Die Chronik Des Bahnhofs Moosbierbaum-Heiligeneich
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August 2009 Vorwort Seite 2 Liebe Leserinnen und Leser! Die umfangreichen Niederschläge dieses Jahres haben nicht nur in vielen Häusern unserer Dörfer ihre Spuren hinterlassen, auch unser Vereinsleben hat darunter gelitten. Beim Aufstellen des Maibaumes waren alle Mitwirkenden sehr froh über die kürzlich angekauften Zelte. Die Temperaturen und der herrschende Wind hät- ten ein gemütliches Zusammensitzen sonst unmöglich gemacht. Beim traditionellen Sonnwendfeuer jedoch halfen auch die Zelte nichts. Sint- flutartige Regenfälle machten das Abbrennen vollends unmöglich, selbst das Verschieben um einige Tage erwies sich wegen des tiefen Bodens und des wie- derholten Regens als aussichtslos. Daher mussten wir erstmals seit Bestehen unseres Vereines diese schöne Veranstaltung absagen. Trotzdem sagen wir allen Mitwirkenden und Spendern Dankeschön! Wir bedanken uns außerdem bei den Kindern von Wilhelm Lehrner, die uns aus dem Nachlass ihres Vaters eine äußerst detaillierte, handschriftlich mit Bleistift auf einfachen linierten Blättern festgehaltene Beschreibung der Häuser von Heili- geneich zukommen ließen. Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen das Redaktionsteam der Moosbierbaumer Heimatkundlichen Runde! Zu unserem Titelbild: Emmerich Aigner aus Trasdorf begutachtet die unter Wasser stehenden Moosbierbaumer Felder. Das Einbringen der Ernte ge- staltete sich sehr schwierig, mancherorts war es auch unmöglich. Zur Rückseite: voll im Bild festgehalten, Gaby Eders Zeilen regen zum Nach- denken darüber an. Impressum: MOOSBIERBAUMER DORFBLATT´L Herausgeber: Verein DIE MOOSBIERBAUMER HEIMATKUNDLICHE RUNDE, 3452 Moosbierbaum, Trasdorfer Straße 3. ZVR 278307103 Redaktion: Anton Müllner und Josef Goldberger, beide Moosbierbaum Produktion: Copy & Druck 1 Erwin Bauer, Tulln Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Medieninhaber und Verleger: Verein DIE MOOSBIERBAUMER HEIMATKUNDLICHE RUNDE, 3452 Moosbierbaum, Trasdorfer Straße 3 Telefon: 02275 6464 E-Mail: [email protected] Geschäftszweck: Herausgabe von Druckschriften zur Förderung von Traditionsbewußtsein, Kultur und kultureller Entwicklung in der Marktgemeinde Atzenbrugg und Umgebung Obmann: Josef Goldberger, 3452 Moosbierbaum, Am Moosfeld 7, 0650 8137970 Grundlegende Richtung: Geistige Dorferneuerung zum Zweck der Förderung der kommunalen Kommunikation und Integration August 2009 Ein alter Brief erzählt Seite 3 Was ein alter Brief erzählen kann Dieser Bericht wurde uns von Oberstudienrat Prof. Richard Zimmerl zur Verfügung gestellt. schließlich 27 Jahre lang in der Ausbildung von Lehrern an der Pädagogischen Akademie (heute Pädagogische Hochschule). Im Verband Österreichischer Philatelisten-Vereine (Dachverband der Briefmarkensammler- Seine Arbeiten erschienen übersetzt auch in Großbritannien, Italien und den Niederlanden. Obwohl er in Wien wohnt (seine Grundgrenze ist Landesgrenze – auf der anderen Straßenseite ist Perchtoldsdorf), hat er sehr enge Beziehungen zu unserer Marktgemeinde Atzenbrugg: Seine Alexander Böhm führt die Firma „Böhm Medical“ in Heiligeneich. Geschichte – für viele Leute ist dies eine nen-Blatt. Dieses endlose Aneinanderreihung von Jahres- unhandliche Format zahlen, Verträgen, Kriegen – trocken, lang- wurde bereits vor weilig. Gar so unrecht haben diese Leute dem Schreiben ge- nicht, sie haben nur noch nicht Gelegenheit gehabt zu erleben, dass Geschichte sehr immer noch größer spannend sein kann, wenn alte Zeugen als das heute übli- che Format. beginnen, ihre Geschichte erzählen. Ob der Brief noch Geschichte muss leben, muss erlebt wer- mit Federkiel oder den können, man muss die alten Zeugen schon mit Schreib- reden lassen. feder geschrieben So sind unlängst zwei alte Briefe aufge- wurde, lässt sich taucht – schwer zu lesen, auch der Inhalt ist nichts Aufregendes – aber sie erzählen nicht feststellen. von Watzendorf und von Atzenbrugg und OStR. Professor Richard Zimmerl Ursprünglich ver- geben einen kleinen Einblick, wie die Leute vor wendete man zum Schreiben zugespitzte Kiele mehr als 150 Jahren gedacht haben. scharfen Federmesser (daher der Name!) zu- 5. August 1837: von Klosterneuburg nach gespitzt werden. Auch heute noch nennt man Atzenbrugg die kleine Klinge von Taschenmessern so. Die stählerne Schreibfeder wurde 1748 erfunden, Geschrieben wurde der Brief von einem Be- neuburg am 5. August 837 (im 19. Jahrhundert aber schon früher mit den (damals sehr teuren) ließ man bei den Jahreszahlen den Tausender ist außerordentlich sauber und gleichmäßig. Man schrieb damals auf großen Papierbogen. Dies ist insofern auch beachtenswert, weil Beim vorliegenden Brief hat das Papier ein For- der Schreiber nach ein paar Wörtern jedesmal die Feder in das Tintenfass eintauchen musste. Format DIN A 3 oder zweimal ein Schreibmaschi- Es sind keine dicken oder dünnen Buchstaben August 2009 Ein alter Brief erzählt Seite 4 oder gar Tintenpatzen zu sehen. Dafür hat der Links unten standen üblicherweise die pos- geachtet. gründung für Portofreiheit (damals gab es noch Das Papier zeigt in der Durchsicht helle waag- viele Privilegien), in der Regel bei Amtsbriefen, rechte Streifen mit senkrechten Querstreifen Gerichtsbriefen („in causa criminalis“ usw.) oder in größeren Abständen. Dabei handelt es sich für den Adel. Unser Brief trägt den unterstriche- nen Vermerk „Gegen Recepisse“. Heute würde man dazu „Einschreibebrief“ sagen. Heute wird auf einen Einschreibebrief ein Schichte Vlies entnommen und zwischen Filz-Schichten code geklebt. Damals machte getrocknet („gegautscht“) man (meist rechts oben) das und gepresst. Manchmal wa- Zeichen „N.B.“ („Nota Bene“). ren auf das Sieb Buchstaben Diesen Vermerk gab es schon oder Zeichnungen aus feinem seit dem 17. Jahrhundert. Draht aufgelötet. An diesen Er wurde im Laufe der Jahr- Stellen ist die Papierschicht zehnte und Jahrhunderte dünner und erscheint in der Durchsicht heller als Wasser- den ursprünglichen Inhalt zeichen. gar nicht mehr erkennt – wie Durch diese Art der Erzeu- auf unserem Brief. Die Auf- gung haben alle alten Pa- gabenummer (die heute im piere zwei unterschiedliche Strichcode enthalten ist), Seiten: die „Schönseite“ und die „Siebseite“. Die Briefe daneben gesetzt: „8“. wurden immer auf der Schönseite geschrieben. Der Brief der Kanzleidirektion des Stiftes Die Siebseite wurde nur bei längeren Texten Klosterneuburg wurde nicht in Klosterneuburg, benützt. sondern in Wien aufgegeben, obwohl es in Bei unserem Brief ist die Siebseite (nach er Klosterneuburg seit 1831 (oder 1832) eine Brief- Faltung die Seiten 2 und 3) leer. sammlung (Nr. 85) der „Kleinen Post in Wien“ neuburg einen eigenen Botendienst nach Wien. viel zu teuer.Der Brief wurde mehrmals gefaltet Wahrscheinlich war dies bei dem doch recht Briefen (etwa bei unserem Amtsbrief) verwen- als für jeden einzelnen Brief die ziemlich hohe dete man Siegellack, einfachere Briefe wurden Zusatzgebühr der Kleinen Post zu bezahlen. Von mit Papiersiegeln (Oblaten) verschlossen. Wien aus kostete der Brief nach Atzenbrugg nur Auf die Außenseite wurde die Adresse ge- vier Kreuzer. schrieben. Rechts oben unterstrichen stand Der Beweis wäre das Datum (6. AUG.) im Re- terneuburg aufgegeben worden, wäre er sicher An Die Amtsverwaltung der Atzenbrugg zu Perschling August 2009 Ein alter Brief erzählt Seite 5 seit 1827 eigene Rekommandationsstempel. immer berühmter (vielleicht wäre er heutzutage Küchenchef oder Fernsehkoch geworden), grün- dete dann eine Firma, die Speisen und Delika- tessen lieferte (heute würde man Caterer sagen) dazwischen liegenden zehn Jahre. und war schließlich Inhaber eines Bades in der Was wurde in dem Brief mitgeteilt? Es handelte Kurstadt Baden. sich um die Ankündigung einer Amtshandlung: gehörte zu jener Runde um Franz Schubert, Jo- hiermit in Kenntnis gesetzt, daß am 21. d.M. hann Mayerhofer, Leopold Kupelwieser, Joseph die Kanzley Untersuchung bei der obgedachten von Spaun und Moritz von Schwind, die recht Amtsverwaltung Vorgenommen, und am darauf- Beysein des Herrn Amtmanns Weigert und des des Dichters Franz von Schober,der ebenfalls zur Hofrichter am 20. d.M. Abends, die H: Weigert Übrigens: Als der Brief geschrieben wurde, Bei dieser Gelegenheit wird auch der Amtsver- Eisenbahnlinie von Floridsdorf nach Deutsch waltung die abverlangte Dominical Passion über Wagram zu bauen. Einige Wochen später,am 18. Atzenbrugg v. J. 1751 mitgetheilt werden. November 1837, wurde diese erste Eisenbahn- neuburg heute noch und wird von der Schnellbahn nach d. 5. August 837 Gänserndorf befahren. Adam Schreck auf der Donau von Wien nach Linz. Der im Brief mehrmals Einige Monate spä- erwähnte Joseph Derffel ter, am 24. Dezember 1837, wurde Prinzes- von Atzenbrugg. Er wurde sin Elisabeth in Bayern wahrscheinlich 1766 gebo- geboren, die spätere ren und starb nach 1843. Kaiserin Elisabeth von Als es 1837 um die im Brief Österreich, besser be- erwähnte Angelegenheit kannt als „Sisi“. ging, war er schon mehr als Kaiser Ferdinand war 70 Jahre alt, ein zu dieser zwei Jahre im Amt, nach- Zeit sehr hohes Alter. dem Franz I. am 2. März Joseph Derffel war das 1835 gestorben war. zehnte von dreizehn Kindern des Dominik Derffel (ca. Der Brief von der Steu- 1729 Brünn – 16.11.1775 er-Bezirks-Obrigkeit Baden) und dessen zweiter Watzendorf an die „Löb- Frau Maria Regina Rup- liche Stiftsherrschaft rechtshofer (5.10.1809 Thürnstein“ (Dürnstein) Wien – 23.2. 1781 Baden). wird in einer der nächs- ten Nummern unseres August 2009 Bahnhofschronik Seite 6 Die Chronik des Bahnhofs Moosbierbaum-Heiligeneich Vor über zwölf Jahren, am 28. November 1996 „... übergibt BB-Inspektor Josef Hermann die Ge- eich an die Regionalleitung