Caspar Voghts Briefwechsel

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Caspar Voghts Briefwechsel Europäische Korrespondenzen um 1800 Caspar Voghts Briefwechsel Literatur - Wissenschaft - Reformen von Torsten Flüh Alle Rechte bleiben dem Urheber vorbehalten. Copyright Dr. Torsten Flüh, 2002/2010 Dokumentation der Ausstellung vom 22. Oktober 2001 bis 7. Januar 2002 in der Staats- und Universitätsbiliothek Hamburg Carl von Ossietzky Europäische Korrespondenzen um 1800 Caspar Voghts Briefwechsel Caspar Voght wurde am 17. November 1752 in Hamm bei Hamburg geboren. Im Vorfeld des 250ten Geburtstages widmet sich die Ausstellung zum ersten Mal systematisch Voghts Reisen, Schriften und Briefwechsel. Caspar Voght war ein europäischer Reformer aus Hamburg. - Er war Schriftsteller, Diplomat, Wissenschaftler, Literat und Menschenfreund. Seine Reformen in der Armenpfl ege und im Landbau, die Projekte in der Landschaftsarchitektur und Wissenschaft haben europäisches Format. Voght wird durch die Reformen in ganz Europa berühmt. Er wird quasi als Topmanager für Reformen der Armenpfl ege und des Gefängniswesens nach Wien, Berlin, Genf, Zürich, Marseille und Paris gerufen. Die Ausstellung ist in 7 Teile gegliedert: • Lebenslauf und Lebenserinnerung • Reiserouten • Literarische Korrespondenzen • Plutonimus – Wissenschaft um 1800 • Modell für Europa - Das Hamburger Armenwesen • Idylle und Effi zienz - Landschaftsgarten und Landbau • Briefe und mehr: Korrespondenzen Europäische Korrespondenzen um 1800 5 Gemüth und Wissen oder von der Zeilensaat Auf dem Gut in Flottbek treffen sich die vielfältigen Fäden und Linien der Voghtschen Briefwechsel. Das Gut wird spätestens ab 1796, nachdem Voght aus Edinburgh zurückgekehrt ist, zur Anschrift, Schnittstelle und zum Absender ästhetischer und wissenschaftlicher Schriften. Obwohl Voght zwischen 1772 und 1812 ungefähr 15 Jahre auf Reisen ist – 1772-1774 „Grand Tour“, 1786 Handelsreisen, 1793-1795 Studien in England, Schottland und Irland, 1801 Karlsbad und Wien, 1802 Berlin, 1806-1808 Schweiz, Italien und Frankreich, 1811- 1812 Marseille und Paris -, die Aufenthalte in Flottbek immer wieder durch lange Reisen zäsuriert werden, das Gut durch die Napoleonischen Truppen 1806 verwüstet wird und dem Marschall Bernadotte, dem späteren König Karl XIV. von Schweden, „Wohnsitz“ ist, treffen sich virtuell die Korrespondenzen vor den Toren Hamburgs. Am 14. Januar 1794 schreibt Voght aus London einen Brief an den Architekten Johann August A(h)rens, in dem er seine Vorstellungen über den Neubau in Flottbek formuliert. Arens war Baurat in Hamburg und hatte die Pläne für das Römische Haus im Park an der Ilm für Goethe entworfen. Dies wurde unter mancherlei Abänderungen von 1792- 1797 in Weimar gebaut. Die Formulierungen der Vorstellungen zum Haus in Flottbek korrespondieren nicht zuletzt durch die literarischen Verweise der Bepfl anzung – Epheu, Kaprifolium, Wein, Waldrebe, Laurus - und dem Wunsch nach einem südländischen anstatt einem „zu teutsch: waldlich(en)“ Charakter mit Goethes Römischen Haus. Kommt das wohlriechende Kaprifolium oder Geißblatt ursprünglich aus südlicheren Gegenden, so sind Efeu und Wein Insignien des griechischen Dionysos. Der Lorbeer oder Laurus schmückt bekanntlich auch den Dichter. Im August 1796 berichtet A. H. in einem Brief, der im Altonaer Genius der Zeit veröffentlichtveröffentlicht wird, von seiner Reise nach Flottbek zum „edle(n) Verfasser des reichhaltigen und scharfsinnigen Aufsatzes über den gesellschaftlichen Ton in Edinburg“, Caspar Voght. A. H. stellt fest, dass „hier“ das „Zeilensäen“ besser geraten sei als in Lehmkuhlen (Holstein): „die Zeilen sind reiner gehalten und freier von Unkraut“. Die Landwirtschaft als Wissenschaft zählt, ordnet und säubert, tradierte Weisen des Ackerbaus. A. H. formuliert beide Aspekte von Flottbek und seinem Besitzer: „Bibliothek, Instrumenten=Sammlung, chymisches Laboratorium, Ackergeräthe öffnen eine Bekanntschaft, die ie schneller man sie macht, desto ungerner wieder verlassen wird.“ In einer weiteren Passage spielt der Adressant explizit auf die ästhetischen Aspekte Flottbeks an, wenn er Johann Heinrich Voß‘ Luise und das „Bild ländlicher Ruhe“ erwähnt: Kein Pinsel kann ein schöneres Bild ländlicher Ruhe mahlen als dieser Anblick darbietet. Nach weiteren 27 Jahren und epochalen Veränderungen veröffentlicht Voght 1823 ein kleines Buch mit dem Titel: Flottbek und dessen diesjährige Bestellung mit Hinsicht auf die durch dieselbe beabsichtigten Erfahrungen. – Ein Wegweiser für die landwirtschaftlichen Besucher desselben. Es ist eine Auswertung seiner zwei- bis dreitausend landwirtschaftlichen, chemischen und physikalischen Versuche von der Gründüngung bis zur Zeilensaat. Diese Schrift mit ihren Berechnungen - Zeile für Zeile - schickt Voght am 11. Juni 1823 an Johann Wolfgang von Goethe nach Weimar mit den einführenden Worten: 6 Caspar Voght Ich schicke Ihnen dieses Büchelchen, verehrter Mann, wahrlich nicht damit Sie darin lesen sollen – allein ansehn sollen Sie es, weil es unter einem bescheidenen Titel eine neue Wissenschaft begründet: Ansehn sollen Sie es, weil es ein Versuch ist, Bestimmtheit in die Beschreibung landwirtschaftlicher Erfahrungen zu bringen – das, wodurch das Resultat ist – klar, nach Maaß, Zahl und Gewicht, botanischer Ansicht, chymischer und physischer Untersuchung darzustellen. Die „Zeilensaat“ ist aufgegangen und (nicht) unbedingt zum „Zeilen/Lesen“ gemacht. Schon das „Ansehn“ der Form gibt einen Wink auf die „neue Wissenschaft“. Von anderer Stelle läßt sich Voght seine „numerische Methode“ für den „Landbau“ bestätigen. Zu einem Brief von Alexander von Humboldt aus dem Jahr 1828 heißt es: ..., daß dieser gelehrte Botaniker und Physiologe mit meiner nummerischen Methode, die Botanik auf den Landbau anzuwenden, einverstanden war. Voghts landwirtschaftliche Schrift wird mehrfach wieder veröffentlicht. Im Mai 1824 adressiert Voght eine Schrift über Flottbek an seine Schwester Anna Louise und andere Leser mit den Worten: Dir, meine geliebte Schwester und den Freunden deren Mitgenuß mir diesen Fleck so unendlich theuer gemacht hat, gewidmet. Die Schrift ist reich an literarischen Anspielungen und Zitaten. Mit den literarischen korrespondieren die „malerischen“ Verweise. Noch mehr als im wissenschaftlich- landbaulichen Versuch sieht sich Voght nun als „Schöpfer Flotbecks“, dem es nicht nur darum geht „eine Reihe von Landschaften zu bilden“, sondern „durch das Zusammenfassen vieler / gleichzeitige(r) Eindrücke, endlich eine Idee oder ein Gefühl hervorzubringen, welches dem lebendigen Gemählde Sinn und Seele giebt“. Die Landschaft wird durch sogenannte „Ruhesitze“ zu einer Passion der Erinnerung: Pachthof – Hofplatz – Quellenthal – Fruchtgarten ... Mit jedem „Sitz“ tauchen andere Bilder und Gefühle auf, die das Gemälde des „Gemüths“ vervollständigen sollen. - Die Schrift blieb zu Voghts Lebzeiten Manuskript. - Insofern die Einlass-Karte zum Süder- Park in Flotbeck für Hrn. Joh. Peter Heitmann auf das Jahr 1817 vonvon der begrenzten Öffentlichkeit des Landschaftsgartens zeugt, wird durch Voghts Schrift die Inszenierung der Sitze, der „lebendigen Gemählde“ nebst „Inschriften“, allerdings auch in ihrer be- und abgrenzenden Funktion nachvollziehbar. 1826/27 kommt es zwischen dem Dorfvogt Jacob Biesterfeld, einigen weiteren Dorfbewohnern des Dorfes Klein Flottbeck und Caspar von Voght zum Prozeß über Wegerechte. Der Vogt und Baron Voght stehen sich erbittert gegenüber. In der Behauptung des Dorfvogt Biesterfeld, dass „seit unvordenklicher Zeit zwei öffentliche Fußwege von Kl. Flottbeck nach Teufelsbrück“ und „beide Fußwege ... über vormals mehreren Privaten jetzt aber dem Baron Voght gehörige, von ihm im Jahre 1813 aus Luxus in einen sogenannten Park durch Einfriedigung vereinte Holz- und andere Koppeln des Dorfes Kl. Flottbeck“ führten, kommtkommt mit VerspätungVerspätung ein KonflKonfl ikt zur Sprache,Sprache, der früh in Caspar Voghts Projekt angelegt ist. Der Vorwurf „aus Luxus“ als Grund für die Einfriedung trifft Voght hart, doch geht er an der paradigmatischen Problematik um 1800 vorbei: Vielmehr werden mit Voghts wissenschaftlichen und künstlerischen Versuchen und Projekten neue Wege gebahnt und andere abgeschnitten. Europäische Korrespondenzen um 1800 7 Lebensdaten 17. November 1752 Caspar Voght wird in Ham(m) als Sohn des Caspar Voght (geb. 1708) und der Elisabeth Die Lebensdaten orientieren Voght, geb. Jencquel geboren. sich an Voghts Lebenserinnerungen. 1756 Geburt der Schwester (Doormann) Sie ließen sich aber nicht immer verifi zieren 1757 Geburt der Schwester Anna Louise um 1759 Erster Theaterbesuch mit der Mutter in Hamburg um 1762 Erkrankung an Blattern, 6-monatige Quarantäne Besuch des Gymnasiums und der Handels- akademie von Johann Georg Büsch Howard reiste erst 1775-76 nach 1771 Bekanntschaft mit John Howard (1726-1790) Deutschland etc. um die Gefängnisse für 1772 Reise nach Paris mit Empfehlung an Charles eine Reform ab 1777 zu studieren. Gravier Comte de Vergennes Stiftung der Societé philanthropique ca. Sommer 1774 Handelsreise nach Bristol und Bath Handelsreise und Rückreise nach Hamburg 1781 Tod des Vaters 1784 Bekanntschaft mit Magdalena Pauli 1785 Kauft von Abraham Koopmann IV Land in Flottbek 1786 Handelsreise nach Paris mit Pieter Poel „Elend der untern Klassen in Hamburg, die ungeheuerste Betteley“ Reform der Armen-Ordnung durch die Patriotische Gesellschaft 1765 in Hamburg: die „Bürger (werden) selbst zu Vätern und Versorgern der Armen“. 1788-89 Gewinne durch die „Kornbedürfnisse in Frankreich“ 1793 Voghts altes Bauernhaus in Flottbek brennt ab. 1793 – 1795 „Studienreise“ nach England, Schottland und Irland Januar
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