Grenzüberschreitende Studie Und Wissenstransfer Living Vecht-Dinkel MR03 Von Der Planung Bis Zur Umsetzung Grenzüberschreitender Wasserprojekte
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Faculteit der Managementwetenschappen Centre for Urban Research (CentUR) Geografie, Planologie en Milieu 1 Dezember 2020 Grenzüberschreitende Studie und Wissenstransfer Living Vecht-Dinkel MR03 Von der Planung bis zur Umsetzung grenzüberschreitender Wasserprojekte Henk-Jan Kooij Huub Ploegmakers Sander Meijerink Dieses Projekt wird mit Mitteln aus dem INTERREG V A-Programm Deutschland-Nederland gefördert 1 Vorwort von Breun Breunissen Die Partner im Vechte-Dinkel-System stehen in den kommenden Jahren vor großen Aufgaben in Bezug auf Hochwasserschutz, Überflutungen und Wasserknappheit. Schließlich profitieren Landschaft, Landwirtschaft und Bewohner von günstigen Bedingungen. Allerdings können Interessen widersprüchlich sein, weshalb es nicht immer einfach ist, Lösungen zu finden. In den letzten Jahren wurden in den Grenzregionen verschiedene Projekte im Bereich Wasser und Natur gemeinsam durchgeführt. Aufgrund der Lage des Einzugsgebiets von Vechte und Dinkel gibt es keine feste Struktur für die Zusammenarbeit innerhalb solcher Projekte, sondern eine Vielzahl von Behörden und Partnern, die über die Grenzen hinweg kooperieren, um ein natürlicheres, widerstandsfähigeres Flusssystem zu schaffen. Aus Erfahrung wissen wir inzwischen, dass der Ansatz nicht immer derselbe ist. Wie verliefen diese Kooperationen, wer war beteiligt, welche materiellen und finanziellen Ressourcen standen zur Verfügung? Eine noch wichtigere Frage lautet: Was können wir von diesen bereits realisierten Projekten im Vechte-Dinkel-System, der Verbindungsachse zwischen den drei Ländern und fünf Regionen, lernen? Um Antworten zu finden, hat die Waterschap Drents Overijsselse Delta im Rahmen des INTERREG- Projekts „Living Vecht-Dinkel” Forscher der Radboud Universität Nijmegen in der Person von Henk-Jan Kooij, Huub Ploegmakers und Sander Meijerink gebeten, diese Fragen zu untersuchen. Ein Teil der Aufgabe bestand darin, eine Reihe von Empfehlungen, „Handlungsperspektiven”, zu erarbeiten, die als Instrumente für die künftige Zusammenarbeit genutzt werden können, um die Vorbereitung und Durchführung von Projekten zu beschleunigen. Was mich bei der Studie besonders anspricht, ist die begeisterte und persönliche Einbindung aller Partner durch Interviews. Aus meiner Sicht ist das der Beginn einer guten Zusammenarbeit. Darüber hinaus führten die Forscher eine inhaltliche Analyse der Projekte durch, aus der sich ebenfalls viele Informationen ergaben. Diese Vorgehensweise hat Früchte getragen, denn für eine erfolgreiche Zusammenarbeit muss man aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft ziehen. Wenn man sich gut kennt, entsteht eine Vertrauensbasis. Als Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der Waterschap Drents Overijsselse Delta kann ich jedem empfehlen, diesen Bericht und insbesondere die Empfehlungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu lesen. Ich freue mich auf eine fruchtbare Zusammenarbeit in den kommenden Jahren. Nur durch ein gutes Miteinander wird es uns gelingen, diese Herausforderungen, bei denen wir in zunehmendem Maße aufeinander angewiesen sind, zu meistern. Verantwortung hört nicht an der Grenze auf. Breun Breunissen, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der Waterschap Drents Overijsselse Delta Zwolle, den 10. Juli 2020 2 Vorwort von Frank Hüesker Die Wasserrahmenrichtlinie der EU (EU-WRRL) ist seit 20 Jahren in Kraft und hat mit ihren ambitionierten Zielen und ihrem Politikmodell viele PraktikerInnen, EntscheidungsträgerInnen und ForscherInnen lange inspiriert. Viele konkrete Maßnahmenpläne sind dann im Alltag aus Genehmigungsbürokratie, Finanzierungakquise, klassischen und innovativen Partizipationsformen einem, oftmals ernüchternden, Realitätscheck unterworfen worden. Die EU-WRRL hat dennoch eine transformative Dynamik durch das ambitionierte Politikmodell entfacht und dadurch Kernelemente der Water Governance wie Problemwahrnehmungen, Zielvorstellungen, Instrumentenauswahl usw. erheblich verändert. Niemand konnte erwarten, dass die hohen Ziele wirklich rechtzeitig flächendeckend erreicht werden. Aber als sozialwissenschaftliche Wasserforschung am Helmholtz- Zentrum für Umweltforschung in Leipzig interessieren uns v.a. die systematischen Defizite der Richtlinie und ihrer Implementation; und in den Jahren 2019 und 2020 konnten wir der Stand der sozialwissenschaftlichen Forschung hierzu sammeln und ausarbeiten. Der Abschlussbericht des INTERREG-Projektes Vechte-Dinkel ist m.E. beeindruckend. Er schafft es unter anderem auf nur 50 Seiten, einerseits kleinteilige Umsetzungsschritte mit ihren Benefits anschaulich zu beschreiben, diese andererseits konzeptionell solide den vier Dimensionen eines Policy- Arrangement-Analyserasters zuzuordnen und hieraus weitsichtige und strategisch durchdachte Rückschlüsse und Handlungsempfehlungen zu ziehen. Die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen in zwei Mitgliedstaaten, den Niederlanden und Deutschland, sowie zwei deutschen Bundesländern (Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) sind hervorragend aufbereitet. Die Schlussfolgerungen und die Handlungsperspektiven erfreuen den deutschen Sozialwissenschaftler, der oft eher auf die Defizite gestoßen wird, weil vorhandene typische Probleme durch pragmatische Vorschläge gelöst werden: Falls Land am Gewässerrand nicht verfügbar gemacht werden kann, so müssten Maßnahmen eben im Gewässer umgesetzt werden. Oder: Die Zielerreichung des guten ökologischen Zustandes müsse bereits vorab pragmatisch berücksichtigen, dass nicht alle geplanten Maßnahmen gelingen werden, und somit müssten die geplanten Maßnahmen entsprechend überambitioniert sein. Aus Sicht meiner politikwissenschaftlichen Forschung gibt es nun drei Denkansätze, die für eine Einordnung und Weiterentwicklung des INTERREG-Projektes in Frage kommen: 1.) Umgang mit generellen Implementationshürden 2.) Angemessene Skalierung von Handlungsstrategien 3.) Geeignete Institutionen zur effektiven Umsetzung Zu 1.) Im Rahmen der Analyse einer systematischen politikwissenschaftlichen Umfrage unter Wassermanagementpraktikern und Entscheidungsträgern aus fast allen EU-Mitgliedstaaten in 2020 hat sich eine relativ große Einigkeit der Experten herausgestellt, was die Kernpunkte der Implementationshürden bei der Wasserrahmenrichtlinie sind: a.) mangelnde Verfügbarkeit von Land; b.) Mangel an intersektoraler Zusammenarbeit, c.) unzureichende Personalressourcen und d.) mangelhafte Finanzierung. Diese Kernfragen der Governance der WRRL-Umsetzung scheinen dementsprechend relativ unabhängig von naturräumlichen Gegebenheiten und lokalen Rahmenbedingungen zu sein.1 1 Zingraff-Hamed, A.; Schröter, B.; Schaub, S.; Lepenies, R.; Stein, U.; Hüesker, F.; Meyer, C.; Schleyer, C.; Schmeier, S. and Pusch, M.T. 2020. Perception of bottlenecks in the implementation of the European Water Framework DirectiveWater Alternatives 13(3): 458-483 3 So sollten die Projektbeteiligten im INTERREG-Projekt sich darüber klar werden können, welche Probleme die Umsetzung der WRRL generell hat und welche davon hausgemacht sind. Es sollten also keine Ressourcen „verschwendet“ werden in einem konkreten Flussgebiet für die Überwindung dieser generellen Hürden, wenn die genannten Bottlenecks der eigentliche Grund für die Implementationshürde sind. Zu 2.) Diese führt zu dem zweiten Denkansatz, wie die positiven Ergebnisse der Projektarbeit strategisch eingeordnet und weiterentwickelt werden könnten. Auf welcher politisch-administrativen Ebene sollten Entscheidungen getroffen werden, die die Implementation der WRRL erleichtern und wer sind die Akteure, die mit diesbezüglichen Empfehlungen und Forderungen konfrontiert werden könnten oder sollten? Die Idee der multiskalaren Strategien wurde von mir mit KollegInnen von der Leuphana Universität Lüneburg (Jens Newig) und dem IRS Erkner (Timothy Moss) konzipiert, dass gerade die Umsetzung von EU-Richtlinien den Akteuren die Möglichkeit bietet, vorhandene politisch- administrative Strukturen dynamisch und zielgerichtet zu überwinden. Es sollte also aus Sicht politikberatender Wissenschaft vermieden werden, sich in der vorhandenen Akteurskonstellation zu sehr aufzureiben; sondern den reskalierenden Impetus der EU-Umweltpolitik anzunehmen und strategisch umzusetzen. Die pragmatische Herangehensweise im Kleinen des Interreg-Projektes, wie oben beschrieben, könnten beispielsweise im Den Haager Umweltministerium oder in der Brüsseler Generaldirektion Umwelt Gehör finden, als Vorbild dienen, und mit materiellen oder regulatorischen Rahmenbedingungen gefördert werden. Dies könnte schneller erfolgsversprechend sein, als daraufhin zu arbeiten, dass sich zwei deutsche Bundesländer auf eine Gewässerunterhaltungsverbandsstruktur einigen. Eine Typologie dieser Strategien ist vorhanden und könnte bei Interesse weiter auf die Bedürfnisse des Projektes angewandt werden.2 Zu 3) Es fällt auf, generell und bei diesem Projekt, dass Kerninstrumente der WRRL, wie flussgebietsbezogene Akteure und partizipative Prozesse im Moment wenig thematisiert und eingefordert werden. Im vorliegenden grenzüberschreitenden Fall mit einem relativ kleinen Flusseinzugsgebiet ist die Schaffung einer handlungsfähigen Flussgebietsinstitution mit Sicherheit eine sehr große Herausforderung; und der Bericht zeigt schön, dass bereits das Zusammenbringen der niederländischen und der deutschen Arbeitskultur aufwendig sein kann. Zudem bleiben mächtige und sehr effektive Flussgebietsorgansiationen, wie sie vor Jahrzehnten zur Lösung wasserpolitischer Notlagen in Nordrhein-Westfalen als Sondergesetzliche Wasserverbände institutionalisiert wurden, eine an strenge