Thomas Mauch Zum 80. Geburtstag

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Thomas Mauch Zum 80. Geburtstag Thomas Mauch zum 80. Geburtstag Thomas Mauch 42 Thomas Mauch, Edgar Reitz Thomas Mauch, Ein Pferd und ein Pflug und ein weites Feld, Bauern- 10 Minuten Länge, den Thomas Mauch jetzt fertigge- häuser mit alten Balken, Stühle, aufgeschichtet im stellt hat. Schwarzweiß, 35mm. Thomas Mauch ist, wie Innenraum eines Klosters, Treppenhaus eines Klosters, manch einer weiß, der Kameramann von UNTER DEM darin ein verschüchterter alter Mann und eine Frau, PFLASTER IST DER STRAND und SHIRINS HOCHZEIT. die vor der Kamera in eine Ecke flüchten, während die Seit ich mit ihm zusammenarbeite, bin ich, sind mei- Kamera sie gar nicht mehr beachtet, eine Stiege hin- ne Filme erfolgreicher. Der erste Spielfilm von Werner aufsteigt, weiter, dann der Innenraum eines barocken Herzog, LEBENSZEICHEN, ist von Thomas Mauch ge- Gotteshauses, Prunk, gemalter Himmel, der sich öffnet, dreht worden, und auch der erste große internationale schließlich ein Flughafen, von dem gerade ein Jet auf- Erfolg von Werner Herzog, AGUIRRE, DER ZORN GOT- steigt, frontal in die Kamera hinein und über sie hin- TES, Kluges ARTISTEN IN DER ZIRKUSKUPPEL, seine weg, und eine Rollbahn übrig lässt, von der man erfährt, GELEGENHEITSARBEIT und sein STARKER FERDINAND. dass auf ihr aufständische Bauern gestraft und getötet Thomas Mauch ist, zumindest für Herzog, Kluge und wurden, Untertanen des Klosters Roggenburg, vor 450 mich, ein Kameramann, dem wir einen Teil unserer Jahren. Was ich da beschreibe, ist aber nur die Hälfte Identität als Filmmacher verdanken. Er macht so viele der Bilder, die obere, denn die untere wird eingenom- Filme für andere, und er macht sie mit so viel Einfüh- men von der Akte, die die Strafung und Tötung jener lung und Intensität, dass er gar nicht oder nur selten Bauern beschreibt, rechtfertigt, ihre Namen nennt, den dazu kommt, selbst und sozusagen für sich einen Film ihrer Anführer, immer wieder darauf hinweist, dass sie zu machen. Und wenn er dann mal einen macht, hastig Verbrecher waren, Aufrührerische, Kirchenschänder, zwischen zwei Produktionen von Leuten, die mit Recht Gotteslästerliche, schlechte Untertanen. annehmen, dass sie ohne ihn nicht zurecht kommen, STRAFPROTOKOLL ALLER UND JEDER UNTERTA- und man sieht dann als einer seiner Regisseure diesen NEN DES ALLHIESIGEN REICHSGOTTESHAUSES ROG- Film eines Kameramannes, der jeden Film eines an- GENBURG – der Titel ist noch länger, aber so habe ich deren mit gleicher Leidenschaftlichkeit, Sensibilität und ihn noch gerade behalten können – ist ein Film von mitunter auch Angst betreibt wie einen eigenen – dann möchte man ihn eigentlich bitten, nicht mehr so viel Thomas Mauch ist in dieser Gegend geboren. Und für die andern und mehr für sich selbst zu arbeiten. in dem Dialekt dieser Gegend, der auch die Sprache (Den Film, den man selbst gerade demnächst vorhat, jenes vierhundertfünfzig Jahre alten Strafprotokolls ist, möchte man da natürlich ausschließen, den müsste er liest er selbst, zum Teil mit leidenschaftlicher Anteilnah- doch noch machen!) me, dieses beständig ins Bild hineinragende Protokoll Denn Thomas Mauchs Film STRAFPROTOKOLL vor. Aber es ist zu spüren, dass seine Anteilnahme nicht ALLER UND JEDER UNTERTANEN… ist, je öfter man den Anklagen des Klosters, sondern den Angeklagten ihn sieht, je länger man über ihn nachdenkt, ein Meis- gehört: Mitgefühl, Empörung, Aufsässigkeit bestimmen terwerk an Konzentration und Genauigkeit, und oben- den Klang und den Rhythmus des Sprechens. Es ist aus drein spielerisch. Was sich anfänglich ansieht wie diesem Film zu lernen, wie man in einer sehr kurzen ästhetisierende Effekthascherei, nämlich die Bilder von Form ein großes Geschehnis darstellen kann, ohne eine Landschaft, Höfen, Kloster mit der flatternden Akte im seiner vielen Facetten außer Acht zu lassen. Es ist auch Vordergrund, erweist sich immer mehr als äußerste technisch etwas zu lernen: Vordergrund und Hinter- Verknappung dessen, was geschehen ist, an welchem grund haben die gleiche Schärfe, also sowohl die Akte Ort, unter welchen Bedingungen und mit welchen Fol- als auch der Acker weit hinten, ein Verfahren, wie es gen, mit einem gleichzeitigen Bezug auf die jetzige sich Schüfftan, der große Kameramann der deutschen Situation des Ortes. Da sind keine Menschen außer Stummfilmzeit, hätte ausgeknobelt haben können. diesen beiden flüchtenden Alten im Klostergang und Helma Sanders-Brahms (1976) der Silhouette des pflügenden Bauern auf dem weiten Feld zu Beginn, aber da sind Namen, die Namen des Die Lebenszeit des Kameramannes und Filmemachers Strafprotokolls, und da ist der Ort des Geschehens, wie Thomas Mauch deckt zwei Drittel der Filmgeschichte er heute da ist: also das, was uns von der Geschichte, ab: So jung ist der Film. Thomas Mauch war Kamera- deren Kinder wir sind, zurückbleibt. mann von Werner Herzog, Edgar Reitz, Werner Schroeter Thomas Mauch Gerade das Fehlen aber von Gesichtern zu den und vielen anderen Regisseuren des Jungen Deutschen 43 Namen lässt den Betrachter nach Gesichtern in sei- Films. Seine eigenen Arbeiten bilden ein unverwechsel- ner Phantasie suchen, während diese Namen verlesen bares Werk. Kameramänner wie Michael Ballhaus und werden: längst Gestorbene, die ersten Revolutionäre in Thomas Mauch sind für die Filme ihrer Ära genauso Deutschland, Untertanen des Klosters Roggenburg, das wichtig wie die Regisseure, die üblicherweise in Zusam- dann von dem, was sie zahlen mussten an Geld und menhang mit berühmten Filmen genannt werden. Das beweglichen Gütern und auch an Blut, sich satt fraß Auge der Kamera ist unbestechlich und korrigiert immer und ein schönes Gotteshaus davon baute. wieder das menschliche Auge, das keine Brennweiten Da wird, in dieser äußerst kurzen Form, unendlich viel kennt und je nach Phantasie die Bilder, die es sieht, ver- klar: ein Acker, der bebaut wird, und vor den eine Akte ändert. Noch unbestechlicher als die zahlreichen Optiken gehalten wird mit Namen derer, die diesen Acker be- der elektronischen und der traditionellen Kameras ist baut haben, und dann das Kloster, dem sie sich wider- aber das Auge jener Künstler, die die Kamera beherr- setzten und das sie bestrafte und sich an ihrer Bestra- schen. Wie Goya sagen sie: »Io lo vi«, »das habe ich ge- fung bereicherte, und der Beton des Flughafens, der sehen«. Alexander Kluge (2017) heute die Stelle überzieht, wo ihr Anführer getötet wur- de, und immer davor die im Wind bewegte, sich ent- Strafprotokoll aller und jeder Untertanen des all- rollende Akte, Namen, Beschimpfungen der Aufrührer, hiesigen Reichsgotteshauses Roggenburg | BRD Zeugnis der gefräßigen Verwaltung und Beherrschung 1976 | R+B+K: Thomas Mauch | 11 min | Preisge- von Menschen, die danach sich nie wieder aufgelehnt krönter Kurzfilm über die Geschichte eines Bauernauf- haben, die gerade hier, in der Gegend des Ulmer Horns, stands, der 1525 von den Truppen des schwäbischen verdämmert sind bis heute, unfähig, einen zweiten Ver- Bundes niedergeschlagen wurde. – Die Macht der Ge- such der Gerechtigkeit zu machen. fühle | BRD 1983 | R+B: Alexander Kluge | K: Thomas Einmal flattert Wäsche auf der Leine wie die Akte, die Mauch | D: Hannelore Hoger, Alexandra Kluge, Edgar M. den ganzen Film über den Vordergrund des Bildes flat- Böhlke, Klaus Wennemann, Beate Holle, Paulus Manker, ternd bedeckt: Spiel mit den Bildelementen, die so für Barbara Auer | 115 min | »In DIE MACHT DER GEFÜHLE Sekunden ihre Bedeutsamkeit aufheben, zu denen der geht es um die subjektive Seite: den Antirealismus des Autor einen Augenblick lächelnde Distanz einnimmt und Gefühls. 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In seinem altmodischen Schwarzweiß, das die Mit keinem anderen Filmemacher hat Thomas Mauch Kontraste, erstaunlich genug, mehr mildert als schärft, über die Jahrzehnte seines Schaffens als Kameramann in seiner kargen Kameraführung ohne die Mätzchen der so oft zusammengearbeitet wie mit Alexander Kluge, Routiniers, mit seinen vielen in der Türkei aufgenomme- dessen Kino- und Kurzfilme er nahezu allesamt stilis- nen Standfotos beansprucht und erfüllt er die Schmuck- tisch entscheidend geprägt hat. losigkeit eines Dokumentarberichts.« (Klaus Umbach) Donnerstag, 6. April 2017, 19.00 Uhr | Zu Gast: Thomas Samstag, 8. April 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: Thomas Mauch, Alexander Kluge Mauch Nel regno di Napoli (Neapolitanische Geschwister) | Letzte Worte | BRD 1968 | R+B: Werner Herzog | K: BRD 1978 | R: Werner Schroeter | B: Werner Schroeter, Thomas Mauch | 13 min | griech. 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