Zagend nur das Bächlein schlich, Denn der Blüten Träume Dufteten so wonniglich Durch die stillen Räume. Nikolaus Lenau

Auf den Spuren Walter Dahnkes (15. Wanderung, Pfingstsonnabend 2016) Heimatbund

Vom Gletschertor Sandkrug bis zum Naturschutzgebiet „Quaßliner Moor“

Exkursion mit W. DAHNKE sen. im Quaßliner Moor (1955) Foto: Walter Dahnke jun.

Ablauf (14. Mai 2016) 8 Uhr Abfahrt vom ZOB Parchim Beobachtungspunkt 1: Endmoräne Lohmberge S von Lübz Beobachtungspunkt 2: Kreier Schweiz S Hof Beobachtungspunkt 3: Gletschertor Sandkrug NE Karbow Beobachtungspunkt 4: Tiefe Gründe S Gnevsdorf – Blick ins Land Beobachtungspunkt 5: Naturschutzgebiet Quaßliner Moor 12.30 Uhr Mittagessen im Dorfgasthaus „Ottoquelle“ in

As uns Hergott de Welt erschaffen ded, fung hei bi Meckleborg an. Dor nehmt juch en Ogenspeigel an. Fritz Reuter

Fahrt in das südliche Sandergebiet – Landschaft und Geschichte

Am Beispiel (Ogenspeigel) des südlichen Sandergebietes wollen wir unsere Kenntnisse über Landschaft und Geschichte vertiefen. Unsere Fahrt wird uns über Rom, Lutheran, Lübz, Kreien, Karbow, Vietlübbe, Wangelin, Gnevsdorf, Retzow, Klein Dammerow, Quaßlin, Wahlstorf, Darß, Wilsen, Klein Pankow, Redlin, Groß Pankow, und Neuburg führen.

Von der geologischen Entstehung der Landschaft, ihrer Besiedlung durch den Men- schen, sein geschichtliches Wirken bis hin zum Naturschutz wird der Bogen gespannt. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen das Gletschertor bei Sandkrug, die Endmo- räne mit dem Buchberg bei Gnevsdorf und das Naturschutzgebiet Quaßliner Moor.

Unsere Fahrt führt uns durch die schöne mecklenburgische Landschaft im Süden des Landkreises Parchim.

S slawische Ortsname mischsprachiger Ortsname

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Wie unsere Landschaft entstand Seine Oberflächengestalt verdankt der Landkreis Parchim im Wesentlichen der Weich- selkaltzeit. Die durch sie entstandenen Endmoränen durchziehen das Kreisgebiet von WNW nach ESE, die Pommersche Hauptendmoräne im Norden und die Frankfurter Hauptendmoräne im Süden (vgl. Beobachtungspunkte 1-4). Ihnen sind jeweils südlich Sandergebiete vorgelagert, während man nördlich der Endmoränen große von Geschie- bemergel und Geschiebelehm geprägte Bereiche findet. Diese fruchtbaren Gebiete wer- den als Grundmoränen bezeichnet. Südlich und südwestlich von Parchim finden sich außerdem Stauchendmoränen aus der Saaleeiszeit mit tertiärem Kern. Diese sind die höchsten Erhebungen im Landkreis (z. B. Ruhner Berge mit 177 m, Langer Berg 125 m). Unser Gebiet verdankt sein Gepräge den Gletschern. Noch vor etwa 20 000 Jahren war unser Land mit einem mächtigen Eispanzer bedeckt, der von Gletschern aus Nordeuro- pa stammte. Die letzte Eiszeit, die Mecklenburg betroffen hatte, war die Weichseleiszeit. Im Frankfurter Stadium oder Vorstoß wurde die Hauptendmoräne durch die Gletscher in ständigem Wechsel zwischen Abschmelzen und Eiszufuhr gebildet. Als die Eismassen abtauten, gaben sie Findlinge, Steine, Geschiebemergel, Ton und Sand frei, all das ist also ein „Geschenk“ der Eiszeiten. An der Vorderseite der Gletscher, in unserer Gegend war es Inlandeis, wurde das grobe Material abgelagert, daraus entstand die Hauptend- moräne, eine Hügelkette, die sich von Bad Stuer über die „Tiefen Gründe“ bei Gnevs- dorf, Sandkrug nördlich Karbow, über die „Kreier Schweiz“, Gischow weiter nach Lancken zieht. Der leichtere und feinere Sand wurde durch die Wassermassen („Glet- schermilch“) weiter weggetragen, dies Gebiet wurde zum wenig fruchtbaren Sanderge- biet.

Lehm – ein „Geschenk“ der Eiszeiten

Auch das verdankt der Mensch den Eiszeiten 3

Geologisch-morphologische Karte des Gebietes zwischen Plauer See und Lübz

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Im Raum Barkow – Kuppentin – – Broock – Benzin – Nordende des Kritzower Sees hatte sich ein Staubecken gebildet, in dem sich in der Abschmelzperiode erhebliche Wassermassen ansammelten. Bei Sandkrug („Gletschertor“) durchbrachen die Was- sermassen die Hügelkette und flossen nach Süden.

NSG GGG GGG GGG GGG

Geologisch-morphologische Karte mit Gletschertor und dem Quaßliner Moor

(W. v. BÜLOW 1975) 5

Die Wassermassen kolkten noch Teile des Quaßliner Moors aus und erschöpften ihre Kraft in der Nähe der ehemaligen Försterei Marienfließ. Aus dieser Schmelzwasserrinne entstand ein großer See. Heute sind von dem früheren See ein verlandeter See nordöst- lich von Sandkrug (Sukower See oder Förstersee), ein Sumpfgebiet nordwestlich der Quaßliner Mühle („Seewiesen“, ehemaliger Darßer See), das Quaßliner Moor, ein be- deutsames Naturschutzgebiet, und ein großes Wiesengebiet übrig geblieben. So entstand unser Exkursionsgebiet, es gehört als südlicher Sander zur Großlandschaft „Nordwestbrandenburgisches Platten- und Hügelland“ und zur Landschaft „Parchim- Meyenburger Sandflächen“.

Gletschertor bei Sandkrug (von Süden betrachtet)

Gletschertor bei Sandkrug Schülerarbeit: Geographisch-Biologische Exkursion Kl. 9b der EOS Lübz (1979)

Der Mensch besiedelt unsere Landschaft Grund und Boden liefern dem Menschen die Dinge, die er zum Leben benötigt: Nah- rung, Kleidung und Wohnung. Viele Dinge ergeben sich aus der Gestalt und der Zu- sammensetzung von Grund und Boden. Eine solche Landschaft, die durch den Wechsel verschiedener Bodenarten – Sand, Kies, Lehm – und durch Wasserläufe und Wasserflächen gekennzeichnet war, muss für den Steinzeitmenschen ein idealer Siedlungsraum gewesen sein. Wasserläufe und Seen boten ihm, der als Fischer, Jäger und Sammler lebte, neben ausreichender Nahrung auch Fluchtmöglichkeiten. Sicher diente das Wasser in dem mit dichtem Wald bestandenen Land auch als Verkehrsweg. Für die Herstellung von Gefäßen war reichlich Lehm vor- handen, Feuersteine für die Anfertigung von Waffen und Geräten waren ebenfalls ge- 6 nügend da, und die großen Steine wurden für die Bestattung der Toten in Großstein- gräbern („Hünengräber“) benutzt. Nach der letzten Eiszeit besiedelte der Mensch unser Land Mecklenburg. Das geschah vor rund 12 000 Jahren. Nach dem Material, aus dem die Werkzeuge gefertigt wurden, teilt man die Epochen der menschlichen Entwicklung in Stein-, Bronze- und Eisenzeit ein. Die Menschen der mittleren Steinzeit (8 000 - 4 000 v. u. Z.) waren Jäger und Fischer. Wir wissen etwas über sie - wie auch über die Menschen der folgenden Epochen - durch Funde von Werkzeugen, Gebrauchsgegenständen sowie Schmuck an den Siedlungsplät- zen und Begräbnisstätten. Während der jüngeren Steinzeit (4 000 - 1 800) wurde der Mensch sesshaft. Er betrieb Viehzucht und Ackerbau. Charakteristisch für diese Zeit waren durchbohrte Steinäxte, die mit einem Stiel versehen waren. Eine Form der Totenbestattung in jener Zeit, also vor rund 5 000 Jahren, waren die Hünengräber. An die Steinzeit schloss sich die Bronzezeit an (1 800 - 600). Die Toten jener Zeit bestat- tete man in Hügelgräbern. Die Bronzezeit wurde 600 v. u. Z. durch die vorrömische Eisenzeit abgelöst. Sie dauerte bis zum Beginn unserer Zeitrechnung. Bis 600 u. Z. befanden sich in Mecklenburg Stämme, die von den römischen Reisenden, Händlern und Geschichtsschreibern als Germanen bezeichnet wurden. Infolge der Be- wegungen, die wir als Völkerwanderung bezeichnen, kamen die germanischen Stämme nicht zur Ruhe. Wir dürfen annehmen, dass im ausgehenden 5. Jahrhundert nur noch Restteile der einstmals vorhandenen Bevölkerung unser Gebiet besiedelten. In diesen menschenleeren Raum drangen die ostwärts wohnenden slawischen Stämme ein. Von 600 – 1200 siedelten in unserem Gebiet die Slawen. Sie hinterließen ihre Spuren u. a. in vielen Ortsnamen, wir kommen gleich darauf zurück.

Woher kamen die Namen unserer Dörfer? Über die Gründung eines Dorfes gab es zu damaliger Zeit in den wenigsten Fällen eine Urkunde. Es war also immer dem Zufall überlassen, ob ein Dorf bald oder nach Jahr- zehnten oder gar nach Jahrhunderten nach der Gründung erstmalig in einer Urkunde erwähnt wurde. Mit Sicherheit können wir davon ausgehen, dass viele Orte älter sind, als ihre Jubiläumsfeiern ausweisen können, beweisen können wir es aber nicht! Bevor wir uns den Dorfnamen zuwenden, wollen wir uns noch mit dem Namen der Elde befassen, fahren wir doch nördlich von ihr entlang und überqueren sie zweimal, nämlich in Lübz und in Neuburg. Der Name Elde ist vorslawisch, also vor 600 u. Z. geprägt wor- den. Ursprünglich war die Elde in weiten Teilen die Grenze zwischen den Bistümern Havelberg und Schwerin, diese Grenze wurde 946 erstmalig erwähnt und 1150 bestätigt. So, wie unsere Fahrstrecke verläuft, wollen wir uns etwas mit den Dorfnamen beschäfti- gen und zum Alter der Dörfer etwas aussagen.

Lübz Ersterwähnung: 1308 Nicht auf einen Tag zu datieren ist die Ersterwähnung von Lübz im Jahre 1308. „Im Jahre des Herrn 1308 hat der Herr Hermann, ein Markgraf, Eldenburg mit seinem großen Heer eingeschlossen und ist gestorben.“ So lautet die Inschrift auf einem Stein in der Mauer der Burg Oebisfelde. Die lübische Detmar-Chronik berichtet über das Jahr 1308: „Des sülven jares weren de marcgreven wol mit ver dusent groten rossen vnd mit vele anderen volke in deme landen to Wenden vnde bueden dat vaste hus Eldeneborch, dat oc Lubyze is gheheten...“ Deutung des ursprünglichen Ortsnamen: Lubec - slawischer Personenname „Ort des Lubek“ 7

Burg Lübz um 1600

Kreien Ersterwähnung: 1271 Hermann von Reppentin genehmigt, daß sein Bruder Johann von Schnakenburg dem Kloster Stepenitz im Dorf Kreien acht Hufen teils geschenkt, teils verkauft hat. Wittstock, 4. April 1271 Deutung des Dorfnamens: krajno (slawisch) = Ende, Rand, Gegend, Landschaft (slawischer Flurname)

Lehrer haben schon immer im Leben der Dörfer eine hervorragende Rolle gespielt. Hier ein Beispiel aus Kreien: 15. Juli 1912: Gründung des Imkervereins Kreien und Umgebung im Pfarrhaus zu Kre- ien. Der Einzugsbereich des Kreier Imkervereins umfasste die Dörfer Benzin, Broock, Burow, Darß, Gischow, Greven, Kreien, , Werder, Wessentin und die Stadt Lübz. Zum 1. Vorsitzenden wird der Pastor Radloff aus Kreien, zum 2. Vorsitzenden Pastor Maerker aus Burow gewählt, Schriftführer und Kassierer wird der Lehrer K. Pinkpank aus Kreien. Karl Pinkpank, ein Bauernsohn, dessen Bienenschauer im Leh- rergarten Kreien noch bis in die 60-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts stand, war 8 ein vielseitiger Mann. So war er im Lehrerverband tätig, spielte eine führende Rolle im Verein „Fürstentreu“ Kreien, betätigte sich auch literarisch. Sein Gedicht über das Dorf Kreien beginnt mit der Zeile „Wo gifft woll in de wiede Welt en Dörp, as uns Dörp Kreien?“ Als er in der Weimarer Republik als Kandidat der Wirtschaftspartei versuchte, in den Landtag von Mecklenburg-Schwerin zu kommen, spöttelten seine politischen Kontra- henten über ihn: „Wählet nicht den Pinkepank von der Kreier Dorfschulbank! Raubt das volle Mondgesicht seinen lieben Bienen nicht.“

Karbow Ersterwähnung: 1274 Deutung des Dorfnamens: charbov (slawisch) = Buschwerk auf feuchtem Gelände (slawischer Flurname, der an die Lage am Wasser gebunden ist)

Vietlübbe Ersterwähnung: 1274 Deutung des Dorfnamens: aus slawischem Personennamen Vitolub Ort des Vitolub

Wangelin Schweriner Schloßregister (zit. Nach TRAUTMANN 1950) 1465 Feld to Wangelin 1496 Wangelin (Kaiserbede) Deutung des Dorfnamens: vangelin (slawisch) = Kohle (Holzkohle) Offensichtlich vom Abbrennen des Waldes bei der Rodung (Brandrodung)

Gnevsdorf Schweriner Schloßregister (zit. Nach TRAUTMANN 1950) 1448 Gnewestorp Deutung des Dorfnamens: gnev (slawisch) = Kurzname mischsprachiger Dorfname

Tiefe Gründe Die Hügellandschaft südlich von Gnevsdorf wird mit dem Flurnamen „Tiefe Gründe“ bezeichnet. Hier liegt mit 119 m die höchste Erhebung im Altkreis Lübz. Blickt man von den Tiefen Gründen westwärts, hat man einen herrlichen Blick auf die tiefer gelegenen Sanderflächen, ein ideales Fotomotiv!

Retzow Schweriner Schloßregister (zit. Nach TRAUTMANN 1950) Deutung des Dorfnamens: Rycow (slawisch) = Personenname

Gehlsbach Westlich von Retzow überqueren wir den , den W. Dahnke einmal „den unter- legenen Konkurrenten der Elde“ nannte. Der Gehlsbach entspringt bei , nimmt zwischen Darß und Karbow den Quaßliner Mühlbach auf und mündete ursprünglich südwestlich von Burow in die Elde. Im Mittelalter lagen an diesem – für uns heute klei- nen Bach – vier Mühlen: Die Mühle von Stüvendorf, einem untergegangenen Dorf süd- lich von Vietlübbe, die Mühle von Michaelisberg, einem untergegangenen Dorf südlich von Karbow, die Mühle in Wilsen und die Niedermühle bei Klein Pankow. 9

Interessant für die Namensgebung des Baches ist Michaelisberg, das ist der deutsche Name für das ursprünglich wendische Dorf Cesemowe, das sich zwischen Darß und Karbow befand. Aus dem „Michaelisbach“ wurde umgangssprachlich der Gehlsbach.

Klein Dammerow Ersterwähnung: 1274 Deutung des Dorfnamens: dabrova (slawischer Flurname) – Eichenwald oder Feld, auf dem einst Eichenwald stand

Quaßlin Ersterwähnung: 1300 Am 29. September 1300 trat Quaßlin in die (geschriebene) Geschichte ein, als das ge- samte Dorf und die angrenzende Mühle an das Kloster Stepenitz verkauft wurden. Hier der Wortlaut der Urkunde: „Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit. Wir, Nicolaus, von Gottes Gnaden Fürst von Werle, und seine Brüder, Gunter und Johannes, entbieten allen, die das vorliegende Schreiben sehen (lesen), oder von ihm hören werden, Gruß (bis) in Ewigkeit. Das, was in einer (bestimmten) Zeit geschieht, pflegt, damit es nicht zugleich mit dieser Zeit vergeht, bewahrt zu werden in der Sprache von Zeugen, und Schriftstücke pflegen in der Erinnerung fortzudauern (Scripture memoria perhennari.). Daher wollen wir, daß sowohl den Nachfolgenden als auch den Jetzigen bekannt sei, und für die Gegenwärtigen bezeugen wir, daß wir auf die Bitte des Herrn Heinrich, des Propstes zu Stepenitz vom Zisterzienserorden, und aus dem reifen (wohlüberlegten) Entschluß unse- rer Ritter, wobei uns die göttliche Gnade zur Seite stand, pro XXXV marcis slauicorum, zum Heil unserer Seele und auch der Seele unserer Vorgänger und Nachfolger, freigebig und gütig dem Kloster der Heiligen in Stepenitz das Besitzrecht des unversehrten Dorfes Quaßlin überlassen haben, mit seinen Marksteinen und der angrenzenden Mühle (Quarcellyn cum molendino adiacente), mit dem Nutzungsrecht, Holz zu fällen, so wie es sich im betreffenden Gebiet in die Breite und Länge erstreckt, mit bebauten und unbebau- ten Feldern, mit allen Gewässern und Wasserläufen, Wäldern, Hainen, Weiden, Wiesen, Sümpfen, Bergen, Hügeln, Ebenen, Wildnissen, Wegen und Unwegsamkeiten und allen anderen Örtlichkeiten innerhalb der Grenzen und Zielpunkte des genannten Dorfes; und mit jeglicher Rechtsbefugnis und Gefälligkeit, darüber hinaus mit aller Gerichtsbarkeit und Urteilsbefugnis über unsere treuen Vasallen, ausgenommen davon das gesamte Gesin- de. Die erwähnten Güter mit einer halben Hufe in Stüvendorf haben wir dem erwähnten Kloster aus freien Stücken und ohne irgendeinen Hintergedanken als ständigen übertragen, indem wir darauf verzichten zum Nutzen eben dieses Klosters und seiner kirch- lichen Freiheit. Damit aber dieser unser vernünftiger Entschluß, getragen ebenso von der Zustimmung unsrer treuen Vasallen wie auch der Beipflichten der in ein Amt Eingesetzten, ewigen bestand habe, auf daß er nicht von unseren Nachfolgern verändert werden könne, haben wir angeordnet, daß die vorliegende Schrift durch das Bollwerk unseres Siegels ge- kräftigt werde. Zeugen dieses Geschehens sind: Nikolaus von Malyn, Johannes von Lewe- zow, Conrad Buno, (alles) Ritter; Herr Ludolf, Pfarrer zu Plau; Herr Johannes, Propst zu Kalande, (alles) Pfarrer; Eberhard Sartor, Bürger zu Plau, Hinrich Drosenow, ein Advo- kat, Johannes Haselow und andere treuwürdige Männer. Verhandelt und zur Niederschrift gegeben im Jahre des Herrn 1300, am Tage des heiligen Erzengels Michael.“

Deutung des Dorfnamens: Quaßlin bedeutet ,,Reisigort“, polabisch-pomoranisch heißt „chvarst“ Reisig, Knieholz. Während Quaßlin nach Wald- und Rodearbeit benannt worden war, erhielt ja Darß seinen Namen von einer Pflanze.

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Die Quaßliner Mühle, erstmalig als Wassermühle im Jahr 1300 erwähnt, wurde rund 600 Jahre betrieben. Sie kam erst im Jahr 1938 zu Mecklenburg, vorher gehörte sie zu Preußen bzw. zum Land Brandenburg. Der Weg vom mecklenburgischen Dorf Vietlübbe zur preußischen Quaßliner Mühle hieß früher Branntwienstieg, offensichtlich wurde hier Branntwein geschmuggelt.

Naturschutzgebiet Quaßliner Moor Auf der Gemarkung von Quaßlin liegt eines der bedeutendsten Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern. Als der verdienstvolle Botaniker und Naturschützer WALTER DAHNKE 1938 das Quaßliner Moor erstmals aufsuchte und dort den Blauen Tarant (Swertia perennis) ent- deckte, ahnte er sicherlich nicht, welch wertvolles Gebiet er damit in das Interesse der Botaniker und Naturschützer gerückt hatte. Als Kreisnaturschutzbeauftragter sorgte W. DAHNKE dafür, dass das Moor 1938 als Landschaftsteil unter Schutz (Landschaftsschutzgebiet "Oberes Gehlsbachtal") gestellt wurde. In seiner Studentenzeit Mitte der 50-er Jahre begann W. KINTZEL (Quaßlin) mit kon- tinuierlichen Beobachtungen in den verschiedenen Biotopen des Quaßliner Moores, un- abhängig von ihm suchte auch Dr. W. FISCHER/Perleberg 1957 das Gebiet auf. Ihre Funde veranlassten W. DAHNKE, für das Moor 1958 den Status eines Naturschutzge- bietes zu beantragen. 1959 wurde das Quaßliner Moor einstweilig gesichert, 1967 wurde es endgültig zum Naturschutzgebiet (NSG) erklärt. 1999 erfolgte die Erweiterung des NSG auch auf brandenburgisches Gebiet, eine schon seit Jahrzehnten vorgetragene Forderung der mecklenburgischen Naturschützer. Auf der Grundlage des Landesnatur- schutzgesetzes von M-V erfolgte am 12. April 2000 die Verordnung mit einer abermali- gen Erweiterung des NSG. Die heutige Größe des NSG beträgt damit rund 85 ha. Das Quaßliner Moor als Refugium seltener Pflanzenarten Die mosaikförmige Verteilung verschiedener Biotope macht das Gebiet so biologisch wertvoll und landschaftlich reizvoll. Das NSG weist ein kalkhaltiges Flachmoor auf und besteht aus Quellmoorabschnitten, kleinflächigen Erlen- und Birkenbrüchen sowie Kie- fernforsten, Mähwiesen sowie sandig-kiesigen Trockenhügeln. Aufgrund der unterschiedlichen Böden, des Torfanteiles und des Kalkgehaltes sowie der sehr differenzierten Wasserversorgung konnten sich hier mannigfaltige Pflanzenarten ansiedeln, die in unserem Bundesland selten sind, einen Gefährdungsstatus besitzen und auch pflanzengeographisch von Bedeutung sind. Anhand der Roten Liste M-V (1991) soll der aktuelle Stand der Flora charakterisiert werden. Vorhanden sind noch: Gefährdungskategorie 0: Spitzflügeliges Kreuzblümchen (Polygala oxypterans) Ausgestorben für M-V gemeldet!!! Gefährdungskategorie 1 (vom Aussterben bedroht): Bergwohlverleih (Arnica montana), Blauer Tarant (Swertia perennis), Englischer Ginster (Genista anglica), Kurzblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis ssp. brevifolia), Silau (Silaum silaus). Gefährdungskategorie 2: 28 Pflanzenarten, die zur Kategorie "stark gefährdet" gehö- ren, kommen noch im NSG vor. Dies sind u. a. Berg-Ziest, Faden-Segge, Gemeines Zit- tergras, Glockenheide, Kümmelsilge, Lungen-Enzian, Teufelsabbiß, Wiesen-Kuhschelle, Schwarzschopf-Segge, Geflecktes Knabenkraut, Kleiner Wasserschlauch, Kleines Mä- desüß, Nordisches Labkraut, Prachtnelke, Sumpf-Glanzorchis, Sumpf-Herzblatt, Teu- felsabbiß. Gefährdungskategorie 3: Aus der Gefährdungskategorie "gefährdet" kommen im NSG 49 Pflanzenarten vor, darunter Aufsteigende Gelb-Segge, Färber-Ginster, Fuchssches

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Knabenkraut, Rötliches Fingerkraut, Rundblättriger Sonnentau, Stumpfblütige Binse, Sumpf-Blutauge, Sumpf-Schafgarbe, Voralpen-Klee.

Blauer Tarant – Botanisches Kleinod im NSG Quaßliner Moor

Blühende Arnica im NSG Quaßliner Moor

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Kurzblättriges Knabenkraut im NSG Quaßliner Moor

Lungen-Enzian im NSG Quaßliner Moor

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Wald- und Forstgesellschaften im NSG Quaßliner Moor

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Wahlstorf Ersterwähnung: ??? Deutung des Dorfnamens: Hier ist der Name aus einer Zusammensetzung eines slawi- schen Personennamens mit einer deutschen Ortsbezeichnung entstanden. Altslawisch: ,,Val“ bedeutet ,,groß“. Wahlstorf ist das ,,Dorf des Val“. Der Name ist während der deutschen Kolonisation geprägt worden, ursprünglich hieß es wohl Valsdorp. Im Mittelalter war dann nach ,,s“ an die Stelle des anlautenden „d“ sehr oft ein „t“ getreten, was heute noch erhalten ist. In der historischen Periode, als Darß und Quaßlin sowie die Dörfer der Umgebung wie Karbow, Wilsen, Kreien, Dammerow, Vietlübbe erwähnt wurden, ist Wahlstorf nicht erwähnt worden.

Dorfansicht von Wahlstorf (1957)

Darß Ersterwähnung: 1274 1274 wurde Darß durch Nicolaus von Werle und seine Söhne an das Kloster Stepenitz verkauft. In der Urkunde, die den Verkauf regelt, heißt es u. a.: „Wir haben nämlich vom Konvent jenes Klosters 100 Brandenburgische Silbermark bekommen, und dafür ha- ben wir dem Kloster den Besitz über das Dorf Karbow mit seinen Grenzmarken, über Wil- sen mit der daran angrenzenden Mühle und seinen Grenzmarken, und über 30 Hufen in Kreien überlassen. Außerdem haben wir dem Kloster großzügig folgende Besitzungen mit allen Befugnissen über unsere Vasallen überlassen: Das ganze Dorf Dertze mit 7 Teilen des angrenzenden Sees (Totam Dertze et septem partem stagni adiacentis), das ganze Dorf Damerow, die andere Hälfte des Zinsgutes in Stuvendorf mit der Mühle, 11 Hufen in Viet- lübbe, 6 Hufen in Barkow, 2 Hufen in Plau, 2 Hufen in Dresenow, 3 Hufen in Loitze, das gesamte Dorf Stolpe mit seinen Grenzmarken.“

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Deutung des Dorfnamens: Darß bedeutet ,,Dornort“, altslawisch heißt „dratschi“ Dorn- strauch.

Wilsen Ersterwähnung: 1274 Nicolaus, Fürst von Werle, und seine Söhne überlassen dem Kloster Stepenitz gegen 10 Mark Silbers das Eigentum der Dörfer Karbow, Wilsen mit der Mühle und 30 Hufen in Kreien und zu Mannrecht die anderen Klostergüter in ihrem Lande. Güstrow, 13. April 1274 Deutung des Dorfnamens: volsa (slawisch) = Erle „Erlenort“

Literatur BÜLOW, W. v. (1975): Randlagen und Eisabbau des Weichsel-Glazials zwischen Plauer See und Lübz (Bezirk Schwerin); Z. geol. Wiss., Berlin 3, 8, S. 1125 – 1137 BRIELMANN, N., KÄSTNER, D. und H. KOCH (1999): Behandlungsrichtlinie für das Naturschutzgebiet Quaßliner Moor, Landkreis Prignitz. Büro für ökologische Studien Rostock. Computermanuskript. DAHNKE, W. (1958): Flora des Kreises Lübz. DAHNKE, W. (1956): Geologie des Kreises Lübz. Lübz 1956. JESCHKE, L. (1960): Das „Quasliner Moor“, ein neues Naturschutzgebet in Mecklenburg. Naturschutzarbeit und naturkundliche Heimatforschung in den Bezirken Rostock- Schwerin-Neubrandenburg, H. 5, S. 35-43 KINTZEL, W. (2000): 1986Die slawisch-deutsche Besiedlung des Kreises Lübz und ihr Niederschlag in den Ortsnamen. Information des Bezirksarbeitskreises für Ur- und Frühgeschichte Schwerin 26. S. 11-16 KINTZEL, W. (2000): Quaßlin – Aus der Geschichte eines südmecklenburgischen Genzdorfes. Herausgeber: Gemeindeverwaltung Wahlstorf. Wahlstorf 2000 KINTZEL, W. (2000): Stadt Lübz und Amt Ture im historischen Spiegel des Jah- res. Herausgeber: Stadt Lübz und Amt Ture. Lübz 2000 KINTZEL, W. (2004): Chronik des Naturschutzes im Altkreis Lübz. Computermanuskript im Archiv des Landratsamtes Parchim. KINTZEL, W. (2009): Die Flora des Landkreises Parchim (Prodromus). Arten der Roten Liste, Dorfpflanzen, Neophyten, Stinsenpflanzen Computermanuskript im Stadtmuseum Parchim. KINTZEL; W (2000): Das Quaßliner Moor - ein Naturschutzgebiet von außerordentlicher Bedeutung in Mecklenburg-Vorpommern. Stier und Greif, H. 10, S. 162-167 KINTZEL; W (2001): 40 Jahre Naturschutzgebiet Quaßliner Moor. Naturschutzarbeit in Mecklenburg-Vorpommern 44, H. 2, S. 46-59 KINTZEL, W. (2000): Quaßlin – Aus der Geschichte eines südmecklenburgischen Grenzdorfes. Wahlstorf 2000. KINTZEL, W. & KOCH, H. (2014): Gehölzvegetation im NSG Quaßliner Moor, Teil II: Waldgesellschaften. Botanischer Rundbrief für Mecklenburg-Vorpommern 51, 3-21. KINTZEL; W. u. B. RIBBE (1979): Vegetationskundliche Untersuchungen der Trockenrasen auf den "Inseln" im Naturschutzgebiet Quaßliner Moor (Kreis Lübz). Teil I: Schafschwingelrasen. Arch. Freunde Naturg. Mecklenburg XIX, S. 105-134 KINTZEL; W. u. B. RIBBE (1982): Vegetationskundliche Untersuchungen der Trockenrasen auf den "Inseln" im Naturschutzgebiet Quaßliner Moor (Kreis Lübz). Teil II: Pfeifengrasgesellschaften. Arch. Freunde Naturg. Mecklbg XXII, S. 53-67 Landschulstellen in Mecklenburg-Schwerin. Herausgeber: Landeslehrerverein Mecklenburg-Schwerin. Umweltministerium M-V (2003): Quaßliner Moor. In: Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern.

Zusammenstellung: Walter Kintzel (2016)

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