Stenografisches Protokoll 98 I

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

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Stenografisches Protokoll der 98. Sitzung - endgültige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 12. Mai 2016, 11.30 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. Patrick Sensburg, MdB

Tagesordnung

Tagesordnungspunkt

Öffentliche Beweiserhebung

Zeugenvernehmung Seite

- Frank Wingerath, BfV 4 (Beweisbeschluss Z-120)

- Wilhelm Dettmer, BfV 107 (Beweisbeschluss Z-122)

______* Hinweis: Die Korrekturen und Ergänzungen des Zeugen Wilhelm Dettmer (Anlage 1) sind in das Protokoll eingearbeitet. Der Zeuge Frank Wingerath hat keine Korrekturwünsche übermittelt.

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Lindholz, Andrea Ostermann, Dr. Tim Schipanski, Tankred Marschall, Matern von Sensburg, Prof. Dr. Patrick Wendt, Marian Warken, Nina SPD Flisek, Christian Lischka, Burkhard Mittag, Susanne DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, André, Dr. BÜNDNIS 90/DIE Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter

CDU/CSU Allers, Fried-Heye Bosnjak, Niko Bredow, Lippold von Feser, Dr. Andreas Fischer, Sebastian D. Glas, Vera Dr. Wodrich, Anja SPD Ahlefeldt, Johannes von Dähne, Dr. Harald Hanke, Christian Diego Heyer, Christian DIE LINKE. Halbroth, Anneke Martin, Stephan Scheele, Dr. Jürgen BÜNDNIS 90/DIE Busold, Christian GRÜNEN Kant, Martina Pohl, Jörn.

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Beauftragte von Mitgliedern der Bundesregierung Bundeskanzleramt Jipp, Daniel Kämmerer, Marie Neist, Dennis Pachabeyan, Maria Wolff, Philipp Auswärtiges Amt Lehmann, Uta Bundesministerium der Justiz und für Grätsch, Gabriele Verbraucherschutz Bundesministerium des Innern Akmann, Torsten Blidschun, Jürgen Arthur Beyer-Pollok, Markus Brandt, Dr. Karsten Darge, Dr. Tobias Hofmann, Christian Meyer, Till Trautmann, Ivo Weiss, Jochen Bundesministerium für Wirtschaft und Krüger, Philipp-Lennart Energie Bundesministerium für Verteidigung Rauch, Rüdiger Theis, Björn Voigt, Björn Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz Kremer, Dr. Bernd und die Informationsfreiheit

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Vernehmung des Zeugen (Beginn: 11.32 Uhr) Frank Wingerath

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr Als Erstes begrüßen darf ich unseren Zeugen verehrten Damen und Herren, ich eröffne die Herrn Wingerath. Ich stelle fest, dass der Zeuge 98. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses der ordnungsgemäß geladen ist. Herr Wingerath, Sie 18. Wahlperiode. haben den Erhalt der Ladung am 2. Mai 2016 bestätigt. Ich darf mich herzlich bedanken, dass Ich stelle fest: Die Öffentlichkeit ist hergestellt. - Sie meiner Einladung gefolgt sind und diesem Die Öffentlichkeit und die Vertreter der Presse Untersuchungsausschuss für Fragen zur Verfü- darf ich auch heute, wie in jedem Fall, ganz herz- gung stehen. Seien Sie herzlich willkommen. lich begrüßen. Ich freue mich, dass Sie da sind und wieder ausgiebig über diesen Unter- Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- suchungsausschuss berichten. destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der heu- Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- tigen Sitzung komme, gestatten Sie mir die übli- zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach chen Vorbemerkungen. Ton- und Bildaufnahmen Erstellung des Protokolls dann auch gelöscht. sind während der öffentlichen Beweisaufnahme grundsätzlich nicht zulässig. Ein Verstoß gegen Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach dieses Gebot kann nach dem Hausrecht des Deut- Fertigstellung zugestellt. Sie haben dann, falls schen Bundestages nicht nur zu einem dauern- dies gewünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb den Ausschluss von Sitzungen dieses Ausschus- von zwei Wochen Korrekturen und Ergänzungen ses sowie des ganzen Hauses führen, sondern vorzunehmen. - Haben Sie hierzu Fragen? gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequen- zen nach sich ziehen. Zeuge Frank Wingerath: Nein.

Ich rufe den einzigen Tagesordnungspunkt der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- heutigen Sitzung auf: chen Dank. Ich stelle fest, Sie sind von einem Rechtsbeistand begleitet. - Darf ich Sie auch bit- Zeugenvernehmung ten, sich uns kurz vorzustellen.

Frank Wingerath, BfV, Leiter RA Dr. Daniel Krause: Ja. Guten Tag, Herr Vorsit- SAW TAD zender! Mein Name ist Dr. Daniel Krause, ich bin (Beweisbeschluss Z-120) Rechtsanwalt hier in Berlin. Wilhelm Dettmer, BfV (Beweisbeschluss Z-122) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- chen Dank. Seien auch Sie herzlich willkommen, Der Beweisbeschluss Z-120 stammt vom Herr Rechtsanwalt Dr. Krause. - Herr Wingerath, 28.04.2016 und der Beweisbeschluss Z-122 vom vor Ihrer Anhörung habe ich Sie zunächst zu 12.05.2016. Es wird Beweis erhoben zum belehren. Sie sind als Zeuge geladen worden. Als Untersuchungsauftrag - Bundestagsdrucksache Zeuge sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu 18/843 - durch Vernehmung der Zeugen Frank sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und voll- Wingerath und Wilhelm Dettmer, beide vom ständig sein. Sie dürfen nichts weglassen, was Bundesamt für Verfassungsschutz. zur Sache gehört, und nichts hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht. Zunächst werden die Zeugen hintereinander öffentlich vernommen. Im Anschluss findet dann Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- die nichtöffentliche Vernehmung, gegebenenfalls rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die auch die eingestufte Vernehmung statt. Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem

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1992 als wissenschaftlicher MdB-Mitarbeiter, sei- Gerade der Bereich Spionageabwehr: Was macht nerzeit noch in Bonn, sozusagen erstmalig richtig man da? Und wie sind da Ihre Kompetenzen im beruflich Fuß gefasst und war dann sieben Jahre Verhältnis zu den einzelnen Referaten? Wie füh- lang als MdB-Mitarbeiter bzw. für etwa zwei ren Sie die? Jahre auch als Fraktionsreferent im Deutschen Bundestag tätig, bis zum 14. Juli 1999. Seit dem Zeuge Frank Wingerath: Der Begriff „Gruppen- 15. Juli 1999 bin ich im BfV in Köln. leiter“ ist vielleicht verkürzt, das heißt formal „Referatsgruppenleiter“ und bedeutet insoweit - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- in Ministerien wäre das Äquivalent ein Unter- chen Dank. - Zum 15. Juli 1999 sind Sie ins BfV abteilungsleiter - und umfasst sozusagen die Lei- gegangen und waren da Referent bei 2 3, im tung von mehreren Referaten, die mehr oder Bereich Rechtsextremismus. Richtig? weniger fachlich sinnvoll in einer Referatsgruppe zusammengeschlossen sind. Zeuge Frank Wingerath: Genau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie viele Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Und Referate beschäftigen sich denn in dem Bereich dann mache ich jetzt mal einen Sprung, weil die mit Spionageabwehr? nächsten Schritte sind jetzt aus meiner Sicht erst mal so nicht interessant. Also, ich sage es mal so: Zeuge Frank Wingerath: Das hat gewechselt. Seit Extremismus, links wie rechts, das war Ihr 2010 in meinem Bereich bis zu fünf, nein, sechs. Schwerpunktthema am Anfang. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Circa fünf, Zeuge Frank Wingerath: Ja, das - - Ich habe mit sechs. Rechtsextremismus angefangen, als Referent. Dann bin ich Referatsleiter geworden im Bereich Zeuge Frank Wingerath: Ja. Linksextremismus, habe das mehrere Jahre gemacht und bin dann seit November 2010 im Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mir kommt Bereich der Spionageabwehr. es jetzt nicht auf die genauen Sachen an. Es darf auch wechseln. - Als Referatsgruppenleiter, wie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Da waren da die Schwerpunkte? Grundsatz, Prolife- sind Sie Gruppenleiter geworden von 4A im ration, Spionage in Ihrem täglichen - - Waren die Bereich Grundsatz, Proliferation und Spionage- gleich gewichtete? Kann man sagen: „Jeweils ein abwehr. Können Sie sagen, was da genau Ihre Drittel“? War Grundsatz - - Hat das überwogen? Aufgaben waren? War das zeitabhängig, dass in manchen Jahren, wo es starke Veränderungen gab, der Grundsatz Zeuge Frank Wingerath: Waren und sind; genau überwogen hat, oder wie würden Sie da die Auf- so, wie es da steht. gabenverteilung - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, also seit Zeuge Frank Wingerath: Nein, der Grundsatz hat 2010. nie überwogen. Der Grundsatz spielte eigentlich die kleinste Rolle. Den gibt es halt, weil es ihn Zeuge Frank Wingerath: Proliferationsabwehr - auch geben muss und er auch wichtig ist, aber erschließt sich, glaube ich, von selbst - und Spio- fachlich betrachtet ist es wirklich kein Schwer- nageabwehr wird in mehreren Referatsgruppen punkt. Das kommt ein bisschen auf die Situation bearbeitet und halt bei mir zu einem gewissen an. Auf konkrete Einzelfälle kommt es an. Teil, also bestimmte Teilbereiche. Manchmal ist im Bereich Proliferationsabwehr ein besonderes Interesse - denken Sie - - oder Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Klar. Also, manchmal halt in anderen Bereichen der Spiona- mit den Begriffen können wir alle etwas anfan- geabwehr. Das schwankt sehr. Zum Bereich der gen. Wie macht man das als Gruppenleiter? Spionageabwehr gehörten bei mir auch eine Zeit

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lang elektronische Angriffe, die, wie Sie wissen, macht jeder für sich selber. Natürlich gibt es auch eine zunehmend größere Rolle spielen. Und Schwerpunkte; die sind identisch, und das ist ja deswegen ist das ein bisschen abhängig von ein- aber nichts Überraschendes. Insoweit liegen die zelnen Situationen. Fälle dann auch immer auf der gleichen oder ähnlichen Wellenlänge. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, würde man sagen, wenn ich das richtig verstehe: Spio- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und nageabwehr war der Schwerpunkt - dann gibt es zwei Referate, die gehören auch dazu. Das ist A5 und A4, also 4A5 und 4A4. Die Zeuge Frank Wingerath: Ja. gehören jetzt zu den eben genannten fünf bis sechs. Richtig? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - und je nach Beleuchtung - Zeuge Frank Wingerath: Mhm.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die gehören dazu? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - und Ereig- nissen, war Proliferation - - ging hoch; aber Spio- Zeuge Frank Wingerath: Ja. nageabwehr war der Schwerpunkt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Spe- Zeuge Frank Wingerath: Ja. ziell von diesen beiden Referaten: Was haben die für Funktionen? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wie ist denn eigentlich die Verzahnung vom Bereich Zeuge Frank Wingerath: Die haben gewechselt. Spionageabwehr BfV und dem, was der BND als Sie müssten jetzt sagen, zu welchem Zeitpunkt Eigensicherung macht? Können Sie das beschrei- Sie das gerne wissen möchten. ben? Muss ja irgendwie - - Es gibt ja beide Berei- che. Wie ist denn das verzahnt? Oder ist da eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ab November andere - - 2010, was hatten die da für Aufgaben? Die haben Sie ja ein bisschen später dabeigekriegt, wenn ich Zeuge Frank Wingerath: Es gibt Kontakte. das richtig sehe, oder? Manchmal gibt es auch einzelne Verdachtsfälle, die uns beide betreffen und die wir dann gemein- Zeuge Frank Wingerath: Nein, nein, ich hatte sie sam bearbeiten - - bzw. wir abstimmen, wer die beide, und die haben später getauscht. Federführung dann hat. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Das klingt jetzt nicht besonders abgestimmt; das Zeuge Frank Wingerath: Das Referat 4A4 war sei- klingt also punktuell. nerzeit zuständig für die sogenannten sonstigen Nachrichtendienste oder für die Bearbeitung der Zeuge Frank Wingerath: Das ist auch punktuell. Aktivitäten sonstiger Nachrichtendienste, darun- ter - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also jeder macht da sein Ding. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer ist das, „sonstige“? Die Nicht-Freunde, oder wie? Zeuge Frank Wingerath: Genau, der BND ist ja für seine Eigensicherung zuständig. Wir tauschen Zeuge Frank Wingerath: Wie bitte? uns aus. Man kennt sich, und man redet sicher- lich dann vielleicht auch mal ein bisschen allge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Nicht- meiner, wenn wir uns ohnehin treffen; aber das Freunde, oder wer ist das?

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Zeuge Frank Wingerath: Nein, das sind diejeni- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also im Som- gen, die nicht systematisch bearbeitet werden. mer 2013.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ah, okay. - Zeuge Frank Wingerath: Im Sommer 2013. Und dann A5 war für die, die systematisch bear- beitet werden? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sie sagten jetzt - - Was war das für eine Einheit? Wie haben Zeuge Frank Wingerath: Nein, A5 war für ein Sie die benannt? spezielles Land zuständig, in der systematischen Bearbeitung, - Zeuge Frank Wingerath: Sonderauswertung.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, klar, das war SAW. - Nein, war das ein Referat? Oder wie Zeuge Frank Wingerath: - und hat insoweit sys- hatten Sie das genannt? tematisch bearbeitet. Zeuge Frank Wingerath: Nein, das ist eine Son- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Aber derarbeitsgruppe. war eben dann für ein spezielles Land - - Okay. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sonder- Zeuge Frank Wingerath: Das hat aber jetzt arbeitsgruppe. Das Gleiche wie eine Projekt- gewechselt. Das sagte ich eben. Die Zuständigkei- gruppe, oder? ten oder, wenn ich das so salopp sagen darf, die Hausnummern sind jetzt andere. Jetzt ist 4A4 für Zeuge Frank Wingerath: Wie so eine Art Projekt- ein spezielles Land zuständig, und 4A5 ist auch gruppe und auch nicht unter Freistellung, son- für ein anderes spezielles Land zuständig. dern unter Zugleichfunktion. Also, die Mitarbei- ter die damit beschäftigt waren, mich einge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Bei schlossen, haben ihre sonstigen Aufgaben auch dem speziellen Land handelt es sich um ein Land weiter betrieben, und nur soweit sie SAW-Tätig- der Five-Eyes-Staaten? Damit wäre es unter- keiten vollzogen haben, wurden sie dafür frei- suchungsgegenständlich. Wenn nicht, dann gestellt. nicht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie ist diese Zeuge Frank Wingerath: Nein. Sonderarbeitsgruppe eingesetzt worden? Wer hat das gemacht? Haben Sie das gemacht, oder - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. - Dann komme ich zu einem weiteren Bereich, Zeuge Frank Wingerath: Nein, die wurde einge- nämlich zu dem Bereich der bei uns immer als setzt durch die Amtsleitung. Der SAW stand eine SAW TAD beschrieben wird. Was ist das denn? Projektgruppe unter Leitung unseres damaligen stellvertretenden Vizepräsidenten vor. Der hat Zeuge Frank Wingerath: Es wurde im - - Hinter das eingerichtet, die Projektgruppe ins Leben ge- dem Begriff SAW verbirgt sich - - Das ist die rufen. Zu der Projektgruppe gehörten die zustän- Abkürzung für „Sonderauswertung“. Das ist digen Abteilungsleiter. Und diese Projektgruppe eine - - Sie können es sich vorstellen als eine Art diente sozusagen als fachliches Aufsichts- Arbeitsgruppe, die zu einem bestimmten Thema gremium, wenn Sie so wollen. Die haben die eingerichtet wird bzw. eingesetzt wird von der SAW eingesetzt und haben entschieden, dass die Amtsleitung. In diesem Falle wurde sie einge- SAW in der Abteilung 4, also in der Abteilung setzt aus Anlass der Presseveröffentlichungen zu Spionageabwehr, geleitet werden soll, unter mei- bzw. zu den von ihm gemach- ner Leitung. ten Vorwürfen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, damit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Leitung ich es mir richtig jetzt aufgeschrieben habe: Also, hatten Sie, richtig? es gab eine Projektgruppe mit dem Vizepräsiden- ten, den Abteilungsleitern, - Zeuge Frank Wingerath: Ich hatte die Leitung, ja.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und was war dann Ihre Aufgabe als SAW noch mal genau? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - und es gab Also, was sollten Sie der Amtsleitung oder der eine Sonderarbeitsgruppe, die quasi von der Pro- Projektgruppe - das ist ja irgendwo die Amts- jektgruppe geführt wurde oder, sagen wir mal, leitung, mehr oder weniger - zuliefern, oder was beauftragt wurde. sollten Sie machen?

Zeuge Frank Wingerath: Genau. Nicht „Sonder- Zeuge Frank Wingerath: Wir sollten versuchen, arbeitsgruppe“, sondern „Sonderauswertung“, die Vorwürfe, die stückchenweise, wenn ich das deswegen SAW, das - - so sagen darf, über die Presse von Edward Snow- den vorgetragen wurden, zu überprüfen - erstens, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, okay. Ich ob wir davon Kenntnis haben, zweitens, wie wir dachte, die Sonderauswertung wäre eine Sonder- die bewerten -, und die Amtsleitung arbeitsgruppe, weil man noch zusätzlich Sachen entsprechend darüber informieren, ins Bild on top kriegt, aber - - setzen, damit sie auskunftsfähig ist gegenüber Parlament, gegenüber Aufsicht, also der Zeuge Frank Wingerath: Es ist wie eine Arbeits- Bundesregierung, und gegebenenfalls auch der gruppe, die halt „Sonderauswertung“ heißt. Öffentlichkeit.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau, weil Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, was wenn es eine Projektgruppe wäre, dann wäre sich bei mir noch nicht so ganz zusammenfügt - man nur mit dem Projekt betreut gewesen, oder aber vielleicht ist das einfach nur, weil ich nicht wie? so drin in dem Thema bin -: Sie sind doch beim BfV; das ist doch ein Inlandsnachrichtendienst. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das muss auch nicht sein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und ich finde das ja toll, was da als Projektgruppe instal- Zeuge Frank Wingerath: Das ist - - Ich glaube, liert wird, dass es da die SAW gab, dass man sich die Begrifflichkeiten könnten auch anders gewe- so einen Aufwand mit den Dokumenten von sen sein, oder: hätte man anders nennen können. Edward Snowden macht. Aber jetzt hatten die bisherigen Zeugen gesagt, sie machen Einzel- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Betei- erfassung, aufgrund zum Beispiel von G-10- ligt waren welche Abteilungen an SAW? Anordnungen, wenn es notwendig ist, keine massenhaften Erfassungen von Daten. - Und jetzt Zeuge Frank Wingerath: Insgesamt gab es, mich kommen die Veröffentlichungen von Edward eingeschlossen und meinen Stellvertreter einge- Snowden, und relativ schnell - das finde ich schlossen, 19 Mitarbeiter, die der SAW angehör- klasse, wie da gehandelt wird - setzt man so eine ten. Es waren die Abteilung 1, die Abteilung 3, Projektgruppe, eine Sonderarbeitsgruppe, wenn natürlich die Abteilung 4, die Abteilung 6, die ich es mal weiter so nennen will, ein und ist Abteilung IT und das sogenannte IT-Sicherheits- besorgt und macht Berichte. Warum jetzt eigent- management beteiligt, mit unterschiedlich vielen lich? Hätte man nicht sagen können, cool wie der Mitarbeitern und unterschiedlichen Dienstgra- MAD: „Betrifft uns alles gar nicht; da hat der den. BND wohl Probleme am Hacken“? Wäre das

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nicht irgendwie - - Also, warum machen Sie jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Welcher von so ein - - Ich finde das ja gut, prinzipiell; aber beiden Bereichen ziemlich hoch? drückt das nicht aus, dass man irgendwo besorgt ist? Zeuge Frank Wingerath: Wie bitte?

Zeuge Frank Wingerath: Es gab ja nicht zuletzt, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Welcher von wenn ich das so sagen darf, aus dem parlamenta- beiden Bereichen ziemlich hoch? rischen Raum zahlreiche Anfragen, - Zeuge Frank Wingerath: Der Bereich „Beantwor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ah, okay. tung parlamentarischer Begehren“, der war zu Beginn sicherlich sehr, sehr hoch. Im ersten Zeuge Frank Wingerath: - die es zu beantworten halben Jahr - oder bis es ja dann letztlich in den galt und die auch die Rolle oder vermeintliche Beschluss dieses Untersuchungsausschusses oder Rolle und das Wissen des BfV erfragt haben. die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses gemündet ist - gab es ja, ich weiß gar nicht, wie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, das war viele, parlamentarische Anfragen, aber um die auch Ihre Aufgabe, die Zuarbeitung für die parla- 20, schätze ich, bestimmt, zum Teil sehr umfang- mentarischen Anfragen? reich. Zu Beginn war es sehr, sehr viel, was wir dafür machen mussten, zumal natürlich auch - Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich, das das ist klar - der Informationsstand sehr gering sagte ich ja eben, insbesondere um die Amtslei- war. Wir waren von dem Ereignis oder von den tung in Kenntnis zu setzen über unseren Wis- Veröffentlichungen von Snowden ebenso über- sensstand und über den Stand unserer Tätigkei- rascht wie alle anderen auch, waren aber gleich- ten, damit die Amtsleitung in der Lage ist, gegen- wohl in der Zwangssituation, dann sehr schnell über Parlament, gegenüber Aufsichtsbehörde uns äußern zu müssen. Und deswegen war natür- oder gegebenenfalls auch der Öffentlichkeit Aus- lich der Druck - gerade zur Beantwortung der kunft zu geben; denn es war ja schon - es ist ja parlamentarischen Anfragen - sehr hoch und nun wirklich kein Geheimnis - eine recht große insoweit auch die Arbeitsbelastung, was das öffentliche Aufmerksamkeit gegeben, eine nicht betrifft. Das hat später abgenommen, vielleicht nur öffentliche, sondern auch politische Auf- auch durch die Einsetzung dieses Ausschusses. merksamkeit, auch verbunden mit einem gewis- Und da haben dann natürlich die tatsächliche sen Druck natürlich, sich da auch zeitnah und Facharbeit und der Versuch, die Dinge aufzuklä- umfassend adäquat zu äußern. ren, deutlich überwogen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sie waren der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gibt es denn Leiter, wenn ich das richtig sehe, bis April 2015. die Sonderarbeitsgruppe SAW noch? Ist das richtig? Zeuge Frank Wingerath: Nein, die hat, wie Sie Zeuge Frank Wingerath: Ja. eben sagten, zu dem Datum ihre Arbeit beendet.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie viel Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich wusste Arbeitsaufwand, würden Sie sagen - - Wie hoch nur, dass Sie da nicht mehr Leiter sind, aber ich war der Workload im Bereich allgemeine Unter- wusste nicht - - Dann ist es auch beendet wor- richtung Amtsleitung und Bearbeitung von den? Anfragen aus dem parlamentarischen Raum, wenn man das mal irgendwie so gewichten Zeuge Frank Wingerath: Genau. würde? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Gibt Zeuge Frank Wingerath: Schwankend. Zu es da einen Abschlussbericht für die Amts- Beginn ziemlich hoch, später - - leitung?

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Zeuge Frank Wingerath: Ja. Zeuge Frank Wingerath: - Vorfälle in der Vergan- genheit. In dem Maße wüsste ich jetzt keinen. Ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eine Frage bin da auch nicht der historische Fachmann. zwischendrin: Als Ihnen das ganze Thema im Sommer 2013 auf den Tisch kam, wie Sie zu Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oder war das recht sagen, die Öffentlichkeit massiv das Thema gar nicht so schlimm? betrachtete, Sie viele Anfragen hatten - das waren ja wirklich viele -, wie ist Ihre Bewertung da mit Zeuge Frank Wingerath: Sagen wir es mal so: Die Blick auf die Amerikaner, wo so ein Leck im Frage eines Innentäters ist immer eine sehr zen- Grunde entstanden ist? Hatten die ein richtiges trale oder eine wichtige und schwierige, die Problem? Oder: Wie wird so was empfunden bei jeden Dienst theoretisch immer berührt, weswe- Nachrichtendiensten? Sagt man: „Na ja, kann gen entsprechende Vorkehrungen getroffen wer- jedem Mal passieren, jedem Nachrichtendienst, den, und die, wenn es dann doch passiert, natür- heute der NSA, morgen vielleicht dem GHCQ lich einen ordentlichen Schlag ins Kontor dar- oder dem BND oder dem Verfassungsschutz“, stellt. Im Falle von Edward Snowden und den oder würde man sagen: „Boah, die haben sich USA kann ich nur mutmaßen, dass denen das aber einen geritten“? genauso geht. Und wenn man die Reaktionen der amerikanischen Regierung in der Presse verfolgt - Zeuge Frank Wingerath: Ich bin, ehrlich gesagt, gesetzt den Fall, die stimmt -, dann hat sie das ja nicht ganz sicher, ob ich die Frage verstanden doch massiv getroffen. Aber das, ehrlich gesagt, habe. hat uns jetzt so stark nicht berührt. Uns interes- sierte mehr das, was uns betrifft. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich probiere aus Ihnen eine Bewertung herauszukitzeln, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, im Kern ging es mir darum, zu bewerten: Das war Zeuge Frank Wingerath: Das habe ich verstan- wirklich eine spannende Situation; das war nicht den. nur, ich sage mal, ein Sturm im Wasserglas - da ist irgendwas, drei PowerPoint-Folien -, sondern Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - wie die das war wirklich doch eine brisante Situation, Wahrnehmung war. Hat man gesagt: „Wie kann dass sich die Dienste mehrerer Staaten beschäfti- den Amerikanern so etwas passieren, dass so ein gen, dass die Amerikaner sagten: Boah, da haben gigantisches Datenleck auftritt, dass das alles wir wirklich ein Leak. - Also, der Aufwand war raushuscht?“? irgendwie auch dem geschuldet, was da wirklich nach draußen gegangen ist. Oder haben wir uns Zeuge Frank Wingerath: Ach so. alle hier nur mit irgendwas beschäftigt und hät- ten uns den ganzen Aufwand sparen können? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War man da, sagen wir mal, erzürnt? Hat man da gesagt: „Wie Zeuge Frank Wingerath: Nein, das sicherlich kann denen das passieren? Jetzt haben wir die nicht. Aber ich sage noch mal: Was das ganze Arbeit am Hals, nur weil die ihren Laden Inneramerikanische betrifft, das ist nicht unsere nicht dicht kriegen“? Also, ich wüsste jetzt nicht, Thema - dass es vergleichbare Fälle in der Vergangenheit gegeben hätte. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Klar.

Zeuge Frank Wingerath: Nein, die hat - - Es hat Zeuge Frank Wingerath: - gewesen, also ich sicherlich schon mal - - Unter dem Stichwort meine jetzt nicht hier, sondern auch im BfV. „Whistleblower“ gibt es ja verschiedene - Wenn den Amerikanern da was passiert ist, ist das deren Problem. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Klar.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. - nur vor dem Hintergrund, weil Sie einen gewis- Dann komme ich noch mal auf den Abschluss- sen Aufwand betrieben haben. Das macht man ja bericht zu sprechen: Was waren denn die Kern- nicht, wenn da jetzt irgendwie ein Trallala punkte dieses Abschlussberichts, in Ihrer Bewer- irgendwo in der Welt passiert. Dann sagt man tung? sich: Oh Gott, lass sie machen. - Aber mit dieser Sonderarbeitsgruppe - - Das lähmt ja auch die Zeuge Frank Wingerath: Sie sagten eben schon, normale Arbeit. dass der Abschlussbericht - - oder: dass die SAW ihre Arbeit beendet hat im Frühjahr 2015. Das ist Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber- - insoweit ein Jahr nach Einsetzung dieses Unter- suchungsausschusses, in etwa, und außerhalb Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich sage mal, des Untersuchungszeitraums. Ich beantworte wenn Untersuchungsausschüsse, Sonderarbeits- gerne das eine oder andere dazu; aber bitte haben gruppen, hier und da - - Ich sage mal, Sie haben Sie Nachsicht auch, dass ich das lieber im nicht- NSU, Sie haben mehrere Länder-NSU, Sie haben öffentlichen Teil machen möchte. NSA. Sie haben ja nicht Überkapazitäten; so war bisher mein Eindruck. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Soweit sich die Inhalte auf Gegebenheiten nach Einsetzung Zeuge Frank Wingerath: Das kann man so sagen. beziehen, habe ich da volles Verständnis für. So- weit in dem Bericht Gegebenheiten, Sachverhalte Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, von da- bis zur Einsetzung des Untersuchungsauftrages her ist das ja schon ein erheblicher Aufwand, der beschrieben und bewertet werden, dann kann ich den Verfassungsschutz wahrscheinlich in seiner da kein Verständnis dafür haben, weil dann ist es allgemeinen Arbeit doch etwas bremst. Ist aber untersuchungsgegenständlich. auch notwendig, parlamentarische Aufarbeitung - so ist das im Leben -; aber dann will man das ja Zeuge Frank Wingerath: Ja, selbstverständlich ist nur bei Sachverhalten machen, die auch wirklich es untersuchungsgegenständlich in Teilen. eine Bedeutung haben, und diese Bedeutung ha- ben Sie im BfV dem schon beigemessen. Sonst Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. hätten Sie es wahrscheinlich nicht gemacht. Zeuge Frank Wingerath: Es wird auch schwierig Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber unter einem - werden, einen Erkenntnisfortschritt zu untertei- ich befürchte, wir reden so ein bisschen aneinan- len in Zeiten bis zur Einsetzung Untersuchungs- der vorbei - anderen Blickwinkel natürlich. Nicht ausschuss und danach. Selbstverständlich haben unter dem Blickwinkel „Da sind die Amerikaner wir versucht, die einzelnen Sachverhalte aufzu- zu Schaden gekommen“ - das ist zwar auch inte- arbeiten und aufzuklären, aber - ressant; aber das ist nicht die Aufgabe des BfV -, sondern unter dem Blickwinkel „Welche Bedeu- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Versuchen tung hat das für Deutschland?“, „Welche Bedeu- Sie es mal. tung hat das für das BfV und speziell vielleicht auch für die Spionageabwehr?“ Zeuge Frank Wingerath: - es geht mir hier jetzt darum, dass ich es eigentlich nicht in der öffent- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hatten Sie lichen Sitzung mitteilen möchte, - Sorgen, dass durch dieses Leak Ihre Arbeit dis- kreditiert werden könnte? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist etwas anderes. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: - sondern das würde ich gerne in dem nichtöffentlichen Teil beantworten.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist der denn Wochen- oder Zwei-Wochen-Rhythmus wurden eingestuft, der Bericht? Ich weiß es jetzt aus dem neue Dinge veröffentlicht, die uns allesamt nicht Kopf nicht. bekannt waren vorher. Insoweit haben wir uns zunächst mal immer daran orientiert, was sozusa- Zeuge Frank Wingerath: Ja. gen gerade aktuell wieder veröffentlicht wurde und uns mittelbar oder unmittelbar vorgehalten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. wurde.

(Dr. Konstantin von Notz Grundsätzlich haben wir die SAW gleich zu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Beginn in fünf sogenannte Arbeitsbereiche unter- NEN): Wie ist der denn ein- teilt, weil nach unserer Auffassung die Tätigkeit gestuft?) unter diesen Aspekten den meisten Sinn macht. Es gab einen Arbeitsabschnitt oder einen Arbeits- Zeuge Frank Wingerath: Geheim. bereich „Berichtswesen/Allgemeine Informationssteuerung“. Der befasste sich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das haben hauptsächlich natürlich mit parlamentarischen wir aber gleich - - Das ist aber möglich, vom Anfragen, Sprechzettel-Vorbereiten, PKGr und Raum her. - Ich habe gesehen. - Herr Akmann, ähnlichen Dingen. Der zweite Arbeitsbereich, war das eine Wortmeldung? - Nein, hat sich erle- den wir gegründet haben, war „Technische digt. - Also, dann machen wir die Fragen zu dem Ausgangslage“, sprich: Wir haben die Leute, die Untersuchungsbericht gleich. über technische Expertise bei uns im Haus verfügen, zusammengezogen und haben versucht, (Dr. André Hahn (DIE die Dinge zu beleuchten, inwieweit sie überhaupt LINKE): Das sind die eigentlich spannenden!) technisch theoretisch vorstellbar sind oder was überhaupt technisch möglich wäre. Das Dritte Zeuge Frank Wingerath: Ja, tut mir leid. war das Thema „Rechtsfragen“; die tauchen natürlich auch sehr schnell auf. Dann die „Spezi- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie gesagt, fische internationale Zusammenarbeit“ - gerade dafür haben wir die Möglichkeit, einzustufen, im Verhältnis zu den Five-Eyes-Staaten ist die ja nichtöffentlich, Geheim, wir können sogar Streng doch durchaus spezifisch -, und das Vierte [sic!] Geheim. Also von daher: Das geht alles. Mir war natürlich: spezielle Fragestellungen aus dem das nur halt nicht bewusst, dass er so eingestuft Bereich der Spionageabwehr. ist. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt frage ich Dann will ich mal so ein bisschen zu den einzel- mal ganz kurz: Sie hatten ja bei der spezifischen nen Projekten fragen: Haben Sie denn mit der internationalen Zusammenarbeit nicht nur die Sonderarbeitsgruppe einzelne Projekte beleuch- Five-Eyes-Staaten mit drin. Warum nicht? tet, oder wie sind Sie rangegangen? Ich sage mal: Haben Sie einen Themenblock Prism? Haben Sie Zeuge Frank Wingerath: Wie meinen Sie das? einen Themenblock XKeyscore? Haben Sie einen Themenblock - - irgendwas anderes? Wie haben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, Frank- Sie das gemacht? Wie sind Sie da vorgegangen? reich war auch dabei, beispielsweise. Oder: Haben Sie nach Ländern geguckt? Haben Sie geguckt: USA, Großbritannien? Was ist so ein Zeuge Frank Wingerath: Ja, das - - Frankreich bisschen die Herangehensweise gewesen? wurde, wenn Sie sich die Akten angucken - - Im Verlauf der Zeit fiel Frankreich raus. Ganz am Zeuge Frank Wingerath: Also, zunächst mal Anfang, die ersten Vorwürfe, die kamen, da war haben wir - - Oder: Eingangsvoraussetzung ist: aus irgendwelchen Gründen, die ich aber nicht Die Informationen aus dem Edward-Snowden- mehr erinnerlich habe, Frankreich auch mal Fundus kamen ja nur sehr häppchenweise. Im benannt. In den ersten Wochen war Frankreich

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auch mit auf der Liste; aber als sich das dann auf NEN): Ja, wobei das natür- Five Eyes konzentrierte und gar keiner mehr von lich ein interessanter Punkt Frankreich gesprochen hatte, fiel Frankreich ist!) auch raus. Das ist auch in der Sache was ganz anderes. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es geht auch gar nicht darum, ob Frankreich drin ist oder Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil man nicht. Ich will wissen, wie diese Arbeitsgruppe sich dann im Kern auf den Untersuchungsgegen- zustande gekommen ist. stand beschränkt hat und gesagt hat: Wir spiegeln das wider, was der Untersuchungsauftrag ist. - (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und alles andere, was in der Welt an bösen Din- NEN): In unserem Antrag gen passiert, machen Sie ja ohnehin im Bereich stand es ursprünglich der Spionageabwehr. Da haben Sie ja nicht Ihre drin!) Arbeit eingestellt. Dann würde ich es ja verstehen, wenn es gespie- Zeuge Frank Wingerath: Ja, wir machen aber die gelt ist mit dem Untersuchungsausschuss - des- Dinge auch nicht erst durch den Untersuchungs- wegen hatte ich ja dahin gefragt - - und dass die auftrag. Wir haben uns mit den Five-Eyes-Staaten anderen Staaten ja hoffentlich weiter im Blick auch schon früher befasst. sind, grundsätzlich, weil ich glaube, zumindest der zuständige Minister legt Wert auf einen 360- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, das ist Grad-Blick. auch gut so. Aber ich will sagen - - Weil ich eben die Frage hatte: Warum war Frankreich erst da- Also, von daher gucken wir uns doch mal den bei? - Weil Sie dann im Grunde mit der Sonder- Bereich „Spezifische internationale Zusammen- arbeitsgruppe speziell, quasi die gespiegelte arbeit“ an. Da hatte ich ja gefragt nach einzelnen, Situation hatten wie im Untersuchungs- speziellen Themen, Projekten. Haben Sie sich da ausschuss, irgendwann. Sie ist ja auch nach den Projekte angeschaut? Oder wie sind Sie dann Veröffentlichungen von Snowden eingerichtet weitergegangen in diesem Bereich? Also, haben worden. Sonst könnte man ja auch fragen: Wa- Sie sich zum Beispiel Projekte mit der NSA ange- rum haben Sie die Franzosen, die Russen und schaut, mit dem GHCQ angeschaut? Oder was sonst irgendwen, die Chinesen, nicht mit drin ge- war unter dem Bereich „Spezifische interna- habt? tionale Zusammenarbeit“ zu verstehen? Oder haben Sie das, was in der Presse stand, über- Zeuge Frank Wingerath: Ich meine mich zu er- prüft? innern, dass die Franzosen reingekommen sind, weil es ganz am Anfang mal hieß: westliche Zeuge Frank Wingerath: Es gibt ja eine sehr weit- SIGINT-Staaten. flächige, eine sehr intensive, viele Bereiche des Hauses umfassende Zusammenarbeit mit den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Herr Five-Eyes-Staaten, und auch speziell natürlich Akmann. mit den USA.

MR Torsten Akmann (BMI): Ja, ich würde gerne Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie denn? noch mal klarstellen: Also, Frankreich ist nicht Untersuchungsgegenstand, und dazu dürfen Zeuge Frank Wingerath: Über die Jahre hinweg eigentlich keine Fragen beantwortet werden. gibt es - -

(Dr. Konstantin von Notz Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie denn? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Beschreiben Sie mal.

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Zeuge Frank Wingerath: Das ist von Arbeits- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt noch bereich zu Arbeitsbereich sehr unterschiedlich; mal: Aus Interesse? Allgemein, was so in der aber in meinem Bereich - denken Sie an Prolife- nachrichtendienstlichen Welt passiert? Also, wo rationsabwehr - haben natürlich die Amerikaner sind denn Ihre Berührungspunkte zu Prism? gleiche und ähnliche Interessen wie wir: Dass Oder haben Sie, sagen wir mal, geguckt, was in Waffen für das iranische Atomprogramm oder der Presse so Schlimmes passiert? Ich sage mal: Teile für das iranische Atomprogramm doch Bericht The Guardian vom Juni 2013; da haben nicht illegal aus Deutschland hin exportiert wer- Sie gesagt: „Boah, das wollen wir jetzt auch mal den, da haben wir das gleiche Interesse dran. wissen; wir sind ja ein Nachrichtendienst; der weiß gerne Dinge“? Also, ich frage mich nur nach Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mit wem der Motivation. Warum prüfen Sie, was es mit arbeiten Sie da zusammen in den USA? Prism auf sich hat?

Zeuge Frank Wingerath: Meistens - - Oder nein, Zeuge Frank Wingerath: Das Programm Prism, das würde ich lieber zu anderer - - in nichtöffent- wenn es denn so existiert, wie dort beschrieben licher - - wurde - - Also, diese Ausgangsthese, die dort auf- gestellt wurde, umfasste ja die, dass es den Ame- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. - rikanern zumindest zu einem größeren Teil mög- Zurück zu den Projekten, gemeinsamen Koopera- lich ist, weltweit Daten zu erlangen und die für tionsprojekten. Da geht es mir speziell um die eigene Zwecke auszuwerten. Diese Daten umfas- eben von mir erwähnten Sachen wie Prism zum sen dann theoretisch natürlich auch deutsche Beispiel, . Haben Sie sich damit beschäf- Daten und vielleicht auch sensible deutsche tigt? Daten, und insoweit sahen wir da schon die deut- schen Interessen berührt und unsere Zuständig- Zeuge Frank Wingerath: Ja, wir haben aber von keit gegeben, uns zumindest mal darüber Gedan- den Begriffen - das sagte ich vorher schon - von ken zu machen, ob das denn überhaupt sein kann diesen Programmen, von den vermeintlichen Pro- oder nicht. grammen erst gehört, als die Öffentlichkeit auch davon gehört hat, oder: durch die entsprechen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sprich - jetzt den Veröffentlichungen gehört. Wir haben immer habe ich es, glaube ich, verstanden -, Ihr Blick- das Problem gehabt, dass wir nie das Original- winkel war nicht: „Ups, was haben wir da im material hatten, sondern angewiesen waren auf eigenen Laden mit den USA momentan an Pro- die Veröffentlichungen, die insbesondere in jekten zu laufen, an Kooperationen? Oh Gott, Deutschland durch den Spiegel, aber ansonsten kommen wir möglicherweise mit ins Fadenkreuz durch den Guardian, die Washington Post und der öffentlichen Aufmerksamkeit aufgrund der andere internationale Medien geschahen. Zu Zusammenarbeit und der Kooperationen mit unserem Leidwesen waren wir nicht in der Lage, amerikanischen Nachrichtendiensten?“, - die Dinge sozusagen auf ihre Authentizität und auf ihre Vollständigkeit hin substanziiert fachlich Zeuge Frank Wingerath: Nein. zu überprüfen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: -, sondern Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, ich eher der Blick „Spionageabwehr“: Was passiert frage dahin gehend: Nutzen Sie das denn in denn hier in unserem Land, was alles so in der Ihrem Haus, dass Sie da recherchiert und geprüft Zeitung steht? Müssen wir einen neuen Blick auf haben? Oder warum haben Sie das gemacht? die Lage haben?

Zeuge Frank Wingerath: Wir haben zuallererst Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich, Sie mal eine Plausibilitätsprüfung gemacht: Kann das sagten schon den richtigen Begriff: Spionage- überhaupt sein, was - - abwehr. Dafür bin ich zuständig. Das ist die Per- spektive.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ja, eine Gefahr darstellt, ob das ein Risiko darstellt, ich meine, hätte ja auch anders sein können. Man oder ist das eine Frage von ITSiM? hätte ja auch, wie gesagt, sagen können: Oh Gott! Was haben wir im Haus alles? Wir müssen erst Zeuge Frank Wingerath: Ob das eine Gefahr für mal die eigenen Akten auf links drehen und unser Haus darstellt, meinen Sie? schauen, was wir denn zusammen, gemeinsam in Kooperation machen. - Hätte ja auch sein kön- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. nen. Muss ich ja fragen. Also, Ihr Blick war der Spionageabwehrblick: Was findet alles in unse- Zeuge Frank Wingerath: Dann ist es ITSiM. rem Land statt? Was jetzt plötzlich in den Zeitun- gen geschrieben wird, stimmt das überhaupt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist Stimmt das in dem Umfang? Herangehensweise? ITSiM. Was machen Dritte? Die Five-Eyes-Staaten in dem Fall speziell - die USA waren in den Fokus Zeuge Frank Wingerath: Das ist alles Sicherheits- geraten -, was machen die denn hier wirklich? management. Die haben zu prüfen, ob eine Soft- Also, das war Ihr Ansatz. Trifft das auch auf ware - egal, woher sie kommt; kann eine kom- XKeyscore zu? merzielle sein - mit den Haussicherheitsstan- dards kompatibel ist und ob die eingesetzt wer- Zeuge Frank Wingerath: Mit XKeyscore habe ich den kann, und wenn ja, unter welchen Vorausset- oder haben wir aus Spionageabwehrperspektive zungen. gar nichts zu tun. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Also, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Was war das unter dem ganzen Aspekt „Sommer 2013“, der Verb im Satz? tollen Dinge, die da in den Zeitungen beschrie- ben wurden, was alles hier an massenhaften Da- Zeuge Frank Wingerath: Da haben wir gar nichts ten abgegriffen und ausspioniert werden soll: Das mit zu tun. wäre jetzt nicht Aufgabe von Spionageabwehr gewesen, auch mal zu gucken, ob man so einen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ah, okay. - Bug im eigenen Haus hat? Aber das Haus insgesamt schon. Zeuge Frank Wingerath: Sie meinen - - Zeuge Frank Wingerath: Wie bitte? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sprich: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das Haus ins- XKeyscore, was zur Auswertung oder zur Erfas- gesamt schon, das BfV. sung - wir haben den Eindruck: zur Auswertung - genutzt wird, ob das nicht eine Gefahr darstellt. Zeuge Frank Wingerath: Ich weiß, dass es in der Weil, wenn man so ein Ding im eigenen Haus Abteilung 6 vor weiß nicht wie langer Zeit Tests hat, könnte das ja möglicherweise zum Abgreifen gegeben hat oder Tests gibt. Ich kann auch sagen, von Daten missbraucht werden oder so was. Das dass wir mal gefragt wurden, ob wir das gebrau- wäre dann alles - - chen könnten, und nach alledem oder nach ganz kurzer Zeit der Prüfung durch meine Mitarbeiter Zeuge Frank Wingerath: Das wäre - - Zuständig- haben alle gesagt: Das ist für Spionageabwehr- keit eindeutig ITSiM. zwecke nicht brauchbar. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist das - jetzt muss ich einfach fragen - eine Frage der Spiona- Zeuge Frank Wingerath: Aber halte ich auch geabwehr, ob im eigenen Haus ein Tool, ein Soft- nicht - wie soll ich sagen? - für plausibel. waretool, eingesetzt wird, ob das, ich sage mal,

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil XKey- Martina Renner (DIE LINKE): Keine einzige? score ja auch sehr stark in den Medien damals Null? war. Der Begriff tauchte ja relativ früh auf. Das war aber jetzt nicht speziell in Ihrem Fokus? Zeuge Frank Wingerath: Null.

Zeuge Frank Wingerath: Nein, nein, nein. Martina Renner (DIE LINKE): Zero?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. (Der Zeuge schüttelt den Kopf) Zeuge Frank Wingerath: Also, das ist - - - Na ja. Schon überraschend irgendwie, oder? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Ich Also, wissen Sie, ich bin auch Mitglied des wäre erst mal - - Ich habe zwar noch hier reich- Innenschusses. Wir haben uns die letzten Monate lich, aber ich glaube, die Fraktionen haben auch mit Regin-Software, mit kompromittierter Video- reichlich. Da will ich mich erst mal zurückhal- technik, mit weiß ich was alles beschäftigt. ten. Ich kann ja theoretisch später noch mal ein- steigen. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Markus R.!) Ich würde jetzt die Fragerunde für die Fraktionen eröffnen. Wenn Sie mal eine Pause brauchen - Markus R. und so weiter irgendwie, nicht? Also, oder ein anderes Getränk - ich glaube, zurzeit da ploppte sozusagen im Monatsrhythmus steht da noch alles, von Kaffee bis Orangensaft irgendwie was auf. Und dann ist „Null“ schon und Wasser -, dann geben Sie mir ein Zeichen, interessant. dann können wir auch mal unterbrechen oder die Getränke auffüllen, oder wenn Sie irgendeinen Zeuge Frank Wingerath: Wir müssen jetzt - - kleinen Imbiss brauchen. Das kriegen wir alles Dann bitte ich Sie, Ihre Frage zu präzisieren. hin. Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Dann fan- Zeuge Frank Wingerath: Alles okay. gen wir mal mit den Liegenschaften an. Welche Erkenntnisse haben Sie denn dazu, dass Liegen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir möchten schaften der Five Eyes dazu genutzt werden, ja, dass Sie immer in guter Laune aussagefähig technische Aufklärung gegen Bürger und Bürge- sind. rinnen, aber auch gegen Einrichtungen des Bun- des, Regierungsstellen, Journalisten, Journalistin- Wir beginnen jetzt mit der ersten Fragerunde. Es nen etc. durchzuführen? beginnt die Fraktion Die Linke, und Frau Kolle- gin Renner fängt mit ihren Fragen an. Zeuge Frank Wingerath: Dazu möchte ich im öf- fentlichen Teil nichts sagen. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, danke, Herr Vorsitzender. - Mich würde mal ganz grundsätz- Martina Renner (DIE LINKE): Weil? lich interessieren: Welche Verdachtsfälle sind Ihnen seit 2001 bekannt, dass es technische Auf- Zeuge Frank Wingerath: Weil ich das im öffentli- klärungsmaßnahmen der Five-Eyes-Staaten in der chen Teil nicht beantworten kann. Bundesrepublik Deutschland gab, die Sie zur Kenntnis genommen haben, die Sie untersucht Martina Renner (DIE LINKE): Na, also, einen haben, zu denen Sie Unterlagen beigezogen ha- Grund können wir schon erfahren, also, auf was ben? Sie sich dabei berufen, wenn Sie hier - - Zeuge Frank Wingerath: Keine.

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Zeuge Frank Wingerath: Weil ich dazu Ergeb- (MR Torsten Akmann nisse unserer Arbeit, die nicht öffentlich sind, zu (BMI) meldet sich zu Wort) denen auch negative Ergebnisse zählen können, Ihnen erzählen müsste. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet sich Herr Akmann. Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Dann will ich nur wissen, welche Liegenschaften Sie unter- Zeuge Frank Wingerath: Da würde ich mich mit sucht haben. Herrn Akmann kurzschließen, wenn das möglich ist. Zeuge Frank Wingerath: Das ist genau das glei- che. Also - - Schon allein die Frage - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der hat sich auch gerade schon gemeldet. - Herr Akmann. Martina Renner (DIE LINKE): Also, jetzt - - (MR Torsten Akmann Zeuge Frank Wingerath: Frau Renner, ich würde (BMI) begibt sich zum Platz des Zeugen) gerne das offen beantworten. Aber bitte: Ich kann das Ganze nur im Zusammenhang beantworten. - Okay. Ich dachte, das wäre eine Wortmeldung, Die Fragen, so wie Sie sie stellen, sind so nicht aber dann machen wir das. Zeit ist angehalten. beantwortbar; die sind nicht präzise. Wir müss- ten sie präzisieren, und dazu brauchen wir eine (Der Zeuge und sein nichtöffentliche Zeugenvernehmung. Rechtsbeistand beraten sich mit Vertretern der Bundes- (Dr. Konstantin von Notz regierung) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich glaube nicht, Zeuge Frank Wingerath: Gut. - Ja, ich kann - Sie dass sie das braucht!) sprachen es eben selber schon an - berichten über die Überflüge, die wir seit vielen Jahren regelmä- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. ßig in Berlin durchführen - und nicht nur in Ber- lin, sondern auch in anderen Städten -, und aus Zeuge Frank Wingerath: Wie bitte? gegebenem Anlass - ich nehme an, darauf zielen Sie ab -, nach der entsprechenden Veröffentli- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. - Ich fand die chung über den Special Collection Service, den Frage ziemlich präzise. Und es gab ja auch Pres- es angeblich gäbe und der operiere aus US-ameri- seberichterstattung zu Überflügen über Botschaf- kanischen diplomatischen Vertretungen, speziell ten, - in Berlin und Frankfurt, haben wir dann auf Wei- sung BMI unmittelbar nach Bekanntwerden die- Zeuge Frank Wingerath: Richtig. ser Vorwürfe einen entsprechenden Umflug - „Überflug“ ist der falsche Begriff - bei dem Gene- Martina Renner (DIE LINKE): - Ergebnisse und ralkonsulat in Frankfurt gemacht. Ähnliches mehr. Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagten, solche Zeuge Frank Wingerath: Ja. Flüge werden seit vielen Jahren regelmäßig durchgeführt. Martina Renner (DIE LINKE): Darüber können wir hier reden, denke ich. Das ist ja auch nichts Zeuge Frank Wingerath: Ja. mehr, was mittlerweile irgendwo geheim ist. Und ich habe jetzt auch nicht gefragt, zu welchen Er- Martina Renner (DIE LINKE): Seit wann ist das gebnissen Sie gekommen sind, sondern welche so? Weil Sie hatten mich vorhin auf präzise Fra- Liegenschaften Sie überhaupt untersucht haben. gen verwiesen. Dann würde ich Sie jetzt mal auf präzise Antworten gerne verweisen.

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Zeuge Frank Wingerath: Ja. Seit mindestens der Zeuge Frank Wingerath: Der Anlass war der, Jahrtausendwende. Wir haben die Ergebnisse die- dass natürlich die theoretische, die abstrakte ser Flüge und natürlich der Bewertung der unter Gefahr, dass von diesen Liegenschaften aus anderem mithilfe dieser Flüge gemachten Er- durch die spezielle geografische Nähe ein gewis- kenntnisse in Lagebildern dargestellt, speziell ses Sicherheitsrisiko, was die Kommunikations- was die Sicherheit Berlin-Mitte, also rund um sicherheit betrifft, besteht. Diese These gab es dieses Haus, betrifft. Und da haben wir das erste schon Ende der 90er-Jahre. Wir haben dann erst- umfassende Lagebild, meine ich, 2003 erstellt, malig Anfang der 2000er - das genaue Datum gemeinsam mit BSI und Bundespolizei. habe ich nicht mehr erinnerlich - beschlossen, dass wir das in einem gemeinsamen Lagebild mal Martina Renner (DIE LINKE): Und „regelmäßig“ darstellen und der Bundesregierung als solches meint jährlich? kurz und knapp, aber gleichzeitig auch deutlich darlegen, welche Gefahren aus unserer Sicht zu- Zeuge Frank Wingerath: Unterschiedlich. Aber mindest theoretisch gegeben sind. etwa jährlich, kann man sagen. Nicht jährlich alle und auch mit unterschiedlichen Schwerpunkt- Martina Renner (DIE LINKE): Neben den Über- setzungen. Sie wissen - auch das ist kein Geheim- flügen gibt es noch andere Methoden, diese Lie- nis -: Wir beobachten gewisse Länder bzw. deren genschaften dahin gehend zu untersuchen, ob Spionageaktivitäten gegen Deutschland in beson- von dort technische Aufklärungsmaßnahmen derer Weise durch eine systematische Bearbei- durchgeführt werden? tung, und natürlich befassen wir uns dann auch, was solche technischen Aufklärungsflüge betrifft, Zeuge Frank Wingerath: Es gibt noch andere mit diesen Ländern auch in besonderer Weise. Methoden.

Martina Renner (DIE LINKE): Und was war der Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Und die wären? Anlass, dass man um die Jahrtausendwende herum mit diesen Überflügen bezüglich Five- Zeuge Frank Wingerath: Das kann - - möchte ich Eyes-Liegenschaften begonnen hat? Ihnen jetzt bitte nicht sagen.

Zeuge Frank Wingerath: Das ist so - - Das stimmt Martina Renner (DIE LINKE): Und das hat man so nicht, dass wir bezüglich Five Eyes Überflüge auch durchgeführt? begonnen haben, sondern wir haben alle mögli- chen Botschaften überflogen. Zeuge Frank Wingerath: Auch solche Dinge haben wir durchgeführt. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich habe aber nach Five Eyes nur gefragt. Martina Renner (DIE LINKE): Auch bei den Five- Eyes-Staaten? Zeuge Frank Wingerath: Ja, ja. Das ist mir schon klar. Und in dem Zusammenhang: Sie fliegen ja Zeuge Frank Wingerath: Das können wir - - nicht an der einen Botschaft vorbei und fliegen dann zur nächsten, sondern man fliegt dann über Martina Renner (DIE LINKE): Also, wir haben Berlin, und die Aufnahmen werden entlang der einen Untersuchungsgegenstand, der uns - das Flugroute gemacht. Es waren nicht immer Five- können wir jetzt für die zukünftigen Fragen Eyes-Länder dabei. Es waren sicherlich immer immer so handhaben - immer auf die Five-Eyes- diejenigen dabei, die wir in besonderer Weise Staaten begrenzt. Das heißt, das ist alles span- beobachten. nend und sicherlich auch eine Gefährdung, was Russland, China oder sonst wie machen, aber wir Martina Renner (DIE LINKE): Und was war der fragen hier zu den Five-Eyes-Staaten. Das heißt, Anlass, dass man irgendwann mit diesen Über- jetzt war die Frage, ob neben diesen Überflügen flügen begonnen hat? auch andere Aufklärungsmaßnamen hinsichtlich

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der Liegenschaften der Five-Eyes-Staaten durch- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Machen wir geführt wurden. einen neuen. - Gut. Dann kommen wir in der ers- ten Fragerunde jetzt zu den Fragen der Fraktion Zeuge Frank Wingerath: Nichtöffentliche Sit- der SPD. Herr Kollege Zimmermann. zung, bitte. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Vielen Dank, Herr (Dr. Konstantin von Notz Vorsitzender. - Ich würde da kurz noch mal (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ansetzen, weil Sie haben ja von „Umflügen“ NEN): Da habe ich eine gesprochen. Warum waren das Umflüge und grundsätzliche Frage zu!) keine Überflüge?

Martina Renner (DIE LINKE): Das ist quasi Zeuge Frank Wingerath: Weil es - - Sie sprechen Geschäftsordnung. mit einem Nichtjuristen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ich bin auch Nicht- NEN): Wenn ich ganz kurz fragen darf: Warum ist jurist. das nichtöffentlich? Wir reden die ganze Zeit über diese Dinge; Herr Profalla hat dazu geredet. Zeuge Frank Wingerath: Weil es völkerrechtlich Ich verstehe jetzt nicht, warum das auf einmal möglicherweise ein Problem sein könnte, wenn ein Geheimnis ist. Und die Fragen werden beant- man über die Liegenschaft fliegt, und deswegen wortet in Bezug auf Frankreich im Subtext im- finden die - - oder haben die Flüge nicht über mer. Ja, das ist okay in der Öffentlichkeit. Aber dem Generalkonsulat stattgefunden, sondern um wenn es um das Thema geht, auf das Sie sonst das Generalkonsulat herum. großen Wert legen, dass es nur um die Five Eyes geht, dann ist das plötzlich nichtöffentlich. Was Dr. Jens Zimmermann (SPD): Es gab ja diese - - ist denn das für eine Argumentation? Das ver- Das ist ja damals in Frankfurt - - Das ist ja öffent- stehe ich überhaupt nicht. lich geworden. Kam das dort so an, dass das Um- flüge waren, oder ist das Ihrer Meinung nach da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich sage mal: vielleicht auch anders angekommen? Ist jetzt prinzipiell kein Geschäftsordnungs- antrag, sondern eine grundsätzliche Frage. Weiß Zeuge Frank Wingerath: Das ist dort - - Ob das nicht, ob die Bundesregierung da was zu sagen anders angekommen ist - - Es ist dort angekom- möchte. - Herr Akmann? men, sagen wir es mal so, und hat ja, soweit ich das weiß, auch zu Reaktionen geführt von dort. MR Torsten Akmann (BMI): Ja, hier geht es um Aber die waren dann eher politischer Natur denn Methodik des BfV, und das kann nur in nichtöf- rechtlicher. fentlicher Sitzung besprochen werden. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Und können Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. - Wir wä- was dazu sagen, oder haben Sie da einen Ein- ren am Ende der acht Minuten der Fraktion Die blick? Sie haben ja gesagt sozusagen, das ist Linke. Oder besteht noch eine im Kontext zu nichts Neues gewesen, das findet seit der Jahrtau- sehende Nachfrage? Sonst können wir die noch sendwende statt, wenn ich es richtig verstanden hinterherschieben, weil es 8 Minuten 30 Sekun- habe. Warum ist das dann da so hochgekommen? den sind. So genau gucke ich ja nicht. Aber wenn es ein neuer Themenkomplex wäre, dann müss- Zeuge Frank Wingerath: Weil das GK Frankfurt ten wir - - erstmalig überflogen wurde zu diesem Zeitpunkt. Und das GK Frankfurt - - Sie müssen sich das so Martina Renner (DIE LINKE): Dann machen wir vorstellen: Wenn man die sonstigen Umflüge einen neuen. macht, hat man Vergleichsmaterial. Das heißt, Sie

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müssen „nur“ - in Anführungsstrichen - verglei- Zeuge Frank Wingerath: Das ist mir nicht chen: Zwischen den letzten Aufnahmen und den bekannt. Also, da weiß ich nicht, ob es da eine heutigen hat sich was getan, oder nicht. Wenn Abstimmung vorher gegeben hat oder nicht. Das Sie ganz von Anfang an - - Wenn das der erste ist aber nicht unsere Aufgabe. Umflug ist, wie es in diesem Falle der Fall ist - und wie Sie wissen, ist das GK Frankfurt auch Dr. Jens Zimmermann (SPD): Sie haben gerade eine sehr große Liegenschaft -, dann muss das gesagt, das ist zum ersten Mal dort gemacht wor- schon ein bisschen intensiver sein, um eine Erst- den. Um vielleicht mal ein bisschen die Flug- aufnahme, die auch einigermaßen aussagekräftig höhe - im wahrsten Sinne des Wortes - noch mal ist, überhaupt zu tätigen. Deswegen war das mög- zu erhöhen: Können Sie uns was dazu sagen, wie licherweise - nein, nicht nur „möglicherweise -, sich das Verhältnis zu befreundeten Diensten im sicherlich etwas intensiver als ansonsten, wie das Zeitablauf so verändert hat? Also, Sie haben ja dann hier stattfindet. gerade gesagt, es ist da zum ersten Mal gemacht worden; den Anlass haben Sie auch genannt. Auch hier oder bei anderen Generalkonsulaten, Aber wie hat sich - vielleicht können Sie da was in Bonn beispielsweise, von anderen Ländern hat sagen - bei Ihnen beim BfV in den letzten Jahren es immer mal wieder Reaktionen gegeben, haben da die Wahrnehmung verändert? „360 Grad“ ist sich Leute mal beschwert oder aufgeregte Bürger ja jetzt der große Begriff. Da ist ja - - Das haben angerufen, warum hier Hubschrauber rumfliegen. wir ja an verschiedenen Stellen schon gehört, Aber die Intensität, mit der der Umflug in Frank- dass da irgendwo ein Lernprozess, ein Verände- furt war, war eine etwas andere - aus den genann- rungsprozess stattfand. Und ich finde, an dem ten Gründen. Punkt, da wird das ja auch möglicherweise ein bisschen deutlich. Vielleicht können Sie da noch Dr. Jens Zimmermann (SPD): Gab es da intern ein bisschen allgemeiner dazu ausführen. irgendwo unterschiedliche Auffassungen, was das angeht? Zeuge Frank Wingerath: Also, das Sachgebiet „360 Grad“ gibt es seit ganz langer Zeit. Das gibt Zeuge Frank Wingerath: Nein. es nicht erst seit Snowden und weiß ich was, sondern das gibt es seit vielen, vielen Jahren. Das Dr. Jens Zimmermann (SPD): Auch nicht von - liegt in dem gesetzlichen Auftrag begründet, der haben Sie auch nicht mitbekommen? - anderen Spionageaktivitäten jeglichen Staates umfasst, Ministerien möglicherweise, die andere Auffas- und da wird nicht differenziert. Unterschiede sungen hatten? gibt es sicherlich in der Intensität der Bearbei- tung; keine Frage. Können wir gerne - - Muss Zeuge Frank Wingerath: Es gab ja eine klare Wei- man dann gegebenenfalls getrennt noch mal sung vom Staatssekretär BMI; die ist auf dem besprechen. Erlasswege zu uns gekommen. Es wurde sogar ein ziemlicher Zeitdruck gemacht, dass das sehr Die Amerikaner waren und sind immer ein sehr schnell zu passieren habe. Ich habe mir das auch enger Partner gewesen, auch für die Spionage- aufgeschrieben. Die Spiegel-Veröffentlichung zu abwehr. Das bedeutet aber nicht, dass die sozusa- dem Codenamen „Apalachee“, also zu dem SCS, gen hier, um es salopp zu formulieren, machen die war am 26.08., und wir sind am 28.08. geflo- dürfen, was sie wollen, sondern die gesetzlichen gen. Regelungen gelten für die Amerikaner gleicher- maßen wie für jeden anderen auch. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Mhm. - Dass das Auswärtige Amt möglicherweise da Bedenken Es gab in der Vergangenheit - aber es geht jetzt gehabt haben könnte, das ist Ihnen nicht nicht um die technische Sache - auch immer mal bekannt? wieder Fälle - die sind ja auch in Teilen öffent- lich geworden -, wo es dann auch zu - ja, wie soll

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ich mal sagen? - Lösungen kommt, wo man sei- (Der Zeuge berät sich mit tens Deutschlands sagen musste: Jetzt ist Schluss. MR Torsten Akmann (BMI)) Grundsätzlich sind die Amerikaner nach wie vor, wie ich schon eben sagte, ein sehr, sehr enger, Zeuge Frank Wingerath: Sie sind in erster Linie wenn nicht gar in manchen Bereichen der engste Partner, der sich aber an Regeln zu halten hat. Partner. Ich glaube, weniger wegen der techni- Wir erinnern auch an diese Regeln; die sind für schen Aufklärung als - - Ich ziehe zurück. die nicht neu und nicht unbekannt. Und wenn diese Regeln tatsächlich nicht eingehalten wer- Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. - Ja? den, dann reagieren wir auch entsprechend.

Zeuge Frank Wingerath: Ich bin eigentlich fertig. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Das Letzte habe ich leider akustisch nicht verstanden. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay, sorry. Dieses „weniger“ - - Ich habe gedacht, da kommt noch Zeuge Frank Wingerath: Wenn diese Regeln tat- was, weil Sie sagten: weniger wegen der techni- sächlich nicht eingehalten werden oder nicht schen Aufklärung, sondern - - eingehalten zu werden drohen, dann reagieren wir auch entsprechend, indem man zum Beispiel Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich gibt mit ihnen auch redet. es in der Mitarbeiterschaft eine Enttäuschung. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Das ja prinzipiell Dr. Jens Zimmermann (SPD): Na ja. Also, wir immer erst mal eine vernünftige Maßnahme, machen das ja jetzt hier schon auch ein bisschen auch unter Partnern; das verstehe ich ja. länger. Das sind ja jetzt keine - - Also, das kann ich natürlich auch nachvollziehen - emotional Zeuge Frank Wingerath: Ja. nachvollziehen. Na ja, die Frage, die sich ja auch stellt, ist - - Sie haben es ja gesagt: Man ist sozu- Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ist das - - Können sagen 360 Grad - - Sie haben das schon immer Sie da was - - Ist das häufig? Reden Sie häufig gemacht, aber mit unterschiedlicher Intensität, darüber mit - - und ich glaube, sozusagen - und da kann man ja, glaube ich, daran anschließen, was Sie zuletzt Zeuge Frank Wingerath: Nein. Es gibt - - Solche gesagt haben - auch vielleicht mit einem unter- Anlässe sind eben nicht häufig. Die passieren ab schiedlichen Blick auf die Partner. und an. Es ist auch nicht immer - - Das bezieht sich aber alles nicht auf technische Dinge; das Ich sage mal, wenn man sich die Vergangenheit möchte ich ganz deutlich sagen. Und insoweit anschaut, die - - Wir hatten vorhin kurz das zögere ich auch, wie Sie merken, ein wenig mit Stichwort „Frankreich“. Wenn man sich der Aussage, ob wir das hier überhaupt in diesem anschaut, wie Franzosen und Amerikaner in der Zusammenhang ventilieren sollen. Denn es geht Vergangenheit miteinander umgegangen sind, jetzt um die Praxis der Kooperation, generell der war das ja, sagen wir mal, auch sehr robust, um Spionageabwehr oder meines Bereiches, mit den es vielleicht mal so zu bezeichnen. Aber wie Amerikanern. kann man sich - - Also, wie ist da die Auffassung geworden? Hat man dann irgendwann gesagt: Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ja, aber, ich sage „Okay, die Amerikaner und die Five-Eyes-Staa- mal, wir fragen uns ja gerade, was Five Eyes, ten, das sind Partner und Gegner zugleich“, oder ANDs in Deutschland hier so machen und wie wie muss ich mir das vorstellen? Wie ist da die auch unsere eigenen Dienste damit zusammen- Auffassung? Wie hat die sich entwickelt? stehen. Und wenn Sie mir jetzt sagen, die ma- chen in Deutschland auch Dinge, die nicht - -

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Zeuge Frank Wingerath: Nein, nein. Das habe ich Dr. Jens Zimmermann (SPD): Na ja, dass Sie nicht gesagt. Das habe ich nicht gesagt! irgendwas entdeckt haben, wo Sie gesagt haben: Das sehen wir im Bereich von Spionage ja dann Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. Dann habe offensichtlich, wenn Sie das als Spionageabwehr ich Sie vielleicht falsch verstanden. identifizieren.

Zeuge Frank Wingerath: Also, das habe ich nicht Also, ich mache mal ein fiktives Beispiel: Sie gesagt. haben bei einem der Umflüge auf einer Botschaft eines Five-Eyes-Staates Veränderungen, was die Dr. Jens Zimmermann (SPD): Was wäre denn - - Aufbauten angeht, entdeckt und haben den Ver- dacht - es ist ein fiktives Beispiel -, da passiert Zeuge Frank Wingerath: Noch mal grundsätz- irgendwas. Sie bestellen jemanden ein und füh- lich: Wir beobachten einige Länder, die hier ren ein Gespräch. So habe ich mir das ungefähr ja sicherlich auch bekannt sind, systematisch und nur - - So. Und dann wäre jetzt meine Frage: auch mit allen uns zur Verfügung stehenden Mit- Haben Sie in der Vergangenheit solche Gespräche teln und auch mit einem entsprechenden Res- geführt? sourceneinsatz. Wir können naturgemäß nicht alle Länder - - Vom Gesetz her sind wir sicherlich Zeuge Frank Wingerath: Ich habe diese Gesprä- gehalten, alle Länder, deren Spionageaktivitäten che nicht geführt bei technischen Verdachts- in Deutschland zu beobachten, zu bearbeiten und momenten, also bei sozusagen Verdachtsmomen- möglichst dann auch mithilfe anderer zu been- ten, die sich ergeben haben aufgrund dessen, den. Das können wir nicht bei allen tun. Es wird dass die Amerikaner in irgendeiner Form tech- also niemals eine flächendeckende Sicherheit vor nisch spionieren würden, also beispielsweise Spionageaktivitäten geben. über Antennenaufbauten auf dem Generalkonsu- lat Frankfurt. Habe ich nicht gesprochen - also Jenseits derer, die wir systematisch bearbeiten, nicht, was technische Aufklärung betrifft. gibt es eine Fülle von anderen Ländern - quanti- tativ betrachtet natürlich eine riesengroße Mehr- Wir haben - - Unser Präsident hat, wie Sie wis- heit von anderen Ländern -, die wir nur anlass- sen, die Amerikaner angeschrieben und darum bezogen bearbeiten, nämlich dann, wenn wir aus gebeten, dass wir mit den entsprechenden Spe- irgendwelchen Gründen irgendwo her erfahren zialisten der Spionageabwehr das Dach der Bot- oder Anhaltspunkte dafür haben, dass hier mög- schaft hier vorne um die Ecke begehen können. licherweise etwas ist. Zielsetzung auch dann Das wurde abgelehnt. gleichermaßen: Beendigung dieser Spionageakti- vität. Eine Spionageaktivität kann durch unter- (Dr. André Hahn (DIE schiedliche Maßnahmen beendet werden, auch LINKE): Also dürfen sie indem man mit jemandem redet. Und das ist das, weitermachen!) was ich eben damit meinte. - Wie bitte? Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ich habe das, glaube ich, auch zweimal jetzt gleich verstanden. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also dürfen sie weitermachen!) Zeuge Frank Wingerath: Okay. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. Also, das Dr. Jens Zimmermann (SPD): Dann frage ich wei- ist - - Aber - - ter: Haben Sie Gespräche mit Five Eyes, mit Mit- gliedern der Five-Eyes-Staaten zu solchen Anläs- Zeuge Frank Wingerath: Das war insoweit ein sen geführt? Gespräch, ein schriftliches Gespräch. Zeuge Frank Wingerath: Zu welchen Anlässen?

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Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ein schriftliches Zeuge Frank Wingerath: Was das Kanzlerhandy Gespräch. Okay. - Aber Sie haben das jetzt sehr betrifft? Nein. auf den technischen Bereich jetzt eingeschränkt. Das heißt, offensichtlich gab es in anderen Berei- Dr. Jens Zimmermann (SPD): Jetzt sozusagen mal chen andere Gespräche. wieder für Laien: Die Amerikaner, die haben da eine dicke Antenne auf dem Dach, und damit ha- Zeuge Frank Wingerath: Ja. ben sie das Handy abgehört. Das wäre jetzt mal so eine Arbeitshypothese für Leute, die nur Zeitung Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. - Aber wie - - lesen. Um in diesem Bereich zu bleiben: Sie haben dann keinen Zugang bekommen auf das Dach. Zeuge Frank Wingerath: Wir haben uns selbst- Und Sie haben ja gesagt, mit diesen Rundflügen, verständlich damit befasst, welche Möglichkeiten Sie haben diesen Lagebericht oder diesen Gefähr- es gibt, leitungsgebunden, nicht leitungsgebun- dungsbericht erstellt. Was war dann die Konse- den, Abhörmaßnahmen durchzuführen, ganz quenz daraus? grundsätzlich und vielleicht speziell, was Berlin- Mitte betrifft. Das haben wir in diesen Bedro- Zeuge Frank Wingerath: Sie haben sicherlich hungsanalysen dargelegt. Dass es diese Möglich- den Bericht gelesen, also zumindest den, der keit gibt, ist aber kein Beleg oder Beweis, sondern vor - wie vielen Jahren? - 13 Jahren oder so mal ein Anhaltspunkt, aus dem man ableiten erstellt worden ist. Ergebnis ist ja jetzt nicht, kann, dass es nicht auszuschließen ist, aber aus dass - - Oder es haben sich keine Beweise im dem man auch nicht ableiten kann, dass es so ist. eigentlichen Sinne ergeben, sondern es ergeben Insoweit, wie ich eben schon sagte, ist das ein sich - - Können wir darüber auch in Teil, der zusammengefügt werden muss mit an- nichtöffentlicher Sitzung reden, bitte? deren, um eine tatsächliche Verifizierung oder Falsifizierung herbeizuführen. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dr. André Hahn (DIE NEN): Jesus!) LINKE): Haben Sie das denn so gemacht?) Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ich kann mir vor- stellen, dass Sie das gerne machen möchten, und Dr. Jens Zimmermann (SPD): Also, das heißt im es gibt sicherlich auch an der einen oder anderen Klartext sozusagen: Es kann sein, dass es genau Stelle Gründe. Vielleicht können Sie ja abstrakt so war, wie ich es eben sehr einfach dargestellt noch ein klein wenig weitergehen. habe. Aber Sie können es sozusagen weder bestä- tigen, noch können Sie es ausschließen? Zeuge Frank Wingerath: Man sollte sich von sol- chen Überflügen nicht zu viel versprechen. Das Zeuge Frank Wingerath: Ja. kann nur ein Baustein sein von mehreren ande- ren, um etwas zu belegen oder zu erhärten. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Was machen Sie Dr. Jens Zimmermann (SPD): Das heißt, Sie - - denn dann eigentlich?) Also, eine der Dreh- und Angelfragen dieser gan- zen öffentlichen Debatte unter anderem war ja Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay? das abgehörte Handy, also das vermeintlich abgehörte Handy der Kanzlerin. Das heißt: Aus Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ja. diesen Informationen und aus diesen Dingen, die Sie machen, haben Sie da eine Antwort auf die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann wären Frage gefunden, wie und ob überhaupt das mög- wir jetzt durch und kommen zur Fraktion vom lich war? Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Redezeit erst jetzt zu beginnen, die Fragezeit; NEN): Ja, Herr Wingerath, man macht sich so ein denn ich habe nur acht Minuten. bisschen Sorgen ums Land, wenn man Ihnen jetzt zuhört hier an vierter Stelle, wenn Sie für die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich schaue Spionageabwehr zuständig sind und keinen gera- genau drauf. den Satz rausbringen. Also, man fragt sich wirk- lich - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie haben am Anfang gesagt - - und von ei- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir beleidi- nem Innentäter bei Herrn Snowden gesprochen. gen aber jetzt nicht. Das war Ihr Begriff, das Problem des Innentäters. Deswegen die Frage zu Ihrer Arbeitsgruppe, mit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der ich mich jetzt erst mal beschäftigen möchte: NEN): Das ist nicht beleidigend. War das auch ein Aspekt Ihrer Arbeit im Hin- blick auf Spionageschutz, wie man Innentäter Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Doch, doch. wie Herrn Snowden verhindert, oder ging es aus- Das ist grenzgängig. schließlich um das Agieren der NSA auf deut- schem Boden? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich mache mir Sorgen ums Land. Das darf Zeuge Frank Wingerath: Wie man Innentäter im ich wohl sagen, Herr Vorsitzender. BfV verhindert, ist nicht Aufgabe der Spionage- abwehr, sondern Aufgabe der Haussicherheit. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: „Wenn Sie keinen geraden Satz rausbringen“, haben Sie Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gerade gesagt, Herr Kollege von Notz. NEN): Ja, gut. Aber war das ein Aspekt Ihrer Ar- beit, ja oder nein? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Von meinem freien Mandat ist das Zeuge Frank Wingerath: Nein. gedeckt. So. Das darf ich wohl sagen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber beneh- NEN): Nein. Gut. - Und wie ist das eigentlich men tut sich jeder, wie er mag. rechtlich? Wenn die NSA in Deutschland an die Glasfaser ginge, um dort Daten abzugreifen - das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist ja so jetzt mal von Aufbauten, von irgendwie NEN): Ich werde versuchen - - Wie bitte? hier Botschaftsgebäuden abgesehen eigentlich das, was in den Snowden-Akten Interessantes Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber das drinsteht, dass man auf diesen Gedanken kom- möchte ich nicht haben, solche Äußerungen, dass men könnte, dass die hier in Deutschland Daten „Sie keinen geraden Satz mehr rausbringen“. Das sammeln -, wäre das in jedem Fall Spionage, oder möchte ich nicht. ist das nur Spionage im Hinblick darauf, was für Daten die da abgreifen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Einen geraden Satz - - Ich lasse mich ja Zeuge Frank Wingerath: Es kommt darauf an jetzt vom Gegenteil überzeugen. letztlich, wo die Daten abgegriffen werden, ob sie in Deutschland abgegriffen werden oder auf ame- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Das rikanischem oder englischem Territorium. war sicherlich auch nicht böse gemeint. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Dagger Complex, ist das deutsches NEN): Da ich gerade mit Ihnen in so intensiven oder amerikanisches Territorium? Diskussionen bin, Herr Vorsitzender, bitte ich,

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Zeuge Frank Wingerath: Das wissen Sie. Artikeln behauptet, an zwölf Stellen in Deutsch- land Datensammelpunkte haben. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Helfen Sie mir. Sie haben ja - - Ich weiß gar nicht, ob ich das zitieren darf, aber ich abstrahiere es mal. Aufgabe Zeuge Frank Wingerath: Ja. Das wissen Sie, dass Ihrer Arbeitsgruppe war ja auch, sich mit diesen das deutsches Territorium ist. Rechtsfragen zu beschäftigen: Was ist eigentlich Spionage in Deutschland? So stelle ich mir das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vor. Und jetzt sagen Sie mal: Was ist denn Spio- NEN): So. Also, wenn die da an die Glasfaser ge- nage der Amerikaner in Deutschland? Was müs- hen würden, dann wäre das was? sen die machen, damit das Spionage ist?

Zeuge Frank Wingerath: Dann wäre es so. Zeuge Frank Wingerath: Wollen Sie jetzt von mir eine Art Sachverständigenauskunft darüber ha- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben, was alles unter Spionage zu fassen ist? NEN): Dann wäre es so was? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Dann wäre es mit NEN): Nein. Sie sind Leiter einer Arbeitsgruppe, Sicherheit nicht legal. die als Ergebnis erarbeiten sollte, ob die Amerika- ner nach dem, was Snowden veröffentlicht hat, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- in Deutschland spionieren, ja oder nein. Also NEN): Dann wäre es nicht legal. werden Sie ja wohl in der Lage sein, mir zu defi- nieren, was Spionage überhaupt wäre. Zeuge Frank Wingerath: Ja. Zeuge Frank Wingerath: Unser Tätigwerden Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ergibt sich aus § 3 Absatz 1 Nummer 2, wie Sie NEN): Wenn sie es aber auf amerikanischem Bo- wissen. Dann zitiere ich jetzt auch das Gesetz: Da den machen, dann könnte es legal sein? Wenn geht es um sicherheitsgefährdende und geheim- die sich da an die Glasfaser rangraben - ich dienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des simplifiziere jetzt - und da Daten abgreifen und Bundesverfassungsschutzgesetzes für eine fremde das ist auf amerikanischem Militärgelände bei Macht, und wir werden dann tätig, wenn nach Frankfurt irgendwo oder so, dann wären Sie § 4 tatsächlich Anhaltspunkte dafür vorliegen. nicht zuständig, weil das ist ja praktisch wie amerikanisches Territorium, und auch die Lei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tung, die da unten im Gelände vorbeigeht, das ist NEN): Ja. So. Und jetzt: Wenn die Amerikaner an dann keine Spionage? Oder doch? Das muss ja einem amerikanischen Stützpunkt auf die Glasfa- Teil Ihrer Arbeitsthese gewesen sein. ser gehen, um in Deutschland Daten abzugreifen, ist das Spionage, ja oder nein? Zeuge Frank Wingerath: Ich bin kein Experte im amerikanischen Recht. Ich weiß nicht, was die Zeuge Frank Wingerath: Wenn sie das auf ameri- Amerikaner dürfen und was sie nicht dürfen. kanischem Hoheitsgebiet tun, dann ist es keine Spionage in Deutschland. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Sie sind ja auch nicht Mitglied eines Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- amerikanischen Dienstes, sondern eines deut- NEN): Und dann sind Sie über Botschaften hin- schen Dienstes, und Sie waren in einer Arbeits- weggeflogen, obwohl das keine Spionage - - gruppe, die sich mit diesen Fragen aufgrund von Edward Snowden beschäftigt hat. Deswegen Zeuge Frank Wingerath: Wir sind nicht über Bot- wüsste ich jetzt gerne von Ihnen, ob das in dem schaften hinweggeflogen. Fall Spionage ist, wenn die Amerikaner, wie in

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Das habe ich nicht NEN): Ja, quer und dann so - oh Mann! - drum- gesagt. rum geflogen, um festzustellen, dass da gar keine Spionage stattfinden kann, schon rechtlich nicht? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich verstehe es nicht. NEN): Was haben Sie gesagt?

Zeuge Frank Wingerath: Ich verstehe jetzt nicht, Zeuge Frank Wingerath: Es gibt - - Ich habe sogar was Sie von mir wollen. gesagt, es gab in der Vergangenheit zahlreiche Fälle, wo es Spionage gegeben hat. Ich habe (Heiterkeit auf der nicht - - Ich habe es ausgeschlossen. Ich kenne Zuschauertribüne) keinen Fall, wo ich sagen kann: Mithilfe von technischen - - Also, technische Spionage - - wo Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich das belegen könnte, dass das von den NEN): Ich probiere es noch mal anders. Der Fall Amerikanern ist. Markus R., der sagt Ihnen was? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und nur Zeuge Frank Wingerath: Ja. dazu kann der Zeuge ja was sagen.

(Dr. André Hahn (DIE Zeuge Frank Wingerath: Und nur das ist der LINKE): „Das ist aber eine Untersuchungsgegenstand. andere Behörde“, sagt er gleich!) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ich weiß schon. Aber, na ja, unter Spio- Zeuge Frank Wingerath: Wir reden hier nicht nageabwehrgesichtspunkten ist das ja ein rele- über HUMINT-Fälle. vanter Fall, glaube ich, oder? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Zeuge Frank Wingerath: Ja. Das betrifft aber we- der den Untersuchungsgegenstand hier noch das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- BfV. NEN): Nein. Nur es ging um den 360-Grad-Blick.

(Dr. André Hahn (DIE Zeuge Frank Wingerath: Verstehe ich. LINKE): Siehst du?) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und da spielt das halt schon eine Rolle, zu NEN): Volle Kanne. - Wir haben vorhin gefragt - - sagen, wo Schwierigkeiten liegen. Die Kollegin Renner hat gefragt, ob es Fälle von Spionage gegeben hat bei den Five-Eyes-Staaten. Zeuge Frank Wingerath: Aber der - - Ich würde sagen, das ist ziemlich eindeutig einer. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Ja. NEN): Lassen Sie uns noch mal neu anfangen. Ich habe noch eine Minute oder so. Lassen Sie uns Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch mal neu anfangen. NEN): Sie haben gesagt, es gibt keinen einzigen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hast noch ein Zeuge Frank Wingerath: Nein. Das habe ich bisschen drauf. nicht gesagt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was? NEN): Sondern? Was haben Sie gesagt?

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kannst noch dieser Snowden-Geschichte eingesetzt worden, ein bisschen länger. Am Anfang waren ja und es gibt keine greifbaren Ergebnisse. Und 40 Sekunden weg. meine ersten acht Minuten - das wird ein langer Tag - will ich erfahren und frage jetzt, was über- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haupt Ihr rechtlicher Rahmen ist, von dem Sie sa- NEN): Ah ja. Guck. - So. Diese Snowden- gen: Da könnte Spionage stattgefunden haben. - Geschichte passiert; davon sind die Zeitungen Und irgendwie kann ich es nicht recht greifen. voll. Es gibt Druck, und auch das BfV wird Deswegen frage ich jetzt noch mal: Was war über- gefragt, was passiert. Und Sie stellen sich die haupt Ihre Arbeitshypothese im Hinblick darauf, Frage: Gibt es Spionage der NSA in Deutschland? was für Tatbestandsvoraussetzungen amerikani- Jetzt haben Sie gesagt: auf amerikanischem sche Staatsbürger, Contractors oder wie auch im- Gelände schon mal legal definiert nicht, rechtlich mer in Deutschland erfüllen müssen, damit Sie keine Spionage. - Wenn die irgendwo auf einer sagen: „Wir sind zuständig als Spionageabwehr“? amerikanischen Militärbasis irgendwie an die Glasfaser rangehen würden - Zeuge Frank Wingerath: Das sind zwei verschie- dene Paar Schuhe: Contractors und deren Aufga- (Dr. André Hahn (DIE ben und Liegenschaften der Amerikaner oder ei- LINKE): Das ist trotzdem nes anderen Landes, die entsprechend als deren hier in Deutschland!) Territorium oder Hoheitsgebiet zu bezeichnen sind. Wir haben keine Möglichkeit, in die ameri- - ja, mag ja sein -, dann wäre das kein Fall für Sie, kanische Botschaft, in das Generalkonsulat in weil eben der § 99 nicht erfüllt wäre, weil das ja Frankfurt oder sonst wie reinzugehen und zu amerikanischer Grund und Boden ist; so habe ich kontrollieren, ob dort irgendwelche Glasfaser- Sie verstanden. kabel oder ich weiß nicht, was Sie da für Vorstel- lungen haben, angezapft werden. Zeuge Frank Wingerath: Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen sagen: Sowie die Vorwürfe reinka- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- men, erhoben wurden - ich wiederhole mich: sie NEN): Ja, gut. Aber Sie schreiben - - Herr Maaßen waren neu für uns -, sind wir diesen Vorwürfen schreibt im Oktober 2013 - Datum ist hier nicht samt und sonders nachgegangen mit den uns je- eingefügt - folgenden Absatz. Was ist das eigent- weils zur Verfügung stehenden Mitteln. Wir ha- lich? MAT A BK-1-5b_6, Blatt 153 ff. Und da auf ben einen Abschlussbericht geschrieben, - der Seite 196 schreibt Herr Maaßen an das Bun- deskanzleramt: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den wir nicht sehen dürfen; ja. Aus meiner Sicht erschiene es in diesem Zusammenhang sinnvoll, Zeuge Frank Wingerath: - der auch beinhaltet, wenn Mitarbeiter meines Hauses dass einige Fragen noch einer weiteren Abklä- Begehungstermine in den diplo- rung bedürfen. Da sind wir dabei und tun es, matischen Vertretungen der Ver- okay? einigten Staaten in Berlin und Frankfurt a.M. ermöglicht würden, um sich von der Haltlosigkeit der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Behauptungen einer nachrichten- NEN): Ja, das verstehe ich. Das beantwortet aber dienstlichen Aufklärungstätigkeit meine Frage 0,0 Prozent. Ich bitte wirklich um von U.S.-Stellen gegen deutsche Beantwortung meiner Fragen. Ich nehme das so Interessen zu überzeugen. wahr, dass Sie keine Ergebnisse haben bei dieser relevanten Frage. Da können Sie mich jetzt sofort Ende des Zitats. - Also, diese absurde Frage, die korrigieren über diese Ungerechtigkeit, dass ich ich eben aufgeworfen habe, hat Herr Maaßen das jetzt so in den Raum stelle. Aber ich habe selbst aufgeworfen. den Eindruck, Sie sind unmittelbar zur Hochzeit

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Zeuge Frank Wingerath: Ja. Habe ich doch eben zurückkommen: Wer hat denn diese Sonder- beantwortet. auswertung, diese Sonderarbeitsgruppe ein- gesetzt? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber Sie haben gesagt, dass - - Zeuge Frank Wingerath: Unsere Amtsleitung, und der seinerzeitige stellvertretende Vizepräsi- Zeuge Frank Wingerath: Wir haben die Amerika- dent, Herr Haldenwang, der jetzt Vizepräsident ner sogar gefragt, ob wir bitte schön da reingehen ist, hat die federführende Projektgruppe dafür ge- können, und Sie verweigern es. leitet und uns den Auftrag erteilt, ein Einsatz- konzept zu schreiben und entsprechende Mit- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- arbeiter zu benennen bzw. hinzuzuziehen. NEN): Genau. Sie verweigern es. Und finden Sie das erstaunlich? Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. Das war so eine Größe von 20 Leuten ungefähr, - Zeuge Frank Wingerath: Das steht mir nicht zu, das erstaunlich oder nicht erstaunlich zu finden. Zeuge Frank Wingerath: 19. Es ist - - Ich hätte es auch lieber. Ich wäre da gerne reingegangen. Tankred Schipanski (CDU/CSU): - 19 Leuten, die das waren. Wie war das praktisch organisiert? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hat man sich da jeden Morgen getroffen, unter- NEN): Ja. Nur die Frage im Hinblick auf Ihren schiedliche Aufgaben vergeben? Wie lief das ab? Aufgabenbereich Spionageabwehr - - Wenn Sie mir sagen: „Wir müssten eigentlich in diese Ge- Zeuge Frank Wingerath: Die einzelnen Arbeits- bäude gehen können, aber wir dürfen es nicht“, bereiche haben sich untereinander getroffen. Im frage ich mich: Was unternehmen Sie sonst so? Plenum haben wir uns zu Beginn einmal die Wo- che etwa getroffen und haben sozusagen die ver- Zeuge Frank Wingerath: Das ist eine andere gangene Woche Revue passieren lassen, die Auf- Frage. Die beantworte ich Ihnen auch gerne, Herr gaben für die nächste Woche besprochen. Ich Abgeordneter, aber die beantworte ich Ihnen habe viele Einzelgespräche geführt, und natürlich nicht in der öffentlichen Sitzung. Da sind wir anlassbezogen, wenn zum Beispiel ein neuer Vor- beim gleichen Punkt, wo wir eben schon mal wa- wurf von Herrn Snowden über die Presse be- ren. kannt geworden ist, was wir dann genau machen und wer was macht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und die schaffen wir auch nicht umfangreich in der Zeit, Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. Wir gu- weil ich hoffe, dass dieser Bereich sehr umfang- cken uns ja gleich diese fünf Aufgabengebiete reich ist, was Sie alles machen. Und das schaffen noch mal an. Die sind aber alle bei Ihnen zusam- wir jetzt nicht mehr, weil dann die Zeit doch mengelaufen, Sie hatten den Überblick, haben ge- schon deutlich überschritten ist. sagt: Da muss noch mal nachgehakt werden, da müssen wir schauen usw. - Das lag bei Ihnen. Das Wir kommen jetzt zur nächsten Fraktion, der ging über Gespräche. Wie haben Sie und an wen Fraktion der CDU/CSU. Herr Kollege Schipanski haben Sie dann berichtet? stellt die Fragen. Zeuge Frank Wingerath: An die Amtsleitung. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Zeuge, auch von unse- Tankred Schipanski (CDU/CSU): An die Amts- rer Fraktion ein herzliches Willkommen. Ich darf leitung. - Und nur anlassbezogen, oder gab es da vielleicht noch mal auf die Grundentscheidung jede Woche ordentlichen Bericht nach oben?

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Zeuge Frank Wingerath: Das schwankte. Zu Be- dann die Spionageabwehr. Welche Quellen stan- ginn anlassbezogen - das war dann sogar mehr als den Ihnen denn für diese verschiedenen Aufga- einmal in der Woche -, weil es diverse parlamen- benbereiche zur Verfügung? tarische Anfragen gab oder halt aktiv berichtet werden sollte in verschiedenen Gremien oder Zeuge Frank Wingerath: Wie meinen Sie das? gegenüber der Bundesregierung. Später dann, ich sage mal salopp, als nicht mehr so gravierende Tankred Schipanski (CDU/CSU): Na ja, aus wel- und nicht mehr so viele neue Vorwürfe kamen, chen Quellen haben Sie sich denn dazu Informa- haben wir proaktiv als SAW im Zwei-Wochen- tionen geholt? Sie haben uns erzählt, Sie haben Rhythmus an die Amtsleitung berichtet über die Zeitung aufgeschlagen: Da war ein neuer Vor- unsere Tätigkeit und was wir vorhaben und was wurf, dem sind wir dann nachgegangen. - Gab es wir für Ergebnisse erzielt haben. neben der öffentlichen Berichterstattung noch Dinge, gab es vorher Sachen, die man gesammelt Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Dann hat, Archive, auf die man zurückgegriffen hat? kam es ja zur Auflösung dieser Sondereinheit, möchte ich sagen. Ist man dann normal in den Zeuge Frank Wingerath: Genau. Wir haben ver- Regelbetrieb übergegangen, hat die Erkenntnisse sucht, zuerst einmal den Sachverhalt zu - - ja, mitgenommen, oder wie verfolgt man denn die eindeutig darzustellen, den Vorwurf, den es gibt, Vorwürfe? Es klang ja so ein bisschen an: Teil- überhaupt zu verifizieren, soweit es sich über- weise wurde ja nicht alles ausgeräumt. - Wie ver- haupt verifizieren lässt; wie gesagt, uns liegen die folgt man das weiter? Originaldokumente ja nicht vor. Wir haben dann versucht, wenn wir es konkret nicht nachvollzie- Zeuge Frank Wingerath: Auch das ist zwar nicht hen können, zunächst einmal zumindest die mehr im Untersuchungszeitraum, aber auch das theoretische Nachvollziehbarkeit zu überprüfen: steht ja in der Presse. Wir haben eine Neuaus- Ist das überhaupt technisch möglich? - Oder richtung der Spionageabwehr vorgenommen. Das wenn ein Vorwurf besteht, die Amerikaner ma- bedeutet unter anderem eine Umstrukturierung chen dieses oder machen jenes, dass man sich und verschiedene neue Schwerpunktsetzungen mal überlegt: Wie könnte das denn überhaupt und Verstärkungen. Und die noch nicht abschlie- aussehen? Ist das überhaupt technisch machbar? ßend geklärten Vorwürfe, wenn noch überhaupt Welche Voraussetzungen müsste es geben, einer- eine Perspektive besteht, sie abzuklären, werden seits von den Amerikanern, andererseits, was ha- natürlich weiterverfolgt in der normalen Linien- ben wir als Deutschland, beispielsweise auch arbeit. Die Ergebnisse sind selbstverständlich hier in Berlin-Mitte, für Sicherheitsvorkehrun- übergegangen, die Kollegen bearbeiten das wei- gen? Macht das Ganze Sinn, oder macht das kei- ter. nen Sinn? - Das sind die Dinge, die wir uns bei der technischen Ausgangslage - - worüber wir Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Die uns befasst haben. Welche Möglichkeiten gibt es konkreten Schritte, die Sie unternommen haben denn überhaupt, massenhaft angeblich Daten ab- in Ihrer SAW - da haben wir ja nun probiert, so zuziehen? ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen -, da ha- ben Sie ja auf die nichtöffentliche Sitzung ver- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. Und wiesen. Von daher würde ich gerne noch mal zu dann die - - diesen fünf Arbeitsbereichen kommen. Der erste ist ja Informationssteuerung und Berichtswesen, Zeuge Frank Wingerath: Also, wir greifen so- zweiter technische Ausgangslage, dann die wohl auf unseren Fundus zurück an Expertise, Rechtsfragen - Herr Kollege von Notz hatte die den wir haben. Wir haben aber natürlich auch di- angesprochen -, dann die spezifische interna- verse Gespräche geführt mit anderen Bundes- tionale Zusammenarbeit und der fünfte Bereich behörden - insbesondere mit BSI, wir haben auch mit BND gesprochen, wir haben auch mit der Bundespolizei gesprochen -, die ja alle auch über

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entsprechende Expertisen verfügen, wie solche Zeuge Frank Wingerath: Richtig, ja. Dinge denn eigentlich vonstattengehen könnten: Macht das Sinn, oder macht das keinen Sinn, die Tankred Schipanski (CDU/CSU): Der eine Vorhaltungen? Arbeitsbereich hieß ja „Spezifische internationale Zusammenarbeit“. In dem entsprechenden Doku- Ich wiederhole: Eines unserer größten Probleme ment, wo aufgelistet ist, wie Ihre Arbeitsbereiche war und ist, dass uns die Dinge, die Vorwürfe, zusammengestellt sind, mit welchen Themen Sie die Snowden-Dokumente selber nicht vorliegen. sich beschäftigen, heißt es dort - da geht es um Wir konnten immer nur ausschnitthaft irgend- die Darstellung der Zusammenarbeit mit den US- etwas wahrnehmen. Meistens gab es im Spiegel amerikanischen, britischen und französischen ein paar Fotos von irgendwelchen Dokumenten, Nachrichtendiensten -: Darstellung eines etwai- es wurde zitiert, es wurde kommentiert; aber wir gen Optimierungsbedarfs, Bewertung und konnten weder die Authentizität selber über- Schlussfolgerung. - Da würde mich natürlich ins- prüfen - nehmen wir an, die sei gegeben, aber wie besondere interessieren, wo man denn jetzt einen gesagt, wir konnten sie nicht überprüfen -, ge- Optimierungsbedarf sieht mit Blick auf die Part- schweige denn, dass wir das Material selber mal nerdienste. Es klang ja beim Kollegen Zimmer- bewerten konnten in Gänze. Unser Präsident hat - mann so ein Stückchen an: Amerikaner, ist das auch das können Sie den Akten entnehmen - den mehr Partner, ist das mehr Schwerpunkt in an- Spiegel angeschrieben, die zuständigen Redak- dere Richtung gehend? - Was ist denn da das Er- teure, den Chefredakteur angeschrieben im gebnis. Also Stichwort Optimierungsbedarf kon- Januar 2014 und hat darum gebeten, dass man kreter Aufgabenstellungen dieses Arbeits- uns doch die Dokumente zugänglich macht. Das bereichs. wurde leider abgelehnt. Zeuge Frank Wingerath: Darf ich mich dazu kurz Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja, das geht uns mit dem Herrn Akmann kurzschließen? manchmal auch so, dass - - Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja. Zeuge Frank Wingerath: Aber das macht es nicht besser, wenn ich das so sagen darf. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja klar.

Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das ist richtig. (Der Zeuge und sein Eigentlich müsste man da natürlich auch Aufklä- Rechtsbeistand beraten sich rungswillen vonseiten der Medien zeigen, selbst- mit Vertretern der Bundes- verständlich. regierung)

Zeuge Frank Wingerath: Wir hätten sehr gerne Okay, weiter geht’s. Herr Akmann meldet sich. die Dokumente gehabt; aber der Spiegel hat das MR Torsten Akmann (BMI): Der Zeuge würde seinerzeit abgelehnt, uns die Dokumente zu ge- ben. dazu ohne Anerkennung einer Rechtspflicht et- was sagen. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Noch mal bezo- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. gen auf diese Rechtsfragen. Da war also aber auch ein Jurist drin, der sich dann gerade mit den völ- Zeuge Frank Wingerath: Stichwort - - Sie fragten kerrechtlichen Fragen, die Herr Kollege von Notz aufgeworfen hat - - Wie verhält es sich mit even- speziell nach Optimierungsbedarf. Meinen Sie tuellen Kabeln? Wo gehen die lang? Wann greift das jetzt ganz allgemein oder auf spezielle Frage- man zu? Was ist exterritorial? - Das hat man sich stellungen bezogen? - Wir haben die Vorwürfe, so da letztlich auch angesehen, welche Möglichkei- sie in einer langen Reihe von Wochen und Mona- ten es da gibt, abzuwehren. ten eingetrudelt sind oder erhoben wurden, sys-

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tematisiert, wir haben sie in bestimmte Arbeits- Zeuge Frank Wingerath: An dieser Stelle kann bereiche unterteilt, haben sie strukturiert und ich Ihnen das nicht sagen. Ich sage Ihnen das - - sind ihnen systematisch nachgegangen. Das Er- Wir können darüber vielleicht noch mal im gebnis ist, dass es eine Reihe von Bereichen gibt, nichtöffentlichen Teil sprechen. Aber ich bitte wo wir überhaupt gar keine Handlungsmöglich- Sie doch auch um Verständnis. Ich sehe Ihren keiten für uns sehen, weil sie außerhalb des Ter- Bedarf und das allgemeine Bedürfnis des Unter- ritoriums der Bundesrepublik Deutschland statt- suchungsausschusses, etwas über die Ergebnisse finden. der SAW zu erfahren. Das verstehe ich und bin auch gewillt, dem bestmöglich nachzukommen. In einer Dienstreise in die USA vor einigen Jah- Aber ich bitte um Verständnis: Das ist im Mo- ren haben mir die Kollegen - die Dienstreise ging ment eine öffentliche Sitzung eines Unter- zu einem ganz anderen Zweck - aus den USA sei- suchungsausschusses, der als Untersuchungs- nerzeit gesagt - und auch das ist nichts Neues -, gegenstand oder als zeitlichen Endrahmen etwa 80 Prozent - - irgendwann Mitte März 2014 hat. Die Ergebnisse unserer Arbeit liegen deutlich danach. Gleich- MR Torsten Akmann (BMI): Jetzt nicht sagen. wohl - ich sage es noch mal - bin ich gerne Das geht nicht. Das ist AND-Information, die gewillt, auch darüber etwas zu sagen, zumal sich kann hier nicht gesagt werden aus Staatswohl- das nicht ganz deutlich immer trennen lässt, was gründen. wir vor dem 18.03.14 rausbekommen haben und was danach. Aber was ich nicht machen kann, Zeuge Frank Wingerath: Gut. - Wir müssen da- ist, darüber in öffentlicher Sitzung zu berichten. von ausgehen, dass so, wie die weltweite Kom- munikation organisiert und strukturiert ist, es für Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nur ganz technisch stark ausgerüstete Dienste sehr gut und kurz als Unterbrechung. Es geht nicht darum, relativ leicht möglich ist, sehr, sehr viele Daten was Sie vor oder nach dem 18.03. herausbekom- zu erfassen, SIGINT-Daten zu erfassen, die weit men haben; es geht darum, ob die zugrunde lie- über ihr eigentliches Territorium oder ihre eigene genden Sachverhalte vor dem Einsetzungs- Betroffenheit hinausgehen. Wir müssen auch da- beschluss liegen oder nicht. Sonst wäre im von ausgehen, dass das auf verschiedene Arten Grunde mit dem Stempel vom heutigen Tag drauf und Weisen läuft, dass es läuft über - - dass es ein ganzes Dokument nicht mehr untersuchungs- leitungsgebunden läuft und dass es satelliten- gegenständlich. Also der zugrunde liegende gesteuert läuft. Das sind Erkenntnisse, die in die- Sachverhalt muss in den Untersuchungszeitraum ser Abstraktion sicherlich nicht neu sind, woge- passen, nicht das Dokument, wann es erstellt gen wir aber im Ergebnis aus einer reinen Ab- worden ist. wehrsicht gar nichts tun können. (MR Torsten Akmann Was wir nur tun können, ist, versuchen, festzu- (BMI) meldet sich zu Wort) stellen, ob auf dem Territorium in Deutschland entsprechende illegale Aktivitäten durch aktives - Nein. Danke, Herr Akmann. - Danke. Anzapfen, wie der Abgeordnete von Notz es eben nannte, Anzapfen von irgendwelchen Glasfaser- MR Torsten Akmann (BMI): Das sieht die Bun- kabeln oder sonst was stattfinden sollte. Das kön- desregierung anders - - nen wir tun; das haben wir auch untersucht und untersuchen es weiter. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. Ich meinte „Nein, danke“. Ich wollte keine Wortmel- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das heißt, dung zulassen. wenn Sie sagen, Sie untersuchen es weiter, kön- nen Sie uns jetzt an dieser Stelle nicht sagen, zu MR Torsten Akmann (BMI): Gut. welchen Ergebnissen Sie bis dato da gekommen sind. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke.

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(MR Torsten Akmann Tankred Schipanski (CDU/CSU): Aber das ist (BMI): Aber er hat dazu doch Ihr Arbeitsauftrag auch dieser Arbeits- keine Aussagegenehmi- gruppe gewesen. Da müssten Sie doch - - gung!) Zeuge Frank Wingerath: Aber Sie fragten jetzt, Tankred Schipanski (CDU/CSU): Herr Zeuge, das welche speziellen Zielsetzungen die verfolgen war ja jetzt sehr kryptisch formuliert, was den würden. Optimierungsbedarf betrifft. Vielleicht kommen wir dann in der Tat doch noch mal in der nicht- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Nein, ich öffentlichen Sitzung etwas spezifischer dazu. würde gern wissen, ob jetzt die Abwehrmaßnah- men mehr gegen Gebäude gerichtet sind. Geht es Ich möchte aber noch auf einen Bereich einge- da um Personen? Was haben die denn in Ihrer hen, auch ein Arbeitsbereich, Thema Spionage- Arbeitsgruppe dazu festgestellt, was die Späh- abwehr. Da heißt es ja im Speziellen im Arbeits- ziele betrifft? auftrag dieser Arbeitsgruppe, die Sie geleitet ha- ben - es geht um die Darstellung der bisherigen Zeuge Frank Wingerath: Noch mal: Wir haben Verdachtsfälle -: „Darstellung … der die Five-Eyes-Staaten nicht systematisch bearbei- tatsächlichen und mutmaßlichen“ aktuellen tet, nie. Wir haben immer nur Einzelsachverhalte „technischen Aufklärungsmaßnahmen“ gegen aufgegriffen, wenn sie aus gegebenem Anlass auf- Deutschland, Bewertung und Schlussfolgerung. - zugreifen waren, weil sie in irgendeiner Form bei Jetzt haben Sie uns ja schon gesagt, uns die uns angelangt sind. Dazu zählten in der Vergan- konkreten Ergebnisse im nichtöffentlichen Teil genheit nie irgendwelche technischen Aufklä- dann noch mal zu skizzieren; aber es wäre schon rungsaktivitäten oder Ähnliches der Five-Eyes- mal, glaube ich, im öffentlichen Teil sehr gut Staaten, sondern das waren alles nichttechnische möglich, darzustellen, um welche Spähziele es Vorkommnisse und Einzelfälle, die wir bearbeitet denn insbesondere geht. Geht es da um - - haben. Richtung mehr Mitglieder der Bundesregierung, Parlamentarier, Wirtschaftsunternehmen? In Ich weiß, es gab immer wieder - - es gab auch - welche Richtung hatten Sie denn da bisherige das ist ja auch pressebekannt - beispielsweise Verdachtsfälle oder mutmaßliche oder Vorwürfe, dass die Amerikaner angeblich in tatsächliche technische Aufklärungsmaßnahmen? Brüssel technische Maßnahmen gegen die EU fahren oder gegen EU-Institutionen. Ich erwähne Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich Ihnen zu das jetzt nur, nicht um von Deutschland abzulen- den Five-Eyes-Staaten nicht sagen, welche Auf- ken, sondern weil das halt pressebekannt ist. Das klärungsziele die haben gegenüber Deutschland, gab es immer wieder. Das wurde auch versucht ob sie welche haben, und wenn ja, welche sie ha- zu untersuchen, wir haben auch im Rahmen un- ben. Das ist nicht Aufgabe des BfV, sondern das serer Möglichkeiten nachgehakt, aber man konnte müsste Ihnen der BND beantworten. Das ist wenn das nicht belegen. Es gab im Ergebnis ja keine dann Gegenspionage, wenn es sich um die substanziierte Aussage. Es gab für uns auch in Dienste handelt, oder ansonsten - - Auch das Deutschland, für uns als Spionageabwehr, keinen würde in den Zuständigkeitsbereich des BND fal- Sachverhalt, wo wir anlassbezogen technische len. Wir betreiben keine Gegenspionage. Spionage der Amerikaner hätten bearbeiten kön- nen oder müssen. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Nein, nein, es geht um die Spionageabwehr. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Da lässt sich im Rahmen der Ausspähziele auch nicht sagen: Das Zeuge Frank Wingerath: Ist mir schon klar. Das betrifft mehr Wirtschaftsunternehmen, Privatper- habe ich schon verstanden. sonen, Behörden, Auslandsvertretungen.

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Zeuge Frank Wingerath: Nein, ich kann es nur tionssicherheit, weder in Deutschland noch spe- für nichttechnische Dinge - - Da gab es ab und an ziell im Bereich des Bundestages und der Bun- Fälle; das sagte ich ja eben schon. desregierung. Das ist ja gar nicht unsere Aufgabe, sondern unsere Aufgabe kann ja nur die sein oder Tankred Schipanski (CDU/CSU): Aber noch mal: ist nur die, zu sehen oder zu prüfen, ob durch Das betrifft ja, was Sie jetzt abstrakt formuliert fremde Nachrichtendienste gegebenenfalls ent- haben, Behörden, wenn ich jetzt sage - - bei- sprechende Schutzmechanismen - - oder auf ille- spielsweise Brüssel. Das ist Ihnen jetzt im Rah- gale Art und Weise hier Spionage getätigt wird men von Wirtschaftsunternehmen - - Ich meine, oder nicht, und nicht die Sicherstellung des das betrifft ja letztlich auch Ihren Aufgaben- Schutzes. bereich. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Gut. - Aber es Zeuge Frank Wingerath: Es gab ja auch in der ging ja jetzt um Erkenntnisse, die Sie haben, und Vergangenheit immer wieder den Vorwurf, die da - - Amerikaner würden systematisch Wirtschafts- spionage betreiben. Auch dafür haben wir keinen An dieser Stelle würde der Kollege Patrick Sens- einzigen Beleg und auch keinen konkreteren Ver- burg weitermachen. Wir hören uns dann in der dachtsfall, jedenfalls nicht in der jüngeren Zeit nächsten Runde wieder. und nicht, seitdem ich dort arbeite. Im Gegenteil, das würde ich sogar eher für ziemlich ausge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen schlossen - ausgeschlossen ist nichts -, aber für Dank. - Auf das Zeitkontingent der Union hätte ziemlich unwahrscheinlich halten, dass die das ich noch zwei Fragebereiche. Der eine bezieht machen. sich auf die Zuständigkeit des Verfassungsschut- zes im Bereich der Spionageabwehr. Sie sagten: Tankred Schipanski (CDU/CSU): Aber das sind auf deutschem Territorium. - Das nehmen Sie konkret die Aufgabenstellungen, die sich in die- wahrscheinlich aus § 3 Absatz 1 Nummer 2, aus sem Arbeitsbereich Spionageabwehr faktisch - - der Aufgabenbeschreibung, wo drinsteht: „im Damit wurde sich beschäftigt. Sie haben die alten Geltungsbereich dieses Gesetzes“, vermute ich Fälle vorgesucht, Einzelmaßnahmen geguckt, sys- mal. tematisiert. Zeuge Frank Wingerath: Ja. Zeuge Frank Wingerath: Noch mal: Wir haben uns ja in der SAW mit der technischen Aufklä- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also ist das rung befasst und nicht mit HUMINT-Fällen. Im BfV zuständig für die Spionageabwehr auf deut- Ergebnis ging es bei der SAW darum, die Vor- schem Territorium. Richtig? würfe, die gekommen sind, auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen und zu gucken, ob da tatsäch- Zeuge Frank Wingerath: Ja, einschließlich der lich was dran ist und ob das tatsächlich auch deutschen Auslandsvertretungen. stattfindet in Deutschland, das zu verifizieren. Dann natürlich, sollte das der Fall sein, zu über- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Der legen: Was können wir denn dagegen machen? BND macht nur Eigensicherung und keine Spio- nageabwehr im Ausland, oder? Ob die Spionageabwehr grundsätzlich dafür im- mer das richtige Instrumentarium ist, kann man Zeuge Frank Wingerath: Spionageabwehr im ja auch mal hinterfragen. Ich weiß, dass Sie mich Ausland? Ich weiß nicht, was Sie darunter verste- gerade befragen als Mitarbeiter der Spionage- hen. abwehr - das ist mir völlig klar -, aber wir sind ja nicht als BfV zuständig für die Sicherheit der IT- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage mal Kommunikation oder generell der Kommunika- anders: Gibt es eine Einrichtung in Deutschland, die Spionageabwehr zulasten der Bundesrepublik

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Deutschland außerhalb des deutschen Bundes- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das könnte gebietes macht? doch auch - -

Zeuge Frank Wingerath: Spionageabwehr oder Zeuge Frank Wingerath: - ich versuche, das zu Spionage macht? erkären - und die Wirkung tritt in Deutschland ein, dass es beispielsweise jemand ist, der für ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Spionage- Wirtschaftsunternehmen oder für eine Behörde abwehr, Spionage würde ich gar nicht fragen. arbeitet. Die Wirkung tritt in Deutschland ein, der Spionagesachverhalt selber ist allerdings Zeuge Frank Wingerath: Ich bitte dann noch mal dann im Ausland. Weil der Wirkungseintritt hier um Wiederholung der Frage. ist, wären wir dafür zuständig.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es besteht ja Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt kann es die Möglichkeit, dass ein Spion einer ausländi- ja nicht nur Spionage zulasten eines deutschen schen Macht, wie es das Gesetz sagt, nicht nur in Bürgers, der sich im Ausland befindet und der Deutschland agiert, sondern dass er außerhalb Spionagefall dann in Deutschland eintritt, sein, des deutschen Territoriums deutsche Einrichtun- sondern es könnte doch sein, dass eine ausländi- gen, Behörden etc. ausforscht, dass er gar nicht sche Macht an ein Glasfaserkabel geht, und zwar seinen Fuß über die Grenzen setzt oder in eine nicht auf dem Territorium der Bundesrepublik deutsche Botschaft. Wer ist denn dafür zustän- Deutschland, sondern auf dem Territorium zum dig? Beispiel von Großbritannien, Frankreich oder sonst wo. Zeuge Frank Wingerath: Jetzt habe ich Sie ver- standen. - Dafür sind wir auch dann zuständig, Zeuge Frank Wingerath: Aus der Botschaft wenn sozusagen die Wirkung des Ereignisses heraus. oder die Wirkung dieser Spionage in Deutsch- land eintritt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, weil das Kabel da gerade im Boden liegt: Bohren ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Das Loch in den Boden und packen es an; es werden gilt auch für exterritoriales Gelände, beispiels- aber deutsche Daten abgegriffen von deutschen weise Konsulate, Botschaften, richtig? Das wäre Bundesbürgern. Wer kümmert sich darum in ja Ausland, oder nicht? Deutschland? Jetzt macht es mir Sorgen; eben hat es dem Konstantin von Notz Sorgen gemacht. Zeuge Frank Wingerath: Ja - - (Zuruf des Abg. Dr. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Auf jeden Konstantin von Notz Fall wäre es nicht so richtig Deutschland. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)) Zeuge Frank Wingerath: Da müsste man aber jetzt einen Rechtskundigen fragen. Das ist mir ein - Dass es mir Sorgen macht? Nein, mir macht Sor- bisschen zu heikel. gen, dass sich darum keiner kümmert, wenn sich da denn keiner drum kümmert. Ich wüsste jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sagen wir, gerne, wer das macht; sonst müssen wir neue richtiges Ausland. Kompetenzen mal überlegen.

Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich ist es Zeuge Frank Wingerath: Wie Sie wissen, gibt es so, dass es häufiger Spionageaktivität oder Akti- sogenannte Überseekabel. Mit diesen Übersee- vitäten fremder Nachrichtendienste gegen deut- kabeln wird unter anderem auch deutsche Kom- sche Bundesbürger gibt, die sich im Ausland auf- munikation in die Welt verbreitet oder verläuft halten, - darüber. Es gibt in Deutschland, es gibt aber auch

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in anderen Ländern bestimmte Zu- und Abgänge Zeuge Frank Wingerath: Dann würde ich doch dieser Kabel. Wenn das im Ausland ist - da gibt hoffen, dass es entsprechende Regelungen gibt, es ja auch konkrete Informationen, in welchen die die Bundesrepublik Deutschland mit den Ländern oder wo das tatsächlich stattfindet -, Amerikanern trifft, dass solche Dinge nicht dann werden die Dinge dort abgeleitet. Das wis- gestattet sind. sen Sie, dass das Teil des Tempora-Programms ist. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, ich will wissen - - Amerika ist das Beispiel, damit ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber die nicht aus dem Untersuchungsgegenstand raus- Frage ist: Wer schützt mich jetzt von unseren fliege; mir machen als Privatmensch aber auch deutschen Behörden als Bürger? Russen, Chinesen und der Rest der Welt Sorgen. Ich frage mich, wie unsere Behörden dagegen Zeuge Frank Wingerath: Das ist keine Spionage- vorgehen im Bereich der Spionageabwehr, damit abwehr, jedenfalls nicht nach unserer bisheri- ich jetzt überhaupt erst mal den rechtlichen Rah- gen - - men für die nächste Frage habe, dass von au- ßen - - Heute ist das ja nicht mehr so, dass die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, das alle mit einer alten Kodak-Kamera herkommen macht keiner. - Was ist, wenn jetzt einer auf dem und irgendwas abfotografieren; das wäre ja ange- Botschaftsdach mit einer Richtfunkantenne steht, nehm. Heute läuft das ja digital zum großen Teil. wer schützt mich davor also Bürger? Die Frage Was ist, wenn einer in Luxemburg eine Antenne ist, ob unsere Behörden Bürgerinnen und Bürger hinstellt und Rheinland-Pfalz abhört? Wer küm- ausreichend schützen. Da geht es mir gar nicht mert sich denn darum? Nur das Außenministe- um das Kanzlerinnenhandy; die soll ihr Krypto- rium? fon benutzen, dann ist das Problem gelöst. Mir geht es darum, wer uns Bürger schützt vor Sach- Zeuge Frank Wingerath: Nein. Wenn es darum verhalten, die, finde ich, nicht völlig abwegig geht, dass die Kommunikation geschützt werden sind. Oder sagen Sie mir, das findet gar nicht muss, dann müsste das BSI dafür zuständig sein statt, kann gar nicht technisch stattfinden. nach meiner Überzeugung.

Zeuge Frank Wingerath: Wir hätten gegebenen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Das falls eine Teilzuständigkeit dann, wenn es sich müssen wir mal - - um einen Nachrichtendienst handelt, der für nachrichtendienstliche Zwecke für eine fremde Zeuge Frank Wingerath: Da bitte ich dann aber Macht das tun würde, wenn also der - was weiß auch, da müsste man einen - - ich? - NSA-Mitarbeiter da hinten auf dem Dach steht und in diese Richtung eine Antenne in der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Irgendwie Hand hat, um bei Ihrem Bild zu bleiben. macht mir das so ein bisschen Sorge.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und wenn es Zeuge Frank Wingerath: Das ist aber ein abstrak- der Koch ist der amerikanischen Botschaft? tes Szenario, was Sie jetzt zeichnen.

Zeuge Frank Wingerath: Dann nur, wenn er es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, aber das für den Nachrichtendienst täte. sind die Szenarien der Zukunft, dass wir nicht mehr, ich sage mal, den Mann mit der Kodak- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Also Kamera haben - nichts gegen Kodak -, der Sachen wenn er es als Contractor macht und eine Neben- abfotografiert, sondern dass das in der Regel von tätigkeitsgenehmigung als Koch hat, dann wäre außerhalb ja wohl immer stärker passieren wird das Ihre Aufgabe. und dass ich mir wünsche, dass auch diese Berei- che im Grunde dann irgendeiner mal in den Fokus nimmt und dann verhindert, dass sich

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irgendwelche Mächte oder die organisierte Kri- unser großes Interesse jetzt, zu wissen, was Sie minalität von sonstwo freuen, dass heute alles aus den Sachverhalten vor dem 20. März 2014 in digital durch die ganze Welt gejagt wird. Da muss diesem Untersuchungsbericht herausgefunden es doch auch mal jemanden geben, der irgendwie haben, bewertet haben und für Konsequenzen sich Gedanken darüber macht. - Okay. Aber das gezogen haben, was auch meiner Sicht unter- müssen wir vielleicht mal anderweitig vertiefen. suchungsgegenständlich wäre.

Zweiter Bereich richtet sich noch mal auf den Alles, was nach dem 20. März 2014 passiert ist - Abschlussbericht SAW. Können Sie denn viel- tatsächlich passiert ist und von Ihnen untersucht leicht sagen, wie hoch die Anteile dieses Berichts und bewertet worden ist -, ist für mich nicht sind, die sich vor dem 20. März 2014 abspielen untersuchungsgegenständlich. Wenn man jetzt und nach dem 20. März 2014? Nach dem wüsste - - Dann reden wir um Königs Bart. Wenn 20. März 2014 will ich gar nicht wissen. das alles nach dem 20. März 2014 passiert ist, wo Sie Ihre Untersuchungen und Bewertungen vor- (Dr. André Hahn (DIE genommen haben, dann ist das auch interessant, LINKE): Ich schon!) wie der Kollege Hahn zu Recht sagt, aber nicht untersuchungsgegenständlich. Wenn aber der - Ja, aber das ist dann Pech. Das ist nicht unter- größte Teil Ihrer Untersuchungen, die irgend- suchungsgegenständlich nach meiner Meinung. wann im April 2015 abgeschlossen worden sind, Das müssen wir dann im PKGr klären oder sonst Sachverhalte betreffen, die vor dem 20. März wo. 2014 spielen, auch wenn sie dann erst fünf Jahre später, von mir aus, Ihre Bewertung abgeben, Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich so nicht dann bleibt es untersuchungsgegenständlich sagen. Der Zeitraum bis zum Einsetzen des nach meiner Meinung. Deswegen hätte ich jetzt Untersuchungsausschusses war ja vor allen Din- erst mal gerne gewusst, bevor wir um Königs Bart gen dadurch gekennzeichnet, dass in gewissen reden: Wie ist überhaupt die Gewichtung? - Dann Frequenzen immer wieder neue Vorwürfe kamen. hätte sich die Sache vielleicht erledigt. Ohne dass das jetzt ein kausaler Zusammenhang sein soll, aber eigentlich nach dem Einsetzen des RA Dr. Daniel Krause: Herr Vorsitzender, verzei- Untersuchungsausschusses flaute das ab, gab es, hen Sie, wenn ich mich dazu kurz zu Wort wenn überhaupt noch, nur wenige und in der melde. Es ist so, dass wir ein bestimmtes Ver- Substanz nicht mehr so wertige, wenn man das ständnis zu dem Inhalt der Aussagegenehmigung so bezeichnen darf, Vorwürfe. Das heißt, wir haben. Dieses Verständnis deckt sich, nach dem, waren in der Zeit bis zum Einsetzen des Unter- was Sie jetzt gerade zum Untersuchungsgegen- suchungsausschusses vornehmlich damit befasst, stand gesagt haben, nicht mit Ihren Ausführun- das vorhandene Wissen dazu zusammenzutragen, gen. Tatsächlich ist es so, dass Herr Wingerath die Vorwürfe auf ihre Plausibilität zu überprüfen davon ausgeht, dass seine Aussagegenehmigung und erste Stellungnahmen abzugeben. Anschlie- insoweit reicht, dass er über den Prozess der ßend haben wir dann angefangen, die Vorwürfe Erkenntnisgewinnung, soweit er nach der Einset- systematisch abzuarbeiten und tatsächlich auch zung des Untersuchungsausschusses gelegen hat, eigene Ermittlungen anzustellen. hier keine Angaben machen darf, weil es davon insoweit nicht von seiner Aussagebefugnis Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - gedeckt wäre. Meine Frage ging dahin: Wenn ein Großteil, der überwiegende Teil des Berichts Sachverhalte - es Deshalb geht es aus unserer Sicht darum, dass es geht mir nicht um die Erstellung - nach dem vielleicht zu klären wäre, und zwar nicht mit 20. März 2014 beleuchtet, dann ist das für uns dem Zeugen, sondern vielleicht mit der Bundes- nicht so interessant. Das könnten wir dann in regierung, wie weit denn nun tatsächlich die eingestufter Sitzung relativ schnell klären, und Aussagegenehmigung reicht, bevor Herr dann wäre das Thema vom Tisch. Sonst ist ja Wingerath sich dazu äußert, weil er dann auch in

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der Gefahr stünde, wenn er über sein Verständnis - Doch, da bin ich mir sicher. Bei Bundesregie- der Aussagegenehmigung hinausginge und deren rung, Zeugenbeistand und Zeuge, da bin ich mir Reichweite, dass er hier Angaben macht, die er sicher. nicht machen darf. Deshalb wäre ich dankbar, wenn Sie diese Frage, die Sie eben auch zur RA Dr. Daniel Krause: Also, Herr Vorsitzender, Grundlage Ihres Hinweises genommen haben, jedenfalls hat die Beratung ein Ergebnis erbracht. noch mal mit der Bundesregierung klären, bevor Das geht dahin, dass die Aussagegenehmigung so der Zeuge sich dazu erklärt. zu verstehen ist, dass er sich in nichtöffentlicher Sitzung auch zu den Ergebnissen der Unter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also aus mei- suchung äußern darf. ner Sicht ist das keine Frage, die der Ausschuss mit der Bundesregierung klären muss, sondern Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das finde ich eine Frage, die der Zeuge zu beantworten hat ein gutes Ergebnis. Ich glaube, da werden wir oder nicht zu beantworten hat. Da kann er gerne viele Punkte, die jetzt nach Streit aussehen, Sie als Rechtsbeistand konsultieren - dafür sind wahrscheinlich - das ist meine Bauchvermutung - Sie ja da - und Sie sich auch mit der Bundes- klären können, die gar nicht mehr so nach Dis- regierung. sens aussehen, wie es jetzt vielleicht war. - Okay. Gut, herzlichen Dank. Der Zeuge muss wahrheitspflichtig auf Fragen antworten. Ich weise noch mal hin auf die Mög- Dann wäre die Union mit ihren Fragen durch. lichkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes Wir beginnen die zweite Fragerunde. Auch diese nach § 27 des Parlamentarischen Untersuchungs- beginnt wieder die Fraktion Die Linke. Frau Kol- ausschussgesetzes. Sollte auf berechtigte Fragen legin Renner. nicht ordnungsgemäß geantwortete werden, dann bin ich gerne bereit, diesbezüglich ein dement- Martina Renner (DIE LINKE): Herr Wingerath, sprechendes Ordnungsgeld zu verhängen, nach ich würde gerne wissen: Nach Ihren Unter- Beschluss des Ausschusses wohlgemerkt. Deswe- suchungen sind Sie zu dem Ergebnis gekommen, gen würde mich auch an dieser Stelle interessie- dass es einen Special Collection Service der NSA ren, wie der Zeuge gehaltsmäßig eingestuft ist, gibt? weil sich danach die Möglichkeit eines Ord- nungsgeldes richtet. Zeuge Frank Wingerath: Wir haben doch gerade angeboten, dass ich umfassend dazu vortrage in RA Dr. Daniel Krause: Dann hätten wir gerne die nichtöffentlicher Sitzung. Gelegenheit, uns zur Reichweite der Aussage- genehmigung mit der Bundesregierung abzustim- Martina Renner (DIE LINKE): Aber das würde men. zum Beispiel den - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Davon bin Zeuge Frank Wingerath: Die künstliche - - ich ausgegangen. Wir unterbrechen die Sitzung diesbezüglich. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, jetzt bin ich dran. - Das würde den Methodenschutz usw. (Unterbrechung von betreffen, ja? Ich frage Sie aber jetzt nicht zum 13.34 bis 13.39 Uhr) BfV, sondern ich frage Sie, ob es eine Einheit, eine Organisationseinheit der NSA gibt. Der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich merke, Methodenschutz erstreckt sich nicht auch noch Sie haben sich intensiv und klug beraten. auf die NSA, weil das wäre ja besonders absurd, wenn die Spionageabwehr des BfV gleich noch (Dr. André Hahn (DIE die NSA quasi auch noch unter den Schutz- LINKE): Das Zweite wissen schirm hebt. Deswegen würde ich Sie einfach nur wir noch nicht!)

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fragen: Gibt es das, gibt es Special Collection Ser- Zeuge Frank Wingerath: Anhaltspunkte nicht. vice? Ich habe aber auch keinen abschließenden Beleg dafür - leider nicht -, dass sie echt sind. Zeuge Frank Wingerath: Nur nichtöffentlich. Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie die NSA Martina Renner (DIE LINKE): Wieso? mal gefragt?

Zeuge Frank Wingerath: Weil das Ergebnis nicht- Zeuge Frank Wingerath: Wir haben - - Die Bun- öffentlich ist, eingestuft ist. desregierung hat auf ihren - - Gebe ich dazu auch Auskunft? Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich möchte wissen - Sie haben doch eine Aussagegenehmi- (Der Zeuge blickt zu MR gung -, auf welchen Paragrafen und welche Num- Torsten Akmann (BMI)) mer, Randziffer Sie sich jetzt beziehen, wenn Sie sagen: Diese Antwort wird verweigert. - Jetzt Also unsere Amtsleitung war, wie andere Vertre- möchte ich eine Hausnummer haben, mit der Sie ter der Bundesregierung auch, mehrfach in Kon- begründen, dass das nichtöffentlich ist. sultationen mit den amerikanischen Behörden und hat sie zu den Dingen befragt. Das entzieht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da meldet sich aber meiner speziellen Zuständigkeit und sich Herr Akmann. auch dann im Ergebnis meiner Kenntnis.

MR Torsten Akmann (BMI): Er kann dazu in der Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Wir gehen öffentlichen Sitzung nichts sagen, weil das ein jetzt mal davon auch, dass es die NSA gibt. Spe- Erkenntnisstand ist des BfV, der entsprechend cial Collection Service, auch wenn Sie keine eingestuft ist. Da kann er gerne dann die Aussa- Anhaltspunkte dafür haben, dass diese Doku- gegenehmigung zitieren. Ich habe die Ziffer nicht mente hier falsch sind, wirken die auch in im Kopf. Ich glaube, das ist die Nummer 7; da Deutschland? geht es um den Geheimschutz. Zeuge Frank Wingerath: Frau Renner, wenn wir Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und ich habe das nicht ernst genommen hätten und wenn die das so verstanden: Der Zeuge sagt was, aber in Bundesregierung das nicht getan hätte, dann hät- eingestufter Sitzung. Ich weiß jetzt nicht, wie das ten wir nicht aus Anlass dieses Special Collec- eingestuft ist, aber in eingestufter Sitzung auf je- tion Service die Hubschrauberflüge gemacht. den Fall. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Und wo Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Dann ma- vermuten Sie Special Collection Service in chen wir es anders. Sie kennen ja sicherlich diese Deutschland - nur in Frankfurt oder auch wo- Snowden-Dokumente; mit denen müssen Sie sich anders? ja intensiv beschäftigt haben. Zeuge Frank Wingerath: Ausweislich der Doku- (Abg. Martina Renner (DIE mente wurde die Behauptung aufgestellt, dass sie LINKE) hält Unterlagen in Berlin, aber speziell aus Frankfurt operieren hoch) würden.

- Sie suchen sie gerade, wunderbar. - Hatten Sie Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - An beiden denn irgendwelche Anhaltspunkte dahin gehend, Standorten haben Sie diesbezüglich Unter- dass die Dokumente unrichtig sind? suchungen durchgeführt mit der Fragestellung, ob es das gibt.

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Zeuge Frank Wingerath: Ja. Zugleich haben Sie, Zeuge Frank Wingerath: Da müsste ich Ihnen wenn Sie die Unterlagen gelesen haben, sicher- sagen, was wir gemacht haben. lich auch gefunden ein Schreiben unseres Präsi- denten an die amerikanische Regierung, wo un- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. ser Präsident um Auskunft gebeten hat über die Existenz des Special Collection Service generell Zeuge Frank Wingerath: Und genau das kann ich bzw. speziell in Deutschland und wo und an wel- nicht und darf ich nicht und werde ich auch chen Standorten die was machen. nicht tun in der öffentlichen Sitzung.

Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Und ist aus Martina Renner (DIE LINKE): Ich frage ja deswe- diesen Untersuchungen eine Konsequenz gen auch nicht, was Sie gemacht haben, sondern erwachsen außer einem stillen Gespräch mit den ich frage, ob es Konsequenzen gegeben hat. Und USA? Gibt es eine Konsequenz hinsichtlich die- da ich - - Also, wir sind hier das Parlament; wir ses Special Collection Service? kontrollieren die Exekutive. Vielleicht klären wir noch mal die Rahmenbedingungen - irgendwie. Zeuge Frank Wingerath: Das möchte ich nur in Die Frage nach den Konsequenzen ist eine Frage nichtöffentlicher Sitzung beantworten. auch - - die politische Verantwortungsebene der Regierung: Hat man eine politische Entscheidung Martina Renner (DIE LINKE): Weil? getroffen?

Zeuge Frank Wingerath: Weil es - - Weil ich Zeuge Frank Wingerath: Das BfV trägt - - Wir als Ihnen sonst erklären müsste, wie wir zu dieser Spionageabwehr fällen keine politischen Ent- Erkenntnis gekommen sind. scheidungen diesbezüglich.

Martina Renner (DIE LINKE): Nein, Sie müssen Martina Renner (DIE LINKE): Genau, das ist rich- mir ja nicht erklären, wie Sie zu der Erkenntnis tig. Aber Sie haben ja sicherlich diese gegebenen- gekommen sind, sondern Sie müssen mir jetzt falls vorbereitet, zugearbeitet und wissen die Frage beantworten, ob es eine Konsequenz darüber. Sie müssen hier auch Ihr Erkenntniswis- gegeben hat außerhalb eines stillen Gespräches sen preisgeben, wenn Sie selbst nicht derjenige mit den USA. waren, der sozusagen das Ganze dann am Ende zu verantworten hat. Zeuge Frank Wingerath: Speziell zum - - Zeuge Frank Wingerath: Das haben wir auch Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja. getan.

Zeuge Frank Wingerath: Welche Konsequenz, als Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Und gab es Beispiel? Ich wüsste jetzt nicht, welche Konse- Konsequenzen? quenz es geben könnte. Zeuge Frank Wingerath: Nach meinem Kenntnis- Martina Renner (DIE LINKE): Können Sie sich stand nicht. Aber ich sage noch mal: Ich bin nicht vorstellen, welche Ausweisung von Mit- nicht derjenige, der über die Konsequenzen zu arbeitern, die legendiert als Botschaftsangehörige entscheiden hat. hier arbeiten, aber in Wirklichkeit was ganz an- deres machen irgendwie - - Martina Renner (DIE LINKE): Und nun kann man da drüberfliegen über das Gelände, man Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber genau das ist kann auch noch anderes tun. Wie hat man sich das, was ich gerade sagte. denn informiert zu den Fähigkeiten dieser Ein- heiten, also welche Technik gegebenenfalls dort Martina Renner (DIE LINKE): Ja. eingesetzt wird, welche Legenden benutzt wer- den, welche Zielstellungen verfolgt werden?

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Zeuge Frank Wingerath: Das ist jetzt aber schon Martina Renner (DIE LINKE): Ja, okay. eine Methodenfrage, oder? MR Torsten Akmann (BMI): - die ist eingestuft, (Dr. André Hahn (DIE ja? -, - LINKE): Ja, aber der Ameri- kaner!) Martina Renner (DIE LINKE): Ja.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber nicht MR Torsten Akmann (BMI): - oder Sie fragen unsere, nicht? So - - nach einer Beschaffungsmethode des BfV. Auch die ist eingestuft. Zeuge Frank Wingerath: Doch, es ist eine Frage, wie ich mich über deren Methoden informiere. Martina Renner (DIE LINKE): Na, vielleicht lesen die einfach auch Artikel in Fachzeitschriften. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich möchte Was weiß ich denn? deren Methoden wissen, - (Heiterkeit) Zeuge Frank Wingerath: Ja, ich auch. Ist das dann auch eingestuft, oder was? Ja? Also, Martina Renner (DIE LINKE): - nicht, wie Sie vielleicht irgendwie informiert man sich nicht sich darüber informiert haben. Ich habe jetzt nur nur mit HUMINT und SIGINT, sondern vielleicht auf die Seite der NSA gefragt. irgendwie macht man sich auch schlau darüber, indem man bestimmte Artikel liest oder - - keine Zeuge Frank Wingerath: Dazu kann ich Ihnen Ahnung. Warum soll das alles eingestuft sein? nichts sagen. Wir drehen uns im Kreis. Ich weiß doch nicht, wie das BfV zu seinen Erkenntnissen kommt. Ich hoffe, die lesen auch. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, aber war Zeuge Frank Wingerath: Ich beantworte Ihnen die Frage denn darauf bezogen, ob der Zeuge sich doch gerne die Fragen. Aber lassen Sie es uns aus Drittquellen wie Artikeln darüber informiert doch bitte in einem Rahmen machen, der es mir hat? auch ermöglicht, die Fragen zu beantworten. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein, über- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber der Aus- haupt nicht. Die Quelle, die Methodik war über- schuss - - Also, wir haben hier ein Gesetz, das haupt nicht gefragt. Ich wollte nur wissen, über regelt die Verfahrensweise im Untersuchungs- welche Fähigkeiten die NSA, insbesondere diese ausschuss und das sagt: Der Ausschuss tagt in Special Collection Services, nach seiner Auffas- der Regel öffentlich. - Deswegen sitzen wir hier sung verfügt in Deutschland. zusammen. Und er weicht dann bei bestimmten Voraussetzungen davon ab. Das ist die Ausnahme Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber ich und nicht die Regel. So. Und ich möchte jetzt glaube, da hat er Erkenntnisse, wenn ich es rich- etwas wissen irgendwie darüber, was die tig verstehe - nur die sind differenziert -, die Spionageabwehr des BfV weiß über die Fähigkei- möglicherweise eben die Einstufung begründen. ten der NSA. Ich weiß nicht, warum diese Frage nicht zulässig ist. Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Fragen wir was andersrum: Gibt es bei der CIA so ein Pen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet dant? sich Herr Akmann. Zeuge Frank Wingerath: Ich möchte dazu etwas MR Torsten Akmann (BMI): Also, Frau Renner, sagen. entweder Sie fragen nach einer Erkenntnis, -

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Martina Renner (DIE LINKE): Ja. den Praktiken, die nach den Snowden-Dokumen- ten im Raum stehen, hier in diesem Unter- Zeuge Frank Wingerath: Sie müssen schon suchungsausschuss nicht stattfinden kann. unterscheiden zwischen Erkenntnissen, generell: „Was kann NSA oder ein Dienst XY ungelöst, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist aber was kann der?”, und „Welche Erkenntnisse eine Bewertungs- - haben wir über dessen Aktivitäten in oder gegen Deutschland?” Das mögen zwei verschiedene Martina Renner (DIE LINKE): Und ich frage mich Paar Schuhe sein. Zum Zweiten können Sie mich wirklich, warum das so ist. Weil Sie müssen - - was fragen, zum Ersten nicht, weil zum Ersten, der erste Teil, allgemeine Erkenntnisse über Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist aber Fähigkeiten fremder Nachrichtendienste, zählt eine Bewertung, die der Zeuge jetzt nicht vorge- nicht zu den Aufgaben des BfV. nommen hat, sondern Sie.

Martina Renner (DIE LINKE): Gibt es bei der CIA Martina Renner (DIE LINKE): Natürlich. Das etwas Vergleichbares wie die Special Collection kann ich aber tun, weil das ist ein Widerspruch Services der NSA? in sich, dass die Spionageabwehr im Grunde genau das Gegenteil vollzieht hier gerade in ihrer (Der Zeuge wendet sich an Rolle in diesem Ausschuss als das, was sie vor- MR Torsten Akmann geblich sozusagen von ihrem Aufgabenprofil zu (BMI)) tun hat. Und das verstehe ich nicht.

- Ja, was ist denn da wieder das Problem? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay.

RA Dr. Daniel Krause: Frau Abgeordnete, ich Martina Renner (DIE LINKE): Wieso können wir hatte das eben als Ergebnis der Beratung, glaube nicht darüber reden, welche Praktiken es gibt ich, deutlich gemacht. Nach meinem Eindruck und was man dagegen tun kann und getan hat? fragen Sie nach einer bestimmten Erkenntnis, Weil man sich nicht den Ärger einfangen will auf von der der Zeuge berichtet hat - oder ich berich- der nächsten Delegationsreise, oder was ist es? tet habe - im Anschluss an die Beratung, dass er Also, ich verstehe es wirklich nicht. Ihnen hierzu gerne Auskunft erteilt, dass seine Aussagegenehmigung aber, so wie wir eben auch RA Dr. Daniel Krause: Frau Abgeordnete, ich noch mal in der Beratung festgestellt haben, eine verstehe nicht. Ein Zeuge hat die Aufgabe, seine Angabe dazu nur in nichtöffentlicher Sitzung Wahrnehmungen zu schildern. abdeckt. Und deshalb noch mal, um es ganz deut- lich zu sagen: Er beantwortet Ihre Fragen gerne, Martina Renner (DIE LINKE): Ja. aber eben dann in diesem nichtöffentlichen Sit- zungsteil. RA Dr. Daniel Krause: Er hat das in dem Rahmen zu tun, der rechtlich ihm damit eröffnet ist. Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, was Wenn Sie darüber hinausgehende, allgemeine ich überhaupt nicht verstehe? Warum das BfV, Fragen stellen, warum eine Behörde nach Ihrer die Spionageabwehr des BfV, sich schützend hier Wahrnehmung sich in einer bestimmten Weise vor die Praktiken der NSA stellt oder der CIA positioniert oder nicht positioniert, gehört es möglichweise auch. nicht zu den Aufgaben eines Zeugen, das zu kommentieren und Ihre Fragen insoweit zu Zeuge Frank Wingerath: Aha. beantworten. Und deshalb bitte ich Sie, Ihre Fra- gen nicht an den Zeugen zu richten, sondern an Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Weil das ist das die Behörde oder an denjenigen, von dem Sie Ergebnis der Verweigerung der Antworten auf meinen, dass er sie am besten beantworten kann. diese Fragen hier, dass öffentliche Aufklärung zu Denn es geht ja nicht um Wahrnehmungen einer

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Person, die hier als Vernehmungsperson Aus- erledigt gewesen ist. Es kam dann doch zu einer kunft zu erteilen hat, sondern um weitergehende Antwort. Und die Antwort umfasste die nament- Fragen, für deren Beantwortung der Zeuge hier liche Benennung von 50 amerikanischen ND-Mit- nicht zuständig ist. arbeitern an verschiedenen Standorten in Deutschland. Die Begehung der Dächer wurde Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müssten abgelehnt, zum SCS nichts gesagt, zum SCS: wir aber in der nächsten Fragerunde machen, Special Collection Service. weil wir jetzt schon bei zehn Minuten sind. Okay? Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. Zu den Special Collection Services hat man nichts Martina Renner (DIE LINKE): Gut. gesagt. Und das andere betraf dieses DOCPER- Verfahren - ja? -, diese 50 Mitarbeiter, von denen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen Sie sprachen. jetzt zur nächsten Fraktion; das ist die Fraktion der CDU/CSU. Herr Kollege Schipanski beginnt. Zeuge Frank Wingerath: Genau. Das einzige Ergebnis, wenn Sie so wollen, - Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Zeuge, ich komme noch Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja. mal auf das Schreiben vom BfV-Präsidenten Maaßen zurück vom 28. Oktober 2013 - es trägt Zeuge Frank Wingerath: - war eine namentliche den Betreff „Anfrage zu nachrichtendienstlichen Benennung von 50 CIA-Mitarbeitern. Sachverhalten” -, das da an die Amerikaner ging. Sie wissen, um welches Schreiben es geht? Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Und mit Blick auf das Begehungsbegehren der Vertre- Zeuge Frank Wingerath: Ja. tungen, was hat das BfV oder die Bundesregie- rung dann im Nachhinein diesbezüglich unter- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Wir hatten das nommen? Hat das AA noch mal nachgehakt, ja schon mehrmals heute auch als Grundlage der oder - - Befragung gehabt. Und da konfrontiert der Präsi- dent die Amerikaner ja mit verschiedenen Vor- Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich Ihnen würfen bzw. Sachverhalten, wo es also - - Er bit- nicht sagen. tet hier - vielleicht kann man das ein Stückchen zitieren - um Prüfung von Firmen, die gemäß Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das wissen Sie bilateralen Absprachen in Deutschland für das nicht. - Gab es denn ein solches Schreiben, wie US-Militär tätig sind. Er bittet um Informationen es der Präsident Maaßen an die Amerikaner bezüglich - das hatten wir gerade gehabt - der gerichtet hat, auch an andere Nationen, mit Blick Special Collection Services. Er bittet um einen auf die Briten beispielsweise? Begehungstermin der diplomatischen Vertretun- gen in Berlin, glaube ich, oder in Frankfurt Zeuge Frank Wingerath: Nein, nicht dass ich zumindest. - Jetzt haben Sie ja gesagt, das Schrei- wüsste, nein - oder bin ich mir ziemlich sicher. ben ist Ihnen bekannt. Wie war denn die Reak- Ich kenne es jedenfalls nicht. Wie gesagt, der tion der US-Seite auf dieses Schreiben? Anlass des Schreibens war ja, soweit ich mich erinnere, die Bekanntmachung oder der Vorwurf, Zeuge Frank Wingerath: Die erste Reaktion war es gäbe diese SCS. Ja, und quasi aus Anlass die- keine Reaktion. Es gab einige - - im Ergebnis wur- ser Veröffentlichung dieses Vorwurfes, es gäbe den sie Missverständnisse genannt. Einige - - ob die SCS, die daraus arbeiten würden, wurde das das Schreiben beantwortet werden soll oder Schreiben erstellt. Und ein ähnlicher Vorwurf ist nicht. Die Amerikaner waren der Auffassung, ja gegenüber den Briten und der britischen Bot- dass durch ein Gespräch, was, ich weiß nicht schaft oder einer anderen konsularischen Vertre- mehr, wer genau geführt hat, die Sache eigentlich tung der Briten nicht erhoben worden. Da gab es

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also überhaupt keinen Hinweis darauf, dass die Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das heißt, klä- so etwas machen können würden. ren Sie die AA-Mitarbeiter jetzt, die dann in die entsprechenden Vertretungen gehen, - Tankred Schipanski (CDU/CSU): In eine andere Richtung gehend, bei den Botschaften bleibend, Zeuge Frank Wingerath: Genau. aber diesmal bei unseren deutschen Botschaften im Ausland: Da hat die Beweisaufnahme bisher Tankred Schipanski (CDU/CSU): - nach Ihren ergeben, dass eine Reaktion auf die Snowden- Erkenntnissen nach dieser Arbeitsgruppe stärker Veröffentlichungen war, dass unsere deutschen auf? Ist das intensiver? Botschaften ihre Schutz- und Sicherheitsmaßnah- men mit Blick auf mögliche Ausspähungen über- Zeuge Frank Wingerath: Das zählt sicherlich - - prüft haben bzw. überprüfen sollten. War denn Die Erkenntnisse selber fließen da sicherlich an dieser Überprüfung Ihre SAW beteiligt gewe- nicht unmittelbar ein. Was aber einfließt, ist sen? natürlich die offenkundig große, vielleicht auch größere Gefährdung, der ein einzelner Mitarbeiter Zeuge Frank Wingerath: Nein. Für den Schutz oder die Botschaft als solches, wenn man an der deutschen Botschaften im Ausland ist BfV technische Aufklärungsmaßnahmen denkt, aus- nicht zuständig. gesetzt sind.

Tankred Schipanski (CDU/CSU): Na gut. Aber Tankred Schipanski (CDU/CSU): Halten Sie die- Sie haben ja Erkenntnisse in Ihrer Arbeitsgruppe sen erreichten Stand jetzt für ausreichend aus gesammelt. Dass man das irgendwie jemand Ihrer fachlichen Expertise heraus? anderes zur Verfügung stellt mit, das ist nicht erfolgt? Zeuge Frank Wingerath: Man kann immer noch mehr machen. Aber ich glaube, wir sind auf Zeuge Frank Wingerath: Ihre Frage, ob die SAW einem sehr guten Weg. daran mitgewirkt hat: Nein. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - In einer Tankred Schipanski (CDU/CSU): Nein, hat nicht der letzten Zeugenvernehmungen hatten wir die mitgewirkt. - Was war denn nach Ihrer Kenntnis Zeugin Delmdahl hier, die zur Verwendung von das Ergebnis dieser Überprüfungen der Vertre- XKeyscore im BfV ausgesagt hat oder befragt tungen, unserer Vertretungen im Ausland gewe- wurde. Und sie sagte, dass die AG „XKeyscore” sen? im BfV Ihrer SAW Informationen zu XKeyscore zur Verfügung gestellt hat. Können Sie das bestä- Zeuge Frank Wingerath: Das weiß ich nicht. Was tigen? wir machen - - Oder sagen wir mal: Zumindest mittelbar, könnte man sagen, haben wir - - wir- Zeuge Frank Wingerath: Das muss ich noch ken wir insoweit mit, als dass wir seit langer Zeit mal - - Können Sie die Frage bitte wiederholen? und sicherlich in der letzten Zeit noch intensiver sensibilisieren über die Gefahren, die nicht Tankred Schipanski (CDU/CSU): Also, was hat zuletzt bei deutschen Vertretungen im Ausland die junge Dame gesagt? Die AG „XKeyscore” im bestehen, und wir insbesondere AA-Personal, BfV habe der SAW, also Ihnen, Informationen zu was entsendet wird, einer umfangreichen Sensi- XKeyscore zur Verfügung gestellt. bilisierungsmaßnahme unterziehen oder bzw. wir uns daran beteiligen. Das machen wir zuneh- Zeuge Frank Wingerath: Aha. Zu XKeyscore – mend regelmäßig, sodass wir hoffen, dass wir da auf einer hoffentlich etwas sichereren Seite sind Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja. als vielleicht früher. Zeuge Frank Wingerath: - oder aus XKeyscore Gewonnenes?

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Tankred Schipanski (CDU/CSU): Nein. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Nein, ich würde Ihnen vielleicht einfach noch mal von der Zeuge Frank Wingerath: Also, das sagt mir im Frau Delmdahl das sagen, die uns hier sagte: Moment gar nichts. Also, ich selber war bei der SAW Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ich würde mal nicht Teil dieser Sonderauswer- sagen, zu XKeyscore, weil Sie sich ja mit XKey- tung. Die war in einer anderen Ab- score wahrscheinlich in Ihrer SAW auch beschäf- teilung angesiedelt, logischer- weise in - - Und auf jeden Fall ha- tigt haben. ben wir denen Informationen zur Verfügung gestellt und mit denen Zeuge Frank Wingerath: Nein. geredet, weil die mussten ja - - Die SAW war dann sozusagen der Tankred Schipanski (CDU/CSU): Aber das war ja SPoC, der Single Point of Contact, ein entscheidender, ich möchte mal sagen, Vor- seit der Gründung, wenn es um wurf aus den Snowden-Dokumenten. Und wenn diese Sachen gegebenenfalls mit Sie sagen, Sie haben sich regelmäßig mit diesen der NSA, mit den Snowden-Doku- Veröffentlichungen, die da aufploppten, beschäf- menten ging. Aber ob die tatsäch- lich jetzt bei uns vor Ort waren, tigt - - weiß ich jetzt nicht. Aber ich glaube, die Sonderorganisation Zeuge Frank Wingerath: In welcher Form ein war auch in erster Linie in Köln wesentlicher Vorwurf? XKeyscore, hatten wir ja angesiedelt, diese Sonderauswer- zu Beginn der Sitzung schon, findet im Probe- tung. betrieb in einer Abteilung unseres Hauses statt oder in Anwendung, aber lediglich im Probe- Zeuge Frank Wingerath: Ach so. Das mag - - Das, betrieb. Ich weiß gar nicht, ob das - - mit wel- was Sie jetzt mir vorlesen, macht aus meiner chem Ergebnis - - Also, keine Ahnung. Ich weiß Sicht nur dann Sinn, wenn es darum geht, ob nur, dass das geprobt wurde, getestet wurde. Und XKeyscore im Hause, also für das Haus bei sei- ansonsten mag es sein und ist mutmaßlich so, nem Einsatz im Haus, eine Gefährdung darstellt dass amerikanische Stellen das Programm nutzen und dadurch in irgendeiner Form Daten an die für eigene Zwecke, um alles Mögliche zu Amerikaner geflossen sein könnten. Dass in dem machen. Das wird sicherlich so der Fall sein. Zusammenhang - -Deswegen war auch ITSiM, Aber das hat in dem Sinne ja keine Relevanz für also das IT-Sicherheitsmanagement, beteiligt an die Aufgaben der SAW gehabt. der SAW. Das ist sicherlich Aufgabe gewesen von ITSiM, das noch mal abzufragen oder noch mal Tankred Schipanski (CDU/CSU): Na ja, also Sie zu verifizieren; wobei ich mir sicher bin, dass sie können sich jetzt nicht erinnern, dass Ihnen das auch schon vorher getan haben. diese AG „XKeyscore” konkret Informationen zur Verfügung gestellt hat, Sie da noch mal nach- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja, dann hat gefragt haben: Wie kann das sein, weil das ist ja man das doch einordnen können. Das ist doch letztlich eine amerikanische Software? gut. - Also, Herr Vorsitzender, von unserer Seite her haben wir dann keine Nachfragen. Zeuge Frank Wingerath: Also, ich kann - - Das, was Sie jetzt sagen, ist mir nicht erinnerlich; ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Ich weiß das nicht. Sie müssten mir sonst die ent- hätte nur noch eine kleine Nachfrage. Es hat nach sprechende Fundstelle in der SAW-Akte sagen; den Veröffentlichungen von Snowden ein dann nehme ich dazu gerne Stellung. Ich weiß es Gespräch von BfV-Präsident Maaßen und Bot- im Moment nicht. schafter Emerson gegeben, wo es um die SCS ging. Haben Sie daran teilgenommen?

Zeuge Frank Wingerath: Nein.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Haben Sie Zeuge Frank Wingerath: Ja. Das wäre dann ein Kenntnisse von dem Gespräch? Einsatz der Amerikaner von XKeyscore. Da haben wir ja eben schon drüber gesprochen. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke. Dann NEN): Ja, ja, na klar. habe ich keine weiteren Fragen. Wenn Sie es nicht wissen, bringt es ja nichts. - Dann kommen Zeuge Frank Wingerath: Sprechen wir jetzt über wir zur nächsten Fraktion, die Fraktion Bündnis einen Einsatz im BfV von XKeyscore oder der 90/Die Grünen. Der Kollege von Notz. Amerikaner?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich wollte noch mal nachfragen bezüglich NEN): Wenn Ihre Mitarbeiter sozusagen - - Ich dieser Frage jetzt XKeyscore oder andere Pro- fange es mal anders an: Warum sind denn ver- gramme; aber XKeyscore ist vielleicht ein schö- schiedene Abteilungen eingebunden? Warum nes Beispiel. Also, haben Sie in Ihrer Arbeits- sind die Abteilungen 1, 3, 4, 6, IT und IT-Sicher- gruppe zu diesem Instrument XKeyscore irgend- heit bei Ihnen in der Arbeitsgruppe? - Weil die welche Erwägungen angestellt? Wird das in unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliche Deutschland eingesetzt? Perspektiven einbringen. So. Jetzt haben Sie den Hinweis aus den Snowden-Unterlagen, dass in Zeuge Frank Wingerath: Durch die Amerikaner Griesheim mittels XKeyscore Daten bearbeitet eingesetzt oder durch wen auch immer oder ganz werden, Metadaten, auch Kommunikations- allgemein? inhalte.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Ja. NEN): Durch die Amerikaner, durch einen der Five-Eyes-Staaten eingesetzt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt haben Sie in Ihrer 19-köpfigen Zeuge Frank Wingerath: Nein. Truppe Leute, die selbst XKeyscore nutzen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Ja. NEN): Ich habe das vorhin so verstanden, dass in Ihrer Arbeitsgruppe Mitarbeiter der Abteilungen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 3 und 6 waren und auch eben hier diese SIM- NEN): Findet da irgendwie - - Also, tun die das Leute da von der IT-Sicherheit. Haben die das dann abstrahiert und vergessen die, was die irgendwie mal thematisiert? selbst machen, oder redet man darüber: „Guck mal, wir setzen doch selbst ein; aber wir haben es Zeuge Frank Wingerath: Es kann sein, dass sie nicht zur Erfassung eingesetzt, weil das ist uns zu das intern thematisiert haben; aber ich würde heikel”, oder so? mal sagen, falls sie es getan hätten, nicht sonder- lich intensiv, weil es dafür keinen Anlass gibt Zeuge Frank Wingerath: Herr Abgeordneter, es oder gab und auch nicht gibt. geht doch bei XKeyscore, wenn ich das richtig verstanden habe, um ein Auswertungs- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- programm - NEN): Also, außer dass natürlich schon irgend- wie aufgrund der Snowden-Unterlagen der Ver- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dacht nahelag, dass in Griesheim XKeyscore ein- NEN): Ein Erfassungs- und Auswertungs- gesetzt wird. Und das muss ja irgendwie Gegen- programm. stand Ihrer Arbeit gewesen sein, dachte ich jetzt.

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Zeuge Frank Wingerath: - zur Analyse von Mas- Griesheim eben auch Erfassung macht, Erfassung sendaten. Ich sage aber, ich bin kein - - Ich habe an der Glasfaser. ganz, ganz rudimentäres Wissen nur über XKey- score, weil es für meine Arbeit keine Rolle Zeuge Frank Wingerath: Geht es darum - - Ich gespielt hat. Die Frage - - Oder: Die Amerikaner weiß über so gut wie keine einzige Software, die geben uns doch nicht das Programm, wenn sie es die Amerikaner einsetzen irgendwo im Bereich selber nicht nutzen. So würde ich jetzt mal von der NSA oder sonst wie. Warum sollte ich das der Logik her an die Sache herangehen. Selbst- auch wissen, oder woher soll ich das wissen? Sie verständlich nutzen sie das, und sie haben es für werden es mir auch niemals sagen. ihre Zwecke. Sie werden das irgendwo in den USA nutzen, möglicherweise auch überall dort Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder an anderen Stellen, wo sie Datenanalyse NEN): Weil Edward Snowden, ein Innentäter, betreiben. So. wie Sie ihn vorhin beschrieben haben, eben große Datenbestände öffentlich gemacht hat. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Zum Beispiel in Griesheim. Und jetzt wol- Zeuge Frank Wingerath: Ja. len Sie mir sagen, als Leiter dieser Arbeitsgruppe wussten Sie von Ihren Mitarbeiterinnen und Mit- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- arbeitern nicht, dass das auch ein Instrument zur NEN): Ja? Und das war die Erkenntnislage, Datenerfassung sein kann, nicht nur zur Daten- warum Sie jahrelang in einer Arbeitsgruppe auswertung, sondern zur Datenerfassung. Das wahrscheinlich viele Stunden zusammensaßen wussten Sie nicht; so habe ich eben Ihre Ausfüh- und Dinge überlegt haben. Und jetzt frage ich rungen verstanden. mich, ob man sich wirklich auf den Punkt retten kann, zu sagen: „Das sind alles so Dokumente Zeuge Frank Wingerath: Ja. gewesen; niemand hat uns die Echtheit bestätigt, niemand hat widersprochen, und dann konnten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir halt auch nichts machen“, also ob das wirk- NEN): Ah, ja. Weil das ist eine interessante Infor- lich eine Argumentationslinie ist. mation. Das BfV hat nämlich XKeyscore bewusst nicht zur Datenerfassung eingesetzt, weil man Ich werfe Ihnen - ich will das noch mal klarstel- dem Ding nicht über den Weg getraut hat. Man len, weil wir das vorhin - - Nur, damit wir uns da das hat das so stand-alone-mäßig gebaut und so, nicht falsch - - Ich werfe Ihnen das nicht persön- weil man gedacht hat: Um Gottes Willen, wir lich vor. Aber Sie sitzen hier heute als Vertreter holen uns hier so einen Trojaner ins Haus, Vor- einer Behörde, über deren Tätigkeit wir ja irgend- sicht! Also, da gab es ein Problembewusstsein. wie nachher was aufschreiben müssen; wir Und deswegen wundert mich, dass solch- - schreiben ja am Ende auch einen Bericht. Und dann geht es darum: Wie ist das nun mit der Zeuge Frank Wingerath: Ist ja auch besser. Spionageabwehr gewesen? Und wenn man eben sozusagen dann so eine Arbeitsgruppe hat, die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- SAW, die sich da jahrelang mit beschäftigt und NEN): Ja, nur solche Erkenntnisse scheinen eben irgendwie nachher sagt: „Wir wissen gar nicht, nicht Teil Ihres Arbeitsprozesses gewesen zu was passiert; wir wissen gar nicht, was XKey- sein, - score machen kann”, obwohl das alles im Inter- net breit steht und diese Dokumente - - Kein ein- Zeuge Frank Wingerath: Warum? ziges ist davon heute in Zweifel gezogen worden, auch nicht von der NSA. Ich sage Ihnen, es sind Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Millionen Menschen da draußen - hier, der Kol- NEN): - wenn Sie als Leiter der Gruppe nicht wis- lege Schipanski an erster Stelle -, die würden viel sen, dass eines der wesentlichen Instrumente der drum geben, dass man sagt: Das ist ein falsches NSA offensichtlich im Einsatz in Deutschland, in

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Dokument. - Gibt es nicht einen einzigen, der ge- (Heiterkeit) sagt hat, eins dieser Dokumente sei falsch. Oder wissen Sie von einem falschen Snowden-Doku- was war sozusagen - - also, was haben Sie kon- ment? kret in der Behörde veranlasst, außer gefragt: „Dürfen wir bei euch ins Botschaftsgebäude, mal Zeuge Frank Wingerath: Nein, ich weiß aber auf dem Dach gucken?“? - Da haben die natürlich auch - gesagt: Nein. - Das leuchtet mir ein. Würden die Deutschen wahrscheinlich in Washington auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht machen, vermute ich mal, ja? So, aber was NEN): Nein. ist denn sonst konkret passiert? Also, wo haben Sie konkrete Konsequenzen oder irgendwie so Zeuge Frank Wingerath: - nichts von der was gefordert - also jetzt nicht Sie persönlich, Authentizität. Wenn Sie sie nicht - - sondern Ihr Präsident oder so? Oder haben Sie Sachen vorgeschlagen, und die doofe Politik - bin Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich ja sofort bereit, mir das anzuhören - hat das NEN): Nein, wir wissen auch nicht - - Ich war dann nicht umgesetzt? Wissen Sie, was mich so auch nicht dabei, als es auf den Mond ging. Aber ein bisschen verzweifelt zurücklässt ist: Ich habe wir wissen irgendwie aus den öffentlichen den Eindruck oder man gewinnt den Eindruck, Medien, dass - - obwohl Snowden diese Sachen veröffentlicht hat, die Hütte lichterloh brannte und man gemerkt (Heiterkeit - Zurufe) hat, man hat irgendwie gigantische Probleme, hat sich nichts verändert. Und das kann doch - Okay, vielleicht. Was denn? irgendwie nicht sein, oder?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz ruhig, Zeuge Frank Wingerath: Das ist keine Frage, die ganz ruhig! ich beantworten kann, Herr von Notz. Dafür bin ich nicht zuständig. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, nein. Aber ich meine, was ist denn das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- für eine Haltung, zu sagen - - NEN): Okay.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich meinte ja Zeuge Frank Wingerath: Ja? Also, das klingt jetzt auch nicht dich mit „ganz ruhig”, ich meinte die doof, nach „Ach, der Beamte sagt wieder, er sei anderen. nicht zuständig”; aber das, nach was Sie hier fra- gen, ist ein umfassendes politisches Konzept. Sie (Heiterkeit) sehen mir nach, dass ich dafür nicht zuständig bin und erst recht mich nicht dazu hier äußern Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- werde. NEN): Das stimmt nun wieder. So. - Also, deswe- gen die Frage: Wenn Sie mit dieser Arbeitsgruppe Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da zusammensitzen, NEN): Persönlich sehe ich Ihnen das total nach, und ich glaube, inzwischen auch einen guten (Der Zeuge berät sich mit Eindruck zu haben, wie kompliziert Dinge seinem Rechtsbeistand) manchmal in so Behörden und mit der Politik- verwurzelung und -verdingsung sind. Gut. - Und außer dass Sie Überflüge gemacht haben über die Konsequenzen, die Sie gegebenenfalls vorgeschlagen haben, reden wir im nichtöffentli- (Dr. André Hahn (DIE chen Teil. So. LINKE): Umflüge!)

- Umflüge -,

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Noch mal eine Frage im Hinblick auf das rechtli- gibt es, und was kann BfV oder Deutschland che Problem und eben auch die Aussagen der dagegen tun? Amerikaner, sie würden sich an Recht und Gesetz halten. Das scheint ja eine Definitions- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- frage zu sein. Haben Sie sich mit dieser Sache NEN): Na ja, also ein paar Sachen sind ja kein mal auseinandergesetzt, und könnte vielleicht Geheimnis. Wir wissen ja, dass für einen Teil der die Diskrepanz zwischen dem Verständnis, ob Daten, die da ins ECC geleitet werden - - dass das die Amerikaner legal oder illegal handeln, darin die Deutschen selbst machen. Das ist ja keine liegen, dass die Amerikaner sagen: „Solange wir Weltraumtheorie, Bad Aibling usw. mit Maschinen in diesen Datenbergen hier rum- wühlen, so lange verletzen wir überhaupt gar „Eikonal”: Haben Sie sich im Rahmen Ihrer Auf- keine Persönlichkeitsrechte. Ihr Deutschen mögt klärungsarbeit mit dem Projekt „Eikonal” das anders sehen. Wir sehen es aber so, und des- beschäftigt? wegen können wir lauteren Herzens sagen: ,Wir halten uns an Recht und Gesetz’”? Also, haben Zeuge Frank Wingerath: Nein. Sie diese rechtliche Erwägung in Ihrer Gruppe bewegt und da vielleicht einen Problempunkt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- erkannt? NEN): Haben Sie nie gehört?

Zeuge Frank Wingerath: Als Nichtjurist glaube Zeuge Frank Wingerath: Doch. ich, sagen zu können, dass das juristisch diffi- zilste Problem nicht das ist der Datenbearbeitung Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder -analyse, sondern der Knackpunkt ist doch NEN): Also damals in der Gruppe. der der Datenerfassung: - Zeuge Frank Wingerath: Ach so, nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und der Bundesnachrichtendienst hat Zeuge Frank Wingerath: - Wo kommen die Daten auch nicht gesagt: „Ach übrigens, da müssen wir her, die man - - Und wie gelangt man zu diesen euch mal was erzählen: Wir waren da mal zusam- Daten, - men auf der Glasfaser, und da haben wir ganz viele Daten da hingeleitet; das tut uns jetzt auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- leid. Ist das Spionage, oder?“? Ist das besprochen NEN): Genau. worden?

Zeuge Frank Wingerath: - mit denen man hinter- Zeuge Frank Wingerath: Es ist nicht Aufgabe des her irgendetwas macht? Das ist der zweite BfV, Tätigkeiten des BND aufzuklären. Schritt. Der erste Schritt ist doch die Frage: Wo kommen die Daten her? (Martina Renner (DIE LINKE): Auch Markus R.?) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Richtig. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na, im Inland - - Wenn der BND sozusagen Zeuge Frank Wingerath: So. Und darüber müs- die Quelle der Daten ist, die dann in Griesheim sen wir uns unterhalten, und das tun wir doch bearbeitet werden, - auch gerne nachher im nichtöffentlichen Teil: Welche Erkenntnisse haben wir, wie die Ameri- Zeuge Frank Wingerath: Nein. Selbstverständ- kaner an die Daten kommen, und welche ver- lich nein. schiedenen Möglichkeiten der Datenerhebung

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - dann ist das nicht Ihre Aufgabe? NEN): Gab es einen Zwischenbericht zu Ihrem Abschlussbericht? Zeuge Frank Wingerath: Noch mal die Frage. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wenn die Quelle der Daten, die die Ameri- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kaner mit XKeyscore in Deutschland - in NEN): Haben Sie Herrn Maaßen, dem Präsiden- Deutschland! - bearbeiten, der Bundesnachrich- ten, mal einen Stand berichtet? tendienst ist, der über gefakte G-10-Genehmigun- gen Daten erfasst und die dann an die Amerika- Zeuge Frank Wingerath: Fortlaufend. ner weiterleitet, ist das kein Fall für Sie. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: In dieser Allgemeinheit NEN): Mündlich. nein. Zeuge Frank Wingerath: Und schriftlich. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dann muss ich aber die Frage des Vorsit- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zenden wiederholen: Wer würde denn da sozusa- NEN): Und schriftlich. Also, es gibt so Zwischen- gen sich zuständig fühlen? berichte.

Zeuge Frank Wingerath: Also, zunächst mal gehe Zeuge Frank Wingerath: Die nicht als solche titu- ich davon aus, dass die Datenübermittlung vom liert sind, sondern ich sagte das - - BND nach Recht und Gesetz verläuft und dass - - Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des BfV, darüber Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu wachen, ob dem so ist oder ob dem nicht so NEN): Das mag sein, aber die faktisch so was ist. Also das - - sind.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Vorhin hatte der Abge- NEN): Wir haben inzwischen einige Zweifel an ordnete Schipanski - war es, glaube ich - mich dieser ersten These, und das wäre ja mal ein gu- schon mal danach gefragt, und da habe ich ge- ter Anlass gewesen, anhand dieser Snowden-Un- sagt: Wir haben zu Beginn permanent Sprech- terlagen das infrage zu stellen, weil der Bundes- zettel, alles Mögliche geliefert, weil von außen nachrichtendienst war ja meiner Ansicht nach die Anfragen kamen. Als diese Anfragen nach- auch die treibende Kraft, die irgendwie XKey- gelassen haben, gab es die Weisung der Amts- score ins BfV getragen hat, ja? leitung, im 14-tägigen Rhythmus zu berichten. Das haben wir getan, bis zum Endbericht. Zeuge Frank Wingerath: Kann ich nichts zu sagen, weil ich es nicht weiß. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und die haben wir auch, die Unterlagen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gab es ganz kurz - - MR Torsten Akmann (BMI): Das kann ich jetzt nicht beantworten. Ich gehe davon aus. Wir prü- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sollen wir fen das. jetzt wechseln? Das würde sich anbieten. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr, gut. Das wäre gut. Danke. NEN): Eine letzte Frage.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Gut, Christian Flisek (SPD): In welchem Zusammen- dann kommen wir zur Fraktion der SPD. Herr hang? Kollege Flisek beginnt. Zeuge Frank Wingerath: Ehrlich gesagt, muss ich Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- ein bisschen passen. Ich meine, im Zusammen- der. - Herr Wingerath, auch erst mal von meiner hang mit Wirtschaftsspionage. Seite guten Tag! Christian Flisek (SPD): Im Zusammenhang mit Zeuge Frank Wingerath: Tag! Wirtschaftsspionage. In diesem Zusammenhang taucht er auch bei uns auf. Und - - Christian Flisek (SPD): Jetzt würde ich Sie gerne erst mal befragen, ob in Ihrer Zeit beim BfV Ihnen Zeuge Frank Wingerath: Ich sage Ihnen aber irgendwann einmal was untergekommen ist von gleich: Ich kann substanziell dazu nichts sagen, problematischen NSA-Selektoren in Bezug auf weil ich es wirklich nicht weiß. EADS oder Eurocopter, konkret im Zeitraum 2006 ff. Christian Flisek (SPD): Gut. - Hat man denn darüber geredet? Wenn Sie sagen: vom Hören- Zeuge Frank Wingerath: Vom Hörensagen habe sagen. Irgendwo muss er ja mal gefallen sein, der ich das Thema Eurocopter gehört. Ich bin aber Begriff. erst im November 2010 bei der Spionage- abwehr - - habe ich erst angefangen. Zeuge Frank Wingerath: Ja, natürlich.

Christian Flisek (SPD): Wann haben Sie angefan- Christian Flisek (SPD): Sie müssen das jetzt nicht gen? November? auf einen Tag oder eine Sitzung festnageln, aber mal irgendeinen Kontext herstellen. Bei welcher Zeuge Frank Wingerath: 2010, November 2010. Gelegenheit ist Ihnen der Begriff untergekom- men? Christian Flisek (SPD): Gut. Dann machen wir mal November 2010. In dieser Funktion dort, ist Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich Ihnen ehr- Ihnen da was untergekommen, und wenn ja, lich nicht mehr sagen. Also, wenn ich jetzt sagen wann? würde - - Oder, ich kann es nicht sagen. Viel- leicht, aber wirklich vielleicht als Beispiel für Zeuge Frank Wingerath: In der Sache nichts, nur Wirtschaftsspionage. Ich weiß, dass Kollegen sich das Thema Eurocopter hörte man bisweilen, wo damit intensiv befasst haben, aber auch intensiv der von - - befasst haben vor 2010; denn wenn man sich intensiv damit befasst hätte, als ich schon da war Christian Flisek (SPD): In dem Zeitraum vor den in der Abteilung, hätte ich das mutmaßlich auch Snowden-Veröffentlichungen. intensiver mitbekommen.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Christian Flisek (SPD): Also, ich verstehe Sie jetzt richtig: Wenn sozusagen vor Ihrem Antritt Christian Flisek (SPD): Also, man hat im Prinzip im Jahr 2010 man sich damit intensiver befasst vom Hörensagen, wie Sie es jetzt mal so gesagt hätte, - haben - - Also, Ihnen ist da nicht irgendwie ein Dokument oder irgendwas auf den Tisch gekom- Zeuge Frank Wingerath: Hat man nicht. men. Vom Hörensagen ist der Begriff Eurocopter vor den Snowden-Veröffentlichungen innerhalb Christian Flisek (SPD): - dann wäre Ihnen da was des BfV geläufig gewesen. Konkretes auf den Tisch - -

Zeuge Frank Wingerath: Ja.

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Zeuge Frank Wingerath: Da hat man sich auch Zeuge Frank Wingerath: Manche Arbeitsbereiche intensiver mit dem Thema Eurocopter befasst. Es treffen sich routinemäßig, regelmäßig; manche ist immer ein Fall gewesen. Im Bereich des Wirt- Arbeitsbereiche treffen sich anlassbezogen - zum schaftsschutzes wurde immer wieder der Euro- Beispiel -, oder es gibt einen schriftlichen Aus- copter-Fall - - Der Begriff fiel. Aber ich habe mich tausch; wird ein Fall beispielsweise vom BND an da nie drum gekümmert, weil erstens für das uns abgegeben oder umgekehrt. Und dann läuft Thema Wirtschaftsspionage ein eigenes Referat das auf schriftlichem Wege an die jeweils zustän- zuständig ist und zweitens das Ganze sehr lange dige Arbeitseinheit. Und - - her ist und der Fall, soweit es mir erinnerlich ist, als abgeschlossen galt. Christian Flisek (SPD): Wie würden Sie denn das Arbeitsverhältnis zwischen den beiden Behörden Christian Flisek (SPD): Na ja, aber wichtig ist ja charakterisieren? Ist das hervorragend, kollegial, jetzt erst einmal, dass das überhaupt in den Rei- oder ist das eher sportlich, wettbewerbsorien- hen des Bundesamtes für Verfassungsschutz auch tiert? Wir hören ja von den Amerikanern - angeb- vor den Snowden-Veröffentlichungen Thema lich -: Bei den ganzen Geheimdiensten, die die da war. Jetzt stelle ich mir mal die Frage: Wie läuft haben, da gönnt der eine dem anderen nicht den denn da so ein Informationsaustausch? Sie haben Dreck unterm Fingernagel; ich sage das jetzt mal ja gerade selber mal Ihre Arbeit so charakterisiert, so zugespitzt. dass Sie nicht zuständig sind, die Arbeit des BND zu kontrollieren, und dem stimme ich ja grund- Zeuge Frank Wingerath: Es gibt sicherlich Berei- sätzlich auch zu. Und jetzt stelle ich mir aber che, wo es besser sein könnte; aber es gibt auch trotzdem die Frage, wie beispielsweise, wenn der Bereiche, wo es ausgesprochen gut ist. Das ist - - BND im Rahmen seiner Arbeit, seiner Aufklä- rungsarbeit, auf Fälle stößt, wie beispielsweise Christian Flisek (SPD): In welchen Bereichen EADS, Eurocopter - - Wie läuft dann da ein Infor- könnte es besser sein? mationsaustausch in Bezug auf die Leute in Ihrem Amt, die für Spionageabwehr zuständig Zeuge Frank Wingerath: Das sind jetzt ganz spe- sind? Wie soll ich mir das vorstellen? Schreibt zielle Arbeitsbereiche. Das hängt - - dann der Präsident A dem Präsident B einen Brief, oder - - Gibt es da einen regelmäßigen Christian Flisek (SPD): Welche? - Herr Dr. Informationsfluss? Brandt. Ich übernehme das mal gerade, Herr Sensburg, ja? Zeuge Frank Wingerath: Das läuft in den seltens- ten Fällen über die Präsidentenebene, sondern Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das kann der das läuft auf der Fachebene, dass das zuständige Herr Brandt alleine. Referat dort - - Ich kann Ihnen aber, wenn Sie das nur an diesem Beispiel EADS oder Eurocopter - - RR Dr. Karsten Brandt (BMI): Vielen Dank, Herr Flisek. - Uns stellt sich nur gerade die Frage nach Christian Flisek (SPD): Ich frage jetzt mal allge- dem Untersuchungsgegenstand: die spezielle mein, unabhängig von diesem Fall. Zusammenarbeit zwischen BfV und BND.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Christian Flisek (SPD): Ja, es ist ja nicht ausge- schlossen, dass das, was sozusagen verbesse- Christian Flisek (SPD): Also, mich interessiert rungswürdig ist, untersuchungsgegenständlich ganz einfach: Wenn Sie sagen: „Auf der Fach- ist. Insofern würde ich dem Zeugen raten, wenn ebene laufen da Informationsflüsse”, sind das sozusagen das, was aus seiner Sicht verbesse- regelmäßige Treffen, Routinen, die da definiert rungswürdig ist, im Bereich des Untersuchungs- sind, wie so was zu laufen hat? gegenstandes ist, wahrheitsgemäß zu antworten und das, was nicht untersuchungsgegenständlich

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ist, wegzulassen. Aber per se jetzt die Antwort Zeuge Frank Wingerath: Nein, mit Snowden hat abzuschneiden, halte ich nicht für korrekt. das nichts zu tun.

RR Dr. Karsten Brandt (BMI): Nein, aber mit dem Christian Flisek (SPD): Gar nichts? konkreten Bezug auf den Untersuchungs- gegenstand völlig in Ordnung. Zeuge Frank Wingerath: Das macht insbesondere unser Präsident. Er legt großen Wert auf eine gute Christian Flisek (SPD): Sehen Sie. Kooperation mit dem BND und forciert das sehr stark. Das - - Und wir bekommen auch - - Er trifft Zeuge Frank Wingerath: Können Sie die Frage sich regelmäßig mit BND, und es gibt auch regel- dann bitte noch mal wiederholen? mäßig von ihm initiierte Arbeitstreffen.

Christian Flisek (SPD): Also: Welche Bereiche - Christian Flisek (SPD): Sie werden ja diese haben Sie ja gerade angesprochen - sind in der gesamte Problematik rund um Selektoren der Zusammenarbeit zwischen Bundesamt für Ver- NSA und auch BND-eigene Selektoren aufmerk- fassungsschutz und Bundesnachrichtendienst sam, denke ich mal, verfolgt haben, wenn jetzt aus Ihrer Sicht verbesserungswürdig? Natürlich nicht direkt unmittelbar aus Ihrer Arbeit, dann nur die Bereiche, die Gegenstand des Unter- doch so zumindest aus der Presse. Davon gehe suchungsgegenstandes sind. ich aus.

Zeuge Frank Wingerath: Gut. Also, als ich begon- Zeuge Frank Wingerath: Ja. nen habe, war ich auch zuständig für den Bereich elektronische Angriffe. Da gab es zu dem Zeit- Christian Flisek (SPD): Ja. - Was haben Sie sich punkt so gut wie keinen Austausch, so gut wie denn so gedacht, als so die Presseveröffentli- keine Kooperation. In der Zwischenzeit gibt es chungen in der Form, wie wir sie kennen - - als eine recht intensive Kooperation, auch in geson- Sie das zur Kenntnis genommen haben? Was derten Gremien. Das wäre also ein Beispiel dafür, haben Sie sich da für Ihre Arbeit, für Ihre Funk- wie sich das verbessert hat. Hat sich auch verbes- tion als derjenige, der in Deutschland unter ande- sert durch intensive Bemühungen der beiden Prä- rem für die Spionageabwehr zuständig ist, sidenten. gedacht? Wie haben Sie das eingeordnet?

Christian Flisek (SPD): Okay. - Gibt es so was Zeuge Frank Wingerath: Mein erster Gedanke ist wie eine gemeinsame Strategie dieser beiden immer: Vorsicht, Vorsicht, stimmt das alles so, Behörden in Bezug auf Abwehr beispielsweise was da steht? von Cyberangriffen, Wirtschaftsspionage, alles das, was uns hier interessieren könnte? Christian Flisek (SPD): Denken wir auch, ja.

Zeuge Frank Wingerath: Dort, wo die beiden Zeuge Frank Wingerath: Wie bitte? Behörden sich zuständigkeitshalber ergänzen können, legt die Amtsleitung großen Wert darauf, Christian Flisek (SPD): Ja, denken wir auch. dass es einen entsprechenden Austausch gibt. So es ihn noch nicht gibt, ist jedenfalls im BfV sei- Zeuge Frank Wingerath: Ja, man ist ja dann tens der Amtsleitung großen Wert darauf gelegt, leicht geneigt, wenn man keine andere Möglich- dass wir das initiieren und dass wir dass wir uns keit der Verifikation hat, das dann irgendwann intensiv mit dem BND austauschen. doch einfach zu glauben und zu übernehmen. Ich kann es im Ergebnis nicht genau sagen, was der Christian Flisek (SPD): Was das immer schon so, BND macht, und kann deswegen auch kein Urteil oder ist das eine Folge der Snowden-Veröffentli- darüber fällen und will das auch nicht. chungen?

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Christian Flisek (SPD): Na ja, können Sie schon, kritisch sind, Informationen in Deutschland abge- aber wollen Sie nicht jetzt, nicht? griffen werden, die Sie eigentlich im Rahmen der Spionageabwehr - - was Sie verhindern müssten, Zeuge Frank Wingerath: Nein, ich weiß nicht dass das geschieht. Verstehen Sie? Und ich stelle genau, was da tatsächlich gelaufen ist. Ich kenne mir jetzt die Frage: Zu welcher Diskussionslage einige Presseveröffentlichungen - - Ich kann mir führt das bei Ihnen im Amt? an einigen Stellen nicht vorstellen, dass das so ist. Zeuge Frank Wingerath: Zu einer Diskussions- lage im Amt führt das sicherlich nicht. Zunächst Christian Flisek (SPD): Jetzt unterstellt - - Jetzt mal - das klingt jetzt platt, aber das ist auch wirk- ganz konkret mal - - Machen wir es mal konkre- lich meine tiefe Überzeugung - gehe ich davon ter, Herr Wingerath: Also, wenn - jetzt mal unter- aus, dass Behörden und Behördenmitarbeiter stellt, bei aller Vorsicht, die zugegebenermaßen nach Recht und Gesetz handeln. Wenn sie das da geboten ist, dass man nicht immer glaubt, was nicht tun, finde ich das auch nicht gut und auch auch gut arbeitende, investigativ arbeitende Jour- nicht unterstützenswert. nalisten vielleicht veröffentlichen - - Es ist in der Tat so, dass - - Oder sagen wir es mal (Der Zeuge berät sich mit so rum: Wenn also beim BND dort Dinge passiert seinem Rechtsbeistand) sein sollten - für den Fall, dass dem wirklich so wäre; aber ich sage noch mal: ich weiß es nicht -, - Wollen Sie gerade Pause haben, wenn der dann muss sich der BND sicherlich das eine oder Rechtsbeistand - - andere dann auch diesbezüglich vorwerfen las- sen. Aber ich kann dazu - - weil ich es im Kon- Zeuge Frank Wingerath: Nein, ist okay. kreten nicht weiß.

Christian Flisek (SPD): Ja, mir geht es immer Christian Flisek (SPD): Ja, alles klar. Nur, ich darum, dass man die Frage auch ordentlich hört. will einfach einen Eindruck kriegen: Wie läuft das? Geht dann Ihr Präsident zum Innenminister Zeuge Frank Wingerath: Ja, Entschuldigung. und sagt, er soll dann im Kanzleramt mal dafür sorgen, dass hier ein Austausch - - Oder läuft das Christian Flisek (SPD): Also, bei aller Skepsis, auf der Fachebene? Oder sagen Sie einfach: „Na die vielleicht manchmal geboten ist bei irgend- ja, wir warten mal ab, was passiert”? welchen Veröffentlichungen, aber wenn man jetzt mal unterstellt: Also, man sieht, wir haben Zeuge Frank Wingerath: Worauf? Inwieweit das einen Auslandsgeheimdienst, der im Bereich der sanktioniert wird beim BND, oder was meinen Signal Intelligence eng mit anderen Diensten Sie? zusammenarbeitet, da kommt es zum Einsatz von Suchbegriffen, Selektoren, und man sieht auch, Christian Flisek (SPD): Ja, auf was auch immer. dass natürlich das nicht im rechtsfreien Raum ist, Ich meine, das sind ja Dinge, die in Ihren Zustän- dass insbesondere man sicherstellen muss, dass digkeitsbereich fallen. bestimmte Selektoren, die nach Deutschland ge- richtet sind, aussortiert werden müssen, aber Zeuge Frank Wingerath: Nein, das sind keine man sieht auch, dass dieses Filtersystem eigent- Dinge, die in meinen Zuständigkeitsbereich fal- lich nicht so richtig funktioniert, wie das viel- len. leicht funktionieren sollte, und dass das natür- lich dann Konsequenzen hat, nämlich eventuell - Christian Flisek (SPD): Doch. ich sage jetzt „eventuell“ -, dass sich ein Dienst, in dem Fall der BND, in einer Kooperation daran Zeuge Frank Wingerath: Ich wüsste nicht, was beteiligt, dass mithilfe solcher Selektoren, die ich denn da machen soll.

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Christian Flisek (SPD): Na ja, vielleicht - noch verstanden habe - die: BND erhebt illegal Daten mal - nicht Sie in Person. Aber ich sage jetzt mal: und gibt sie an die Amerikaner weiter in Wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz für Deutschland? Spionageabwehr zuständig ist - Christian Flisek (SPD): Der BND zumindest - - Zeuge Frank Wingerath: Ja. Meine Arbeitsthese ist die, dass der BND große Probleme hat mit der Selektion der von der NSA Christian Flisek (SPD): - und im BND Selektoren beispielsweise überlassenen Selektoren - eingesetzt werden - ich sage jetzt mal; ich unter- stelle das -, die genau das befördern, weil sie Zeuge Frank Wingerath: Ja. eben NSA-Selektoren scharfstellen, die vielleicht in einem hohen Maße kritisch sind, weil die Christian Flisek (SPD): - in Bezug auf G-10- Filtertechnologie so nicht funktioniert - - Schutz, in Bezug auf deutsche Interessen und im Zweifel auch in Bezug auf den Schutz deutscher Zeuge Frank Wingerath: Also, ich bin dafür Interessen im Bereich der Wirtschaftsspionage. nicht nur nicht zuständig, sondern es steht ja So. Das ist meine These, mit der ich arbeite. auch im Gesetz drin - jetzt muss ich mich zu Darüber reden wir hier. rechtlichen Dingen äußern -: für eine fremde Macht. Schon allein daraus geht hervor, dass das, Zeuge Frank Wingerath: Wenn dem so sein was der BND macht, nicht unser Untersuchungs- sollte, ist die persönliche Meinung des Frank auftrag sein kann. - Herr Flisek, ich bin gerne be- Wingerath: Das finde ich auch nicht gut. Aber ich reit, zu antworten. Ich glaube aber - - Oder ich kann doch nicht die Arbeit des BND kommentie- verstehe Sie nicht; sagen wir es mal so rum. Wir ren; das können Sie wirklich nicht ernsthaft von reden ein Stückchen befürchtungsweise aneinan- mir erwarten, dass ich das hier tue. der vorbei. Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswol- len. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das ist Beihilfe zur Christian Flisek (SPD): Ja, nein. Ich will halt nur, Spionage!) Herr Wingerath, einen Eindruck bekommen, wie zwei große Behörden, die mit nicht unerhebli- Christian Flisek (SPD): Na ja, Herr Hahn, jetzt chen Steuermitteln finanziert werden und die im sind Sie mal - - Zweifel eben auch gegenläufige Aufgabenstellun- gen haben oder zumindest Aufgabenstellungen, Zeuge Frank Wingerath: Das hat nichts mit Spio- die kollidieren können, wenn in einem Bereich nage zu tun. Fehler passieren - - wie damit umgegangen wird. Weil, ich sage mal, diesen Satz - und das ist kein Christian Flisek (SPD): Ja, ja. Also, das haben Sie persönlicher Vorwurf an Sie; also verstehen Sie jetzt mal überhört. - Aber der Punkt ist doch - es bitte nicht falsch -: „Das ist nicht mein Zustän- und das ist ja das - - Ich meine, wir haben ja hier digkeitsbereich; das ist nicht unsere Aufgabe; ist als Parlamentarier auch die Aufgabe, am Ende nicht unser Zuständigkeitsbereich”, das hören unserer Arbeit zu sagen, was sind unsere Vor- wir hier im Ausschuss sehr oft. Insgesamt macht schläge, was verbesserungsbedürftig ist. So. Und das dann aber den Eindruck, als wäre sozusagen wenn jetzt sich hier ein Eindruck verfestigt, dass, das doch ein relatives Schubladendenken im ich sage mal, in einer doch, wie ich finde, nicht Sinne von: Das ist das Bier der anderen Seite, unwesentlichen Situation für unsere Dienste - auch wenn wir eigentlich die Aufgabe haben bei man könnte vielleicht sogar sagen, dass es viel- uns, das zu verhindern. leicht sogar eine existenzielle Situation ist, weil man gerät ja massiv politisch unter Beschuss - Zeuge Frank Wingerath: Dann sagen Sie es doch sich der Eindruck hier verfestigt, dass das zwei bitte konkret, was Sie meinen. Ist Ihre These - ich völlig irgendwo separate Welten sind, wo man weiß es nicht; ich weiß nicht, ob ich Sie richtig

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eben - - Jeder macht da so seine Krisenbewälti- Christian Flisek (SPD): Nein, okay. - Dann hätte gung, ja? Aber das läuft nirgendwo wirklich zu- ich jetzt eine letzte Frage: Welche Vorkehrungen sammen, ja? Verstehen Sie, worauf ich hinaus- gibt es denn in Ihrem Amt dafür, dass Vorgänge will? Dann ist das für mich natürlich schon eine von besonderer Bedeutung im Sinne von § 4 Grundlage, zu überlegen, ob das so, wie es läuft, PKGr-Gesetz auch tatsächlich an das Parlamenta- der Weisheit letzter Schluss ist. rische Kontrollgremium gelangen? Gibt es da Dienstanweisungen, Richtlinien? Wie muss ich Zeuge Frank Wingerath: Ich verstehe, worauf Sie mir das vorstellen? hinauswollen, aber ich teile Ihre Meinung nicht in dieser speziellen Situation. Selbstverständlich Zeuge Frank Wingerath: Es gibt regelmäßig sehe auch ich die Notwendigkeit ein und würde Abfragen seitens der zuständigen Stelle, die die mich auch immer dafür einsetzen, dass es einen Anmeldungen vornimmt im Amt. Es gibt regel- möglichst intensiven und reibungslosen Aus- mäßig Abfragen und Aufforderungen, Erinnerun- tausch und eine reibungslose und intensive gen daran, dass dort eine Verpflichtung besteht, Zusammenarbeit für Deutschland und im Sinne vorzutragen. Dann machen die einzelnen Arbeits- Deutschlands gibt. Überhaupt keine Frage; bin bereiche - auch die Spionageabwehr - ihre Vor- ich jederzeit dabei. Aber das sind zwei völlig schläge und geben die dort an diese Stelle, und getrennte Dinge voneinander. Was der BND da dann wird es von dort aus weitergetragen und treibt, hat mit unserer Arbeit nichts zu tun. kommt dann entweder ins PKGr oder manchmal auch nicht. Wir hatten auch Sachverhalte, die Christian Flisek (SPD): Sind Ihnen denn irgend- ewig auf der Tagesordnung des PKGr standen wann mal andere kritische Selektoren in Ihrer und nie zum Zug kamen. Arbeit untergekommen? Christian Flisek (SPD): Und die Subsumtion, wie Zeuge Frank Wingerath: Von wem und in wel- die Juristen sagen, darunter „Was ist ein Vorgang cher Form? von besonderer Bedeutung - - Also, wer macht das dann in der ersten Stelle? Das macht die Christian Flisek (SPD): Na ja, im Sinne des jeweilige Abteilung, Referat, wo das aufläuft. Untersuchungsgegenstandes von Diensten der Five-Eyes-Staaten. Zeuge Frank Wingerath: Genau.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Christian Flisek (SPD): Wie wird das operabel gemacht, damit die überhaupt eine Vorstellung Christian Flisek (SPD): Ja? haben, was die wie einzuordnen haben? Geht man da hin und sagt: Im Zweifel melden wir lie- Zeuge Frank Wingerath: Ach so, nein, nein, ich ber alles, oder? sagte Ja jetzt zum Verständnis. Zeuge Frank Wingerath: Die wichtigen Themen, Christian Flisek (SPD): Ach so. würde ich sagen: Ja, im Zweifel lieber alles. Das Problem ist aber, dass ganz - - Oder sagen wir Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste mal, dass man es auch erst zu einem sinnvollen dann die letzte Frage sein, weil eigentlich die Zeitpunkt - sinnvoll nicht nur aus unserer Per- Zeit - - spektive, sondern auch für das PKGr zu einem sinnvollen Zeitpunkt - macht, nämlich dann, Christian Flisek (SPD): Aber eine hätte ich dann wenn es wirklich Substanz hat und sich nicht - - noch. Christian Flisek (SPD): Ja, da kann ich mir natür- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, okay. lich jetzt nicht die Bemerkung gerade verkneifen, dass gerade bei „Corelli“ die Frage, was ein sinn- Zeuge Frank Wingerath: Nein.

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voller Zeitpunkt ist, manchmal sehr diskussions- Wir kommen zur nächsten Fragerunde. Und da bedürftig ist. - Aber war es jetzt auch. Damit wir mit der zweiten Fragerunde eben durch haben Sie überhaupt nichts zu tun; das gestehe waren, beginnen wir jetzt neu mit der Fraktion ich Ihnen zu, Herr Wingerath. Die Linke. Frau Kollegin Renner hat das Wort.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Herr Win- lichen Dank, Herr Kollege Flisek. - Wir sind jetzt gerath, in welcher Form haben Sie bei Ihren am Ende der Zeit der Fraktion der SPD. Wir müs- Untersuchungen mit dem BND kooperiert, sen auch vor der nächsten Runde unterbrechen, zusammengearbeitet, sich ausgetauscht? weil wir zu einer namentlichen Abstimmung müssen. Wir hoffen, dass wir nach der Abstim- Zeuge Frank Wingerath: Jetzt konkret bezogen mung über die Behindertengleichstellung noch auf die SAW-Tätigkeit? mal hier wieder hinkommen, weil danach ist schon wieder eine namentliche Abstimmung zur Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Bahnstreckenstilllegung. Aber wir hoffen, dass wir direkt nach der Abstimmung wieder hier Zeuge Frank Wingerath: Wir haben bei manchen sind. Sie haben eine kurze Pause. Dingen gefragt, ob das plausibel erscheint aus der Sicht eines Auslandsnachrichtendienstes, dass Zeuge Frank Wingerath: Danke. man so etwas und wenn ja, wie macht.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, die Sit- Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie dort mit zung ist unterbrochen. der Abteilung TA zusammengearbeitet?

(Unterbrechung von Zeuge Frank Wingerath: Die Dinge sind in der 14.40 bis 15.20 Uhr) Regel schriftlich dort hingegangen. Das kann ich jetzt im Moment nicht ganz genau sagen, wer da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine geantwortet hat dann von denen. Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung des Untersuchungsausschusses wird fortgesetzt. - Martina Renner (DIE LINKE): Also, es gab keinen Ich sehe eine Wortmeldung der Bundesregierung. speziellen Ansprechpartner. - Gab es auch mal Herr Akmann. Besprechungen?

MR Torsten Akmann (BMI): Vielen Dank, Herr Zeuge Frank Wingerath: Ich weiß, dass sie auch Vorsitzender. - Der Abgeordnete Herr Dr. von eine Arbeitsgruppe gegründet - - Ich kann Ihnen Notz hatte vorhin ja die Frage gestellt bei der Ver- jetzt nicht mehr sagen, wo meine Mitarbeiter da nehmung, ob die Zwischenberichte; von denen ganz konkret nachgefragt haben. Es kann sein, der Zeuge sprach, sozusagen vorliegen. Das BfV dass sie teilweise konkret bei Arbeitseinheiten im hat mir jetzt soeben mitgeteilt - wir haben es BND nachgefragt haben oder sonst bei dem dorti- geprüft dort -, dass es dem Ausschuss vorliegt. gen Single Point of Contact.

(Hans-Christian Ströbele Martina Renner (DIE LINKE): Gab es denn auch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gemeinsame Besprechungen? NEN): Bitte wem?) Zeuge Frank Wingerath: Keine, an denen ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- teilgenommen habe. chen Dank. - Es liegt vor, hat Herr Akmann ge- sagt. Zwischenberichte liegen dem Ausschuss - - Martina Renner (DIE LINKE): Wer hat denn Also, im Ausschuss, je nachdem, ob man es dabei daran teilgenommen? hat oder nicht - - aber dem Ausschuss.

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Zeuge Frank Wingerath: Ich kann es Ihnen nicht Zeuge Frank Wingerath: Untersuchungsgegen- sagen, ob es speziell für die SAW-Tätigkeit stand sind die technischen Überwachungsprakti- eigene Besprechungen gegeben hat von meinen ken. Da gab es keinen Anlass zu. Mitarbeitern; das weiß ich nicht mehr aus dem Kopf. Es ist aber auch möglich, dass SAW-The- Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, es geht auch men im Rahmen von anderen, ohnehin statt- um solche Sachen wie, dass man zum Beispiel gefundenen - - von Besprechungen, die ohnehin Behörden oder Firmen kompromittierte Technik stattgefunden haben, dort erwähnt wurden oder unterschiebt, zum Beispiel, nicht? Das wäre jetzt erörtert wurden; das ist auch möglich. nicht - -

Martina Renner (DIE LINKE): Haben Mitarbeiter Zeuge Frank Wingerath: Ja, ist mir kein Fall auch BND-Liegenschaften in dem Zusammen- bekannt. Es gab keinen Anlass bis dato, darüber hang besucht? zu - - uns damit zu befassen. Wenn es jemals einen solchen Anlass gegeben hätte, einen Hin- Zeuge Frank Wingerath: Wenn solche Bespre- weis darauf, einen tatsächlichen Ansatzpunkt, chungen stattgefunden haben, können die sowohl hätten wir das sicherlich getan, völlig unabhän- beim BND als auch bei uns stattgefunden haben. gig von der SAW.

Martina Renner (DIE LINKE): Was wissen Sie Martina Renner (DIE LINKE): Solche Hinweise, denn über die Zusammenarbeit der NSA und des wie dass möglicherweise zum Beispiel Router der BND in Bad Aibling - jetzt nicht heute aus der Firma Cisco auf dem Transportweg herausgenom- Presseberichterstattung, sondern damals im men wurden und manipuliert wurden und wei- Zusammenhang mit der Tätigkeit der SAW? tergeschickt wurden oder solche Geschichten, hat man die mal geprüft, auch hinsichtlich nicht nur Zeuge Frank Wingerath: Nicht viel. Ich weiß, der Frage jetzt US-Liegenschaften, sondern auch dass ein Mitarbeiter von mir, der sich mit dem Firmen aus den USA und ihr Einsatz von Tech- Thema „360 Grad“ schon immer befasst hat, dass nik in deutschen Behörden? Verizon, Stichwort dem das Thema Bad Aibling bekannt ist und er Bundestag, noch mal so als Erinnerung. sozusagen das aus seiner - - dass er sozusagen da Kenntnis drüber hat. Zeuge Frank Wingerath: Da gab es für die SAW keinen Anlass, das zu überprüfen. Solange es kei- Martina Renner (DIE LINKE): Und die war, die nen tatsächlichen Anhaltspunkt gibt, sehe ich Kenntnis? Welche? Also, hat er sie dann auch auch nicht, warum man das machen sollte. vermittelt in die Arbeitsgruppe hinein mit bestimmten Fragestellungen, Problemaufrissen Martina Renner (DIE LINKE): Weil zum Beispiel oder so? vielleicht diese Gerätschaften oder diese Soft- ware Dinge tun, die sie auf den ersten Blick gar Zeuge Frank Wingerath: Nein, das Thema Bad nicht tun sollten, und zum Beispiel Daten, auch Aibling hat keine unmittelbare Rolle gespielt für kritische Daten, wenn es sich zum Beispiel um die SAW-Tätigkeit. das deutsche Parlament handelt, an Nachrichten- dienste ausleiten? Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie sich auch mit möglichen Überwachungspraktiken der Zeuge Frank Wingerath: Ja. CIA beschäftigt? Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Zeuge Frank Wingerath: Elektronischen? Zeuge Frank Wingerath: Für die Sicherheit, IT- Martina Renner (DIE LINKE): Nein, jede Form und Kommunikationssicherheit des deutschen von möglichen Überwachungs- - Parlaments - -

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Martina Renner (DIE LINKE): Aber das wäre kommen denn die Daten her, auf denen diese Se- dann auch Spionage, oder? lektoren eingesetzt werden? Bohren die hier in Berlin das Kabel an? Zeuge Frank Wingerath: Wenn es dafür etwas gäbe, wenn es da konkrete Anhaltspunkte gäbe, Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich ja. Aber Sie müssen bitte berücksichtigen: Spio- haben wir uns darüber Gedanken gemacht. Und nageabwehr, praktische Spionageabwehr bedeu- ich habe das auch vorhin schon Herrn Dr. von tet nicht, dass die Spionageabwehr grundsätzlich Notz gesagt: Das Entscheidende ist sicherlich: und auch anlasslos zuständig ist, alles Böse von Woher kommen die Daten? Wie erfolgt die Daten- Deutschland fernzuhalten, ja? gewinnung?

Martina Renner (DIE LINKE): Nein, aber es geht Martina Renner (DIE LINKE): Genau. ja - - Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich Zeuge Frank Wingerath: Es muss für solche haben wir uns darüber Gedanken gemacht und Dinge einen konkreten Anlass geben, und es haben auch das sowohl theoretisch abstrakt „Wie muss vor allen Dingen auch einen nachrichten- kann so etwas sein, dass Daten - jetzt mal unab- dienstlichen Anlass geben. So steht es im Gesetz hängig von dem, was in der Süddeutschen Zei- drin. Und ich hatte eingangs schon mal erläutert, tung stand - - „Wie kann so etwas sein, oder ist es dass wir die Five-Eyes-Staaten nicht systema- überhaupt theoretisch möglich, und wenn ja, tisch, sondern nur anlassbezogen bearbeitet wenn es möglich ist, wo, wie kann es passieren? haben. Und insoweit - - Welche Möglichkeiten gibt es?” Und darüber haben wir uns theoretisch Gedanken gemacht, Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Damit ich wir haben eine gewisse Plausibilitätsprüfung nicht so für Sie vielleicht dann etwas wolkig bin, gemacht, wir haben eine gewisse - wie soll ich es irgendwie, rede ich da noch mal ein bisschen mal sagen? - Prüfung vorgenommen, was uns am konkreter: Also, es gab ja diverse Anlässe. Zum wahrscheinlisten erscheint, und sind diesen Din- Beispiel hat die Süddeutsche Zeitung irgend- gen nachgegangen. wann mal Listen mit NSA-Selektoren veröffent- licht, auf denen sich eine Reihe von Telefonnum- Martina Renner (DIE LINKE): Und zu den Ergeb- mern aus deutschen Regierungsstellen befunden nissen - - haben, aber auch von Behörden, also von der Ministerialebene runter. Und danach muss man Zeuge Frank Wingerath: Sage ich Ihnen nachher sich ja mal Gedanken gemacht haben, wie Sie was. denn diese Telefonnummern überwachen, wenn das die zuständigen Selektoren sind. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wollen wir jetzt wechseln? Die Zeit wäre nämlich um. Da gäbe es ja jetzt verschiedene Spielweisen. Ent- weder man nutzt den BND selbst in Bad Aibling Martina Renner (DIE LINKE): Können wir und lässt den gegen sich selbst arbeiten quasi, machen. oder aber man geht in Berlin in irgendeiner Form an die Leitung - muss man beim IVBB; also, es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Dann geht ja nicht anders - und zieht da quasi die Da- kommen wir zur nächsten Fraktion, der Fraktion ten, um sie dann zu filtern und Ähnliches. Und der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. das muss man - - Das ist ja - - Sie fragten ja, wenn man keinen Anlass hat, macht man nichts; aber Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben derzeit das wäre ja zum Beispiel der Anlass, dass diese keine Fragen. Selektoren bekannt geworden sind. Und hat man sich danach mal überlegt: Wenn die NSA Se- lektoren hat zu deutschen Regierungsstellen, wo

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kom- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- men wir zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. NEN): Ja. Herr Kollege Ströbele. Zeuge Frank Wingerath: - in diesem Zusammen- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hang, weil wir nicht für den Schutz zuständig NEN): Ja, danke, Herr Vorsitzender. - Ich habe sind, jedenfalls nicht so, wie Sie es - - zwei, drei Anschlussfragen an das, was die Kolle- gin gerade gefragt hat. Bei den Abwehrbemühun- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen, die Sie unternommen haben, gegen Spio- NEN): Spionage, vor Spionage. nage - da gab es ja Verdacht, dass also Behörden, Abgeordnete möglicherweise, abgehört werden; Zeuge Frank Wingerath: Ja. Ich will jetzt da Sie haben dann gesagt, Sie haben sich Gedanken keine Priorisierungen vornehmen - sehen Sie es gemacht; das Ergebnis kriegen wir noch -, wer mir nach -, - stand denn da im Vordergrund? Oder was sehen Sie als Ihre Aufgabe an, wo am genauesten hinzu- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gucken, wo man sich am meisten eine Spionage NEN): Ja. eigentlich von einer fremden Macht nicht leisten kann? Also welche Personen, welche Institutio- Zeuge Frank Wingerath: - ob ich die Kanzlerin nen? für wichtiger als das Parlament halte. Das können Sie - - Zeuge Frank Wingerath: Habe ich Sie richtig ver- standen? Sie fragen quasi, wen wir für den wahr- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- scheinlichsten Täter halten. NEN): Ja. Das ist mir jetzt auch egal. Aber jeden- falls: Ich habe ja gesagt, sie ist im engsten Kreis Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Wichtigen. NEN): Nein, für das wahrscheinlichste Opfer. Zeuge Frank Wingerath: Ja, das - - Ja. Zeuge Frank Wingerath: Für das wahrschein- lichste Opfer. - Frau Renner hatte eben schon den Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- IVBB benannt. Der ist sicherlich - - Oder sagen NEN): Ja. - Und nun gab es ja die Meldung, unter- wir mal: Das politische Berlin- Mitte, wie wir das legte Meldung, auch aufgrund der Snowden- in unserer Analyse immer genannt haben, ist Papiere, dass das Handy der Kanzlerin abgehört sicherlich ein primäres - - zählt sicherlich zu den wird. Ich kann nur sagen: Als ich das erfahren primären Opfern. Wir haben ja auch verschie- habe und damit konfrontiert wurde, war ich sehr dene - - in verschiedenster Hinsicht da ja auch aufgeregt, weil ich dachte: Das kann doch wohl schon Vorfälle gehabt, bis hin zum angeblichen nicht stimmen. Und wie war das denn bei Ihnen? Abhören des Kanzlerhandys. Also, das liegt, glaube ich, in der Natur der Sache. Und dass das Zeuge Frank Wingerath: Diese Gefühlsregung politische Berlin ein Interesse weckt für Aus- teile ich. landsnachrichtendienste, ist, glaube ich - - liegt auf der Hand. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bitte? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Kann man das so zusammenfassen: Das Zeuge Frank Wingerath: Diese Gefühlsregung Kanzleramt und die Kanzlerin sind mindestens teile ich. im Zentrum, vielleicht nicht [sic!] sogar das wichtigste Schutzobjekt von Ihnen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die teilen Sie. Nur habe ich ja beschränkte Zeuge Frank Wingerath: „Schutzobjekt“ wäre - - Ermittlungsmöglichkeiten, - Den Begriff finde ich nicht gut -

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Zeuge Frank Wingerath: Ja. Abgeordneten Ströbele oder andere, Rück- schlüsse draus ziehen. Wenn so was stimmt, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann erst recht der Ströbele. NEN): - im Gegensatz zu Ihnen. Was haben Sie denn dann unternommen, um der Sache nachzu- Zeuge Frank Wingerath: Ob was stimmt? gehen, erstens, festzustellen: „Stimmt das?”, also anhand des Dokumentes, anhand - - was auch Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- immer - - und zweitens: Wie kann man das ab- NEN): Dass das Handy der Kanzlerin abgehört stellen oder verhindern? worden ist über längere Zeit.

Zeuge Frank Wingerath: Wir sind mit - - Oder: Zeuge Frank Wingerath: Nach allem, was uns Mit der Untersuchung des Kanzlerhandys sind vorliegt, scheint es plausibel zu sein und scheint wir nicht betraut worden. es so gewesen zu sein.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nicht? Betraut worden oder nicht? Habe NEN): Ja. Plausibel - na ja. ich jetzt nicht verstanden. Zeuge Frank Wingerath: Das Datenblatt wurde Zeuge Frank Wingerath: Nein. uns vom - was Sie auch kennen, was auch in den Akten ist - BMI übermittelt. Wenn Sie wissen, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wie es aussieht, kann man darüber spekulieren, NEN): Nicht? ob es authentisch ist. Wenn wir davon ausgehen, dass es authentisch ist, und das zusammenlegen Zeuge Frank Wingerath: Nein. mit dem einen oder anderen Indiz, was man über die Presse hört, dann sieht es wohl so aus - bis Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hin zur Aussage des US-Präsidenten. NEN): Und wer war da zuständig? Gibt es da noch eine Spezialgarde? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie haben ja jetzt gesagt: wenn das authen- Zeuge Frank Wingerath: Das war nach meinem tisch ist. Gehen Sie denn davon aus, dass das Kenntnisstand BND und BSI. authentisch ist?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Ich kann es nicht bele- NEN): Der BND war da zuständig. gen, ich kann es auch nicht widerlegen. Ich gehe davon aus, dass es so ist. Ich kann aber nicht Zeuge Frank Wingerath: Wie gesagt, ob er zu- sagen, welche Funktionen so ein Datenblatt hat. ständig ist, das kann ich Ihnen nicht sagen. BND und BSI wurden mit der Untersuchung des Kanz- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lerhandys beauftragt, wir nicht. NEN): Ja, ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Frank Wingerath: Ist das - ich sage es NEN): Sie nicht? mal - ein Auftrag, bitte dieses Handy unter Wind zu nehmen, oder ist es sozusagen eine Ex-post- Zeuge Frank Wingerath: Nein. Analyse aus einem anlasslos erhobenen Datenvolumen, das man dann sortiert hat, und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann hat man festgestellt: „Aha, das ist das NEN): Haben Sie denn mal wenigstens eine Handy der Kanzlerin“? Erkundigung eingezogen, ob das stimmt? Weil da kann man ja auch für andere Sachen, also für den Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja.

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Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich Ihnen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht sagen, wie diese Datenblätter zustande NEN): Ja. kommen und welche Funktion die haben. Zeuge Frank Wingerath: Das ist aber ein Sach- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verhalt, der sich wirklich nicht auf meiner Ebene NEN): Ja, nun hatten Sie es ja hier mit einer frem- abspielt. Also, diese Dinge, die müssen dann den Macht zu tun, aber einer fremden Macht, die schon bitte andere - und haben es im Zweifel auskunftsfähig war. Haben Sie denn da mal nach- auch - hinterfragen. Da werden sich aufgrund der gefragt, nur so interessehalber und für die Arbeit politischen Bedeutsamkeit mit Sicherheit auch des Bundesamtes für Verfassungsschutz, bei amerikanische Partner auf meiner Ebene niemals denen, die das gemacht haben sollen, also der zu äußern. fremden Macht, insbesondere deren Chef? Wis- sen Sie, was da rausgekommen ist? Sie haben Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vielleicht auch in der Zeitung gelesen, da soll NEN): Ja. Nein, nein, mir geht es jetzt um die sogar ein Telefonat geführt worden sein, ein eigenen. Also, ich meine, dass im Kanzleramt intensives. man dann auch gesagt hat: „Kann das denn stim- men?” und so, - Zeuge Frank Wingerath: Ich war weder bei einem Telefonat dabei dieser Art, noch habe ich Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich dazu Erörterungen mit dieser fremden Macht haben wir uns gefragt. geführt auf meiner Ebene oder sonst wie. Das Thema war ja, wie Sie wissen, sehr schnell auf Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- allerhöchster Ebene aufgehängt, und dann bedarf NEN): - „Haben die wirklich telefoniert, und es meiner Nachfrage bestimmt nicht. Und mit haben die das mitgekriegt?” und „Wann war Sicherheit - - Selbst wenn ich es getan hätte, das?” und so und dann nach dem Gespräch: wäre mit Sicherheit nichts Neues rausgekommen. „Obama hat das nun eingeräumt oder zugegeben, oder hat er es abgestritten, hat er gesagt: ,So was Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- machen wir nie‘”? NEN): Ja, aber die Fachbehörde, - Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich Zeuge Frank Wingerath: Ja. haben wir uns gefragt: Wie kann das passieren?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - die sich dann natürlich Gedanken NEN): Genau. macht - und Sie sagen auch, Sie waren aufge- regt -, hat die nicht auch eigentlich ein Recht da- Zeuge Frank Wingerath: Und selbstverständlich rauf, dass sie mindestens jetzt erfährt, nach dem gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es Telefonat, das ja in der Zeitung stand - auch der nicht nur um das Kanzlerinnenhandy geht. Inhalt stand - - einiges darüber in der Zeitung - - so einfach mal für unser Wissen: Stimmt die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ganze Geschichte? Ist das wirklich bestätigt wor- NEN): Ja, aber das interessiert mich jetzt beson- den? Und hat der Obama wirklich gesagt, er ders. macht es jetzt nicht mehr oder veranlasst, dass das nicht mehr geschieht? Zeuge Frank Wingerath: In dem Zusammenhang möchte ich aber darauf verweisen, was ich schon Zeuge Frank Wingerath: Ich weiß nicht, ob wir zu Beginn - da waren Sie noch nicht im Saal - ein Recht darauf haben; also allenfalls ein morali- dargestellt habe, dass wir seitdem hier Berlin- sches Recht vielleicht. Mitte aufgebaut wird, das Regierungszentrum aufgebaut wird, immer davor, vor der abstrakten Gefahr gewarnt haben und kontinuierlich

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gewarnt haben, dass es hier Möglichkeiten gibt, Zeuge Frank Wingerath: Das weiß ich nicht; das so etwas zu tun, und dass dafür Vorsorge getrof- entzieht sich meiner Kenntnis, was auf der Ebene fen werden muss verschiedenster Art, dass man gelaufen ist. Ich kann nur für mich sprechen: Ich sich möglicherweise aber im Ergebnis vielleicht habe es nicht getan. auch gar nicht davor schützen kann, sondern dass immer zumindest ein Restrisiko bleibt. Aber Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir haben immer davor gewarnt, dass das so NEN): Also, Sie haben auch nie mit Herrn jederzeit passieren kann. Maaßen oder irgendeinem auf der Leiter dann nach oben darüber gesprochen, ob man jetzt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- davon ausgehen muss. Das ist doch ein Unter- NEN): Ja. schied.

Zeuge Frank Wingerath: Damit will ich jetzt Zeuge Frank Wingerath: Ob man wovon ausge- nicht sagen, wir haben das gewusst oder so - hen muss? nicht dass Sie mich da falsch verstehen. Wir haben das nicht gewusst, dass das passiert. Wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haben auch - - Ich sagte, ich teile da Ihre Gefühls- NEN): Dass das stimmt alles. Also, ich gehe jetzt regung. Ich war gleichermaßen wie alle anderen mal davon aus, dass das alles stimmt. relativ schockiert, dass das so dann tatsächlich stattgefunden hat. Ich würde auch gerne wissen, Zeuge Frank Wingerath: Ich glaube schon, dass was es mit dem Datenblatt auf sich hat, wie das man davon ausgehen kann, dass es stimmt. gelaufen ist: Ist das ein gezieltes Abhören, oder ist das nur hinterher ein Auffinden aus einem Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Riesendatensalat, den man anlasslos erhoben NEN): Ja. hat? Das sind Dinge, die würden mich auch inte- ressieren. Die habe ich aber nicht in Erfahrung Zeuge Frank Wingerath: Das war nicht Debatten- bringen können bis dato. gegenstand.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, nicht in Erfahrung bringen können, NEN): Das teilen wir beide dann, dieses Gefühl. aber haben Sie vielleicht mal bei Ihrem Chef - - Ist das auch begründet durch Gespräche, die Sie Also, ich verstehe ja, dass Sie nicht direkt da hin- mit Herrn Maaßen oder anderen Vorgesetzten gehen konnten zur Kanzlerin und das mit ihr klä- geführt haben, wo Ihnen gesagt wurde: „Ihr könnt ren. Aber dafür gibt es ja einen Präsidenten, und mal davon ausgehen, das stimmt“? es gibt eine Präsidentenlage. Wissen Sie ja wahr- scheinlich alles. Und dass das vielleicht der Prä- Zeuge Frank Wingerath: Jetzt nicht absichtlich; sident mal macht und Ihnen gesagt hat: Lassen aber ich glaube, das ist die allgemeine Wahrneh- Sie die Finger davon, das macht jetzt schon der mungs-, Stimmungs- und Interpretationslage. BND, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Zeuge Frank Wingerath: Das weiß ich nicht. wir wechseln.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - der klärt das mit den Freunden; - NEN): Na ja, das ist doch nett.

Zeuge Frank Wingerath: Das weiß ich nicht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- chen Dank. - Und wir kommen noch zur Fraktion Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der SPD. Herr Kollege Flisek. NEN): - aber richtet euch drauf ein, passt auf, dass das in Zukunft nicht passiert.

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Christian Flisek (SPD): Ich habe noch mal ein Zeuge Frank Wingerath: Ja. paar Fragen in öffentlicher Sitzung, Herr Win- gerath. - Zum einen: Wir haben ja verschiedene Christian Flisek (SPD): Okay. zeitliche Zäsuren. Wir haben einerseits mal die Snowden-Veröffentlichungen im Sommer 2013, Zeuge Frank Wingerath: Also wirklich substan- wo ich Sie gerne mal fragen würde: In dem ziell. - Und in der Sache muss man sich natürlich Bereich, den Sie verantwortet haben, was hat Gedanken darüber machen, ob man es bei einer sich im Bereich der Spionageabwehr beim BfV völligen, ausschließlich auf konkrete Anlässe be- mit den Veröffentlichungen geändert? Hat sich zogenen Bearbeitung aller sonstigen Dienste be- überhaupt irgendetwas geändert? lassen kann, so wie wir das bis dato gemacht ha- ben. Zeuge Frank Wingerath: Seit der Veröffentli- chung? - Ja, es hat sich - das ist ja auch presse- Christian Flisek (SPD): Auf einer - - Wiederholen bekannt - - Es hat im Ergebnis dazu geführt, dass Sie das jetzt noch mal, damit ich das - - wir uns Gedanken darüber gemacht haben, sozu- sagen die Praxis der Spionageabwehr - sowohl Zeuge Frank Wingerath: Bis dato war es so, dass was tatsächlich die Arbeitspraxis betrifft als auch wir einige ausgewählte Länder systematisch und natürlich die Struktur der Spionageabwehr - zu mit vergleichsweise großem Aufwand bearbeitet verändern. haben und den Rest nur dann, wenn es einen konkreten Sachverhalt gab, einen konkreten An- Christian Flisek (SPD): Inwiefern konkret? Also, lass. Und haben dann selbstverständlich auch die Gedanken-Machen ist ja doch etwas sehr Unver- angemessenen Mittel, soweit sie uns zur Verfü- bindliches. gung standen, angewendet. Das bedeutet aber, dass man immer einen Anlass braucht, um über- Zeuge Frank Wingerath: Na ja, die Frage - - haupt dann tätig zu werden - - oder ob wir nicht Strukturell haben wir den Bereich aufgestockt. auch, sagen wir mal, eine gewisse Basissicherheit herstellen müssen, eine gewisse Sockelbearbei- Christian Flisek (SPD): Personell aufgestockt? tung aller Dienste.

(Der Zeuge wendet sich an Christian Flisek (SPD): Mhm. Gut, also Verzwölf- MR Torsten Akmann fachung, das finde ich schon mal sehr beeindru- (BMI)) ckend.

Zeuge Frank Wingerath: Ja, personell aufge- Zeuge Frank Wingerath: Etwa, also - - stockt, substanziell. Christian Flisek (SPD): Ja, ja, wir nageln Sie da Christian Flisek (SPD): Spürbar oder - - jetzt nicht drauf fest. - Der Punkt ist jetzt noch mal: Also, Sie haben gesagt, so bestimmte Länder Zeuge Frank Wingerath: Ja, substanziell. hat man scheinbar immer im Fokus gehabt und bei anderen eben nur anlassbezogen, richtig? Christian Flisek (SPD): Können Sie sagen, wie das Verhältnis ist, vorher/nachher? Zeuge Frank Wingerath: Ja.

Zeuge Frank Wingerath: Zwölf zu eins. Christian Flisek (SPD): Aber insgesamt - - haben Sie sowieso gesagt, man arbeitet insgesamt nur Christian Flisek (SPD): Zwölf zu eins? anlassbezogen.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Zeuge Frank Wingerath: Nein, nein, nein, nein, nein, nein. Christian Flisek (SPD): Verzwölffacht?

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Christian Flisek (SPD): Nein. Christian Flisek (SPD): Das bedeutet, um jetzt auszuschließen, dass eigentlich überhaupt nichts Zeuge Frank Wingerath: Einige Länder bearbei- los war, würden Sie wahrscheinlich dann eher ten wir systematisch, permanent, durchgehend. sagen, dass die anderen Anlässe eher so im Bereich HUMINT waren. Christian Flisek (SPD): Ist das die übliche Liste der Schurkenstaaten, - Zeuge Frank Wingerath: Ja.

Zeuge Frank Wingerath: Der Begriff stammt jetzt Christian Flisek (SPD): Okay. - Hat sich denn von Ihnen. noch mal nach dem Zitat der Kanzlerin, also nach dem Satz der Kanzlerin Ende Oktober 2013 Christian Flisek (SPD): - ja, klar -, denen man „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht”, alles zutraut. da irgendwas bei Ihnen verändert? War das noch mal so eine Situation - - Sie kennen den Satz der Zeuge Frank Wingerath: Es sind natürlich die Bundeskanzlerin? Länder, von denen wir ausgehen und das auch sozusagen permanent - in Klammern - - Zeuge Frank Wingerath: Den Satz kenne ich. Den Satz, natürlich kenne ich ihn. Christian Flisek (SPD): Also, waren die Five- Eyes-Staaten in dieser Liste? Christian Flisek (SPD): So.

Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Ich verstehe die Frage nicht. Was sollte sich - - Der Satz spiegelt ja - - Christian Flisek (SPD): Nein. Kein Land des Five-Eyes-Verbundes. Christian Flisek (SPD): Könnte man ja als Aus- übung ihrer Richtlinienkompetenz interpretieren. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Ich hoffe mal nicht, dass die Kanzlerin damit den Zustand bis dato beschrieben hat, weil dann Christian Flisek (SPD): Und hat man in Bezug würde sie ziemlich neben der Sache liegen. Aber auf die Five-Eyes-Staaten dann, wenn Anlässe da ich drehe das immer positiv hier; ich sage, das ist waren - - dann ist man tätig geworden. Ausübung der Richtlinienkompetenz.

Zeuge Frank Wingerath: Genau. Zeuge Frank Wingerath: Ich sagte vorhin schon, das 360-Grad-Sachgebiet gab es schon seit ganz Christian Flisek (SPD): Können Sie sich an An- vielen Jahren, seit ganz langer Zeit. lässe erinnern, die in unseren Untersuchungs- zeitraum fallen? Christian Flisek (SPD): Seit wann?

Zeuge Frank Wingerath: Das hatte vorhin schon Zeuge Frank Wingerath: Soweit ich weiß, min- Frau Renner gefragt. destens seit 1992.

Christian Flisek (SPD): Ja. Christian Flisek (SPD): Das 360-Grad-Sachgebiet gab es seit 19- - Zeuge Frank Wingerath: Ich kann mich an Anlässe erinnern im Rahmen Vorwürfe Snow- Zeuge Frank Wingerath: 92. den, technische Anlässe - und nur um die geht es ja, wenn ich das richtig verstehe, im Unter- Christian Flisek (SPD): Irgendwie habe ich im suchungsgegenstand - nicht. Jenseits von - - hat- Hinterkopf, dass uns das immer als der große ten wir aber eben schon mal. Wurf, der ganz neu war, verkauft wurde, dass man eben gesagt hat: Na ja - eben so, wie Sie das

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gerade geschildert haben -, bestimmte Länder, ob Christian Flisek (SPD): Ist ja auch total sinnvoll. jetzt Schurkenstaaten oder nicht, aber die hat man halt im Fokus gehabt, den Rest eher nicht. Zeuge Frank Wingerath: Steht auch so im Gesetz drin. Zeuge Frank Wingerath: Es waren - - Christian Flisek (SPD): Ich bin auch ein großer Christian Flisek (SPD): Und 360 Grad, das war Anhänger der 360-Grad-Strategie im Rahmen der sozusagen der große Wurf, der dann kam, als Spionageabwehr. Wir haben das ja auch in den jetzt - - Akten. Aber ich sage mal, ich stutze so ein biss- chen, dass es dafür eben ein Sachgebiet gibt und Zeuge Frank Wingerath: Nein, das ist dann ein dann eben andere Sachgebiete. Also, das kriege Missverständnis. Das Sachgebiet gibt es seit, ich ich jetzt nicht ganz zusammen. Da gibt es ein meine, 1992. Die Ausstattung des Sachgebietes Sachgebiet, das guckt sich alles an. Und was war halt nicht so, dass es viel zuließ. machen dann die anderen? Die gucken sich dann innerhalb allem noch mal was Spezielles an Christian Flisek (SPD): Wie soll ich mir das über- oder - - Wie ist da die Aufgabenteilung? haupt vorstellen? Sachgebiet „360 Grad“, heißt das echt so? Zeuge Frank Wingerath: Nein, die befassen sich mit anderen Ländern. Unter diesem Sachgebiet Zeuge Frank Wingerath: Ja, so heißt das. „360 Grad“ - das klingt nur so abwertend - ist quasi dann wirklich der Rest. Christian Flisek (SPD): So, also, das ist das Sach- gebiet, das alles im Blick haben soll, im Gegen- Christian Flisek (SPD): Also die Ausputzer. satz zu allen anderen Sachgebieten. Zeuge Frank Wingerath: Der Rest, von denen Zeuge Frank Wingerath: Kann ich mal kurz mit eigentlich auch nie irgendwelche Aktivitäten zu Herrn Akmann reden? verzeichnen sind, bis zu den Five-Eyes-Staaten, wenn Sie das so wollen. Christian Flisek (SPD): Ja, klar, wenn die Zeit ge- stoppt wird. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Der Zeuge und sein NEN): Dann müssen die an- Rechtsbeistand beraten sich ders heißen!) mit Vertretern der Bundes- regierung - Christian Flisek - Wie bitte? (SPD): Herr Akmann hört das gerade zum ersten (Dr. Konstantin von Notz Mal!) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dann müssen die an- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. ders heißen! 360 heißt ja - -) Zeuge Frank Wingerath: Wollte mich nur verge- wissern, ob es okay geht mit meiner Aussage- Christian Flisek (SPD): Ja gut, das ist ja - - Also, genehmigung. - Ja, das ist so: Das Sachgebiet „360 die Five-Eyes-Staaten jedenfalls, die fielen in die- Grad“ - - Es wurde mal kunstvoll getrennt zwi- ses Sachgebiet „360 Grad“. schen Rest der Welt und 360 Grad; aber im Grunde genommen ist alles - - fällt heutzutage (Der Zeuge berät sich mit alles unter 360 Grad. Also, 360 Grad umschreibt, seinem Rechtsbeistand) dass man alle Dienste oder alle Länder - - deren nachrichtendienstliche Aktivitäten in und gegen Deutschland beobachtet.

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Zeuge Frank Wingerath: In das Sachgebiet „360 war, dass es nicht wirklich so ist, dass wir vorher Grad“ fielen zum damaligen Zeitpunkt 155 Län- nur einen hatten für 155 Länder. Sei es drum. - der. Sie sagen aber, dieses Zitat der Bundeskanzlerin, Ausspähen unter Freunden ginge nicht, das hat Christian Flisek (SPD): Unter anderem die Five- also keinerlei - - irgendwelche Veränderungen, Eyes-Staaten. Debatten innerhalb der Strukturen des BfV verur- sacht. Also, ich frage deswegen, weil Sie jetzt Zeuge Frank Wingerath: Genau so ist es. gerade die Stirn so runzeln: Im BND haben wir in diesem zeitlichen Kontext einen gewissen Aktio- Christian Flisek (SPD): 155 Länder. Und wie wa- nismus zu verzeichnen. ren die vor der Aufstockung personell aufge- stellt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre dann die letzte Frage. Zeuge Frank Wingerath: Kann ich Ihnen das bitte nachher sagen? Christian Flisek (SPD): Ja. - Also, vielleicht Zufall. Wir glauben nicht an Zufälle. Also, man Christian Flisek (SPD): Können Sie. Ein biss- ist da schon beim BND, Ihrem Schwesterdienst, chen - - Aber dann müssen wir wahrscheinlich wenn ich das mal so sagen darf, ohne jemandem nachher wirklich reingehen, weil mich natürlich nahezutreten, in höherem Maße tätig geworden, die Arbeitsweise dieses Sachgebiets brennend nachdem die Kanzlerin das gesagt hat. interessiert. - Und jetzt ist dieses Sachgebiet auch entsprechend personell aufgestockt worden. Zeuge Frank Wingerath: Als Aktionismus würde ich das nicht bezeichnen, jedenfalls nicht, was Zeuge Frank Wingerath: Ja. uns betrifft. Aber selbstverständlich ist das ein Sachverhalt - Herr Ströbele hat es ja eben schon Christian Flisek (SPD): Eins zu zwölf, sagten Sie mal erwähnt -, der nicht nur ihm und mir, son- gerade, in etwa. dern vielen Sorgen bereitet hat und wir doch auch sehr erstaunt darüber waren, dass das so Zeuge Frank Wingerath: Ja. ist - - und dass uns spätestens, oder jedem allerspätestens da klar sein musste: Wir müssen Christian Flisek (SPD): Ohne dass Sie das jetzt an der Stelle noch aufmerksamer sein, als wir das erläutern müssen: Hat sich methodisch etwas ge- vorher waren. ändert? Sie müssen jetzt nicht Methoden erläu- tern, die sich geändert haben. Hat sich grund- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. legend was - - Christian Flisek (SPD): Gut, Herr Wingerath. Zeuge Frank Wingerath: Ja, selbstverständlich. Danke erst mal. Zwölf Leute machen ja was anderes als - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- Christian Flisek (SPD): Einer. chen Dank. - Wir müssen die Sitzung erneut für eine weitere namentliche Abstimmung unterbre- Zeuge Frank Wingerath: - einer. Oder 24 machen chen, sind aber schnellstmöglich wieder hier, was anderes als zwei. Das können Sie sehen, wie und dann geht es weiter. Die Sitzung ist unter- Sie wollen. Selbstverständlich. Eine Verzwölffa- brochen. chung bringt doch auch eine andere Arbeitsweise mit. (Unterbrechung von 16.00 bis 16.15 Uhr) Christian Flisek (SPD): Das ist richtig; ja, das ist richtig. Hat eine gewisse Koordinierungsfunk- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine tion. Ich hoffe, dass das jetzt nur ein Beispiel Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene

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Sitzung des Untersuchungsausschusses fort und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und diese kommen zur nächsten Fragerunde. Auch diese komplexe Prüfung müssen Sie leider teilweise Fragerunde beginnt wieder die Fraktion Die vornehmen. Linke. Frau Kollegin Renner hat das Wort. Zeuge Frank Wingerath: Dann werde ich das tun. Martina Renner (DIE LINKE): Herr Wingerath, ich hatte ja vorhin schon diese Vokabel „Regin“ Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber es kann fallen lassen. Haben Sie sich damit befasst, mit nicht sein, dass das die Bundesregierung ent- dieser Spionagesoftware? scheidet.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Zeuge Frank Wingerath: Dann werde ich das tun. - Wie Sie wissen, ist Regin eine Software für Martina Renner (DIE LINKE): Ja? Gut. - Und zu gezielte elektronische Angriffe. welchem Ergebnis sind Sie gekommen? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da meldet Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich - - Das sich aber die Bundesregierung. sage ich hier nicht. Das sage ich in - - Da spreche ich zuerst mit Herrn Akmann, ob überhaupt das RR Dr. Karsten Brandt (BMI): Ja. - Wir möchten in den Untersuchungsauftrag fällt und wenn ja, auf den Untersuchungszeitraum hinweisen, - ob ich das hier - - Martina Renner (DIE LINKE): Ah, da bin ich aber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da muss gut vorbereitet; gut. ich - - Da kurz mal stopp, Frau Kollegin Renner. RR Dr. Karsten Brandt (BMI): - der ja im März Martina Renner (DIE LINKE): Herr Brandt freut endet. sich gerade, weil jetzt ist er der Akmann. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: 20. März ist Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Kollegin das Datum. Renner, ganz kurz: Da muss ich mal einschrei- ten. - Das müssen Sie als Zeuge beurteilen, - Martina Renner (DIE LINKE): Ja.

Zeuge Frank Wingerath: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn jetzt natürlich übrigens von den Fraktionen bekannt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - nicht die ist, dass man sich außerhalb des Untersuchungs- Bundesregierung. Sie können sich mit Ihrem zeitraums bewegt, - Rechtsbeistand beraten. Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Zeuge Frank Wingerath: Mhm. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - muss man Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und wenn da den Zeugen nicht in eine Falle tapsen lassen, bis die Bundesregierung beisteht, dann hat bis jetzt sich die Bundesregierung meldet. noch nie einer was dagegen gesagt. Aber es ent- scheidet nicht die Bundesregierung, sondern Sie Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber - - entscheiden das, weil Sie als Zeuge das Fachwis- sen haben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nur, wenn das der Fall wäre. Zeuge Frank Wingerath: Gut. - Dann sage ich es - - (Der Zeuge berät sich mit seinem Rechtsbeistand)

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Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Aber es Zeuge Frank Wingerath: Die Software, nach der geht ja darum, dass - - Wenn Sie jetzt auf dieses Sie fragen, ist das nach Ihrem Kenntnisstand - Auffinden von Regin bei einer Mitarbeiterin des und das wäre ja dann wahrscheinlich der Hinter- Bundeskanzleramtes abstellen - richtig? -, auf grund Ihrer Frage - eine Software zur anlasslosen dem Laptop, dann befand sich ja, soweit wir das Datenerhebung, so wie es der Untersuchungs- auch an anderer Stelle hier im Ausschuss gehört gegenstand vorsieht, oder wie muss ich das ver- haben, diese Software schon länger dort auf die- stehen? sem Gerät. Und insgesamt ist die Problematik Regin ja auch im Zusammenhang nicht nur an Martina Renner (DIE LINKE): Die Frage, was dieser Stelle bekannt geworden, sondern eben diese Software kann, können wir erst bewerten, auch mit dem belgischen Telekommunikations- wenn wir durch die Zeugen und die Akten anbieter Belgacom, und das liegt alles prima im hierzu Auskunft erhalten. Wir sind ja nicht hier, Untersuchungszeitraum. Also, die Regin-Proble- um Bewertungen vorab festzustellen und nur matik geht weit in das Jahr vor 2013 zurück, und nach unseren eigenen Bewertungen die Zeugen deswegen, glaube ich, ist da überhaupt keine Ein- zu fragen, sondern wir machen eine Sachver- schränkung, was den Untersuchungszeitraum an- haltsermittlung, und zu der gehört es, den Kennt- geht. nisstand des BfV zu Regin zu erfahren und dann zu sehen, ob es für uns - - RA Dr. Daniel Krause: Herr Vorsitzender, Sie hatten gerade gesagt, das obliege dem Zeugen, zu Zeuge Frank Wingerath: Gut, dann sage ich das bestimmen, ob das in den Untersuchungsgegen- andersrum: Nach meinem Kenntnisstand ist Re- stand fällt. Und da habe ich eine Nachfrage: Geht gin eine Software - das versuchte ich eben schon es bei dem Programm, Frau Abgeordnete, was Sie zu erklären -, die gezielt elektronische Angriffe ansprechen - - gegen speziell ausgewählte Ziele durchführt. Insoweit ist Regin keine Software und kein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt muss Instrument zur anlasslosen Datenerhebung ich ganz kurz sagen: Als Zeugenbeistand - - und -sammlung, und insoweit -

RA Dr. Daniel Krause: Ich habe nur die Frage, Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich hatte worauf sich die Frage bezieht, um das beurteilen gedacht - - zu können. Zeuge Frank Wingerath: - habe ich die Befürch- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das macht ja tung oder sehe ich das jedenfalls so, dass das nichts. - Herr Rechtsanwalt, Entschuldigung, Sie nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrages ist. haben in diesem Ausschuss kein eigenes Rede- recht. Sie dürfen aber den Mandanten natürlich Martina Renner (DIE LINKE): Kann ich - - Dann beraten. Aber Sie können keine Fragen stellen brauche ich jetzt mal eine Minute Auszeit, weil oder Anmerkungen - - Aber Sie können sich ich mir noch mal unseren Untersuchungsauftrag natürlich mit Ihrem Mandanten beraten, sodass angucken muss, - er eine Frage stellt; weil sonst kommen wir in Zwiegespräche hier rein, die wir auch schon mit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, ich Kollegen von Ihnen erlebt haben, die amüsant ergänze - - sind, aber nicht zielführend. Martina Renner (DIE LINKE): - weil ich glaube, (Der Zeuge berät sich mit die Spionageabwehr haben wir dort als eigenen seinem Rechtsbeistand) Punkt formuliert und nicht eingeschränkt auf die massenhafte Datenerhebung. Aber dann bitte ich Ich empfehle, dann das Mikro auszumachen; jetzt tatsächlich auch um eine Minute, dass ich dann hört es nicht jeder. mir kurz noch mal unseren Einsetzungsbeschluss ansehe, ja?

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich stelle durch Nachrichtendienste der un- eine Zwischenfrage, in der ich die Zeit anhalte; ter Nummer I. genannten Staaten sonst kann ich natürlich nur auf die nächste Fra- - „Five Eyes“ in Klammern; das sage ich ein- gerunde verweisen. - Im Internet, wenn man ein- fach dazu - fach mal googelt, wird Regin anders dargestellt. nachrichtendienstlich erfasst oder Das ist zwar ein hochkomplexes Programm ausgewertet wurden. anscheinend, aber soll sich in großem Umfang im Netz verbreitet haben und sowohl zivile als auch Da steht nichts von „massenhaft“ und „anlass- Unternehmensrechner als auch staatliche Rech- los“, und genau auf diesen Punkt würde ich mich ner angreifen, um dort die infizierten Computer beziehen und bedanke mich bei der interfraktio- in mehreren Stufen dementsprechend mit ver- nellen Zuarbeit von den Grünen, die so schnell schiedenen Möglichkeiten, die es dann bietet, funktioniert hat. - Herr Akmann sieht das ganz lahmzulegen, aber auch Daten abzugreifen. anders.

Ich hätte jetzt auf Anhieb den Eindruck, dass das MR Torsten Akmann (BMI): Selbstverständlich. nicht so punktgenau funktioniert wie unser qua- litativ exzellenter Bundestrojaner beispielsweise. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Herr Sehe ich das anders? Dann wäre es ja dann doch Akmann dazu. vielleicht - - Also, wie gesagt, ich habe jetzt nur mal nach „Regin“, „Software“ etc. gegoogelt. MR Torsten Akmann (BMI): Ja, wir sehen das in Vielleicht ist das ja, wie so manchmal der Fall im der Tat anders. Wir sehen das auch so, dass Internet, etwas unpräzise. Also, wenn Sie sagen, Regin kein Untersuchungsgegenstand ist, weil das ist rein eine punktgenaue Ausspähsoftware, wir auch keinen Five-Eyes-Bezug sehen; sonst die hochkomplex ist, dann ist das so; dann sind könnten Sie uns ja sagen, worin der bestehen Sie der Experte. Aber jetzt so vom Googeln soll, und vielleicht Sie, Herr Vorsitzender, wenn könnte ich einen anderen Eindruck gewinnen; Sie gegoogelt haben, ob Sie das da finden. Ich das noch mal nur, um die Diskussion da abzu- glaube, der besteht nicht, soweit wir da die runden. - Und dann hat Frau Renner wahrschein- Kenntnis haben oder eben Nichtkenntnis haben. lich auch ihre Textstelle gefunden, - Im Übrigen: Wenn Sie so argumentieren, wie Sie Martina Renner (DIE LINKE): Genau. gerade argumentiert haben, Frau Renner, dann müsste jeder Angriff auf die IT-Struktur des Bun- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - ohne dass des sozusagen hier Untersuchungsgegenstand wir hier einen Extrazeitbonus einführen müssten. sein, und das kann es, glaube ich, nicht sein.

Martina Renner (DIE LINKE): Sehr kulant, Herr (Dr. André Hahn (DIE Vorsitzender. - Unter „II.“ steht: LINKE): Na klar!)

ob und inwieweit Daten über Martina Renner (DIE LINKE): Dann würde ich Kommunikationsvorgänge und de- gerne einfach bitten, dass wir dann notfalls eine ren Inhalte (mittels Telekommuni- Auszeit nehmen. Hier geht es um Kommunika- kation oder Gespräche einschließ- lich deren Inhalte wie etwa tionsvorgänge von Mitgliedern der Bundesregie- Gesetzentwürfe oder Verhand- rung - also, wir reden über eine Mitarbeiterin des lungsstrategien) von Mitgliedern Bundeskanzleramtes; da gehe ich mal davon aus, der Bundesregierung, Bedienste- dass sie darunter erfasst ist -, die nachrichten- ten des Bundes sowie Mitgliedern dienstlich erfasst oder ausgewertet werden. Ich des Deutschen Bundestages oder glaube, Regin ist eine Spionagesoftware; darauf anderer Verfassungsorgane der können wir uns einigen. „Nachrichtendienstlich Bundesrepublik Deutschland, erfasst“, also Punkt, und „Five Eyes“ ist unstrit- tig. Sie können über Regin gerne nachlesen, was

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die Fachpresse dazu sagt. Was die Herkunft an- in der Tat auch eine schwierige ist, eben schon geht, wird es ganz deutlich dort in dieser Hemi- damals schwierig umgegangen ist. Aber dass man sphäre verortet. Da also dreimal Treffer: „Five dazu Fragen stellen kann, wenn man hier jeman- Eyes“, „nachrichtendienstlich“ und „Mitglied der den hat, der für Spionageabwehr zuständig ist, Bundesregierung“ bzw. „Mitarbeiterin der Behör- wo es um 360-Grad-Blicke geht und so, ich finde, den“, und das steht alles in dem Punkt „II.“. das ist selbsterklärend.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu viel- mal folgenden Vorschlag machen - vielleicht ist leicht Herr Wolff. Und vielleicht kann man ja der halbwegs konsensual -: Nach meiner flinken dann schon an dieser Stelle eruieren, an welchen Durchsicht auf heise.de ist das alles gar nicht so Voraussetzungen es denn beim Einsetzungs- einfach. Nun ist heise.de nicht das Maß der beschluss fehlen würde, wenn man mal davon Dinge. Sollen wir uns bezüglich Regin ein biss- ausgeht, es lässt sich präzisieren, dass Regin von chen mehr Zeit nehmen, weil die Aussage, dass einem der Five-Eyes-Staaten eingesetzt wird. es zwingend von den USA kommt, sagt noch nicht mal Heise. Es können auch China oder RD Philipp Wolff (BK): Ich wollte noch mal Israel sein; die sind nicht untersuchungsgegen- genau auf den Punkt verweisen. Herr Akmann ständlich. Es kann aber USA sein. Was die tech- hat das schön dargelegt, finde ich, indem er nischen Voraussetzungen von Regin betrifft, das gesagt hat: Wenn wir das nicht verorten können, kommt jetzt hier so ein bisschen spontan rein. müssen wir im Prinzip jeden Vorgang vorlegen, Sollen wir uns da mit den Fraktionen noch ein der einen Angriff gegen die Infrastruktur des bisschen mehr Zeit nehmen und besser vorberei- Bundes darstellt, weil wir nie ausschließen kön- ten für eine Zeugenbefragung? Außer ihr könntet nen positiv, dass es von einem Five-Eyes-Staat jetzt da unheimlich viel nachliefern. - Kollege herrührt. - Das kann es im Ergebnis, glaube ich, von Notz. auch nicht sein, und ich glaube, da ist der Aus- schuss auch nicht davon ausgegangen bzw. das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Plenum, als es den Einsetzungsbeschluss formu- NEN): Also, es ist insofern meiner Ansicht nach liert hat, sondern da ging es konkret darum, Vor- untersuchungsgegenständlich und auch irgend- gänge zu erfassen, die von den Five-Eyes-Staaten wie schon indirekt besprochen worden, weil der herrühren. Und meinem Kenntnisstand nach ist Zeuge ja mehrfach gesagt hat, für technische das mitnichten bewiesen und ist nicht etwas, wo- Spionageangriffe irgendwie - da haben Sie ja ein von man einfach so ausgehen kann, zumal - da paar Mal drauf Bezug genommen - gäbe es so will ich auch noch mal drauf hinweisen - der keine Hinweise oder so. Und jetzt haben wir ja Vorgang an sich eindeutig nach dem Untersu- genau so einen Fall, übrigens auch wieder im chungszeitraum - sprich: nach dem Einsetzungs- unmittelbaren Zusammenhang nach Snowden. beschluss - erfolgte im Bundeskanzleramt. Verschwörungstheoretiker können da auf den Gedanken kommen, dass die Dinge miteinander Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Eine irgendwie schon auch zusammenhängen, und es Wortmeldung noch von Frau Kollegin Renner. ist wenig vorstellbar, dass man das eben nicht beim BfV auch in diesem Zusammenhang disku- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Also, ich tiert hat. möchte das - -

Wir teilen sozusagen die Interpretation des Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht Untersuchungsauftrages. Es kann sein, dass das dann noch eine Wortmeldung, und dann müssten jetzt irgendwie schlecht passt oder so, aber - - wir irgendwie eine Lösung finden. Also, das müssen Sie noch mal erklären, Herr Akmann, warum das nicht darunter fallen soll, Martina Renner (DIE LINKE): Ich möchte das nur also außer, dass es jetzt unangenehm ist und das noch mal zurückweisen, dass man überhaupt gar Bundeskanzleramt mit dieser Geschichte, die ja

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keine Anhaltspunkte hat. Es gibt vielfältige Pres- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Absolut, klar. severöffentlichungen, auch Analysen des Quell- codes, die dort abgebildet sind, und das betrifft (Der Zeuge und sein nicht nur eine Publikation. Das ist irgendwie Rechtsbeistand beraten sich Golem, Zeit, Spiegel, also aus Januar 2015. Das mit Vertretern der Bundes- war schon in der Zeit; da ist auch der Quellcode regierung) analysiert zum Beispiel. Und das deutet alles darauf hin, dass es eine Urheberschaft in den So, jetzt geht es weiter. - Herr Zeuge. USA gibt. Zeuge Frank Wingerath: Vielen Dank, Herr Vor- Ich muss natürlich, und das hatte ich ja vorhin sitzender. - Der Vorschlag wäre: Ich sage meinen schon mal deutlich gemacht - - Wir müssen ja Kenntnisstand im nichtöffentlichen Teil. nicht alles hundertprozentig vorher wissen, was Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Finde ich als wir hier erfragen und - - Beweis erheben; sonst brauchen wir keinen Untersuchungsausschuss. Ansatzpunkt akzeptabel, weil wir auch neu in Und alles das, was öffentlich zugänglich ist das Thema Regin einsteigen; dann können wir irgendwie, deutet genau darauf hin, und deswe- gucken, ob wir da weiterkommen. Das heißt ja gen finde ich, es ist berechtigt. nicht, dass wir es damit abschließen. (Dr. André Hahn (DIE Und: Wir haben natürlich auch dadurch, dass der LINKE): Wir sind aber auch Zeuge ja sofort auf das Wort reagiert hat, durch- nicht auf dem Basar im aus Anlass, zu denken, dass im BfV da eine ähn- Untersuchungsausschuss!) liche Analyse vorherrscht, weil man sich ja an- scheinend mit Regin beschäftigt hat. Also, wenn Martina Renner (DIE LINKE): Wenn - - Anschei- das alles eine Chimäre wäre, weiß ich nicht, wa- nend ist ja der Weg, den Sie jetzt gerade vorge- rum das BfV sich damit beschäftigt. schlagen haben, jetzt nicht gesucht worden, zu sagen: Es ist nicht von den Five Eyes, und es ist Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht damit vom Tisch. - Also, es ist auf dem Tisch. einmal - - Bezüglich der Frist kommen wir ja vielleicht aus der Nummer raus, indem wir sa- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das kann gen: Die Software ist von 2008 und bis 2011 aktiv man ja interpretieren, wie man mag. gewesen. - 2013 gab es ja anscheinend dann eine neue Version; das ist alles noch untersuchungs- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das kann man gegenständlich. Und wenn es nicht klar ist, von interpretieren, wie man mag. wem es kommt, vielleicht kann man es ja so sa- gen: Wenn Sie sagen, es kommt nicht von den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, das Five-Eyes-Staaten, dann haben wir es ja ausge- wollte ich eigentlich gar nicht sagen. Vielleicht schlossen; dann sind wir raus aus dem Unter- gibt es ja Erkenntnisse, die uns weiterbringen. suchungsgegenstand, und dann können wir die Vielleicht gibt es aber auch gar keine Erkennt- Sache beenden. nisse. Ich sage mal, ich möchte das Thema Regin eigentlich gar nicht abschließen, sondern - - Martina Renner (DIE LINKE): Das ist ein guter Vorschlag. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber jetzt möchte ich noch mal wissen: Was ist daran jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr nichtöffentlich? Akmann. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr MR Torsten Akmann (BMI): Darf ich mich kurz Akmann. mit dem Zeugen beraten?

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MR Torsten Akmann (BMI): Frau Renner, das nur für das BfV, sondern für die öffentliche hatte ich ja vorhin schon versucht zu erklären; Sicherheit in Deutschland. Das rechtfertigt natür- vielleicht ist es mir ja nicht gelungen. lich eine VS-Einstufung - rechtfertigt es nicht nur, sondern macht es auch erforderlich. Mit- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. nichten können BND oder BfV hier über ihre konkreten Erkenntnisse zur Vorgehensweise aus- MR Torsten Akmann (BMI): Dann mache ich es ländischer Nachrichtendienste vortragen. noch mal. - Also, Erkenntnisse, die der Verfas- sungsschutz hat, die können wirklich nicht in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau, die der breiten Öffentlichkeit hier diskutiert werden, Einstufung rechtfertigt es. einfach deswegen, weil wir auch davon ausgehen müssen - so die Erfahrung auch der Spionage- RD Philipp Wolff (BK): Ja, genau. abwehr -, dass auch hier heute oben auf der Tri- büne vielleicht fremde Nachrichtendienste sit- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber dass wir zen, die das hier mitbekommen darüber Fragen stellen, das muss natürlich mög- lich sein, - (Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- RD Philipp Wolff (BK): Natürlich. NEN): Was? - Christian Fli- sek (SPD): Ich wusste es!) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - gegebenen- falls in eingestufter Sitzung, so wie wir es ja auch und die daraus dann negative Schlüsse ziehen, bei anderen Diensten, - und zwar solche Schlüsse, die die Arbeitsfähig- keit auf Dauer des BfV gefährden können. RD Philipp Wolff (BK): Natürlich.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Wissen Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - nämlich was - - dem BND, auch gemacht haben; das meinte ich damit. Wir dürfen das, nur weil es das BfV ist, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich verstehe jetzt nicht anders bewerten als andere Sachver- die Argumentation grundsätzlich nicht - sonst halte zum Beispiel anderer Dienste, nämlich des hätte der BND die ganze Zeit ein ziemliches BND. - Herr Kollege von Notz. Problem schon am Hacken gehabt -, sondern es geht ja punktuell um konkrete Verfahren, um Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- konkrete Methoden; die können wir nicht in der NEN): Ich würde gerne in Bezug auf Herrn Wolff öffentlichen Sitzung diskutieren. Aber dass sagen, dass sozusagen im zugespitzten Einzelfall grundsätzlich hier die Arbeitsweise einer Institu- das so sein mag. Aber natürlich unterliegt das tion gefährdet ist - - Ich meine, Aufklärung ist un- auch einer Verhältnismäßigkeitsabwägung; sonst sere Aufgabe. Also, es geht um die konkrete können wir hier das ganze Ding in den Schredder Situation. Sonst hätten wir so immer beim BND werfen. Wenn jede Information, die raus- argumentieren können, und dann wäre hier gar kommt - - Was beim BfV funktioniert hat oder nichts gesagt worden. - Herr Wolff. nicht funktioniert hat, ist natürlich für alle mögli- chen Menschen interessant, und die könnten alle RD Philipp Wolff (BK): Ich will nur noch mal er- da oben auf der Tribüne sitzen; das stimmt. gänzen: Ich glaube, das war jetzt ein Miss- verständnis. Das Argument von Ihnen kann ich Aber wir haben eben einen Öffentlichkeitsgrund- nicht nachvollziehen, Herr Vorsitzender. Es geht satz als Untersuchungsausschuss, und das hat ein doch darum, dass auch ausländische Nachrich- bestimmtes Gewicht in der Abwägung der Dinge, tendienste im Hinblick auf den Erkenntnisstand und deswegen bei Regin - - Ich meine, die Dinge des BfV ihre Arbeitsweise danach ausrichten, standen ja alle - - Irgendwie wurden die ja öffent- und das ist ein ganz erheblicher Nachteil, nicht

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lich bewegt, und die Öffentlichkeit hat daran teil- Nur, ich kann bei diesem relativ neuen Thema genommen, dass eine Mitarbeiterin der Kanzlerin Regin jetzt nicht beurteilen, was da überhaupt bei da dieses Ding auf dem Computer hatte. Ja, und rauskommt, weil alles das, was ich - jetzt teil- insofern: Die Öffentlichkeit hat auch einen gewis- weise auf die Schnelle oder aus dem damaligen sen Anspruch im Rahmen unserer Aufklärungs- Sachverhalt, als der Angriff auffiel im Kanzler- arbeit, zu verstehen, was da grob passiert ist. Und amt - weiß, ist, dass der Zeitraum des Einsatzes insofern: In dieser Pauschalität kann man dem unklar ist, dass die Quelle unklar ist. Und von nicht zustimmen. daher müsste man jetzt mal schauen, was - viel- leicht sogar ohne Anerkennung einer Rechts- Deswegen frage ich mich eben bei dieser Ant- pflicht - der Zeuge bereit ist an dieser Stelle über wort: Ich sage dazu gar nichts, nur im nicht- Regin uns mitzuteilen. Also, ich würde das nut- öffentlichen Teil - - Mir ist das zu grob. Das muss zen. Sonst diskutieren wir hier quasi mehr oder man mir schon erklären. Dass man hier irgend- weniger etwas aus einer Beratungssitzung, und wie spezielle Sondererkenntnisse des BfV nicht die Zeit läuft uns ein wenig weg mit dem Zeu- teilt, okay. Aber dass man nicht grob sagt, was gen. - Frau Kollegin Renner. man weiß und was man rausgefunden hat und wie das jetzt mit dem 360-Grad-Blick ist, das Martina Renner (DIE LINKE): Jetzt will ich aber leuchtet mir nicht ein. Ich finde, das muss der noch mal mein Problem schildern: Wir haben Zeuge darstellen können, was das BfV da im Hin- eine Aussage des Zeugen zu Eingang der Verneh- blick auf diese Sachen für Erkenntnisse hatte und mung bekommen, dass Sie in Ihren Untersuchun- wie man reagiert hat. Wir wollen das ja auch auf- gen keine Anhaltspunkte gefunden haben für schreiben. Und im Augenblick müssen wir auf- eine - das haben Sie gesagt - technische Aufklä- schreiben: „Also, offensichtlich haben die gar rung seitens irgendwie der Five Eyes bezüglich nichts rausgefunden, und reagiert richtig haben irgendwie der Bundesrepublik Deutschland, auf sie auch nicht. Da sind irgendwann mal neun die man reagieren müsste. Stellen dazugekommen; aber ob es geholfen hat, keine Ahnung“, weil der Zeuge sagt das nicht. Und jetzt fragen wir, und jetzt sitzen wir seitdem Also, deswegen: Ich finde, es muss differenzierter hier und machen Vorhalte quasi zu Dingen, die sein, und bis zu einem gewissen Grade muss hier wir kennen, also Bad Aibling, „Eikonal“ auch dargestellt werden, wie sich die Antworten auf die Fragen von Frau Renner verhalten. (Zuruf)

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, ich - ja, natürlich -, Selektoren, Regin, Kanzlerinnen- hatte den Zeugen so verstanden - er möge mich handy und, und, und, um einfach zu eruieren, ob korrigieren -, dass nach der Diskussion um die diese Eingangsaussage so zutrifft. Und Sie ver- Untersuchungsgegenständlichkeit der Zeuge be- weisen alle diese Dinge - - zu denen können Sie reit ist, in eingestufter Sitzung den Sachverhalt dann was sagen in der nichtöffentlichen Sitzung. so weit, wie er es weiß, zu erklären, was beim BfV in Sachen Regin an Erkenntnissen da ist. Ich Die Gefahr für uns als Ausschussmitglieder be- kann mir schon vorstellen, weil es um die Ab- steht immer, dass wir nachher dann ohne Öffent- wehr ausländischer Angriffe geht, dass das nicht lichkeit zusammensitzen, und Sie sagen: Klar etwas ist, was er in der Öffentlichkeit darstellen hatten wir Anhaltspunkte und Verdachts- will. Das hängt natürlich jetzt davon ab, was momente, und klar haben wir danach das und dann in der eingestuften Sitzung kommt. Also, das gemacht. - Und alles das, was Sie vorhin ein- ich würde ihm eher die Gelegenheit geben. Und gangs gesagt haben irgendwie, ist dann nicht haben wir den Eindruck, dass das überhaupt mehr sozusagen von Bestand. Nur, das Problem nicht etwas ist, was man in eingestufter Sitzung ist: In unseren öffentlichen Abschlussbericht machen muss, kann man es ja noch mal in eine können wir nur das reinschreiben, was wir ein- öffentliche Sitzung ziehen. gangs hier öffentlich diskutiert haben. Das heißt, wenn das nachher sozusagen im Kern widerrufen

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wird in der nichtöffentlichen Sitzung - und das Sonderpunkt auch zum Gegenstand machen, haben wir schon ein paar Mal hier mit Zeugen wenn da mehr bei rumkommt, was ich, wie ge- gehabt; ich sage mal, wir sind da auch ein biss- sagt, nicht weiß. Okay? chen gebrannte Kinder inzwischen -, dann nutzt uns das für die Beweisaufnahme überhaupt (Dr. André Hahn (DIE nichts. LINKE): Der Zeuge wollte gerade was sagen dazu!) Deswegen geht es mir ja auch nicht darum, mit welchen Methoden Sie Regin untersucht haben, Gut, dann machen wir weiter. sondern einfach um die Frage, wie Sie es am Schluss bewertet haben, um für uns feststellen zu (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Der Zeuge wollte können: „Gab es diese Spionagetätigkeit, ja oder was sagen dazu!) nein?“, und das öffentlich; darum geht es. Wir müssen es öffentlich feststellen: „Gab es die - Wenn er was will. - Entschuldigung. Spionagetätigkeit? Sind auf den Dächern Radome? Gehen die hier an die Leitungen? Spu- Zeuge Frank Wingerath: Ich würde gerne nur len die die Daten in Bad Aibling raus irgendwie eine Sache richtigstellen, Frau Renner; da haben ans ECC?“ und, und, und. Und das müssen wir wir uns entweder falsch verstanden oder - - öffentlich klären, weil das sind unsere Arbeits- Wenn wir uns falsch verstanden haben: Ich habe thesen hier. Wenn Sie uns das nachher nichtöf- nicht gesagt, zumindest nicht gemeint - sonst fentlich erzählen: Das ist schön; dann weiß ich würde ich mich hiermit gerne korrigieren -, dass mehr. Aber es geht nicht darum, dass ich indivi- es keine Anhaltspunkte für irgendwie eine tech- duell hier irgendwas weiß, sondern es geht da- nische Aufklärung seitens der Five-Eyes-Staaten rum, dass wir Beweis erheben hier. gibt, sondern für das, was aus meiner Sicht unter- suchungsgegenständlich ist für anlasslose, also Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, Problem für konkrete, anlasslose Datenerhebungen. Das ist erkannt, nicht zum ersten Mal. das, was ich gesagt habe, bzw. das ist das, was ich gemeint habe. Martina Renner (DIE LINKE): Nicht zum ersten Mal. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber ich sage mal, das Thema der Untersuchungsgegenständ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ändert an lichkeit - - der grundsätzlichen Frage, ob jetzt der Zeuge es in eingestufter Sitzung sagen soll - - weil das ist Martina Renner (DIE LINKE): Das ist leider eine ja die Belehrung, die ich am Anfang immer ma- Missinterpretation unseres Untersuchungsauftra- che: Der Zeuge muss uns ein Zeichen geben, ob ges; tut mir wirklich leid. er meint, dass der Sachverhalt einzustufen ist, oder nicht. - Es kommt darauf an, was er da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber das ist gleich sagt. Wenn wir da gleich sitzen und sagen: ja auch ein anderes Paar Schuhe. Ich sage mal, „Mensch, das war ja etwas, was in öffentlicher einmal geht es um die Untersuchungsgegenständ- Sitzung gesagt hätte werden können“, dann kön- lichkeit, und einmal geht es um die Frage, ob nen wir das ja auch noch mal so in die öffentli- öffentlich oder nichtöffentlich. Ich hatte den Ein- che Sitzung ziehen. Das ist zwar mühselig, dann druck, dass mit der Frage „untersuchungsgegen- noch mal die Schleife zu machen. Nur, wir kön- ständlich“ wir durch sind. Deswegen sagen Sie ja nen es, bevor es der Zeuge sagt, nicht beurteilen. was gleich in eingestufter Sitzung, im Zweifel Das ist halt diese blöde Situation, die ich auch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht; das gerne irgendwie auflösen würde; aber dafür muss würde ich nicht gern aufkochen, weil ich das er uns das Zeichen geben. Ich kann es auch nicht jetzt beim Wort nehme. Und dann gucken wir, auflösen vorher. Sollen wir nicht lieber - - Und vielleicht können wir Regin dann ja noch mal als

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was aus der eingestuften Sitzung an Erkenntnis- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE sen dabei rauskommt und ob wir Regin noch wei- GRÜNEN): Genau. Vielen Dank, Herr Vorsitzen- ter thematisieren. der. - Sagen Sie, haben Sie schon mal was von Echelon gehört? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das mag ja sein. Aber ich will noch mal Zeuge Frank Wingerath: Ja. ganz kurz sagen: In der öffentlichen Sitzung kann nicht der Eindruck erweckt werden, dass es da Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE keine Problematik gibt; das ist sonst genau das, GRÜNEN): Was haben Sie da gehört, oder was was hier nicht passieren darf. Und deswegen bin erinnern Sie von der Problematik, die mit dem ich irritiert, wenn Sie das jetzt so korrigieren. Sie Begriff „Echelon“ verbunden ist? missinterpretieren unseren Untersuchungs- auftrag. Ich weiß gar nicht: Hat Ihnen das jemand Zeuge Frank Wingerath: Das ist nach meinem gesagt, oder haben Sie ihn komplett gelesen? Wir Kenntnisstand ein - - haben Ihnen eben die Stelle vorgelesen, und wir wissen schon, was wir untersuchen wollen; das (Der Zeuge blickt zu MR haben wir nämlich selbst festgelegt. Torsten Akmann (BMI))

Und wenn Sie dann sagen - - Sozusagen Sie for- Das ist nach meinem Kenntnisstand, wenn ich mulieren dann unseren Untersuchungsauftrag das recht entsinne - - Ich muss gestehen: Habe falsch und sagen dann: Ja, und darauf habe ich ich mich jetzt nicht drauf vorbereitet. Es ist nach das bezogen. - Dann habe ich den Eindruck, Sie meinem Kenntnisstand ein Programm der Ameri- haben hier in öffentlicher Sitzung eine falsche kaner zur Datenerhebung. Antwort gegeben, und dann entsteht eben - ja, ich sage das ja nur - der Eindruck nach außen: Da Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE gibt es kein Problem. Und nachher, in nicht- GRÜNEN): In Europa. öffentlicher Sitzung, erzählen Sie uns: Es gibt krasse Probleme. - Und das ist ja genau das, was Zeuge Frank Wingerath: Auch. eigentlich unser Untersuchungsausschuss - - wa- rum so ein Untersuchungsausschuss einen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Öffentlichkeitsgrundsatz hat: Damit das eben GRÜNEN): Auch. nicht passiert. Deswegen dürfen wir ja überhaupt diese ganzen Akten lesen und so, damit man der Zeuge Frank Wingerath: Genau. ganzen Sache auf den Grund geht. Also, deswe- gen: Ich bin mit diesem Prozedere eigentlich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE nicht einverstanden. Ich finde, das muss verhält- GRÜNEN): Auch in Europa. Und das war so um nismäßig hier öffentlich thematisiert werden; das Jahr 2000, 2001. 2000, da hat es da so einen aber die Verantwortung trägt der Vorsitzende. Bericht gegeben und so.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, das Zeuge Frank Wingerath: Das - - Nageln Sie mich mache ich gerne; dafür ist er ja auch da. - Gut, bitte nicht auf die - - wenn Frau Renner keine weiteren Fragen in der jetzigen Runde hat, dann geht es weiter, und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE zwar mit der Fraktion von CDU und CSU. - Frau GRÜNEN): Nein. Kollegin Warken hat keine Fragen mehr in öffent- licher Sitzung. - Dann sind wir bei Bündnis Zeuge Frank Wingerath: Da war ich noch nicht 90/Die Grünen. Kollege von Notz hat direkt in der Spionageabwehr. Es ist jedenfalls eine wieder das Wort. geraume Zeit her und war - - Soweit ich das weiß, hat das in Bad Aibling angefangen und ist,

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glaube ich, nachher umgezogen und existiert, Zeuge Frank Wingerath: Ich kann Ihnen nur sa- soweit ich weiß, gar nicht mehr. gen aus meiner persönlichen Erfahrung und mei- nen zahlreichen Gesprächen mit amerikanischen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Kollegen: Ich glaube - und ich sage das extra: ich GRÜNEN): Ja. Nur mir geht es um die Frage „360- glaube; es ist kein positives Wissen, sondern ein Grad-Blick“ und „Gab es sozusagen Probleme aus Glaube, eine Überzeugung - - Mit einer gewissen den anderen 180 Grad?“ Wahrscheinlichkeit gehe ich davon aus, dass ge- genwärtig, einschließlich der jüngeren Vergan- Zeuge Frank Wingerath: Nach meinem Kenntnis- genheit, so etwas nicht passiert. Und ich kann stand - aber das ist deutlich vor meiner Zeit in das auch begründen: nicht etwa, weil die Ameri- der Spionageabwehr gewesen - gab es immer die kaner moralische Bedenken oder etwas hätten - zumindest abstrakte Theorie oder Befürchtung, also nicht, dass wir uns da falsch verstehen; da- dass da vielleicht was sein könnte, so ähnlich, von gehe ich nicht aus -, sondern weil es wie Sie das jetzt implizit äußern. Und es gab aber inneramerikanisch sozusagen nicht erlaubt ist. nie konkrete Anhaltspunkte für ein Tätigwerden unsererseits. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, ich - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Europäische Parlament hat das Zeuge Frank Wingerath: Dass es ihnen mehr untersucht und hat da so einen Abschlussbericht oder weniger strengstens verboten ist, weil man gemacht. möglicherweise befürchtet, dass man dann den einen doch bevorzugt und den anderen benach- Zeuge Frank Wingerath: Hat aber auch nichts im teiligt und man sich dann inneramerikanisch Ergebnis, jedenfalls nichts Substanzielles oder Ärger ins Haus holt. was Vorhaltbares, sagen wir es mal so, produ- ziert, sondern ja auch nur, dass man es abschlie- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE ßend nur - in Anführungsstrichen - nicht belegen GRÜNEN): Ich höre das Argument von unseren kann. amerikanischen Freundinnen und Freunden auch oft, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht belegen kann. Also jetzt im Zeuge Frank Wingerath: Gut. strafprozessualen Gerichtssinne? Oder prüfen Sie sich auch auf Schlüssigkeit? Wissen Sie, was ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE mich manchmal frage? Wenn diese Sachen, die GRÜNEN): - und da liegt eine gewisse Schlüssig- Snowden durchgestochen hat, keine amerikani- keit drin. Das ist aber auch bis zu einem gewissen schen Geheimdienstakten wären, sondern Unter- Grad 80er-Jahre-Denke meiner Ansicht nach. lagen des IS, ob das Bundesamt für Verfassungs- Dass man irgendwie Baupläne für den neuen Golf schutz dann auch sagen könnte: „Ja, so am raubkopiert und es dann General Motors gibt, Ende - - also, das ist zwar alles total schlüssig also das würde ich jetzt auch nicht behaupten. und so, aber wir wissen nicht, ob es stimmt“, ob Sie das dann auch sagen würden. Zeuge Frank Wingerath: Okay.

Zeuge Frank Wingerath: Das ist mir zu hypothe- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE tisch. Darauf kann ich nicht antworten. GRÜNEN): Das halte ich für hanebüchen. - Aber die interessante Frage, warum man eventuell da Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE im europäischen Parlament und eben auch im GRÜNEN): Ja, das ist hypothetisch; das stimmt. Hinblick auf Frau Merkel und Ähnliche Aber vorhin sagten Sie, im Hinblick auf Wirt- spioniert - - da hat es natürlich mit so schaftsspionage hätte man Erkenntnisse gehabt. - grundsätzlichen Entscheidungen zu tun: „In Oder nicht? welche Richtung will man wie verhandeln? Was

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für eine Position will man bei TTIP Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE scharfstellen?“, so Sachen. Und jetzt sagen Sie: GRÜNEN): Ja. Das fällt nicht unter den Legalbegriff der Wirtschaftsspionage. Zeuge Frank Wingerath: - selbstverständlich. Was mich konkret betrifft, bin ich für Wirt- (Der Zeuge nickt) schaftsspionage nicht zuständig.

- Genau. - So, und da nähern wir uns jetzt dem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE nächsten interessanten Punkt: Wenn Sie für Wirt- GRÜNEN): Okay, aber dafür wäre das BfV zustän- schaftsspionage zuständig sind, wer ist denn für dig. diese Form der Spionage zuständig, wenn eben Frau Merkel abgehört wird, um ihre Verhand- Zeuge Frank Wingerath: Ja. lungsstrategie zu TTIP zu verstehen? Man könnte ja auf den Gedanken kommen, wenn man mit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Regin irgendwie eine Mitarbeiterin für den GRÜNEN): Und hat es da im Hinblick auf die Bereich Europa angreift, dass man an solchen Jahre nach, sagen wir mal, 2001 bei Ihnen Fälle Informationen Interesse hätte. Und wie ist das gegeben, bei denen Sie gesagt haben: „Hier geht eigentlich - - Ja, also, liegt das nicht einfach im es vielleicht nicht um Wirtschaftsspionage, aber Auftragsprofil vielleicht der amerikanischen um wirtschaftspolitische Spionage“ oder so was? Regierung - wir sollen da ja auch diverse Interes- Gab es da Fälle, wo Sie nicht 180 Grad gen Osten sen haben -, das aufzuklären? Und würden Sie geguckt haben, sondern 360 Grad um sich das, wenn Sie das dann nicht unter Wirtschafts- herum? Also, ich spreche es jetzt noch mal an: spionage definieren, überhaupt als Problem Die Geschichten EADS, Eurocopter etc. zum Bei- beschreiben? Oder ist das einfach Usus? spiel, war das ein Thema?

Zeuge Frank Wingerath: Das eine ist Wirtschafts- Zeuge Frank Wingerath: Es kam ja vorhin schon spionage; das andere ist Wirtschaftsspionage mit mal das Thema. Soweit ich mich daran erinnern Zielrichtung Wirtschaftspolitik. Das sind zwei kann - - Ich sage noch mal: Ich bin für Wirt- verschiedene Paar Schuhe. schaftsspionage nicht zuständig und auch nicht zuständig gewesen. - Soweit ich weiß, ist das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Thema auch - - GRÜNEN): Und sind Sie für das Letztere auch zuständig? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, aber wir reden ja nicht über Wirt- Zeuge Frank Wingerath: Letzteres - selbstver- schaftssp- -, wir reden über wirtschaftspolitische, ständlich - wäre Zuständigkeit der Spionage- haben Sie jetzt - - abwehr, ersteres übrigens auch, wenn es denn tatsächlich Wirtschaftsspionage ist. Aber die Bei- Zeuge Frank Wingerath: Nein, nein, aber EADS spiele, die Sie genannt haben - Frau Merkel oder und Eurocopter ist ja schon Wirtschaftsspionage; das Europäische Parlament - - handelt es sich ja also, jedenfalls wurde das bei uns so sub- eindeutig nicht um Wirtschaftsunternehmen; sumiert, - dann wäre es Wirtschaftspolitikspionage. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Okay. GRÜNEN): So, und das gibt es - - Zeuge Frank Wingerath: - und alles, was ich Zeuge Frank Wingerath: Für wirtschaftspoliti- dazu weiß - und deswegen weiß ich auch nicht sche Sp- - oder: Für beides sind wir zuständig, - viel dazu - - fiel das immer in den Bereich Wirt- schaftsspionage und nicht in meine Zuständig- keit. Darüber hinaus waren die Vorfälle, deutlich

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bevor ich in der Spionageabwehr angefangen anderem oder von Programmen oder sonst etwas habe. ist doch völlig offenkundig, dass sie solche Daten erheben und diese auch auswerten und für ihre Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Zwecke gebrauchen. GRÜNEN): War Ihnen diese Thematik „Such- begriffe, Selektoren“, war Ihnen das bekannt, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE dass das bei der Fernmeldeaufklärung in der digi- GRÜNEN): Herr Wingerath, die Geschichte war talen Welt irgendwie ein Problem ist? eine krasse, nämlich dass der Bundesnachrich- tendienst für die NSA auf deutschem Boden Zeuge Frank Wingerath: Dass es das gibt, ja. diese Selektoren steuert. Und da muss es doch ein Gespräch gegeben haben, ein problemorien- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE tiertes Gespräch im BfV: Ist es ein Problem für GRÜNEN): Ja. uns, wenn der Bundesnachrichtendienst im In- land - Weltraumtheorie hin, Weltraumtheorie Zeuge Frank Wingerath: Ja. her; ich habe das bisher so verstanden, dass Ihr Haus diese juristischen Abwegigkeiten nicht teilt, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE in Klammern: Gott sei Dank - sagt: „Das ist ein GRÜNEN): Und waren Sie überrascht, als die Thema für uns“? - Dass die NSA global, überall Problematik mit diesen Suchbegriffen publik irgendwie auch Selektoren steuert, okay, viel- wurde hier bezüglich der NSA-Selektoren? leicht hat man das vorher gewusst, aber in Bad Aibling, in Deutschland: Das ist doch irgendwie Zeuge Frank Wingerath: Was? - Das müssten Sie eine Neuigkeit. bitte konkretisieren. Sagen Sie noch mal. Zeuge Frank Wingerath: Aber das ist doch nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Zuständigkeit des BfV, Herr Dr. von Notz. GRÜNEN): Na ja, es ist ja im Laufe unserer Arbeit hier offenkundig geworden, dass man eben erst Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE nach Snowden festgestellt hat, dass man Zehn- GRÜNEN): Okay, das ist ein interessanter Punkt, tausende von illegitimen NSA-Selektoren steuert wenn Sie das sagen. Das nehme ich eins zu eins beim Bundesnachrichtendienst. so, und das schreiben wir in unseren Bericht auch rein, dass das BfV sagt: „Ah krass, da wer- Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber dazu sagte ich ja den sozusagen - - vorhin schon: Zum Bundesnachrichtendienst kann ich nichts sagen, zu dessen Praxis. Zeuge Frank Wingerath: Nein, ich habe nicht gesagt: Ah krass. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Okay. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein. Zeuge Frank Wingerath: Selbstverständlich ist es mir bekannt, dass die Amerikaner SIGINT-Auf- (Heiterkeit) klärung betreiben. Das ist nun wirklich kein Geheimnis. Und dass die Amerikaner Ergebnisse Zeuge Frank Wingerath: Das haben Sie mir jetzt ihrer SIGINT-Aufklärung auch mit uns teilen, ist in den Mund gelegt. auch kein Geheimnis. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein. Okay, okay. Sie haben das so GRÜNEN): Nein. genommen, wie es kam: Die NSA macht überall Aufklärung, und der Bundesnachrichtendienst Zeuge Frank Wingerath: Und allein daraus, scheint es eben auch in Bad Aibling für die NSA unabhängig jetzt von BND oder irgendetwas zu machen, sodass man Zehntausende von

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Begriffen löschen musste, aber wir waren nicht Zeuge Frank Wingerath: Der BND ist kein Nach- zuständig. richtendienst einer fremden Macht,

Zeuge Frank Wingerath: Auch das habe ich nicht (Dr. André Hahn (DIE gesagt. LINKE): Aber die NSA!)

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE der im Sinne des § 3 I 2 - - GRÜNEN): Sondern? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Ich habe nur gesagt, GRÜNEN): Ja, aber die NSA. Wenn der BND Mil- dass ich keine Kenntnis über die BND-Praxis lionen von Selektoren steuert, die er selbst nicht habe. Es gehört nicht zum Aufgabenbereich des lesen kann - Sie können ja sagen, dass Sie das am BfV, den BND und seine Tätigkeiten zu über- Ende so definieren; aber ich finde es eben eine wachen. bemerkenswerte Feststellung - - und das führt dazu, dass man natürlich trotz dieser schwierigen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Praxis keine Konsequenzen zieht. - Ich will noch GRÜNEN): Nein. mal eine ganze andere Frage stellen: Sagt Ihnen der Begriff „Glotaic“ etwas? Zeuge Frank Wingerath: Deswegen weiß ich auch nicht, was der BND in Gemeinschaftsarbeit Zeuge Frank Wingerath: Ich habe ihn akustisch oder in Kooperation mit den amerikanischen nicht verstanden. Stellen macht oder auch nicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Glo“, „Glotaic“. GRÜNEN): Aber es ist doch öffentlich geworden. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Davon schon mal was gehört? GRÜNEN): Dass Sie das nicht im Rahmen Ihrer Tätig- - Zeuge Frank Wingerath: Nein.

Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber das ändert doch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE nichts an der Gesetzeslage, dass ich nicht dafür GRÜNEN): Von einer Operation der CIA in zuständig bin - Deutschland mit dem BND irgendwie, -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Nein. GRÜNEN): Okay, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: - oder das BfV, eben den GRÜNEN): - das gehört? BND zu überwachen. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - Sie sind dafür nicht zuständig. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Wenn der Bundesnachrichtendienst in Deutsch- GRÜNEN): Nein. - Wie ist das eigentlich? Wenn land NSA-Selektoren rechtswidrig steuert, wo die CIA in Deutschland eine Operation machen Spionageproblematiken beinhaltet sein könnten, würde, müsste sie das nicht mit dem BfV ma- sind Sie nicht zuständig als BfV. chen? Könnte die mit dem Bundesna- -

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Zeuge Frank Wingerath: Sie kann - - Sie macht flügen? Wurden da auch die britischen Liegen- es mit dem BfV, kann es aber natürlich auch mit schaften einbezogen? Wir haben vorhin ganz viel beispielsweise dem BND machen. über US-amerikanische gesprochen, Frankfurt und Berlin. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Deutschland. Zeuge Frank Wingerath: Meinen Sie jetzt bei die- sem einen konkreten am 28. oder generell? Zeuge Frank Wingerath: Ja, - Martina Renner (DIE LINKE): Generell und auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE konkret. GRÜNEN): Auf deutschem Boden. Zeuge Frank Wingerath: Generell ja, konkret Zeuge Frank Wingerath: - die Zielrichtungen nein. sind unterschiedliche. Martina Renner (DIE LINKE): Warum? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mhm. - Gut, ich will Ihnen noch Zeuge Frank Wingerath: Was warum? meine absolute Lieblingsfolie von Snowden vor- halten. Martina Renner (DIE LINKE): Also warum lässt man die aus am 28.? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wollen wir das in der nächsten Runde machen? Weil wir Zeuge Frank Wingerath: Ich sagte vorhin schon: sind jetzt bei zwölf Minuten. Der Anlass für diesen Umflug war, dass über Herrn Snowden via Presse bekannt geworden ist, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE dass es möglicherweise diesen SCS gibt, den Spe- GRÜNEN): Ja. Bitte schön. cial Collection Service, der aus den Liegenschaf- ten Generalkonsulat in Frankfurt und gegebenen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die läuft uns falls auch Botschaft Berlin solche Dinge betreibt, ja nicht weg, die nächste Runde. Es wird ja noch also technische Aufklärung betreibt. Und das be- ein bisschen dauern. zog sich rein auf die Amerikaner und nicht auf die Briten oder auf andere Five-Eyes-Staaten. Wir Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE sind bei diesem entsprechenden Umflug deswe- GRÜNEN): Ich muss leider gleich los, aber ja. gen zielgerichtet zum amerikanischen General- konsulat geflogen und haben das dort entspre- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, dann chend fotografiert. kommen wir jetzt zur Fraktion der SPD eigent- lich. Martina Renner (DIE LINKE): Vielleicht um noch mal diese möglicherweise Irritation oder das Christian Flisek (SPD): Keine weiteren Fragen im Missverständnis eingangs der Befragung auszu- öffentlichen Teil. räumen: Ich würde gerne die Frage noch mal stel- len. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Keine weite- ren Fragen. Dann sind wir mit der Runde durch Zeuge Frank Wingerath: Welche? und kommen zur Fraktion Die Linke. - Frau Kol- legin Renner. Martina Renner (DIE LINKE): Kommt jetzt.

Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe eine Zeuge Frank Wingerath: Ach so. Frage, und dann gebe ich an meinen Kollegen Dr. Hahn ab. - Wie sieht es denn aus bei diesen Um- Martina Renner (DIE LINKE): Welche Verdachts- fälle technischer Aufklärungsmaßnahmen durch

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Dienste der Five-Eyes-Staaten gegen Einrichtun- Zeuge Frank Wingerath: Ja, und wir haben gen oder Bürger und Bürgerinnen der Bundes- selbstverständlich überprüft, ob es möglich ist, republik Deutschland haben Sie in dieser Gruppe zum Beispiel das Kanzlerhandy - - Theoretisch untersucht? Und „anlasslos und massenhaft“ wäre das ja auch möglich gewesen, dass das mit streichen wir. Hilfe einer Spionagesoftware oder weiß ich was, wie auch immer das funktioniert haben mag, ge- Zeuge Frank Wingerath: Wir haben - nicht falsch macht worden ist. Da hätten wir dann in diesem verstehen; ich will Ihre Frage gerne beantworten - konkreten Fall das untersucht. Es wurde nicht in dieser Gruppe keine sogenannten elektroni- von uns untersucht, sondern von anderen. Im schen Angriffe untersucht. Unter elektronischen Übrigen - das ist mir erst vorhin hinterher einge- Angriffen verstehen wir zielgerichtete elektroni- fallen zum Kanzlerhandy -: Sie wissen ja auch, sche Spionage- oder Sabotageangriffe auf ganz ge- dass der GBA auch ein Ermittlungsverfahren dort zielt ein bestimmtes Target, sei es Frau Renner, eingeleitet hat und es auch eingestellt hat aus ge- sei es irgendjemand anders, völlig egal, aber ganz nau dem Grund, weil es keinen tatsächlichen An- gezielt, nicht massenhaft, also wo alle möglichen haltspunkt gab bzw. man das Verfahren nicht Leute - - und dann hat man irgendwo vielleicht weiterverfolgen konnte, weil es substanziell Glück und einen Treffer, sondern ganz gezielt nichts weiter gab. zum Zwecke der Spionage oder gegebenenfalls auch der Sabotage. Derlei elektronische Angriffe (Hans-Christian Ströbele haben wir in diesem Zusammenhang nicht unter- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sucht. NEN): Weil man nicht wollte!) (Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Also, konkrete elektronische Angriffe gab es inso- NEN): Nicht festgestellt!) weit keine, die wir untersucht hätten.

- Habe ich akustisch nicht verstanden. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber das ver- stehe ich eben nicht, weil wir ja nicht davon aus- (Hans-Christian Ströbele gehen, dass eine Wanze im Handy der Kanzlerin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- war. NEN): Nicht festgestellt!) Zeuge Frank Wingerath: War das - - War es so? Martina Renner (DIE LINKE): Nicht untersucht oder nicht festgestellt? Das war schon berechtigt, (Dr. André Hahn (DIE die Frage von Herrn Kollege Ströbele. LINKE): Wir gehen nicht davon aus!) Zeuge Frank Wingerath: Nicht untersucht. Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, also wir ge- Martina Renner (DIE LINKE): Gezielte Angriffe hen davon aus, dass es Radome auf den Dächern haben Sie nicht untersucht. irgendwie gibt, die den Mobilfunkverkehr auf ei- nem bestimmten Areal hier im Regierungsbezirk Zeuge Frank Wingerath: Genau. abhören.

Martina Renner (DIE LINKE): Warum nicht? Zeuge Frank Wingerath: Das ist aber was ganz anderes als eine Wanze, nicht? Zeuge Frank Wingerath: Weil sie aus unserer Sicht nicht untersuchungsgegenständlich sind. Martina Renner (DIE LINKE): Ja genau. Richtig. Es ging bei allen Vorwürfen von Herrn Snowden um eine Massendatenerhebung. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Renner hat auch gesagt: Das ist keine Wanze. Martina Renner (DIE LINKE): Nein.

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Zeuge Frank Wingerath: Ach so. Zeuge Frank Wingerath: Ja.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Keine. Martina Renner (DIE LINKE): - auf erfassten Te- lekommunikationsdaten. Und die Frage ist: Wo Martina Renner (DIE LINKE): Keine Wanze, ge- hat denn die NSA diese erfassten Telekommuni- nau. Und deswegen ist ja auch mehr als eine Per- kationsdaten her, - son durch diese Maßnahmen betroffen. Wenn wir jetzt die NSA-Selektoren nehmen, die veröffent- Zeuge Frank Wingerath: Ja, - licht wurden durch die SZ, diese Telefonnum- mern, Festnetz wie mobil, der Kanzleramtsmitar- Martina Renner (DIE LINKE): - auf denen sie die beiter, -mitarbeiterinnen oder auch des Landwirt- Selektoren einsetzt? schaftsministeriums, und was da alles drauf- steht - ich glaube, der BND stand da auch drauf; Zeuge Frank Wingerath: - richtig. wie war denn das noch? egal -, kann man ja an diese Daten auch nur kommen, entweder indem Martina Renner (DIE LINKE): Genau, Punkt. Es man sozusagen Endgeräte verwanzt oder aber in- gibt zwei Möglichkeiten: Der BND gibt sie ihr dem man sozusagen an die Leitungen geht bzw. willfährig rüber, oder sie erheben sie selbst. an die Kommunikationskanäle, auf denen diese Kommunikation läuft, und diese dort ausselek- Zeuge Frank Wingerath: Ja. tiert. Das heißt, die Grundlage dieser politischen Spionage ist immer eine Form von Datenerhe- Martina Renner (DIE LINKE): Das untersuchen bung, die - müsste man sich dann anschauen - wir hier. Gehen sie selbst ans Kabel ohne Wissen auf jeden Fall eine große Anzahl von Betroffenen des BND und BfV? Oder nutzen sie den Türöffner betrifft. Deswegen finde ich diese Einschränkung, BND, um von denen die Arbeit machen zu las- die Sie machen, absolut abwegig. Weil was ma- sen? chen die Selektoren Sinn, wenn sie nicht auf Kommunikationsdatenbasen laufen? Zeuge Frank Wingerath: Das ist - - Der BND macht - - Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber was das konkret betrifft, was Sie sagen - - Ich glaube nicht, dass Martina Renner (DIE LINKE): So, das heißt, wir beispielsweise das Telefonbuch des Deutschen sind immer im Bereich von Kommunikations- Bundestages so geheim ist, als dass es nicht mehr datenerfassung, auch beim Kanzlerinnenhandy. oder weniger jedem, der es wissen will, relativ Natürlich. Weil es funktioniert nur auf der einfach zugänglich ist und Sie auch Telefon- Grundlage von Datenerfassung. So, und welche nummern Erkenntnisse haben Sie dazu? Gehen die eigen- ständig ans Kabel? (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die kann nicht je- (Der Zeuge berät sich mit der abhören!) seinem Rechtsbeistand) von Leuten, die Sie ausspionieren wol- - oder die Hören die eigenständig den Mobilfunkverkehr Sie interessieren - - die kriegen Sie auch raus. Da hier im Regierungsviertel ab, oder machen sie es ist vielleicht der Anspruch dann daran, was da in Kooperationen? Das untersucht dieser Unter- getan worden ist, viel zu hoch. Also, um solche suchungsausschuss. Nummern rauszukriegen, glaube ich, bedarf es das vielleicht nicht. Zeuge Frank Wingerath: Okay, habe ich verstan- den. Martina Renner (DIE LINKE): Es geht doch gar nicht darum. Diese Nummern werden als Se- lektoren eingesetzt -

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Martina Renner (DIE LINKE): Danke. Und jetzt Fraktion Die Linke zu überwachen, als bei der würde ich gern wissen, was Sie dazu für Erkennt- Spionageabwehr. Mittlerweile mache ich mir da nisse haben. Sorgen, aber egal. Und wir reden hier eben über diese Sonderauswertung „Technische Aufklärung Zeuge Frank Wingerath: Ich habe keine - - Also, durch US-amerikanische, britische und französi- ich gehe zu einem allergrößten Prozentsatz davon sche Nachrichtendienste“ in Deutschland; aus, dass natürlich der BND das nicht dort hin- darüber reden wir. Und da möchte ich wissen, steuert, sondern dass das eigenständige Daten- welche Erkenntnisse Sie haben, wie dort die erhebungen sind, wie auch immer diese funktio- Daten erhoben werden, auf deren Grundlage nieren. Und darauf bezog sich eben mein Ein- dann die Spionage stattfindet. wand mit dem Telefonbuch. Ob man über das Te- lefonbuch des Bundestages gleich Datenleitungen Zeuge Frank Wingerath: So. Ja. ich sage es noch anzapfen muss, würde ich mal in Zweifel stellen, mal: Wir haben abstrakt immer diese Gefahr gese- aber sei‘s drum. Die Möglichkeit - - Es gibt zahl- hen, haben immer vor dieser Gefahr gewarnt, was reiche Möglichkeiten, und genau das ist Gegen- auch immer die dann dafür zuständigen Bereiche stand der Arbeit, die wir durchgeführt haben. oder Behörden oder Personen daraus gemacht ha- Und, Frau Renner, wir haben schon mehrfach ben. - So. Das ist die eine Seite. jetzt darüber gesprochen, dass wir seit Ende der 1990er-Jahre und spätestens durch einen Bericht Die andere Seite ist, dass wir auch oder insbeson- in 2003 dargestellt haben, dass es diese Gefahr dere durch Edward Snowden, durch seine Veröf- gibt. Ja, das ist doch überhaupt nichts Neues. Ich fentlichungen, erstmalig konkrete Hinweise da- verstehe nicht, warum Sie immer wieder mich da rauf hatten, dass es denn auch tatsächlich viel- das Gleiche fragen. Das Risiko besteht, und es leicht von den Five-Eyes-Staaten durchgeführt werden zahlreiche Länder machen, und es wer- wird und vielleicht auch durch einen Special den nicht nur die Five-Eyes-Staaten machen; Collection Service, vielleicht auch durch dieses, auch darauf sollte man ja dann der Vollständig- vielleicht auch durch jenes. So, das ist insoweit keit halber mal hinweisen. Die Gefahren, denen ein neuer Sachverhalt. Es konkretisierte sich, und Sie unter anderem auch ausgesetzt sind, gehen selbstverständlich - und darauf bezieht sich die nicht nur von den Five-Eyes-Staaten aus, sondern Arbeit der SAW - war es Aufgabe der SAW, dem auch von anderen. Und dass das so ist, ist jetzt nachzugehen, das zu überprüfen. Und genau das wirklich kein Geheimnis und von uns immer haben wir getan. Und zu den Ergebnissen - haben wieder - ich hätte fast gesagt: mantraartig - vorge- wir uns ja vereinbart - erzähle ich nachher was. tragen worden. Das haben wir aber so vorhin schon - - habe ich vorhin schon so dargelegt oder - - Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber Sie sitzen hier für die Tätigkeit in der Arbeitsgruppe „Son- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Ganz derauswertung Technische Aufklärung durch herzlichen Dank. - Die Zeit ist um drei Minuten US-amerikanische, britische und französische schon überschritten. Dann kommen wir jetzt zu Nachrichtendienste“ in Deutschland, SAW TAD, den Fragen der CDU/CSU-Fraktion. Da hätte ich und nicht für Russland, China und meine Gefah- noch ein paar Fragen. Ich würde einmal noch ren, - ganz gerne auf das Sachgebiet „360 Grad“ zu sprechen kommen. Wie viele Mitarbeiter hatte Zeuge Frank Wingerath: Ja, ja, ist mir schon klar. das Sachgebiet denn seit 1992 in der Genese? Sie können den gesamten Zeitraum darstellen. Martina Renner (DIE LINKE): - und wahrschein- lich - weiß ich nicht irgendwie - kann ich mich ja Zeuge Frank Wingerath: Das hatte Herr Flisek glücklich schätzen, dass seit dieser Legislatur das vorhin schon gefragt, und ich hatte darum gebe- BfV irgendwie mich nicht mehr überwacht. Und ten, dass ich das nachher beantworten kann. wahrscheinlich sind mehr Mitarbeiter in der Ver- gangenheit beschäftigt gewesen, irgendwie die

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Aber wahrscheinlich in all den Jahren seit 1992 es kei- ein Sachgebiet ist ja keine Referatsgruppe, ist nen einzigen Vorfall gegeben hat, dann wider- auch keine Unterabteilung, ist keine Abteilung; spiegelt das ja - - Wir müssen uns ja auch nichts also kann man ja von Sachgebiet, von dem Be- vormachen. Die meisten dieser Länder, die ma- griff, schon auf eine gewisse Größe schließen. chen ja auch gar nichts in Deutschland, die be- Wenn Sie mir jetzt sagen: „Da arbeiten 200 treiben hier ja nichts, sondern das ist sozusagen Mann“, dann frage ich mich, warum der Chef des ein Sammelsachgebiet für den Rest der Welt. Sachgebiets kein Abteilungsleiter ist, richtig? Also, die Einstufung als Sachgebiet drückt ja eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na ja, also ei- gewisse Wertigkeit aus, richtig? gentlich ist das so ein dünner 360-Grad-Blick, kann man sagen, nicht? Zeuge Frank Wingerath: Ja, wenn Sie so möch- ten, ja. Zeuge Frank Wingerath: Ja selbstverständlich, selbstverständlich und halt auch anlassbezogen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Warum ist Wenn es keinen Anlass gibt - ich sagte das ja: da das Sachgebiet keine eigene Abteilung gewesen? wird anlassbezogen gearbeitet -, dann bleibt das Ist doch Ihr Themenbereich. so. Wir haben auch Länder gehabt, die wir aus dem Rest der Welt oder 360 Grad rausgeholt ha- Zeuge Frank Wingerath: Sie haben schon ge- ben, weil es sich erheblich, erheblich verdichtet merkt aus dem - - Ich habe ja vorhin eine Haus- hatte, die Spionageaktivitäten in Deutschland. nummer genannt. In diesem Sachgebiet wurden Und dann haben wir die systematisch, und sei es 155 Staaten - - oder umfasst die Bearbeitung von nur temporär, bearbeitet. Und genauso: Auch um- 155 Staaten. Das bedeutet, dass jeder einzelne gekehrt sind manche Länder einfach rausgefallen. wahrscheinlich nicht schwerpunktmäßig bearbei- Denken Sie an - das ist sicherlich jetzt auch kein tet werden kann und das wie so eine Art - ja, wie Geheimnis - Libyen, was in Libyen passiert ist. soll ich mal sagen? - Sammelsachgebiet ist. Sie Der libysche Staat war früher sicherlich ein müssen bitte sehen, dass die Ressourcen der durchaus aktiver, auch nachrichtendienstlich ak- Spionageabwehr begrenzt sind, stark begrenzt tiver - auch das ist kein Geheimnis -, und zurzeit sind. Sie wurden noch stärker begrenzt nach dem ist es eher ein Failed State. Und die haben sicher- Fall der Mauer, nachdem die DDR weggefallen ist lich viele Probleme, aber nicht unbedingt das als sicherlich wichtiges Land der Spionage- Problem, in Deutschland Spionage zu betreiben. abwehr. Die Ressourcen der Spionageabwehr wurden deutlich, deutlich gesenkt, immer weiter. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, da will Und dann nach 2001 - muss man dann auch bitte ich gar nicht weiter drauf eingehen. - Also kann sehen -, nach 9/11 bestand nicht unbedingt das man sagen: Wenn es konkrete Anlässe gibt, dann allgemeine politische Bedürfnis, ausgerechnet werden die Staaten mit hineingepackt. Und einen die Amerikaner, ohne dass es einen neuen Anlass echten 360-Grad-Blick konnte es nie geben, weil oder Ähnliches gegeben hätte, intensiver zu bear- das auch personell bei über 190 Staaten der Welt beiten als vorher. kaum möglich ist. Man fokussiert sich auf Pi mal Daumen 40, 50, und das wechselt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn ich so 155 Staaten höre, das auf die Größe eines Sach- Zeuge Frank Wingerath: Und auch nicht erfor- gebiets mal ansetze, dann haben Sie rund 0,05 derlich ist. Vollzeitstellen pro Land. Kann das sein? Also sprich: weniger als 0,1 Vollzeitstelle pro Land. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und auch nicht erforderlich ist, richtig. - Das änderte sich Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber wenn Sie über- aber dann schon mit den Snowden-Veröffentli- legen, das sind dann Länder - weiß ich, ist jetzt chungen, dass man darüber mit Blick auf be- fiktiv, ohne dass ich die 155 weiß -, da ist dann stimmte Staaten eine andere Sichtweise einnahm Burkina Faso dabei oder ein sonstiges Land, wo und sie in den Fokus hineinrückten, in einen,

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sage ich mal, konzentrierten 360-Grad-Blick, Sie die US- - sowohl das Konsulat in Frankfurt wenn ich es mal so sagen will. als auch die Botschaft hier sich angeguckt haben. Und haben Sie Ähnliches bei anderen Five-Eyes- Zeuge Frank Wingerath: Ja, einen konzentrierten Staaten gemacht? 360-Grad-Blick, und dieser konzentrierte 360- Grad-Blick beinhaltet dann auch, dass man nicht Zeuge Frank Wingerath: Ja. nur darauf wartet, dass es irgendwie einen An- lass gibt, der von irgendwoher kommt, sondern Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE dass man auch eine gewisse Basisbearbeitung be- GRÜNEN): Können Sie dann - - treibt, die gleichermaßen für alle gilt. Zeuge Frank Wingerath: Aber nicht jetzt aus Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und das ist konkretem Anlass heraus. Aufgrund der Snow- das, was Ihr Präsident auch gemeint hat, als er den-Veröffentlichungen und der These, der Be- gesagt hat: Diesen 360-Grad-Blick, den pflegen hauptung, dass es ein SCS gebe, haben wir nur wir jetzt. - Also diesen konzentrierten meinten er das amerikanische GK in Frankfurt gemacht. und der Innenminister. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Genau. GRÜNEN): Also in den Snowden-Veröffentli- chungen werden ja auch die Briten erwähnt, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Dann habe ich noch einen zweiten Bereich, aber den Zeuge Frank Wingerath: Ja, - kann ich auch hinterher machen. - Okay, dann kommen wir zur nächsten Fraktion; das wäre die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Kollege GRÜNEN): - nur als Beispiel. Ströbele. Zeuge Frank Wingerath: - selbstverständlich, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE aber nicht mit einem speziellen SCS. Wenn Sie GRÜNEN): Wenn ich eine Frage als sich erinnern, in dem - - „Codename ‚Apa- Wiederholungsfrage stelle, bitte ich das lachee‘“ stand es drin: Es gibt diesen Special Col- nachzusehen, aber ich konnte am Anfang Ihrer lection Service, der sozusagen Telekommunika- Befragung nicht dabei sein, weil ich da im tion aus der Liegenschaft im Frankfurter General- Plenum sein musste. konsulat, möglicherweise auch aus der Botschaft in Berlin konkret, betreiben würde. Können Sie sagen, welche Liegenschaften von Five-Eyes-Staaten außer den US-amerikanischen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Sie überprüft haben oder versucht haben zu GRÜNEN): Also Sie haben nur praktisch diese überprüfen beispielsweise durch Rundumflüge beiden Objekte sich näher angeguckt, weil Sie da oder Ähnliches? zusätzliche Hinweise hatten.

Zeuge Frank Wingerath: Außerhalb der diploma- Zeuge Frank Wingerath: Welche beiden Objekte? tischen Vertretungen? Eins. Ein Objekt.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein. GRÜNEN): Hier Botschaft und Konsulat.

Zeuge Frank Wingerath: Oder außerhalb Bot- Zeuge Frank Wingerath: Die Botschaft in Berlin schaft? wie andere auch. Regierungsviertel, oder von uns immer als Berlin-Mitte bezeichnet, machen wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE schon seit ganz langer Zeit routinemäßig, und das GRÜNEN): Also, Sie haben ja wohl gesagt, dass

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schließt die Botschaft der Amerikaner ein. Wenn weit. Also die waren alle drin, alle Five-Eyes- Sie - - Staaten.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Das liegt alles - - Also, GRÜNEN): Ja, aber da ist die britische ja auch wir haben - - nicht weit. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Nein, - GRÜNEN): Australien fehlt noch.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Wenn man hier drüber- GRÜNEN): Die haben Sie auch … (akustisch un- fliegt, steht eine Botschaft neben der anderen, verständlich) und selbstverständlich werden die Dinge nicht im gleichen zeitlichen Turnus wie die aus unse- Zeuge Frank Wingerath: - deswegen schließt es rer Sicht bedeutendsten Staaten, aber durchaus die auch ein. auch immer wieder - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die auch, ja. GRÜNEN): Aber die Snowden-Enthüllungen wa- ren nur Anlass für diese eine Aktion - Zeuge Frank Wingerath: Wenn Sie aber sich die britische und amerikanische Botschaft von hier Zeuge Frank Wingerath: Genau. aus - ich weiß jetzt nicht, wo ein guter Platz wäre; vielleicht von der Reichstagskuppel aus - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE betrachten, dann sehen Sie, dass Sie nichts se- GRÜNEN): - US-Amerika. hen, nämlich dass dort die möglichen oder wahr- scheinlichen entsprechenden technischen Vor- Zeuge Frank Wingerath: Ja. richtungen verbaut sind - - und möglicherweise bereits zur Errichtung der Botschaft entspre- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE chende Vorrichtungen getroffen wurden, dass GRÜNEN): Andere nicht. Und haben Sie denn man nicht nachrüsten musste später dann und von den anderen Botschaften - - Wie Sie sagen: Dinge oben draufsetzen, wie das bei anderen der Sie fliegen hier ja sowieso; das ist hier alles ganz Fall ist. Deswegen ist die Erkenntnislage auch nah, braucht man nur die Kamera umdrehen, aus Überflügen der neuen Botschaften, der neuen dann ist schon die andere Botschaft da. - Haben Gebäude natürlich auch erheblich geringer. Ja, Sie denn auch außerhalb Berlins beispielsweise ältere Botschaften - - Zum Beispiel die russische andere Konsulate oder so was - Botschaft, die steht ja schon was länger da, und deswegen gibt es dort auch entsprechendes Ver- Zeuge Frank Wingerath: Ja, - gleichsmaterial, wie sich die Dinge so im Laufe der Jahre verändern. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - auch im Blick? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na ja, die russische gehört noch nicht Zeuge Frank Wingerath: - aber das gehört - - Das zu den Five-Eyes-Staaten. sind nicht die Five-Eyes-Staaten.

Zeuge Frank Wingerath: Habe ich auch nicht Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE behauptet. GRÜNEN): Nicht die - - Na, ich meine jetzt im- mer nur die Five Eyes. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber die französische ist ja auch nicht Zeuge Frank Wingerath: Nein.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also die russ- - GRÜNEN): Aha. Also, Sie meinen jetzt die Be- schäftigung, die die im Einzelnen hatten. Zeuge Frank Wingerath: Dann ist die Antwort Nein. Zeuge Frank Wingerath: Nein, Sie fragten ja, ob wir die Leute gekannt haben, die 50, die da Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE draufstehen. GRÜNEN): Ja: Nein. - Also, mit Russland sind wir ja im Augenblick weniger beschäftigt außer hin Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE und wieder sonstige Erkenntnisse - - GRÜNEN): Und auch was deren Funktion war oder ihre Aufgabe war, ihr Gebiet. Dann habe ich noch eine Frage zu den Gesprä- chen, die Herr Maaßen geführ- - In dem Brief Zeuge Frank Wingerath: Ich persönlich kannte vom 28.02.2013 [sic!] hat Herr Maaßen ja an die einen Teil davon; andere Leute kannten aber USA geschrieben und hat dann - - Dann fand eine auch andere. ganze Reihe von Gesprächen statt mit US-Vertre- tern, und dann kam irgendwie eine Liste von 50 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE CIA-Vertretern oder -Spionen oder was auch im- GRÜNEN): Aha. Also Sie sagen: Alle 50 waren mer dabei raus. Die ist dann übergeben worden. irgendwie bekannt bei Ihnen. Wissen Sie, was die jeweiligen Personen für die CIA in Deutschland gemacht haben? Zeuge Frank Wingerath: Mehr oder weniger, ja.

Zeuge Frank Wingerath: Nur soweit ich sie per- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE sönlich und namentlich kenne. GRÜNEN): Dann brauchen Sie nur jetzt Ihre Leute zu fragen, was mit denen war. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und wie viele sind das von den 50? Zeuge Frank Wingerath: Herr Ströbele, können wir darüber nachher reden? Ich rede da gerne Zeuge Frank Wingerath: Kann ich Ihnen nicht drüber, aber es ist - - sagen. 10, 15. Wir haben aber - - Ich weiß nicht, ob das - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja gut, - (Der Zeuge blickt zu MR Torsten Akmann(BMI)) Zeuge Frank Wingerath: Gerne ist übertrieben, aber - - Na gut, wir haben die Liste selbstverständlich uns angeguckt und haben uns selbstverständlich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE angeguckt, ob es da Neuigkeiten drauf gibt, haben GRÜNEN): - wir wollen ja immer so viel wie auch mit anderen Behörden gesprochen. Und das möglich in öffentlicher Sitzung machen, weil - - Ergebnis war: keine Neuigkeiten. Zeuge Frank Wingerath: Ja, ich verstehe das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Argument. Wir kommen aber immer wieder - GRÜNEN): Das verstehe ich jetzt nicht. Was heißt „Neuigkeiten“? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, ja. Zeuge Frank Wingerath: Das würde ich bitte nachher erklären, wenn Sie - - Zeuge Frank Wingerath: - zu einem gewissen Punkt, ja.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Dienststelle, Name, Standort usw. abgefragt wer- GRÜNEN): Ist ja erst mal - - den. Ist das zu jeder Person dann festgestellt wor- den? Zeuge Frank Wingerath: Ich verstehe das Argu- ment. Ich kann es aber nicht machen; denn es ge- Zeuge Frank Wingerath: Sage ich Ihnen nachher fährdet dann schon unsere Vorgehensweise, und was zu. das möchte ich nicht und kann ich auch nicht und darf ich auch nicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie auch nicht sagen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, Sie wollen zu den Personen, zu Zeuge Frank Wingerath: Bitte? den 50, gar keine Angaben hier machen, also, wo die waren und - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, ich habe jetzt nicht gefragt, was Zeuge Frank Wingerath: Im öffentlichen Teil zu den Einzelnen da stand, sondern nur, ob das nicht, nein. überall - - Oder gab es da auch Ausfälle, wo Ihnen das nicht mitgeteilt worden ist? Standort Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE oder so? GRÜNEN): Im öffentlichen Teil gar nicht. (Der Zeuge berät sich mit Zeuge Frank Wingerath: Ich nehme an - ich bin MR Torsten Akmann(BMI)) im Moment nicht sicher -, die Liste liegt Ihnen auch vor. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay?

(Dr. André Hahn (DIE Zeuge Frank Wingerath: Es gab eigentlich nur LINKE): Die ist bestimmt die Namen und eine kleine Unterscheidung in geschwärzt!) die Liegenschaften, wo sie eingesetzt sind, -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also im Augenblick liegt sie mir nicht GRÜNEN): Ja. vor. Keine Ahnung. Zeuge Frank Wingerath: - aber nicht, welche Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wollen wir Aufgabe im Konkreten. Und es bezog sich auch das dann in der nächsten Runde klären? Dann nur auf die CIA, soweit ich mich erinnere. haben wir auch alles vorliegen. Weil die Zeit jetzt um wäre. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, - Zeuge Frank Wingerath: Und angefragt waren, wenn Sie - - Sie haben ja eben das Schreiben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. zitiert. Angefragt waren noch andere Dienste.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - ich werde gerade darauf hingewie- GRÜNEN): Waren alle, ja genau. sen, - Zeuge Frank Wingerath: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und von anderen gab es nichts? GRÜNEN): - dass es - - Bei dieser Liste sollten ja

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Zeuge Frank Wingerath: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - gibt ja viele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wirklich nicht? Sie haben jetzt - - Zeuge Frank Wingerath: Ich meine oder - - Es kann sein, aber ich weiß es wirklich nicht mehr Zeuge Frank Wingerath: Also jedenfalls nicht - - positiv. Ich meine, es kann sein, dass FBI münd- Es kann sein - - Das ist aber jetzt - - Da bin ich lich oder in irgendeinem - - also jedenfalls nicht mir nicht sicher. Es kann sein, dass es seitens FBI mir vorliegend schriftlich sich auch geäußert hat, auf andere Arten und Weisen eine Antwort gege- aber mit Sicherheit nicht in Form von so einer ben hat. langen Liste, sondern in der Form, dass wir alle kennen, die sie hier haben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das habe ich nicht verstanden. Wie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE „auf andere Arten und Weisen“? GRÜNEN): Also, in dem Brief steht ja noch: die „eingesetzten Mitarbeiter des FBI“, die sind ja Zeuge Frank Wingerath: Das Antwortschrei- ausdrücklich erbeten, und „aller militärischen ben - - Einheiten mit nachrichtendienstlichem Auftrag“. Wir wissen ja, dass es da zahlreiche Dienste gibt: Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE nicht nur die NSA, sondern 15 andere mindes- GRÜNEN): Also nicht so ein Fragebogen ausge- tens. Da haben Sie gar nichts bekommen? füllt. Zeuge Frank Wingerath: Nicht dass ich wüsste. Zeuge Frank Wingerath: Ja, das Antwortschrei- Nein. ben ist auch nicht vom Botschafter gekommen, sondern das ist vom CIA-Direktor Brennan ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, den kommen. Der hat natürlich zu seinen Leuten Rest müssten wir jetzt in der nächsten Runde klä- Auskunft erteilt und zur Zusammenarbeit oder, ren. wenn Sie so wollen, zu den Aktivitäten der CIA und nicht für andere Dienste. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja gut, aber Sie haben ja jetzt angedeu- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt sind wir tet - oder habe ich das falsch verstanden? -, dass ja auch bei knapp zwölf Minuten. - Dann sind Sie auch von anderen - wir jetzt bei der nächsten Fraktion, der Frak- tion - - Zeuge Frank Wingerath: Ja, - Christian Flisek (SPD): Keine weiteren Fragen in Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE öffentlicher Sitzung. GRÜNEN): - einzeln was bekommen haben. FBI - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, keine weiteren Fragen. Damit sind wir - - Zeuge Frank Wingerath: - ich bin mir - - Christian Flisek (SPD): Die Fraktion dürfen Sie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE aber trotzdem nennen. GRÜNEN): - NSA, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Es wäre Zeuge Frank Wingerath: Das ist eine ganz, ganz die Fraktion der SPD, die keine weiteren Fragen schwache Erinnerung. - mehr hat.

Christian Flisek (SPD): In öffentlicher Sitzung.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Fraktion wir sind diesen Verdachtsfällen entsprechend ist so schnell, dass ich nicht mal zum Nennen nachgegangen, wie wir das immer machen. der Fraktion gekommen bin. - Und dann sind wir in der nächsten Runde und beginnen wieder mit Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wie oft gab es der Fraktion Die Linke. Herr Kollege Hahn. denn Hinweise? Und welche haben sich dann bestätigt? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ich muss zuge- ben, dass ich mich zunehmend frage, wenn ich Zeuge Frank Wingerath: Das ist jetzt nicht unter- Ihre Ausführungen so höre, ob sich Spione in suchungsgegenständlich; denn wir reden dann - - Deutschland wirklich Sorgen machen müssen Oder reden wir nur von technischer Spionage? oder Angst haben müssen, dass sie von Ihnen Wovon reden - - erwischt werden, wenn es wirklich mal Not täte und dringend wäre. Aber ich will jetzt noch mal Dr. André Hahn (DIE LINKE): Erstens ist der konkret nachfragen, weil ich denke, man muss es Untersuchungsauftrag nicht ausschließlich auf ja mal irgendwie auch versuchen zusammen- technische Spionage - zubinden. Sie sind ausgewichen bei vielen Fra- gen oder haben verwiesen auf irgendwelche spä- Zeuge Frank Wingerath: Doch. teren Aussagen. Ob sie denn noch kommen oder nicht, werden wir sehen. - Ich frage noch mal Dr. André Hahn (DIE LINKE): - nein - kon- ganz einfach oder bis naiv: Gibt es denn nach zentriert; aber es geht jetzt um die Five-Eyes- Ihrem Wissen oder nach dem, was Sie mitbekom- Staaten, und da können Sie doch die Frage ganz men haben, politische und/oder wirtschaftliche klar beantworten. Spionage durch die Five Eyes in Deutschland? Gibt es so was? Zeuge Frank Wingerath: Das - -

Zeuge Frank Wingerath: Ich kann es auf gar kei- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wie viele Fälle ha- nen Fall ausschließen. Ich kann nur sagen: Ich ben sich bestätigt, wenn Sie Hinweise bekommen hoffe nicht. - Wir haben immer wieder Fälle oder haben? Das ist doch eine ganz einfache Frage. Hinweise, dass so etwas vielleicht passiert, was Keiner oder jeder oder fünf oder zwanzig? den Untersuchungsgegenstand, die technische Spionage, betrifft, auch da aber in deutlich gerin- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet gerem Prozentsatz. sich vorab Herr Akmann.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, gibt es denn MR Torsten Akmann (BMI): Die Bundesregie- nun politische und/oder wirtschaftliche - - oder rung - - gab es in den zurückliegenden Jahren, seitdem Sie im Dienst sind, dort politische Spionage? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oder? War das nicht eine Wortmeldung? Zeuge Frank Wingerath: Seitdem ich im Dienst bin? MR Torsten Akmann (BMI): Ja, aber das Mikro- fon geht nicht. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Seitdem Sie beim Verfassungsschutz arbeiten, ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ach so.

Zeuge Frank Wingerath: Seitdem ich beim Ver- MR Torsten Akmann (BMI): Jetzt geht es. Vielen fassungsschutz arbeite. Okay, das ist - - Also, ich Dank, Herr Vorsitzender. - Ja, also die Bundes- kann Ihnen die Frage beantworten: Seitdem ich regierung ist der Auffassung, dass der Unter- zuständig bin für Spionageabwehr - ansonsten suchungsauftrag sich in der Tat, wie der Zeuge habe ich davon keine Kenntnis -, da hat es Hin- das auch darstellt, nur auf SIGINT-Aufklärung weise darauf gegeben, dass es so etwas gibt. Und der Amerikaner bezieht. Und etwa der HUMINT-

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Bereich oder andere Beschaffungsmethoden fal- wird. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. len nicht unter den Untersuchungsauftrag. Und Und deswegen - - Wenn wir die Amerikaner oder ich denke, das ist das, worauf der Zeuge hier ab- die Five-Eyes-Staaten nicht systematisch stellt. Und wenn er entsprechend antwortet, beobachten, dann können wir nur von konkreten dann ist das so richtig. Verdachtsfällen ausgehen, dann geht es nur um konkrete Fälle. Deswegen bitte ich noch mal: Prä- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Zu dem SIGINT- zisieren Sie die Frage, was Sie genau wissen wol- Bereich: Wie viele Hinweise hat es gegeben, was len. Ich könnte Ihnen allenfalls zu konkreten Ver- die Five-Eyes-Staaten angeht - damit nicht gleich dachtsfällen etwas sagen. wieder die Bundesregierung aufspringt -, wie viele Hinweise hat es gegeben in diesem Bereich, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, wenn ich die und wie viele haben Sie verfolgt? Und welche ha- Verdachtsfälle nicht kenne, die Sie mitbekom- ben sich bestätigt? Wie viele? men haben, wie soll ich Sie danach fragen? Des- wegen habe ich jetzt wenigstens mal gefragt, wie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Im SIGINT- viele es waren, damit wir eine Vorstellung haben, Bereich. was Sie da überhaupt machen in Ihrer Spionage- abwehr in dem Bereich. Was machen Sie, wenn Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, von mir aus Ihnen jemand sagt: „In oder bei Wies- auch das. baden, NSA, und dort ist eine Abhöranlage aufge- baut, und die forscht ganz Deutschland aus“? Zeuge Frank Wingerath: Reden wir von konkre- Was machen Sie dann? ten Verdachtsfällen? Oder reden wir von Hinwei- sen darauf, dass sie etwas machen? Zeuge Frank Wingerath: Sehen Sie! Genau das ist nämlich kein konkreter Verdachtsfall, sondern Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben selbst das ist genau - - Sie widersprechen sich selber, von Hinweisen gesprochen und konkrete Anlässe Herr Dr. Hahn. Das ist ein Sachverhalt, dem ich gesagt, wo Sie dann tätig geworden sind. Und ich natürlich im Rahmen insbesondere der SAW - frage jetzt: Wie viele hat es gegeben? Und wie weil es diesen Vorwurf gibt - nachgegangen bin: viele haben sich bestätigt? „Ist das überhaupt technisch möglich?“, und dann gucke ich ebenso ganz genau: Sehe ich oder Zeuge Frank Wingerath: Ich habe die Frage kann ich es belegen, dass das denn tatsächlich schon verstanden, aber Sie - - stattfindet, dass die das machen? Und wie ma- chen sie es? - Etwas anderes ist, wenn ich ganz Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, dann beant- konkret weiß: Eine Person X oder eine Person Y, worten Sie sie doch einfach. ein Unternehmen X, eine Behörde Y sind konkret angegriffen worden bzw. konkret ausspioniert Zeuge Frank Wingerath: Ja, aber sie ist so nicht worden. - Vorhin fiel irgendwann - darüber zu beantworten. Dann sage ich vielleicht: werde ich aber nicht reden - das Stichwort „Mar- Fünf. - Das ist aber jetzt aus der hohlen Hand ge- kus R.“; das ist ein konkreter Verdachtsfall, wo- griffen. Dann fallen zum Beispiel die Sachen, die bei es sich in diesem Falle ja auch erhärtet hat. Snowden vorgetragen hat, dann aber nicht drun- ter; denn es geht ja dann um konkrete Verdachts- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, wenn das Kanz- fälle. Die von Edward Snowden vorgetragenen lerhandy nicht nur womöglich abgehört wird, Vorwürfe, die beziehen sich doch nicht auf ganz wenn der amerikanische Präsident sagt: „Wir ma- konkrete Spionagesachverhalte. Frau Renner hat chen das jetzt nicht mehr - - eben mal einen anderen angesprochen, der zu ei- nem späteren Zeitpunkt war. Das sind dann kon- Zeuge Frank Wingerath: Ja, das ist ein konkreter krete Verdachtsfälle, dass ganz konkret etwas Verdachtsfall. passiert. Das andere ist die Wahrscheinlichkeit, dass Spionage in und gegen Deutschland verübt

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, dann müssen Zeuge Frank Wingerath: Wir haben - - Ich sage es Sie sich doch überlegen als Spionageabwehr: Wie noch mal: Uns ist leider das Handy nicht zugäng- sind die nicht nur an die Nummer gekom- lich gemacht - - sondern das Handy wurde ander- men? - Das ist schon klar, dass sie die Nummer weitig untersucht; das Handy wurde untersucht irgendwo herkriegen können. Die haben viel- offenbar beim BND, beim BSI. Der GBA hat ein leicht auch andere amerikanische Behörden, Ermittlungsverfahren eingeleitet; er hat möglich- diese Nummer; das ist nicht die Frage. Aber um erweise andere Behörden mit den Ermittlungen den Anruf bei der Bundeskanzlerin mitzubekom- beauftragt, was er ja üblicherweise tut. Wir waren men und dann vielleicht mitzuschneiden, wie dabei außen vor. Wir konnten in diesem Falle auch immer, muss ich natürlich in größerem Um- nichts tun außer der grundsätzlichen Prüfung: fang Telefonate abhören, bis ich merke, dass die „Wie konnte es dazu kommen?“, und da ist Kanzlerin angerufen wird. Und dann müss- - Was eine - eine! - Möglichkeit - das möchte ich mal machen Sie dort? Was ist da Ihre - - wenn Sie tä- deutlich betonen - die, dass die Amerikaner in ir- tig werden? Fragen Sie nicht, wo die Amerikaner gendeiner Art und Weise proaktiv an die Num- dort rankommen? mer der Kanzlerin drangekommen sind. Es ist auch möglich, theoretisch - ich sage nicht, dass Zeuge Frank Wingerath: Ja selbstverständlich. ich das für wahrscheinlich oder für wahrscheinli- cher halte -, dass beispielsweise Gesprächs- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, und mit was - - partner der Kanzlerin überwacht wurden seitens der Amerikaner und von daher man an die Num- Zeuge Frank Wingerath: Das haben wir doch vor- mer rankam und nur diese Gespräche abgehört hin schon alles besprochen. Ich kann es gerne hat. wiederholen: Selbstverständlich sind wir dem - - Wenn Sie das als einen konkreten Verdachtsfall - Das, was uns vorliegt, das Datenblatt, Herr Dr. da würde ich die Meinung auch teilen - bezeich- Hahn, das ist ja nicht das Original; das ist eine nen: „Das Merkel-Handy ist abgehört worden“: Abschrift eines Spiegel-Redakteurs, was wir ha- Selbstverständlich gehen wir dem im Rahmen ben. Wir bedauern es ja, dass wir das Ausgangs- unserer Möglichkeiten nach. material nicht bekommen von Edward Snowden; aber Sie können uns daraus jetzt auch keinen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, was haben Sie Vorwurf machen. Wenn ich die Dinge nicht habe gemacht? Rundflüge, oder? oder sie mir nicht zugänglich gemacht werden, kann ich auch nichts daran ändern oder kann ich Zeuge Frank Wingerath: Hm? Die Rundflüge ha- es auch nicht untersuchen in adäquater Weise. ben mit - - Nein. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber Sie können ja Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na ja, was haben nicht ernsthaft sagen - - Wenn Sie die Original- Sie denn getan? Ich möchte verstehen, was Sie in dokumente von Snowden nicht haben, dann prü- Ihrem Bereich - fen Sie das nicht mit der notwendigen Hart- näckigkeit und gehen dem nach. Sie haben vor- Zeuge Frank Wingerath: Ja. hin gesagt, Sie wissen nicht, ob es echt ist, Sie können es nicht prüfen, und: Na, gucken wir mal, Dr. André Hahn (DIE LINKE): - tun, um solche was da steht, und ansonsten ist es für uns aber Dinge nicht nur zu verifizieren und aufzu- - erst dann relevant, wenn wir wissen, dass es das Originaldokument ist. Zeuge Frank Wingerath: Wir haben uns - - Zeuge Frank Wingerath: Ich habe vorhin schon Dr. André Hahn (DIE LINKE): - - sondern auch mal ausgeführt zu diesem Datenblatt. Noch mal: möglichst zu verhindern künftig. Es ist eine Abschrift eines Journalisten. Es ist kein Original, noch nicht mal ein Foto eines Ori-

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ginals. Ich weiß nicht, welche Funktion das Ori- dacht“, sondern diese Listen dienen dem Rein- ginal hatte. War das ein Auftrag an die NSA: waschen, weil wir glauben das ja gar nicht, dass „Bitte schön Kanzlerhandy abhören“? War es da alles so Böses läuft. Das ist ja eigentlich ein eine Abschrift einer routinemäßigen Recherche berechtigtes Unterfangen, auch von Herrn über - - welche Nummern man denn da so alle Maaßen, dass er mal versucht, da jetzt Licht rein- eingefangen hat im Rahmen einer großen SIGINT- zubringen. Abfrage, und dann ist man halt auch auf das Kanzlerhandy vielleicht genauso wie auf meines Deshalb ist natürlich schon von Bedeutung - - und Ihres gestoßen. Da gibt es zahlreiche Mög- Jetzt haben Sie 50 CIA-Agenten oder -Mitarbeiter lichkeiten. Vielleicht ist es auch nur ein Ergebnis genannt bekommen. Sie sagen, die waren Ihnen gewesen einer Überprüfung, dass man irgendeine eigentlich alle auch bekannt, nicht Ihnen persön- andere Person abgehört hat im In- oder im Aus- lich, aber den verschiedenen Leuten im Verfas- land, und ist dann dabei auf die Gesprächspart- sungsschutz. Konnten Sie denn von der Kenntnis nerin Dr. Angela Merkel gestoßen. Wenn ich das über diese Leute ausschließen, dass die irgend- Original nicht habe, wie soll ich das denn ein- welche Sachen auch machen, die Spionage sind schätzen? Können Sie es einschätzen? Ich kann gegen deutsche Behörden, Unternehmen, Perso- es nicht. Das ist einfach nicht möglich. nen oder was auch immer? Oder - - Also ich will es ein bisschen konkret machen: Da ist da viel- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich bin ja jetzt nur leicht jemand, der beschäftigt sich jetzt mit der darauf gekommen, weil Sie immer auf die kon- Zusammenarbeit im Bereich des Terrorismus und kreten Beispiele gehen. Und wenn es dann kon- ist Ihnen bekannt, Ihnen oder anderen Behörden kret wird, sagen Sie: „Es reicht mir aber auch in Deutschland, und Sie wissen: Der kommt von noch nicht“, und dann geht wieder nichts voran. der CIA und ist eben da; man arbeitet mit dem zusammen. - Da können Sie sagen: Wir wissen ja, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, nein, wofür der hier ist und wofür er nicht hier ist, je- so habe ich es nicht verstanden. Aber wir müss- denfalls wahrscheinlich. - War das bei allen aus- ten jetzt auch mal wechseln. Und wir kommen zuschließen, dass Sie so viel über die wussten, jetzt zur nächsten Fraktion. Ich vermute mal, dass Sie sagen konnten: „Also, einen anderen dass wir schnell wieder bei der Fraktion Die Verdacht brauchen wir gegen die nicht zu haben, Linke sind. Ich glaube, dass die Union weiterhin weil wir wissen ja ungefähr, was sie hier tun“? keine weiteren Fragen mehr hat. - Dann wären wir bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. - Da Zeuge Frank Wingerath: Nein, auszuschließen ist gibt es noch Fragen, okay. das natürlich nicht. Nein.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also ich frage noch mal diesen Brief GRÜNEN): Konnten Sie bei den 50 schon nicht, ab. Der Brief atmet ja so die Intention des Bun- die Ihnen genannt wurden? desamtes für Verfassungsschutz, Herrn Maaßen, seines Präsidenten: Wir möchten da jetzt mal al- Zeuge Frank Wingerath: Nein, das kann man les wissen möglichst über die Aktivitäten hier in grundsätzlich nicht. Deutschland mit dem Ziel, das zu widerlegen, dass da irgendwas stimmt. - Das steht da ja hin- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE ten. Also: Spekulationen, „um sich von der Halt- GRÜNEN): Ja, also dass die doch noch auf mehre- losigkeit der Behauptungen einer nachrichten- ren Schultern - - oder noch andere Sachen hier dienstlichen Aufklärungstätigkeit von U.S.-Stel- machen. Also Sie haben ja vorhin selber Markus len gegen deutsche Interessen zu überzeugen“. R. genannt. Da ist ja auch immer von Verbin- Vielleicht hat man es auch aus taktischen Grün- dungsleuten die Rede von der CIA, die der dann den da reingeschrieben, damit man nicht rein- irgendwo getroffen hat in Österreich und so, - schreiben muss: „Wir haben da einen bösen Ver- Zeuge Frank Wingerath: Das würde eine Rund- -

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - wer auch immer das war. Ich will in GRÜNEN): Aha. Aber Sie wuss- - Sind die Fragen den Fall jetzt gar nicht näher eindringen. denn beantwortet worden? Das war ja eine der Fragen, die da in dem - - Zeuge Frank Wingerath: Das würde ja eine Rundumüberwachung voraussetzen, was Sie sa- Zeuge Frank Wingerath: Welche Frage? gen, um das auszuschließen, wirklich auszu- schließen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Diese Fragen, von wann - - „Beginn Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE und voraussichtliches Ende der Stationierung in GRÜNEN): Ja, also nichts auszuschließen, aber Deutschland.“ Sie wussten ungefähr, was die hier tun sollen. - Wurde denn da auch die Zeit - da ist ja auch Zeuge Frank Wingerath: Nein, nicht in dem nach gefragt worden, von wann die in Deutsch- Schreiben. land waren, also hier tätig waren - - wurde das auch angegeben? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind nicht beantwortet worden. Zeuge Frank Wingerath: Soweit sie Diplomaten sind, sind sie hier auch akkreditiert beim AA, - Zeuge Frank Wingerath: Nicht in dem Antwort- schreiben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mhm. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bitte? Zeuge Frank Wingerath: - und das AA ist natür- lich darüber informiert. Zeuge Frank Wingerath: Nicht in dem Antwort- schreiben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele waren es? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind sie nicht beantwortet worden? Zeuge Frank Wingerath: Ich kenne jetzt nicht die genaue - müsste das AA sonst zu Auskunft Zeuge Frank Wingerath: Nein. geben - Praxis und auch nicht die Visaregularien der Amerikaner oder für Amerikaner, sagen wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE es mal so. Aber jedenfalls das, was das diplomati- GRÜNEN): Aha. Stand da nicht drin. Haben Sie sche Korps betrifft, werden die hier beim AA an- dann noch mal nachgehakt? gemeldet. Zeuge Frank Wingerath: Nicht dass ich wüsste. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. Ach, die waren alle irgendwie re- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE gistriert, - GRÜNEN): Nicht. - Jetzt hatte ich vorhin ja schon nach anderen nachgefragt. Also ich will es mal Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich Ihnen etwas konkreter machen: Gab es keinen NSA- nicht sagen, ob das alles - - Menschen oder DIA?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Doch. Es ist - - Natür- GRÜNEN): - jetzt nicht als CIA, sondern - - lich gab es NSA-Mitarbeiter -

Zeuge Frank Wingerath: Das kann ich Ihnen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE nicht sagen, ob die alle als Diplomaten registriert GRÜNEN): Ja, aber nach denen ist doch auch ge- sind und akkreditiert sind. fragt worden.

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Zeuge Frank Wingerath: - und gibt es mit Sicher- Zeuge Frank Wingerath: Ja. heit immer noch in Deutschland. Die Personen, die benannt wurden, waren, soweit ich weiß, alle Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE CIA bzw. JIS zuzurechnen. GRÜNEN): Wie lange sind die hier?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Ja. GRÜNEN): Bitte wem zu- - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Joint Issues Staff. GRÜNEN): Was haben die für eine Aufgabe?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Ja. GRÜNEN): Ach so. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Das ist sozusagen, so- GRÜNEN): Wie viele sind denn Ihnen im Zusam- weit ich das immer verstanden habe, die Einrich- menhang mit diesem Brief genannt worden? tung, die die Dienste der USA im Ausland koor- diniert, sozusagen der Ansprechpartner oder der- Zeuge Frank Wingerath: Ja, die 50. jenige, der für alles verantwortlich ist, und das ist aber personell in der Regel mit CIA gleichzuset- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE zen. GRÜNEN): Ich denke, das waren alles CIA-Leute.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Ach so, Sie meinen jetzt GRÜNEN): Ja, aber wenn ich Sie vorhin richtig von anderen Diensten? verstanden habe, haben Sie gesagt: Zu den ande- ren ist nichts gesagt worden. - Aber jetzt sagen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Sie: Doch. NSA, DIA. GRÜNEN): Ja.

Zeuge Frank Wingerath: Nein, nein, nein, ich Zeuge Frank Wingerath: Keiner. Soweit ich habe nicht gesagt, dass - - weiß, keiner.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele waren denn jetzt nicht CIA- GRÜNEN): Kein Einziger. Leute? Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Ich habe ja nicht gesagt, dass die Liste, die Brennan uns geschickt hat, das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE gesamte Bild der amerikanischen nachrichten- GRÜNEN): Also, obwohl Sie wussten: „Da gibt es dienstlichen Präsenz in Deutschland widerspie- ja welche“, aber da ist in der Antwort nichts ge- gelt. Ich habe auch nicht gesagt, dass diese Liste kommen, null. alle die Leute umfasst, die wir kennen. Selbstver- ständlich gibt es NSA-Mitarbeiter in Deutsch- Zeuge Frank Wingerath: Ja, es hat auch der Di- land. Es gab ja auch, wie Sie wissen, nicht zuletzt rektor Brennan von der CIA geantwortet. auch einen Verbindungsbeamten der NSA in un- serer Liegenschaft in Berlin. Also, selbstverständ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE lich haben wir Kenntnis darüber, dass es da noch GRÜNEN): Er hat geantwortet. Was hat er gesagt? weitere gibt. Zeuge Frank Wingerath: Ja, für die CIA kann er Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE ja - soweit ich das weiß oder würde ich mal in- GRÜNEN): Ja, aber dieser Brief diente ja, festzu- terpr - - unterstellen; er kann ja auch nur für die stellen: Wie viele sind es?

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CIA antworten. Aber das ist - ich habe jetzt hier gemacht worden, also nicht auf meiner Ebene, den - - deutlich nicht auf meiner Ebene. Ich sagte vorhin - da waren Sie, glaube ich, noch nicht im Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Raum - schon, dass es auch einiger Nachfragen GRÜNEN): Ach, der hat dann gesagt: Müsst ihr oder Mahnungen oder nochmaliger Bitten und euch an andere wenden. politischer Bekräftigungen bedurfte, bis die Amerikaner überhaupt geantwortet haben, weil Zeuge Frank Wingerath: Bitte nageln Sie mich sie das missverstanden hatten, dass wir da nicht fest. Den Antwortbrief habe ich jetzt nicht wirklich drauf bestehen. Mehr ist dann nicht im Detail und in der Wortwahl vor Augen, ganz mehr passiert nach meinem Kenntnisstand. Ob es genau. noch mündliche Absprachen auf einer Ebene wesentlich höher als meiner gegeben hat, das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE kann ich Ihnen nicht beantworten. GRÜNEN): Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Ich weiß nur, dass der GRÜNEN): Also Sie wissen von keinen zusätzli- Brief 50 Namen umfasste, und zwar ziemlich ge- chen Personen. nau 50 Namen umfasste, und dass das meines Wissens alles CIA-Leute sind oder waren. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich weiß nicht von zusätzlichen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Erörterungen oder Nachfragen, also dass noch GRÜNEN): Ja, aber es ging ja in dem Brief nicht mal schriftlich oder mündlich nachgehakt nur um die. Es kann ja sein, dass Herr Brennan wurde, - dann - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: In der Anfrage von GRÜNEN): Nein, nein. Herrn Dr. Maaßen ist nach mehr gefragt worden. Zeuge Frank Wingerath: - dass gesagt wurde: Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE „Wie sieht es denn aus mit NSA?“, als Beispiel GRÜNEN): Genau. oder Ähnliches; davon weiß ich nichts.

Zeuge Frank Wingerath: Ja, und es gibt eine ein- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE deutige Diskrepanz. GRÜNEN): Sie wissen auch nicht von Personen, die da benannt worden sind. Also auf den Brief Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE hin ist keiner benannt worden, sagen Sie, außer- GRÜNEN): Und hat der dann geantwortet: „Mehr halb CIA. Und sind irgendwie sonst, - weiß ich nicht; da müsst ihr an die anderen euch wenden“? Oder wie war das dann? Zeuge Frank Wingerath: Ich sagte ja vorhin - -

Zeuge Frank Wingerath: Ob das in dem Antwort- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE schreiben drinsteht, kann ich jetzt positiv nicht GRÜNEN): - ob auf Nachfrage oder von selber mehr erinnern. oder - - vielleicht hat Herr Brennan das weiter- gegeben, - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie denn auf andere Art und Zeuge Frank Wingerath: Ich sagte vorhin schon, - Weise versucht, die anderen hier in Deutschland tätigen Mitarbeiter von Diensten - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - und dann hat sich - - Zeuge Frank Wingerath: Wie Sie festgestellt ha- ben, ist die Anfrage ja von unserem Präsidenten

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Zeuge Frank Wingerath: - es kann sein, dass FBI Zeuge Frank Wingerath: Nein, davon gehe ich mündlich darauf verwiesen hat, auf die uns oh- nicht aus. Ich gehe davon aus, dass der BND - nehin bekannte Präsenz des FBI hier in der Bot- ebenso wie wir - nach Recht und Gesetz handelt. schaft und an anderen Liegenschaften. Das kann Ich kenne aber die einzelnen - - Ich kenne aber sein, aber da bin ich jetzt, ehrlich gesagt - - das die BND-Aufgaben und -Tätigkeiten noch mal weiß ich nicht mehr; das müsste ich nachgucken. ganz speziell in diesem Bereich nicht.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ich habe Sie GRÜNEN): Ja, vielleicht - - nur deshalb gefragt: Wenn die NSA an einem Ka- bel in Deutschland ist - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, kön- nen wir wieder wechseln? Dann kämen wir zur Zeuge Frank Wingerath: Ja. Dann ja. Fraktion Die Linke. Dr. André Hahn (DIE LINKE): - und dort Such- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ich möchte begriffe steuert, die deutsches Recht, deutsche noch mal auf den einen Punkt zurückkommen, Interessen, deutsche Behörden, europäische der mich vorhin sehr erstaunt hat, weil Sie gesagt Behörden betreffen, - haben - das ist natürlich klar, formal auch -, dass Sie nicht dafür zuständig sind, den BND zu über- Zeuge Frank Wingerath: Keine Frage. wachen. Aber ich will diesen Punkt trotzdem noch mal aufgreifen, damit Sie vielleicht noch Dr. André Hahn (DIE LINKE): - dann ist das mal Gelegenheit haben, das zu klären. Wenn die eigentlich eine Aufgabe für die Spionageabwehr. NSA in Deutschland an ein Kabel geht, dort Tele- fonate abgreift, millionenfach, über mehrere Jahre Zeuge Frank Wingerath: Ja. hinweg, ist das ein Fall für die Spionageabwehr, wenn Sie davon erfahren, wo Sie tätig werden Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und wenn der müssten? BND mit dabei ist und dabei hilft, die Amerika- ner unterstützt, dann ist es das nicht mehr. War Zeuge Frank Wingerath: Ja, soweit sie es unauto- das Ihre Logik, die Sie vorhin gesagt haben? risiert tut. Zeuge Frank Wingerath: Ja, wenn er das täte. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und wenn sie es Also, Sie unterstellen jetzt hier Dinge. Ich weiß autorisiert tut, dann kann sie das alles machen in das nicht. Deutschland und kann jeden abhören, ohne dass Sie tätig werden. (Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das ist Praxis Zeuge Frank Wingerath: Autorisiert würde be- des BND!) deuten entweder, dass wir es ihnen erlauben - was aber jetzt wirklich eine rein theoretische Sa- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, nein, wir che ist; das tun wir nicht, das würden wir auch wissen das; wir wissen das. nie tun - oder dass sie das beispielsweise in einer Kooperation mit einer anderen Behörde, die da- Zeuge Frank Wingerath: Ich kann das nicht sa- für theoretisch die Autorisierung besitzt, tut. Das gen. Ich kenne die Praxis des BND nicht. So, und entzieht sich dann im Zweifel meiner Kenntnis. deswegen weiß ich nicht, was der BND dort macht oder auch nicht macht. Ich gehe davon Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber Sie gehen aus, dass der BND nur die Dinge macht, wozu er doch sicherlich nicht davon aus, dass der Bun- rechtlich befugt ist. Und dann wäre das so. desnachrichtendienst der NSA erlauben kann, in Deutschland millionenfach Telefonate abzuhö- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann würden Sie ren. nichts machen, selbst wenn die Amerikaner

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Suchbegriffe in Deutschland steuern, die wirk- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - aktuell hin- lich gegen deutsche Interessen permanent versto- eingehen, sondern eher global, grundsätzlich, ßen. wenn überhaupt.

Zeuge Frank Wingerath: Wenn es denn tatsäch- Zeuge Frank Wingerath: Wir sind allen Vorwür- lich so wäre und wenn ich Kenntnis davon erlan- fen, Vorhaltungen, tatsächlichen Anhaltspunk- gen würde, wäre es mit Sicherheit für mich An- ten, konkreten Fällen nachgegangen, soweit wir lass, dass ich darauf hinwirken würde, dass man es konnten, haben alle Möglichkeiten ausge- mit dem BND darüber mal reden muss. schöpft; teilweise laufen die Dinge noch.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben vorhin Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und haben das gesagt, das Ziel Ihrer Arbeit - war ganz am An- jetzt alles unterbunden? fang - sei letztlich die Beendigung von Spionage- maßnahmen. Zeuge Frank Wingerath: Man kann Spionage nicht komplett unterbinden. Ich weiß nicht, was Zeuge Frank Wingerath: Ja. Sie für Vorstellungen haben von Spionage- abwehr. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und da würde mich jetzt noch mal interessieren, ob Sie uns jetzt (Tankred Schipanski hier - wir kommen ja dann gleich nachher in die (CDU/CSU): Die Stasi- nichtöffentliche Sitzung - im öffentlichen Teil methoden! - Gegenrufe der noch mal erklären können, was Sie denn getan Abg. Dr. André Hahn (DIE LINKE) und Dr. Konstantin haben nach Edward Snowden, um Spionage von von Notz (BÜNDNIS Amerikanern, von NSA, von anderen hier in 90/DIE GRÜNEN)) Deutschland zu unterbinden, zu verhindern und künftig möglichst nicht mehr vorkommen zu las- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Reflex. sen. Was haben Sie konkret getan als Spionage- abwehr? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also Sie haben mehr getan als „bitte, bitte“ zu sagen und Briefe Zeuge Frank Wingerath: Sie haben es doch ge- zu schreiben, um das zu unterbinden. rade selber gesagt. Da wollen wir doch nachher drüber sprechen, oder? Habe ich das jetzt falsch Zeuge Frank Wingerath: Ist das eine ernsthafte verstanden? Frage?

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein. Was haben Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ganz - - Natür- Sie getan, um Spionagemaßnahmen hier in lich! Bis jetzt haben Sie erzählt: Es gab einen Deutschland zu beenden, - Brief, -

Zeuge Frank Wingerath: In allen Verdachts- - Zeuge Frank Wingerath: Dann beantworte ich es, - Dr. André Hahn (DIE LINKE): - außer Briefe zu schreiben oder ein freundliches Gespräch zu tref- Dr. André Hahn (DIE LINKE): - der ist leider fen [sic!]? nicht beantwortet worden, und es gab ein paar Gespräche in Washington und in Berlin. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das darf na- türlich nicht in Methoden - Zeuge Frank Wingerath: - dann kann ich Ihnen sagen: Ja. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und das erzählen Zeuge Frank Wingerath: Wir sind allen - - Sie uns dann nachher.

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(Der Zeuge berät sich mit Dr. André Hahn (DIE LINKE): Da war Ihnen oder seinem Rechtsbeistand) ist Ihnen nicht bekannt, dass es da Zusammen- hänge mit der NSA gibt. Zeuge Frank Wingerath: Werden wir sehen. Zeuge Frank Wingerath: Nein, für die - - Auch Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das ist ja schön. das zum wiederholten Male: BfV ist nicht zustän- „Das werden wir sehen“, das ist genau das Pro- dig für die Herstellung der Kommunikations- blem. Deshalb stelle ich ja die Fragen auch hier. sicherheit, weder im Behördennetz noch außer- halb des Behördennetzes. Dafür sind wir nicht Zeuge Frank Wingerath: Nein, ich werde Ihnen zuständig. Das macht das BSI in enger Koopera- zu dem - - Wir hatten vereinbart, dass wir zu dem tion mit Ihren zuständigen Stellen der Bundes- Abschlussbericht, zu den Ergebnissen der tagsverwaltung. SAW - - dass ich dazu etwas sagen werde. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich bin deshalb da- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Okay. rauf gekommen, weil Sie gesagt haben, Sie haben die Bundesregierung - - oder haben mehrfach ge- Zeuge Frank Wingerath: Das werde ich tun, aber warnt vor bestimmten Mobilfunk-Angreifbarkei- in der Pauschalität, wie Sie es gerade gesagt ha- ten usw. Und meine Frage ist jetzt, ob Sie zum ben, kann ich nur sagen: Werden wir sehen. - Ich Beispiel den Bundestag gewarnt haben vor mög- werde selbstverständlich - und das umfasst ja licherweise dieser Firma und deren Zusammen- dann auch überhaupt nicht mehr den Unter- hängen mit der NSA. Ich habe nicht gesagt, dass suchungsgegenstand - sicherlich nicht zu allen Sie für die IT-Sicherheit in allen Fragen zustän- Aktivitäten der Spionage hier Stellung nehmen. dig sind. Aber Sie sind ein Nachrichtendienst, und die Frage ist, ob Sie davon Kenntnis hatten, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann haben Sie über die Kooperationen, die es dort gegeben hat vorhin gesagt, dass Sie auch gewarnt haben seit oder möglicherweise immer noch gibt. langem über mögliche Gefahren bei Mobilfunk usw.; da haben Sie darauf aufmerksam gemacht, Zeuge Frank Wingerath: Nein, habe ich keine dass das potenziell gefährlich ist. Sagt Ihnen die Kenntnis drüber. Firma Verizon etwas? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, ist der Bun- Zeuge Frank Wingerath: Firma wie? Habe ich destags demzufolge dann auch logischerweise akustisch - - von Ihnen nicht gewarnt worden. - Okay.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Verizon. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion Bündnis Zeuge Frank Wingerath: Horizon? Wie der Hori- 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. zont? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, nein: GRÜNEN): Ja, ich habe ja eben schon eingeleitet: Verizon. Ich habe eine Lieblingsfolie. Das ist die „Typical RAM“ - „RAMPART“ muss das wohl heißen - - Zeuge Frank Wingerath: Nein. „Typical RAM-A Configuration“. Das wird Ihnen jetzt einmal vorgelegt. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die hier im Bun- destag die Telekommunikation zum Beispiel be- (Dem Zeugen werden Un- trieben hat. terlagen vorgelegt - Er, sein Rechtsbeistand sowie ein Zeuge Frank Wingerath: Nein. Vertreter der Bundesregie- rung nehmen Einblick)

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Das ist MAT A Sek-6d_EN, und da gibt es noch Ich weiß auch nicht, was „Typical RAM-A Confi- mal eine ganz ähnliche Folie bei Snowden, und guration“ heißen soll oder „RAMPART-A Typical die ist total interessant gerade für Leute, die Operation“. Kann ich Ihnen nicht beantworten. Spionageabwehr machen. Das Einzige, was ich kenne von dieser Folie - und ich glaube, es könnte Ihnen vielleicht auch hel- Zeuge Frank Wingerath: Ah ja. fen -: das, was oben und untendrunter steht: „SECRET//COMINT“ und dann „REL TO USA“ Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE etc. Das „REL“ steht für „released“, „releasable“. GRÜNEN): Haben Sie die schon mal gesehen? Das heißt, diese Folie ist den USA, Australien, Kanada, Großbritannien, Neuseeland, ergo den Zeuge Frank Wingerath: Nein. Five Eyes, bekannt. Es ist für diese Länder zur Verfügung gestellt - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ah! Das ist erstaunlich, dass Sie die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE noch nicht gesehen haben, weil das wirklich GRÜNEN): Ja, genau. ganz interessant ist. Da geht es eben über die ty- pische „RAMPART-A Operation“. Und jetzt, weil Zeuge Frank Wingerath: - und ist als „secret“ das nicht alle sehen können, ist da das „Country eingestuft. X“, das sich dadurch auszeichnet, dass es offen- sichtlich nicht die USA ist, weil die USA sind Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE auf der linken Seite des Schaubildes. Und dann GRÜNEN): Genau. So würde ich das auch - - gibt es das „International Cable“; ich würde mal von einer Glasfaser sprechen. Dann gibt es den Zeuge Frank Wingerath: Aber alles andere kann „Access Point“; das ist die „Site A“. Und dann ich Ihnen nicht sagen. Das wäre mir jetzt auch - - gibt es das „Processing Center“; das ist die „Site das ist dann auch aus dem Zusammenhang. Ich B“. Und dann gibt es die „Partner Analysts“; das kenne den - - Ich weiß nicht, ob es da noch meh- ist die „Site C“. Und dann gibt es das „Secret rere, weitere Folien gibt. Das ist ja unser grund- COMINT Network“, das funkt da irgendwie von sätzliches Problem bei diesen ganzen Dingen, dem „Country X“ in dieser Kooperation, die da dass wir sie nur immer aus dem Zusammenhang offensichtlich gemacht wird, Daten in dieses kennen. USA-Feld rüber, über ein geheimes Netzwerk. Haben Sie Erkenntnisse gesammelt im Rahmen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Ihrer Aufklärungsarbeit nach Snowden bei sol- GRÜNEN): Ja, nur im Sinne des Wissenstransfers chen Folien und dem Wissen, dass der Bundes- in alle Richtungen und im Hinblick auf auch die nachrichtendienst in Deutschland an der Glasfa- Interessen unseres Landes kann ich Ihnen sagen: ser mit den USA kooperiert hat, über solche Also wir haben im Rahmen unserer Auseinander- Zusammenspiele? setzung mit den Snowden-Folien diese Folie gefunden im Netz. Das ist jetzt - - jetzt hat das Zeuge Frank Wingerath: Nein. eine MAT-A-Nummer, aber das sind frei zugäng- liche Informationen. Und das würde ich also für Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE die Spionageabwehr für eine relevante Informa- GRÜNEN): Könnten Sie sich vorstellen, dass tion halten. Und wie es der Zufall so will, finden Deutschland so ein „Country X“ ist, in dem das sich in Kooperationen, die der Bundesnachrich- stattfindet? tendienst gemacht hat - ich vernebele es jetzt ein bisschen -, ganz ähnliche Begrifflichkeiten, so- Zeuge Frank Wingerath: Ich bin mir nicht sicher, dass man auf den Gedanken kommen könnte, ob ich das jetzt auf Anhieb so richtig verstehe, dass dieses „Site A“, „Site B“, „Site C“ usw. was auf diesem Schaubild abgebildet oder darge- nicht vom Himmel gefallen ist, sondern tatsäch- stellt werden soll mit all seinen Implikationen. lich in der Fernmeldeaufklärungssprache der digitalisierten Welt feststehende Begriffe sind.

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Und wenn man sich jetzt anguckt, was das Pro- Weiterhin bitte ich um Überprü- blem war in der Zeit, in der Sie Ihre Arbeits- fung der in der Anlage genannten gruppe geleitet haben, und die Frage des Daten- Firmen, die gemäß bilateraler Ab- abflusses aus Deutschland und dieser ganzen auf- sprachen in Deutschland für das US-Militär tätig sind. Bitte teilen geregten Diskussion kurz vor der Bundestags- Sie mit, welche ... Firmen nach- wahl: „Greifen die Amerikaner hier geheim Daten richtendienstliche Unterstüt- ab, und pushen die das in die USA?“, da würde zungsaufgaben ... wahrnehmen. ich dann im Zusammenhang mit so Koopera- tionen wie „Eikonal“ und „Glo“ schon auf den Ist Ihnen darauf was geantwortet worden? Gedanken kommen: Da gibt es irgendwie ein kon- kretes Szenario. - Und das ist in Folien der Five Zeuge Frank Wingerath: Nein. Eyes auch ziemlich genau dargestellt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und jetzt ist eben die Frage - - Ich frage Sie jetzt NEN): Null. ganz direkt: Haben Sie Erkenntnisse darüber, dass diese „RAMPART-A Typical Operation“ in Zeuge Frank Wingerath: Nicht dass ich es Deutschland stattgefunden hat? wüsste. Ich kenne keine Antwort

Zeuge Frank Wingerath: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha, also Sie wissen nichts davon. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie da nachgeforscht? Und Zeuge Frank Wingerath: Nein. Ich kenne keine können Sie ausschließen, dass das in Deutsch- Antwort. land stattgefunden hat und noch stattfindet? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Frank Wingerath: Zweimal nein. GRÜNEN): Dann kommt die zweite Frage: Haben Sie mal auch im Herbst 2013 Listen gesehen mit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Telefonnummern, die von WikiLeaks stammen NEN): Weder noch. sollen, wo unter anderem Telefonnummern genannt worden sind, die ausspioniert werden Zeuge Frank Wingerath: Genau. Ich kenne die sollten? Und da fehlen immer die letzten vier Zif- Folien nicht. Ich kenne das Programm nicht. Ich fern, also, da ist immer dann ein X gemacht. kann dazu nichts sagen. Zeuge Frank Wingerath: Kann ich mich jetzt - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut. - Die Folie schenke ich Ihnen, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE die vor Ihnen liegt. Die können Sie ja mit ins BfV GRÜNEN): Und es war das Problem, ob diese nehmen und vielleicht noch mal überlegen, ob Telefonnummern, die darauf hindeuteten, dass es sich da vielleicht dann doch also grundsätzlich sich um deutsche Behörden handelte - - dass die problematische Konstellationen ergeben, die da- eben nicht vollständig waren, weil die letzten rauf schließen lassen, dass bis heute vielleicht vier Ziffern fehlten. Haben Sie so was mal gese- von Glasfasern in Deutschland irgendwie Infos hen und geprüft? Oder waren Sie damit befasst? abgeschnorchelt werden. Also ich glaube, dass das noch ein Problem sein könnte, ja. Zeuge Frank Wingerath: Kann ich mich jetzt an diese WikiLeaks-Veröffentlichung nicht erinnern. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Also, die habe ich jetzt nicht vor Augen. GRÜNEN): Noch drei Fragen: Die erste bezieht sich noch mal auf diesen Brief. Da findet sich auf Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE der Seite 2 dieses Briefes ein weiterer Wunsch, GRÜNEN): Können sich nicht erinnern. - Dann nämlich:

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habe ich noch eine letzte Frage, nämlich: Sie wa- Zeuge Frank Wingerath: Genau. Wenn Sie uns ren ja ganz offensichtlich bemüht, der Frage auf das vermitteln können. den Grund zu gehen, auch was - - zum Beispiel haben Sie ja auch genannt, wenn von Snowden Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ein Dokument da war, das auch einordnen zu NEN): Ja, Sie haben mich ja nie gefragt. können, also zu sagen: „Ist das nur ein Entwurf gewesen, ist das möglicherweise in anderem Zu- (Vereinzelt Heiterkeit) sammenhang aufgetaucht?“, und, und, und. Gab ja verschiedene Möglichkeiten, bei was diese Do- Zeuge Frank Wingerath: Ja, ja. Es war ein Scherz; kumente angefallen sind, sage ich mal so. Sind ziehe ich zurück. Sie eigentlich mal auf die Idee gekommen, Snow- den selber zu fragen? Der lebt ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, aber gab es da irgendwie eine Zeuge Frank Wingerath: Die Dokumente sind für Hemmung, - mich das Wichtige, nicht die Person. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, dass er Ihnen hilft bei der Ein- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE ordnung, hilft bei der Beantwortung der Fragen, - GRÜNEN): - nur weil der in Moskau ist - oder warum? -, - Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - denen Sie auf der Spur waren. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - dass man nachfragt? Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Warum eigentlich nicht? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oder dass der Generalbundesanwalt Zeuge Frank Wingerath: Ja, habe ich ja gerade Ihnen dabei hilft? gesagt: Weil die Dokumente das Wichtige sind - und die hätten wir gerne gehabt, und die hätten Zeuge Frank Wingerath: Für den GBA - - wir immer noch gerne - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- GRÜNEN): Eine andere deutsche Stelle? NEN): Ja. Zeuge Frank Wingerath: Für den GBA kann ich Zeuge Frank Wingerath: - und nicht der Herr nicht sprechen. Das weiß ich nicht. Snowden. Ich möchte gerne die Dokumente se- hen. Das ist doch das Entscheidende. Welche Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Programme gibt es denn tatsächlich, und was GRÜNEN): Nein, Sie können nicht sprechen, aber können die? Das ist doch das - - Herr von Notz ich kann mir ja vorstellen, wenn Sie da Informa- hat es gerade doch versucht, mir hier im Nachhil- tionen haben wollen, davon ausgehen: „Da gibt feunterricht beizubringen, dass das das Wichtige es jemanden, der hat die, und der ist auch sehr wäre. bereitwillig, Sachen zu geben, weil er ja eine Mis- sion hat“, dass man auch mal versucht, ihn zu Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kontaktieren. Ich glaube, so ganz fremd ist das NEN): Ja. auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht, so ein Gedanke.

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Zeuge Frank Wingerath: Der Versuch, sie zu er- Interessen zu überzeugen.“. Das war sein Wunsch langen, ist gerichtet worden an den Spiegel mit oder seine Vorstellung, dass es also wichtig wäre, leider negativer Auskunft oder mit negativem Er- sich von der Haltlosigkeit zu überzeugen. gebnis. Nun hat man weder den Zugang gekriegt noch Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE den Großteil der Fragen beantwortet - - nicht zu GRÜNEN): Ja, das ist - - Wissen Sie, das ist ja bei den Firmen, nicht zu dem Special Collection Ser- der Presse so aus verständlichen Gründen, dass vice und zu anderen Dingen. Es ist ja der Brief Ih- die so was natürlich zum Informantenschutz be- res Chefs. Teilen Sie denn also meine Auffas- halten; sonst kriegen sie nie wieder Informa- sung, dass sich im Ergebnis die Haltlosigkeit der tionen. Das ist ja nachvollziehbar. Aber der, der Behauptungen nicht herausgestellt hat, sondern die Information gibt, der hat ja ein Interesse da- eher im Gegenteil man davon ausgehen muss, ran - sonst würde er sie nicht geben -, dass die In- dass es tatsächlich so stattfindet? formationen verifiziert werden und auch damit umgegangen wird - - auch veröffentlicht werden. Zeuge Frank Wingerath: Dazu kann ich Ihnen Also das haben Sie nie versucht. Weil das hat nichts sagen. Also das ist jetzt wirklich Spekula- mich wirklich gewundert. Also ich habe ja, bevor tion, was - - Sie interpretieren da jetzt ein Schrei- ich selber dahin gefahren bin, immer wieder ben von Herrn Dr. Maaßen. Das kann ich nicht auch die offiziellen Stellen aufgefordert: „Warum damit - - kontaktiert ihr den Mann nicht? Der ist doch gut- willig“, und dann habe ich es selber gemacht. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Maaßen sagt: Aber Sie sind nicht auf die Idee gekommen. Das, das, das und das ist not- -

Zeuge Frank Wingerath: Nein. Zeuge Frank Wingerath: Da fragen Sie bitte ihn.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE (Hans-Christian Ströbele GRÜNEN): Und jetzt? Wollen Sie mal überlegen? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Steht doch hier!) Zeuge Frank Wingerath: Nein. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, Entschuldi- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE gung! Ich frage Sie. Sie sind für die Spionage- GRÜNEN): Aha. abwehr zuständig, und Herr Dr. Maaßen sagt: Es müssen folgende Dinge dort stattfinden, damit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Jetzt wir alle von der Haltlosigkeit dieser Vorwürfe gucke ich mal in die Runde. - Kollege Hahn hat überzeugt sind. - Dann geht der Brief ab. Von all noch Fragen, ja. dem, was dort gefordert ist, findet so gut wie nichts statt. Und da ist doch dann selbst nach Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe noch eine Herrn Dr. Maaßen die Haltlosigkeit dieser Vor- abschließende Frage, die sich auch auf den Brief würfe nicht feststellbar und nicht erwiesen, son- bezieht, den Kollege Ströbele jetzt mehrfach dern eher das Gegenteil. schon hatte. Da ist ja dann die Rede davon, dass „aus meiner Sicht“ - also aus der Sicht des Präsi- (Der Zeuge berät sich mit seinem Rechtsbeistand) denten des Bundesamtes - es wichtig wäre, dass man den Zugang ermöglicht, dass man die Fragen Zeuge Frank Wingerath: Wenn Sie das so sehen beantwortet usw. zu diplomatischen Vertretun- wollen - - Das ist aber eine Interpretation auf - - gen und zu den Firmen und anderes. Und er for- Da würde ich Sie dann bitten - - da müssen Sie - - muliert dann, das sei eben notwendig und sinn- werten Sie es dann, wie Sie wollen, oder fragen voll, „um sich von der Haltlosigkeit der Behaup- Sie Herrn Dr. Maaßen. Also das ist sein Brief, er tungen einer nachrichtendienstlichen Aufklä- hat das so formuliert, er wird sich dabei sehr rungstätigkeit von U.S.-Stellen gegen deutsche

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wohl etwas gedacht haben, dass er das so formu- RiLG Gabriele Grätsch (GBA): Herr Vorsitzender, liert hat. Ich kann allenfalls darüber spekulieren, die Pressemitteilungen kenne ich, aber ich bin warum er es so formuliert hat, wie er es formu- nicht Ermittlerin. Ich weiß nicht, was in diesem liert hat. Und welche Schlüsse er daraus zieht als Verfahren alles vernommen worden ist an Zeu- Empfänger des Antwortschreibens, müssten Sie gen. bitte ihn fragen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke. Danke Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das werden wir für die Antwort. - Gut. Gibt es weitere Fragen? - dann sicherlich auch bald machen. Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich muss jetzt Wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, die in mal die Vertreterin vom GBA fragen. Wie ist Ihr öffentlicher Sitzung beantwortet werden können, Name noch mal? Sie haben noch nichts gesagt müssen wir einen Beschluss zum Ausschluss der hier. Öffentlichkeit fassen. Ich schlage folgenden Be- schluss vor: RiLG Gabriele Grätsch (GBA): Vielleicht können Sie es ja lesen, Herr Vorsitzender? Für die weitere Vernehmung des Zeugen Win- gerath am heutigen Tag wird die Öffentlichkeit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, ich gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 4 des Unter- kann es nicht, weil ich kurzsichtig bin. Aber Sie suchungsausschussgesetzes ausgeschlossen, weil sagen es mir einfach. Gründe des Wohls des Bundes entgegenstehen.

RiLG Gabriele Grätsch (GBA): Grätsch. Wer dafür ist, es so zu beschließen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Herzlichen Dank. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Dank. - Wie war das jetzt? Der Kollege Hahn hat Damit ist das so beschlossen. gerade gesagt, der GBA hätte da nichts gemacht, noch niemanden vernommen. Stimmt das? Bevor wir zur nichtöffentlichen, gegebenenfalls eingestuften Sitzung des Zeugen Wingerath kom- RiLG Gabriele Grätsch (GBA): In welcher Hin- men, hören wir aber zunächst den Zeugen Dett- sicht hätten wir das getan? mer in öffentlicher Sitzung. Herr Wingerath, ganz herzlichen Dank schon mal bis hierhin für die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na, das, was lange Vernehmung in öffentlicher Sitzung. er gerade vorgetragen hat. Sie waren ja da. Und es folgt jetzt die Vernehmung des Zeugen RiLG Gabriele Grätsch (GBA): Ja, ich war schon Dettmer, den ich jetzt bitte, in den Saal zu kom- da, nur: Er hat viel vorgetragen. Was haben wir men. Wir unterbrechen die Sitzung, ich würde denn konkret nicht gemacht? sagen, für knapp sieben Minuten, acht Minuten; so lange wird es circa dauern. - Danke schön. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ob der GBA Zeugen vernommen hat in der Sache? Und wir sehen uns dann in nichtöffentlicher bzw. eingestufter Sitzung. RiLG Gabriele Grätsch (GBA): Ob der GBA Zeu- gen vernommen hat, das kann ich Ihnen in dem Zeuge Frank Wingerath: Wie lange dauert es? Moment jetzt nicht beantworten. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kann man Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. sehr schlecht sagen, wie lange das dauert. Liegt Danke. Lesen Sie mal Ihre Pressemitteilungen des jetzt so ein bisschen am nächsten Zeugen. Wir sa- Hauses nach. - Danke. gen Bescheid. Die Sitzung ist damit für gut sie- ben, acht Minuten unterbrochen. - Danke schön.

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(Unterbrechung von 18.09 bis 18.20 Uhr)

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Vernehmung des Zeugen Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Wilhelm Dettmer Untersuchungsausschuss uneidlich falsch aus- sagt, kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine des Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafen von Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene drei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geld- Sitzung des Untersuchungsausschusses fort. strafe bestraft werden. Nach § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschussgesetzes können Sie die Begrüßen darf ich nun unseren Zeugen Herrn Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Dettmer. Ich stelle fest, dass der Zeuge ordnungs- Beantwortung Sie selbst oder Angehörige im gemäß geladen ist. Herr Dettmer, Sie haben den Sinne des § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung Erhalt der Ladung am 6. Mai 2016 bestätigt. Herz- der Gefahr aussetzen würde, einer Untersuchung lichen Dank, dass Sie meiner Ladung gefolgt sind nach einem gesetzlich geordneten Verfahren aus- und dem Ausschuss für diese Vernehmung zur gesetzt zu werden. Dies betrifft neben Verfahren Verfügung stehen. wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit auch gegebenenfalls Disziplinarverfahren - sollte Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- dies in Betracht kommen. destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder Erstellung des Protokolls gelöscht. eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach gegebenenfalls einen Beschluss nach § 14 oder Fertigstellung zugestellt. Sie haben, falls dies § 15 des Untersuchungsausschussgesetzes fassen gewünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb von kann, also die Sitzung dann in nichtöffentlicher zwei Wochen Korrekturen und Ergänzungen oder eingestufter Weise fortsetzt und ihnen dann hieran vorzunehmen. - Haben Sie hierzu Fragen? die Fragen zur Beantwortung geben kann. - Haben Sie hierzu Fragen? Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein. Zeuge Wilhelm Dettmer: Keine, Herr Vorsitzen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen der. Dank. - Ich stelle fest, Sie sind von einem Rechts- beistand begleitet. Der ist uns auch bekannt. Aber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen stellen Sie sich ganz kurz noch einmal vor. Dank. - Nach diesen notwendigen Vorbemerkun- gen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz RA Dr. Patrick Teubner: Rechtsanwalt Patrick darstellen. Eingangs habe ich Sie zur Person zu Teubner aus Berlin. befragen. Zu Beginn der Vernehmung zur Sache haben Sie nach § 24 Absatz 4 des Untersuchungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wunderbar. ausschussgesetzes die Gelegenheit, zum Beweis- Auch Sie seien herzlich begrüßt. - Herr Dettmer, thema im Zusammenhang vorzutragen, also ein vor Ihrer Anhörung habe ich Sie zunächst zu sogenanntes Eingangsstatement abzugeben, bei belehren. Sie sind als Zeuge geladen worden. Als dem Sie nicht durch Nachfragen der Abgeordne- Zeuge sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu ten unterbrochen werden. Danach werde ich Sie sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und voll- zunächst befragen. Anschließend erhalten die ständig sein. Sie dürfen nichts weglassen, was Mitglieder des Ausschusses das Wort für ihre zur Sache gehört, und nichts hinzufügen, was der Fragen. Dies geschieht nach dem Stärkeverhältnis Wahrheit widerspricht. der Fraktionen, eine Fraktion nach der anderen. - Haben Sie hierzu Fragen? Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Zeuge Wilhelm Dettmer: Keine Fragen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke Zeuge Wilhelm Dettmer: Das ist richtig, ja. schön. - Ich darf Sie nun bitten, sich dem Ausschuss mit Namen, Alter, Beruf und einer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - 2007, ladungsfähigen Anschrift vorzustellen. In Ihrem ich sage mal, wenn ich das richtig sehe, eigent- Fall genügen die Angaben des Arbeitsnamens lich bis heute im Bereich Auswertung Islamis- sowie die Anschrift der Dienststelle, über die wir mus/islamistischer Terrorismus. Ist das auch Sie laden können richtig?

Zeuge Wilhelm Dettmer: Mein Name ist Wilhelm Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es richtig, ja. Dettmer. Ich bin 65 Jahre alt. Die ladungsfähige Anschrift: Bundesamt für Verfassungsschutz, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Aus- Berlin-Treptow. wertung islamistischer Terrorismus - nur ganz kurz -, was versteht sich darunter? Was machen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Sie da? Dank. - Zunächst möchte ich Ihnen, wie ich es ja gerade schon angekündigt habe, die Gelegenheit Zeuge Wilhelm Dettmer: Es geht speziell in mei- geben, wenn Sie dies wünschen, ein sogenanntes nem Bereich um die Aufklärung dschihadisti- Eingangsstatement abzugeben, also im Zusam- scher Netzwerke speziell mit Bezug zum Balkan. menhang zu Ihrer Vernehmung, zum Unter- suchungsgegenstand vorzutragen. Wünschen Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Also, dies? das ist regionenspezifisch, kann man sagen.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Das wünsche ich nicht. Zeuge Wilhelm Dettmer: Regionenspezifisch, also nicht mit Bezug zu Afghanistan/Pakistan, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann wie früher, sondern mit Bezug zum Balkan. hätte ich einige Fragen zum Anfang an Sie. Damit wir wissen, welche Fragen wir etwas vertiefter Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Also, stellen können, ist der berufliche Background wenn wir da jetzt was fragen würden, würden Sie und die Ausbildung für uns immer relevant, weil sagen: Ist nicht mein Aufgabenbereich. man natürlich einem Juristen vielleicht die eine oder andere juristische Frage vertiefter stellen Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es. kann, einem Techniker eine technische Frage. Deswegen würde mich interessieren, welche Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - In Ausbildung Sie genossen haben. welchem Zeitraum waren Sie dann Referatsleiter 6D5? Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich bin weder Jurist noch Techniker; ich habe slawische Sprachen, Zeuge Wilhelm Dettmer: Da musste ich selber Slawistik, und Politikwissenschaft studiert und nachschauen. Das war nur eine ganz kurze Zeit. nach dem Studium direkt beim Bundesamt für Und zwar zusätzlich zu meiner - in Anführungs- Verfassungsschutz angefangen - das war Oktober zeichen - „normalen“ Referatsleitertätigkeit hatte 1979, ist also schon eine Weile her -, als Referent ich vom 1. November 2010 bis zum 1. Februar und Referatsleiter in unterschiedlichen Berei- 2011 die Wahrnehmung der Geschäfte des Refe- chen, zunächst im Bereich Linksextremis- rates 6D5, drei Monate lang. mus/Linksterrorismus und seit 2007 im Bereich Islamismus/islamistischer Terrorismus. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da war wahr- scheinlich eine Vakanz, und Sie mussten es mit- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen machen. Oder wie ist das zu verstehen? Dank. - Und seit dem Jahr 2000 bis 2007 waren Sie im Bereich Auswertung Linksextremismus. Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es. Ist das richtig?

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Was Zeuge Wilhelm Dettmer: Die haben wir natürlich waren dann die Kernaufgaben bei dem zusätzli- auch immer in Einzelfällen weitergegeben unter chen Referat, also bei 6D5? Beachtung der Übermittlungsvorschriften gemäß § 19 Absatz 3 Bundesverfassungsschutzgesetz. Zeuge Wilhelm Dettmer: Da ging es auch um die Bearbeitung dschihadistischer Netzwerke, aller- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ob dings mit anderem Regionalbezug. die erfüllt sind oder nicht, wer entscheidet darüber? Der Referatsleiter, oder ist das der Sach- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Die bearbeiter? Erkenntnisse, die Sie da ausgewertet haben, ka- men die in Meldungen zu Ihnen, oder wie ist das Zeuge Wilhelm Dettmer: Das sieht so aus, dass gekommen? der Sachbearbeiter ein Schreiben fertigt und dort die Prüfung vornimmt, ob § 19 III erfüllt ist. Das Zeuge Wilhelm Dettmer: In der Regel in Form wird auch in Form einer Annotation dokumen- von Meldungen von Quellen, aber auch in Form tiert. Dann geht das Schreiben zum Referatsleiter, von Informationen ausländischer Dienste, aber der das auch noch mal überprüft. Dann geht das auch durch Internetauswertung und andere Me- Schreiben zum Referatsgruppenleiter, der es dien. dann schließlich endzeichnet.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und das ging Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, da ist ja wohl nicht mehr in Papierform in den Jahren. die Mitzeichnungsleiste quasi, da geht es durch. Gab es da eine Datenbank, in der speziell Aus- wertung islamistischer Terrorismus enthalten Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. war, wo Sie die entsprechenden Meldungen ver- waltet haben, gehandelt haben? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und wenn der Referatsgruppenleiter das mitzeichnet, auf Zeuge Wilhelm Dettmer: Keine spezielle Daten- der Ebene geht es dann raus. Also Abteilungs- bank, sondern das allgemeine System NADIS. leiter hat es dann nicht mehr.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Sie Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es. haben also gesagt, Sie kriegen natürlich aus der internen Quellenauswertung Meldungen, aber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wenn auch von ausländischen Diensten. Geben Sie das Ganze eine G-10-Relevanz hat, ist die Mit- auch Erkenntnisse an ausländische Dienste wei- zeichnungsleiste dann größer? ter? Zeuge Wilhelm Dettmer: Dann wird auch die für Zeuge Wilhelm Dettmer: Geben wir weiter, wenn G-10-Maßnahmen zuständige Abteilung beteiligt, es erforderlich ist, allerdings nur nach den also die Abteilung 3, die mitzeichnen muss. Und Bestimmungen. Das heißt also, wenn wir Infor- es gibt eine besondere Form des Disclaimers mationen eines ausländischen Dienstes weiter- dafür. geben wollen, müssen wir vorher bei diesem Dienst anfragen, ob wir das denn dürfen, und wir Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wie halten uns ganz strikt daran. hoch, würden Sie sagen, ist der Anteil von G-10- relevanten Maßnahmen zu sonstigen Maßnah- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und men? Sind G-10-relevante Maßnahmen seltener, Ihre eigenen Erkenntnisse aus der Auswertung, oder ist das andere mehr, grob? wo Sie keinen ausländischen Dienst fragen müs- sen, unter welchen - - Haben Sie die auch weiter- Zeuge Wilhelm Dettmer: Das andere dürfte etwas gegeben? - Erste Frage. mehr sein. Aber das ist reine Schätzung, und in

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unterschiedlichen Arbeitsbereichen dürfte sich Zeitpunkt, wo er über die Grenze geht, dem BND das auch unterschiedlich darstellen. ab?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Zeuge Wilhelm Dettmer: Das würde bei uns Haben Sie bei Ihren Erkenntnissen - in Klam- gemacht werden. mern: Meldungen; müssen aber nicht zwingend Meldungen sein - irgendwann mal Erkenntnisse Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und gehabt, wo Sie sagten: „Mensch, da über diese wenn der jetzt in Syrien oder Afghanistan - was Dinge kann man ja vielleicht rauskriegen, wo die gar nicht zu Ihrem Bereich gehört, egal wo -, von Gefährder jetzt aktuell sind; der hält sich da und mir aus auch in den Balkanländern ist, das voll- da auf“? Sind das auch solche Erkenntnisse ziehen Sie mit technischen Maßnahmen nach. gewesen? Wenn Sie das Dritten mitteilen würden, anderen Nachrichtendiensten, könnten die das dann Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein, solche Erkennt- auch? Könnten die auch wissen, wo der X oder Y nisse nicht; aber ich habe aus meiner früheren dann ist? Tätigkeit im Bereich Linksterrorismus natürlich entsprechende Erfahrungen, und da konnte man Zeuge Wilhelm Dettmer: Wenn ich zum Beispiel schon in einem speziellen Fall die mutmaßlichen jemanden auf dem Weg nach Bosnien festgestellt Täter, allerdings erst später, auf dem Weg von habe, dann könne ich natürlich dem bosnischen ihrer Wohnung zur mutmaßlichen Tatstelle nach- Dienst mitteilen, dass er sich dort befindet. vollziehen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, dass er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann, wenn sich dort befindet. Aber könnten Sie auch sagen: sich die Personen in Deutschland befinden oder „Mensch, wir kriegen das über diese oder jene egal wo die sich befinden? technische Maßnahme raus; hier habt ihr die Voraussetzungen; dann könnt ihr eine entspre- Zeuge Wilhelm Dettmer: Das waren nur Perso- chende ähnliche technische Maßnahme auch lau- nen, die sich in Deutschland befunden haben. fen haben und wisst dann auch, wo er ist“?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kriegen Sie Zeuge Wilhelm Dettmer: Solche Fälle sind mir das gar nicht raus, wenn der, ich sage mal, nicht bekannt. islamistische Terrorist jetzt von Deutschland nach Frankreich, von Frankreich nach Syrien Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Die geht und wieder zurück nach Frankreich? Geht technische Maßnahme könnte ja eine Handy- der dann irgendwie aus dem Schirm raus, oder ortung sein, nicht? wie geht das? Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein, man kann gegebe- nenfalls nachvollziehen, welchen Weg er nimmt, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sprich, wenn durch entsprechende technische Maßnahmen. man da die Handynummer dem bosnischen Dienst mitteilen würde, könnten die dann nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. auch das Handy orten und wüssten, wo er ist?

Zeuge Wilhelm Dettmer: Wenn zum Beispiel eine Zeuge Wilhelm Dettmer: Die könnten das Handy G-10-Maßnahme existiert, dann kann man ja ent- dann orten. sprechend auch reagieren. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und das wür- macht man nicht, oder wie? den Sie dann machen, oder geben Sie das ab dem Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Macht man Ich würde die Fragen jetzt an die Fraktionen das generell nicht beim Verfassungsschutz oder geben. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Frau nur mit Bosnien nicht? Bosnien ist gar nicht Kollegin Renner. Untersuchungsgegenstand, aber … (akustisch unverständlich) mit Bosnien machen. Martina Renner (DIE LINKE): Herr Dettmer, herz- lich willkommen bei uns im Untersuchungs- Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein, es werden natür- ausschuss. - Ich würde gerne von Ihnen wissen: lich auch Handynummern übermittelt; denn das Was gibt es denn noch für Möglichkeiten zur ist erforderlich, um Beziehungsgeflechte über- Ortung, außer ein Handy zu lokalisieren? haupt aufklären zu können. Sie können keine Netzwerke aufklären, wenn Sie nicht wissen, Zeuge Wilhelm Dettmer: Kann ich Ihnen nicht welche Kommunikationsmittel benutzt werden beantworten. und wer gegebenenfalls auch solche nutzt, und dadurch können Sie die Person dann identifizie- Martina Renner (DIE LINKE): Weil Sie es nicht ren. kennen?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt ist es Zeuge Wilhelm Dettmer: Weil ich es nicht weiß, wahrscheinlich schwer für Sie zu beantworten, ja. aber ich stelle die Frage trotzdem mal: Wie genau ist denn so eine Ortung, die Sie machen können? Martina Renner (DIE LINKE): Könnte man sich Wissen Sie, der befindet sich dann im Raum - auch vorstellen, dass man jemandem etwas mit- was weiß ich, was - - Welchen Weg er auch im- gibt, auch wenn er es nicht weiß, und ihn mer geht - - Da ist er in Wien, da ist er in Pristina, darüber lokalisieren? und jetzt geht er weiter. Wie genau wissen Sie das? Wissen Sie, der ist in der und der Straße, Zeuge Wilhelm Dettmer: Kann ich mir vorstellen, der ist auf der Autobahn, Kilometer 53? ja.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein, so eine genaue Martina Renner (DIE LINKE): Wird das auch Ortung machen wir nicht. angewandt zur Lokalisierung?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Woher wis- Zeuge Wilhelm Dettmer: Es gibt technische Mit- sen Sie denn, wo er ist? tel, um zum Beispiel die Bewegung von Fahrzeu- gen feststellen zu können, ja. Zeuge Wilhelm Dettmer: Mir reicht, zu wissen, er ist in Wien oder er ist in Bosnien. Das reicht mir Martina Renner (DIE LINKE): Und von Personen also für meinen Arbeitsbereich. auch?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hauptsache, Zeuge Wilhelm Dettmer: Ist mir kein Fall er ist erst mal nicht mehr hier. - Okay, alles klar. bekannt.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Und wie genau eine Martina Renner (DIE LINKE): Die Übermittlung Ortung möglich ist, das weiß ich nicht. Ich bin von Daten, insbesondere Daten aus G-10-Maß- kein Techniker. nahmen, an ausländische Nachrichtendienste, hat die sich irgendwann verändert? Also, gab es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Das irgendwann Einschränkungen dahin gehend, wäre nämlich meine nächste Frage gewesen: Wis- welche Daten man weitergeben kann? sen Sie, ob es technisch möglich wäre? - Dann muss ich mir erst mal Gedanken machen, wie ich Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein, gab es nicht. weiterfrage. Martina Renner (DIE LINKE): Gab es nicht.

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Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein. Am 4. Oktober 2010 war der deutsche Staatsange- hörige Bünyamin Erdogan durch einen Drohnen- Martina Renner (DIE LINKE): Sie kennen keine einsatz der USA ums Leben gekommen. Dann gab Weisung vom 24. November 2010, mit der ausge- es eine öffentliche Diskussion, auch eine Diskus- führt wurde, dass in Zukunft keine Daten mehr sion im politischen Raum, im Parlamentarischen weitergegeben werden sollten zu bestimmten Kontrollgremium; es gab von Ihnen und von Ländern - muss man sagen? Herrn Ströbele und anderen Abgeordneten ent- sprechende parlamentarische Anfragen. Die wa- Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich kenne diesen Erlass ren zum Teil auch unter dem Gesichtspunkt, ob seit letzter Woche. Ich kann vielleicht mal die sich möglicherweise deutsche Behörden strafbar Genese skizzieren. gemacht haben könnten durch die Übermittlung von Daten an die USA. Wenn ich mich recht Martina Renner (DIE LINKE): Ja, genau. Das ist erinnere, ging es damals auch darum, dass man doch schön. für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Handlungssicherheit herstellen kann. Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich hatte mich gefragt: „Warum bin ich überhaupt hier eingeladen?“, Martina Renner (DIE LINKE): Aber warum kann- und hatte durch die dankbare Tätigkeit von netz- ten Sie das Schreiben dann damals nicht und politik.org festgestellt, dass in einer der Sitzun- jetzt erst? gen auch ein Aktenzeichen 6D5 erwähnt worden war. Und da hat mich natürlich interessiert, auch Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich habe es jetzt erst in in Vorbereitung auf diese Sitzung: Was ist das Vorbereitung auf diese Sitzung gesehen, und ich denn für ein ominöses Stück? Dann habe ich fest- kenne es in der Fassung, so wie ich der Beschrei- gestellt, mit diesem Schreiben vom 22. November bung von netzpolitik.org entnommen habe, wie war das BMI gebeten worden, Zustimmung zu sie Ihnen vorliegt. Das scheint nicht das Original erteilen zur Übermittlung von bestimmten Listen. zu sein; denn oben steht irgendwo „Anlage 7“, Dazu muss ich sagen, das war also in der kurzen und das trägt auch kein Aktenzeichen. Also, ich Zeit, den drei Monaten, wo ich in 6D5 mitverant- kenne es nur in dieser Form seit letzte Woche. wortlich war. Es war aber tatsächlich ein Schrei- ben des Referates 6D2, das für den ganzen Kom- Martina Renner (DIE LINKE): Ist das ein Ent- plex zuständig war. Das Aktenzeichen 6D5 ist wurf, der gar nicht rausgegangen ist? also mehr oder weniger durch Zufall darauf gekommen, weil ein Mitarbeiter des Referates Zeuge Wilhelm Dettmer: Das weiß ich nicht. 6D5 das Schreiben unterstützend für 6D2 gefer- tigt hat. Mit diesem Schreiben, habe ich Ihnen Martina Renner (DIE LINKE): Also, diese Wei- gesagt, wurde also um Zustimmung gebeten. sungslage war Ihnen nicht bekannt.

Dann habe ich - - Ich kann Ihnen sagen, diesen Zeuge Wilhelm Dettmer: Die war mir nicht Erlass mit Datum vom 24. November 2010 habe bekannt. ich damals nicht gesehen. Ich habe später gehört - das muss etwa Ende des Jahres gewesen Martina Renner (DIE LINKE): Hätte Ihnen aber sein; von wem, weiß ich nicht mehr; es war im bekannt sein müssen, weil normalerweise würde Gespräch mit Kollegen -, dass also die Listen das an alle in der Abteilung gehen, oder? übermittelt worden waren mit Zustimmung des BMI, also der Fachaufsicht. Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich habe einer späteren Antwort der Bundesregierung auf eine parlamen- Für uns war in der damaligen Situation, wenn tarische Anfrage entnommen, dass durch diese ich mich recht erinnere, auch wichtig, eine ge- Weisung keine Änderung der bisherigen Über- wisse Handlungssicherheit zu bekommen. Ich mittlungspraxis beabsichtigt gewesen sei. Also, erinnere mich, dass es damals Diskussionen gab. insofern wäre das nicht erforderlich gewesen.

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Martina Renner (DIE LINKE): Aber man hat ja Zeuge Wilhelm Dettmer: Nach meiner Erfahrung, vorher geolokalisierbare Daten weitergegeben. ja. Also, es sind ja Handynummern weitergegeben - - Martina Renner (DIE LINKE): Und dieses Schrei- Zeuge Wilhelm Dettmer: Es sind Handydaten ben vom BMI an das BfV ist zur Beruhigung von weitergegeben worden. Abgeordneten, damit man in einer Kleinen Anfrage sagen kann: „Es gibt da so eine Weisung Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Es sind ja oder - - Also, ich versuche, dann den Sinn - - Handynummern, die man aus G-10-Maßnahmen zum Beispiel ermittelt hat, weitergegeben wor- Zeuge Wilhelm Dettmer: Sie werden verstehen, den. Das heißt, wenn dieses Schreiben gar keine dass ich darauf nicht antworte. Änderung der Praxis darstellen soll, dann ist das was? Also, dann ist das? Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das verstehe ich natürlich, dass Sie darauf nicht antworten. Aber Zeuge Wilhelm Dettmer: Die Frage müssen Sie an wir fragen uns jetzt, was dieses Stück Papier andere stellen. bedeutet: Selbstvergewisserung, abheften, und wenn irgendwann mal das unangenehm wird, Martina Renner (DIE LINKE): Ist das - - Also, holen wir es raus, oder so. wenn weiterhin Handydaten weitergegeben wer- den sollen wie bisher - - Wann denn zum Zeitpunkt 2010 in der Abtei- lung 6 bekannt, dass man via Handynummern Zeuge Wilhelm Dettmer: Es war ja um Zustim- Personen orten kann als Zielerfassung in einem mung des BMI gebeten worden, so zu verfahren. Drohneneinsatz? Also, ich meine jetzt nicht GPS- orten, sondern dass man das nutzen kann auch Martina Renner (DIE LINKE): Genau. für den Einsatz einer bewaffneten Drohne.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Und ich habe später Zeuge Wilhelm Dettmer: Ist mir nicht bekannt. erfahren, BMI hat zugestimmt. Das war etwa Ende des Jahres. Und die Listen sind ja auch in Martina Renner (DIE LINKE): War das später dieser Form übermittelt worden. Aber die irgendwann mal in der Abteilung 6 bekannt? genauen Abläufe, was also zwischen dem 22. November und dem 22. Dezember - das war Zeuge Wilhelm Dettmer: Also, ist mir nicht der Tag, an dem - die Unterlagen liegen Ihnen ja bekannt, weil ich auch speziell mit diesen Fragen vor - nichts zu tun hatte. Also, wann immer ich Daten übermittelt habe, ging es also nicht um die Daten- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. übermittlung zu Personen, die sich möglicher- weise in Konfliktgebieten befinden. Und ich Zeuge Wilhelm Dettmer: - die Listen verschickt denke, es gibt möglicherweise unterschiedliche wurden -, passiert ist, weiß ich nicht. Auffassungen darüber. Aber ich fühle mich nicht imstande, technisch das zu bewerten. Martina Renner (DIE LINKE): Aber aus Ihrer Erinnerung heraus hat sich die Praxis nicht geän- Martina Renner (DIE LINKE): Gab es denn mal - dert im November 2010. also, dass es nicht in Ihrem Bereich lag - - Aber haben Sie mal an solchen Diskussionen, Gesprä- Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es. chen oder Ähnlichem teilgenommen, wo diese Frage erwogen wurde, ob man Handynummern Martina Renner (DIE LINKE): Es war vorher so, einsetzen kann zu Zielerfassungen? dass man Handynummern weitergegeben hat, und man hat nachher Handynummern weiter- gegeben.

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Zeuge Wilhelm Dettmer: Also, ich weiß nicht, ob Hinweis darauf, dass möglicherweise solche Ver- solche Diskussionen geführt wurden. Ich war wendungsbeschränkungen schon mal nicht ein- jedenfalls selber nicht daran beteiligt. gehalten wurden, -

Martina Renner (DIE LINKE): Diese Daten aus Martina Renner (DIE LINKE): Das wäre jetzt G-10-Maßnahmen, die möglicherweise auch meine nächste Frage gewesen. Handynummern umfasst haben, hat die das BfV eigenständig an zum Beispiel NSA oder CIA Zeuge Wilhelm Dettmer: - und zwar, ich will weitergegeben, oder waren dort immer andere sogar sagen: ganz im Gegenteil. Ich könnte viele Stellen, wie zum Beispiel der Fälle belegen, dass man sich genau an diese Bundesnachrichtendienst, involviert? Zweckbestimmung hält. Das heißt also, wenn zum Beispiel ein ausländischer Nachrichten- Zeuge Wilhelm Dettmer: Kann ich keine dienst eine Information, die er von uns erhalten Stellung - - Dazu kann ich keine Antwort geben; hat, an einen anderen Dienst weitergibt oder wei- weiß ich nicht. tergeben will, dann fragt er vorher penibel nach unter genauer Angabe des Wortlautes, ob er das Martina Renner (DIE LINKE): Waren Sie selbst auch machen darf. Und dafür gibt es viele, viele mal an solchen Datenübermittlungen an die NSA Belege in unserem Haus, und die können wir oder die CIA beteiligt? Ihnen vorlegen.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich habe ja gesagt, dass Martina Renner (DIE LINKE): Aber das betrifft mein Referat da so gut wie keine Berührungs- jetzt immer den Bereich, den Sie überblicken punkte mit NSA - - Unsere direkten Ansprech- können, also die Länder des Balkans - - partner sind - Zeuge Wilhelm Dettmer: Es betrifft auch, weil ich Martina Renner (DIE LINKE): Andere. auch einigen anderen Schriftverkehr gesehen habe, speziell zum Beispiel das Verhalten ameri- Zeuge Wilhelm Dettmer: - Länder des Westbal- kanischer Dienste. kans, und insofern könnte ich darüber berichten; aber das ist nicht Gegenstand des Untersuchungs- Martina Renner (DIE LINKE): Wie kam es, dass ausschusses, nicht? Sie dann für drei Wochen, drei Monate - - Wie lange waren Sie - - Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Gibt es bei der Weitergabe von Daten an ausländische Nachrich- Zeuge Wilhelm Dettmer: Drei Monate waren das. tendienste eine Zweckbindung? Martina Renner (DIE LINKE): Was war der Hin- Zeuge Wilhelm Dettmer: Es gibt natürlich eine tergrund, dass diese Verwendung stattfand? Zweckbindung, und die wird ja auch festgehalten durch einen entsprechenden Disclaimer. Der Zeuge Wilhelm Dettmer: Möglicherweise Mutter- Disclaimer ist vorgeschrieben in § 19 Absatz 3 schaft oder sonst was. Ich kann mich nicht mehr des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Er ist for- daran erinnern. muliert in einer Anlage zur Dienstvorschrift „Ausland“. Er muss vom BMI genehmigt werden, Martina Renner (DIE LINKE): Diese Anforderun- und er ist auf jeder Seite eines Schreibens an aus- gen - - Also, es gibt ja quasi auf diese Weisung ländische Dienste ganz groß hervorgehoben. hin ein Ausgangsschreiben - Also, auf jeder Seite ist so ein Kasten. Nicht etwa, wenn man 17 Seiten hat, dass das nur irgendwo Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. versteckt untergebracht wird, sondern es ist tat- sächlich überall angebracht. Aus meiner Erfah- rung kann ich sagen: Ich habe überhaupt keinen

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Martina Renner (DIE LINKE): - des BfV an das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt wären BMI. Da geht es allerdings um Afghanis- wir gleich mit der Zeit durch. tan/Pakistan, nicht? Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Zeuge Wilhelm Dettmer: Das geht es um Afgha- nistan/Pakistan, ja, und das ist das Schreiben, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn wir das nach Aktenlage am 22. Dezember, also einen keine Fragen mehr sind, würden wir jetzt näm- Monat nach dem - praktisch - Anforderungs- lich auch unterbrechen müssen und zur nament- schreiben rausgegangen ist. lichen Abstimmung rübermüssen. Sehr geehrter Herr Zeuge, so ist das: Wir haben wieder eine na- Martina Renner (DIE LINKE): Und Hintergrund, mentliche Abstimmung und müssen die Sitzung dass man jetzt das BMI dort noch mal um Stel- unterbrechen. Die Abgeordneten kommen sofort lungnahme bittet, ist tatsächlich der Vorgang nach der namentlichen Abstimmung wieder. Von 04.10. Ist das eine Mutmaßung von Ihnen, oder daher ist die Sitzung jetzt unterbrochen, und ich wissen Sie das? hoffe, es geht zügig weiter. Das wird aber kurz nach 19 Uhr sein. Also, die Sitzung ist unterbro- Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich sagte, soweit ich chen. mich erinnere, gab es damals die Diskussionen. Ich nehme an, man wollte Handlungssicherheit (Unterbrechung von für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. 19.50 bis 19.12 Uhr) Zumindest wäre das für mich ein durchaus nach- vollziehbares Anliegen gewesen angesichts der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die unterbro- Diskussion, die damals geführt wurde. chene Sitzung des Untersuchungsausschusses wird fortgesetzt. Nach der Fraktion Die Linke ist Martina Renner (DIE LINKE): Hatte man damals jetzt in der ersten Runde des Zeugen die Fraktion aktiv Kenntnis, dass die Daten zu Personen, die der SPD dran. Herr Kollege Zimmermann stellt am 04.10. durch eine Drohne ermordet wurden in die Fragen. Waziristan, vom BfV weitergegeben wurden an US-amerikanische Stellen? Dr. Jens Zimmermann (SPD): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Ich glaube, wir haben eigentlich Zeuge Wilhelm Dettmer: Dazu habe ich keine alle bei unseren Fragen irgendwie erwartet, dass Kenntnis. Sie das Schreiben kennen. Aber ich würde des- wegen noch mal - - Sie haben das ja eben schon Martina Renner (DIE LINKE): Hatten Sie keine mehrfach gesagt, Sie haben das drei Monate Kenntnis. gemacht, vertretungsweise. Vielleicht können Sie trotzdem noch mal so ein bisschen skizzieren, Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein. was Sie in den drei Monaten in dieser Funktion alles so gemacht haben, mal ein grober Überblick. Martina Renner (DIE LINKE): Also, das ist auch Das wäre vielleicht für den Einstieg noch mal nicht in diesen Gesprächen rund um das Ereignis ganz interessant. dann diskutiert worden, welchen Anteil man möglicherweise hatte. Zeuge Wilhelm Dettmer: Der Schwerpunkt bestand darin, Schreiben, die die Sachbearbeiter Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich habe ja gesagt, an gemacht haben für Verfassungsschutzbehörden solchen Diskussionen war ich nicht beteiligt. der Länder oder für auswärtige Dienste, zu über- prüfen und mitzuzeichnen. Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Das haben Sie die Zeuge Wilhelm Dettmer: Und ich weiß nicht, ob drei Monate lang gemacht. - Dann würde mich sie überhaupt stattgefunden haben. noch mal - - Bei diesen Schreiben ging es ja

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auch - das haben wir auch schon, glaube ich, Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich weiß, dass der gesagt - um Handynummern. Können Sie da noch Beweisbeschluss auf sieben Namen lautet. Das mal Ihre Sicht der Dinge zu diesen Informationen sind alles Personen, die umgekommen sind. Aber sagen: Sind das Ihrer Meinung nach Geodaten? ich würde hier keine Kausalität herstellen wol- Sind die geeignet? Für was sind die geeignet? len. Das haben Sie ja nachher schon wieder zurückgenommen. Also, ich kenne diese - - Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich weiß es nicht; ich halte mich an Tatsachen, und ich kann keine Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bewertungen vornehmen. NEN): Nein, genau. Ich würde auch keine Kausa- lität herstellen wollen. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Wie bitte? Zeuge Wilhelm Dettmer: Aber ich kenne diese Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich weiß es nicht. Ich sieben Namen und - - bin kein Techniker. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. - Aber wäre NEN): Ja, genau. Aber deswegen frage ich: Gibt es das nicht wichtig, da zumindest eine Einschät- eventuell noch mehr? Wir bekommen ja so zung zu haben, wenn Sie solche Schreiben dann geschwärzte Listen. Da können wir ja nur freigegeben haben, was da an Daten übermittelt bestimmte Namen lesen und andere nicht. Des- wurde, für was die verwendet werden können. wegen die Frage: Wissen Sie von mehr Fällen?

Zeuge Wilhelm Dettmer: Das Schreiben, um das Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich kenne keinen weite- es geht, war ja die Bitte an BMI, einer Übermitt- ren Fall. Und diese sieben Personen, die da lung zuzustimmen. Und, wie gesagt, das war das benannt sind, also, mit denen war ich dienstlich Schreiben, das in der Verantwortung eines ande- nie befasst. ren Referates entstanden ist. Der zuständige Refe- ratsleiter wird Ihnen sicherlich - der ist ja auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- als Zeuge geladen - umfassend Rede und Antwort NEN): Okay. - Aber haben Sie denn einen Über- zu diesem Schreiben stehen. blick bezüglich der Personen, deren Daten da weitergegeben wurden in dem relevanten - - Dr. Jens Zimmermann (SPD): Also, Sie bleiben dabei, dass Sie überhaupt keine Einschätzung Zeuge Wilhelm Dettmer: Damit war ich nicht treffen können, für was - - befasst.

(Der Zeuge nickt) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. Das heißt, Sie könnten auch keine - Okay. - Dann würde ich erst mal an die nächste Auskunft darüber geben, dass eventuell mehr Fraktion weitergeben. Menschen tot sind als diejenigen, die da jetzt diese sieben - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann kommen wir zur nächsten Fraktion, Fraktion Zeuge Wilhelm Dettmer: Also, ich kenne nur Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. diese sieben, die auch in dem Beweisbeschluss genannt sind. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hallo, Herr Dettmer! - Vielleicht noch mal Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ganz schlicht die Frage: Von den Menschen, von NEN): Und die kennen Sie von unserem Beweis- denen Daten weitergegeben wurden, wie viele beschluss. sind dadurch - - oder wie viele von denen sind getötet worden? Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja und natürlich auch durch die Berichterstattung. Also, den Samir

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Hattour1 hatte ich natürlich auch durch die Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich kenne das Schrei- Berichterstattung dann auch - - ben, ja.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber kannten Sie alle sieben? NEN): Mhm. - Und wie war das von der zeitli- chen Abfolge? Sie haben ja, schon bevor es diese Zeuge Wilhelm Dettmer: Nicht alle sieben. Weisung gab, Daten weitergeleitet. Korrekt?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. NEN): Aha, okay. Also, da sind Ihnen auch noch neue Fälle bekannt geworden, weil Sie damit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht direkt befasst waren. NEN): Wie lange hat man das schon gemacht?

Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. Zeuge Wilhelm Dettmer: Das war ständige Praxis, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich wollte jetzt noch einmal fragen bezüg- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lich dieses relevanten Schreibens. Das würde ich NEN): Ja. Ihnen jetzt in einem sogenannten stillen Vorhalt einmal vorlegen lassen und fragen, ob Sie an die- Zeuge Wilhelm Dettmer: - dass man Daten - - sem Verfahren und an dieser Kommunikation irgendwie beteiligt waren. Wenn Sie das nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- waren, dann, glaube ich, haben wir gar keine Fra- NEN): Jeden Tag. gen mehr an Sie. Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein. Aber es hat da (Dem Zeugen werden keinen Einbruch gegeben. Unterlagen vorgelegt - Er, sein Rechtsbeistand und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vertreter der Bundesregie- NEN): So, und wie war das dann? Wie lief die rung nehmen Einblick) Diskussion? Dann gab es Todesfälle. Zeuge Wilhelm Dettmer: An dem Schreiben vom Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich sage ja, ich weiß 22.11. war ich insofern beteiligt - das war ja die nicht, ob es eine Diskussion gegeben hat, weil Bitte an BMI um Zustimmung zur Übermittlung selber nicht daran beteiligt gewesen bin. von bestimmten Listen - - Das ist gefertigt worden von einem Sachbearbeiter; deswegen auch unter Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem Aktenzeichen von 6D5, des Referates 6D5, NEN): Ja, aber wenn dieses Schreiben irgendwie das ich damals diese drei Monate mitgeleitet mit über Ihren Schreibtisch gegangen ist, dann habe. Es ist dann verantwortlich mitgezeichnet müssen Sie doch irgendwie Kontextualisierun- worden durch den zuständigen Referatsleiter gen - - 6D2. Und soviel ich weiß, habe ich dann in Ver- tretung, glaube ich, war es, Gruppenleitung auch Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja, natürlich; habe ich ja mitgezeichnet, und das ist schlussgezeichnet auch gesagt. Es gab die öffentliche Diskussion, worden vom Abteilungsleiter. auch die Diskussion im politischen Raum, und da war auch wichtig für uns, dass wir Hand- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lungssicherheit für unsere Mitarbeiterinnen und NEN): Also Sie kennen das. Mitarbeiter bekommen.

1) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein, ich war selber NEN): Okay. - Also, Sie hatten Bedenken im Hin- nicht daran beteiligt, ich weiß es nicht. Ich will blick auf die Handlungssicherheit, - auch nicht spekulieren, ob da - -

Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie wissen nicht, wer das in der Behörde Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diskutiert hat. Sie waren an diesem Schreiben NEN): - wenn man das jetzt weitermacht, ohne beteiligt; aber Sie wissen nicht, wer diese - - eine solche Weisung zu haben. Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es. Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja, eben weil eine gewisse Unruhe entstanden war. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ah ja. - War da Ihr Vorgesetzter dran betei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ligt? NEN): Ja, absolut. Das kann ich ja absolut verste- hen. Aber man hat eben - - Die Praxis war vorher, Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich weiß es nicht. dass man eben diese Daten weitergegeben hat. Dann kam es zu diesen Todesfällen, und dann Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- brauchte man eine ausdrückliche Weisung, oder NEN): Mit wem haben Sie denn besprochen, dass man hatte das Bedürfnis danach, eine ausdrückli- dieses Schreiben gefertigt werden muss? che Weisung zu bekommen. Zeuge Wilhelm Dettmer: Da habe ich mit nie- Zeuge Wilhelm Dettmer: Dann kam es also zu der mandem drüber gesprochen; denn es war allge- Diskussion, ob sich diejenigen, die Daten weiter- mein bekannt: Wir wollen Handlungssicherheit geben, möglicherweise strafbar gemacht haben. haben.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Klar. NEN): Allgemein bekannt - aus der Cafeteria oder - - Zeuge Wilhelm Dettmer: Das war dann der Hin- tergrund, dass man sagte: Wir wollen solche Zeuge Wilhelm Dettmer: Natürlich sind auch Handlungssicherheit haben. Mitarbeiter zu ihren Vorgesetzten gegangen und haben gesagt: Was ist denn jetzt los hier? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und wer hat da diskutiert? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie das vielleicht auch gemacht? Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich kenne die öffentli- che Diskussion und die Diskussion auf der politi- Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich habe es nicht schen Ebene - - gemacht, weil in meinem Zuständigkeitsbereich solche Daten nicht weitergegeben wurden, die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- also Personen betrafen in Kampfgebieten. NEN): In Ihrer Behörde, wer hat da diskutiert? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Dazu kann ich keine NEN): Aber in anderen Bereichen wurde das, und Angaben machen. diese Mitarbeiter sind zu ihren Vorgesetzten gegangen und haben gesagt aufgrund der öffentli- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen Diskussion: Wir haben da Bedenken. Wie NEN): Nicht können im Sinne von dürfen, oder? sollen wir damit umgehen?

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Zeuge Wilhelm Dettmer: So stelle ich mir das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vor, ja. NEN): Ermittlungsverfahren.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. NEN): Ja. Aha. - Und sind dann noch Daten wei- tergegeben worden, bevor die Weisung da war? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was hatten Sie mit dem Ermittlungs- Zeuge Wilhelm Dettmer: Garantiert nicht. Das verfahren zu tun? hielte ich also für ausgeschlossen. Zeuge Wilhelm Dettmer: Und er war auch Ziel Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wohl von Maßnahmen des BfV gewesen. Aber NEN): Dann habe ich einen interessanten Vorhalt das - - für Sie in der nichtöffentlichen Sitzung. - Ich gebe ab an den Kollegen Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. - Können Sie sich denn daran erin- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nern: Was hatten Sie denn an Daten, die da wei- NEN): Ich will nur zu diesem Punkt noch mal tergegeben werden konnten? Also, hatten Sie nachhaken. Als Sie das in den Medien - Sie zum Beispiel Telefonnummer, Handynummer, sagen, Sie haben die öffentliche Diskussion und eine, mehrere? haben auch offenbar die Diskussion im Bundes- tag insofern mitbekommen, als da Anfragen Zeuge Wilhelm Dettmer: Dazu habe ich keine gestellt worden sind - - Haben Sie sich denn da Kenntnisse. selber auch mal kundig gemacht, also mindestens im Zusammenhang mit den gestellten Fragen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die waren ja - - Also, ich erinnere mich an Fra- NEN): Haben Sie keine Kenntnis. gen; ich habe auch Fragen gestellt. Da ging es ja ganz konkret um Bünyamin Erdogan. Haben Sie Zeuge Wilhelm Dettmer: Nein. Denn, wie gesagt, sich da kundig gemacht: „Haben wir den ich war - gehabt?“? Oder kannten Sie den vielleicht selber, jetzt als Namen, als Telefonnummer? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Oder E-Mail oder alles oder - - Zeuge Wilhelm Dettmer: Als Namen kannte ich ihn. Aber weitere Erkenntnisse lagen mir da Zeuge Wilhelm Dettmer: - mit keiner der genann- nicht vor. ten Personen selber dienstlich befasst.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der war also bei Ihnen - - durch Ihre NEN): Ja. - Haben Sie denn - - Sie haben gesagt, Hände gegangen praktisch, die Daten von dem? es gab dann bei Ihnen, bei den Kolleginnen und Kollegen, die damit befasst waren, auch die Zeuge Wilhelm Dettmer: Kann ich nicht bestäti- Frage: Was ist denn nun? Machen wir uns viel- gen. Aber der Name war mir bekannt, weil er Ziel leicht strafbar, wenn wir diese Daten weiterge- von Ermittlungsverfahren war. ben? Hatten Sie so eine Befürchtung denn auch?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Mir ging es nur darum, NEN): Von was? Handlungssicherheit zu bekommen.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Ermittlungsverfahren Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Polizei. NEN): Sagen Sie nicht immer solche Worte: „Handlungssicherheit“. Was heißt Handlungs- sicherheit? Die Frage ist: Hatten Sie, als Sie das

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gelesen haben, gedacht: „Oh!“? Nehmen wir mal Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- an, da ist jetzt einer dabei gewesen, von dem Sie NEN): Ja, und ist Ihnen das auch gesagt worden? jetzt eine Telefonnummer, eine Handynummer weitergegeben haben, und der wird jetzt von Zeuge Wilhelm Dettmer: Das habe ich in Gesprä- einer Drohne erschossen aufgrund der Handy- chen erfahren, eben als Meinung des Hauses. nummer; theoretischer Fall. Haben Sie daran Aber ich kann es selber nicht überprüfen. gedacht, dass so was auch sein könnte, und dach- ten: „Oh, da muss ich jetzt aber aufpassen“? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie das geglaubt? Zeuge Wilhelm Dettmer: Also, ich habe mich2 auch an den Disclaimer gehalten, und für mich Zeuge Wilhelm Dettmer: Ja. war wichtig: Die Daten dürfen nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie übermittelt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- werden, und das sind nachrichtendienstliche NEN): Hat man Ihnen das so erklärt, dass Sie es Zwecke. Um es mal ganz krass zu sagen: Ein glauben? Drohneneinsatz wäre ja eine Exekution, und eine Exekution ist für mich die schärfste, irreversible Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich bin kein Techniker, Form der Exekutivmaßnahme, zumindest nach und deswegen - - meiner - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Vereinzelt Lachen) NEN): Na ja, dann - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten NEN): So ist es. Da gibt es nichts dran zu lachen. jetzt wechseln und kommen zur Fraktion der Weil das ist, glaube ich, ein ganz ernster Vorgang. CDU/CSU.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich bin kein Jurist, aber Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben momentan das wäre also - - keine Fragen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Dann NEN): Haben Sie denn nicht darüber mal ein gehen wir in die zweite Runde und sind in der Gespräch geführt? Also, Sie sagen ja selber, Sie zweiten Runde auch wieder bei der Fraktion Die waren jetzt nicht der Fachmann, der wissen Linke. Herr Kollege Hahn. konnte, was man mit den Daten tatsächlich erreicht: Reichen die zum Beispiel für einen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe keine Fra- Drohnensatz, oder reichen sie nicht? Haben Sie gen. nicht versucht, sich da kundig zu machen: „Also, die Daten, die ich da weitergebe - - Oder haben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann sind Sie einfach gesagt: „Wenn die da oben sagen: ,Ist wir bei der Fraktion der SPD. - Keine Fragen. - in Ordnung’, dann ist es eben in Ordnung?“? Dann sind wir wieder bei Ihnen, Herr Kollege Ströbele. Es kann weitergehen. Zeuge Wilhelm Dettmer: Wenn ich mich recht erinnere, war die Position, die im Hause vertre- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten wurde, dass die Übermittlung, also die Han- NEN): Ich bleibe noch dabei: Also, wenn Sie sel- dydaten alleine, nicht für eine zielgenaue Ortung ber sich auch diese Gedanken gemacht haben, im Zielgebiet reichen. vielleicht auch erschrocken waren dadurch, gab es denn da vorher mal, bevor diese Diskussion

2) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2.

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kam, bevor diese Namen auftauchten und Presse- Zeuge Wilhelm Dettmer: Keine Kenntnis. meldungen dazu und dann Diskussionen gab, bei Ihnen mal die Frage: Was machen die eigentlich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit den Daten, die wir da weitergeben? Beobach- NEN): Also, in Ihrer Gegenwart ist das nie pas- ten die da nur welche, oder zu was dienen die? siert, und Sie haben dieses Gespräch auch nicht gesucht, mit niemandem. Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich kenne Diskussionen dieser Art nicht, und ich gehe davon aus - und Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es. das dürfte auch allgemein im Amt so sein -, dass man nicht unterstellt, dass die Daten zweckent- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fremdet werden. Dafür gab es also überhaupt kei- NEN): Aha. - Sie haben darauf vertraut: Wenn die nen Anlass. Ich sagte ja vorhin, ich könnte viele da sagen, die werden dafür weitergegeben, dann Beispiele dafür benennen, auch mit entsprechen- werden die auch nicht benutzt zum Kill-Kom- dem Dokumentenbeweis, dass sich die Dienste mando. genau an diese Verwendungsbeschränkungen halten. Zeuge Wilhelm Dettmer: So ist es.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was heißt hier „zweckentfremden“? Viel- NEN): Ist denn das auch Ihre heutige Kenntnis leicht war das der Zweck, wofür man die Daten von den damaligen Vorgängen, oder wissen Sie überhaupt wollte. Das muss doch keine Entfrem- heute mehr? dung sein. Zeuge Wilhelm Dettmer: Ich weiß, dass hier im Zeuge Wilhelm Dettmer: Das deckt sich dann Ausschuss ein sogenannter Drohnenpilot aufge- aber nicht mit dem Disclaimer, der unten auf treten ist und berichtet hat, dass man mit Handy- den - - daten und gleichzeitig mit IMSI-Catcher möglich- erweise auch Drohnen zielgenau steuern kann. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber es ist nur Kenntnis der Berichterstattung NEN): Bitte? aus den Medien. Inwieweit das nun von Techni- kern bestätigt wird, dazu bin ich überfragt. Zeuge Wilhelm Dettmer: Das deckt sich nicht mit den Forderungen des Disclaimers. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na ja, den Zeugen haben wir ja hier gehört, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und das ist ja nun ein Fachmann auf dem Gebiet NEN): Aha. - Ist da auch nicht drüber mit Vorge- mit 1 600 Einsätzen. Hat Sie das dazu gebracht, setzten oder in einer Versammlung gesprochen jetzt noch mal diese damalige Überlegung wieder worden? aufzunehmen und sich vielleicht zu erkundigen, ob das damals auch valide war, was Ihnen da ge- Zeuge Wilhelm Dettmer: Nicht dass ich wüsste. sagt worden ist?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Das gehörte nicht zu NEN): Mit Kollegen, dass man mal dieses Pro- meinem Aufgabenbereich. Wie gesagt, ich hatte blem diskutiert oder versucht hat, sich gegensei- also nicht mit diesen Krisenregionen zu tun, wo tig zu versichern oder einfach mal darüber zu re- das relevant werden könnte. den? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Wilhelm Dettmer: Keine Kenntnis. NEN): Tja, Sie machen es sich einfach.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege NEN): Bitte? von Notz.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zustimmung erteilt wird, dass das dann auch NEN): Ich habe noch eine Frage, weil Sie eben so schriftlich zumindest festgehalten wird in den sagten, Sie schließen es aus, dass, bevor die Wei- Akten. sung dann kam, Daten weitergegeben wurden. Muss diese Weisung zwingend schriftlich erfolgt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sein, oder kann es sein, dass Sie aus dem BMI NEN): Kann es sein, dass uns das nur nicht vor- eine telefonische Weisung bekommen haben und liegt oder - - Ist Ihnen diese zeitliche Koin- das schriftlich erst später eintrudelte? zidenz - -

Zeuge Wilhelm Dettmer: Dazu kann ich keine MR Torsten Akmann (BMI): Es gibt in der Tat Angaben machen. Aber Sie hatten vorhin ange- einen telefonischen Erlass und ein telefonisches deutet, dass es möglicherweise einen Fall der Gespräch darüber. Datenübermittlung gibt. Das bezieht sich mög- licherweise auf das Schreiben, das auch hier Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dabeigelegen hatte, vom 15. Oktober, war das, NEN): Herr Akmann, Sie melden sich ja sonst glaube ich. Da war auch um Zustimmung gebeten immer so spontan. Das hätte uns jetzt sehr gehol- worden, und ich habe den Akten entnommen, fen. Na ja, es ist ja doch irgendwie offenkundig, dass Zustimmung erteilt worden war. Daraufhin dass da - - sind die Listen dann, glaube ich, am 22. Novem- ber verschickt worden. MR Torsten Akmann (BMI): Heute Morgen haben wir ja in der Beratungssitzung - das ist ja nichts Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- für die Öffentlichkeit - darüber gesprochen, dass NEN): Also, wenn Sie schon so über Daten reden wir Ihnen noch Unterlagen vorlegen wollen. Ich und die Bundesregierung nichts sagt - - Unsere habe Ihnen gesagt, das ist ein komplexerer Vor- Weisung kommt vom 24. gang, und in diesem komplexen Vorgang ist eben ein Schriftstück drin - das bekommen Sie dann Zeuge Wilhelm Dettmer: Offensichtlich - - Also, natürlich -, aus dem das hervorgeht. ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine Liste rausgegeben wird, wozu extra noch die Zustim- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mung angefragt wurde, bevor diese Zustimmung NEN): Gut. Vielen Dank. vorliegt, auf welchem Wege auch immer. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann frage Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich mal in die Runde: Brauchen wir den Zeugen NEN): Herr Dettmer, deswegen frage ich. Kann es in nichtöffentlicher oder eingestufter Sitzung? sein, dass die telefonisch erteilt wurde? Ich hatte den Eindruck, nein. - Okay. Gut.

Zeuge Wilhelm Dettmer: Also, ich weiß es nicht. Dann sind wir insoweit am Ende mit Ihnen, Herr Aber da kann möglicherweise der Zeuge 6D2, der Zeuge, Herr Dettmer. Ich bedanke mich ganz ja in der nächsten Sitzung gehört werden wird, herzlich für die Bereitschaft, uns hier Rede und was Genaueres sagen, weil er mit dem Fall Antwort zu stehen. Nach Fertigstellung des Pro- betraut war. tokolls wird Ihnen dieses zugesandt. - Ich hatte Ihnen das ja am Anfang gesagt. - Sie haben zwei Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wochen Zeit, etwaige Korrekturen oder Berichti- NEN): Das glaube ich. Jetzt habe ich Sie aber gungen vorzunehmen und uns das Protokoll wie- gerade zu fassen. Ist es vorstellbar, dass es telefo- der zurückzuschicken. nisch mündlich erteilt wird und es dann schrift- lich erst später kommt? Wir sind am Ende Ihrer Befragung. Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Bereitschaft, heute Zeuge Wilhelm Dettmer: Meine Erfahrung ist, hierhin zu kommen. Ich wünsche Ihnen noch wenn etwas telefonisch - - wenn telefonisch eine einen schönen Abend.

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Stenografisches Protokoll 98 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Wir werden jetzt die Sitzung unterbrechen, in nichtöffentliche Sitzung, gegebenenfalls geheime Sitzung eintreten. Ich danke der Öffentlichkeit, dass Sie so lange in öffentlicher Sitzung ausge- harrt haben. Das ist ja für unsere Verhältnisse richtig früher Abend. Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Donnerstag. Bis zur nächsten Sitzung dieses Untersuchungsausschusses!

Die Sitzung ist unterbrochen bis nach der namentlichen Abstimmung. Um Pi mal Daumen 20.10, 20.15 Uhr setzen wir die Sitzung in nicht- öffentlicher Form fort.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Schluss des Sitzungsteils Zeugenvernehmung, öffent- lich: 19.37 Uhr - Folgt Sitzungsteil Zeugenverneh- mung, Geheim)

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