Chauffeure, ein Heer thropisches Engagement auf vielen Feldern von Gärtnern, ein Privatsekretär, eine Ste- fort, vor allem im Bereich der Gefängnis- notypistin, ein Kammerdiener, ein Koch, reform. Ebenso schrieb er Bücher über mo- ein Französisch-, ein Tanz- und ein Gesangs- derne Unternehmensführung. Als Kunst- lehrer. Und ein Privatfriseur, der zwar ein kenner und -sammler gewann er noch grö- Monatsgehalt von 300 Dollar hatte, aber ßeres Renommee als jener.512 Seiner Ehe mit regelmäßig Schecks über 500 erhielt; oder Margaret Seligman entstammten vier Töch- impressionistische Gemälde; oder einen ter: Marjorie Greta Lewisohn (1918–2006) Buick.507 wurde Ärztin und erster weiblicher Trustee ··································································· der Johns Hopkins University.513 Joan Em- Adolph Lewisohn reiste, lebte und be- ma L. Crowell (geb. 1921) arbeitete als nahm sich wie ein orientalischer Potentat, Schriftstellerin; in erster Ehe war sie verhei- ein kleiner König, obwohl er sich finanziell ratet mit dem Bildhauer Sidney Simon, da- nie auf Augenhöhe mit Rogers oder den nach heiratete sie David G. Crowell, der Guggenheims befunden hatte. Seinen Le- vielseitig begabt und ein erfolgreicher bensstil hat der Alte auch während der Welt- Künstler war (und der 2009 verstorben wirtschaftskrise nicht geändert.508 Und er ist).514 Elizabeth Ann L. Eisenstein (geb. bewies bis ins hohe Alter enorme Vitalität. 1923) wurde Geschichtsprofessorin an der Noch an seinem letzten Geburtstag, dem Universität Michigan; ihr Mann ist der neunundachtzigsten, sah man Adolph Lewi- Physikprofessor Julian Calvert Eisenstein. sohn beim Stepptanz und zwar als die Feier Die vierte Tochter, Virginia L. Kahn (geb. die frühen Morgenstunden erreicht hatte.509 1925), heiratete den Psychiater Dr. Ernest ··································································· Kahn.515 Der Herzschlag, der ihn am 17. August 1938 ··································································· in seinem Camp am Saranac Lake traf, kam Joan Simon hat in ihrem Buch „Portait of überraschend. Adolph Lewisohns Tod wur- a Father“ aus der Perspektive des Kindes de auf Seite eins der „New York Times“ ver- und zugleich mit dessen Erbarmungslosig- meldet. Die Trauerfeier fand im Tempel keit in Form eines Romans ein etwas ge- Emanu-El statt, begraben wurde er im Fa- spenstisches und nicht sehr schmeichelhaf- milien-Mausoleum auf dem Salem Fields tes Porträt ihres Großvaters hinterlassen, der Friedhof in Brooklyn.510 Das Vermögen, das seinen Enkelinnen offenbar Zeit seines Le-

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Der späte Adolph Lewisohn

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Adolph Lewisohns Grab auf dem Salem Fields Friedhof in Brooklyn, New York

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bens ein Fremder blieb. Er bewohnte das erste Geschoss des großen Hauses, das er für seine Familie erworben hatte, in das sein Sohn mit seiner Frau eingezogen war und in dem dann auch die vier Enkelinnen auf- wuchsen.516 Allabendlich und immer um drei Minuten nach sechs, vernahmen die Kinder, an der Abendtafel sitzend, wie der Aufzug in der prachtvollen Halle des Hau- ses ankam und wie sich schlurfend die Schritte des Großvaters näherten. Gebannt und schweigend verfolgten sie, wie jener kurz die Hausangestellten begrüßte, in ei- nem Sessel Platz nahm und ihnen, in einem vollkommen unverständlichen, schweren Dialekt einige Minuten lang laut und mo- noton aus einem kleinen schwarzen Buch vorlas, das er dabei auf seinem runden Bauch abstellte. Die Kinder waren ihm ge- genüber völlig taub, obwohl sie ihn intensiv wahrnahmen, seinen Geruch von Pimentöl, seine Gestalt und seine Bewegungen – wie eine Schildkröte auf den Hinterbeinen. Für Adolph Lewisohn mit den Töchtern sie war er ein unhinterfragbarer Bestandteil seines Sohnes Sam des Hauses, wie das veraltete, unbenutzte Mobiliar. Dass er der Vater ihres Vaters sein lender. Und das Gelesene – die Termine der sollte, war kein Gedanke, der ihnen kam. laufenden Woche.517 ··································································· ··································································· Niemals richtete der Großvater bei dieser 1901 hatte Adolph Lewisohns Tochter Adele Gelegenheit ein direktes Wort an seine En- den Bankier Arthur Lehman geheiratet, den kelinnen, sondern verschwand mit einem Sohn von Mayer und Babette Lehman. Das Gruß an die Angestellten. Jahre vergingen, Paar hatte drei Töchter: die Älteste, Doro- bis ihnen aufging, wer dieser Mann war. Die thy (1903–1969), ehelichte 1923 den Invest- Außenwelt wies sie darauf hin, ohne dass sie mentbanker Richard J. Bernhard (Teilhaber danach gefragt hatten. Sie verstanden, dass von Wertheim & Co); die zweite, Helen er sich einen Namen geschaffen hatte, der (1905–1989), nahm Benjamin J. Buttenwie- auch sie unwandelbar begleiten sollte, selbst, ser (von Kuhn, Loeb & Co) zum Mann; als sie geheiratet hatten, und der noch ihre und die 1906 geborene Frances heiratete Kinder in erster Linie zu seinen Urenkeln 1926 den Bankier John Loeb (geb. 1902).518 machte. Und Jahre vergingen, bis sie heraus- Frances und John Loeb verstarben beide bekamen, was ihnen allabendlich verlesen 1996. Vor dem Tod stiftete das Ehepaar der worden war: Das kleine Buch war ein Ka- Universität Harvard über 70 Millionen Dol-

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Der ursprünglich nach Adolph Lewisohn getaufte Frachter in einem Konvoi südostlich der Chesapeake Bay, Februar 1944

lar – eine der größten Einzelstiftung in de- me a good American citizen, but of course I ren Geschichte.519 Auch die Ehen von never lost my love for The Fatherland (Va- Adolph Lewisohns Nachkommen belegen terland) or my interest in its welfare. Never- eindrücklich die Verwurzelung der Familie theless I am what they call ‚100%‘ American. in der Oberschicht der USA. I have felt an affectionate pride in seeing my ··································································· country grow, and perhaps, a little personal Adolph Lewisohns Erinnerungen tragen pride in thinking that our business has con- den Titel „The Citizenship of Adolph Lewi- tributed somewhat to the wealth and up- sohn“ – frei etwa zu übersetzen mit „Der building of the United States.“520 Mitbürger Adolph Lewisohn“. Und genau ··································································· darum geht es: Lewisohns Weg nach Ame- Schon zu seinem siebzigsten Geburtstag, rika, sein Leben als Geschäftsmann und sein 1919, wurde Adolph Lewisohn vom New bürgerschaftliches Engagement. Über sich Yorker Bürgermeister John F. Hylan in einer selbst konnte er darin zu Papier geben: Zeremonie vor 500 Gästen eine große Flag- „Sixty years and more in America have made ge der USA überreicht, in Anerkennung sei-

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ner Verdienste; zu seinem 85. Geburtstag dustriegüter der USA nach Europa und in den empfing Lewisohn die Glückwünsche des Pazifikraum trugen. Diese „Liberty Ships“ Präsidenten Franklin D. Roosevelt.521 Und dienten dazu, den europäischen Staaten ihre auf den Namen „Adolph Lewisohn“ wurde Freiheit zurückzubringen und den Deut- dann kaum ein Jahrzehnt später auch einer schen die Demokratie, für die im Geburts- jener zahllosen Frachter getauft, die im jahr von Adolph Lewisohn noch mancher Zweiten Weltkrieg die kriegswichtigen In- bereit gewesen war, sein Leben zu geben.522

·············································································································································· 501 Hellman, Lewisohn, S. 384. 502 Citizenship, S. 217. 503 Simon Portrait, S. 29 f. und 35. 504 Ebd., S. 29 f., 34 und 40 f.; vgl. auch Loeb, Lifetime, S. 36. 505 Birmingham, In unseren Kreisen, S. 261. 506 Simon, Portrait, S. 31; vgl. auch Citizenship, S. 64. 507 Loeb, Lifetime, S. 39; Birmingham, In unseren Kreisen, S. 343. 508 Loeb, Lifetime, S. 36 und 39; Hellman, Lewisohn, S. 384. 509 Ebd. Vgl. Loeb, Lifetime, S. 36 (dort allerdings ist die Rede von der Silvesterfeier). 510 NYT, 18. August 1938; Hellman, Lewisohn, S. 384. 511 Ebd.; Birmingham, In unseren Kreisen, S. 347; NYT, 26. Januar 1940. 512 Art. Lewisohn, Sam Adolph, S. 263 f.; Weber, Patron Saints. 513 NYT, 3. Oktober 2006. 514 Ebd., 18. Dezember 1972 und 23. Januar 2009. 515 Vgl. zu den Vornamen Art. Lewisohn, Sam Adolph, S. 264. 516 Simon, Portrait, S. 17 f. und 21. 517 Ebd., S. 3 ff. 518 Loeb, Lifetime, S. 28. 519 NYT, 15. März 1995. 520 Citizenship, S. 232 f. 521 Art. Lewisohn, Adolph, S. 429; NYT, 21. und 22. Juli 1919 sowie 18. August 1938, S. 1 und 19. 522 Ebd., 7. Oktober 1943, S. 11, „Cargo Ship Lewisohn Launched“. Die Baukosten hatte Lewisohns Tochter Adele übernommen. ··············································································································································

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Anhänge

·············································································································································· Stammtafel (Auszug) ··············································································································································

Lion (Joshua) Lewisohn (um 1783–?) OO Fanny Haarbleicher (1786–1857) Der älteste Sohn ist

Samuel Lewisohn (1809–1872) OO Julie (Guta) Nathan 2. Ehe: OO Pauline Jessel (1812(?)–1856) (1838(?)–?) 7 Kinder, darunter: 4 Kinder

Louise (1840–?) Julius (1843–?) Leonhard (1847–1902) Adolph (1849–1938) OO Louis Bernays OO Selly Ruben OO Rosalie Jacobs OO Emma Cahn (1838–1891) (1851–?) (1849–1900) (1856(?)–1916) (mindestens) 5 Kinder (mindestens) 7 Kinder 9 Kinder 5 Kinder:

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Adolph Lewisohn OO Emma Cahn

Florence Clara Adele Sam(uel) Julius (1878(?)–1907) (1880–1927) (1882–1965) (1884–1951) (?–?) OO Samuel J. OO Alfred S. OO Arthur OO Margaret Reckendorfer Rossin Lehman Seligman 3 Kinder 6 Kinder 3 Kinder: 4 Kinder:

Dorothy Marjorie Greta (1903–1969) (1918–2006) OO Richard J. Bernhard Joan Emma (geb. 1921) Helen OO 1) Sidney (1905–1989) Simon OO Benjamin OO 2) David Buttenwieser G. Crowell

Frances Elizabeth Ann (1906–1996) (geb. 1923) OO John L. Loeb OO Julian C. Eisenstein

Virginia (geb. 1925) OO Ernest Kahn

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·············································································································································· Adolph Lewisohns Lebensdaten im Überblick ·············································································································································· 27. Mai 1849 Geburt als Sohn des Hamburger Kaufmanns Samuel Lewisohn 1856 Tod der Mutter 1860 erneute Heirat des Vaters 1867 Adolph Lewisohn folgt seinen Brüdern Julius und Leonard nach New York, um in der dortigen Filiale des väterlichen Unternehmens zu arbeiten 1872 Tod des Vaters; Julius Lewisohn kehrt nach Deutschland zurück und über- nimmt die väterliche Firma 1878 Heirat mit Emma Cahn 1878 Einstieg in den Kupferhandel 1879 Erwerb der „Colusa“-Mine in Butte (Montana) 1885 Ausbau des Kupferhandels 1887 Lewisohn Bros. löst sich vom Hamburger Haupthaus; Gründung der Bos- ton & Montana Consolidated Copper and Silver Mining Company gemein- sam mit Joseph W. Clark und Albert S. Bigelow; Engagement in M. Secre- tans Syndikat 1888 Bau des Hüttenwerks an den Great Falls 1899 Gründung der Amalgamated Copper Company und der ASARCO 1900 Gründung der United Metals Selling Company 1901 die Guggenheims übernehmen die Führung der ASARCO 5. März 1902 Tod von Leonard Lewisohn 1915 Eröffnung des Lewisohn-Stadions in New York 1920 das New Yorker Prison Survey Committee veröffentlicht seinen Report 17. August 1938 Tod Adolph Lewisohns

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Quellen, Literatur und Bildnachweis

Dank: -332-3 Zivilstandsamt, Geburtenregister 1874, A 176 Mein Dank gilt Herrn John L. Loeb jr., Washing- -332-3 Zivilstandsamt, Geburtenregister 1875, A 206 ton, der eine Kopie der Erinnerungen Adolph Le- -332-3 Zivilstandsregister, B 57, Nr. 1052. wisohns und weiteres Material für diese Studie zur -332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, A I f, 94 und Verfügung gestellt hat. Besonderer Dank gilt Herrn 150 Jürgen Sielemann von der „Hamburger Gesell- -332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, B I a 1851, Nr. schaft für jüdische Genealogie“ für seine Hilfsbe- 36, 37 und 253 reitschaft bei den Recherchen zu den Hamburger -332-8 Meldewesen, A 24, Bd. 39, Reisepaßproto- Beständen, ebenso Frau Sylvia Steckmest. Des Wei- kolle 1867/68 teren danke ich den Mitarbeitern des Staatsarchivs -332-8 Meldewesen, A 30, Alphabetische Meldekar- Hamburg sowie PD Dr. Andreas Brämer vom „In- tei 1892–1925 (K 6509) stitut für die Geschichte der deutschen Juden“, -522-1 Jüdische Gemeinden, 62b, Jüdische Geburten Hamburg. 1769–1812, Alphabetische Kartei nach den Regis- ··································································· tern Nr. 62–64, aufgestellt von Dr. Jacob Jacobson Unveröffentlichte Quellen: -522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 534e PK, Acta betr. Vorbemerkung: Archivbestände in den USA konn- die Talmud Tora Armen- später Realschule 1896– ten im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht wer- 1905 den. Ausgewertet wurden: -522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 696b-f ··································································· -522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 702b Staatsarchiv Hamburg: -522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 725a, 725c, 725e, -111-1 Senat, Cl. VII Lit. Lb Nr. 18 Vol. 7b Fasc. 2 725h, 725i und 725k Inv. 99, Samuel-Lewisohn-Stiftung -522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 782, Protokoll- -231-3 Handelsregister, B 2241, Acta betr. die Firma buch der Samuel-Lewisohn-Stiftung Lion Lewisohn -522-1 Jüdische Gemeinden, Nr. 992b, Kultussteu- -231-3 Handelsregister, B 10441, Acta betr. die Firma erkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Ham- Lassar Lewisohn & Co burgs -231-3 Handelsregister, B 12677, Acta betr. die Firma -741-4 Fotoarchiv, Film-Nr. K 1712 S. Lewisohn jr. Zeitungsausschnitt-Sammlung (ZAS), A 761, Lewi- -231-3 Handelsregister, B 13158, Acta betr. die Firma sohn, Leonhard Neumann Lewisohn, nunmehr Leopold Lewisohn ··································································· -232-1 Vormundschaftssachen, Serie II 4766, Samu- Unveröffentlichte Literatur: el Lewisohn The Citizenship of Adolph Lewisohn. An Autobio- -232-3 Testamentsbehörden, H 4010, Samuel Lewi- graphy, o. O., o. J. [ca. 1930] sohn 1873 ··································································· -232-3 Testamentsbehörden, H 17369, Sally Lewi- Literatur und veröffentlichte Quellen: sohn 1896 Vorbemerkung: Folgende Werke konnten für diese -332-3 Zivilstandsamt, Geburtenregister 1873, A 166 Studie nicht eingesehen werden, da in deutschen

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1920, New York 1973 (The Crowell American His- ··································································· tory Series) Trotz sorgfältiger Nachforschungen konnten nicht Rafter, Nicole H.: Creating Born Criminals, für alle Abbildungen die Rechteinhaber ermittelt Urbana, Chicago 1997 werden. Sollte jemand in urheberrechtlicher Bezie- Randt, Ursula: Die Talmud Tora Schule in hung Rechte geltend machen, so möge er sich an Hamburg 1805 bis 1942, Hamburg 2005 die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung wen- Rischin, Moses: The Promised City. New York’s den. Jews 1870–1914, Cambridge (Mass.) 1962 ··································································· Rüdiger, Otto: Geschichte des Hamburgischen Bildnachweis: Unterrichtswesens, Hamburg 1896 Freundlicherweise vom Adirondack Museum, Blue Rüschoff, Stefan: Das jüdische Schulwesen in Mountain Lake, New York zur Verfügung gestellt: Hamburg während der Emanzipationszeit, Di- S. 84 f. plomarbeit Hamburg 1978 Freundlicherweise von der Columbia University, Sautter, Udo: Geschichte der Vereinigten Staa- New York zur Verfügung gestellt: S. 122 ten von Amerika, Stuttgart 1976 (Kröners Taschen- Freundlicherweise von der Columbia University, ausgabe; 443) New York zur Verfügung gestellt, Bildnachweis: Schwarz, Angela: Jüdische Wohnstifte in Alan Orling: S. 117 Hamburg, in: Herzig, Arno; Rohde, Saskia (Hg.): corbis images: S. 129 Die Geschichte der Juden in Hamburg, Band 2: Die Culver Pictures, Inc., Long Island City, New York: S. 9 Juden in Hamburg 1590–1990. Wissenschaftliche Foto Max Halberstadt: S. 18 Beiträge der Universität Hamburg zur Ausstellung Hapag-Lloyd AG, Hamburg: S. 29 „Vierhundert Jahre Juden in Hamburg“, Hamburg Institut für die Geschichte der Deutschen Juden, 1991, S. 447–458 Hamburg: S. 116 Simon, Joan L.: Portrait of a Father, New York jewishpostcardcollection.com – Stephanie Com- 1960 fort: S. 113 oben Simonhoff, Harry: Saga of American Jewry, Loeb jr., John L.: S. 75, 77 unten 1865–1914. Links of an Endless Chain, New York National Archives, Washington D.C.: S. 132 1959 Freundlicherweise vom New York Community Sorin, Gerald: A Time for Building. The Third Trust zur Verfügung gestellt: S. 76 unten Migration 1880–1920, Baltimore, London 1992 Staatsarchiv Hamburg: S. 12/13 (The Jewish People in America; 3) The City College of New York, CUNY: S. 105, 121 Spengler, Otto (Hg.): Das deutsche Element The Metropolitan Museum of Art, New York: S. 79 der Stadt New York. Biographisches Jahrbuch der Wurtz Brothers. From the City College Archives Deutsch-Amerikaner New Yorks und Umgebung, Collection: S. 118 New York 1913 Adler, Cyrus: Jacob H. Schiff. His Life and Letters, Stein, Irmgard: Jüdische Baudenkmäler in Volume II, Grosse Point 1968 (erstmals Garden Hamburg, Hamburg 1984 (Hamburger Beiträge City, New York 1928): S. 88 zur Geschichte der deutschen Juden; 11) Architectual Record (1915): S. 80 Time Magazine, 1959 Birmingham, Stephen: In unseren Kreisen. Die Unger, Irwin; Unger, Debi: The Guggen- großen jüdischen Familien New Yorks, Frankfurt heims. A Family History, New York u.a. 2006 am Main, Berlin 1969: S. 108, 131 Weber, Nicholas F.: Patron Saints. Five Rebels Culp, Robert. W.: The Mount Sinai Hospital Lib- who Opened America to a New Art, 1928–1943, rary, 1883 to 1970, in: Bulletin of the Medical Lib- New Haven, London, 1995 rary Association 60,3 (1972), S. 471–480: S. 114 Wilmeth, Don B.; Miller, Tice L. (Hg.): Freeman; Harry C.: A Brief History of Butte, Mon- The Cambridge Guide to American Theatre, Cam- tana, the World’s Greatest Mining Camp: Inclu- bridge (Mich.) u.a. 1993 ding a Story of the Extraction and Treatment of Zechlin, Egmont: Die deutsche Politik und die Ores from ist Gigantic Copper Properties, Chicago Juden im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1969 1900: S. 40 f., 48 ff.

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Namensregister

Verzeichnet sind die Namen von Personen und Fa- Carlyle, Thomas 109 milien, die in den Kapiteln 1 bis 10 genannt wer- Carnegie, Andrew 7, 8, 28, 45, 111, 116 den. Anmerkungen bleiben unberücksichtigt, Carrière, Eugène 104 ebenso der Name Adolph Lewisohn. Ein * verweist Caruso, Enrico 103 darauf, dass auf der angegebenen Seite (auch) ein Cézanne, Paul 104 Bild der jeweiligen Person erscheint. Channing, J. Parke 54 ··································································· Cicero 109 Armour, Philip 31 Clark, Joseph W. 47 Arthur, Charles A. 95 Cleveland, Grover 93 Astor, Caroline 28, 73 Cleveland, Frances (geb. Folsom) 93 Astor, Helen (geb. Huntington) 120 Cooke, Jay 8 ··································································· Coolidge, Calvin 95 Barker, Granville 119 Coolidge, Grace Anna (geb. Goodhue) 95 Beit, Alfred 124 Corot, Camille 104 Berenberg-Gossler, Cornelius v. 96 Couch, Thomas 42, 47 Bernays, Isaac 22 Coulter, William L. 81 Bernays, Louis 22 Courbet, Gustave 104 Bernays, Louise (geb. Lewisohn) 15, 22, 31, 32 Cox Jennings S. 63* Bernhard, Dorothy (geb. Lehman) 131 Crowell, David G. 128 Bernhard, Richard J. 131 Crowell, Joan Emma (geb. Lewisohn) 128, 131* Bernheimer, L. S. 64 Crowley, Alice (geb. Lewisohn) 64 Bernstorff, Johann Heinrich v. 116 Crowley, Herbert E. 65 Bigelow, Albert S. 47 ··································································· Birmingham, Stephen 10, 125 Daly, Marcus 42, 57, 58 Bourdelle, Émile-Antoine 104 Damrosch, Leopold 103 Boyd, Archibald B. 63* Dastin, William 81 Brahms, Johannes 104 Daumier, Honoré 104 Brunner, Arnold W. 119 Degas, Edgar 104 Butler, Nicholas M. 94 Derain, André 104 Buttenwieser, Benjamin J. 131 Dillon, Sidney 43 Buttenwieser, Helen (geb. Lehman) 131 Disraeli, Benjamin 109 Buttenwieser, Joseph L. 117 Dougherthy, George W. 63* ··································································· Douglas, James 42 Cahn, Abraham 74 Douglas jr., James 44 Cahn, Emma M. (siehe Emma Lewisohn) Drew, Daniel 8 Cahn, Theresa 74 ··································································· Calvé, Emma 103 Edison, Thomas 35

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Einstein, Albert 119 Heine, Charlotte (siehe Charlotte Embden) Eisenstein, Elizabeth (geb. Lewisohn) 128, 131* Heine, Heinrich 33 Eisenstein, Julian C. 128 Heine, Salomon 124 Embden, Charlotte (geb. Heine) 33 Henry, Charles S. 63, 64 Epstein, Jacob 109 Henry, Florine 65 Erasmus von Rotterdam 109 Henry, Julia (geb. Lewisohn) 64 Eucken, Rudolf 116 Henry, Philip S. 65 ··································································· Hill, James J. 8, 43, 44 Fels (Dr.) 21 Hirsch, Baron de 53 Finley, John H. 117, 119 Homberger, Jennie (siehe Jennie Kraus) Fisk, Jim 8 Homberger, Meyer 64 Fleck, Henry T. 117 Hone, John 63* Folks, Homer 112 Hoogstraten, William van 119 Forain, Jean-Louis 104 Hoover, Herbert 95 Fox, J. Betram 104 Hughes, Charles E. 95 Fraenkel, Lee K. 112 Hugo, Victor 98 Franklin, Benjamin 109 Huntington, Collis B. 8 ··································································· Hutchinson, David J. 63* Garfield, James A. 93 Hylan, John F. 132 Gauguin, Paul 104 ··································································· Gershwin, George 120, 122* Israel 28 Gerster, Etelka 103 ··································································· Goethe, Johann Wolfgang v. 109 Jacobs, Rosalie (siehe Rosalie Lewisohn) Gogh, Vincent van 104, 107* Jacobsen, Friedrike (geb. Lewisohn) 20, 32 Goldschmidt, Betty (siehe Betty Heine) Jessel, Henriette (geb. Lazarus) 16 Goldsmith, Blume (geb. v. Millingen) 15 Jessel, Isaac 16 Goldsmith, Salomon 15 Jones, Paul 109 Gould, Jay 8 Jonson, Ben 109 Grant, Ulysses S. 93 Kahn, Ernest 128 Guggenheim, Daniel 61*, 62, 94 Kahn, Otto 120 Guggenheim, Isaac 62 Kahn, Virginia (geb. Lewisohn) 128 Guggenheim, Meyer 61* Kaufmann, Karl 122 Guggenheim, Murry 62 Koref, Marcus 21 Guggenheim, Peggy 78 Kraus, Adolf 88 Guggenheim, Salomon 62 Kraus, Jennie (geb. Homberger) 64 Guggenheim, Simon 62 Kraus, Maurice J. 64 ··································································· Kraus, Selma (siehe Selma Lewisohn) Haarbleicher, Hannchen (siehe Hannchen ··································································· Oppermann) Lawson, Thomas W. 57, 58, 59, 62, 64 Haarbleicher, Raphael Samuel 15 Lehman, Adele (geb. Lewisohn) 77*, 79, 81, 131 Haarbleicher, Sara(h) (geb. Goldsmith) 15 Lehman, Arthur 77, 120, 131 Haggin, James Ben Ali 42, 53, 57 Lehman, Babette (geb. Neugass) 77, 131 Hanau, Alfred 63* Lehman, Dorothy (siehe Dorothy Bernhard) Harding, Warren G. 95 Lehman, Helen (siehe Helen Buttenwieser) Harriman, Edward H. 8 Lehman, Herbert H. 77 Harriman, Mary (geb. Williamson Averell) 78 Lehman, Irving 77, 120 Harrison, Benjamin 95 Lehman, Mayer 77, 131 Hearst, George 42 Lehmann, Lilli 103 Heine, Betty (geb. Goldschmidt) 124 Lessing, Gotthold Ephraim 109

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Lewisohn, Adele (siehe Adele Lehman) Lewisohn, Oscar 64 Lewisohn, Albert Nachmann 16, 32, 53, 64, 122, Lewisohn, Pauline (geb. Jessel) 16, 32, 33 123 Lewisohn, Pauline (siehe Pauline Norden) Lewisohn, Alice (siehe Alice Crowley) Lewisohn, Philip (Sohn von Samuel) 16, 32, 47, Lewisohn, Audrey 64 53, 122, 123 Lewisohn, Braina Bertha 116 Lewisohn, Philip (Bruder von Samuel) 32 Lewisohn, Cäcilie 32 Lewisohn, Raphael 16, 32, 109 Lewisohn, Carl 33 Lewisohn, Rhoda (geb. Seligman) 64 Lewisohn, Clara (siehe Clara Rossin) Lewisohn, Rosalie (geb. Jacobs) 64 Lewisohn, Edna (geb. McCauley) 64 Lewisohn, Sally 15, 19, 21, 32, 111, 115 Lewisohn, Edna (geb. May) 62 Lewisohn, Sam(uel) A. 66, 76, 77*, 88, 125, 128, Lewisohn, Elizabeth Ann (siehe Elizabeth 131 Eisenstein) Lewisohn, Samuel 7, 10, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, Lewisohn, Emma (geb. Cahn) 74, 75*, 76, 77 28, 32, 33, 45, 90, 111, 122 Lewisohn, Evelyn 64 Lewisohn, Selly 15 Lewisohn, Fanny (geb. Haarbleicher) 15 Lewisohn, Selly (geb. Ruben) 33 Lewisohn, Florence (siehe Florence Reckendorfer) Lewisohn, Selma (geb. Kraus) 64 Lewisohn, Florine (siehe Florine Henry) Lewisohn, Virginia (siehe Virginia Kahn) Lewisohn, Frances (siehe Frances Loeb) Lewisohn, Walter 64 Lewisohn, Frederick 64 Lind, Jenny 103 Lewisohn, Friederike (Tochter von Samuel) 15, Livermore, Thomas 53 20, 32 Loeb, Frances (geb. Lewisohn) 79, 131 Lewisohn, Friedrike (Schwester von Samuel) Loeb, Guta (siehe Guta Seligman) (siehe Friederike Jacobsen) Loeb, John 131 Lewisohn, Henriette 15, 32 Loeb, Nina (siehe Nina Warburg) Lewisohn, Irene 65 Low, Seth 116 Lewisohn, Isaac 32, 33 Lucca, Pauline 103 Lewisohn, Jacob 33 ··································································· Lewisohn, Jehuda Leon 32 Magnus 28 Lewisohn, Jesse 64 Manet, Édouard 104, 106* Lewisohn, Joan Emma (siehe Joan Crowell) Mann, Harrington 105* Lewisohn, Joseph John 16, 32 Matisse, Henri 104 Lewisohn, Julia (siehe Julia Henry) May, Edna (siehe Edna Lewisohn) Lewisohn, Julie (geb. Nathan) 15, 112 May, Simon 19, 21 Lewisohn, Julius (Bruder von Adolph) 15, 23, 28, McAllister, Ward 28 31, 32, 33, 34, 45 McCauley, Edna (siehe Edna Lewisohn) Lewisohn, Julius (Sohn von Adolph) 77 McCoy, J. C. 46 Lewisohn, Klara 15 McKinley, William 93 Lewisohn, Leon 34 Meader, Charles T. 42 Lewisohn, Leon(h)ard 10, 15, 16, 23, 28, 31, 44, Meiberg, Manfred 123 47, 50, 51, 53, 54, 59, 62, 63*, 64, 65, 74, 111, 122, Meiberg, Ruth 123 123, 124 Mellon, Andrew William 111 Lewisohn, Leopold 15 Metcalf, Henry B. 74 Lewisohn, Lillie (siehe Lillie Vogel) Meyerbeer, Giacomo 103 Lewisohn, Lion (Leonhard) Phil(l)ip 15 Milton, John 109 Lewisohn, Louise (siehe Louise Bernays) Mitchel, John P. 94 Lewisohn, Margaret V. (geb. Seligman) 77, 88, 128 Monet, Claude 104 Lewisohn, Marjorie Greta 128, 131* Montagu, Sir Samuel (Baron Swaythling) 91 Lewisohn, Neumann 15, 32 Moore, John 60

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Morgan, John Pierpont 7, 8, 28, 55, 60, 88 Schumann, Robert 104 Morrow, Dwight W. 94 Schurz, Carl 34 Munk, Elias 32 Schwab, Charles M. 45 ··································································· Scott, Thomas A. 8 Nathan, Israel 15 Seaman, Charles C. 62 Nathan, Julie (siehe Julie Lewisohn) Secretan, Hyacinthe 51, 52 Nathan, Nanette (geb. Cohn) 15, 20, 33 Seligman, Guta (geb. Loeb) 77 Neugass, Babette (siehe Babette Lehman) Seligman, Henry M. 64 Nielsen, Kaj 109 Seligman, Isaac N. 77, 88 Nilsson, Christine 103 Seligman, Jesse 64 Norden, Pauline (geb. Lewisohn) 32 Seligman, Joseph 89 ··································································· Seligman, Margaret V. (siehe Margaret V. Lewi- Oppermann, Hannchen (geb. Haarbleicher) 33 sohn) ··································································· Seligman, Rhoda (siehe Rhoda Lewisohn) 64 Parsons, Samuel H. 63* Sembrich, Marcella 103 Patti, Adelina 103 Simon, Joan (siehe Joan Crowell) Pfeiffer, Heinrich 32 Sisley, Alfred 104 Picasso, Pablo 104 Smith, Alfred 109 Pissarro, Camille 104 Sola Mendes, Frederick de 74 Placzek, Baruch 21 Sonnenschein, Salomon H. 21 ··································································· Spenser, Edmund 109 Raht, August 42 Speyer, James 120 Reckendorfer, Florence (geb. Lewisohn) 77 Stella, Joseph 109 Reckendorfer, Samuel J. 77 Stern, Anschel 32, 33, 115 Renoir, Auguste 104 Stern, Maurice 104, 109 Rockefeller, John D. 7f, 28, 55 ff, 111 Straus, Nathan jr. 120 Rockefeller, William G. 56, 57* Straus, Oscar S. 88 Rogers, Henry Huttleston 56*, 57, 59, 60, 62, 63, Straus, Roger 120 128 Stillman, James 56 Rodin, Auguste 104 ··································································· Roll, Alfred-Philippe 109 Taft, William H. 94 Roosevelt, Franklin D. 133 Thomas, Theodore 103 Roosevelt, Theodore 88, 93 ff, 98 Thoren, Otto de 109 Rossin, Alfred S. 77 Toulouse-Lautrec, Henri de 104 Rossin, Clara (geb. Lewisohn) 76*, 77 Towson, Charles R. 111 Rousseau, Henri 104 Travers (Chamber Syndicate) 42 Ruben, Elias Levy 33 Twain, Mark 27 Ruben, Rosa (geb. Salinger) 33 Tweed, William 30 Ruben, Selly (siehe Selly Lewisohn) ··································································· Ryan, Thomas E. 63* Vanderbilt, Alva 28 ··································································· Vanderbilt, Cornelius 8 Salinger, Rosa (siehe Rosa Ruben) Verdi, Giuseppe 103 Salomon, Seligman 112 Villard, Henry 8 Sancton, William B. 63* Vogel, Lillie (geb. Lewisohn) 64 Savin, M. 109 Vogel, Martin 64 Schiff, Frieda (siehe Frieda Warburg) ··································································· Schiff, Jacob H. 88*, 94, 96, 111 Wachtel, Theodor 103 Schley, Grant 60 Wadsworth, Charles D. 63* Schubert, Franz 104 Warburg, Felix 77, 120

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Warburg, Frieda (geb. Schiff) 77 Wilhelm II. 86, 94 Warburg, Nina (geb. Loeb) 77 Wilson, Woodrow 88, 94, 95 Warburg, Paul 77, 123 Witte, Sergej 88, 89 Washington, George 109

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Impressum Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung Bibliografische Information der Deutschen Natio- Edmund-Siemers-Allee 1, Raum 113 nalbibliothek 20146 Hamburg Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese http://hmb-wiss-stift.de Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de/ abrufbar. Die Online-Version dieser Publikation ist auf der Verlagswebsite frei verfügbar (open access). Die Deutsche Nationalbibliothek hat die Netzpublika- tion archiviert. Diese ist dauerhaft auf dem Archiv- server der Deutschen Nationalbibliothek verfügbar.

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Aus der Reihe „Mäzene für Wissen- „New Yorks wertvollster Bürger“ schaft“ sind bisher erschienen: – diesen Ehrentitel hat man Adolph Lewisohn gegeben. Als er Band 1: Die Begründer der Ham- 1849 in Hamburg als Sohn ortho- burgischen Wissenschaftlichen Stiftung doxer Juden und erfolgreicher Band 2: Sophie Christine und Carl Kaufleute geboren wird, ist ihm Heinrich Laeisz. Eine biographische eine Laufbahn als Kaufmann in Annäherung an die Zeiten und Themen die Wiege gelegt. Auf der Suche ihres Lebens nach persönlicher Freiheit überre- det er 1867 seinen strengen Vater, Band 3: Eduard Lorenz Lorenz-Meyer. ihn nach New York gehen zu las- Ein Hamburger Kaufmann und sen. In der Stadt am Hudson Ri- Künstler ver wird er sein Leben verbringen, Band 4: Hermann Franz Matthias zurück nach Hamburg kehrt er Mutzenbecher. Ein Hamburger nur auf Reisen. Versicherungsunternehmer Dass Lewisohn in den USA als In- dustrieller in nur zwanzig Jahren Band 5: Die Brüder Augustus ein Millionenvermögen erwirt- Friedrich und Gustav Adolph Vorwerk. schaften wird, wäre dem jungen Zwei Hamburger Kaufleute Migranten wie ein Märchen er- Band 6: Albert Ballin schienen. Aber er weiß die Zei- chen der Zeit zu lesen und inves- Band 7: Ernst Friedrich Sieveking. tiert in die Produktion des Stoffes, Erster Präsident des Hanseatischen der im elektrischen Zeitalter für Oberlandesgerichts die Industrie unverzichtbar wird: Band 8: Franz Bach. Architekt und Kupfer. Mit Hingabe, Weitsicht Unternehmer und Flexibilität baut er ein Fir- menimperium auf, das erst um die Band 9: Alfred Beit. Hamburger und Jahrhundertwende in einer Über- Diamantenkönig nahme- und Börsenschlacht an Band 10: Hermann Blohm. Gründer die Rockefellers und Guggen- der Werft Blohm & Voss heims fällt. Vier Jahrzehnte lang unterstützt Band 11: Gustav Amsinck. Ein Ham- Lewisohn danach unzählige wohl- burger Großkaufmann in New York tätige Projekte mit Millionenbe- Band 12: Henry P. Newman. Ham- Adolph Lewisohn trägen: für Waisen und Gefäng- burger Großkaufmann und Mäzen nisinsassen, in der Bildung und in der Wissenschaft – in New York Band 13: Adolph Lewisohn. Kupfer- und in seiner alten Heimatstadt. magnat im „Goldenen Zeitalter“ Zeitalter“ im „Goldenen Lewisohn: Kupfermagnat Adolph Kupfermagnat im „Goldenen Zeitalter“