RUNDBRIEF 2/2019 /SÜDSUDAN

KOORDINATIONSGRUPPE 2054 SUDAN /SÜDSUDAN

RUNDBRIEF SEITE 2 / 11 SUDAN/SÜDSUDAN

INHALT

SÜDSUDAN

Aktuelle politische Situation…………………………………….3

Menschenrechtsverletzungen……………………………………3

Neuer Bericht zu Straflosigkeit/HCSS – Aktion……………….4

Todesstrafe………………………………………………………..5

Briefmarathon 2019, Einzelfall Magai Matiop Ngong………..5

SUDAN

Aktuelle politische Situation…………………………………….6

Menschenrechtsverletzungen……………………………………8

Besuch im Auswärtigen Amt – Migrationskooperationen……10

Aktuelle Filme zu Sudan……………………………………….11

Bild auf Seite 1: Magai Matiop Ngong, Südsudan, wurde 2017 im Alter von 15 Jahren zum Tode verurteilt und ist einer von zehn Fällen des diesjährigen Amnesty-Briefmarathons.

AMNESTY INTERNATIONAL Deutschland e. V. Koordinationsgruppe Sudan/Südsudan Martina Liedke E: [email protected] . W: www.amnesty-zentral-ostafrika.de

SPENDENKONTO . Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE23 3702 0500 0008 0901 00 . BIC: BFS WDE 33XXX RUNDBRIEF SEITE 3 / 11 SUDAN/SÜDSUDAN

SÜDSUDAN

Aktuelle politische Situation

Die Sicherheitslage ist instabil und von zahlreichen Konflikten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene gekennzeichnet, unterstützt von Ernteausfällen, einer der weltweit schlimmsten Hungerkatastrophen und Millionen von Binnenflüchtlingen. Auch Proteste und Demonstrationen haben stets Gewaltpotenzial. 54 % der Bevölkerung sind von akuter Nahrungsmittelknappheit bedroht, davon 30 Prozent von Hungersnot. Es wird zwar eine einigermaßen gute Ernte erwartet, jedoch stellen die schlechten Transportwege ein andauerndes Problem dar. Die allgemeine wirtschaftliche Lage ist noch schlechter als im Sudan. Die Korruption ist weiterhin sehr verbreitet und nimmt immer weiter zu, auch innerhalb der Kirchen. Es leben immer noch über 800.000 Flüchtlinge und Asylsuchende in Camps in Uganda. 1.5. Mio. IDPs leben im Südsudan. Mit Neuabschluss eines Friedensvertrags im September 2018 sind politisch motivierte Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien mit wenigen Ausnahmen, vor allem in Zentraläquatoria, landesweit zwar zurückgegangen. Dennoch bleibt das Gewaltniveau gegen die Zivilbevölkerung allgemein sehr hoch, nächtliche Ausgangssperren gelten fort. Die massenhafte Rekrutierung junger Männer dauert an, was Gerüchten über eine unmittelbar bevorstehende erneute Eskalation des Konfliktes Auftrieb gibt, besonders wenn es nicht zu einer Regierungsbildung ab Mitte November kommt. Im Land macht sich Resignation breit. Angesichts des immer gleichbleibenden politischen Personals gibt es keine Hoffnung auf wirkliche Veränderung auch wenn die Regierungsbildung im November erfolgreich verlaufen sollte. Anfang November wurde ein erneuter Aufschub der Regierungsbildung um 100 Tage vereinbart.

In den Landesteilen Central Equatoria, Western Equatoria, in den Grenzgebieten zu Uganda und der Demokratischen Republik Kongo, aber vereinzelt auch in Bahr el Ghazal, Unity State und Upper Nile kommt es weiterhin immer wieder zu begrenzten bewaffneten Auseinandersetzungen. In der Hauptstadt Juba kommt es immer wieder zu nächtlichem Schusswaffengebrauch. Die Grenzziehung zwischen Sudan und Südsudan ist nach wie vor ungeklärt. Auch operieren Rebellenverbände aus dem Sudan im Grenzgebiet zwischen beiden Staaten. Dies kann zu bewaffneten Auseinandersetzungen in der Grenzregion zum Sudan führen. Der UN-Sicherheitsrat hatte Ende Mai das Waffenembargo und Sanktionen gegen den Südsudan um ein Jahr erneuert. Die südsudanesische Regierung fordert den Sicherheitsrat auf, die Sanktionen zurückzunehmen. Die Umweltzerstörung nimmt bedrohliche Ausmaße an, vor allem die andauernde Rodung der Wälder. Die Ausfuhr des Holzes erfolgt immer noch über Sudan, die Transporte werden durch das ugandische Militär geschützt. Zurzeit sind im Südsudan mindestens 800.000 Menschen von Überschwemmungen betroffen, was zum Ausbruch von schweren Krankheiten, wie z.B. Cholera geführt hat.

Menschenrechtsverletzungen

In einer Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat sagte Amnesty International, dass sie weiterhin besorgt seien über den geringer werdenden zivilen Raum für Südsudanes_innen im Südsudan und in Kenia sowie über das illegale Verhalten des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS). Hier der Link: South Sudan: Amnesty International Urges South Sudan to Rein in the National Security Service and Respect the Rights to Freedom of Expression and Peaceful Assembly Zwischen Mai und Juli 2019 dokumentierte Amnesty mehrere Fälle von Belästigung, Einschüchterung und willkürliche Inhaftierungen von regierungskritischen Südsudanes_innen durch Sicherheitskräfte in Südsudan, Äthiopien und Kenia.

Die Gewalt gegen humanitäre Einrichtungen und Mitarbeiter hat in den letzten Monaten laut UNOCHA stark zugenommen. Besonders in Ost-Equatoria kam es zu Überfällen und Diebstählen.

Laut UNMISS sind seit September 2018 mindestens 104 Zivilisten in Central Equatoria getötet worden und über einhundert

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Mädchen und Frauen erlitten sexuelle Gewalt.

Die Pressefreiheit ist weiterhin stark eingeschränkt. Es werden immer wieder Journalist_innen und Medienschaffende willkürlich inhaftiert und ohne Anklage festgehalten, so auch im Juli 2019, als der Chefredakteur der Zeitung Al Watan, Michael Christopher, vom NSS ohne Anklage inhaftiert wurde.

Weiterhin werden im Südsudan über 4000 Personen vermisst. Obwohl im Juli 32 Kindersoldaten von Oppositionsgruppen freigelassen wurden, ist die Anzahl der Kindersoldaten im gesamten Land angestiegen.

Neuer Bericht zu Straflosigkeit / HCSS – Aktion

Schwere Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit prägten den Konflikt im Südsudan. Die Verantwortlichen aber bleiben straffrei, weil die Politik das Justizsystem dominiert. Seit dem Ausbruch des Konfliktes im Dezember 2013 wurde lediglich ein einziger Fall verfolgt, bei dem auch ausländische Mitarbeiter_innen einer Hilfsorganisation unter den Opfern waren. An vielen Orten, wie z.B. Juba, Malakal und Bentiu im Südsudan wurden schlimme Verbrechen an Zivilpersonen begangen. Die südsudanesische Regierung hat zwar Untersuchungsausschüsse eingesetzt, deren Berichte aber meist nicht veröffentlicht. Die Verbrechen von Regierungstruppen wurden gänzlich unterschlagen.

Ein neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert, dass der südsudanesische Präsident Salva Kiir den Tätern häufig pauschale Amnestien gewährt und den Opfern von Kriegsverbrechen so ihr Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung verweigert. Nur in einem einzigen Fall wurden Untersuchungen durchgeführt und zehn Regierungssoldaten verurteilt. Sie wurden schuldig befunden, am Überfall des Terrain Hotels im Juli 2016 beteiligt gewesen zu sein, wo ein Journalist getötet und mehrere Mitarbeiter_innen einer Hilfsorganisation vergewaltigt wurden. Das genau dieser Fall untersucht wurde, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, weil sich unter den Opfern ausländische Staatsbürger_innen befanden, deren Regierungen sich für die Aufklärung der Verbrechen eingesetzt hatten.

Aber auch Kriegsverbrechen, die an der südsudanesischen Bevölkerung begangen wurden, müssen aufgeklärt und gegebenenfalls bestraft werden: «Sowohl Regierungstruppen als auch Truppen der bewaffneten Opposition haben schwerwiegende Verbrechen begangen. Die südsudanesischen Behörden haben es bis jetzt versäumt, diese Verbrechen zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Es braucht jetzt eine effektive Alternative zum nationalen Justizapparat», sagt Joan Nyanyuki, Direktorin für Ostafrika von Amnesty International. Viele Opfer hatten ihre Hoffnung auf Gerechtigkeit in das ‚Hybrid Court for South Sudan‘ (HCSS) gesetzt. Die Regierung Südsudans hatte sich bei der Unterzeichnung der Friedensabkommen 2015 und 2018 dazu verpflichtet, diesen einzurichten. Bisher besteht das Gericht aber nur auf dem Papier.

Amnesty International fordert deswegen, dass die Regierung Südsudans ihren Versprechen umgehend Taten folgen lässt und diesen Gerichtshof einsetzt. Wenn das nicht geschieht, sollte die Afrikanische Union ein Ad-hoc-Tribunal einrichten, damit die unzähligen Opfer von Verbrechen im Südsudan endlich Zugang zu Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung erhalten.

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Hier geht es zum Originalbericht AFR 6511052019 South Sudan_Do you think we will prosecute ourselves _7 Oct 19_FINAL.pdf

Wir haben außerdem einen Appellbrief an die AU erstellt: Brief AU.pdf , Brief AU deutsch.pdf

Todesstrafe

Unsere Aktion zur Todesstrafe (siehe Rundbrief 1) verlief sehr erfolgreich. Bis Ende August hatten wir über 5000 Unterschriften gesammelt. Leider geht die Hinrichtungswelle im Südsudan weiter. Zum 10.10., dem internationalen Tag gegen die Todesstrafe, stellte Amnesty mit großer Besorgnis fest, dass im September wieder vier Personen hingerichtet wurden. Eine Person, die hingerichtet wurde, war zur Tatzeit noch minderjährig. AFR6511792019ENGLISH

Briefmarathon 2019 – Einzelfall Magai Matiop Ngong

Südsudan: Mit 15 zum Tode verurteilt – Todesurteil gegen Magai Matiop Ngong aufheben !

Child on South Sudan’s death row. When South Sudan got its independence in 2011, the country had the opportunity to break with Sudan’s practice of imposing death sentences and executing people but chose not to. Since 2011 Amnesty International has recorded 36 executions and the imposition of 58 death sentences in South Sudan. By 6 June 2018 at least 345 people were known to be under the sentence of death.Since 2011 Amnesty International has recorded 36 executions and the imposition of 58 death sentences in South Sudan. By 6 June 2018 at least 345 people were known to be under the sentence of death. The country has carried out executions every year since independence except for 2014 when Amnesty International did not record any execution in the country. Given the lack of transparency on the use of the death penalty, this does not mean that no executions took place.

Magai Matiop Ngong ist heute 17 Jahre alt und in Gefahr, hingerichtet zu werden. Ein Gericht im Südsudan hat ihn wegen eines tödlichen Unfalls im Jahr 2017 zum Tode verurteilt. Bei einer Auseinandersetzung unter Jugendlichen, löste sich ein Schuss aus Magais Gewehr und traf seinen Cousin tödlich. Magai Matiop Ngong hatte während seines Gerichtsverfahrens keinen Rechtsbeistand. Er musste sich selbst verteidigen und beteuerte, er habe keinen Mord begangen, es habe sich vielmehr um einen tödlichen Unfall gehandelt.

Doch das Gericht befand ihn für schuldig und verhängte die Todesstrafe, obwohl Magai Matiop Ngong damals erst 15 Jahre alt war. Dabei ist es sowohl nach südsudanesischem Recht als auch der UN-Kinderrechtskonvention entsprechend verboten, Todesurteile gegen Minderjährige zu verhängen.

Der Jugendliche hat inzwischen einen Rechtsbeistand, der Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Doch die Situation ist

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hart für den 17-jährigen Magai: „Es ist nicht schön, wenn man erfährt, dass man sterben wird. Niemand möchte das. Ich hoffe, dass ich freikomme und wieder zur Schule gehen kann.“

Im Südsudan sind 2018 sieben Menschen hingerichtet worden, darunter auch ein Minderjähriger. Es war die höchste Zahl an Hinrichtungen seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 2011. Auch in diesem Jahr wurden bisher mindestens sieben weitere Menschen hingerichtet.

Schreibe an den Präsidenten des Südsudan und fordere ihn auf dafür zu sorgen, dass das Todesurteil gegen Magai Matiop Ngong umgehend aufgehoben wird. Du kannst auch einen Tweet verfassen und den Präsidenten taggen: @RepSouthSudan und @PresSalva.

Wende dich auch direkt an Magai Matiop Ngong! Schick Magai eine Postkarte oder einen Brief, mach ihm Mut, damit er die Hoffnung nicht aufgibt, frei zu kommen. Seine Adresse: Magai Matiop Ngong, c/o Amnesty International Regional Office for East Africa, the Horn and Great Lakes, Riverside Studios, Riverside Lane, off Riverside Drive, P.O Box 1527-00606, Nairobi, Kenia. Mache ein Foto deines Schreibens und poste es in den sozialen Medien mit dem Hashtag #InSolidarityWithMagai und einer Nachricht an die südsudanesische Regierung @RepSouthSudan und @PresSalva oder an uns:@AmnestyEARO.

Oder beteilige dich an unserer Online-Aktion: Help free Magai from death row | Amnesty International

Sudan

Aktuelle politische Situation

ENTWICKLUNGEN SEIT DEZEMBER 2018 . Infolge einer schweren Wirtschaftskrise stiegen die Preise für Lebensmittel, Medikamente, Transportmittel, Strom und Benzin stark an, was zu landesweiten Protesten gegen die Regierung mit zehntausenden Teilnehmer_innen führte.

. In mehreren Städten wurden die Proteste von den Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen, wobei mehrere Demonstrierende getötet wurden. Zum Teil griffen Sicherheitskräfte auch Verletzte und medizinisches Personal in Krankenhäusern an. Ende Dezember verhängte die Regierung eine Internetsperre, im Februar 2019 den Ausnahmezustand. Daraufhin eskalierte die Gewalt weiter.

. Am 11. April 2019 wurde Präsident Omar al-Bashir durch einen Militärputsch gestürzt und festgenommen. Der Ausnahmezustand wurde beendet, inhaftierte Demonstrant_innen freigelassen und die Übergangsregierung sicherte zu, Sicherheitskräfte strafrechtlich zu verfolgen, die für den Tod von Demonstrant_innen verantwortlich sind. Militärführung und Opposition einigten sich grundsätzlich auf eine aus Vertreter_innen beider Seiten bestehende Übergangsregierung. Über den Einfluss des Militärs in dieser Regierung konnte keine Einigung erzielt werden. Es kam zu anhaltenden Protesten gegen die Militärführung.

. Im Juni 2019 verübten Angehörige der RSF (Rapid Support Forces) ein Massaker an Demonstrant_innen in Khartum, bei dem über hundert Menschen getötet und hunderte verletzt wurden. Sudan wurde daraufhin von der Afrikanischen Union suspendiert. Auch in den folgenden Wochen kam es zu Gewalt gegen Demonstrant_innen mit mehreren Toten.

Im September 2019 kündigte der neue Premierminister Hamdok an, eine unabhängige Untersuchungsmission zur Aufklärung des Massakers am 3. Juni einzurichten.

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. Im Juli 2019 unterzeichneten der Militärrat und Vertreter_innen der zivilen Opposition ein Abkommen über eine Übergangsregierung. Im August einigten sich beide Seiten auf eine Verfassung. Die Übergangsregierung, der „Souveräne Rat“, wurde im August für eine Übergangszeit von drei Jahren bis 2022 gebildet. Nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen ethnischen Gruppen in der Stadt Port Sudan verhängte der Souveräne Rat am 25. August dort den Ausnahmezustand.

. In Resolution 2363 (2017) erneuerte der UN-Sicherheitsrat das Mandat der UN-Friedensmission UNAMID in Darfur und beschloss, die Truppenstärke über das kommende Jahr in zwei Phasen zu verringern. 2018 wurde das Mandat erneut verlängert, Ende Juni 2019 nochmals um weitere vier Monate. Auch wurde das Zeitfenster für den Truppenabzug verlängert. Am 13. Mai hatte der Militärrat einen Erlass verabschiedet, wonach UNAMID alle seine Flüchtlingslager in Darfur an die Rapid Support Forces übergeben solle. Daraufhin stellte UNAMID alle eine Übergabe vorbereitenden Tätigkeiten ein. Diese sollten erst nach Rücknahme des Erlasses wieder aufgenommen werden. Die sudanesische Regierung fordert weiterhin einen vollständigen Abzug der bis Juni 2020.

ÜBERGANGSREGIERUNG „SOUVERÄNER RAT“ . bestehend aus elf Personen (fünf Offiziere, fünf Zivilist_innen, ein gemeinsam gewähltes ziviles Mitglied)

. Eckpunkte der Einigung:

o Souveräner Rat wird für 39 Monate bis zum Abhalten demokratischer Wahlen im Jahr 2022 bestehen, es wird ein Regierungskabinett gebildet

o ein General wird dem Rat als facto-Staatsoberhaupt für die ersten 21 Monate vorstehen, ein Zivilist für die verbleibenden 18

o ein von der Demokratiebewegung nominierter Premierminister wird dem Kabinett vorstehen

o es wird ein Gesetzgebender Rat von höchstens 300 Mitgliedern gebildet, von denen mindestens 40 Prozent Frauen sind.

o ohne Genehmigung des Gesetzgebenden Rates können keine rechtlichen Schritte gegen Mitglieder des Kabinetts, des Gesetzgebenden Rates und des Souveränen Rates eingeleitet werden; eine solche Genehmigung erfordert eine einfache Mehrheit

o die Demokratiebewegung ernennt 67 Prozent der Mitglieder des Gesetzgebenden Rates, die verbleibenden 37 Prozent werden von politischen Gruppen ernannt, die keine Verbindung zu al-Bashir haben

o die Besetzung von Verteidigungs- und Innenministerium wird von den Militärs entschieden, die verbliebenden Regierungspositionen mit Vertreter_innen der Demokratiebewegung besetzt

o Mitglieder des Souveränen Rates und des Kabinetts können sich 2022 nicht zur Wahl stellen

o militärischer Vorstand des Rates und derzeitiges de facto-Staatsoberhaupt: General Abdel Fattah al- Burhan: zuvor Vorsitzender des Militärrats (auch zum Zeitpunkt des Massakers in Khartum Anfang Juni), traf sich während der Proteste mit Demonstrant_innen

. Premierminister ist . Zuvor war Hamdok bei diversen internationalen Organisationen tätig, u.a. als Deputy Executive Secretary bei der UN-Wirtschaftskommission für Afrika und als Chief Technical Advisor bei der ILO. Von 1981-1987 war er in leitender Position im sudanesischen Ministerium für Finanzen und

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Wirtschaftsplanung beschäftigt.

. zivile Angehörige des Rates: Hassan Sheikh Idris Qadi, Al-Siddiq Tawer Kafi, Mohammed al-Fekki Suleiman, Mohamed Osman Hassan al-Taayeshi, Ayesha Musa Saeed

. gemeinsam gewähltes ziviles Mitglied: Raja Nicola: Richterin, eine von zwei Frauen

. militärische Angehörige des Rates:

o General Mohammed Hamadan Dagalo (auch bekannt als “Hemeti”): stellvertretender Vorsitzender des Militärrats, von al-Bashir zum Kommandanten der Rapid Support Forces berufen, u.a. verantwortlich für Kriegsverbrechen in Darfur und von al-Bashir für die Grenzkontrolle eingesetzt

o Yasser Atta, Ibrahim Gaber, Shams al-Din Kabashi: Mitglieder des Militärrats

Die Immunität von ehemaligen NISS-Mitgliedern soll aufgehoben werden, der neue Sicherheitsdienst heißt jetzt GIS (General Intelligence Service). Der GIS hat Ausreiseverbote gegen ehemalige Regierungsmitglieder verhängt.

Die neue Übergangsregierung hat die politischen Gefangenen freigelassen und die Pressefreiheit gelockert. Weiterhin wurde bisher verbotenen sudanesischen NGOs wieder erlaubt, im Sudan zu arbeiten.

In den letzten Wochen haben sich fast alle bewaffneten Rebellengruppen aus dem Sudan mit der Übergangsregierung zu Friedensgesprächen in Juba, Südsudan getroffen.

Es kommt aber trotzdem weiterhin im ganzen Land zu Demonstrationen wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation. Die Versorgung von Grundnahrungsmitteln und Benzin ist nach wie vor extrem schlecht. Außerdem ist die Infrastruktur stark eingeschränkt. Tausende demonstrierten Ende September für Frieden in Darfur. Besonders Frauen kämpfen weiterhin für ihre Rechte und möchten in die Friedensverhandlungen mit einbezogen werden. Anfang Dezember hat die Regierung das „Gesetz der öffentlichen Ordnung“ abgeschafft, welches unter anderem die Kleidervorschriften in der Öffentlichkeit vorgeschrieben hatte.

Menschenrechtsverletzungen

MEINUNGS-, VERSAMMLUNGS- UND PRESSEFREIHEIT

Seit Anfang 2018 haben sich im Zusammenhang mit den Protesten gegen den Anstieg der Lebenshaltungskosten die Verletzungen der Meinungs-, Versammlungs-, und Pressefreiheit nochmals verschärft. Sowohl die Opposition als auch zivilgesellschaftliche Organisationen sind in ihrer Arbeit im Sudan stark eingeschränkt. Dafür ist hauptsächlich der frühere Geheimdienst National Intelligence Security Service (NISS) verantwortlich. Die NISS-Agenten erhalten Immunität bei ihren Handlungen und werden strafrechtlich nicht belangt.

Es wird mit äußerster Brutalität gegen Demonstrant_innen vorgegangen. Sicherheitskräfte setzen Schläge und Tränengas gegen Demonstrant_innen ein. Während der Proteste wurden mehrere hundert Oppositionelle, Menschenrechtsverteidiger_innen, Presseangehörige, Studierende und Frauenrechtler_innen festgenommen. Viele sind nach einigen Wochen ohne Anklage freigelassen worden. Die meisten Freigelassenen berichteten, dass sie in der Haft gefoltert und misshandelt wurden und ihnen kein Zugang zu einem Rechtsbeistand gewährt wurde. Seit den Ausschreitungen am 3. Juni 2019 wurden erneut hunderte Menschen festgenommen, u.a. mehrere Oppositionsführer.

Die Pressefreiheit wird massiv eingeschränkt. Journalist_innen werden willkürlich inhaftiert, Druckauflagen von Zeitungen konfisziert und das Internet gesperrt. Der NISS unterbindet alle öffentlichen Veranstaltungen der Zivilgesellschaft sowie von

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Oppositionsparteien außerhalb ihrer eigenen Räumlichkeiten.

Der neue Minister für Kultur und Information möchte die Straflosigkeit für Verbrechen gegen Journalisten beenden und die Pressefreiheit im Land garantieren.

DARFUR

Entgegen den Aussagen der sudanesischen Regierung ist die Menschenrechtslage in Darfur dramatisch. Tötungen, Folter, Entführungen, und willkürliche Festnahmen von Binnenvertriebenen, regierungskritischen politischen Aktivist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und Student_innen sowie sexualisierte Gewalt und Plünderungen sind in Darfur nach wie vor weit verbreitet. Zwischen März und Mai 2018 kam es zu massiven Vertreibungen aufgrund von Kämpfen zwischen der sudanesischen Befreiungsarmee Abdel Wahid (SLA-AW) und der Regierungsarmee in East Jebel Marra.

Es kommt immer wieder zu Angriffen durch die RSF auf Lager für Geflüchtete mit zahlreichen Toten und Verletzten. Vor diesem Hintergrund bewertet Amnesty International die Reduzierung der Friedensmission der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in Darfur (UNAMID) als sehr problematisch.

Eine Beendigung des UNAMID-Mandates würde effektiv die Übergabe der Kontrolle über zivile Gebiete an die RSF bedeuten. Anfang Juni 2019 hat Amnesty neue Beweise vorgelegt, nach denen die sudanesischen Regierungskräfte, RSF und verbündete Milizen weiterhin Kriegsverbrechen und andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in Darfur verüben. Im letzten Jahr wurden mindestens 45 Dörfer entweder teilweise oder vollständig zerstört. Des Weiteren kam es zu unrechtmäßigen Tötungen und sexualisierter Gewalt durch die Sicherheitskräfte.

Ende Oktober 2019 wurde beschlossen, dass das UNAMID-Mandat um ein weiteres Jahr verlängert wird. Bis zum 31. März 2020 werden keine Friedenstruppen und Polizisten reduziert.

BLUE NILE UND SÜDKORDOFAN

Seit Februar 2018 gibt es keine Verhandlungen zum Friedensprozess in den beiden Regionen mehr. Trotz unilateraler Waffenstillstände kommt es weiterhin zu Kämpfen. Besonders betroffen sind immer noch die Nuba Berge in Südkordofan. Dort und in allen anderen von der Sudan People Liberation Movement (SPLM) kontrollierten Gebieten ist die humanitäre Lage äußerst prekär. Nach erneuten Friedensverhandlungen zwischen der neuen Übergangsregierung und der SPLM einigte man sich zum ersten Mal seit sieben Jahren auf den Zugang von humanitärer Hilfe in die Konfliktregionen.

Im Oktober kam es wiederholt zu bewaffneten Angriffen von RSF-Soldaten auf Arbeiter der Talodi-Goldmine in Südkordofan. Sie nahmen dabei willkürlich Personen fest, attackierten sie und plünderten. In den Tagen zuvor hatten Arbeiter_innen und Einwohner_innen über schwerwiegende gesundheitliche Folgen des Goldabbaus durch Cyanid geklagt und demonstriert. 14 Menschen wurden in einem Container eingesperrt und später vom Militär befreit. Die in der Region Südkordofan befindlichen Goldminen sind fast alle in Besitz von RSF-Chef Hemeti. Die RSF-Soldaten sind dort sehr mächtig und können unbehelligt gegen die Zivilbevölkerung vorgehen.

In den Nuba Bergen behandeln die Sicherheitskräfte die Einwohner_innen nach wie vor wie Rebellen, beschlagnahmen deren Eigentum und schränken ihr Recht auf Freiheit ein.

Haftbefehle des Internationalen StrafgerichtshofS

. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat 2009 gegen den damaligen Präsidenten al- Bashir einen internationalen Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Darfur-Konflikt erlassen. 2010 folgte ein weiterer Haftbefehl wegen Völkermordes. Nach dem Sturz al-Bashirs im April 2019 wurde er vom sudanesischen Militär inhaftiert. Im Mai wurde er im Sudan wegen der von ihn veranlassten Tötungen von

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Demonstrierenden angeklagt. Am 18. August wurde in Khartum ein Gerichtsverfahren gegen al-Bashir wegen des Verdachts auf Korruption eröffnet.

. 2007: Haftbefehl gegen Ahmad Muhammad Haroun, Gouverneur von Nordkordofan (Gouverneur von Südkordofan von 2009-2013, seither Nordkordofan), wegen 42 Fällen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen

. 2007: Haftbefehl gegen Ali Muhammad Ali Abd-al-Rahman („Ali Kushayb“), ehemaliger Anführer der Janjaweed- Milizen, wegen 50 Fällen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Die Verfahren gegen Abd-al-Rahman und Haroun werden zusammengelegt (Harun and Kushayb Case)

. 2012: Haftbefehl gegen den bis 2015 amtierenden Verteidigungsminister Abdel Raheem Muhammad Hussein wegen 13 Fällen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen

. 2014: Haftbefehl gegen den ehemaligen Oberbefehlshaber der Rebellengruppe Justice and Equality Movement, Abdallah Banda Abakaer Nourain, wegen 3 Fällen von Kriegsverbrechen

. 2016: Die Behörden lehnten es weiterhin ab, fünf vom IStGH gegen sudanesische Staatsangehörige erlassene Haftbefehle zu vollstrecken.

. 2017: Die sudanesische Regierung lässt den international wegen schwerster Menschenrechtsverletzungen gesuchten Milizführer Mousa Hilal verhaften. Der Prozess hat noch immer nicht begonnen.

Die FFC (Forces for Freedom and Change) fordern eine Überstellung von al-Bashir an den IStGH.

Der neue Generalstaatsanwalt möchte die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit zur Verantwortung ziehen und eine Strafverfolgung einleiten.

Besuch im Auswärtigen Amt – Migrationskooperationen EU/Sudan

Am 28. Oktober waren wir mit mehreren Afrika-Koordinationsgruppen im Auswärtigen Amt zu einem Afrika-Regional-Tag eingeladen. Schwerpunktthema waren Migrationsabkommen mit der EU bzw. Deutschland und Afrikanischen Staaten. Als Hauptländer hatten wir Niger und Sudan ausgewählt. Es gab einen regen Austausch zu dem Thema, aber mit zum Teil kontroversen und widersprüchlichen Aussagen. Die anschließenden Gespräche mit den Länderreferent_innen waren sehr erfolgreich.

Hier eine kurze Stellungnahme zu Migrationsabkommen von EU mit Sudan: Vor dem Hintergrund der massiven Menschenrechtsverletzungen bewertet Amnesty International die Zusammenarbeit Deutschlands mit der sudanesischen Regierung im Rahmen der Migrationskooperation sehr kritisch. Sudanesische Sicherheitskräfte, insbesondere die in gravierende Kriegsverbrechen involvierten RSF, nehmen Geflüchtete und Migrant_innen regelmäßig fest und inhaftieren sie ohne Gerichtsverfahren auf unbestimmte Zeit. Allein für das Jahr 2017 hat die sudanesische Regierung die Zahl der Verhaftungen auf 1500 beziffert. Amnesty fordert daher, keine Kooperation mit der RSF oder anderen Sicherheitskräften einzugehen. Dies gilt auch für Kooperationen mit anderen Sicherheitskräften, die die RSF einbeziehen.

Mit Verweis auf Kooperationen mit der EU im Rahmen des Khartoum-Prozesses hat Sudan Menschenrechtsstandards wie das Recht auf Asyl, das Non-Refoulement-Gebot, keine pauschale Inhaftierung von Geflüchteten/Migrant_innen, keine Folter und Todesstrafe, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren immer wieder verletzt. Es fanden willkürliche, unbefristete Inhaftierungen von Geflüchteten und Abschiebungen nach Eritrea statt. Darüber hinaus erlitten Geflüchtete und Migrant_innen Folter und Misshandlungen. Gegen Schlepper wurde die Todesstrafe angewandt.

Im Sudan ist jede Kooperation mit Grenzschutzbeamt_innen und der Polizei potentiell eine Kooperation mit den RSF oder dem sudanesischen Geheimdienst NISS, die von der sudanesischen Regierung mit dem Grenzschutz beauftragt sind. NISS und

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RSF sind für gravierende Menschenrechtsverletzungen im Sudan verantwortlich.

Bisher schloss die Bundesregierung die RSF ausdrücklich von der Zusammenarbeit aus. In der neuen Übergangsregierung ist die RSF jetzt offiziell beteiligt. Aus menschenrechtlicher Sicht stellt sich nun die Frage, wie die Verhandlungen bezüglich der Migrationskooperationen mit dem Sudan in Zukunft weitergehen sollen. Vor diesem Hintergrund sieht Amnesty eine ungeprüfte staatliche Entwicklungszusammenarbeit, die General einschließen würde, ebenfalls kritisch.

Aktuelle Filme zu Sudan

„Khartoum Offside“: Die Regisseurin Marwa Zein hat Fussballerinnen in den Vororten der sudanesischen Hauptstadt Khartoum über vier Jahre begleitet. Im Mittelpunkt stehen die Begeisterung, dass Selbstbewusstsein und die Gewitztheit der Protagonistinnen, die ihren Traum vom Fußballspielen gegen alle gesellschaftlichen Widerstände realisieren wollen. Der Film gibt zudem spannende Einblicke in den Alltag der Frauen und in die politisch angespannte Situation des Landes.

„Talking about trees“: Vier Filmveteranen kehren nach Jahren des Exils nach Khartoum zurück und kommen zusammen, um sich endlich ihren alten Traum zu erfüllen, die Kultur des Filmeschauens und Filmeschaffens in ihrer Heimat zu verbreiten. Dies war in dem totalitär islamisch regierten Land Sudan gefährlich und die Kinos wurden geschlossen. Sie beginnen, ein verfallenes Kino zu restaurieren und tauchen ab in die Welt des Kinos. Doch auch jetzt müssen sie feststellen, dass für ihre Leidenschaft offiziell kein Platz ist. Mit viel Humor, Kraft und Mut zeigen die Freunde, dass sie die Hoffnung auf künstlerische Freiheit nicht aufgeben wollen. „Talking about trees“ wurde auf der Berlinale 2019 als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Berichtszeitraum: Mai bis Dezember 2019