Der Piano Grading Test

in der Klavierpädagogik Chinas

Entstehung – Inhalts- und Funktionsanalyse – Perspektiven

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades

der Fakultät „Musik“

an der Universität der Künste Berlin

vorgelegt von Yanjun Zhang aus VR

Gutachter: 1. Prof. Dr. Ulrich Mahlert (Universität der Künste Berlin) 2. Prof. Dr. Ursula Brandstätter (Universität der Künste Berlin)

1 Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen und Symbole ...... 5

Einleitung ...... 6

1 Zum historischen Hintergrund des Piano Grading Test in China (1840-1976) ...... 11 1.1 Erster Klavierunterricht in der Missionarschule im Jahr 1881 ...... 12 1.2 Klavier als Begleitinstrument in der Musikbewegung School Songs zur Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts...... 17 1.3 Klavierausbildung in den frühen Musikbildungsinstituten (1912-1927) ...... 20 1.4 Klavierausbildung an der ersten Musikhochschule (1927-1937) ...... 25 1.5 Unterbrechung der Klavierausbildung während der Kriege (1937-1949) ...... 28 1.6 Klavierausbildung in den Musikhochschulen in und in der Gründungszeit der VR China (1949-1966) ...... 28 1.7 Unterbrechung der Klavierausbildung während der Kulturrevolution (1966-1976)...... 37 1.8 Zusammenfassung ...... 38

2 Das Aufkommen des Piano Grading Test in China (1976-1990) ...... 39 2.1 Piano Craze in den 80er Jahren...... 39 2.1.1 Craze beim Erlernen des Klavierspiels...... 40 2.1.2 Craze beim Klavierkauf ...... 41 2.1.3 Craze bei der Klavierproduktion...... 42 2.1.4 Craze bei den Klavierlehrkräften...... 42 2.2 Der Weg zum ersten Piano Grading Test in Guangzhou im Jahr 1987...... 44 2.3 PGT als eine Förderungsmaßnahme für die Klavierausbildung in China seit 1990 ...... 48 2.4 ABRSM- und CMV-PGT im Vergleich ...... 52 2.4.1 Gründungszeit des Prüfungsausschusses und Testziele...... 53 2.4.2 Testeinstufungen ...... 54 2.4.3 Veröffentlichung der Repertoiresammlung und Prüfungsinhalt...... 57 2.4.4 Prüfungsdauer...... 58 2.4.5 Bewertungsmethode und Bewertungskriterien...... 59 2.4.6 Vergleichsergebnis ...... 61 2.5 Zusammenfassung ...... 62

3 Die landesweite Verbreitung des Tests (1991-2000) ...... 64 3.1 Die Verbreitung und Ausweitung des Tests ...... 64 3.2 Die praktische Umsetzung...... 69 3.3 Die Problematik des Überspringens von Stufen beim PGT...... 74 3.4 Zusammenfassung ...... 81 2 4 Institutionalisierung und Organisation des Art Grading Test ab dem Jahr 2000...... 82 4.1 Beteiligung des Kulturministeriums ...... 84 4.2 AGT-Leitungsgruppe...... 88 4.3 AGT-Verwaltungsrichtlinie...... 91 4.4 AGT-Expertenausschuss ...... 96 4.5 AGT-Zentrale ...... 100 4.6 Prüfungsinstitute...... 101 4.7 Lokale AGT-Organisatoren...... 103 4.8 Prüfer...... 104 4.9 Prüfungsfächer und -gebühren...... 108 4.10 Zusammenfassung ...... 111

5 Zu den Konzeptionen der PGT-RS von verschiedenen Prüfungsinstituten...... 113 5.1 Konzeption der PGT-RS des Pianistenverbands ...... 114 5.2 Konzeption der PGT-RS des Musikerverbandes Shanghai ...... 121 5.3 Konzeption der PGT-RS des Chinesischen Musikerverbands...... 126 5.4 Konzeption der PGT-RS der Zentral-Musikhochschule...... 133 5.5 Zusammenfassung ...... 136

6 Die Klavierwerke in den untersuchten Repertoiresammlungen ...... 140 6.1 Die Verwendungshäufigkeit der Musikwerke der Komponisten und ihre geografische Herkunft ...... 140

6.2 Die in den RS verwendeten Musikwerke von J. S. BACH und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen...... 146

6.3 Die in den RS verwendeten Musikwerke von C. CZERNY und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen...... 155 6.4 Die in den RS verwendeten Musikwerke von chinesischen Komponisten und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen...... 159 6.5 Zusammenfassung ...... 168

7 Grundübungen, Etüden und polyphone Klavierwerke in der CMV-RS 2007 ...... 170 7.1 Überblick der Prüfungsinhalte der CMV-RS 2007...... 170 7.2 Trainingsziel, Inhalte und Übemethode der Grundübungen...... 175 7.3 Trainingsziel, Inhalte und Übemethode der Etüden ...... 183 7.4 Trainingsziel, Inhalte und Übemethode der polyphonen Werke ...... 190

7.5 Ein Ausschnitt aus der Video-CD von Prof. ZHOU Mingsun ...... 196 7.6 Zusammenfassung ...... 203 3 8 Perspektiven...... 205

Literaturverzeichnis...... 210

Anlagen...... 221

Abbildungen...... 223

Tabellen...... 225

4 Abkürzungen und Symbole

Abb. Abbildung PAHB Professional Arts Institute of ABRSM Associated Board of the Royal Hubei Schools of Music PGT Piano Grading Test AGT Art Grading Test Prof. Professor[in] Ahn. Anhang PVGD Pianistenverband Guangdong BWV Bach-Werke-Verzeichnis RS Repertoiresammlung bzw. beziehungsweise s. siehe ca. circa S. Seite chin. chinesisch s. a. siehe auch CMH China-Musikhochschule SHMH Musikhochschule Shanghai CMV Chinesischer Musikerverband SHMV Musikerverband Shanghai Demo. Demonstration SXMV Musikerverband Shanxi Dir. Direktor u. und Dr. Doktor USA United States of America dt. deutsch usw. und so weiter E Elektronisch VCD Video Compact Disc ebd. ebenda vgl. vergleiche engl. englisch VR Volksrepublik etc. et cetera WTO World Trade Organization f. folgende [Seite] z. B. zum Beispiel ff. folgende [Seiten] ZMH Zentral-Musikhochschule Hrsg. Herausgeber/-in CMV-RS 2007 Piano Pieces for the National KV. Köchelverzeichnis Grading Test (New Edition) 2007 Min. Minute € Euro No. number ¥ Renminbi Nr. Nummer § Paragraph Op. Opus * Keine weiteren Daten ermittelbar

5 Einleitung

In dieser Arbeit geht es um die Entwicklung der Klavierpädagogik in China. Gegenstand der Untersuchung ist insbesondere der Piano Grading Test, der in der Musikausbildung Chinas eine große Rolle spielt. Der PGT wurde im Jahr 1987 in China eingeführt und repräsentiert das Ergebnis eines komplizierten Entwicklungsprozesses der chinesischen Klavierpädagogik. Der sich rasch im Land ausbreitende Test hat in den vergangenen 20 Jahren nicht nur die gesamte Instrumentalmusikerziehung, sondern auch andere künstlerische Ausbildungen stark beeinflusst. Das Kulturministerium sah die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausbildungsmethode und beteiligte sich an der Testausgestaltung. Die Prüfungsfächer, erstrecken sich heute über fast alle Musikinstrumente und auf andere künstlerischen Fächer, wie z. B. Tanzen, Malerei etc. Infolgedessen hat sich die Kandidatenanzahl von ein paar Hundert auf über eine Million erhöht. Die heutige Unterrichtspraxis mit ihren Unterrichtszielen, -inhalten und -methoden orientiert sich extrem an diesen Test. Er nimmt dadurch eine besonders repräsentative Stellung in der Instrumentalmusikpädagogik Chinas ein.

Über die allgemeine Musikerziehung Chinas gibt es zwei deutschsprachige 1 2 Publikationen: die Veröffentlichungen von YANG und SCHÖNHOFER . Beide schreiben detailliert über die Geschichte der Musikerziehung und Schulmusikerziehung. Bei beiden blieb jedoch die außerschulische Musikerziehung, insbesondere die instrumentale Musikerziehung unberücksichtigt. Im Lexikon zur Geschichte der Musikgegenwart ist ein Kapitel über China zu finden, das mit dem Jahr 1978 abschließt.3 Weitere Publikationen zur aktuellen Lage der Instrumentalmusikerziehung in China sind derzeit nicht vorhanden. Über den PGT finden sich zahlreiche Artikel in den verschiedensten chinesischen Zeitschriften und Zeitungen. Sie beschränken sich jedoch meist auf mögliche Reformen, die in chinesischen Fachkreisen angestoßen werden könnten. Die

1 YANG Yanyi: Musikerziehung in China, Zielsetzungen, Methoden und ästhetische Grundlagen, Augsburg, 1995. 2 Hui SCHÖNHOFER: Chinesische Schulmusikerziehung, seit der Gründung der Volksrepublik China, [=Dissertationsschrift der UdK, Berlin], Augsburg, 1998. 3 Ludwig FINSCHER (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. neubearb. Auflg., Sachteil 2, China, Stuttgart / Weimar, 1997, S. 695-766. 6 historische Entwicklung, die Organisationsstruktur des Prüfungsinstitutionswesens, sowie die Repertoiresammlungen des Tests sind noch nicht hinreichend erforscht worden.

In dieser Arbeit werden nicht nur Literaturquellen aus Zeitungen, Zeitschriften, Fachbüchern, sowie aus dem Internet herangezogen, sondern ebenso Dokumente der chinesischen Regierung, Gesetzestexte und Dokumente der Welthandelsorganisation. Darüber hinaus werden, wo geboten, auch deutschsprachige Literaturquellen berücksichtigt. In der Berliner Staatsbibliothek werden 43 chinesische Musik-Zeitschriften angeboten. Über ihren Internetzugang sind noch weitere 61 chinesische Musik-Zeitschriften abrufbar.4 In einem internetbasierten Datenportal staatlich chinesischer Träger kann auf chinesische Zeitungen zugegriffen werden, wie beispielsweise auf die 5 Wochenzeitung der Musik (engl. Music Weekly, chin. Yīnyùe Zhōubào 音乐周报). Von herausragender Bedeutung für die Untersuchung sind die Bestände der chinesischen Staatsbibliothek in Beijing, wo der Verfasser eine eingehende Untersuchung des Noten- und Datenmaterials zum PGT vornahm.

Von August bis Oktober 2007 erfolgte eine Recherchetätigkeit in China. Dabei wurde in der privaten Musikschule in Kunming, Anyang, Beijing und hospitiert, um die aktuelle Lage der Unterrichtspraxis zu erforschen. Die im September 2008 durchgeführten Interviews mit den Professoren der Musikhochschule Xinghais in Guangzhou erwiesen sich als sehr gehaltvoll für die weitere Arbeit.

Die Arbeit beginnt mit einer Beschreibung des historischen Hintergrunds des PGT in China. Im ersten Kapitel wird dargestellt, wie sich die Klavierpädagogik im Zeitraum vom ersten Opiumkrieg (1840-1842) bis Ende der Kulturrevolution (1966-1976) in China entwickelte. Dieser Zeitraum ist in sieben Unterkapitel aufgeteilt. Der erste Klavierunterricht in einer Missionarsschule (1881) wird dabei als die Anfangsphase angesehen. Danach folgte um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts die

4 Staatsbibliothek zu Berlin, Ostasienabteilung: Elektronische Ressourcen, in: https://caj.sbb.spk- berlin.de/login/login_oa.html, Aufruf am 29.04.2010. 5 China National Knowledge Infrastructure: Music Weekly, in: http://www.global.cnki.net/grid20/index.htm, Aufruf am 29.04.2010. 7 Klavierausbildung in der Musikbewegung School Songs. Weitere Stationen sind die Klavierausbildung in den frühen Musikbildungsinstituten (1912-1927), in der ersten Musikhochschule (1927-1937) und während der Kriegshandlungen (1937-1949). Die Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 und die Kulturrevolution (1966- 1976) beeinflussten die Entwicklung der Klavierpädagogik Chinas nachhaltig. Deshalb werden die Auswirkungen dieser Ereignisse in zwei Unterkapitel behandelt. Die Zeit von 1949 bis 1966 wird als eine Gründungsphase des neuen Staates angesehen. Diese fast siebzehn Jahre dauernde Phase hat auch heute noch Einfluss auf die aktuelle klavierpädagogische Entwicklung. Sie wurde aber während der Kulturrevolution so empfindlich gestört, dass eine geregelte Klavierausbildung damals so gut wie gar nicht zustande kam.

Nach der Darstellung der geschichtlichen Anfänge der Klavierpädagogik im ersten Kapitel, beschreibt das zweite Kapitel, wie der PGT in den 80er Jahren aufkam. In der Friedensphase ab dem Jahr 1978 konnte sich die Klavierpädagogik in China rasant entwickeln. Das Erlernen des Klavierspiels entwickelte sich in den 80er Jahren zu einem Modephänomen, Piano Craze genannt, das in diesem Kapitel zuerst betrachtet wird. Das Piano Craze hat dann später unmittelbar zum großen Erfolg des PGT beigetragen, worauf im zweiten und dritten Teil des Kapitels eingegangen wird. Der PGT wurde 1987 in Guangzhou zum ersten Mal arrangiert und repräsentiert deshalb die Entstehungsgeschichte dieses Tests innerhalb Chinas. Seit 1990 wurde der PGT auch vom Chinesischen Musikerverband als eine Förderungsmaßnahme für die Klavierausbildung eingeführt, mit der Absicht, diesen Test auch offiziell in China einzusetzen. Zum Schluss dieses Kapitels erfolgt eine weitere Vergleichsuntersuchung, um zu zeigen, welche Unterschiede es zwischen dem ABRSM-Musikexamen und dem CMV-PGT gibt.

Im dritten Kapitel wird die Entwicklung des PGT noch in drei Punkten untersucht: Die Erweiterung des Tests auf andere Musikinstrumente, seine praktische Umsetzung und die Problematik des Überspringens von Stufen.

Wegen der negativen Auswüchse innerhalb der Prüfungsinstitute und den damit verbundenen Problemen in den 90er Jahren, entschied sich im Jahr 2000 das

8 Kulturministerium6 die Verantwortung für den Tests an sich zu ziehen, um mit einer zentralen Struktur die Prüfungsinstitute einheitlich zu organisieren, und somit zu einer Niveauanhebung der künstlerischen Ausbildung auf Amateurebene und der systematischen Förderung der Talente im Land beizutragen. Anhand eines Organigramms wird im vierten Kapitel die Struktur des neuen Prüfungsinstitutionswesens dargestellt. In den Unterkapitel wird auf folgende Institutionen und Gremien eingegangen: das Kulturministerium, die AGT- Leitungsgruppe, der AGT-Expertenausschuss, die AGT-Zentrale, die Prüfungsinstitute, die lokalen AGT-Organisatoren und die Prüfer. Die Verwaltungsrichtlinien, die Prüfungsfächer und Prüfungsgebühren werden in zwei Unterkapiteln thematisiert.

Eine detaillierte Betrachtung des PGT und seiner Inhalte erfolgen im fünften Kapitel. Diese werden anhand umfangreicher Primärquellen untersucht, insbesondere anhand der 58 Repertoiresammlungen der verschiedenen Prüfungsinstitutionen für das Klavier. Hier werden die Konzeptionen der RS von vier ausgewählten Prüfungsinstituten untersucht: Der Pianistenverband Guangdong, Der Musikerverband Shanghai, Der Chinesische Musikerverband und die Zentral- Musikhochschule.

Im sechsten Kapitel wird das Untersuchungsergebnis der in den 58 RS verwendeten 3845 Werken mittels einer vom Verfasser aufgebauten Datenbank vorgestellt. Zunächst werden die Verwendungshäufigkeit der Musikwerke des Komponisten und ihre geografische Herkunft untersucht. So ergibt sich ein allgemeines, ganzheitliches Bild über die Gattungen und Komponisten der im Test verwendeten Musikwerke.

Anschließend werden die in den RS verwendeten Musikwerke von BACH, CZERNY und von chinesischen Komponisten auf ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen hin analysiert.

Um die PGT-Methoden in den verwendeten RS im Detail kennen zu lernen, enthält das siebte Kapitel eine beispielhafte Darstellung anhand der CMV-RS aus dem Jahr

6 Das Kulturministerium als oberste staatliche Behörde aller Kulturämter, wird in den Provinzen durch ein hochrangiges Kulturamt vertreten, das mit den Kulturämtern in den Städten und Landeskreisen zusammenarbeitet. 9 2007. Es bezieht sich dabei hauptsächlich auf das Trainingsziel, die Inhalte und Übemethoden der in dieser RS verwendeten Grundübungen für Etüden und polyphone Werke. Zum Schluss dieses Kapitels wird noch ein Abschnitt aus der VCD von Prof.

ZHOU Mingsun vorgestellt. Dadurch lässt sich noch besser die Besonderheit des Klavierunterrichts Chinas kennenlernen.

Um die zukünftigen Entwicklungen des PGT und der Klavierpädagogik in China zu zeigen, bezieht sich das letzte Kapitel dieser Arbeit auf die Perspektiven dreier Ebenen: Perspektiven zu den PGT, zur Klavierpädagogik, sowie zu den Chancen und Herausforderungen.

10 1 Zum historischen Hintergrund des Piano Grading Test in China (1840-1976)

In diesem Kapitel gehe ich zunächst auf die geschichtliche Entwicklung der Klavierpädagogik Chinas ein, um aufzuzeigen, vor welchem historischen Hintergrund der PGT in China aufgekommen ist. Zum Verständnis dazu ist es wichtig, den eigentlichen Beginn des ersten institutionalisierten Klavierunterrichts im Land der Mitte genau zu kennen. Er steht in einem näheren Zusammenhang mit dem ersten Opiumkrieg im Jahr 1840. Deshalb werde ich mit diesem auch musikgeschichtlich wichtigen Ereignis beginnen. Das letzte wichtige historische Ereignis vor dem Aufkommen des PGT war die Kulturrevolution (1966-1976). Daher endet dieses historische Kapitel der Arbeit mit dem Ende der Kulturrevolution.

In diesem Kapitel kommt auch auf die Einrichtungen der Bildungsinstitute, Lehrkräfte, Adressatengruppen, Lerninhalte, Übemethoden sowie die Hindernisse zur Entwicklung der Klavierpädagogik zur Sprache. Inhaltlich wird diese Untersuchung in sieben zeitlich aufeinanderfolgende Abschnitte unterteilt:

− Erster Klavierunterricht in der Missionarsschule im Jahr 1881,

− Klavier als Begleitinstrument in der Musikbewegung School Songs (chin.

Xúetáng Yùegē 学堂乐歌) um die Jahrhundertwende des 19 Jahrhunderts,

− Klavierausbildung in den frühen Bildungsinstituten für Musik (1912-1927),

− Klavierausbildung an der ersten Musikhochschule in Shanghai (1927-1937),

− Unterbrechung der Klavierausbildung während der Kriege (1937-1949),

− Klavierausbildung der Musikhochschulen in Beijing und Shanghai in der Gründungszeit der VR China (1949-1966),

− Unterbrechung der Klavierausbildung während der Kulturrevolution (1966-1976).

11 1.1 Erster Klavierunterricht in der Missionarschule im Jahr 1881 Im Jahr 1840 begann der erste Opiumkrieg zwischen Großbritannien und dem Kaiserreich China unter der Qing-Dynastie. Nach zwei Jahren endete der Krieg mit der chinesischen Niederlage.7 In der Folge wurde China nach seiner bedingungslosen Kapitulation gemäß dem am 20. August 1842 abgeschlossenen Vertrag von Nanjing gezwungen, seine Märkte zu öffnen, die Insel Hongkong an Großbritannien abzutreten, 21 Millionen Silberdollar zu zahlen und insbesondere den Opiumhandel zu dulden.8 Die Kolonialmächte öffneten den ihnen bislang versagten Zugang zum chinesischen Binnenmarkt durch militärische Gewalt. Die konkreten Klauseln des aufgezwungenen Friedensvertrages sind nicht Gegenstand dieser Arbeit. Eine Vertragsklausel, das Abtreten Hongkongs, ist jedoch hervorzuheben, weil sie den ausländischen Missionaren die Möglichkeit eröffnete, in Hongkong ihre Kirchen und Missionarschulen aufzubauen. Hongkong wurde somit eine wichtige Zentrale der Missionare in Asien.9 So konnten sich das westliche Wissen und die westliche Kultur zunächst in Hongkong etablieren.

Der amerikanische Missionar Samuel Robins BROWN (1810-1880) gründete am 1. November 1839 die Morrison Education Society School. Diese Schule fungierte als Grund- und Mittelschule. Zunächst wurden sechs chinesische Schüler aufgenommen, die eine Ausbildung als zukünftige chinesische Missionare erhielten.11 Als sie im Jahr 1842 nach Hongkong umzogen, wurde dort Musikunterricht angeboten. Dieses Ereignis hat in der Geschichte

Abb. 1: Samuel der Musikerziehung Chinas eine besondere Bedeutung: es markiert 12 Robins Brown10 den Beginn der westlich orientierten Musikerziehung.

7 Jacques GERNET: Die chinesische Welt, Frankfurt am Main, 1988, S. 452-453. 8 Jonathan D. SPENCE: Chinas Weg in die Moderne, München, 1995, S.198-200. 9 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 3. 10 Baika undo iin (Hrsg.): Japanische Christentumsgeschichte, kyouryoku dendokyoku zimusyo, Sendai, 1922, S. 5 (倍加运动委员: 日本基督教会史略, 協力伝道局事務所出版, 仙台), in: http://kindai.ndl.go.jp/BIImgFrame.php?JP_NUM=43032743&VOL_NUM=00000&KOMA=5&ITYP E=0, Aufruf am 28.01.2010. 11 Wing YUNG: My Life in China and America, New York, 1909, S. 12-15. 12 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 4. 12 Die Tätigkeit der Missionare war zunächst ausschließlich auf Hongkong beschränkt. Mit dem Abschluss des Vertrags von Huangpu am 24. Oktober 1844 konnten die Missionare ihre Arbeit auch im Binnenland aufnehmen. Dieser, an Frankreichs Interessen ausgerichteten Friedensvertrag, ist inhaltlich eng mit dem am 20. August 1842 mit Großbritannien abgeschlossenen Vertrag von Nanjing und dem am 3. Juli 1844 mit den USA abgeschlossenen Vertrag von Huasha verbunden. In ihm wurde u. a. vorgeschrieben, dass die Tätigkeit der katholischen Missionare in China zu erlauben sei.13 Der Vertrag von Nanjing öffnete die chinesischen Märkte, der Vertrag von Huangpu ist mit der zwangsweisen „Öffnung des Geistes“ der chinesischen Bevölkerung verbunden. Hiernach gewann die Kirche in China immer mehr Einfluss, mit der Folge, dass viele Missionarschulen, vor allem in Küstennähe gebaut wurden, wie z. B. in Shanghai, Ningbo, Fuzhou, Yantai und Tianjin. Die Missionare kamen vorwiegend aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Kanada.

Beim Gottesdienst konnte die chinesische Bevölkerung immer öfter ein fremdes Begleitinstrument wahrnehmen: das Klavier. Ausländische Geschäftsleute brachten es von zu Hause mit. Im Jahr 1850 eröffnete ein englischer Geschäftsmann in Shanghai den Musikladen „Moutrie“, wo man Klaviere, Harmonium-Instrumente und Geigen kaufen konnte. 14 Seitdem war das Klavier in der Kirche immer öfter zu sehen und zu hören. Hier betätigten sich die Missionare als „Pianisten“. Der Klang des Klaviers und die von den Missionaren vorgespielten einfachen Lieder wurden von vielen Chinesen immer mehr geschätzt, und so kam es, dass die Missionarschulen den ersten Klavierunterricht für Chinesen anboten.

Der früheste dokumentarisch nachweisbare Klavierunterricht fand im Jahr 1881 im damaligen Anglo-Chinese College in Shanghai statt. Dieses College war von dem

amerikanischen Missionar Young John ALLEN (1836-1907), mit chinesischem Namen

LÍN Lèzhī (林乐知), gegründet worden. Es handelte sich um eine Männerschule, in die nur Sprösslinge reicher Familien aufgenommen wurden.15 Aus der im Jahr 1880 von

13 Jonathan D. SPENCE: Chinas Weg in die Moderne, München, 1995, S. 201. 14 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 7. 15 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 8. 13 Allen verfassten Unterrichtsordnung ist zu erkennen, dass insgesamt acht Jahre lang

Klavierunterricht angeboten wurde.

„[...] In der französischen Siedlung Baxian Qiao und der amerikanischen Siedlung Hongkou werden die chinesischen und englischen Schulabteilungen in diesem Jahr fertig gestellt sein. Sie sollen im kommenden Jahr öffnen und Unterricht anbieten. [...] Die Schüler sollten insgesamt acht Jahre die Schule besuchen. So können sie gut ausgebildet werden. Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass die Schüler in der Zukunft auf bestimmten Gebieten die kirchlichen Aktivitäten unterstützen können.

Folgende Unterrichtsfächer sollen wie nachfolgend beschrieben nach Schuljahren stattfinden: Erstes Jahr: Schriftzeichen, einfacher Satz, einfacher Text, Klavier; Zweites Jahr: einfacher Text, Grammatik, Übersetzung, Klavier, Englisch; Drittes Jahr: Mathematik, Geographie, Übersetzung, Redekunst, Klavier, Englisch; Viertes Jahr: Mathematik, Wissenschaftskunde, Übersetzung, Klavier, Englisch; Fünftes Jahr: Sternkunde, Satz des Pythagoras, Trigonometrie, Klavier, Englisch; Sechstes Jahr: Chemie, Physik, Differentialrechnung, Integralrechnung, Übersetzung, Klavier, Englisch; Siebtes Jahr: Seefahrtkunde, internationales Gesetz, Übersetzung, Klavier, Englisch; Achtes Jahr: Regierungsstrategie, Sternkunde, Geographie, Mineralogie, Übersetzung, Klavier, Englisch

[...] Am Sonntag ist Ruhetag. Wenn die Schüler am Gottesdienst teilnähmen, wäre es sehr gut. [...]“16

Aus dieser Aufstellung ist zu erkennen, dass die angebotenen Unterrichtsinhalte hauptsächlich westliches Wissen behandelten. Aber auch Chinesisch wurde unterrichtet, wie z. B. Schriftzeichen, Textschreiben usw. Vor allem kam dem Englischunterricht und dem Klavierunterricht große Bedeutung zu. Fast jedes Jahr wurden beide Unterrichtseinheiten angeboten. Aus den angebotenen Fächern ist zu erkennen, dass Fähigkeiten des Übersetzens vom Englischen ins Chinesische einen Hauptinhalt der Ausbildung darstellten. Der Klavierunterricht war als Abwechslung gedacht und wurde nur als Wahlfach angeboten. Eine Ausbildung als „Berufspianist“ war damit nicht verbunden. Klar ist jedoch, dass hier die Anfänge des Klavierunterrichtes in China bereits liegen.

Neben den Missionarsschulen gab es noch weitere Schulen, in denen ebenfalls Klavier gespielt und unterrichtet wurde. Die Frauenschule Me Tyeire School wurde

16 LIN Lezhi: Unterrichtsordnung der Anglo-Chinese College (1880), in: CHEN Xuexun (Hrgb.): Lehr- Nachschlagewerk der chinesischen Erziehungsgeschichte in Neuzeit, Band III, Beijing, 1986, S. 140. 14 am 17. März 1892 von der Missionarin der amerikanischen Südkirche Laura

HAYGOOD in Shanghai gegründet und nahm. Aufgenommen werden konnten Mädchen ab dem 8. Lebensjahr. Zu den Wahlfächern gehörten Musik und Tanz. Im Fach Musik wurde Unterricht in Klavier, Gesang und Streichinstrumenten angeboten. Für den Klavierunterricht ließen sich mehr als ein Drittel der Gesamtschüler begeistern. Was man im Klavierunterricht lehrte, ist heute nicht mehr eruierbar. Man weiß nur, dass die Übungsbücher für das Klavierspiel in Amerika gekauft wurden.17 Die amerikanisch-anglikanische Kirche gründete im Jahr 1881 in Shanghai die Schule St. Mary’s Hall. Dort wurde seit 1903 Klavierunterricht angeboten. Die

Klavierlehrerin hieß Miss M. S. MITCHELL. Der Schule standen ein Klavier und zwei Harmonia zur Verfügung. Zu einem bestimmten Zeitpunkt entschieden sich ca. 100 Schüler für den Klavierunterricht. Leider gab es aber zu wenige Klaviere, so dass die Lern- und Übungsbedingungen stark eingeschränkt waren.18 Keen School wurde am 8. September 1909 von der amerikanisch- bischöflichen Methodistenkirche in Tianjin gegründet. Im Jahr 1915 gab es in dieser Schule sechs Klavierräume. Daraus ist zu erkennen, dass sich im Laufe der Zeit die Lernbedingungen durch Klavieranschaffungen verbesserten. Klavierlehrer war der amerikanische Missionar 19 Minta STAHL, der für den Unterricht die Lehrmaterialien in Amerika bestellt.

Den damaligen Klavierunterricht hat Prof. Dr. BIAN in Gesprächen mit älteren chinesischen Pianisten folgendermaßen beschrieben:

„Die frühesten Klavierlehrkräfte waren die amerikanischen Missionare. Sie konnten aber meistens nur die einfachen Psalmen oder Lieder spielen. [...] Sie waren eigentlich Amateure. Sie lehrten die chinesischen Schüler das Klavier so zu spielen, wie sie es

konnten. [...] Es gab wenige Missionare, die etwa die Etüden von BEYER oder einfache Sonatinen vorspielen konnten.“ 20

Zusammenfassend kann man sagen, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die westliche Kultur durch ausländische Geschäftsleute und Missionare nach China gebracht und dort verbreitet wurde. Die Chinesen öffneten sich zwangsweise der

17 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 9-10. 18 Ebd. S. 20. 19 Ebd. S. 38-39. 20 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 20. 15 westlichen Zivilisation. Vor diesem Hintergrund begann der Klavierunterricht in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Wahlfach in der Missionarschule. Jetzt bekamen einige Schüler die Chance, das Klavier kennenzulernen und gegebenenfalls auch den Klavierunterricht zu besuchen. Die Klavierlehrkräfte waren meistens amerikanische oder europäische Missionare. Der Unterricht wurde von Amateuren für Amateure erteilt. Das Erlernen des Klavierspielens fand noch keine große Verbreitung. Der Klavierunterricht in China befand sich in einer bescheidenen Anfangsphase.

16 1.2 Klavier als Begleitinstrument in der Musikbewegung School Songs zur Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts Um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts begannen Chinesen, vor allem chinesisches Studenten, ins Ausland zu reisen. Sie wollten sich selbst einen Eindruck von den Lebensverhältnissen im Ausland verschaffen. Ihre wichtigste Aufgabe war es, herauszufinden, welches Knowhow China dringend benötigte. So fand allmählich eine aktive und selbstbewusste Rezeption der westlichen Kultur statt.

Im Jahr 1898 wurde ein Buch vom ZHANG Zhidong mit dem Titel Quànxúe Piān 劝学篇 (dt. Ratschlag zum Studium) auf Chinesisch veröffentlicht. Eine englische Ausgabe erschien im Jahr 1901 in London mit dem Titel China’s only Hope und thematisierte das Auslandsstudium chinesischer Studenten. Seiner Meinung nach sollten chinesische Studenten gemäß den damaligen Bedingungen besser in Japan studieren als in Europa. Der Verfasser begründete dies mit drei Punkten. Zunächst sei Japan räumlich näher zu China, weswegen die Fahrkosten niedriger seien. Zweites seien sich die japanische und die chinesische Sprache ähnlich, deswegen sei das Erlernen der Fremdsprache für Chinesen einfacher. Zum Dritten hätten die Japaner bereits das für sie wichtigste westliche Wissen ins Japanische übersetzt. Somit könnten die Chinesen das von den Japanern übernommene westliche Knowhow übernehmen, da sich die chinesische und die japanische Kultur ähnelten. 21 Der Autor war ein reformorientierter Spitzenbeamter des späten Qing-Kaiserreichs und diente als Provinzgouverneur, Vizekönig und Mitglied des Großen Rates. Seine Argumente für ein Studium in Japan beeinflusste die studentische Jugend, so dass sich um die Jahrhundertwende viele chinesische Studenten für ein solches Studium in Japan entschieden. Am Anfang konnten sie meistens mangels Sprachkenntnisse noch nicht gleich an einer Universität studieren. Um dieses Problem zu beheben, wurde im Jahr 1902 vom Kanō Jigorō (1860-1938) eine Vorbereitungsschule für die chinesischen Studenten in Tokyo gegründet: die „Hongwen Schule“. Dort wurde auch ein intensiver Musikkurs angeboten. Die chinesischen Studenten lernten in diesem Kurs

japanische und europäische Lieder kennen. Ein Student namens SHEN Xingong (1870- 1947) besuchte im Jahr 1902 solch einen Musikkurs. Als er im Februar 1903 wieder nach China zurückkehrte, versuchte er die in Japan gelernten Lieder mit chinesischem Text im Musikunterricht der Grundschule singen zu lassen. Seine Idee setzte er mit

21 CHANG Chihtung: China’s only Hope, London, 1901, S. 93-94. 17 größtem Erfolg in Shanghai um. Die so bearbeiteten ausländischen Lieder wurden auch außerhalb der Schule bekannt. Dieses Unterrichtsmodell fand bald in ganz China Verbreitung und wurde später von der chinesischen Musikwissenschaft als Beginn der Musikbewegung School Songs eingestuft.22

Die bekannten chinesischen Musiker dieser Musikbewegung sind SHEN Xingong

(1870-1947), LI Shutong (1880-1942) und ZENG Zhimin (1879-1929). Als sie nach dem Studium aus Japan zurückkamen, hatten sie nicht nur die Lieder, sondern auch die Lehrbücher für allgemeine Musiklehre, Tonsatz, Blattsingen und vor allem

Klavierschulen mitgebracht. Sie beinhalteten die Etüden von BEYER und CZERNY,

Fingerübungen von HANON und Sonatinen und sind damit die frühesten dokumentarisch nachweisbaren verwendeten Klavierschulen in der Geschichte der Klavierpädagogik Chinas. Sie wurden sehr lange Zeit im Klavierunterricht verwendet, teilweise sogar noch heute.23

Im August 1907 veranstalteten die in Japan studierten chinesischen Studenten in Shanghai einen „Sommer Musikkurs“. Dabei wurde neben der allgemeinen Musiklehre auch Klavierunterricht angeboten. 24 Die von Japan mitgebrachten Materialien wurden ins Chinesische übersetzt und im Kurs verwendet. Durch die in weiteren Städten stattgefundenen Musikkurse verbreiteten sich die Materialien landesweit. Dazu gehörten auch die Klavierschulen. Für das Liedsingen benötigte man Musikinstrumente als Begleitung. Zu diesem Zweck spielte sich das Klavier langsam in den Vordergrund, mit der Folge, dass die europäischen Musikinstrumente, vor allem das Klavier, immer mehr wahrgenommen und eingesetzt wurden. Folgender Unterrichtsplan wurde für den Liederunterricht an der pädagogischen Universität im Jahr 1912 vorgegeben.

22 WU Yanqiu: Entstehung und Entwicklung der Musikbewegung School Songs in China, in: Art Research, Harbin, 02/2008, S. 139. 23 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 9. 24 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 35. 18 Semester I Semester II Semester III Musiklehre Zeilensystem, Notenschlüssel, Akkoladen, Tonarten, Note, Pause, Punktierte Noten, Doppeltpunktierte Noten Klaviertastatur, Taktstriche, Takt, C und G Dur und Pausen, Transposition anderen Musiksymbole Tabelle 1: Unterrichtsplan für den Liederunterricht an der pädagogischen Universität Beijings im Jahr 191225

Der Unterricht fand zusammen mit dem Erlernen der Klaviertastatur statt. Das bedeutet: obwohl sich die Musikerziehung in dieser Zeit hauptsächlich nur auf das Liedsingen konzentrierte, spielte nun das Klavier im Musiklernen eine immer wichtigere Rolle.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in der Zeit des School Songs die chinesischen Musikpädagogen eine Unterrichtsmethode von Japan übernahmen. Zwar waren die Lerninhalte hauptsächlich auf das Liedsingen beschränkt, jedoch wurde die allgemeine Musiklehre, der Tonsatz und das Singen vom Blatt landesweit verbreitet. Vor allem das Klavier konnte sich als Begleitinstrument im alltäglichen Musikleben durchsetzen. Die von Japan mitgebrachte Klavierschule veranlasste mehrere Musikliebhaber, ein Übungsbuch für das Klavierspiel herauszugeben. Dadurch fanden das Klavier und sein Klang in dieser Musikbewegung landesweit Verbreitung. Das Erlernen des Klavierspiels erfuhr durch die landesweit ausgedehnten School Songs als Begleitinstrument beim Liedsingen viel Anerkennung.

25 Pädagogische Universität Beijings: Liederunterrichtsplan 1912, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 405. 19 1.3 Klavierausbildung in den frühen Musikbildungsinstituten (1912-1927)

Am 1. Januar 1912 wurde die Republik China gegründet. Präsident SUN Yat-sen

(1866-1925) ernannte CAI Yuanpei (1868-1940) zum Bildungsminister. CAI hatte von 1908 bis 1911 an der Universität Leipzig Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte studiert. Nach dem Studienaufenthalt in Deutschland wollte er die bisherige chinesische Bildungspolitik reformieren. Vor allem eine spezifische ästhetische Erziehung war für ihn ein wichtiger Bestandteil seiner neuen Bildungspolitik. Der grundlegende Gedanke der neuen Bildungspolitik war, dass die fünf Lebensstile Tugend, Weisheit, Gesundheit, Kollektiv und Schönheit geleichbedeutend angesehen werden sollten. 26 Am 10. Juli 1912 fand die erste Versammlung im Bildungsministerium statt. Mit dieser Versammlung sollte eine

nationale Bildungsreform in China angestoßen werden. CAI formulierte:

„[…] dass diese Versammlung einen neuen Anfang der nationalen Bildungsreform bedeutet. Die bisherige Bildungspolitik wurde durchweg von Japan beeinflusst. Meiner Meinung nach ist dies nicht in Ordnung, weil die Verhältnisse in Japan und China unvergleichbar sind. Die neue Bildungspolitik sollte sich an die wirkliche Lage Chinas anpassen.“28

Leider wurde diese Bildungsreform nicht verwirklicht, weil

CAI am 14. Juli 1912 unter der Präsidentschaft von YUAN Shikai (1859-1916) zurücktrat. Danach kehrte er wieder nach Abb. 2: CAI Yuanpei in Deutschland zurück und ging anschließend nach Frankreich. Berlin im Jahr 190827 Während seines Aufenthaltes in Deutschland traf er mit

XIAO Youmei zusammen, dessen Einfluss auf die chinesische Musikpädagogik nachfolgend beschrieben wird (s. S. 21 ff.). Beide hatten an der Universität Leipzig studiert. Sie nutzten die Gelegenheit, um ausführlich über das Bildungssystem in China, vor allem über Musikerziehung zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund konnte

CAI später XIAO dabei unterstützen, die erste Musikschule zu gründen.

26 CAI Yuanpei: Meinung über Bildungspolitik, in: Minli Zeitung, 8-10/02/1912, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 353-355. 27 Foto aus: Gedenkstätte CAI Yuanpei, http://www.eeloves.com/upload/memorial/caiyuanpei/28132467bcf73d2972.jpg, Aufruf am 20.06.2009. 28 CAI Yuanpei: Sitzungsprotokoll am 10 Juli 1912, in: Bildungszeitschrift, 09/1912, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 356. 20 Im Jahr 1916 kehrte CAI nach China zurück. Am 26. Dezember erhielt er eine Anstellung als Rektor der Universität Beijing, die er am 4. Januar des folgenden Jahres antrat. Seine Leitlinien der Universitätsführung „Freiheit des Gedankens“, „Freiheit der Forschung“ und „Ganzheitliche Erziehung“ hatten damals die chinesischen Intellektuellen aufgeweckt und stark beeinflusst. Im Sommer 1917 waren bereits 2000 Studenten immatrikuliert; die Universität Beijing entwickelte sich zur größten Alma Mater Chinas. CAI gründete am 30. Januar 1919 den „Verein für

Musikforschung“ an der Universität Beijing. CAI wurde der Leiter dieses Vereins und richtete fünf Abteilungen für Klavier, Geige, Guqin, Pipa und Kun-Oper ein.29 In der Abteilung Klavier gab es insgesamt 49 Mitglieder. Allmählich wurden ähnliche Vereine in anderen Städten gegründet, z. B. im Jahr 1919 in Shanghai ein „Verein für ästhetische Erziehung“. Diese Vereine dienten den Mitgliedern (hauptsächlich Musiker und Kunstmaler) als ein gemeinsamer Ort der vielseitigen Kommunikation, wo auch Konzerte und Musikkurse organisierten wurden.

Im Jahr 1920 kehrte ein großer Musikpädagoge nach seinem siebenjährigen

Studienaufenthalt in Deutschland (1912-1919) nach China zurück. Er hieß XIAO Youmei (1884-1940), hatte am Königlichen Konservatorium in Leipzig studiert und an der Fakultät der Musikwissenschaft an der Universität in Leipzig promoviert. Sein größter Wunsch war es, die erste Musikhochschule in China zu gründen. Am 31. Mai 1920 wurde seine erste Abhandlung darüber veröffentlicht:

29 Musikforschungsinstitut Beijings: Mitgliederordnung der Musikforschungsinstitut Beijings, 30/01/1919, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840- 2000), Shandong, 2004, S. 54-55.

21 „Die europäische Musik ist deswegen fortschrittlicher, weil sie mit einer fortschrittlichen Musikerziehung verbunden ist. [...] Wenn wir heute nicht umgehend eine Musikhochschule einrichten, werden Chinesen in Zukunft im Bereich der Musik sprachlos sein.“31

Als er nach China zurückkam, lehrte er zuerst am oben

erwähnten, von CAI Yuanpei gegründeten und geleiteten „Verein für Musikforschung“ Musiklehre, Tonsatz und 32 30 Musikgeschichte. Bevor sein Wunsch verwirklicht werden Abb. 3: Dr. XIAO Youmei konnte, gründete er zunächst zwei Musikfakultäten: 1921 an der pädagogischen Universität für Frauen 33 und 1925 an der Kunstakademie in Beijing34. An beiden Bildungsinstituten wurde Klavier als Pflichtfach angeboten, z. B. musste eine Studentin an der pädagogischen Universität für Frauen bei einem dreijährigen Studium insgesamt 100 Stunden Klavierunterricht besuchen und in 1440 Unterrichtsstunden das Klavierspiel üben.35 Aus dieser Fakultät entstand später die Musikfakultät der pädagogischen Universität Beijing. 36 Die Musikfakultät an der Kunstakademie Beijing wurde später in die Zentral-Musikhochschule eingegliedert.37

Während der Universitätspräsident CAI und Dr. XIAO in Beijing das Musikinstitut und die Musikfakultäten gründeten, wurden von den Musikpädagogen FENG Zikai, WU

Mengfei und LIU Zhiping in Shanghai noch zwei weitere Musikfakultäten eröffnet: 1920 an der pädagogischen Akademie und 1925 an der privaten Kunstakademie und

30 Foto aus: http://www.shcmusic.edu.cn/Html/yymj/mingjia/618850379218.htm, Aufruf am 30. 03. 2009. 31 XIAO Youmei: Was ist Musik? Die europäische Musikbildungsinstitute, Was ist Musikwissenschaft? Die Ursachen der sich nicht entwickelten Musikerziehung Chinas, in: Musikzeitschrift, 03/1920, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 59. 32 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 54. 33 Fakultät der Musikpädagogik der pädagogischen Universität für Frauen: Unterrichtsplan 1921, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 365. 34 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 73. 35 Fakultät der Musikpädagogik der pädagogischen Universität für Frauen: Unterrichtsplan 1921, in: SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 365. 36 SUN Jinan (Hrsg.): Musikerziehungsgeschichte am Jahrestag in der Neuzeit (1840-2000), Shandong, 2004, S. 168. 37 Ebd. S. 160. 22 Kunstuniversität. In beiden Schulen wurde das Fach Klavier angeboten. 38 Die Verbreitung von Musikbildungsstätten beschränkte sich auf die großen Städte. Ab Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre entwickelte sich Shanghai zur Weltstadt. Dort konzertierten sehr oft von ausländische Musiker , so z. B. der russischen Opernsänger Fjodor SCHALJAPIN (1873-1938), der polnisch-

amerikanischen Pianist Leopold GODOWSKY (1870-1938), der polnische Pianist Artur

RUBINSTEIN (1887-1982), der russische Pianist, Komponist und Dirigent Sergei

RACHMANINOW (1873-1943), dem österreichstämmige Geiger und Komponist Fritz

KREISLER (1875-1962), der russisch-amerikanische Geiger Jascha HEIFETZ (1901- 39 1987) und der ungarisch-amerikanische Geiger Joseph SZIGETI (1892-1973). Mit den Konzerten dieser weltberühmten Musiker öffnete sich für die Chinesen das Tor zur europäischen Musik.

In den Jahren 1904 und 1918 kam der italienische Pianist Mei PACI nach Shanghai,

um Klavierkonzerte zu geben. Der Klavierlehrer PACIs hieß Giovanni SGAMBATI

(1841-1914) und war ein Schüler von LISZT (1811-1886). Als Mei PACI im Jahr 1918 nach Italien zurückkehren wollte, wurde er krank und konnte nicht abreisen. Er entschied sich, in Shanghai zu bleiben und arbeitete dort als Dirigent in einem Orchester des Ministeriums für Gewerbe und öffentliche Bauten. Neben der Tätigkeit als Dirigent und Pianist gab er auch Klavierunterricht. Somit war er der erste nachweisbare professionelle Klavierlehrer aus Europa in der Geschichte der

chinesischen Klavierpädagogik. Seine Schüler, YU Bianmin, ZHANG Juanwei, ZHU

Gongyi, ZHOU Guangren, WU Yili und FU Chong, wurden später bedeutende chinesische Pianisten oder Klavierpädagogen. 40 In technischer Hinsicht besonders

wichtig war für PACI das Fingertraining bei ruhiger Hand. Sein Schüler FU Chong konnte sich noch erinnern, dass er ihm eine Münze auf den Handrücken legte. Sobald sie hinunterfiel, bekam er einen Schlag von Herrn PACI. Dieses Training für die „Unabhängigkeit“ 41 und die Kraft der Finger werden später in China wichtige Lerninhalte beim Klavierüben. Solche Technik wurde beim Spielen aller Musikstilrichtungen angewendet, sowohl bei klassischer und romantischer Musik, als

38 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 15. 39 Ebd. S. 11-12. 40 Ebd. S. 10. 41 Das aus dem Chinesischen mit „Unabhängigkeit“ übersetzte Wort meint das spezielle Klaviertraining, um flexible, selbständige Finger unabhängig vom Rest der Hand zu erhalten. 23 auch bei impressionistischer Musik. Das strenge Fingertraining ist heute noch eine Besonderheit der meisten chinesischen Pianisten.42

Die in den ersten 15 Jahren der Republik China in Beijing und Shanghai gegründeten Musikinstitute und Musikfakultäten, die vom Ausland zurückgekehrten chinesischen Pädagogen und Musikpädagogen, die Unterrichtstätigkeit qualifizierter Lehrer aus dem Ausland sowie ihre Konzerte bilden wichtige Beiträge zur Verbesserung der

Klavierausbildung in China. Nach der Erinnerung des Pianisten DING Shande war vor 1920 noch kein chinesischer Pianist in China imstande, einen Klavierabend zu geben.

Als hochqualifiziert wurde er bereits angesehen, wenn er etwa MOZARTs „Alla Turca“ (Sonate A-Dur KV 331, 3. Satz) spielen konnte.43

Nach der Gründung der Republik China entwickelte sich Shanghai zur „Musikhauptstadt“ Chinas. Die in den Musikinstituten und Musikfakultäten gesammelten Erfahrungen waren für die später gegründete Musikhochschule von großer Bedeutung. Die in den 20er Jahren an den verschiedenen Universitäten gegründeten Musikbildungsinstitute bildeten viele Musiklehrkräfte aus. Somit entwickelte sich ein stets größer werdender hochmotivierter chinesischer Musiklehrkörper.

42 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 10. 43 Ebd. S. 11. 24 1.4 Klavierausbildung an der ersten Musikhochschule (1927-1937)

Am 12. Oktober 1927 wurde CAI Yuanpei abermals als Bildungsminister von der 44 Regierung Chinas berufen. In ihm fand Dr. XIAO endlich die Unterstützung für die Gründung der ersten Musikhochschule Chinas in Shanghai am 27. November 1927.45 Ihr erster nebenberuflicher Hochschuldirektor war von November 1927 bis September

1928 CAI. Zu seinem Vertreter ernannte Dr. XIAO, der von Dezember 1927 bis September 1928 wirkte. Er leitete anschließend die Musikhochschule von September 1928 bis Dezember 1940. 46 Die beiden Gründer kannten sich bereits aus ihrer

Studienzeit in Deutschland. Als CAI im Jahr 1912 ein zweites Mal nach Deutschland fuhr, ließ er sich an der Universität Leipzig für ein Jahr als Gaststudent registrieren.

Zu dieser Zeit studierte auch XIAO dort. Daher darf man behaupten, dass ihre gemeinsame Idee der Gründung einer Musikhochschule in China in einer engen Beziehung mit ihrem Studium in Leipzig steht. Die Gründung der ersten Musikhochschule ist in der chinesischen Geschichte der Musikpädagogik ein entscheidendes Ereignis. Seitdem konnten professionelle Musiker qualifiziert ausgebildet werden.

Am Anfang wurden vier Fachrichtungen in der Musikschule eingerichtet, nämlich für

Klavier, Gesang, Geige und Komposition. Die Instrumentalisten des vom PACI dirigierten Orchesters waren auch die Hauptlehrkräfte der Musikhochschule. Dr. XIAO verzichtete auf den Kauf eines Dienstautos und verwendete dieses Geld, um für die Schule einen Ibach-Flügel zu kaufen. 47 Die Initiative, gerade in Shanghai eine Musikhochschule gerade zu gründen, hängt übrigens auch mit der damaligen vielfältigen internationalen und interkulturellen Kommunikation zusammen. Ein Vorteil war, dass die Musikstudenten in Shanghai die Möglichkeit hatten, die Konzerte von weltberühmten europäischen Musikern zu besuchen.

Im Jahr 1929 entschied sich Dr. XIAO, einen russischen Pianisten anzustellen. Er hieß

Boris ZAKHAROFF und hatte in den 20er Jahren in Shanghai häufig Konzerte gegeben.

44 JIN Qiao: XIAO Youmei und die chinesische Musikerziehung in Neuzeit, Shanghai, 2006, S. 79. 45 Ebd. S. 80. 46 Shanghai-Musikhochschule: Introduction, in: http://www.shcmusic.edu.cn/html/intro/57551876905.html, Aufruf am 20. 07. 2009. 47 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 16. 25 Seine Programme enthielten z. B. das Wohltemperierte Klavier von BACH, Sonaten

und Konzerte von MOZART und BEETHOVEN, Werke von SCHUMANN, CHOPIN und 48 GRIEG wie auch impressionistischen Werke von DEBUSSY und RAVEL.

Als ZAKHAROFF als Klavierprofessor von der Musikhochschule berufen wurde, lehrte er die Fingerübungen von HANON, die Etüden von CZERNY Op. 299 und 740, um die Spieltechnik der Studenten zu verbessern. Sie konnten mit diesem

Training damals die Klavierwerke von BACH, MOZART, BEETHOVEN, SCHUMANN,

CHOPIN, LISZT, GRIEG, DEBUSSY und RAVEL spielen. Seine Studenten LI Xianmin,

DING Shande, WU Yueyi und LI Cuizhen wurden später Dozenten an den Musikhochschulen Chinas und bildeten die erste Generation von chinesischen

Pianisten aus. LI Cuizhen war in der Lage, 23 Sonaten von BEETHOVEN auswendig zu

spielen. Am 11. Mai 1935 gab DING Shande sein erstes Klavierkonzert in Shanghai. Es war der erste von einem Chinesen gegebene Klavierabend. Das Programm enthielt

folgende Werke: Sonate von BEETHOVEN Op. 27 Nr. 2, Arabesque von DEBUSSY,

Aufforderung zum Tanze von WEBER, erster Satz des Klavierkonzertes a-Moll von

GRIEG, Etüde f-moll Op. 10 Nr. 9 von CHOPIN, Polonaise Op. 53 von CHOPIN,

Wiegenlied von HE Luding, Shepherd Boyand Piccolo von HE Luding, zwei

Klavierskizzen von Alexander TCHEREPNIN und die ungarische Rhapsodie Nr. 6 von 49 LISZT. In dieser Zeit entwickelte sich die Klavierpädagogik sehr schnell. Mit diesem Fortschritt gelang es, die chinesische Klavierausbildung auf eine berufsbezogene Ebene zu heben.

Auf Empfehlung von Herrn ZAKHAROFF wurden später noch andere russische 50 Klavierlehrer eingestellt: Aaron AVSHALOMOV (1894-1965) und LAZAREV . Die Einstellung zum Klavierspiel, die Unterrichts- und Übungsmethodik waren mit denen

ZAKHAROFFs identisch. Im Vordergrund stand das Fingertraining. Die richtige Handhaltung sollte in ihrer Ausgangsposition dem Aufnehmen eines Eies gleichen. Die stark am technischen Training orientierte Unterrichtsmethodik beeinflusst bis heute noch die chinesischen Pianisten und Klavierpädagogen nachhaltig. Seitdem hat

48 Ebd. S. 17. 49 Ebd. S. 18-19. 50 Hinweis, dass aufgrund fehlender Quellen auf Geburts- und Sterbedatum verzichtet werden muss. 26 sich allmählich ein eigener stark technikorientierter chinesischer Stil des 51 Klavierspieles entwickelt. Beispielhaft sei auf LIU Aixian verwiesen, einen Schüler von LAZAREV, der später als Klavierlehrer in der angegliederten Musikschule der Musikhochschule zu Shanghai tätig war. Er vertrat die Auffassung, „dass Tonleiter und Arpeggio die Vitamine sind, die wir jeden Tag brauchen.“ 52 Diese Unterrichtseinstellung war von seinem Lehrer beeinflusst und wirkte sich tiefgreifend auf die Klavierausbildung in China aus.

Mit der Gründung der Musikhochschule in Shanghai hatten die Musikpädagogen in anderen Städten Chinas ein erfolgreiches Vorbild und Modell vor Augen. An den Universitäten in Shanghai, Hangzhou, Beijing, Nanjing und Wuchang wurden weitere Musikfakultäten eingerichtet. Sie bildeten die Lehrkräfte für den Instrumentalmusikunterricht aus. In den Jahren 1927 bis 1937 entwickelte sich die Instrumentalmusikpädagogik sehr schnell, so dass es im Gegensatz zu früheren Zeiten immer bessere Bedingungen für das Erlernen eines Musikinstrumentes gab. 53 Die Gründung dieser Musikhochschule bedeutete einen historischen großen Fortschritt für die Klavierausbildung in China.

51 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 19-20. 52 Ebd. S. 19. 53 Ebd. S. 20. 27 1.5 Unterbrechung der Klavierausbildung während der Kriege54 (1937-1949) Leider wurde die positive Entwicklung der Klavierpädagogik wegen des Chinesisch- Japanischen Krieges (1937-1945) und des anschließenden Bürgerkrieges (bis 1949) unterbrochen. Eine Klavierausbildung an den Musikinstituten war nicht mehr möglich.

CAI und Dr. XIAO, die beiden Gründer der Musikhochschule Shanghais, starben im

Jahr 1940. 1941 starb auch der russische Klavierlehrer ZAKHAROFF.

Der blutige Bürgerkrieg zwischen Nationalisten unter CHIANG Kai-shek (1887-1975)

und Kommunisten unter MAO Zedong (1893-1976) führte dazu, dass ein Teil der chinesischen Pianisten und Klavierpädagogen nach Taiwan oder ins Ausland flüchtete. Viele starben während des Krieges oder spielten nicht mehr Klavier. Die Klavierpädagogik befand sich in einer prekären Lage. Die im Land verbliebenden Studenten und Dozenten bildeten nach der Gründung der Volksrepublik China das Rückgrat der Klavierausbildung.

1.6 Klavierausbildung in den Musikhochschulen in Beijing und Shanghai in der Gründungszeit der VR China (1949-1966) Nach der Gründung der VR China im Jahr 1949 wurde Beijing wieder zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Staates. Auch in der Musikerziehung wurde Beijing führend. Shanghai hatte durch den Kalten Krieg seine große internationale Stellung auf allen Gebieten verloren. Die Jahre 1949 bis 1966 (also von der Gründung der Volksrepublik bis zum Anfang der Kulturrevolution) können als zweite wichtige Entwicklungsphase in der Klavierpädagogik Chinas gelten. Die Gründungen neuer Musikhochschulen und Klavierbaubetriebe führten dazu, dass immer mehr beruflich orientierte Musikstudenten qualifiziert ausgebildet werden konnten.

Am 1. Juni 1949 nahm der erste Klavierbaubetrieb in Beijing seine Arbeit auf. Ein Jahr später hatte er sein erstes Klavier hergestellt.55 In den weiteren Jahren entstanden noch Klavierbaubetriebe in Shanghai, Yingkou und Guangzhou. Die sich im Staatseigentum befindlichen Instrumente wurden von der Regierung aufgekauft und den förderungswürdigen Musikhochschulen, staatlichen Musikinstituten und

54 Chinesisch-Japanischer Krieg (1937-1945), Chinesischer Bürgerkrieg (1945-1949). 55 Beijing Xinghai Piano Group Limited: Xinghai History, in: http://www.xhpiano.com/newEbiz1/EbizPortalFG/portal/html/about.html?GeneralContentShow_DocI D=c373e914cbd66d898feb686234299b31, Aufruf am 24.07.2009. 28 Opernhäuser zugewiesen. Dieses Verfahren schuf die Voraussetzung für einen professionellen Unterrichts- und Übungsablauf für Studenten an diesen aufgeführten Musikbildungsinstituten.

Bis 1960 gab es in China insgesamt fünf Musikhochschulen, vier Universitäten der Künste und eine Musikakademie. An 28 Universitäten wurden noch zusätzlich Musikfakultäten eingerichtet.56 Die Musikhochschule in Shanghai und die Zentral- Musikhochschule in Beijing eröffneten im Jahr 1953 bzw. im Jahr 1956 eigene Musikmittelschulen. Die Ausbildungszeit für alle Studiengänge (Musikmittelschule und -hochschule) dauerte insgesamt 10 Jahre (6 Jahre für Musikmittelschule und 4 Jahre für Musikhochschule).57 Im Jahre 1960 erhielten beide Musikhochschulen den exponierten Status eines National Key University zuerkannt. Sie wurden direkt dem Kulturministerium unterstellt und zählten damals zu den wichtigsten Musikbildungseinrichtungen in China. 58 Die Regierung machte damit deutlich, dass sie der berufsbezogenen Musikausbildung großes Gewicht beimaß. Durch die in anderen Städten gegründeten Musikbildungsinstitute konnten noch mehr Pianisten und Klavierlehrkräfte qualifiziert ausgebildet werden.

Angegliederte Musikhochschule Gründungsdatum Ort Musikmittelschule Musikhochschule Shanghai 1927 ja Shanghai Zentral-Musikhochschule 1950 ja Beijing Musikakademie Guangzhou59 1957 nein Guangzhou Universität der Künste Nanjing 1958 nein Nanjing Musikhochschule Shenyang 1958 ja Shenyang Universität der Künste Hubei60 1958 nein Wuhan Universität der Künste Yunnan 1959 nein Kunming Musikhochschule Sichuan 1959 ja Chengdu Universität der Künste Guangxi 1960 nein Nanning Musikhochschule Xi´an 1960 ja Xi´an Tabelle 2: Professionelle Musikbildungsinstitute im Jahr 196061

56 ZHAO Feng: Der große Sieg der Revolution in der Musikerziehung, in: People´s Music, Beijing, 09/1960, S. 16-22. 57 CHEN Youxin: Einige Auffassungen über die Ausbildung des talentierten Geigers, in: People´s Music, Beijing, 08/1962, S. 22-24. 58 Nachricht: Einberufung des nationalen Kongresses der Kunsterziehung in Beijing, in: People´s Music, Beijing, 03/1960, S. 13. 59 Im Jahr 1981 wurde die Guangzhou Musikakademie in die Musikhochschule Guangzhou eingegliedert. Im Jahr 1985 wurde es in „Musikhochschule Xinghai“ umbenannt. 60 Im Jahr 1985 wurde die Universität der Künste Hubei in die Musikhochschule Wuhan eingegliedert. 29 In den folgenden beiden Tabellen sind die Pflichtprogramme mit freier Wahl des Werkes im Fach Klavier bei der Aufnahmeprüfung der Musikhochschulen im Jahr 1955 und 1959 aufgeführt. Daraus ist es zu erkennen, dass das Pflichtprogramm im Jahr 1955 weniger Musikwerke als im Jahr 1959 beinhaltete. Das heißt, dass die Anforderung bei der Aufnahmeprüfung immer höher und das Niveau der Klavierkandidaten immer besser wurde.

Pflichtprogramm Tonleiter in allen Tonarten Arpeggio in allen Tonarten Eine Etüde Ein Musikwerk (auswendig) Tabelle 3: Pflichtprogramm in Fach Klavier bei der Aufnahmeprüfung der Musikhochschulen im Jahr 195562

Beispiel des Pflichtprogramm chinesischen Beispiel des ausländischen Werks Werks Duihua von Ein polyphones Werk Wohltemperiertes Klavier von BACH ZHANG Yi Variationen Sonate von MOZART (KV. 576 D- Ein Musikwerk in größerer Form von LIU Dur) oder Erster Satz der Sonate von 63 Zhuang BEETHOVEN (Op. 2 Nr. 1 b-moll ) Nach Spieltechnik betonte Maizahuo von 64 Walzer von CHOPIN (Op. 1 Nr. 2 ) Zwei Musikwerke Werke oder Etüden CHEN Peixun in kleinerer Form Gaosuni von 65 Lyrische Musik „Oktober“ von TSCHAIKOWSKY ZHU Jian´er Tabelle 4: Pflichtprogramm in Fach Klavier bei der Aufnahmeprüfung der Musikhochschulen im Jahr 195966

1959 standen also chinesische Musikwerke im Vordergrund, deren Verbreitung von den Klavierpädagogen als eine nationale Aufgabe angesehen wurde. Natürlich war auch die Klavierspieltechnik ein unerlässlicher Prüfungsinhalt, denn die russischen Klavierpädagogen hatten diese elementaren Lerninhalte bereits in den 20er und 30er Jahren an der Musikhochschule Shanghais erfolgreich eingeführt. Im Jahr 1955 wurden bei der Aufnahmeprüfung vorrangig Tonleiter-, Arpeggiospiel und die Etüde geprüft. Nur ein Musikwerk musste auswendig vorgespielt werden. Die Etüden und

61 SUN Jinan: Die Ausbildung zum Musikerberuf, in: Qilu Realm of Arts, Jinan, 04/1991, S. 38-39. 62 Anonym: Frage über das Bewerben an einer Musikschule, in: People´s Music, Beijing, 6/1955, S. 40. 63 Korrekterweise sollte es f-moll sein. Es wurde in der Zeitschrift falsch wiedergegeben. 64 Op. 1 Nr. 2 von Chopin ist eigentlich kein Walzer; es wurde in der Zeitschrift falsch wiedergegeben. 65 Zyklus und Opuszahl wurden nicht vorgegeben. 66 Anonym: Frage über das Bewerben an einer Musikschule, in: People´s Music, Beijing, 6/1955, S. 40. 30 sogar Walzer von CHOPIN wurden von den Klavierpädagogen überwiegend als Mittel eines Spieltechniktrainings eingestuft.

Im Jahr 1959 wurde das Pflichtprogramm in drei Bereiche aufgeteilt: polyphone Werke, Musikwerke in größeren und in kleinerer Form. Aus dieser Zusammensetzung des Prüfungsprogramms ist zu ersehen, dass die Klavierwerke einerseits nach der Kompositionstechnik und anderseits nach der Dauer der Vorspielzeit eingeteilt wurden. Die Sonaten von MOZART oder BEETHOVEN mit drei oder vier Sätzen wurden z. B. als Musikwerke in größerer Form angesehen. Das Kriterium der Zugehörigkeit zu Musikepochen fand keine Berücksichtigung. Diese Art der Zusammensetzung des Prüfungsprogramms von 1959 ist in China immer noch üblich. Sie steht im Gegensatz zu Europa, wo das Prüfungsprogramm insbesondere nach musikalischen Epochen bzw. Stilrichtungen zusammengesetzt wird. Das Training der Spieltechnik wurde an allen Musikbildungsinstituten zum Schwerpunkt des Unterrichts erklärt. Hierzu berichten kritische Klavierpädagogen Folgendes:

„[...] Die in China häufig verwendeten Klavierschulen waren die ‚Klavierschule von

BEYER, die „Fingerübungen“ von HANON, Etüden von CZERNY (Op. 599, 849 und 299) und die Sammlung der Sonatinen. [...] In der 50er Jahren war es die durchgängig verwendete Methode, dass beim Klavierspiel ausschließlich die Finger bewegt werden durften, und zwar möglichst ohne Beteiligung eines anderen Körperteils. [...] Die Finger hochzuheben wurde als die beste Technikübung angesehen. [...] Beim Klavierspiel sind die Schultern, Arme, Ellbogen, Handgelenke und Handflächen fest und gespannt.“ 67

„[...] Im Klavierunterricht der Musikschulen wird das Training der Spieltechnik als einziger Inhalt betrachtet. [...] Einige Lehrer haben in einem ganzen Semester ihre Schüler fast nur Etüden spielen lassen. [...]“ 68

„ [...] Nicht wenige Lehrer haben das ‚Spieltechnik’-Training der Schüler (es ist eigentlich nur Muskeltraining mit mechanischer Bewegung) mit aller Kraft verschärft. Sie sind überzeugt, dass ‚Spieltechnik’ am Wichtigsten ist. Sie sagen den jungen Schülern, dass man gute Leistungen nur durch Muskeltraining in frühen Jahren erbringen kann. Deswegen sollte man möglichst alle Übungszeiten für das Muskeltraining einsetzen. [...]“69

67 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 38. 68 SHI Ying: Bürgerliche Ideologie in der Musikerziehung, in: People´s Music, Beijing, 04.1955, S.6. 69 ZHANG Hongdao: Kritik der bürgerlichen Ideologie im Musikunterricht, in: People´s Music, Beijing, 04.1955, S. 8. 31 „[...] Viele Pianisten streben nach der oberflächlichen Demonstration der Technik, nach dem glänzenden und vulgären Effekt. Sie sehen im Klavier ein für das Bewegen der Finger gedachtes Gerät, gewissermaßen ein Schlagzeug also, sodass die gespielten Werke inhaltslos, künstlerisch erscheinen. [...] Wenn man die interpretatorische Qualität einer Musikdarbietung kritisiert, werden nur die förmlichen und oberflächlichen Dinge diskutiert (z. B. ob die Töne klar gespielt wurden, ob das Werk zu schnell gespielt wurde, wie die Spieltechnik war usw.), aber leider nicht die Darstellung des musikalischen Inhalts. [...]

[...] Mancher Klavierlehrer meint, wenn seine Schüler die grundlegenden Übungen sowie die Etüden virtuos und technisch geschickt vorspielen könnten, dann wäre damit auch eine gute ‚Grundlage’ für spätere Musikinterpretationen geschaffen. [...]

[...] Wenn die Lehrer Anfänger unterrichteten, legen sie meistens zu viel Gewicht auf das technische Training. Aber dabei wird zu wenig oder überhaupt nicht berücksichtigt, dass sie ihren Schülern die Fähigkeit beibringen sollten, das Klavier mit ihrem Gefühl singen zu lassen. Beim Auswählen der Klavierschule steht auch mehr die mechanische virtuose Übung im Vordergrund.“ 70

Daraus ist er zu erkennen, was die meisten chinesischen Klavierpädagogen in den 50er Jahren unter Techniktraining verstanden. Diese einseitige Grundausbildung kennzeichnet die lang anhaltende Wirkung der Unterrichtsmethoden der russischen Klavierpädagogen in den 20er und 30er Jahren.

In der Dekade der 50er Jahre galt auch für die Musikpädagogik die Devise: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen.“ Die sowjetischen Klavierpädagogen wurden eingeladen, an den Musikhochschulen Chinas Klavierunterricht zu geben. Zusammen mit ihren chinesischen Kollegen begannen sie Unterrichtsordnung, -plan, und -inhalte zu systematisieren und zu ergänzen, aber nicht grundlegend zu verändern. Die sowjetischen Klavierpädagogen zeichneten sich durch folgende Eigenschaften aus:

„[...] Strenges Techniktraining stand nach wie vor im Mittelpunkt. Auch die Etüden von

CZERNY wurden wieder eingesetzt. Vor allem wird großes Gewicht auf die Volksmusik gelegt, die den Pianisten inspirieren soll. Die sowjetischen Klavierwerke waren für die chinesischen Klavierstudenten wichtig. Sie wurden als eine Art gute Klavierschule angesehen, die eine gelungene musikalische Interpretation ermöglicht.“71

70 WANG Zhengsheng: Allgemeine Kritik der Betrachtungsweise des kapitalistischen Formalismus im Klavierunterricht, in: Hochschuljournal von pädagogischen Universität Fujian, Fuzhou, 01/1956, S. 1- 10. 71 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 41. 32 Die Unterrichtsmethoden und -inhalte in der chinesischen Klavierausbildung wurden bis 1966 maßgeblich von sowjetischen Klavierpädagogen beeinflusst. Aus politischen Gründen verbannte man die westeuropäische Musik aus den Musikhochschulen; stattdessen wurden mehr sowjetische und chinesische Klavierwerke unterrichtet. Immerhin gelang es einigen chinesischen Pianisten, auf der internationalen Bühne erfolgreich zu sein. Dies führte zu einer Vertiefung der vertrauten, aber unreflektiert übernommenen Übungs- und Unterrichtsmethoden.

In den 50er und 60er Jahren gewannen insgesamt 13 chinesische Pianisten auf internationalen Klavierwettbewerben 23 Preise. Historisch bedeutsam in der Geschichte der internationalen Klavierwettbewerbe mit chinesischer Beteiligung ist vor allem das Jahr 1951. Im August 1951 nahm eine Chinesin, ZHOU Guangren, erstmalig an einem internationalen Klavierwettbewerb teil, der anlässlich der „3. Weltfestspiele der Jugend und Studenten“ in Ostberlin durchgeführt wurde (s. Abb. 4). Sie belegte einen sensationellen 3. Platz und wird heute in China respektvoll „Klaviermutter“ genannt.

Abb. 4: Die große Sportschau der Jugend nach der Eröffnung der Weltfestspiele am 5. August 195172

72 Horst STURM (Photographer): Die große Sportschau der Jugend nach der Eröffnung der Weltfestspiele am 5.8.1951, Bild 183-11500-1062, Bundesarchiv, in: http://www.bild.bundesarchiv.de/cross- search/search/_1272811025/?search[view]=detail&search[focus]=1, Aufruf am 02.05.2010. 33 Zeit Pianist Klavierwettbewerb Preis 1951 ZHOU Guangren III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten III 1953 FU Chong IV. Weltfestspiele der Jugend und Studenten III 1955 FU Chong V. Internationaler CHOPIN-Wettbewerb III u. „Mazurka“ 1955 GUO Zhihong V. Weltfestspiele der Jugend und Studenten V 1955 LI Ruixing V. Weltfestspiele der Jugend und Studenten V 1956 LIU Shikun Internationaler Franz LISZT Klavierwettbewerb III u. “Hungarian Rhapsodies” 1956 LI Ruixing Internationaler Franz LISZT Klavierwettbewerb „Liebestraum“ Internationaler Robert-SCHUMANN-Wettbewerb für Klavier 1956 ZHOU Guangren VIII und Gesang 1957 GU Shengying VI. Weltfestspiele der Jugend und Studenten I 1957 NI Hongjin VI. Weltfestspiele der Jugend und Studenten VI 1957 LI Mingqiang III. Internationaler SMETANA Klavierwettbewerb III 1958 LIU Shikun I. Internationaler TSCHAIKOWSKI-Wettbewerb II 1958 GU Shengying XIV. Internationaler Schweiz-Wettbewerb II (I nicht vergeben) 1958 LI Mingqiang I. Internationaler George ENESCU-Wettbewerb I 1959 YIN Chengzong VII. Weltfestspiele der Jugend und Studenten I 1960 LI Mingqiang VI. Internationaler CHOPIN-Wettbewerb IV 1961 HONG Teng II. Internationaler George ENESCU-Wettbewerb III 1961 BAO Huiqiao II. Internationaler George ENESCU-Wettbewerb V 1962 YIN Chengzong II. Internationaler TSCHAIKOWSKI-Wettbewerb II 1962 LI Qifang VIII. Weltfestspiele der Jugend und Studenten II XVI. Internationaler Königin-ELISABETH-Wettbewerb in 1964 GU Shengying Teilnehmerpreis Brüssel 1964 LI Qi III. Internationaler George ENESCU-Wettbewerb IV 1964 LI Qifang III. Internationaler George ENESCU-Wettbewerb VI Tabelle 5: Chinesischen Pianisten in den internationalen Klavierwettbewerben 1951-196473

Bei der Teilnahme an einem der ältesten und angesehensten Musikwettbewerbe der

Welt gewann FU Chong im Jahr 1955 beim CHOPIN-Wettbewerb in Warschau den dritten Preis und den Mazurka-Preis. 74 Seitdem nahmen noch viele chinesische Pianisten erfolgreich an verschiedenen Klavierwettbewerben teil. In der Tabelle 5 sind die Pianisten aufgelistet, die in den internationalen Klavierwettbewerben der 50er und 60er Jahre einen oder mehrere Preise gewannen. Diese Leistung resultiert aus der direkten Förderung der beruflichen Klavierausbildung in den Musikhochschulen durch das Kulturministerium.

Einerseits entwickelte sich die berufliche Klavierausbildung erfolgreich weiter, andererseits war das Erlernen des Klavierspielens für den Amateur sehr schwierig. In

vielen Städten gab es keine Klavierlehrkräfte. Ein Brief von XUE Haiquan zeigt dieses Defizit beispielhaft. Als er beim Selbststudium des Dizi-, Erhu-, Geige- und Klavierspielens mit vielen Problemen konfrontiert war, schrieb er im Jahr 1956 einen Brief an eine Musikredaktion, mit der Bitte um Unterstützung.

73 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 46-47. 74 QUI Zhen: Über den von FU Chong gewonnenen Preis, in: People´s Music, Beijing, 04/1955, S. 29. 34 „Ich bin 16 Jahre alt und besuche die zweite Klasse einer Mittelschule. [...] In der vierten Klasse der Grundschule fing ich an, das Spielen von Bambusflöte und Erhu zu lernen. [...] Musik darf in meinem Leben nicht fehlen. [...] Als ich die Mittelschule besuchte, kaufte mir ich zuerst das Buch „Elementare Musiklehre“. Da kein Lehrer diesen Stoff vermittelte, lernte ich jeden Tag eine Unterrichtsstunde selbst. In der Freizeit machte ich alle Übungen mit Hilfe des Harmoniums. Im ersten Semester der zweiten Klasse der Mittelschule las ich ‚Bilden der Musik‘. Aber ich konnte nicht ganz verstehen, was in dem Buch stand. Zugleich las ich noch die Biographien der westlichen Musiker, [...] Ich

will ein chinesischer BEETHOVEN werden, um ein Teil zum chinesischen Musikwesen beizutragen. Das ist mein lebenslanges Ziel. [...] In diesem Jahr habe ich die gesamte

Klavierschule von BEYER gespielt (aber mit Harmonium) und die Geigenschule von

Hohmann. Momentan spiele ich die Klavierschule von HANON und das zweite Heft der Geigenschule von Hohmann. [...] Aber in diesem Prozess des Selbststudiums sind mir auch viele Schwierigkeiten begegnet. In der Mittelschule wollte ich Geige lernen, aber leider gab es keine Saiten für die Geige. Mehrfach bat ich den Lehrer und Schulleiter darum. Erst daraufhin wurden Saiten gekauft. Lernen durfte ich nur zwei Unterrichtsstunden pro Woche. Ich wollte auch Harmonium lernen, aber leider wurde immer verschlossen. Deswegen musste ich jeden Tag den Lehrer um den Schlüssel bitten. [...] Um die im Selbststudium auftretenden Probleme zu überwinden, stelle ich hier zwei Fragen, und bitte um Ihre Hilfe.

1. Welche fachliche Literatur sollte ich lesen und wie sollte man die lesen?

2. Wie kann man seine Spieltechnik verbessern? “75

Am 28. April 1956 antwortete LI Huanzhi, ein berühmter chinesischer Komponist, in einem Brief:

„[...] Momentan besuchst du noch die Mittelschule. Viele Schüler wie du lernen sehr gerne Musik. Aber in jedem Ort Chinas gibt es die gleichen situationsbedingten Schwierigkeiten, wie du sie zur Zeit hast. [...]“76

In dieser Zeit konnte man fast nur in einer großen Stadt einen instrumentalen Intensivkurs besuchen und qualifizierte Klavierlehrer finden. In einer kleinen Stadt dagegen war man auf das Selbststudium angewiesen, wenn man ein Instrument erlernen wollte. Mit Glück fand man manchmal in Zeitschriften eine Abhandlung über die

Spieltechnik eines Musikinstrumentes. Im September 1956 veröffentlichte HONG Shiji

75 XUN Haiquan: Information über das Musiklernen, in: People´s Music, Beijing, 05/1956, S.46. 76 LI Huanzhi: Information über Musiklernen, in: People´s Music, Beijing, 05/1956, S. 46-47. 35 einen Artikel mit dem Titel „Ein paar Fragen über das Klavierselbststudium“77. Dabei wurde versucht, in etwas mehr als zwei Seiten die Sitzhaltung, Handhaltung,

Klavierschule, Pedal, Etüden von CHOPIN usw. zu erklären. Das Üben der Fingerbewegungen war für die Amateure der wichtigste Lerninhalt. Das Selbststudium war zu dieser Zeit landesweit üblich. Die damals vorhandenen staatlichen Bildungsressourcen konnten sich nur auf die berufliche Klavierausbildung konzentrieren. Der Wunsch vieler Musikliebhaber, das Klavierspiel von ausgebildeten Klavierpädagogen zu erlernen, sollte sich erst Jahre später erfüllen - weit nach der Kulturrevolution.

Zusammenfassend kann man sagen, dass von der Gründung der VR China bis zum Ausbruch der Kulturrevolution im Jahre 1966 in der chinesischen Klavierpädagogik die Spieltechnik im Vordergrund stand. Die berufliche Klavierausbildung konnte sich mit der Unterstützung des Kulturministeriums schneller und erfolgreicher als zuvor entwickeln. Eine staatliche Klavierausbildung für Amateure lag noch in weiter Ferne.

77 HONG Shiji: Ein paar Fragen über das Klavierselbststudium, in: People´s Music, Beijing, 09/1956, S. 45-47. 36 1.7 Unterbrechung der Klavierausbildung während der Kulturrevolution (1966-1976) Als immer mehr Klavierlehrkräfte qualifiziert ausgebildet wurden, die auch einen Beitrag zur Verbreitung der Klavierausbildung für Amateure hätten leisten können, begann 1966 die Kulturrevolution. Diese katastrophale geschichtliche Phase richtete nicht zuletzt im Bereich der Kultur einen unheilbaren Schaden an. Die Pianisten und Klavierpädagogen wurden gezwungen, mit ihrer Arbeit aufzuhören. In den Musikbildungsinstituten und allgemeinbildenden Schulen fand nach der Verhaftung des Lehrkörpers kein Unterricht mehr statt. Die festgenommenen Professoren, Pianisten und Klavierdozenten mussten schwere körperliche Feldarbeit verrichten. Insgesamt zehn Professoren und Dozenten der Musikhochschule Shanghais konnten den seelischen und körperlichen Druck nicht mehr aushalten und starben. Allein im Juni 1966 nahmen die Roten Garden 80 Dozenten der Musikhochschule von Shanghai fest. Sie wurden beleidigt und geschlagen. Die

Klavierprofessorin LI Cuizhen starb im Sommer 1966 an den Folgen der Misshandlungen. Sie war die Direktorin vom Fach Klavier an der Musikhochschule

Shanghais. Die Pianistin GU Shengying (1937-1967) beging wegen dieser unhaltbaren Zustände am 31. Januar 1967 Selbstmord. Der Klavierprofessor der Musikhochschule

Shanghais FAN Jisen (1917-1968) starb als gebrochener Mann am 1. März 1968.

Eine ganze Generation, der größte Teil der heute lebenden Chinesen, ist durch die negativen Auswirkungen der Kulturrevolution entscheidend geprägt, ja traumatisiert worden. Die damals jungen Leute konnten weder eine Schule regelmäßig besuchen, noch hatten sie die Gelegenheit, sich an einer Hochschule qualifiziert weiterzubilden. Die begabten Musikliebhaber durften keine Musikhochschule mehr besuchen. Dagegen wurden unbegabte Leute aufgenommen. In den 70er Jahren wurde eine Musikhochschule von der Zentral-Fünf Sieben-Universität der Künste78 in Beijing und Shanghai gegründet. Es durften aber nur die Kinder von Arbeitern, Bauern und Armeeangehörigen aufgenommen werden. Die „Studenten“ im Fach Klavier wurden vom Dorf oder vom Betrieb empfohlen und konnten ihre Ausbildung ohne Aufnahmeprüfung beginnen. Die Meisten von ihnen hatten vorher noch nicht einmal

78 Benannt nach einem richtungsweisenden Brief MAO Zedong’s an LIN Biao vom 07. Mai 1966. 37 das Klavierspiel gelernt, und durften während des Studiums nur die Revolutionsmusik und keine europäische Musik spielen.79

1.8 Zusammenfassung Der historische Hintergrund des Piano Grading Tests umfasst 136 Jahre (1840-1976). Die Entwicklung der Klavierpädagogik Chinas verlief nicht kontinuierlich, sondern in kleinen Entwicklungsphasen, die durch Krieg, Bürgerkrieg und Kulturrevolution unterbrochen wurde. Vom Klavierverkauf im Musikladen im Jahr 1850 bis zum ersten Klavierunterricht in der Missionarschule als Wahlfach im Jahr 1881 dauerte es 31 Jahre. Nach weiteren 46 Jahren kam es zur ersten beruflichen Klavierausbildung an der Musikhochschule Shanghais im Jahr 1927. Diese Entwicklungsphase dauerte nur 10 Jahre und wurde durch die Kriegsereignisse von 1937 bis 1949 unterbrochen. Erst nach der Gründung der VR China im Jahr 1949 konnte die Klavierausbildung wieder aufgenommen werden. In den Jahren 1949 bis 1966 erzielte die Klavierpädagogik große Fortschritte, die auch Anerkennung auf internationalen Klavierwettbewerben fand. Mit der Kulturrevolution von 1966 bis 1976 wurde diese vielversprechende Entwicklung zerstört. Daraus ist zu erkennen, dass eine Entwicklung der Klavierpädagogik nur in 27 Jahren stattfand, nämlich von 1927-1937 und 1949-1966. In diesen beiden Zeitabschnitten konnte nur eine berufsorientierte Klavierausbildung hauptsächlich an den Musikhochschulen durchgeführt werden. Das Vorhaben einer landesweit verbreiteten Ausbildung für Amateure wurde durch die Kulturrevolution verhindert.

In diesen 27 Jahren wurde die chinesische Klavierpädagogik von wichtigen Entscheidungen und Einflüssen geprägt: die Einrichtungen von Musikbildungsstätten und die Unterrichtsmethoden der sowjetischen Klavierpädagogen, für die das Training der Spieltechnik im Vordergrund stand. Diese Entwicklung verstärkte sich unter der Zusammenarbeit zwischen chinesischen und sowjetischen Klavierpädagogen in den Jahren 1949-1966. In dieser Zeit war aus politischen Gründen die interkulturelle Kommunikation ausschließlich auf die damaligen sozialistischen Länder beschränkt und führte im Ergebnis zu einem an die sowjetische Klavierpädagogik angelehnten chinesischen Unterrichtsstil.

79 BIAN Meng: Entstehung und Entwicklung der Klavierkultur in China, Beijing, 1996, S. 66-69. 38 2 Das Aufkommen des Piano Grading Test in China (1976-1990)

Nach der Kulturrevolution nahm die Klavierpädagogik Chinas eine schnelle Entwicklung. Der von der Kulturrevolution unterbrochene Ansatz einer pädagogischen Klavierausbildung für Amateure wurde verstärkt aufgenommen. Diese Entwicklung wurde begünstigt durch den in den 80er Jahren aufkommenden modischen Trend, das Klavierspielen als eine Art der Freizeitgestaltung zu erlernen. Dieser Trend wird in den weiteren Ausführungen als Piano Craze bezeichnet. Piano

Craze heißt auf Chinesisch „Gāngqín Rè 钢琴热“. „Gāngqín 钢琴“ bedeutet Klavier. „Rè热 “ bedeutet „heiß“, „Rè“ wird hier als Suffix verwendet und so ähnlich wie Modererscheinung verstanden werden sollte. Dieser Begriff wurde zunächst in 1985

mit dem Titel „北京预购钢琴热“ (Pianovorkauf Craze in Beijing) in der Zeitschrift Easy 80 aufgetaucht. In 1986 hat ein Sprachwissenschaftler, LI Zhongchu, diese Begriff als neu erfundenen chinesischen Wortsatz angesehen. 81 In 1988 haben die

Musikpädagogen YU Zhu und WEI Ren erstes Mal diese Begriff als Titel in eine Abhandlung verwendet. Danach ist dieser Begriff auch oft in Englisch Piano Craze in der chinesischen Zeitschrift zu sehen.82 Nach dem Duden-Oxford-Großwörterbuch wird Craze folgend in Deutsch übersetzt und erklärt:

„Craze: 1. n. a) (temporary enthusiasm) Begeisterung; Fimmel (ugs. abwertend); there's a craze for doing sth. es ist gerade große Mode, etw. zu tun; […]“83

Der Piano Grading Test wurde vor diesem Hintergrund von Piano Craze am Ende der 80er Jahre von chinesischen Klavierpädagogen unter dem Einfluss der in Hongkong durchgeführten ABRSM-Musikexamen übernommen.

2.1 Piano Craze in den 80er Jahren Das Piano Craze war eine Folge von wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen. Nach der Kulturrevolution fand eine wirtschaftliche Öffnung statt, die den Lebensstandard der Bevölkerung erhöhte. Das führte dazu, dass viele Ein-Kind-Familien84 sowohl Wert auf eine gute Allgemeinbildung für ihr Kind legten, als auch auf eine gute musikalische Erziehung. Das Piano Craze führte zu

80 Xinhua News: Pianovorkauf Craze in Beijing, in: Easy, Chengdu, 09/1985, S. 43. 81 LI Zhongchu: Veränderung der chinesischen Wortschatz in der vergangenen 10 Jahren, in: Journal of Xiangtan University (Philosophy and Social Sciences), Xiangtan, S2/1986, S. 11. 82 YANG Hong: Critical View on the Piano Education of Children through „Piano Craze“ Phenomenon at Present, in: Journal of Luohe Vocational Technology College, Luohe, 10/2005, S. 84. 83 Duden-Oxford -Großwörterbuch Englisch. 2. Aufl. Mannheim 1999. [CD-ROM]. Sat_Wolf, Bayern. 84 Wegen der Ein-Kind-Politik darf eine Familie nur ein Kind bekommen. 39 einer Art „Kettenreaktion“ mit Auswirkungen auf das Erlernen des Klavierspiels, den Klavierkauf, die Klavierproduktion und die Klavierlehrkräfte.

2.1.1 Craze beim Erlernen des Klavierspiels Unter dieser Craze ist zu verstehen, dass die Eltern ihr Kind mehr oder weniger zwangen, Klavierunterricht zu besuchen. Dabei spielte ein historischer Faktor eine große Rolle. Es war die junge Generation, die durch die Kulturrevolution ihrer gesamten Bildungschancen beraubt wurde. Jetzt, in den 80er Jahren, projizierten die Eltern ihren großen Nachholbedarf auf ihr einziges Kind. Dieser durchaus verständliche Wunsch führte im Ergebnis ihrer Erziehung leider auch oft zu einem großen Leistungs- und Leidensdruck der Kinder. Im folgenden Zitat wird dies verdeutlicht:

„Viele junge Eltern konnten aus unterschiedlichen Gründen nicht gut ausgebildet werden und übertrugen ihre unerfüllten Träume auf ihr Kind. Um jeden Preis wollten sie die vermeintlich speziellen Fähigkeiten ihres Kindes herausbilden, um ihnen damit eine gute Zukunft zu sichern. Das Interesse ihres Kindes wurde aber nicht berücksichtigt, [...] wie z. B. bei der fünfjährigen Jingjing, die mit vier Jahren das Klavierspiel erlernen musste. Ihre Freizeit war streng darauf ausgerichtet. Sie bekam sofort Schläge von ihrer Mutter, wenn die Fingerbewegungen nicht korrekt waren. [...]“86

85 Abb. 5: Ohne Titel In den 80er Jahren war das Erlernen des Klavierspiels unter solchen Bedingungen bei vielen Jugendlichen anzutreffen. Im Vergleich zur damaligen schulischen Musikerziehung, die meistens immer noch mit dem „Liedsingen“ gleichgesetzt wurde, verstand man außerhalb der Schule unter

„Musikerziehung“ das „Klaviererlernen“. Dazu meinte LIN Guohua:

„Musikerziehung beginnt normalerweise mit dem Erlernen eines Instrumentes; Klavier ist zweifellos die erste Wahl.“87

85 PAN Shusheng: Ohne Titel, in: China Health, Beijing, 06/1989, S. 2. 86 FU Huifang: Falsche Tendenz in der Früherziehung, in: China Health, Beijing, 06/1989, S. 2. 87 LIN Guohua: Analyse der Stressquellen beim Klaviererlernen von Vorschulschülern, in: Journal of Harbin Institute of Vocational Technology, Harbin, 2008, 01, S. 55. 40 2.1.2 Craze beim Klavierkauf Um die große Begeisterung am Klavierspiel zu verdeutlichen, wird hier die deutliche Zunahme der ausgelieferten Klaviere statistisch dargestellt. Der Xinghai-Klavierbaubetrieb erstellte im Jahr 1986 eine Statistik über seine verkauften Klaviere zwischen 1965 und 1984. Die folgenden Tabelle zeigt deutlich die große Nachfrage: Während im Jahr 1965 nur 35 Klaviere verkauft wurden, waren es im Jahr 1984 bereits 3001 Klaviere. Mit zunehmender Kaufkraft stieg der Klavierverkauf besonders in den Jahren 1982-1984 sehr schnell an. Eine Kundenumfrage des Xinhai-Klavierbaubetriebes im Jahr 1984 ergab, dass von 1545 Käufern 1313 (85%) ihr Klavier im privaten Bereich nutzten. Die Musikbildungsinstitute machten nur einen Anteil von 15% aus.

Abb. 6: Zahl der in China vom Xinghai- Klavierbaubetrieb verkauften Klaviere88

1984 verkaufte ein Musikladen 2.000 Klaviere, obgleich er aufgrund der vorliegenden Kundenbestellungen 20.000 Stücke hätte verkaufen können. Da die Nachfrage das Angebot bei weitem überstieg, mussten die Musikliebhaber mit längeren Wartezeiten rechnen. 89 Der Klavierbedarf war also immens groß. Aus einem Artikel der Zeitschrift Easy „Warum gibt es so wenige Könige der Musikinstrumente?“ ersieht man die damalige Situation deutlich.

„[...] Wird ein Klavier in einem Musikladen ausgestellt, ist es wenige Minuten später gleich verkauft. Warum gibt es so wenige Klaviere? [...] An einem Vormittag wurden sogar über 50 Klaviere mit entsprechender Wartezeit bestellt.“90

88 XIE Wenyan: Analyse und Forschung des Marktes des Xinghai-Klaviers, in: Journal of Beijing Institute of Economic Management, Beijing, 01/1986, S. 44. 89 Xinhua News Agency: Aufschwung der Klavierbestellung in Beijing, in: Easy, Chengdu, 09/1985, S. 43. 90 Anonym: Warum gibt es so wenige „Könige der Musikinstrumentes“, in: Easy, Chengdu, 01/1986, S. 48. 41 Als Anfang der 80er Jahre eine 27 jährige Musikliebhaberin ihr bestelltes Klavier endlich ausgeliefert bekam, berichteten sogar Fernsehsender und Zeitungen über dieses freudige Ereignis.91

2.1.3 Craze bei der Klavierproduktion Mit dem zunehmenden Bedarf an Klavieren hatte ein Marktforscher im Jahr 1984 bereits erkannt, dass die Klavierbaubetriebe in den kommenden Jahren ihre Produktion steigern müssten, da die im November 1984 stattgefundene Landesmesse für Musik die Nachfrage an Klavieren nur zu 26.4% erfüllen konnte. Seine Analyse und Empfehlung:

„Seit 1982 stieg der Klavierumsatz stark. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage ist gravierend. Zurzeit gibt es nur vier Klavierbaubetriebe: in Shanghai, Guangzhou, Beijing und Yingkou. 1984 betrug die Gesamtproduktionssumme 17.000 Stück. Sie deckt aber bei weitem nicht den Marktbedarf. Deswegen ist es unerlässlich, die Produktionssumme deutlich zu erhöhen.“92

In der ersten Hälfte der 80er Jahre war der Trend zum Piano Craze auf Grund der großen Nachfrage bereits erkennbar. Diese Marktlücke erkannte die Geschäftswelt sehr schnell, mit der Folge, dass bis 1988 über 100 Klavierbaubetriebe gegründet wurden. 93 Die allmähliche Befriedigung der Marktnachfrage führte zu einer Steigerung des Piano Craze.

2.1.4 Craze bei den Klavierlehrkräften Privatpersonen konnten nun zwar schneller als früher ein Klavier erwerben, aber jetzt gab es Probleme, eine qualifizierte Klavierlehrkraft zu finden. Der Klavierlehrermangel hatte seinen Ursprung in der Kulturrevolution, wo jegliche Musikausbildung verboten war. In den 80er Jahren konnten nur die wenigen professionell ausgebildeten Klavierlehrer unterrichten, die ihr Studium vor der Kulturrevolution abgeschlossen hatten. Ihnen fehlte dadurch meistens eine langjährige

Klavierpraxis, die aber schnell nachgeholt wurde. Als Beispiel sei hier Prof. ZHOU Guangren genannt, die 1982 und 1983 zwei Musikschulen für Klavier in Beijing gründete. Der Bedarf an Klavierlehrern wurde größtenteils von Autodidakten

91 LU Duo: Nachdenken über den Klavierkauf einer Bäuerin, in: Chinese Theatre, Beijing, 05/1984, S. 32. 92 XIE Wenyan: Analyse und Marktforschung über das Xinghai-Klavier, in: Journal of Beijing Institute of Economic Management, Beijing, 01/1986, S. 44. 93 Anonym: Neuheiten am Klaviermarkt, in: Easy, Chengdu, 02/1988, S. 42. 42 abgedeckt. Die folgenden Berichte aus den Jahren 1987 und 1988 verdeutlichen das Problem.

„In Shanghai möchten ca. 200 Tausend Kinder das Klavierspiel erlernen. Aber hier gibt es nur ca. eintausend Klavierlehrer. Davon sind nur ca. 100 Klavierlehrer so gut ausgebildet, dass sie einen professionellen Klavierunterricht garantieren können. Die Anderen arbeiten als Klavierlehrer, ohne eine entsprechende Qualifikationen zu besitzen.“94

„In Dalian wurden ca. 1000 Klaviere verkauft. Leider gibt es nur ca. 20-30 ausgebildete Lehrer, die Klavierunterricht geben können. Deswegen haben nur wenige Kinder die Möglichkeit, qualifizierten Klavierunterricht zu bekommen. Die anderen Kinder müssen sich von Autodidakten unterrichten lassen. Diese aber beherrschen noch nicht einmal die grundlegende Klavierspieltechnik.“95

Der große Mangel an fachlich qualifizierten Lehrkräften entwickelte sich in der chinesischen Klavierpädagogik zu einem tiefgreifenden Problem. Diese „Craze- Kettenreaktion“ der 80er Jahre führte im Ergebnis dazu, dass sich in den Bereichen „Klavierkauf“ und „Klavierproduktion“ das Angebot und die Nachfrage deckten. Völlig gegensätzlich verhält es sich in den Bereichen „Erlernen des Klavierspiels“ und „Klavierlehrkräfte“. Hier standen nur wenig professionell ausgebildete Lehrkräfte einer sehr großen Anzahl von lernwilligen jungen Leuten gegenüber. Im Gegensatz zu den Bereichen „Klavierkauf“ und „Klavierproduktion“ konnte dieses große Problem weder schnell noch einfach gelöst werden.

94 LING Ling: Wunderkind und Begabung, in: Music Lover, Shanghai, 04/1987, S. 4. 95 YU Zhu, WEI Ren: Nachdenken über das „Piano Craze“, in: People´s Music, Beijing, 07/1988, S. 38. 43 2.2 Der Weg zum ersten Piano Grading Test in Guangzhou im Jahr 1987 Die Provinz Guangdong befindet sich im Süden Chinas und liegt an der Küste des Südchinesischen Meeres (s. Abb. 7). Ihre Hauptstadt Guangzhou ist ca. 200 km von Hongkong entfernt (s. Abb. 8). Ihre gemeinsame Sprache ist kantonesisch. Viele Hongkonger kamen ursprünglich aus Guangzhou und pflegen deshalb noch heute untereinander enge Beziehungen in allen Bereichen. Prof. HUANG Tiandong bemerkt in einem Interview:

„Die Provinz Guangdong hat eine besondere geographische Lage. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zu Hongkong. Hongkong gleicht einem Fenster zur westlichen Welt. Guangzhou ist die Hauptstadt der Provinz Guangdong und wurde seit langem von Hongkong in allen Bereichen beeinflusst. Somit ist es auch erklärlich, dass gerade Gungdong vorrangig mit der westlichen Kultur in Berührung kam.“96

Abb. 7: Die Provinz Guangdong Abb. 8: Guangzhou und Hongkong

Über den Einfluss der westlichen Kultur berichtete auch Prof. LI Suxin. Sie wurde im Jahr 1923 in Guangzhou geboren. Sie war die Direktorin im Fach Klavier an der Xinghai-Musikhochschule in Guangzhou und wurde als eine Koryphäe im Bereich der Klavierpädagogik Guangzhous sehr geschätzt. 97 In einem Gespräch über ihre persönlichen Erfahrungen mit den ABRSM-Musikexamen in den 40er Jahren erzählte sie Folgendes:

96 Interview des Verfassers am 27. 09. 2008 mit Prof. HUANG Tiandong in Guangzhou. 97 LUO Xiaoping: die Koryphäe im Bereich der Klavierpädagogik Guangzhous, Prof. LI Suxin, in: Journal of Xinghai Conservatory of Music, Guangzhou, 06/2003, S. 107-108. 44 „In Hongkong gab es bereits seit langem die ABRSM-Musikexamen. Während des Chinesisch-Japanischen Krieges floh ich nach Hongkong und nahm dort wieder Klavierunterricht. Meine Lehrerin kam aus England und studierte an der Royal Academy of Music. Von ihr hörte ich zum ersten Mal von diesem Test. Damals nahm ich mir vor, an dieser Prüfung teilzunehmen. Nach dreimonatiger Vorbereitungszeit konnte ich leider an der Prüfung nicht teilnehmen, weil die Japaner im Dezember 1941 Hongkong besetzten und ich wieder nach Guangzhou flüchten musste.“98

Eine andere Organisatorin des ersten PGT in Guangzhou, Prof. XIONG Dao´er, erzählte über die wichtigen Kontakte mit den in Hongkong wohnenden Freunden:

„Einige meiner Kommilitonen waren schon seit langem nach Hongkong umgezogen. Wir blieben immer in Kontakt. Als wir im Jahr 1985 die Idee hatten, den PGT zu organisieren, informierten sie mich über die in Hongkong stattfindenden ABRSM-Musikexamen. Damals bestand die Reform- und Öffnungspolitik bereits seit ein paar Jahren und der Informationsaustausch gestaltete sich einfacher als früher.“ 99

Die Klavierpädagogen Guangzhous hatten also bereits im Jahr 1985 die Idee, den PGT bei sich zu etablieren. Ausgangspunkt für diese Idee war das in Hongkong durchgeführte ABRSM-Musikexamen. Die spätere Umsetzung wurde zusätzlich begünstigt durch die Nähe zu Hongkong sowie durch persönliche Erfahrungen und Kontakte.

Durch die im Jahr 1983 gegründete Musikschule und den im Jahr 1985 gegründeten Pianistenverband wurde ein unbeabsichtigter Anstoß für das Piano Craze in

Guangzhou gegeben. Im Jahr 1983 gründeten Prof. LI Qi und Prof. XIONG Dao´er mit ihren damaligen Kommilitonen von der Zentralen Musikhochschule eine Musikschule in Guangzhou. Die Mitgründerin, Prof. XIONG, berichtete:

„Im Jahr 1983 wollten wir unbedingt eine Musikschule in Guangzhou gründen. Unser größter Wunsch war es, an die musikpädagogische Zeit vor der Kulturrevolution anzuknüpfen. Denn leider mussten wir in dieser Zeit unsere musikalische Tätigkeit einstellen. Diese 10 Jahre erzwungener Stillstand hatte zur Folge, dass es auf der Ausbildungsseite zu Qualitätseinbußen kam. Anfänglich waren unsere Kinder die ersten Schüler. Die Anzahl der Klavierschüler erhöhte sich aber kontinuierlich mit der Anzahl der in den Folgejahren gegründeten Musikbildungsstätten.“100

98 Interview am 29. 09. 2008 mit Prof. LI Suxin in Guangzhou. 99 Interview am 28. 09. 2008 mit Prof. XIONG Dao´er in Guangzhou. 100 Ebd. 45 Die Professoren LI Qi, LI Suxin und XIONG Dao´er gründeten nicht nur die Musikschule, sondern im Jahr 1985 auch noch den Pianistenverband Guangzhous.101

Prof. Qi LI hatte bereits im Jahr 1964 beim dritten Internationalen George Enescu- Wettbewerb einen vierten Preis gewonnen und ist heute noch in Guangzhou ein anerkannter und berühmter Pianist. Die Mitglieder des Pianistenverbandes setzten sich aus den Pianisten und Klavierpädagogen Guangzhous zusammen.102 Sie machten es sich unter anderem zu ihrer Aufgabe, eine Kommunikation mit den Pianisten und Klavierpädagogen der Umgebung herzustellen. Dies ermöglichte eine offene Diskussion über die Probleme im alltäglichen Klavierunterricht, verbunden mit der Möglichkeit, gemeinsame Projekte zu planen und zu realisieren. Die erste Arbeit des Pianistenverbandes bestand in der Organisation der PGT. 103

Dazu führte Prof. LI Suxin Folgendes aus:

„Als das ‚Piano Association’ gegründet wurde, habe ich mich an das ABRSM- Musikexamen in Hongkong erinnert und in einer Ausschuss-Versammlung darüber mit

Direktor LI Qi gesprochen. Er war der gleichen Meinung, dass wir einen Piano Grading Test arrangieren sollten. Zusammen mit den Mitgliedern des Ausschusses diskutierten wir darüber in einem Hotel zwei Tage lang sehr intensiv. Am Ende stand das

Arbeitskonzept fest. Prof. XIONG Dao´er und ich waren hauptsächlich für die Repertoiresammlung zuständig. Eine RS vom ABRSM-Musikexamen stand uns damals nicht gleich zur Verfügung. Aber mehr oder weniger wurden wir von den ABRSM- Musikexamen beeinflusst.“104

Die Gründung des Pianistenverbandes war also ein entscheidender Faktor beim Aufkommen des PGT.

In Interviews fragte ich die Professoren XIONG Dao´er und LI Suxin danach, warum sie unbedingt den PGT organisieren wollten. Ihre hauptsächlichen Antworten waren:

„Die Musikschule sollte vor allem den nicht berufsorientierten Musikliebhabern zur Verfügung stehen. Wir organisierten für sie auch Klavierwettbewerbe, die aber nicht darüber hinwegtäuschen konnten, dass es an qualifizierter Klavierausbildung mangelte. “105

101 Seit 1999 umgenannt in „Guangdong Piano Association“. 102 Guangdong Piano Association: Über uns, in: http://www.gdpiano.com.cn/Article_Show.asp?ArticleID=168, Aufruf am 15.07.2009. 103 Interview am 28. 09. 2008 mit Prof. XIONG Dao´er in Guangzhou. 104 Interview am 29. 09. 2008 mit Prof. LI Suxin in Guangzhou. 105 Interview am 28. 09. 2008 mit Prof. XIONG Dao´er in Guangzhou. 46 „In den 80er Jahren gab es leider sehr wenige professionelle Klavierlehrkräfte. Daraus entwickelte sich die Idee, mit dem PGT eine solide, pädagogisch wertvolle Grundlage sowohl für zukünftige Lehrkräfte als auch für Schüler zu schaffen.“106

Sie wollten also mit diesem Test die Klavierausbildung fördern und zugleich die Qualität des Klavierunterrichts verbessern. So heißt es in der Prüfungsordnung:

„Dieser Test soll die Musikerziehung fördern und die Qualität des Klavierunterrichts schnell verbessern. Er verfolgt außerdem das Ziel, durch Festlegung eines Maßstabes das Niveau des Schülers festzustellen. Zusätzlich wird dadurch die Lernmotivation des Schülers und die Verantwortlichkeit des Lehrers beim Klavierunterricht erhöht.“107

Abschließend kann man feststellen, dass die Startphase für die Einführung des PGT in Guangzhou 1987 durch folgende Besonderheiten begünstigt wurde:

- die Nähe zu Hongkong und das dort bereits praktizierte ABRSM- Musikexamen,

- die in diesem Zusammenhang stehenden, von den Initiatoren in den Vorjahren gemachten Erfahrungen und ihre persönlichen Kontakte,

- die Gründung einer Musikschule und eines Pianistenverbandes 1983 bzw. 1985,

- das Einsetzen des Piano Craze und der damit verbundene Mangel an qualifizierten Klavierlehrkräften.

106 Interview am 29. 09. 2008 mit Prof. LI Suxin in Guangzhou. 107 Guangzhou Piano Association & Prüfungsausschuss des PGT Guangzhous: Prüfungsordnung, in: Guangzhou Piano Association & Prüfungsausschuss des PGT Guangzhous: Programmliste des PGT 1989, Guangzhou, 1989, S.1-2. 47 2.3 PGT als eine Förderungsmaßnahme für die Klavierausbildung in China seit 1990 Das Piano Craze in den 80er Jahren stellte die chinesische Klavierpädagogik vor einer großen Herausforderung: der stets steigenden Zahl von Klavierschülern standen nur wenige qualifizierte Klavierlehrer zur Verfügung. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, musste kurzfristig eine wirksame Strategie entwickelt werden. Eine Ausbildung von zusätzlichen Klavierlehrkräften kam nicht in Frage, weil man dafür lange Zeit brauchen würde. Als 1987 der PGT in Anlehnung an das ABRSM- Musikexamen in Guangzhou praktiziert wurde, veröffentlichte im selben Jahr erstmalig eine chinesische Zeitschrift einen Artikel über das ABRMS-Musikexamen (s. Abb. 9). Darin wurde auch über den privaten Musikunterricht in Hongkong berichtet:

Abb. 9: Das ABRSM-Musikexamen wurde im Jahr 1987 zum ersten Mal in diesem Text auf Chinesisch erwähnt. (s. folgende Übersetzung) 108

„Privatunterricht: In Hongkong gibt es viele Lehrkräfte, die Privatunterricht geben für Klavier, E-Piano und Gitarre. Ihr Ausbildungsniveau ist sehr unterschiedlich. Erst wenn sie mindestens die Stufe 6 des ABRSM-Musikexamens im Fach Klavier bestanden haben, dürfen sie Privatschüler aufnehmen. [...]“ 109

Dieser Aussage lässt erkennen, dass das ABRSM-Musikexamen im Zusammenhang mit der Qualifikation der Klavierlehrkräfte gesehen wurde, obwohl es ursprünglich für die Schüler zur Motivations- und Leistungssteigerung eingeführt wurde (s. S. 54). Das Hauptinteresse der chinesischen Klavierpädagogen lag damals in der Qualifikation der Klavierlehrkräfte und der Qualität des Klavierunterrichts.

Ein Jahr später schrieb ein Klavierpädagoge eine Abhandlung über die Bedeutung und den Einfluss des Klavierlehrers auf die Kinder (s. Abb. 10). Darin zitiert er auch den

108 LAI Bin: Die aktuelle Lage der Musikerziehung und musikalischen Tätigkeit in Hongkong, in: Musicology in China, Beijing, 04/1987, S. 68. 109 Ebd. 48 oben aufgeführten Artikel und empfiehlt eine Übernahme dieses Musikexamens für Musiklehrer, die Privatunterricht erteilen.

„[…]Wenn sich falsche Fingerbewegungen erst einmal fest eingeprägt haben, ist es sehr schwer, sie zu korrigieren. Dies behindert nicht nur die Entwicklung des Schülers. Sollte er Jahrzehnte später auch Klavierunterricht erteilen, so wird er diese Fehler weitergeben und in diesem Teufelskreis bleiben. In diesem Zusammenhang sollten die zuständigen Dienststellen sofort die Aufsicht verstärken. Man sagt, dass es in Hongkong viele private Klavierlehrer gibt. Sie werden

aufgefordert, mindestens das ABRSM-Musikexamen der Abb. 10: Im Jahr 1988 wurde in diesem Text empfohlen, Stufe 6 im Fach Klavier abzulegen. Erst danach dürften sie das ABRSM-Musikexamen Schülern Privatunterricht erteilen. […] Es ist sinnvoll, dieses von China zu übernehmen. 110 111 (s. folgende Übersetzung) Verfahren zu übernehmen.“

Als hier empfohlen wurde, das Musikexamen als eine Förderungsmaßnahme für die Klavierausbildung zu übernehmen, hatten die PGT in Guangzhou (1987) und Shanghai (1988) ihre Testphasen bereits erfolgreich bestanden. So wurde über die ersten PGT des Musikerverbands Shanghai (SHMV-PGT) folgendes geschrieben112.

„Der Piano Grading Test […] ist eine funktionsfähige Verfahrensweise für das Bewerten und Verbessern des Klavierunterrichts. Der Pianistenverband des SHMV organisiert seit 1988 den PGT. Die Reaktionen von Lehrern, Schülern und ihren Eltern waren ausnahmslos positiv.“113

Nachdem der PGT in beiden Städte erfolgreich durchgeführt wurde, entschied sich der Chinesische Musikerverband, diesen Test landesweit einzuführen. Zugleich erhielt

Frau Prof. YING Shizhen von der Zentral-Musikhochschulein Beijing vom CMV den Auftrag, eine Repertoiresammlung für den landesweit einzuführenden PGT zu erstellen. Im Jahr 1990 wurde ein Prüfungsausschuss vom CMV gegründet. Die „Wochenzeitung der Musik“ würdigte dieses Ereignis, indem sie es in die Liste der zehn wichtigsten Musiknachrichten des Jahres 1990 aufnahm.114 Im Dezember 1990

110 YU Zhu, WEI Ren: Nachdenken über das „Piano Craze“, in: People´s Music, Beijing, 07/1988, S. 38. 111 Ebd. 112 SMV=Shanghai Musician Association=Shanghai-Musikerverband. 113 Pianistenverband Shanghais: PGT-RS, Shanghai, 1989, S. 24. 114 Wochenzeitung der Musik: Wochenzeitung der Musik hat zehn großen Musiknachrichten im Jahr 1990 bestimmt, in: The World of Music, Xi´an, 03/1991, S. 43. 49 wurde die erste RS für den landesweiten PGT herausgegeben.115 Als die Vorarbeiten im Jahr 1990 abgeschlossen waren, wurde im Februar 1991 der PGT erstmalig versuchsweise in Beijing eingeführt. Unter den Mitgliedern des Prüfungsausschusses befanden sich auch die berühmtesten chinesischen Pianisten. Mit ihrer Anwesenheit machten sie deutlich, dass sie die hochmotivierten und begabten Musikamateure sehr ernst nahmen und sie als einen wichtigen, zukunftsweisenden Bestandteil der reformbedürftigen chinesischen Klavierpädagogik betrachteten.

„Ab diesem Jahr können die Musikliebhaber, die das Spiel eines Musikinstrumentes erlernt haben, jährlich eine Bewertung von Musikexperten über ihr Spielniveau durch einen Test erhalten. Im Februar […] hatten insgesamt 830 Kandidaten in Beijing am

ersten Probetest teilgenommen. […] Die berühmten Klavierpädagogen ZHOU Guangren, 116 YING Shizhen, BAO Huiqiao und SHI Shucheng waren als Prüfer anwesend.“

Der Chinesische Musikerverband ist der größte Musikerverband in China und wurde im Juli 1949 gegründet. Er ist in 34 Gruppen eingeteilt, die mit über zehntausend Mitgliedern in fast allen Provinzen vertreten sind. Sein Einfluss auf das gesamte Musikleben Chinas ist groß. Deswegen war diese Entscheidung des CMV, den PGT landesweit zu organisieren, für die Entwicklung der Klavierpädagogik von großer Bedeutung.

Der einflussreiche Abteilungsleiter für die Künstlerische Bildung im Bildungskomitee,

ZHAO Feng, machte deutlich, dass die PGT als eine Förderungsmaßnahme für die Klavierausbildung der Amateure schrittweise landesweit verbreitet werden sollen.

„[…] Unter Berücksichtigung der ausländischen Erfahrungen und der gesammelten Erfahrungen in Guangzhou und Shanghai wird der PGT als Nationaler Einstufungstest eingeführt. Er ist ein wirksames Mittel für die Musikerziehung, der von vielen gesellschaftlichen Kräften angestoßen und organisiert wurde. Dadurch, dass die Musikerziehung für Amateure jetzt wissenschaftsmäßig standardisiert wird, soll die Qualität des Unterrichts und die Kompetenz der Lehrkräfte verbessert werden, um bessere Bedingungen für das musikalische Talent zu schaffen.“117

Die wenigen qualifizierten Lehrer hatten also die Aufgabe, den Grundgedanken und die damit verbundenen Ziele des PGT umzusetzen:

115 YING Schizhen (Hrsg.): CMV-RS, Stufe 1-3, Beijing, 1990. 116 LI Nan: CMV organisiert den Nationalen Einstufungstest, in: The World of Music, Xi´an, 06/1991, S. 45. 117 Ebd. 50 • mit einer kurzen Prüfungszeit eine große Anzahl von Kandidaten zu beurteilen • das Klavierspiel der Kandidaten zu bewerten und Hinweise für die tägliche Übungspraxis zu geben.

Das heißt, dass den Bewertungen des Prüfers für den alltäglichen Unterricht ein großes Gewicht beigemessen wurde und seine Hinweise verbindlich sein sollten. Deswegen ist es für die Prüfer eine große Herausforderung, in kurzer Zeit vielen Kandidaten hilfreiche und sinnvolle Hinweise zu geben. Die weiteren Untersuchungsergebnisse werden zeigen, ob sich der theoretische Anspruch an den PGT auch in der Praxis umsetzen ließ.

51 2.4 ABRSM- und CMV-PGT im Vergleich Aus den obigen Darstellungen ist zu entnehmen, dass die PGT Ende der 80er Jahren unter dem Einfluss der ABRSM-Musikexamen in China eingeführt wurden. In den frühen Repertoiresammlungen des Musikerverbands Shanghai, des Chinesischen Musikerverbands und der Zentral-Musikhochschule Beijing ist diese Verbindung noch ersichtlich:

In der Sammlung des Musikerverbandes Shanghai im Jahr 1988 heißt es:

„Der ‚Piano Grading Test wurde in einigen Industrieländern bereits seit längerer Zeit durchgeführt. Er ist eine funktionsfähige Verfahrensweise für das Bewerten des Spielniveaus und zum Verbessern des Klavierunterrichts. Der Pianistenverband des Musikerverbands Shanghai begann 1988 den PGT zu organisieren.“118

In der Sammlung des Chinesischen Musikerverbandes im Jahr 1990 liest man:

„Um die Qualität des Klavierunterrichts zu verbessern und aufgrund der guten Erfahrung außerhalb unseres Landes hat sich der Chinesische Musikerverband entschieden, den Piano Grading Test in China versuchsweise einzuführen.“119

Der Zentrale Musikhochschule Beijing im Jahr 1992 ließ verlauten:

„[...] Eine Methode zur Überprüfung der musikalischen Leistung wurde zuerst vom Associated Board of the Royal Schools of Music eingesetzt. [...] Die Zentral- Musikhochschule hat jetzt auch begonnen, mit dem PGT zu arbeiten.“120

Bisher wurden insgesamt vier Prüfungsinstitute für den PGT im obigen Text erwähnt, nämlich der Guangzhou-Pianistenverband, der Musikerverband Shanghai, der Chinesische Musikerverband und die Zentral-Musikhochschule. Die vom CMV organisierten PGT haben, im Vergleich zu den von anderen Prüfungsinstituten organisierten Tests, eine herausragende Bedeutung, weil der CMV zum ersten Mal den PGT landesweit organisierte und dadurch die größte Teilnehmeranzahl erreichte. Die wesentlichen Unterschiede zu den ABRSM- und CMV-PGT werden anhand der folgenden Vergleichsuntersuchungen dargestellt: Gründungszeit des

118 Pianistenverband Shanghais: PGT-RS, Shanghai, 1989, S. 24. 119 YING Schizhen (Hrsg.): CMV-RS, Stufe 1-3, Beijing, 1990, Vorwort. 120 ZHAO Feng: Geleitwort, in: ZHOU Guangren (Hrsg.): PGT-RS von der Zentral-Musikhochschule, Beijing, 1993, Vorwort. 52 Prüfungsausschusses, Testziele, Teststufen, Häufigkeit der Veröffentlichung der RS, Prüfungsinhalte, Prüfungsdauer, Bewertungsklassifizierung und Bewertungskriterien.

2.4.1 Gründungszeit des Prüfungsausschusses und Testziele Die Vergleichskriterien „Gründungszeit des Prüfungsausschusses“ und „Testziele“ haben eine besondere Bedeutung für die weiteren Vergleichsuntersuchungen. Der Prüfungsausschuss vom ABRSM wurde bereits im Jahr 1889 gegründet und der vom CMV erst im Jahr 1990,121 also 100 Jahre später. Der folgenden Abbildung ist zu entnehmen, dass die Zahl der ABRSM-Kandidaten von anfangs 1141 Teilnehmern auf über 460.000 Teilnehmer in den 80er Jahren anstieg.

Abb. 11: Entwicklung der jährlichen Teilnahmerzahlen am ABRSM- Musikexamen122

Mit den unterschiedlichen Gründungszeiten der Prüfungsinstitute sind auch große unterschiedliche historische Entwicklungen beider Länder verbunden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der CMV eine vollständige oder doch nur eine partielle Übernahme des ABRSM-PGT anstrebte. Zunächst werden hier die Prüfungsziele beider Institute vorgestellt.

Das Ziel der ABRSM-Prüfung ist es, zum Nutzen der Musikerziehung auf nachdrückliche Weise Impulse und Ziele für hohe Leistungsstandards zu geben.123

121 Das ABRSM wurde im Jahr 1889 von Herrn Alexander MACKENZIE, dem Direktor der Royal Academy of Music (RAM) und Herrn George GROVE, dem Direktor des Royal College of Music (RCM), in London gegründet. Das Prüfungsgremium setzte sich zuerst aus Mitgliedern beider Institute zusammen. 122 XIE Wenyan: Analyse und Forschung des Marktes des Xinghai-Klaviers, in: Journal of Beijing Institute of Economic Management, Beijing, 01/1986, S. 44. 123 ABRSM: Geschichte des ABRSM, in: http://www.abrsm.org/regions/de/central- europe/germany/about-the-associated-board/history/, Aufruf am 02.05.2010. 53 Eine der Hauptprüferinnen des ABRSM-Musikexamens beschreibt dieses Ziel folgendermaßen:

„Bei all unseren Aktivitäten sind wir stets darum bemüht, Lernende aller Stufen zu motivieren und zu ermutigen. Wir wollen ihre Freude an der Musik und ihre musikalische Weiterentwicklung durch Leistungsverbesserung fördern.“124

Der ABRSM-Test ist also hauptsächlich auf die Motivation der Schüler für das Erlernen eines Musikinstrumentes ausgerichtet. Im Gegensatz dazu stellt der CMV-

Test das Ziel einer Qualitätsverbesserung des Klavierunterrichts in den Vordergrund.

„Aufgrund der guten Erfahrung außerhalb unseres Landes und um die Qualität des Klavierunterrichts grundlegend zu verbessern, hat sich der Chinesische Musikerverband entschieden, Piano Grading Test in China zuerst versuchsweise zu organisieren.“ 125

Aus diesen Erkenntnissen heraus stellt sich die Frage, wie sich die unterschiedlichen Prüfungsziele auf die Tests beider Prüfungsinstitute auswirken.

2.4.2 Testeinstufungen Die Tests werden bei beiden Prüfungsinstituten unterschiedlich gestuft. Die ABRSM- Tests sind in eine vorbereitende Stufe, Tests der Stufe 1-8 und der Diplomstufe unterteilt, während die CMV-Tests 10 Schwierigkeitsgrade aufweisen.

Diplome Stufe 10 Stufe 8 Stufe 9 Stufe 7 Stufe 8 Stufe 6 Stufe 7 Stufe 5 Stufe 6 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 1 Stufe 2 Der Vorbereitende Test Stufe 1 Abb. 12: Die Abstufungen beim ABRSM- Abb. 13: Die Abstufungen beim CMV- PGT (s. a. S. Abb. 14) PGT

Weil die Zielsetzung der ABRSM-Tests hauptsächlich darauf ausgerichtet ist, die Lernenden zu motivieren, werden die Tests in drei Phasen unterteilt. Dadurch wird den Kandidaten auch mit einem guten Einstieg im „vorbereitenden Test“ die Möglichkeit zum Erreichen der Diplomstufe geboten, die ihn dann als qualifizierten

124 ABRSM: Informationen zum ABRSM, in: http://www.abrsm.org/regions/de/central- europe/germany/about-the-associated-board/, Aufruf am 02.05.2010. 125 YING Schizhen (Hrsg.): CMV-RS, Stufe 1-3, Beijing, 1990, Vorwort. 54 Musiklehrer oder beruflichen Instrumentalisten ausweisen. So können sie einen vollständigen Entwicklungsvorgang beim Erlernen eines Musikinstrumentes erleben. Im Vergleich zu den CMV-Tests, deren Ziele hauptsächlich mit der Verbesserung der Qualität des Klavierunterrichts verknüpft sind, wird der Schwerpunkt der Tests auf den Aufstieg von einer Stufe zur nächsten gelegt. Daraus ist zu sehen, dass die CMV- Tests nur teilweise aus den ABRSM-Tests übernommen wurden.

Die unterschiedlichen Einstufungen bei beiden Prüfungsinstituten resultieren aus den unterschiedlichen historischen Entwicklungsprozessen und Zielsetzungen. Die ABRSM-Tests weisen eine hundertjährige Entwicklungsphase auf, in der sich dieses Ausbildungssystem kontinuierlich entwickelte: von der Betreuung der Anfänger bis hin zur Lehrerausbildung. Dagegen befinden sich die CMV-Tests erst in der Anfangsphase.

55 http://www.abrsm.org/resourc 126 a ClaraT AYLOR : Die ABRSM-Musikexamen, S. 6-7, in: es/TMEDeutscheText06.pdf

, Aufruf am 04.09.2009. 56 Abb. 14: Prüfungsübersicht der ABRSM-Musikexamen126 2.4.3 Veröffentlichung der Repertoiresammlung und Prüfungsinhalt Die Repertoiresammlungen werden beim CMV nur unregelmäßig erneuert, beim ABRSM dagegen jährlich. Dieses Verfahren bereichert die Lerninhalte und soll auch vermeiden, dass sich die ABRSM-Kandidaten nur auf sich immer wiederholende Prüfungsstücke pro Teststufe konzentrieren, wie es zur Zeit bei CMV-Kandidaten praktiziert wird.

Der Prüfungsinhalt des ABRSM-Test besteht aus vier Teilen: Vorgegebene Stücke, Tonleitern (einschließend gebrochene Akkorde, Arpeggien), Spielen vom Blatt, Gehörtest. Beim CMV-Test sind es nur zwei Teile: Vorgegebene Stücke und die als „Grundübungen“ genannten Tonleitern, Arpeggien und Akkorde.

Der CMV-Test bezieht sich ausschließlich auf das Klavierspiel. Die mit dem Klavierspiel zusammenhängenden anderen Inhalte werden hier nicht berücksichtigt. Dies kann jedoch in der alltäglichen Unterrichtspraxis dazu führen, dass sich die Unterrichtsinhalte einseitig auf die Prüfungsstücke beschränken.

CMV-PGT127 List A / ABRSM-PGT128 List B / ABRSM-PGT List C / ABRSM-PGT Lenoox BERKELEY Prelude No. 1, from 6 J. S. BACH Prelude and Fugue Etüde von C. CZERNY Preludes, Op. 23 in A Minor, BWV 889, No. 2 BEETHOVEN Rondo in G, (Op. 299 Nr. 12) BRAHMS Intermetto in B flat minor, Op. from BACH, 48 Preludes and Op. 51 No. 2 117 No. 2, from BRAHMS, Three Inter- Fugues, Book II mezzos, Op. 117 HAYDN Sonata in E, Hob. CHABRIER Mélancolie: No. 2 from 10 Inventio von J. S. BACH W. F. BACH Polonaise No. 6 in XVI/31 from HAYDN, Piéces Pittoresques (BWV 798) E flat minor, from W. F. BACH, Selected Keyboard Sona- CHOPIN Nocturne in B Flat minor, Op. 9 Twelve Plonaises tas, Book III No. 1, from CHOPIN, Nocturnes Sonate von W. A. HANDEL Suite No. 2 in F, GRIEG To the Spring, Op. 43 No. 6, from MOZART (Satz I, KV. HWV 427: Adagio and Fuga: GRIEG, 38 Selected Pieces, Book II IRELAND Sonatina 545) Allegro, from HANDEL, Eight MARTINŮ Polka in A (Poco allargando), Great Suites, Book I from Etüdes and Polkas, Book I Venezianisches Oliver MESSIAEN Prélude No. 1 ‘La MOZART Nine Variations Gondellied von F. HINDEMITH Praeludium, from Colombe’, from 8 Préludes on a Minuet by Duport, K. MENDELSSOHN (Op. 30 Ludus Tonalis 573 MOMPOU Canción y Danza No. 1 Nr. 6) (Alternative) SCARLATTI Sonata in D, Kp. SCHUBERT Impromptu in B Poulenc HYMNE: No. 2 from 3 Piéces Fröhlicher Hirtenjunge 443, L. 418, from SCARLATTI, flat, Op. 142 No. 3, D. SCHUMANN Fantasiestück in A flat, Op. von HUANG Huwei Selected Keyboard Sonatas, 935/3, from SCHUBERT, 111 No. 2, from SCHUMANN, Drei (Alternative) Book I Impromptus, D. 935 Fantasiestücke, Op. 111 Tabelle 6: Vergleich der Prüfungsstücke der Stufe 8 von CMV-PGT und ABRSM-PGT im Jahr 1990

127 YING Shizhen, LING YUAN (Hrsg.): CMV-RS, Stufe 8, Beijing, 1991 . 128 ABRSM (Hrsg.): Prüfungsprogramm Grade 8, in: ABRSM (Hrsg.): Piano Examination Pieces 1990, Grade 1, London, 1990, Umschlag II. 57 Aus der obigen Tabelle ist ersichtlich, dass die Zahl der vorgegebenen Prüfungsstücke beider Prüfungsinstitute nicht identisch ist. Beim CMV-Test sollen insgesamt vier Stücke vorgespielt werden. Dabei sind die letzten zwei vorgegebenen Stücke als Alternative gedacht. Beim ABRSM-Test sollen drei Stücke vorgespielt werden. Dabei werden die Werke in drei Listen eingeteilt, aus denen die Kandidaten eine auswählen dürfen. Somit besteht eine größere Auswahlmöglichkeit als bei den CMV-Tests.

Die Stücke werden in den beiden Prüfungsinstituten nach unterschiedlichen Kriterien vorgegeben. Beim CMV-Test werden sie in Etüde, polyphone Werke, ausländische Werke und chinesische Werke eingeteilt, während beim ABRSM-Test die Musikepochen entscheidend sind: Barock, Klassik und Romantik oder Moderne. Hier wird die Besonderheit der chinesischen Klavierausbildung deutlich, die Etüden, polyphone und chinesische Musikwerke als wichtige Lerninhalte im gängigen Unterricht bevorzugt. Die beim ABRSM-Test nach Musikepochen zugeordneten Werke werden beim CMV-Test als „ausländische Werke“ bezeichnet. Darunter versteht man die Prüfungstücke, die keine Etüden, polyphone und chinesische Werke beinhalten. Der Ausdruck, „ausländische Werke“, ist eigentlich hier nicht ganz korrekt, weil auch Etüden und polyphone Werke ausländische Werke sein könnten. Darüber hinaus kann man sagen, dass die Unterrichtsinteressen beider Prüfungsinstitute unterschiedlich ausgerichtet sind. Während der CMV-Test mehr die Spieltechnik berücksichtigt, liegt das Gewicht beim ABRSM-Test mehr auf den unterschiedlichen musikalischen Darstellungen.

2.4.4 Prüfungsdauer Die Dauer der CMV-Tests wird nicht eindeutig vorgeschrieben. Sie kann auch so kurz sein, dass dem Kandidaten keine Zeit verbleibt, seine vorbereiteten Stücke zu Ende zu spielen. Darüber steht in der Prüfungsordnung.

„Bei der Prüfung darf der Prüfer den Kandidat auffordern, an einer bestimmten Stelle das Spiel anzufangen oder zu beenden.“129

Den Ablauf und die Dauer eines ABRSM-Test beschreibt Frau Clara TAYOR, eine der Hauptprüfer, folgendermaßen:

129 CMV: Prüfungsordnung, in: Northern Music, Harbin, 02/1997, S. 35. 58 „[…] Das Musikexamen selbst geht sehr schnell: In der Stufe 1 verlässt der Prüfling bereits nach zwölf Minuten wieder den Prüfungsraum; in jeder weiteren Stufe dauert die Prüfung dann etwas länger, mit bis zu 30 Minuten in der Stufe 8. […]

[…] Die Prüfungen laufen in der Regel sehr pünktlich ab, schließlich gehört das Einhalten des Zeitplanes zur Ausbildung eines Prüfers. Gleichwohl wird die Dauer einer Prüfung bis zu einem gewissen Grad auch vom Kandidaten bestimmt. So kann ein Prüfer kaum etwas dagegen tun, wenn ein Kandidat seine Tonleitern sowie die vom Blatt zu spielenden und die vorbereiteten Stücke sehr langsam spielt.“130

Daraus ist es zu erkennen, dass beim CMV-Test der Prüfer den Verlauf des Tests absolut bestimmt, während beim ABRSM-Test die Prüfungszeit auch von der Spieldauer des Kandidaten abhängt.

2.4.5 Bewertungsmethode und Bewertungskriterien Die Bewertungsmethoden beider Institute sind unterschiedlich. Aus den folgenden gebräuchlichen Bewertungsformularen ist erkennbar, dass beim CMV-Test jedes Stück einzeln bewertet wird. Die Bewertung erfolgt in vier Stufen: gut, befriedigend, ausreichend und ungenügend. Zum Schluss werden die einzelnen Bewertungen in eine Gesamtbewertung einbezogen, die sich unterscheidet in: Bestanden mit „sehr gut“, Bestanden mit „gut“, Bestanden und Nicht Bestanden. (s. Tabelle 7)

CMV-Bewertungsformular Nach- u. Vorname Nr. Stufe Evaluierungsprojekt Umfassende Evaluation Die wesentlichen Vorzüge und Mängel Grundübungen gut befriedigend ausreichend ungenügend Etüde gut befriedigend ausreichend ungenügend Musikwerk I gut befriedigend ausreichend ungenügend Musikwerk II gut befriedigend ausreichend ungenügend Musikwerk III gut befriedigend ausreichend ungenügend Anregungen und Kommentare Abschließende Bemerkungen Datum Tabelle 7: CMV-Bewertungsformular (s. a. Anlage 1)

Die Bewertungsmethode des ABRSM-Test ist im Vergleich zum CMV-Test präziser. Die höchste zu erreichende Gesamtpunktzahl ist 150. Jedes vorbereitete Stück wird mit höchstens 30 Punkten benotet, die Tonleitern und das Vom-Blatt-Spiel mit jeweils

130 Clara TAYLOR: Die ABRSM-Musikexamen, S. 29, in: http://www.abrsm.org/resources/TMEDeutscheText06.pdf, Aufruf am 04.09.2009. 59 21 Punkten und die Gehörübungen mit 18 Punkten. Um die Prüfung zu bestehen muss der Kandidat 100 Punkte erreichen. Bei 120 Punkten hat er mit „gut“ bestanden und bei 130 Punkten mit Auszeichnung. Dabei wird noch gefordert, dass mindestens 66% der Punkte des jeweiligen Prüfungsteils erreicht werden muss.131

Bewertungsformular des ABRSM Candidate: Subject: Presented by: Grade: Programme Marks A 30 (20) B 30 (20) C 30 (20) Scales and Arpeggios or Traditional Song 21 (14) Sight Reading (and Trans- position) or Quick Study 21 (14) Aural Tests 18 (12) Additional Comments TOTAL Maximum (Pass) 150 (100) Total required to Pass 100 to Pass with Merit 120 to Pass with Distinction 130 Tabelle 8: ABRSM-Bewertungsformular (s. a. Anlage 2)

Die Bewertungsmethode des CMV ist weniger detailliert aufgebaut als die des ABRSM. Neben den unterschiedlichen Bewertungsnoten ist auch der Ablauf des Bewertungsprozesses an beiden Instituten unterschiedlich. Den Bewertungsformularen ist zu entnehmen, dass der Prüfer beim ABRSM nach genauer Beobachtung des Vorspiels eines Kandidaten ein kurzes Bewertungsprotokoll schreiben und darauf basierend die Note erteilen soll. Im Gegensatz dazu bewertet CMV zuerst und gibt danach seine Begründung ab, die somit nicht auf einem protokollarisch geführten Beobachtungsprozess beruht, sondern auf einem Erinnerungsprozess des Prüfers. Diese wesentlichen Unterschiede wirken sich auch auf die Prüfungsdauer aus, denn für eine detaillierte Begründung ist auch ein größerer Zeitaufwand erforderlich.

131 Ebd. S. 29-30. 60 Auch in den Bewertungskriterien gibt es Unterschiede. Der Prüfer des CMV bewertet das Spiel des Kandidaten ausschließlich nach Erfahrung und Gefühl. Der ABRSM dagegen hat aufgrund seiner langjährigen Erfahrung detaillierte und präzise Bewertungskriterien erarbeitet, die sich aus Genauigkeit, Kontinuität, Spielfluss, Tonbewusstsein, Musikalität und Aufführungsbewusstsein zusammensetzen. Zugleich werden die Bewertungsmaßstäbe für jeden einzelnen Notenbereich festgelegt. 132

2.4.6 Vergleichsergebnis Aus den obigen Vergleichsuntersuchungen zu den ABRSM- und CMV-Tests ist ersichtlich, dass die PGT Chinas teilweise den ABRSM-Test übernommen haben. Durch ihre unterschiedlichen Zielsetzungen ist ein identischer Testaufbau und –ablauf nicht möglich.. Im Vergleich zum ABRSM-PGT hat der CMV-PGT seine Besonderheiten und stößt auch zugleich an seine Grenzen, die hier zusammengefasst werden.

- Nachdem die Kandidaten die höchste Stufe 10 bestanden haben, werden weitere Entwicklungs- und Lernphasen beim CMV-Test nicht begleitet. Der Lernprozess ist bei den CMV-Tests noch nicht vollständig ausgebaut.

- Die Prüfungsinhalte sind bei den CMV-Tests seit vielen Jahren unverändert geblieben. Dadurch beschränken sich die Lerninhalte im alltäglichen Klavierunterricht ausschließlich auf die vorgegebenen Stücke.

- Bei den CMV-Tests werden den Etüden, polyphonen- und chinesischen Werken ein zu großes Gewicht beigemessen.

- Bei den CMV-Tests können die Kandidaten aus Zeitgründen meistens nicht ihr vorbereitetes Programm zu Ende spielen. Es ist zweifelhaft, ob durch solche Testmethoden dem Kandidaten eine gerechte Benotung erteilt und eine hilfreiche, sinnvolle Empfehlung für den weiteren Lernprozess gegeben werden kann.

- Der nicht ausgereifte Aufbau der Bewertungsmethode und fehlende detaillierte Bewertungskriterien für die Prüfer bewirken eine zu starke Subjektivität bei den Benotungen und Empfehlungen. Dieser Zustand lässt die Frage aufkommen, ob das Ziel des CMV-Tests, die Qualität des Klavierunterrichts

zu verbessern, mit den heutigen Testmethoden überhaupt erreichbar ist.

132 Ebd. S. 38-44. 61 2.5 Zusammenfassung Die Entstehungsgeschichte des PGT veranschaulicht neben den historischen Brüchen in der Entwicklung der chinesischen Klavierpädagogik auch deren Auswirkungen. Das Piano Craze aus den 80er Jahren bewirkte, dass die Klavierpädagogen den chinesischen PGT, in Anlehnung an den ABRSM-Test, landesweit einführten. Dieser Prozess fand in drei Phasen statt:

- Die Phase der Problemerkennung. Die schnelle Entwicklung des Piano Craze machte deutlich, dass nur wenige qualifizierte Lehrer für einen anspruchsvollen Unterricht zur Verfügung standen. Dadurch wurden die Qualitätsmängel beim Klavierunterricht für Amateure offensichtlich.

- Die regionale Versuchsphase. Um diesem Notstand zu begegnen, wurde 1987 von den chinesischen Klavierpädagogen in Guangzhou der erste PGT organisiert. Grundlage dafür waren Kenntnisse über das in Hongkong praktizierte ABRSM-Examen. Ende der 80er Jahre wurde auch in Shanghai der PGT eingeführt, der in beiden Städten Anerkennung und Zustimmung bei der Lehrerschaft, den Eltern und den Schülern fand.

- Die Verbreitungsphase. Die erfolgreiche Einführung nahm der CMV im Jahr 1990 zum Anlass, für den PGT einen speziellen Prüfungsausschuss zu gründen. Dadurch war die Grundlage geschaffen, den PGT als eine Förderungsmaßnahme zur Verbesserung der Qualität des Klavierunterrichts für Amateure landesweit zu verbreiten.

Die Vergleichsuntersuchungen belegen, dass der CMV-Test und der ABRSM-Test unterschiedliche Zielsetzungen aufweisen, wodurch sich die partielle Übernahme des ABRSM-Tests durch den CMV erklärt. Die wesentlichen Unterschiede zwischen den Tests beider Prüfungsinstitute werden anhand der folgenden Übersicht zusammengefasst.

62 ABRSM-PGT CMV-PGT Gründungszeit des 1889 1990 Prüfungsausschusses Musikalische Weiterentwicklung durch Qualitätsverbesserung des Testziele Leistungsverbesserung aus Klavierunterrichts für Amateure Eigenmotivation Vorbereitender Test, Stufe 1-8, Teststufen 1-10 Diplome Häufigkeit der jährlich nicht regelmäßig Veröffentlichung der RS Drei vorgegebene Stücke mit Eine Etüde, drei vorgegebene Stücke unterschiedlichen Musikstilrichtungen; mit unterschiedlichen Prüfungsinhalte Tonleitern und gebrochene Akkorde / Musikstilrichtungen, ein chinesisches Arpeggien; Spielen vom Blatt; Werk; Tonleitern, gebrochene Gehörübungen Akkorde / Arpeggien, Akkorde Prüfungsdauer Stufe 1-8 / 12-30 Minuten nicht vorgegeben Bestanden mit Auszeichnung (27-30), Bestanden mit Auszeichnung, gut Bewertungsklassifizierung gut bestanden (24-26), bestanden (20- bestanden, bestanden, nicht 23), nicht bestanden (0-19). bestanden. Bewertungskriterien detailliert nicht detailliert Tabelle 9: Vergleich der ABRSM-PGT und CMV-PGT

Es wäre sinnvoll, wenn die Prüfungsinstitute generell auf die Veröffentlichung der RS herkömmlicher Art verzichten und sie stattdessen durch ein modernes, technisch unterstütztes Auswahlverfahren ersetzen würden, wie es im Kapitel 8 vorgeschlagen wird (s. S. 206 f.).

63 3 Die landesweite Verbreitung des Tests (1991-2000)

Im Zeitraum von 1991 bis 2000 fand der Test landesweite Anerkennung und die Anzahl der Prüfungsinstitute und Kandidaten stieg von Jahr zu Jahr kontinuierlich an. Die Prüfungsfächer wurden jetzt auch auf andere Musikinstrumente ausgedehnt. Die Prüfungsabläufe und unterschiedliche Bewertungsmethoden führten in der Praxis zu vielen Problemen, die den ursprünglichen Zielen des Tests widersprachen. In diesem Kapitel wird zuerst auf die Entwicklung der landesweiten Verbreitung und auf die Ausweiterung des Tests eingegangen. Anschließend wird die praktische Umsetzung vor Ort aufgezeigt; ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem praxisbezogenen Testablauf. Abschließend wird die Problematik des Überspringens von Teststufen und deren Auswirkung auf die Unterrichtspraxis untersucht.

3.1 Die Verbreitung und Ausweitung des Tests In diesem Abschnitt wird die Verbreitung und Ausweitung des Tests dargestellt, so wie sie aus den Daten von unterschiedlichen Fachzeitschriften ersichtlich wird. Durch eine Untersuchung der Teilnehmerzahlen anhand des Datenmaterials der Testverläufe beim Shanghai Musikerverbandes und beim Chinesischen Musikerverbandes 133 werden Rückschlüsse auf Entwicklungstendenzen gezogen.

134 135 , 138 , Jahr 1987 1988 1989136 137 1991 1992139 140 Prüfungsort Guangzhou Shanghai Shanghai Beijing Shijiazhuang, Chongqing Instrumente Klavier Klavier Klavier Geige Klavier Klavier Teilnehmeranzahl 100- 300+ 2000+ 200 830 600+ Tabelle 10: die Tests vom Jahr 1987 bis zum Jahr 1992

Die von den unterschiedlichen Prüfungsinstituten durchgeführten Tests aus den Jahren 1987 bis 1998141 wurden in den Tabelle 10 und Tabelle 11 nach Prüfungsorten,

133 Der vom Shanghai Musikerverband organisierte Piano Grading Test (SHMV-PGT) und der Test des Chinesischen Musikerverbands (CMV-Test). 134 CHEN Qingfeng: Rückblick auf Piano Grading Test in Shanghai, in: Piano Artistry, Beijing, 01/1996, S. 43. 135 Ebd. 136 LI Yi, ZHANG Xin: Grading Test und Geigenunterricht, in: Little Performer, Lanzhou, 09/2007, S. 16. 137 Anonym: Grading Test und Kultur, in: Music Life, Shenyang, 10/2007, S. 22. 138 LI Nan: Der Versuch des Chinesischen Musikerverbands den Grading Test landesweit durchzuführen, die Feststellung des künstlerischen Niveaus von Instrumentalamateuren, in: Easy, Chengdu, 06/1991, S. 45. 139 ZHANG Cheng: Piano Grading Test in Hebei, in: People´s Music, Beijing, 05/1992, S.31. 140 SUN Wei, ZHOU Bingying: On the Amateur Music Education, Analysis to the Case of Chongqin and its Solution, in: Hundred Schools in Arts, Nanjing, 03/2007, S. 157. 64 Instrumente und Teilnehmerzahl zusammengestellt, um einen allgemeinen Überblick über die Entwicklung zu erhalten.

Zwischen 1987 und 1991 befanden sich die Prüfungsorte hauptsächlich in Guangzhou, Shanghai und Beijing. Seit 1992 wurden die Tests auch noch in weiteren Städten durchgeführt, z. B. in Shijiazhuang und Chongqing. Die Prüfungen beschränkten sich weitgehend auf das Fach Klavier. Eine Ausnahme bildete der bereits im Jahr 1989 in Shanghai durchgeführte Test für das Geigenspiel. Bis zum Jahr 1992 betrug die Teilnehmeranzahl selten mehr als 1000 Kandidaten. Shanghai lag mit einer Teilnehmerzahl von über 2000 Kandidaten deutlich an der Spitze. (s. Tabelle 10)

142, 143, 144, 1993 146, 147, 148 149, 150 151, 152, 153 154, 155 , 156 , 157 Jahr 145 1995 1996 1997 1998 Beijing, Beijing, Shanghai, Shanghai, Prüfungsort 24 Provinzen 24 Provinzen 79 Städte in 24 Provinzen Liaoning Xi´ning, Shǎnxi Klavier, Geige, Klavier, Geige, Klavier, Geige, Klavier, Geige, Akkordeon, Cello, Instrumente Akkordeon, Klavier Akkordeon, Cello, E- Akkordeon, E-Piano, Saxophon, E-Piano, Erhu, E-Piano, Erhu Piano, Erhu Erhu Pipa, Guzheng Teilnehmerzahl 11000 12594 45000 83000 102710 Tabelle 11: die Tests von 1993 bis 1998

141 Mangels vorhandener Daten werden die Jahrgänge 1990 und 1994 nicht untersucht. 142 FAN Yuanji: Nachricht, in: The New Voice of Yuefu, The Academic Periodical of Shenyang Conser- vatory of Music, Shenyang, 01/1993, S. 18. 143 XUE Rao: Nachrichten, in: China Music Education, Beijing, 02/1993, S. 48. 144 YI Fan: Die aktuelle Lage und Nachdenken über Instrumental Grading Test für Amateure, in: Musical Instrument, Beijing, 03/1998, S. 17. 145 ZHAO Xiaosheng: Vergleich der ´93 Piano Grading Test in Shanghai und Hongkong, in: Music Lover, Shanghai, 06/1993, S. 35. 146 CHEN Qingfeng: Rückblick auf Piano Grading Test in Shanghai, in: Piano Artistry, Beijing, 01/1996, S. 43. 147 LIU Shu: Rück- und Ausblick auf den Piano Grading Test in Xi´ning, in: Piano Artistry, Beijing, 06/1997, S. 55. 148 Anonym: Namenslisten bestandener Kandidaten, in: The World of Music, Xi´an, 4/1995, S. 31-32 149 Anonym: Nachricht, in: Northern Music, Harbin, 06/1996, S. 24. 150 JIN Zhaojun: Arbeitssitzung für den CMV-Tests, in: People´s Music, Beijing, 12/1997, S. 16. 151 FU Qiu: On Art Level Examination as an Important Way to Inherit Contemporary Traditional Culture, in: Journal of Zhejiang Vocational Academy of Art, Hangzhou, 06/ 2008, S. 108. 152 QIAN Peng: Was bringt der Grading Test für die Kinder, in: Early Education, Beijing, 02/2000, S. 6. 153 JIN Zhaojun: Arbeitssitzung für den CMV-Tests, in: People´s Music, Beijing, 12/1997, S. 16. 154 Shanxi-Musikerverband: Namenslisten bestandener Kandidaten, in: Yellow River of the Song, Taiyuan, 05/1998, S. 28-32. 155 WANG Peigang: Grading Test in Hunlun Buir, in: Piano Artistry, Beijing, 02/1999, S. 57. 156 LI Yi, ZHANG Xin: Grading Test und Geigenunterricht, in: Little Performer, Lanzhou, 09/2007, S. 16. 157 SHU Zechi: Ziel und Wesen des Music Grading Test, in: Art Education, Beijing, 02/1999, S. 28. 65 Die Verbreitung des Tests beschleunigte sich ab 1993. Aus Tabelle 11 ist zu ersehen, dass sich die Anzahl der Prüfungsorte von 1993 bis 1998 landesweit allmählich ausdehnte. Neben den in Tabelle 10 erwähnten Städten wurden die Tests noch in Liaoning, Xi´ning, Shǎnxi etc. durchgeführt. Bis zum Jahr 1998 wurden die Tests in 79 Städten in insgesamt 24 Provinzen eingeführt und die Prüfungsfächer auf andere Musikinstrumente ausgeweitet. Jetzt konnten auch die Instrumente Geige, Akkordeon, Cello, Saxophon, E-Piano und die chinesischen Musikinstrumente Erhu, Pipa und Guzheng mit in die Tests einbezogen werden.

Die in den obigen beiden Tabellen enthaltenen Teilnehmerzahlen ergeben sich aus dem vorgefundenen Quellenmaterial der unterschiedlichen Prüfungsorte und -fächer. Sie ermöglichen einen Überblick über die Entwicklung des Tests. So wird in Tabelle 11 gezeigt, dass es im Jahr 1993 11.000 Teilnehmer in den zuvor genannten drei Städten gab. In dieser Zahl sind die Kandidaten in den Fächern Klavier, Geige, Akkordeon, E-Piano und Erhu enthalten. Die Teilnehmeranzahl nur für den Klaviertest betrug bereits im Jahr 1995 für Beijing, Shanghai, Xi´ning und Shǎnxi insgesamt 12594. Im Jahr 1996 waren es schon 45000 Kandidaten aus 24 Provinzen in den Fächern Klavier, Geige, Akkordeon, Cello, E-Piano und Erhu. Ein Jahr später nahmen schon 83000 Kandidaten an den Tests teil. Besonders deutlich wird in diesem Jahresvergleich die Entwicklungsdynamik: innerhalb eines Jahres, nämlich von 1996 bis 1997 verdoppelte sich die Teilnehmerzahl fast, obwohl es weniger Prüfungsfächer gab als im Jahr 1996. Im Jahr 1998 stieg die Teilnehmerzahl auf über Einhundert tausend.

Um diese Tendenz noch zu präzisieren, wird jetzt die Anzahl der Kandidaten speziell beim SHMV-PGT und CMV-Test dargestellt und analysiert. Der SHMV arbeitete bereits seit 1988 mit dem PGT. In der folgenden Tabelle werden die Zahlen der PGT- Kandidaten beim SHMV vom Jahr 1988 bis zum Jahr 2001 aufgelistet.

66

Jahr Anzahl der Kandidaten 1988 300158 1989 2000159 Tabelle 12: Anzahl der 1993 5000160 1995 7700161 Kandidaten bei SHMV-PGT 2001 20000>162

Die obigen Daten sind in der folgenden Abbildung graphisch dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass die Gesamtanzahl der Teilnehmer der Jahre 1988 bis 2001 schnell zugenommen hat. Während anfangs 300 Pianisten am SHMV-PGT teilnahmen, stieg die Anzahl der Kandidaten im Jahr 2001 auf Zwanzigtausend.

Abb. 15: Entwicklungstendenz des SHMV-PGT vom Jahr 1988 bis zum Jahr 2001

Diese dynamische Entwicklung fand auch bei den CMV-Tests statt, obwohl hier unterschiedliche Musikinstrumenten geprüft wurde. In der folgenden Tabelle ist die Anzahl der Kandidaten bei den CMV-Tests vom Jahr 1991 bis zum Jahr 2002 zusammengestellt.

Jahr Anzahl der Kandidaten 1991 2000163 1996 45000164 1997 63000165 1998 100000166 Tabelle 13: Anzahl der Kandidaten bei CMV-Tests 2002 120000167

158 CHEN Qingfeng: Rückblick auf Piano Grading Test in Shanghai, in: Piano Artistry, Beijing, 01/1996, S. 43. 159 Anonym: Grading Test und Kultur, in: Music Life, Shenyang, 10/2007, S. 22. 160 ZHAO Xiaosheng: Vergleich der ´93 Piano Grading Test in Shanghai und Hongkong, in: Music Lover, Shanghai, 06/1993, S. 35. 161 CHEN Qingfeng: Rückblick auf Piano Grading Test in Shanghai, in: Piano Artistry, Beijing, 01/1996, S. 43. 162 Anonym: Grading Test und Kultur, in: Music Life, Shenyang, 10/2007, S. 22. 163 WANG Shuang: Arbeitssitzung für den Music Grading Test, in: Music for Children, Beijing, 03/2002, S. 60. 164 JIN Zhaojun: Arbeitssitzung für den CMV-Tests, in: People´s Music, Beijing, 12/1997, S. 16. 165 Ebd. 166 SHU Zechi: Ziel und Wesen des Music Grading Test, in: Art Education, Beijing, 02/1999, S. 20. 167 WANG Shuang: Arbeitssitzung für den Music Grading Test, in: Music for Children, Beijing, 03/2002, S. 60. 67 Diese Daten werden in der folgenden Abbildung statistisch dargestellt. Zu ersehen ist, dass die Anzahl der Kandidaten überproportional wuchs. Während im Jahr 1991 nur 2000 Kandidaten an den CMV-Tests teilnahmen, stieg die Anzahl der Kandidaten bis zum Jahr 2002 auf 120.000 Teilnehmer rasch an.

Abb. 16: Entwicklungstendenz des CMV-Tests vom Jahr 1991

bis zum Jahr 2002

Es lässt sich feststellen, dass sich der PGT als klassische Förderungsmaßnahme für die Klavierausbildung im Laufe seines Entwicklungsprozesses auch für weitere Musikinstrumente geöffnet hat. Parallel zur landesweiten Zunahme der Anzahl der Prüfungsorte stieg auch die Anzahl der Kandidaten rasch. In der Zeit von 1991-2000 konnte die Ausbildung im Fach Klavier und anderen Musikinstrumenten im Vergleich zu früher eine stets wachsende Interessentengruppe erreichen. Mit Blick auf die letzten 10 Jahre des 20. Jahrhunderts kann man behaupten, dass es eine solche Musikbegeisterung, verbunden mit einer ständig wachsenden Zahl von Klavierschülern, in der Geschichte der Klavierpädagogik in China noch nicht gegeben hat.

68 3.2 Die praktische Umsetzung

Der Hauptprüfer des SHMV-PGT, Prof. ZHAO Xiaosheng schreibt zur Durchführung des Tests:

„Im Jahr 1993 haben insgesamt 5000 Kandidaten an den SHMV-PGT teilgenommen. Es gab insgesamt 30 Prüfer, die auf 10 Gruppen verteilt wurden. Die Tests dauerten insgesamt fünf Tage.“168

Daraus ist es ersichtlich, dass jeden Tag das Vorspielen tausender Kandidaten getestet wurde. Wenn die 30 Prüfer auf 10 Gruppen verteilt wurden, mussten sich drei Prüfer in einer Gruppe täglich das Vorspielen von mindestens 100 Kandidaten anhören. Würde jedes Vorspielen nur zehn Minuten dauern, dann benötigte jede Gruppe ca. 16 Stunden. An dieser Berechnung bestehen allerdings Zweifel. Eine solche Arbeitsbelastung ist für den einzelnen Prüfer kaum durchzuhalten, denn bei der Annahme, dass ein Prüfling maximal 5 Minuten Zeit für sein Vorspielen hätte, müsste ein Prüfer ca. acht Stunden täglich pausenlos zuhören. Innerhalb dieser fünf Minuten hätte der Kandidat drei Musikwerke vorzuspielen und die Prüfer hätten bereits die Bewertungsbögen fertig ausfüllen müssen. Das würde bedeuten, dass der Testablauf fließbandartig ablief und die Kandidaten ihr vorbereitetes Programm nicht vollständig vortragen konnten. Solche Tests stellten sowohl für die Prüfer, als auch für die

Kandidaten eine große Herausforderung dar. Des Weiteren schreibt Prof. ZHAO über das Vorspielen:

„[...] Es ist nicht sinnvoll, wenn die Kandidaten sich nur dafür interessieren, ob sie ‚bestanden’ oder ‚nicht bestanden’ haben. [...] In diesem Jahr haben zwar viele Kandidaten den Test bestanden, bei ihren Vorspielen gab es aber eigentlich noch sehr viele Probleme. Es wurden beim Vorspielen zu viele falsche Töne gespielt: In einem Stück sogar mehr als zwanzig Töne. Die Tastatur wurde zu kräftig angeschlagen und der Klang war nicht schön. Die Stilistik der Musik wurde nicht richtig erkannt. Es kam sehr oft vor, dass vielen Kandidaten ohne entsprechende Grundlage mehreren Stufen übersprangen.“169

Aus den obigen Berechnungen ist abzuleiten, wie unwahrscheinlich es ist, dass die vorbereiteten Stücke beim Test von einem Kandidaten vollständig gespielt wurden. Dass die gewählten Werke offenbar nur ausschnittweise gespielt wurden, dürfte bei

168 ZHAO Xiaosheng: Vergleich der ´93 Piano Grading Test in Shanghai und Hongkong, in: Music Lover, Shanghai, 06/1993, S. 35. 169 Ebd. 69 den Kandidaten das Gefühl erzeugt haben, dass die Prüfer an ihrem vorbereiteten Vortrag nicht besonders interessiert waren, sondern vorwiegend zu einer verbindlichen Bewertung für einen knapp fünfminütigen Vortragsabschnitt kommen wollten. Das Vorspielen konnte vermutlich zu jeder Zeit vom Prüfer unterbrochen werden, sobald er nach einer schnellen Beobachtung zu einer Beurteilung des Kandidaten gekommen war. Aus dem folgenden Zitat ist zu erkennen, dass der SHMV zu den qualitativ anerkannten Prüfungsinstituten gehört.

„Zurzeit gibt es zu viele Prüfungsinstitute, die von Musikinstituten, Bildungsinstituten oder Jugendpalästen einer Stadt oder eines Kreises organisiert werden. Die qualitativ anerkannten Prüfungsinstitute sind: der Chinesische Musikerverband, die Zentral- Musikhochschule, der Shanghai-Musikerverband und die Prüfungsinstitute in Guangzhou und Tianjin (in solchen Städten gibt es Musikhochschulen). Alle anderen Prüfungsinstitute sind nicht von guter Qualität, weil ihre Prüfer keine Experten oder Professoren sind. [...]“170

Hier stellt sich die Frage, warum bei einem anerkannten Prüfungsinstitut wie dem SHMV-PGT so viele Kandidaten mit schlechten Vortragsergebnissen trotzdem den Test bestehen konnten. Die Vermutung liegt nahe, dass die Tests auch hier nicht so durchgeführt wurden, wie man es hätte erwarten können. Um wie viel schlimmer muss es dann um die Qualität der Prüfer und Kandidaten bestellt sein, die den Test an weniger renommierten Instituten durchzuführen hatten. Um diese Frage zu beantworten, wurden die heute verfügbaren Quellenmaterialien sondiert. Bei der Untersuchung früherer Abhandlungen vieler Musikpädagogen stellte sich heraus, dass sie die angesprochenen Probleme bereits in der Entwicklungsphase des Tests erkannt hatten. Die Probleme können in vier Punkten zusammengefasst werden: das verantwortungsarme Verhalten der Prüfer, die ohne Qualifikation arbeitenden Prüfungsinstitute, das vordergründige Interesse der Prüfungsinstitute an den Prüfungsgebühren und das Überspringen von Stufen in Verbindung mit der Anerkennung der Testergebnisse zur Aufnahmeprüfung an einem höheren Bildungsinstitut (Schule, Hochschule oder Universität). Diese Fehlentwicklung spiegelt sich auch in den folgenden Aussagen wider.

170 GONG Chengguo: Welche Bedeutung hat der Music Grading Test? in: People´s Music, Beijing, 10/1995, S. 29. 70 Im Jahr 1992 hat HAN Yinghong bereits über die verantwortungslos handelnden Prüfer gesprochen.

„[...]Manche Prüfungsinstitute haben keine qualifizierten Prüfer, einige davon arbeiten sogar ‚hauptberuflich‘ ohne Qualifikation und ohne Genehmigung. Solche Tests werden nur aus Profitgründen durchgeführt.“ 171

Im Jahr 1993 äußerte man Zweifel, ob einige Prüfungsinstitute tatsächlich eine fachliche Qualifikation für die Durchführung des Tests besitzen.

„Unter dem Deckmantel des Namens einer Musikhochschule, eines Musikerverbands oder eines Bildungsinstituts und durch die Werbung haben manche Prüfungsinstitute den Piano Grading Test organisiert. [...] Alle Prüfungsinstitute haben betont, dass ihre Tests von guter Qualität seien. Aber nach dem Test fällt das Urteil der Kandidaten, Eltern und Lehrer anders aus. Solche Tests sind sinnlos.“172

Im Jahr 1996 wurde über die Verknüpfung der PGT-Benotung mit der Aufnahmeprüfung an einem höheren Bildungsinstitut folgende Aussage getroffen:

„In manchen Provinzen wurde in der Prüfungsordnung vorgeschrieben, dass man mit einem Zertifikat der Stufe VI bei der Aufnahmeprüfung zu einer Oberschule 10 Boni- Punkte bekommt, und dass bei der Aufnahmeprüfung einer pädagogischen Mittelschule im Fach Musikerziehung kein Klaviervorspiel erforderlich ist. Mit dem Zertifikat der Stufe IX erhält man eine Referenz für eine Universität. “173

Im selben Jahr wurde über das Überspringen von Stufen berichtet:

„Wegen des Punktevorteils bei der Aufnahmeprüfung eines Bildungsinstitutes werden die Schüler angeregt, für den PGT zu üben. Manche Schüler, die im letzten Jahr Stufe II bestanden, haben sich in diesen Jahr für den Test der Stufe VI vorbereitet. Weil für das Überspringen der Stufen keine konkreten Kriterien existieren, kam es zu sehr unterschiedlichen qualitativen Ergebnissen, mit der Folge, dass Schüler trotz schlechter Leistungen knapp den Test bestehen konnten. Obwohl sie damit an die begehrten Zertifikate kamen, haben sie aber keine entsprechende Kompetenz erworben. [...] Manche Schüler spielten erst seit zwei Jahren Klavier, hatten aber bereits ein Zertifikat der Stufe VII von einem Prüfungsinstitut erhalten. […] Wenn ein Schüler ein Jahr lang nur drei Musikwerke für den Test übt, welchen Sinn ergibt das für das Erlernen des Klavierspiels? [...] Ein Schüler, der die Stufe VIII bestanden hat, weiß nicht, aus

171 HAN Yinghong: Diskussion über „Grading Test“, in: Easy, Chengdu, 12/1992, S. 19. 172 ZHANG Ji´nan: Der instrumentale Music Grading Test hat keinen praktischen Sinn, in: China Music Education, Beijing, 06/1993, S. 25-26. 173 WANG Haitao: Gedanken über den Klavier Grading Test, in: Piano Artistry, Beijing, 02/1996, S. 46. 71 welchem Land MOZART kommt. Vom Blatt singen und eine einfache Begleitung für ein kleines Lied sind für ihn große Herausforderungen.“174

Im Jahr 1997 heißt es über die die Anzahl der Prüfungsinstitute in einer Stadt und über die Prüfungsgebühren:

„In einer Stadt gibt es zwei oder drei Prüfungsinstitute für den PGT. Bei allen ist die verwendete Repertoiresammlung identisch. Die Prüfungsorte der verschiedenen Prüfungsinstitute befinden sich in einer Stadt, die Teilnehmer kommen aus einer Stadt, und die Prüfer sind für sämtliche Prüfungsinstitute zuständig. Deshalb sind die Schüler, Eltern und Lehrer verwirrt. Welche Unterschiede gibt es? Ein Lehrer sagte, sie wollen nur Geld verdienen. So viele Schüler haben an den Tests teilgenommen. Die Prüfungsgebühr ist für die Institute einen Menge Geld.“175

Über das Thema „Prüfungsgebühr“ schreibt Prof. FENG Jianqin:

„[…] die Prüfungsinstitute können einen erheblichen wirtschaftlichen Ertrag erzielen. […] Wenn ein Kandidat zum Beispiel für den Test 100 Yuan (= ca. 10 €) bezahlen soll und die Anzahl der Teilnehmer mehrere Tausende beträgt, dann kann ein Prüfungsinstitut über eine Million Yuan damit einnehmen. Deswegen […] machen die Organisatoren des Tests den Teilnehmern „Lockangebote“ und veröffentlichen diese mit Anschlagzettel, um viele Kandidaten anzulocken. Es gab sogar so unverantwortliche Organisatoren, die ausschließlich um des Gewinns willen die Zertifikate einfach gegen die Zahlung der Prüfungsgebühr verkauft haben.“ 176

Vor diesem wirtschaftlichen Vordergrund ist es erklärlich, dass manche Institute nur aus Profitgier solche „Tests“ organisierten und das eigentliche Ziel des Tests im Laufe der Zeit aus den Augen verloren. Das aus Sicht des Verfassers unglückliche Verknüpfen der Testnoten mit der Aufnahmeprüfung an einem höheren Bildungsinstitut wurde für viele Kandidaten zu einem Hauptmotiv für das Überspringen von Stufen. Diese Situation führte zu einem Missbrauch der konkurrierenden Prüfungsinstitute in Form von leistungsunabhängigen, willkürlichen Vergabepraktiken der Zertifikate. Dadurch wird verständlich, warum die Kandidaten die vorbereiteten Programme zwar beim Test schlecht spielten, jedoch überwiegend den Test bestehen konnten. Mit dieser Entwicklung drohte der Test in eine qualitative Abwärtsspirale zu geraten.

174 WANG Yongzhen: Nachdenken über den Piano Grading Test, in: Musical Instrument, Beijing, 03/1996, S. 47-48. 175 TONG Daojin: Gedanken über den Piano Grading Test , in: Piano Artistry, Beijing, 02/1997, S. 54- 55. 176 FENG Jianqin: Stoppt die Übertreibung beim „Art Grading Test“, in: Art Education, Beijing, 03/1998, S. 23. 72 Im Jahr 1998 prangerte der Direktor der Universität der Künste Nanjing, Prof. FENG Jianqin, diese Fehlentwicklungen an. Er veröffentlichte eine Abhandlung mit dem Titel „Stoppt die Übertreibung beim Art Grading Test“.177 Es war das erste Mal, dass ein Universitätsdirektor in der Öffentlichkeit direkt eine kritische Meinung gegen den Test äußerte.

„Sowohl im Blick auf das Motiv als auch auf die Wirkung des Tests dürfen die ursprünglichen Zielvorgaben des musikinstrumentalen Tests nicht verloren gehen. Es sollte keine zügellose Verbreitung geben, die zu einer Ausweitung des Tests auf alle möglichen Instrumente führt. Durch die Tests entstehen für die Institute beträchtliche Profite, […] trotzdem ist die Meinung richtig, dass keinesfalls die Qualität darunter leiden darf. Deshalb muss die Übertreibung dieser ganzen Entwicklung gestoppt werden!“178

Kurz nach der Veröffentlichung dieser Abhandlung eröffneten am 20. September 1998 die Prüfer des CMV-Tests in Beijing eine Konferenz und diskutierten über die aktuellen Probleme. 179 Eine weitere Konferenz im Kulturministerium am 21. Dezember 1998 führte zu der Entscheidung, dass der Test als ein Schwerpunkt in das Forschungsprogramm für Kultur einbezogen wurde.180

Nach einer Reihe von Diskussionen fiel die Meinung von Prof. FENG nicht mehr stark ins Gewicht. Entgegen seiner Meinung äußerte im Jahr 1999 der Leiter des CMV-

Tests, Herr SHU Zechi, Folgendes:

„Obwohl diese Form der Tests Nachteile, Fehler, Kritik und Widerspruch gefunden hat, ist der Tests bereits landesweit verbreitet und etabliert. Eine Ablehnung, ein Verbot oder eine Neuorganisation der Tests ist nicht richtig, weil die Tests landesweit Akzeptanz gefunden haben. Gewisse Fehlentwicklungen werden durch eigene Gesetzmäßigkeiten bestimmt, aber es werden sich weiterhin auch Fortschritte einstellen. Fortschritte können sich nur aus offenen Entwicklungsprozessen ergeben. Es sieht so aus, dass dies ein objektives Gesetz und eine allgemeine Entwicklungstendenz ist. Zusammenfassend kann man sagen, dass nur der Entwicklungsprozess an sich letztlich Beständigkeit hat. “181

Obwohl in den ersten zehn Jahren der Entwicklungsphase die praktische Umsetzung der Tests mit vielen Problemen einherging, war es das Ziel der chinesischen

177 Ebd. S. 23. 178 Ebd. S. 24. 179 JIN Zhaojun: Der Music Grading Test sollte sich gesund weiter entwickeln, in: Musical Instrument, Beijing, 06/1998, S.6. 180 LI Wei: Der Beginn der Forschungsarbeit der Wissenschaft-Bildungsabteilung im Kulturministerium über den landesweiten Art Grading Test, in: Art Education, Beijing, 01/1999, S. 17. 181 SHU Zechi: Ziel und Wesen des Music Grading Test, in: Art Education, Beijing, 02/1999, S. 30. 73 Musikpädagogen, an der Stufe zum neuen Jahrtausend doch noch eine verbindliche und geeignete Maßnahme gegen die Probleme der Weiterentwicklung des Tests zu ergreifen.

3.3 Die Problematik des Überspringens von Stufen beim PGT Die während der Verbreitung der Tests aufgekommenen Probleme stellten sich für alle Beteiligten als sehr vielschichtig dar. Die Problematik der Qualitätseinbußen durch das Profitstreben der Prüfungsinstitute sowie die Problematik der Qualitätseinbußen durch das Überspringen einzelner Teststufen hatte große Auswirkungen auf den alltäglichen Klavierunterricht. Es entstand der Eindruck, als sei nur das Bestehen des Tests der dominierende Antrieb für die Schüler während des gesamten Lernprozesses. Ursprünglich war die regelmäßige Teilnahme am Klavierunterricht von Stufe eins bis zehn über den Zeitraum von zehn Jahren vorgesehen, bei durchschnittlich 60 Minuten täglicher Übungszeit. Dabei wurde es als normal betrachtet, wenn Schüler pro Jahr eine höhere Stufe absolvierten. Wenn aber ein Schüler z. B. in einem Jahr den Test der Stufe I besteht und im nächsten Jahr am Test der Stufe III teilnehmen will, so nennt man dies das „Überspringen von

Stufen“ (chin. Tiàojí 跳级). Die Erfahrungen aus jüngster Zeit zeigen, dass viele Schüler dem Stress der Aufnahmeprüfung an einem höheren Bildungsinstitut durch das Überspringen von Stufen entgehen wollen und daher bestrebt sind, den Test der höchsten Stufe in kurzer Zeit zu bestehen. Wenn ein Schüler allerdings jahrelang vier vorgegebene Musikwerke nur zur Vorbereitung auf den Test einstudiert, bleibt es zumindest zweifelhaft, ob hierdurch auch Rückschlüsse auf sein Spielniveau gezogen werden können. Im Folgenden wird untersucht, wie sich das Überspringen von Stufen in der Praxis ausgewirkt hat. Insgesamt wurden vom Verfasser drei Namenlisten von Kandidaten analysiert, die in den Jahren 1997, 1998 und 1999 den SXMV-PGT 182 bestanden. In diesen drei Jahrgängen waren es insgesamt 618 Kandidaten: 196 Kandidaten im Jahr 1997, 228 Kandidaten im Jahr 1998 und 194 Kandidaten im Jahr 1999 (vgl. Tabelle 14).

182 SXMV=Shanxi-Musikerverband. 74 Jahreszahl 1997183 1998184 1999185 Summe Anzahl der bestandenen Kandidaten 196 228 194 618

Tabelle 14: Anzahl der Kandidaten, die den SXMV-PGT im Jahr 1997, 1998 und 1999 bestanden.

Diese drei Listen beinhalten sämtliche Testergebnisse. 99 Kandidaten, die mehrfach zu Tests verschiedener Stufen antraten, sind in der Gesamtsumme demnach mehrfach enthalten (vgl. Tabelle 15).

1997 1997 1998 1997 Jahreszahl 1998 1998 1999 1999 1999 Anzahl der zwei- oder 12 29 38 20 Tabelle 15: Mehrfach bestandene dreifach bestandenen Prüfungen im Zeitraum von 1997 - 1999 Prüfungen 99

Innerhalb dieser Gruppe gibt es 61 Kandidaten, die bei den Tests eine oder mehrere Stufen übersprangen. Die Prozentzahl aller Kandidaten, die diese Überholspur nutzten, beträgt somit 62% (s. Abb. 17). Es lässt sich also ein deutliches Übergewicht der Überspringer gegenüber den Nichtspringern feststellen.

Abb. 17: Vergleich zwischen Überspringer und Nichtspringer.

Aus der folgenden Abbildung wird nicht nur das Zahlenverhältnis von Springern zu Nichtspringern deutlich, sondern auch die Erkenntnis, dass bei einer regelmäßigen Testteilnahme (1997, 1998, 1999 oder 1997, 1998 oder 1998, 1999) die meisten

183 Shanxi-Musikerverband: Namenslisten bestehender Kandidaten, in: Yellow River of the Song, Taiyuan, 06/1997, S. 29-32. 184 Shanxi-Musikerverband: Namenslisten bestehender Kandidaten, in: Yellow River of the Song, Taiyuan, 05/1998, S. 28-32. 185 Shanxi-Musikerverband: Namenslisten bestehender Kandidaten, in: Yellow River of the Song, Taiyuan, 05/1999, S. 26-31. 75 Kandidaten eine oder mehrere Stufen übersprangen. Im Gegensatz dazu verringerte sich die Anzahl der Überspringer, wenn die Kandidaten ein Testjahr ausließen (1997,1999).

Abb. 18: Verhältnis der Anzahl der Nichtspringer zu Überspringern nach Testjahrgängen.

Um das Überspringen von Stufen besser analysieren zu können, werden die 99 Kandidaten und die von ihnen bestandenen Stufen in den folgenden Abb. 19 bis Abb. 22 detailliert aufgelistet. Die Namen der Kandidaten sind in jeder Abbildung fortlaufend nummeriert und die bestandenen Stufen in den jeweiligen Jahren in

Balkenform dargestellt. Die Kandidaten lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen. Gruppe 1: Diese Kandidaten übersprangen keine Stufen und die Anfangsstufe war meistens höher als Stufe 3: Siehe in Abb. 19 die Kandidaten 01-05, in Abb. 20 die Kandidaten 03-08, in Abb. 21 die Kandidaten 05-13 und in Abb. 22 die Kandidaten 05-12. In Abb. 22 bilden die Kandidaten 05-07 eine Ausnahme, da sie in 3 Jahren 2 Stufen schafften. Gruppe 2: Wenn die Kandidaten eine oder mehreren Stufen übersprangen, war die Anfangsstufe meistens niedriger als Stufe 4: Siehe in Abb. 19 die Kandidaten 06-09, in Abb. 20 die Kandidaten 09-20 und 27-29, in Abb. 21 die Kandidaten 14-31 und 38 und in Abb. 22 die Kandidaten 13-14 und 17-20. Gruppe 3: Hier sind die Kandidaten aufgeführt, die nicht zu den üblichen „1-Stufen- Springern“ gehören, sondern gleich 2 oder sogar 3 Stufen übersprangen: Siehe in Abb. 20 die Kandidaten 27-29, in Abb. 21 der Kandidat 38 und in Abb. 22 die Kandidaten 17-20.

76

Abb. 19: PGT-Statistik der von den 12 Kandidaten im Jahr 1997, 1998 und 1999 in Shanxi bestandenen Stufen

Abb. 20: PGT- Statistik der von den 29 Kandidaten im Jahr 1997 und 1998 in Shanxi bestandenen Stufen

Abb. 21: PGT-Statistik der von den 38 Kandidaten im Jahr 1998 und 1999 in Shanxi bestandenen Stufen

77 Abb. 22: PGT-Statistik der von den 20 Kandidaten im Jahr 1997 und 1999 in Shanxi bestandenen Stufen

Um zu zeigen, ab welchen Stufen das Überspringen regelmäßig beginnt, werden die Anfangsstufen des Überspringens aus den obigen Abbildungen in der Abb. 23 prozentual dargestellt.

Abb. 23: Überblick über die Springer beim SXMV-PGT186

Daraus ist zu erkennen, dass 70% der Kandidaten ab der Stufe I, II oder III anfingen, Stufen zu überspringen: 15 Kandidaten ab Stufe I, 13 Kandidaten ab Stufe II und 16 Kandidaten ab Stufe III. Nur 30% der Kandidaten begannen mit dem Springen erst ab Stufe IV, V, oder VI. Ab Stufe VII kommt kein Überspringen mehr vor. Der Verfasser sieht die Möglichkeit des Überspringens sehr kritisch, da sich gerade die übersprungenen Stufen als Hindernis für einen kontinuierlichen Aufbau von Fähigkeiten erweisen. Die fehlenden Grundlagen führen oft dazu, dass die Überspringer bei den Teststufen VII bis X versagen und den Unterricht abbrechen müssen.

Als Beispiel wird in der folgenden Tabelle das polyphone Werk jeder Stufe aus der RS des CMV-PGT 1997 aufgeführt, die von den Kandidaten beim SXMV-PGT

186 Im Vergleich zur Abb. 17 (61 Überspringer) sind hier 63 Überspringer gelistet, weil die Kandidaten PANG Min und WANG Yi (s. Abb. 19 Nr. 10 und 11) zwei Mal sprangen. 78 verwendet wurde. Dabei wird deutlich, wie sich der Schwierigkeitsgrad der polyphonen Werke Stufe für Stufe entwickelt. Wenn ein Schüler nicht regelmäßig und kontinuierlich jahrelang für die einzelnen Stufen übt, sondern Stufen überspringt (von Stufe 1 zu 3 zu 5 zu 7), dann kann er zwar die Lernzeit bis zum Erreichen der Stufe sechs von ursprünglich 6 Jahren auf insgesamt drei Jahre verkürzen, aber die Anforderungen werden danach größer: In seinem vierten Lehrjahr muss er bereits die

Fertigkeiten zum Spielen einer Sinfonie von BACH aufweisen, die die anspruchsvolle klare Darstellung einer dreistimmigen Struktur erfordert und hohe Ansprüche an die Interpretation stellt. Danach werden die Anforderung abermals größer: Stufe 9 beinhaltet schon die Gigue aus der fünften Französischen Suite und Stufe 10 ein Präludium und eine Fuge aus dem Wohltemperierten Klavier. Beides in verhältnismäßig kurzer Zeit einstudieren zu wollen, stellt auch für den begabtesten

Schüler eine große Herausforderung dar. Das Spielen einer Invention von BACH, die in der Stufe 5 oder 6 verlangt wird, kann man anstelle von sechs auch in nur drei Jahre erlernen. Aber beim Schwierigkeitsgrad ab der Stufe 7 ist ein Erfolg wohl nur bei genügender Lernzeit und mit kontinuierlichem und planvollem Üben möglich.

Stufe Die polyphonen Werke

Stufe 10 Präludium und Fuge, BWV 847 Stufe 9 Gigue aus BWV 816 Stufe 8 Allemande aus BWV 816 Stufe 7 Sinfonie Nr. 6, BWV 792 Stufe 6 Invention Nr. 11, BWV 782 Stufe 5 Invention Nr. 14, BWV 785 Stufe 4 Kleine Präludium, BWV 927 Stufe 3 Gavotte I aus BWV 808 Stufe 2 Menuettt, BWV Anh. 132 Stufe 1 Allegro, Kind im Spiel, Bartok Tabelle 16: Die polyphonen Werke der Stufe 1-10 aus der RS des CMV-PGT 1997

Wie sich das Problem des Überspringens auf die Qualität des Klavierunterrichts auswirkt, wird anhand der folgenden Abbildung dargestellt, die die bestandenen Stufen der 618 Kandidaten (s. Tabelle 14) statistisch erfasst.

79

Abb. 24: Statistik der von den Kandidaten bestandenen Stufen (1997- 1999 in Shanxi)

Hieraus wird ersichtlich, dass sich die größte Anzahl der Kandidaten in den Stufen 1 bis 6 befinden. Ab Stufe 7 nimmt die Anzahl der Kandidaten deutlich ab. Die Abnahmetendenz steigert sich nach jeder höheren Stufe deutlich: Nur 1% sämtlicher Kandidaten konnte die Stufen 9 oder 10 erreichen. Dieses Verhältnis ist aus Sicht des Verfassers überwiegend auf das häufige Springen in den Stufen 1 bis 6 zurückzuführen. Nach der Stufe 6 werden die Anforderungen so groß, dass viele Überspringer wegen fehlender Grundlagen den entsprechenden Ansprüchen einfach nicht mehr gewachsen sind.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Anzahl der Klavierschüler in dieser Zeit eine große Steigerungstendenz zeigte, die eigentlich Grund zum Optimismus geben sollte. Diese positive Tatsache wurde aber durch die Erkenntnis getrübt, dass nur wenige Schüler (ab Stufe VII) einen langfristigen Lernerfolg vorweisen konnten. Dieses schlechte Ergebnis ist aus Sicht des Verfassers auch darauf zurückzuführen, dass durch die Möglichkeit des Überspringens der von Stufe zu Stufe erfolgende Aufbau von Fähigkeiten verhindert wird. Das ursprüngliche Ziel des PGT, die Qualität des Klavierunterrichts zu verbessern und zu fördern, wurde in der ersten zehnjährigen Entwicklungszeit des PGT daher nur teilweise erreicht.

80 3.4 Zusammenfassung Die Tests verbreiteten sich in den 90er Jahren landesweit sehr schnell. Auch die Prüfungsinstitute, Prüfungsfächer und die Teilnehmer entwickelten sich zahlenmäßig mit großer Dynamik. Die Tests avancierten in dieser Zeit zum Dreh- und Angelpunkt der Instrumentalerziehung und konnten immer mehr Musikliebhaber anregen, Klavier und andere Musikinstrumente zu erlernen. Eine ungezügelte Profigier der Prüfungsinstitute wirkte sich sehr negativ auf die Entwicklung der Tests aus. Schnelle und unsachgemäß durchgeführte Tests verschafften wirtschaftliche Vorteile gegenüber Mitbewerbern. In einigen Fällen stellten Prüfungsinstitute bereits im Vorfeld der Tests den Probanden höhere Quoten im Bestehen und Exzellenzbewertungen in Aussicht. In einer Stadt mit mehreren Prüfungsinstituten gab es unterschiedliche Bewertungsregularien. Daher konnte es vorkommen, dass einem Schüler nach nicht bestandenem Test ein anderes Institut das Zeugnis bei gleichem Leistungsniveau dennoch ausgestellte. Um das zu verhindern konnte es vorkommen, dass die Prüfer den Leistungsanspruch und Bewertungsmaßstab reduzieren mussten. Die Prüfer hatten beim Test in der Regel nur weniger als fünf Minuten Zeit für einen Kandidaten. Eine angemessene, objektive Bewertung war dadurch nicht gewährleistet. Den Kandidaten war es oft wichtiger eine hohe Stufe zu erreichen, um so einen Punkte-Vorteil bei der Aufnahmeprüfung einer Hochschule zu bekommen. Die Untersuchung über das Überspringen von Stufen hat gezeigt, dass eine gute Unterrichtsqualität deswegen in der Wirklichkeit nicht erreicht wurde. Viele Kandidaten, die den Test der Stufe 6 bestanden, waren danach wegen „übersprungener“ Grundlagen nicht mehr in der Lage, die hohen Anforderungen der Stufen 7 bis 10 zu erreichen. Eine langfristige Motivation zum Erlernen des Klavierspielens konnte sich deshalb in den 90er Jahren nicht entwickeln. Da offensichtlich das Ziel einer Qualitätsverbesserung in der Klavierausbildung nicht erreicht wurde, mussten sich die chinesischen Klavierpädagogen um die Jahrhundertwende mit der Frage auseinandersetzen, mit welcher Strategie man die

Klavierausbildung im neuen Jahrhundert weiterentwickeln sollte.

81 4 Institutionalisierung und Organisation des Art Grading Test ab dem Jahr 2000

In den beiden letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts wurden die Prüfungsfächer beim PGT auf weitere Musikinstrumente ausgedehnt und im Jahr 2000 sogar um drei künstlerische Bereiche erweitert: Malerei, Gesang und Tanz. Damit hatte sich der Piano Grading Test der 80er Jahre über den Music Grading Test der 90er Jahre zum Art Grading Test im neuen Jahrhundert entwickelt. Die unterschiedlichen Organisationsformen der verschiedenen Prüfungsinstitute hatten allerdings im Laufe der Jahre negative Auswüchse, die einen staatlichen Eingriff in Form von Verwaltungsrichtlinien erforderlich machten. Nachdem die Generalabteilung Bildung, Wissenschaft, und Technik im Kulturministerium 187 die Forschungsarbeit über den Test im Jahr 1999 188 abgeschlossen hatte, wurde am 11. Oktober 2000189 ein Rundschreiben vom Kultur- und Bildungsministerien herausgegeben, mit dem Titel „Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China“. Unter der Verantwortung des Kulturministeriums sollte der AGT danach zu einem speziellen Bewertungssystem für die künstlerische Erziehung auf Amateurebene ausgebaut werden.

Durch eine Evaluation der AGT-Prüfungsinstitution wurden staatlicherseits verbindliche Richtlinien für das Testverfahren entwickelt. Gemäß dem Rundschreiben der Jahre 2000 und 2001190 und der 2002 verabschiedeten Verwaltungsrichtlinie lässt sich die AGT-Organisationsstruktur folgendermaßen darstellen (s. Abb. 25):

187 S. a. Fußnote 6. 188 LI Wei: Beginn der Forschungsarbeit der Generalabteilung Bildung und Wissenschaft des Kulturministeriums über den landesweiten Art Grading Test, in: Art Education, Beijing, 01/1999, S. 17. 189 Kultur- und Bildungsministerium der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über Druck und Verteilung: Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China, [= Wenjiaokefa 2000/ Nr. 50 (chin. 文教科发 2000/ 50 号), Bericht an den Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staatsrats], Sekretariat der Generalvertretung des Kultur- ministeriums, Beijing, 23.10.2000. 190 Kultur- und Bildungsministerium et.al der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über die Gründung der AGT-Leitungsgruppe, [= Banjiaokehan 2001/ Nr. 282 (chin. 办教科函 2001/ 282 号), Bericht an den Stell- vertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staats- rats], Generalvertretung des Kulturministeriums, Beijing 24.07.2001. 82

Kulturministerium (Ebene 1) AGT-Leitungsgruppe

Bildung-Wissenschaft-Technik-Generalabteilung

Abteilung für Bildung

Ständiges Büro der AGT-Leitungsgruppe

AGT-Expertenausschuss (Ebene 2)

Verwaltungsteam Expertenteam

AGT-Zentrale (Ebene 3)

Prüfungsinstitute (Ebene 4)

Lokale Organisatoren Prüfer

Abb. 25: AGT-Organisationsstruktur

Daraus ist zu ersehen, dass jetzt das Kulturministerium das höchste Verwaltungsorgan für die Planung und Durchführung der AGT bildet. Die AGT-Leitungsgruppe wurde neu gegründet. Seine Mitglieder bestehen aus mehreren hohen Beamten der verschiedenen Ministerien. Unterstellt ist ihr das „Ständige Büro der AGT- Leitungsgruppe“. Es ist organisatorisch der Abteilung für Bildung der Generalabteilung Bildung-Wissenschaft-Technik des Kulturministeriums angegliedert. Von der Leitungsgruppe und ihrem Ständigen Büro wird ein Expertenausschuss geleitet. Er besteht aus zwei Teams: dem Experten- und dem Verwaltungsteam. Zusammen mit dem Ständigen Büro der Leitungsgruppe bildet der Expertenausschuss die AGT-Zentrale, die zwischen Ebene 1, 2 und 4 vermitteln soll. Die Prüfungsinstitute werden direkt vom Expertenausschuss überprüft und genehmigt. Diese haben das Recht, an den jeweiligen Prüfungsorten, mit den vorhandenen lokalen Organisatoren die Tests durchzuführen, um so landesweit ausreichend Prüfungsmöglichkeiten bereit zu stellen. Die Prüfer müssen sowohl von einem

83 Prüfungsinstitut angestellt als auch vom Expertenausschuss genehmigt worden. Sie werden durch das Prüfungsinstitut zu den Prüfungsorten entsandt.

4.1 Beteiligung des Kulturministeriums Die schnelle Entwicklung des Music Grading Test in den 1990er Jahren führte zu den in Kapitel 3 beschriebenen Problemen. Vor diesem Hintergrund hatte das Kulturministerium Anfang des neuen Jahrhunderts entschieden, die Tests unter Staatsaufsicht zu stellen. Mit der vom Kulturministerium und Bildungsministerium im Oktober 2000 veröffentlichten „Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China“191 bekam der AGT einen staatlich sanktionierten Status. Die Regierung wollte einen einheitlichen Verwaltungsablauf für die Tests gewährleisten. Die Beteiligung des Kulturministeriums wurde argumentativ folgendermaßen begründet:

„Während der Entwicklung der AGT sind einige Probleme aufgetaucht. Durch ökonomisches Gewinnstreben angetrieben, bieten mehrere Institute Tests an, die von unterschiedlicher Qualität sind. Obwohl sie nur schlecht miteinander vergleichbar sind, haben sie sich nebeneinander verbreitet. Die offiziellen staatlichen Stellen wurden nicht beteiligt, jedes Prüfungsinstitut organisiert seine Prüfungen auf eigene Weise. Hier fehlt eine einheitliche Regelung. In manchen Städten ist eine gute Testbenotung mit Bonuspunkten bei der Aufnahme an ein höheres Bildungsinstitut verbunden. Dadurch ist die Motivation der Kandidaten nicht nur auf die rein künstlerische Ausbildung gerichtet. Die verwirrende Situation der AGT muss dringend durch eine effektive Verwaltung seitens der Regierungsorgane verbessert werden.“192

In diesem Rundschreiben wurde noch auf die AGT-Entstehung und -Entwicklung, sowie ihre Funktion eingegangen.

„Nachdem sich der Lebensstandard der Bevölkerung aufgrund der Reformen der gesellschaftlichen Öffnung verbessert hatte, stieg auch das Bedürfnis nach Ausbildung in vielen künstlerischen Bereichen auf Amateurebene, woraus sich schließlich eine stürmisch ausbreitende AGT-Tätigkeit entwickelt, die auch Motivation für eine berufliche Ausbildung in künstlerischer Fachrichtung schaffte.“193

191 Kultur- und Bildungsministerium der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über Druck und Verteilung: Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China, [= Wenjiaokefa 2000/ Nr. 50 (chin. 文教科发 2000/ 50 号), Bericht an den Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staatsrats], Sekretariat der Generalvertretung des Kultur- ministeriums, Beijing, 23.10.2000. 192 Ebd. S. 2. 193 Ebd. 84 Seit der Gründung der ersten Musikhochschule in Shanghai im Jahr 1927 wurde von der Regierung nur die Aus- und Fortbildung der Künstler auf berufsbezogener Ebene unterstützt. Mit diesem Rundschreiben wurde erstmalig der musikalischen Laienbildung eine hohe gesellschaftliche Relevanz für China staatlicherseits anerkannt, was ihre besondere Bedeutung in der Geschichte der chinesischen Musikerziehung ausmacht.

Desweiteren wurde der AGT in diesem Rundschreiben neu definiert und hinsichtlich angestrebter Ziele beschrieben.

„Der Art Grading Test ist ein Verfahren, in dem durch die genehmigten Institute, mittels eines vorschriftsmäßigen Tests das Niveau der Amateure im künstlerischen Bereich festgestellt wird und individuelle Beratung stattfinden soll. Der AGT zielt auf eine Weiterverbreitung der künstlerischen Ausbildung und der systematischen Förderung von Begabungen im Land. Er dient der qualitätsorientierten Erziehung und leistet einen sozialen Beitrag.“194

Um zu vermeiden, dass nichtqualifizierte Prüfungsinstitute die Tests anbieten, müssen die Prüfungsinstitute zuvor genehmigt worden sein. Damit soll gewehrleistet werden, dass an allen Prüfungsorten vergleichbare Anforderungen bestehen. Ferner soll der Prüfungsablauf im Detail geregelt werden, um so landesweit für alle Teilnehmer vergleichbare Bedingungen zu ermöglichen. Damit wird deutlich hervorgehoben, dass es sich beim AGT um einen künstlerischen Leistungstest handelt. Der individuelle Lernprozess der Kandidaten bleibt unberücksichtigt.

Im Vergleich zum ursprünglichen Ziel des PGT die Qualität des Klavierunterrichts zu verbessern (vgl. S. 50), besteht das Ziel des AGT in der Verbreitung der künstlerischen Erziehung und Ausbildung, auch um so systematisch Hochbegabungen im Land zu erfassen und zu fördern. Mit diesen veränderten Zielen konnte der Test für ein breites künstlerisches Spektrum geöffnet werden, die Qualität des Instrumentalunterrichts stand nun aber nicht mehr im Mittelpunkt.

194 Ebd. 85 Vier grundsätzliche Richtungsentscheidungen werden in diesem Dokument zur

Weiterentwicklung der AGT genannt:195 Erstens werden die an der Ausarbeitung beteiligten Verwaltungsapparate und ihre Zuständigkeiten aufgeführt. Das Kulturministerium leitet die landesweite Organisation der AGT unter Mitarbeit des Bildungsministeriums. Es steht an der Spitze der an der Organisation beteiligten Gremien und Verwaltungsapparaten. Zweitens sind die Verwaltungsorgane gehalten, die in der Vergangenheit festgestellten Probleme zu evaluieren und Lösungen zu entwickeln, um damit die Grundlage für die beabsichtigte Standardisierung des Prüfverfahrens zu schaffen. Drittens werden eine „Leitungsgruppe für die AGT-Verwaltung“ und ein Expertenausschuss für die fachliche Anleitung eingerichtet. Die Aufgabe und Funktion der neuen Verwaltungsapparate wird wie folgt beschrieben.

„Es wird unter Koordinierung des Kulturministeriums vorgegeben, dass die betreffenden Abteilungen eine Leitungsgruppe für die AGT-Verwaltung für die landesweiten Prüfungsverfahren bilden sollen. Die Leitungsgruppe ist das politische Entscheidungsorgan bei der Organisation der AGT. Für sie ist ein Ständiges Büro einzurichten. Es wird der Generalabteilung für Bildung-Wissenschaft-Technik im Kulturministerium angegliedert und soll das Tagesgeschäft der Leitungsgruppe administrativ unterstützen. Unterhalb der Leitungsgruppe soll ein Expertenausschuss für Fachfragen zur Unterstützung eingerichtet werden.“ 196

Es ist ersichtlich, dass die Leitungsgruppe die entscheidende Rolle innerhalb der Organisationsstruktur der AGT spielt, der Expertenausschuss hingegen sich auf die fachliche Beratung beschränkt. Viertens sollten möglichst schnell „die provisorische Verwaltungsrichtlinien für den AGT“ ausgearbeitet und bekannt gegeben werden. Darin sollten Kriterien vorgeschrieben werden, die darüber entscheiden, ob ein Prüfungsinstitut die Tests rechtmäßig durchführt.

Dieses Rundschreiben macht deutlich welchen Stellenwert seitens der Regierung einer rechtlichen Regulierung der AGT eingeräumt wurde. Tatsächlich dient dieses Rundschreiben später bis hinein in einzelne Formulierungen als Grundlage für das nachfolgende Gesetzesverfahren (s. S. 91 f.). Mit den Dekreten 24 und 31 von 2002

195 Ebd. S. 3-4. 196 Ebd. S. 4. 86 bzw. 2004 (s. S. 96 f.) ging ein Traum vieler Klavierpädagogen und Musikbegeisterter in Erfüllung, der in den 1960er Jahren während der Kulturrevolution so nicht für möglich gehalten wurde. Während in der Vergangenheit staatlicherseits ausschließlich die schulisch-künstlerische Erziehung sowie die beruflich orientierte künstlerische Ausbildung gefördert wurde, stand nun erstmalig auch die Instrumentalausbildung für Amateure im Fokus.

87 4.2 AGT-Leitungsgruppe Neun Monate nach dem erwähnten Rundschreiben wurde die AGT-Leitungsgruppe am 23. Juli 2001 gegründet und durch ein Rundschreiben von sechs Generalvertretungen der jeweiligen Regierungsorgane bekannt gegeben: 197 Die Generalvertretungen des Kulturministeriums, des Bildungsministeriums, des Zentralkomitees des Chinesischen Kommunistischen Jugendverbandes, der Staatsverwaltung von Radio-Film-Fernsehen, des landesweiten Bundes der Literatur- und Kunstschaffenden und des landesweiten Frauenverbandes. Aus diesen Regierungsorganen wurden 13 Beamte zu Mitgliedern der Leitungsgruppe berufen, die als ein politisches Entscheidungsorgan die strategische Führungsrolle übernahm. Diese Organisationsstruktur wurde im Jahre 2002 mit der „AGT- Verwaltungsrichtlinie“ umgesetzt.

„Gemäß den Anweisungen bezüglich der AGT des Vorsitzenden des Staatsrats und in Verbindung mit dem gemeinsam erarbeiteten Bericht des Kultur- und des Bildungsministeriums ‚Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China‘ wurde entschieden, dass eine AGT-Leitungsgruppe zu gründen ist. Ihre wesentlichen Funktionen bestehen darin, die Anweisungen der führenden Funktionäre des Staatsrats durchzuführen, die politischen Richtlinien und gesetzlichen Bestimmungen für den AGT umzusetzen und bei der Beantwortung wichtiger Fragen strategische Entscheidungen zu treffen.“198

Die Mitglieder der Leitungsgruppe nehmen ihre Aufgaben zusätzlich zu ihren bisherigen Tätigkeiten wahr. Sie setzt sich zusammen aus einem Gruppenleiter (2001 war CHEN Xiaoguang, der stellvertretender Minister des Kulturministeriums), zwei Stellvertretern und zehn weiteren Mitgliedern, die allesamt hohe Beamte aus verschiedenen Staatsorganen sind. In der folgenden Tabelle sind die hauptamtlichen Tätigkeiten ihrer Mitglieder im Jahr 2001 zusammengestellt. Die große Anzahl zentraler Funktionsträger lässt erahnen, welche große Bedeutung die Regierung dem AGT beimisst.

197 Kultur- und Bildungsministerium et.al der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über die Gründung der AGT-Leitungsgruppe, [= Banjiaokehan 2001/ Nr. 282 (chin. 办教科函 2001/ 282 号), Bericht an den Stell- vertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staats- rats], Generalvertretung des Kulturministeriums, Beijing 24.07.2001. 198 Ebd. S. 1-2. 88 Stellenfunktion Name Hauptamtliche Tätigkeit im Jahr 2001 Gruppenleiter CHEN Xiaoguang Stellvertreter des Kulturstaatsministers (nebenamtlich) Generaldirektor der Abteilung für Bildung-Wissenschaft- Technik Vertreter des TONG Mingkang im Kulturministerium Gruppenleiters Generaldirektor der Abteilung für Sport- Gesundheitspflege- Kunsterziehung (nebenamtlich) YANG Guiren im Bildungsministerium Leiter der Propagandaabteilung des Zentralkomitees des Chinesischen SUN Shoushan Kommunistischen Jugendverbandes Leiter der Organisations- und Kommunikationsabteilung im Landesweiten WANG Jun Bunde der Literatur- und Kunstschaffenden WANG Naikun Leiter der Propagandaabteilung des Landesweiten Frauenverbandes Stellvertreter des Generaldirektors des Abteilung für Personalbildung WEI Dongwei in der Staatsverwaltung für Radio, Film und Fernsehen Mitglieder der HUANG Zhenchun Stellvertretender Leiter des Zentralbüros des Ministers im Kulturministerium Leitungsgruppe Generaldirektor der Abteilung für politische Richtlinien und gesetzliche (nebenamtlich) GAO Shuxun Bestimmungen im Kulturministerium FENG Yuan Generaldirektor der Abteilung für Kunst im Kulturministerium CHEN Qilin Generaldirektor der Abteilung der Sozialkulturbibliothek im Kulturministerium Stellvertreter des Generaldirektors der Abteilung für Bildung-Wissenschaft- WU Kaiying Technik im Kulturministerium Leiter der Bildungsabteilung WANG Feng der Generalabteilung für Bildung-Wissenschaft-Technik im Kulturministerium Tabelle 17: Mitglieder der AGT-Leitungsgruppe im Kulturministerium199

Der Verwaltungsbereich innerhalb der Leitungsgruppe wird von einem Ständigen Büro übernommen, das vom Kulturministerium (Generalabteilung für Bildung- Wissenschaft-Technik) eingerichtet wurde. Aus der Tabelle 18 ist zu ersehen, dass es sich aus insgesamt sechs Personen zusammensetzt. Die Leitungsfunktion wird von drei nebenamtlich beschäftigten Beamten der Leitungsgruppe wahrgenommen. Sie werden unterstützt von drei hauptamtlichen Mitgliedern des Ständigen Büros. 2001 war TONG Mingkang, Direktor der Generalabteilung für Bildung-Wissenschaft- Technik im Kulturministerium, Vertreter des Gruppenleiters.

Stellenfunktion Name Hauptamtliche Tätigkeit Direktor Generaldirektor der Abteilung für Bildung-Wissenschaft- TONG Mingkang (nebenamtlich) Technik im Kulturministerium Stellvertreter des Generaldirektors der Abteilung für Stellvertreter des WU Kaiying Bildung-Wissenschaft-Technik im Kulturministerium Direktors Leiter der Bildungsabteilung der Generalabteilung für (nebenamtlich) WANG Feng Bildung-Wissenschaft-Technik im Kulturministerium NIU Genfu Mitglieder des Ständigen Büros der Leitungsgruppe Mitglieder des LIU Yupu Mitglieder des Ständigen Büros der Leitungsgruppe Büros HE Yawen Mitglieder des Ständigen Büros der Leitungsgruppe Tabelle 18: Mitglieder des Ständigen Büros der AGT-Leitungsgruppe im Kulturministerium200

199 Ebd. S. 2. 200 Ebd. S. 3. 89 Aus beiden Tabellen lässt sich ersehen, dass die meisten Mitglieder der Leitungsgruppe nebenamtlich tätig sind. Nur drei Mitglieder des Ständigen Büros sind hauptamtlich mit der AGT-Arbeit beschäftigt. Die Leitungsgruppe setzt in der Praxis die Entscheidungen des Kulturministeriums um. Durch die Beteiligung von hohen Beamten der Regierung an der Leitungsgruppe und dem Ständigen Büro wird die Verwaltungsarbeit optimiert. Bei Überschneidung von Zuständigkeiten verschiedener Staatsorgane werden Handlungsbefugnisse miteinander koordiniert. Leider fehlt der Leitungsgruppe das künstlerisch-fachliche und pädagogische Know-how. Die dafür zuständigen Fachleute im Expertenausschuss haben bei wichtigen Entscheidungsfragen zum AGT gegenüber der Leitungsgruppe nur eine beratende Funktion inne.

90 4.3 AGT-Verwaltungsrichtlinie Fast zehn Monate nach der Gründung der Leitungsgruppe am 23. Juli 2001 trat die provisorische AGT-Verwaltungsrichtlinie am 17. Juni 2002 in Kraft.201 2004 wurde die derzeit gültige Fassung der AGT-Verwaltungsrichtlinie verabschiedet. 202 Sie ersetzte die provisorische AGT-Verwaltungsrichtlinie von 2002. (S. Tabelle 19)

Titel Provisorische AGT-Verwaltungsrichtlinie 2002203 Dokumenten- Dekret des Kulturministeriums der VR China Nr. 24 Nummer 15.05.2002 Angenommen von der Arbeitskonferenz des Kulturministeriums 17.05.2002 Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng 17.05.2002 Erlassen 17.06.2002 In Kraft getreten 01.07.2004 Aufgehoben Titel AGT-Verwaltungsrichtlinie 2004204 Dokumenten- Dekret des Kulturministeriums der VR China Nr. 31 Nummer 02.06.2004 Angenommen von der Arbeitskonferenz des Kulturministeriums 01.07.2004 Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng 01.07.2004 Erlassen 01.07.2004 In Kraft getreten Tabelle 19: Zeitangaben für die Bearbeitung der AGT-Verwaltungsrichtlinien von 2002 und 2004

Die Verwaltungsrichtlinien von 2004 bestehen aus sechs Paragraphen und insgesamt 35 Abschnitten. § 1: Allgemeine Bestimmung (Abschnitt 1-3) § 2: Verwaltungsorganisation (Abschnitt 4-7) § 3: Prüfungsinstitut und Prüfer (Abschnitt 8-16) § 4: Prüfungsverwaltung (Abschnitt 17-28) § 5: Strafbestimmung (Abschnitt 29-33) § 6: Ergänzungsbestimmung (Abschnitt 34-35)

201 Die Verwaltungsrichtlinien zum AGT wurde am 15. Mai 2002 durch die Arbeitskonferenz des Kulturministeriums überprüft, diskutiert, verabschiedet und am 17. Mai 2002 vom Kulturminister SUN Jiazheng unterzeichnet.. 202 Am 2. Juni 2004 wurden die ergänzten Verwaltungsrichtlinien durch die Arbeitskonferenz des Kulturministeriums angenommen und am 1. Juli 2004 erlassen. 203 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 24], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 17.06.2002. 204 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004. 91 Der folgende Abschnitt bezieht sich primär auf die Paragraphen eins und zwei. Die Paragraphen drei und vier werden anschließend behandelt.

Im ersten Paragraph, Allgemeine Bestimmungen, wird die Grundlage der Verwaltungsrichtlinien (Abschnitt 1), die Definition zum AGT (Abschnitt 2), sowie die Zielsetzung und Arbeitsprinzipien des AGT (Abschnitt 3) beschrieben. Das Ziel der Verwaltungsrichtlinien (Abschnitt 1) aus dem Jahr 2004 ist es, das Interesse der Kandidaten zu wahren, die Standardisierung der Prüfverfahren zu fördern, die Qualität der Prüfverfahren zu gewährleisten, sowie die Entwicklung des außerschulischen künstlerischen Erziehungswesens voranzubringen. Daraus ist es zu erkennen, dass die seit den 1990ern bestehenden Probleme bei den Tests durch diese Verwaltungsstruktur beseitigt werden sollten, und jetzt auch die Interessen der Kandidaten Berücksichtigung fanden. Eine ergänzende Definition zum AGT (Abschnitt 2) enthalten die Verwaltungsrichtlinien in ihrer 3. Fassung vom Jahr 2004. Die zuvor geltenden Definitionen wurden im Rundschreiben vom Jahr 2000 und in der provisorischen AGT-Verwaltungsrichtlinie im Jahr 2002 veröffentlicht. Hier ein Vergleich der drei Fassungen.#

Im Jahr 2000:

„Art Grading Test ist ein Verfahren, in dem durch die genehmigten Institute, mittels eines vorschriftsmäßigen Tests das Niveau der Amateure im künstlerischen Bereich festgestellt und eine Empfehlung für ihre Verbesserungsmöglichkeiten gegeben wird. 205

Im Jahr 2002:

„Art Grading Test ist eine Tätigkeit, bei der die gemäß diesen Verwaltungsrichtlinien genehmigten Prüfungsinstitute durch Testen das künstlerische Niveau der Amateure feststellen.“ 206

205 Kultur- und Bildungsministerium der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über Druck und Verteilung: Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China, [= Wenjiaokefa 2000/ Nr. 50 (chin. 文教科发 2000/ 50 号), Bericht an den Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staatsrats], Sekretariat der Generalvertretung des Kultur- ministeriums, Beijing, 23.10.2000, S. 2. 206Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 24], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 17.06.2002, Abschnitt 2. 92 Im Jahr 2004:

„Art Grading Test ist eine Tätigkeit, bei der die gemäß dieser Verwaltungsrichtlinien genehmigten Prüfungsinstitute durch Testen das künstlerische Niveau der Lernenden festgestellt wird und eine Empfehlung für Verbesserungsmöglichkeiten erfolgt.“207

In den obigen drei Fassungen sind zwei Punkte identisch: Der AGT ist ein Test und seine Aufgabe besteht darin, das künstlerische Niveau der Kandidaten festzustellen. Drei Punkte wurden auch geändert. Der erste Punkt betrifft die Kandidaten. Die Fassungen der Jahre 2000 und 2002 beinhalten, dass die Kandidaten Amateure sein sollten. In der letzten Fassung ist das Wort „Amateur“ nicht mehr enthalten. Das könnte bedeuten, dass sich das Kulturministerium die Möglichkeit offen gelassen hat, zukünftig auch Fach- und Berufskünstler in den AGT mit einzubeziehen. Punkt zwei schreibt „die Empfehlung für Verbesserungsmöglichkeiten“ im Jahr 2000 und 2004 vor, die im Jahr 2002 nicht vorhanden war. Man ging davon aus, dass die Ergebnisse es wieder notwendig machten, nicht nur einen reinen Test zu veranstalten, sondern auch weitere Empfehlungen auszusprechen. Der dritte Punkt bezieht sich auf die Prüfungsinstitute, die ab dem Jahr 2000 genehmigt werden mussten. Damals waren keine Zulassungsvoraussetzungen vorgeschrieben. Erst in den Jahren 2002 und 2004 wurde darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen in den Verwaltungsrichtlinien genau definiert sein müssen. Über die Zielsetzung des AGT (Abschnitt 3) wurde in den oben genannten drei Fassungen gleichbleibend geschrieben, dass die AGT-Arbeit auf eine Verbreiterung der künstlerischen Ausbildung und auf eine systematische Förderung der Talente im Land zielen sollte. Über die Arbeitsprinzipien des AGT (Abschnitt 3) wurden in allen 3 Fassungen unterschiedliche Aussagen getroffen. Im Jahr 2000:

„Der soziale Beitrag sollte an erster Stelle stehen. Die Arbeit sollte der qualitätsorientierten Erziehung dienen.“ 208

207 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 2. 208 Kultur- und Bildungsministerium der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über Druck und Verteilung: Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China, [= Wenjiaokefa 2000/ Nr. 50 (chin. 文教科发 2000/ 50 号), Bericht an den Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI 93 Im Jahr 2002:

„Das Prüfprinzip sollte offen, fair, gerecht und freiwillig sein. Der soziale Beitrag sollte im Vordergrund stehen.“ 209

Im Jahr 2004 (Abschnitt 3):

„Die Regelmäßigkeit der künstlerischen Ausbildung sollte sichergestellt werden. Das Prüfprinzip sollte offen, fair, gerecht und freiwillig abgehalten werden. Der soziale Beitrag sollte an erster Stelle stehen.“ 210

Sämtliche Fassungen enthalten das Prinzip der Förderung der sozialen Beiträge. Im Jahr 2002 wird noch ergänzt, dass der Test offen, fair, gerecht und freiwillig abgehalten werden sollte. Im Jahr 2004 wird der wichtige Satz „die Regelmäßigkeit der künstlerischen Ausbildung soll sichergestellt werden“ hinzugefügt. Diese Aussage lässt sich auch dahingehend deuten, dass in Zukunft eine stärkere pädagogische Ausrichtung des Tests berücksichtigt wird. In der Abschnitt 3 des ersten Paragraphen der Verwaltungsrichtlinien 2004 ist die folgende Abschnitt aus der Verwaltungsrichtlinie 2002 nicht mehr enthalten:

„...irgendeine Abteilung, Schule, Gemeinschaft dürfe nicht mit Verwaltungsmitteln oder anderen Maßnahmen die Schüler zum AGT antreiben oder zwingen. Der Test darf nicht mit den Aufnahmevoraussetzungen zu einem höheren Bildungsinstitut verknüpft werden.

Der Grund hierfür könnte sein, dass diese unerwünschte Situation im Jahr 2004 nicht mehr existierte. Es könnte aber auch sein, dass das Kulturministerium dafür nicht zuständig war und deswegen solche Gesetze nicht vom ihm festgelegt werden durften. Der Verfasser konnte ermitteln, dass sich im Jahr 2007 dieser Passus fast identisch in einem Dokument des Bildungsministeriums veröffentlicht wurde.211

Der zweite Paragraph (Abschnitten 4-7) beinhaltet die Verwaltungsorganisation, die aus Kulturministerium, Kulturämtern der Provinzen, der Städte oder der Landeskreise, sowie dem Expertenausschuss und der AGT-Zentrale bestehen. Dabei wird die

Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staatsrats], Sekretariat der Generalvertretung des Kultur- ministeriums, Beijing, 23.10.2000, S. 2. 209Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 24], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 17.06.2002, Abschnitt 2. 210 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 2. 211 Bildungsministerium der VR China: Anregungen zur Verstärkung und Verbesserung der künstlerischen Ausbildung in der Mittel- und Grundschule, [=Jiaotiyi 2007 / Nr. 16 (chin. 教体艺 2007/16 号], Sekretariat der Generalvertretung des Bildungsministeriums, Beijing, 30.05.2007. 94 Aufgabe jedes Verwaltungsorgans festgelegt und die Führungsverhältnisse zwischen den Verwaltungsorganisationen vorgeschrieben. Die Aufgaben des Kulturministeriums werden in der Abschnitt 4 folgendermaßen beschrieben:

„Das Kulturministerium soll die folgenden Aufgaben erfüllen: Politische Richtlinien und Gesetznormen zum AGT festlegen und durchführen. Den Arbeitsplan des AGT erstellen und über die Gesamtzahl der Prüfungsinstitute, samt ihrer Verteilung und Struktur entscheiden. Die überregionalen Prüfungsinstitute (in einer Provinz, einem Autonomiegebiet und einer regierungsunmittelbaren Stadt) überprüfen und genehmigen. Überwachung und Kontrolle der landesweiten Prüfungstätigkeiten und Anweisungen zur Durchführung. Berufung von anerkannten Fachleuten in den Expertenausschuss und Auswahl seines Leitungsgremiums. Abteilungskoordination für die Untersuchung und Entscheidung zentraler Aufgaben der AGT-Arbeit“212.

Daraus ist es zu erkennen, dass das Kulturministerium das höchste Verwaltungsorgan für den Test ist und verantwortlich zeichnet für Planung, Koordinierung, Kontrolle und Verwaltung. Der Abschnitt fünf definiert die Aufgabenverteilung der Kulturämter. Das Kulturamt vor Ort ist verantwortlich für die Durchführung der Politik und der Gesetze des Staates zum AGT, sowie für die Überwachung und Kontrolle der Teststätigkeit. Die Kulturämter in den Provinzen, Autonomiegebieten und regierungsunmittelbaren Städten sind für die Genehmigung der Prüfungsinstitute und die Durchführung der AGT innerhalb ihrer Gebiete verantwortlich.“213 In Abschnitt sechs und sieben wird vorgeschrieben, dass der Expertenausschuss und die AGT-Zentrale vom Kulturministerium geleitet werden und dem Expertenausschuss das Recht zusteht, das operative Geschäft der AGT-Zentrale zu führen. Auf die Arbeitsrichtlinien des Expertenausschusses und der AGT-Zentrale wird in den folgenden Unterkapiteln eingegangen.

212 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 4. 213 Ebd. Abschnitt 5. 95 4.4 AGT-Expertenausschuss In dem Rundschreiben vom Kultur- und Bildungsministerium aus dem Jahr 2000 wurde die Gründung eines Expertenausschusses festgeschrieben. 214 In den provisorischen Verwaltungsrichtlinien 2002 fand er noch keine Erwähnung. Erst die Verwaltungsrichtlinien 2004 greifen diese Forderung wieder auf und bezeichnen ihn als ein vom Kulturministerium geleitetes und die AGT-Arbeit anleitendes Gremium. Seine Mitglieder sind dem Kulturministerium (gemeint ist die Leitungsgruppe) untergeordnet. Ihre Aufgaben liegen in der Evaluation der politischen Richtlinien und der Gesetzgebung zum AGT, der Auswahl und Festlegung der geprüften Fächer, der Ausarbeitung von Prüfungsrichtlinien und Lehrplänen, der Feststellung der Eignungskriterien für die Prüfer und die Ausstellung der entsprechenden Vollmacht, der Festlegung von Eignungskriterien für die Lehrenden und der Anleitung ihrer Ausbildungstätigkeit, der Festlegung von Genehmigungskriterien für die Prüfungsinstitute, sowie ihrer Eignungsnachweise gegenüber der Genehmigungsinstanz.215 Eine abweichende Information über die Gründung des Expertenausschusses enthält ein Interview vom Mai 2003 mit Herrn Feng Wang, dem Leiter der Generalabteilung Bildung-Wissenschaft-Technik. Seiner Meinung nach wurde der Expertenausschuss bereits im Jahr 2001 gegründet.216 Im Regierungsdokument des Kulturministeriums vom Jahr 2006 wird seine Gründung mit dem Jahr 2002 angegeben im Zusammenhang mit einer vierjährigen Legislaturperiode.217 Der Expertenausschuss der ersten Legislaturperiode war zuständig für die Fachgebiete Musik, Tanz und Malerei. Seine Mitglieder setzten sich aus Professoren, Vizeprofessoren, Wissenschaftsräte, Vizewissenschaftsräte oder hochrangige

214 Kultur- und Bildungsministerium der VR China (Hrsg.): Rundschreiben über Druck und Verteilung: Anregungen zur Verbesserung der Durchführung des Art Grading Test in China, [= Wenjiaokefa 2000/ Nr. 50 (chin. 文教科发 2000/ 50 号), Bericht an den Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Staatsrats LI Lanqing 李岚清 und die Generalvertretung des Staatsrats], Sekretariat der Generalvertretung des Kultur- ministeriums, Beijing, 23.10.2000, S. 4. 215 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 6. 216 MENG Rong: Dialog zur Verwaltungsrichtlinien der AGT, [= Interviewzusammenfassung mit dem Leiter der Generalabteilung für Bildung-Wissenschaft-Technik im Kulturministerium], in: Little Performer, Lanzhou, 05/2003, S. 4 . 217 Kulturministerium der VR China: Rundschreiben des Staatskulturministeriums, der Generalabteilung für Bildung-Wissenschaft-Technik, sowie des Ständigen Büros der AGT- Leitungsgruppe zur Gründung des zweiten AGT-Expertenausschusses, [= Bankehan 2006 Nr. 47, (chin. 办教科 2006 47 号), Duplikat an alle überregionalen Prüfungsinstitute, Erstkorrektor: MA Mingyuan 马鸣远, Endkorrektor:LIU Yupu 刘玉普], Kulturministerium der VR China, am 20.11.2006. 96 gesellschaftlich akzeptierte Künstler zusammen. Er bestand aus 73 Mitgliedern: 40 Experten für Musik und 33 Experten für Tanz und Malerei. (s. Tabelle 20). Die 40 Mitglieder des Expertenausschusses der ersten Legislaturperiode (Fach Musik) kamen aus insgesamt zehn Musikinstituten: 18 von der zentralen Musikhochschule, sieben von der China-Musikhochschule und vier vom chinesischen Kunstinstitut. Aus den nachstehenden Instituten jeweils zwei vom Chinesischen Musikerverband, von der Shanghai-Musikhochschule, von der China-Oper, von dem Gesangs- und Tanzensemble der politischen Marineabteilung und jeweils einer von der Pädagogischen Universität Beijing, von der landesweiten Orchestervereinigung, sowie vom chinesischen nationalen Symphonieorchester. 218

Am 20. November 2006 begann die Neuwahl des zweiten Expertenausschusses, der sich nun aus zwei verschiedenen Teams zusammensetzte. Die Aufteilung erfolgte in ein Expertenteam und ein Verwaltungsteam. In der Expertengruppe wurde die Sonderregelung eingeführt, nach der die Leiter von Prüfungsinstituten nicht mehr zugleich Mitglieder des Expertenteams sein können. Stattdessen wurden ihre Namen nun in der Liste des Verwaltungsteams geführt. Ihre Aufgabe liegt in der administrativen Unterstützung des Ständigen Büros der Leitungsgruppe, um Interessenkonflikte zwischen den Aufgaben der Expertenteams und ihrer hauptamtlichen Tätigkeit in einem Prüfungsinstitut zu vermeiden.219

Um Mitglied eines Expertenausschusses zu werden, müssen die Kandidaten ihre Bewerbung an die Bildungsabteilung der Generalabteilung „Bildung-Wissenschaft- Technik“ im Kulturministerium richten und von ihren Arbeitgebern empfohlen worden sein. Außerdem muss der Bewerber in seinem Fachbereich großer Ansehen genießen und bereit sein, sich aktiv für die AGT-Arbeit einzusetzen.220 Am 25. Februar 2007 wurde der erste Vorschlag für die neuen Mitglieder des zweiten Expertenausschusses von der AGT-Leitungsgruppe bekannt gegeben. In der

218 AGT-Zentrale: Mitglieder des AGT-Expertenausschusses, Beijing, 2002. 219 Kulturministerium der VR China: Rundschreiben des Staatskulturministeriums, der Generalabteilung für Bildung-Wissenschaft-Technik, sowie des Ständigen Büros der AGT- Leitungsgruppe zur Gründung des zweiten AGT-Expertenausschusses, [= Bankehan 2006 Nr. 47, (chin. 办教科 2006 47 号), Duplikat an alle überregionalen Prüfungsinstitute, Erstkorrektor: MA Mingyuan 马鸣远, Endkorrektor:LIU Yupu 刘玉普], Kulturministerium der VR China, am 20.11.2006. 220 Ebd. 97 vorläufigen Auswahlliste waren 90 Fachleute aufgeführt. 221 Nach einer Einspruchsfrist vom 25. Februar bis 11. März 2007 wurde die endgültige Liste am 12. Juli 2007 vorgestellt. Dieses Rundschreiben der AGT-Leitungsgruppe enthielt 116 ausgewählte Mitglieder des Expertenteams. Dabei stellte das Fach Musik 45 Mitglieder. Die Fächer Tanz, Malerei und Rezitieren verteilten sich auf 71 Mitglieder. 222 (s. Tabelle 20)

Expertenausschuss Anzahl der Experten 73 erste 2002-2006 Musik Malerei Tanz Legislaturperiode 40 33 Expertenteam Leitungsgruppe zweite 116 2007-2011 Legislaturperiode Musik Malerei Tanz Rezitieren 21 45 71 Tabelle 20: Anzahl der Mitglieder der Expertenausschüsse der ersten und zweiten Legislaturperiode

Die Mitglieder des Expertenausschusses der zweiten Legislaturperiode setzten sich diesmal ausschließlich aus Professoren, Wissenschaftsräte oder hochrangige, in der Gesellschaft akzeptierte Künstler zusammen. Vizeprofessoren und Vizewissenschaftsräte waren nicht mehr vertreten. Die meisten Mitglieder im Fach Musik stellt die zentrale Musikhochschule. An zweiter Stelle folgt die China Oper. Weitere vier Mitglieder kommen vom Gesangs- und Tanzensemble der Armee, je drei Mitglieder von der China-Musikhochschule, vom chinesischen Kunstinstitut und vom Zentralen Volkssymphonieorchester, zwei Mitglieder von der Shanghai-Musikhochschule. Je ein Mitglied von der Pädagogischen Universität Beijing und von der Zhenjiang-Berufs-Kunsthochschule und vom Chinesischen Musikerverband. In der folgende Tabelle werden die Arbeitsschwerpunkte der Mitglieder des Expertenausschusses des Faches Musik aus beiden Legislaturperioden gegenübergestellt. In der ersten Periode konzentrierte man sich auf die Hauptfächer Klavier, Gesang, Musikwissenschaft und Komposition. Andere Fächer wie Erhu,

221 AGT-Leitungsgruppe: Erste Bekanntmachung des zweiten AGT-Expertenausschusses, Ständiges Büro der AGT-Leitungsgruppe, Beijing, 15.02.2007. 222 AGT-Leitungsgruppe: Rundschreiben über die Bekanntgabe der Liste des zweiten AGT- Expertenausschusses, Beijing 12.07.2007. 98 „Musik“223, Geige, Dirigent, Schlagzeug, Flöte, Pipa, chinesisches Streichinstrument, Musiktheorie und Erziehungsmanagement machen zusammen 45% der gesamten Mitgliederanzahl aus.

Musik- Arbeitsschwerpunkt Klavier Gesang Komposition Erhu „Musik“ Geige wissenschaft Mitgliederanzahl der ersten 7 5 6 4 3 5 3 Legislaturperiode Mitgliederanzahl der zweiten 6 6 4 6 4 2 3 Legislaturperiode Chinesisches Arbeitsschwerpunkt Dirigieren Schlagzeug Flöte Pipa Musiktheorie Streichinstrument Mitgliederanzahl der ersten 1 1 1 1 1 1 Legislaturperiode Mitgliederanzahl der zweiten 3 2 1 1 0 0 Legislaturperiode Erziehungs- Beijing- Traditionelle Arbeitsschwerpunkt Bambusflöte Oper Ruan management Oper Musik Mitgliederanzahl der ersten 1 0 0 0 0 0 Legislaturperiode Mitgliederanzahl der zweiten 0 3 1 1 1 1 Legislaturperiode Tabelle 21: Arbeitsschwerpunkte der Mitglieder im Expertenausschuss (Fach Musik) der ersten und zweiten Legislaturperiode

Je sechs Mitglieder der zweiten Legislaturperiode betreuen die Hauptfächer Klavier, Gesang und Komponist und bilden damit die größten drei Gruppen. Die Mitglieder im

Fach Klavier sind namentlich ZHOU Guangren, BAO Huiqiao, YANG Jun, WEI Tingge,

ZHOU Mingsun und ZHAO Fangxin. ZHOU Guangren und BAO Huiqiao haben in den 1950er Jahren Preise bei internationalen Klavierwettbewerben bekommen (s. Tabelle

5). ZHOU Mingsun ist ein Hauptherausgeber von Repertoiresammlungen für den PGT des Chinesischen Musikerverbands. Je vier Personen stellen die Gruppe der Musikwissenschaftler und Erhu, drei Personen die Geige, Dirigent und Bambusflöte, jeweils zwei kommen von der „Musik“, Schlagzeug und Oper und je einer von Flöte, Pipa, Ruan und traditioneller Musik. Die in der ersten Legislaturperiode noch

223 „Musik“ = Hier handelt es sich um einen Fachbereich ohne detaillierte Fachrichtung. Auf Chinesisch wurde hier deswegen einfach nur das Wort „Musik“ (音乐) geschrieben. Diese Mitglieder des Expertenausschusses gehören zu den verdienstvollen Musikern der älteren Generation. 99 aufgeführten Arbeitsschwerpunkte, chinesisches Streichinstrument, Erziehungsmanagement und Musiktheorie wurden in der zweiten Periode durch die Arbeitsschwerpunkte Bambusflöte (chinesisches Musikinstrument), Oper, Beijing- Oper, Ruan (chinesisches Musikinstrument) und traditionelle Musik ersetzt. Während es in der ersten Legislaturperiode nur fünf Experten für chinesische Musik gab, erhöhte sich diese Zahl in der zweiten Legislaturperiode bereits auf elf (s. Markierung in der Tabelle 21). Damit wird deutlich, dass die chinesische Musik stärker in den Vordergrund rückte. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Mitglieder im Expertenausschuss in China anerkannte Künstler, Musikwissenschaftler und Musikpädagogen sind, die aus verschiedenen Musikhochschulen und Musikinstituten kommen.

4.5 AGT-Zentrale Die AGT-Zentrale ist ein Dienstleistungsinstitut unter der Leitung des Kulturministeriums und des Expertenausschusses. Ihre Aufgabe liegt in der Ausarbeitung von testbezogenen Gesetzesnormen und in der Veröffentlichung relevanter Informationen. In ihrem Auftrag wird das Genehmigungsdokument von einem Prüfer gedruckt, produziert und vergeben, sowie die Richtigkeit des Testzertifikats eines Kandidaten bestätigt. Außerdem organisiert und koordiniert man hier die Ausbildungstätigkeit der Lehrenden, deren theoretische Forschung, den wissenschaftlichen Austausch und die Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Konzertveranstaltungen hervorragender Prüflinge), sowie weitere durch das Kulturstaatsministerium zugewiesene Aufgaben.224

224 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 7. 100 Die folgende Tabelle soll die wichtigsten Aufgaben von Kulturministerium (sprich AGT-Leitungsgruppe), Expertenausschuss und AGT-Zentrale verdeutlichen.

Aufgabe des Kulturministeriums / Aufgabe des AGT- 227 225 226 Aufgabe der AGT-Zentrale AGT-Leitungsgruppe Expertenausschusses Festlegung der politischen Richtlinien Umsetzung der politischen Richtlinien Vermittlung der politischen Richtlinien und der AGT-Gesetzesnormen und der AGT-Gesetzesnormen und der AGT-Gesetzesnormen Feststellung der Eignungskriterien für Druck, Produktion und Verteilung der die Prüfer und Ausstellung der Genehmigungsdokumente für die Prüfer entsprechenden Vollmacht Erarbeiten von Eignungskriterien für Organisation und Koordination für die die Lehrenden und Richtlinien für ihre Ausbildungstätigkeit der Lehrenden Ausbildungstätigkeit Tabelle 22: Vergleich der Aufgaben der AGT-Verwaltungsorgane

4.6 Prüfungsinstitute Das Prüfungsinstitut ist ausschließlich für die Organisation und Durchführung der Tests zuständig und nicht für das Erlernen eines Musikinstrumentes. Seine Aufgabe ist z. B. die Festlegung und Veröffentlichung der Prüfungsinhalte, das Anstellen der Prüfer und die Ausstellung der AGT-Zertifikate. Eine Definition steht in den Verwaltungsrichtlinien:

„AGT-Prüfungsinstitute sind jene Kunstschulen, Kunstorganisationen, Fachverbände und Kunstinstitutionen, die gemäß den AGT-Verwaltungsrichtlinien die Genehmigung zur Durchführung des Tests erhalten haben.“228

Das Genehmigungsverfahren ist abhängig von den jeweiligen Einsatzgebieten:

„Jene Prüfungsinstitute, die ihre Tätigkeit in mehr als einer Provinz ausführen wollen, müssen vom Kulturministerium genehmigt werden. Wogegen die Prüfungsinstitute, die ihre Aufgabe ausschließlich in einer Provinz, einem Autonomiegebiet oder einer regierungsunmittelbaren Stadt durchführen wollen, nur durch den jeweiligen Kulturverwaltungsapparat ihres Gebietes genehmigt werden müssen.“229

Um das Prüfungsrecht zu erlangen, müssen die antragstellenden Institute folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen den Nachweis einer eigenständigen juristischen Person erbringen. Ihr vorwiegender Unternehmenszweck muss dem genehmigten Prüfungsfachbereich entsprechen, wobei das jeweilige Institut sich durch ein hohes

225 Ebd. Abschnitt 4. 226 Ebd. Abschnitt 6. 227 Ebd. Abschnitt 7. 228 Ebd. Abschnitt 8. 229 Ebd. Abschnitt 10. 101 Kunst-, und Wissenschaftsniveau und durch einen hervorragenden gesellschaftlichen Ruf auszeichnen muss. Sie müssen eigene, institutsinterne Repertoiresammlungen herausgeben. Für die im Antrag aufgeführten Prüfungsfächer müssen auch entsprechende Prüfer zur Verfügung stehen. Mindestens zwei Drittel der Prüfer eines Instituts müssen hausintern beschäftigt sein. Ort und Einrichtungen der Prüfungsinstitute müssen für die Tests angemessen sein. Das Prüfungsinstitut hat für die AGT eine eigene Abteilung einzurichten und Festangestellte zu beschäftigen, die nur die genehmigten Fächer prüfen dürfen.230 Zusätzlich wird für sie eine spezielle Aufbauorganisation mit Durchführungsbestimmungen vorgeschrieben. 231

Die Bewerbungsunterlagen müssen noch Folgendes detailliert beinhalten: 232 eine Auflistung der zu prüfenden Fächer, den Namen des Institutsleiters, die Lage des Prüfungsinstituts mit den Prüfungsorten, sowie einen Liquiditätsnachweis. Zusätzlich müssen sie die Höhe der Prüfungsgebühren enthalten, eine Unterschrift des gesetzlichen Vertreters, 233 sowie den Gewerbeschein, das Organigramm und die Arbeitsordnung des Prüfungsinstituts. In den erforderlichen Dokumenten müssen die Mitglieder des Prüfungsinstituts und die beim Institut angestellten Prüfer aufgeführt sein, der Nachweis über Büroanschrift und Nutzungsrechte der Räumlichkeiten am Prüfungsort erbracht werden, sowie die vom Institut selbst herausgegebene Repertoiresammlung eingereicht werden.

Wenn das Prüfungsinstitut die AGT-Genehmigung erhalten hat, soll es binnen 30 Tagen der staatlichen Preisregulierungsbehörde die Höhe der Prüfungsgebühren mitteilen, die dann eine entsprechende Erlaubnis ausstellt. Eine Kopie davon wird dem zuständigen Kulturamt zugesandt. Das jeweilige Kulturamt ist gehalten, eine Bestätigung an das Prüfungsinstitut über den Empfang dieser Kopie auszustellen. Erst danach dürfen die Tests durchgeführt werden. 234 Durch diese Procedere wird vermieden, dass ein nicht befähigtes Institut die Tests organisiert. Die Prüfungsgebühr

230 Ebd. Abschnitt 17. 231 Ebd. Abschnitt 9. 232 Ebd. Abschnitt 12. 233 Kulturministerium: Bewerbungsformular zur Einrichtung eines Prüfungsinstitutes, Beijing, 2007, in: www.gov.cn/fwxx/bw/whb/site1/.../00123f37b6f506d0a9e603.doc, Aufruf am 02.05.2010. 234 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 13. 102 wird von der Preisregulierungsbehörde genehmigt um zu verhindern, dass die Prüfungsgebühr willkürliche vom Institut festgelegt wird.

Bis Oktober 2003 wurden 73 Prüfungsinstitute durch das Kulturministerium akkreditiert. Acht davon besaßen ein überregionales Prüfungsrecht, die anderen prüften nur in einer Provinz. Bis zum Jahr 2007 erhöhte sich die Zahl der genehmigten Prüfungsinstitute auf insgesamt 87, von denen zwölf überregional tätig sind. Eine Liste hierzu befindet sich im Anhang 5 mit Angabe der Institutsnamen, ihrer Prüfungsbereiche, Adresse, Postleitzahl, Telefonnummer und die Namen der Kontaktpersonen.

Abb. 26: Überblick über die Verbreitung der Prüfungsinstitute im Jahr 2007

Die Abb. 26 zeigt, in welcher Provinz, autonomem Gebiet oder regierungsunmittelbarer Stadt Prüfungsinstitute vorhanden sind. Die wenigen weißen Flächen bedeuten, dass es sich um Gebiete handelt, wo noch keine Prüfungsinstitute existieren. Die AGT-Teilnahme ist in diesen Gebieten nur an überregionalen Prüfungsinstituten möglich.

4.7 Lokale AGT-Organisatoren Weil jedes zugelassene Prüfungsinstitut lokalen Organisatoren in den Städten der Provinz das Testverfahren übertragen dürfen, können die Tests überall durchgeführt werden. Die lokalen Organisatoren, die im Namen und im Auftrag des Prüfungsinstituts das Prüfungsverfahren übernehmen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllen: Status einer juristischen Person mit den Geschäftszwecken Kunsterziehung, künstlerische Auftritte, Kunstausbildung und Forschungstätigkeiten im künstlerischen Bereich. Sie müssen materielle Mindestvoraussetzungen erfüllen 103 und von unbescholtenem Ruf sein. Das Prüfungsinstitut muss mit den jeweiligen lokalen Organisatoren einen Vertrag schließen, um gegenseitige Rechte und Pflichten zu formulieren. Außerdem ist es gesetzlich verantwortlich für die Arbeit der ansässigen Kooperationspartner an den Prüfungsorten.235

4.8 Prüfer Von den Prüfern wird ein gültiges Prüfungszertifikat erwartet und eine Anstellung durch das Prüfungsinstitut. 236 Um Prüfer werden zu können, benötigen die Antragsteller folgende Voraussetzungen, die durch den AGT-Expertenausschuss überprüft werden. Er muss sein Kunstfach mindestens 10 Jahre erlernt haben und entsprechende Kompetenzen in mehr als fünf Jahren Berufserfahrung im Sektor der Kunst oder künstlerischen Erziehung nachweisen können.237 Er wird im Auftrag eines Prüfungsinstituts entsandt und darf nur im Rahmen von Tests tätig werden, die sein Prüfungsinstitut organisieren darf. 238 Sein Prüfungszertifikat hat er für eventuelle Kontrollen mitzuführen.

„Der Prüfer wird gemäß den veröffentlichten Prüfungsmaßstäben eine Bewertung des Kunstniveaus der Kandidaten aussprechen und ihm zu seiner gezeigten Leistung Hinweise, Kritik, Gutachten und Kommentare geben.“239

Das ist die einzige Stelle, wo in der Verwaltungsrichtlinien über die Prüfungsmaßstäbe gesprochen wird. Da aber nicht vorgeschrieben ist, wer die Prüfungsmaßstäbe oder Bewertungskriterien ausarbeitet und festlegt, ergibt diese Abschnitt 24 eigentlich keinen Sinn. Es wird zur Zeit nicht verlangt, dass sich die Prüfer durch eine diesbezügliche Zusatz-Ausbildung qualifizieren müssen. Bis zur Einreichung meiner Dissertation war es mir nicht möglich, die geforderten Bewertungskriterien zu finden.

Für das Prüfungsverfahren sind Sonderregelungen vorgesehen, wenn der Eindruck der Begünstigung entstehen könnte. Der Prüfer sollte aber möglichst aus eigenem Antrieb den Test verweigern, wenn der Kandidat mit ihm in einer Sozialbeziehung steht, sei es in einer verwandtschaftlichen oder Lehrer-Schüler-Beziehung, die ihm eine

235 Ebd. Abschnitt 19. 236 Ebd. Abschnitt 15. 237 Ebd. Abschnitt 16. 238 Ebd. Abschnitt 23. 239 Ebd. Abschnitt 24. 104 gerechte und objektive Testdurchführung erschweren würde. Andererseits hat der Kandidat oder sein Erziehungsberechtigter das Recht, einen Prüfer abzulehnen. 240

Seit Oktober 2002 muss man sich, um als Prüfer tätig sein zu können, bei der AGT- Zentrale für die Zulassung bewerben. Das Bewerbungsformular beinhaltete Fragen nach Namen, Geschlecht, Titel, politische Orientierung, Bildungsgang, Beruf, Fachrichtung, Prüfungsinstitut, Prüfungsfach, gewünschtem Stufenbereich bei der Prüfungstätigkeit. Darüber hinaus soll es noch Auskünfte über den Fachausbildungslehrgang und die künstlerischen und wissenschaftlichen Erfolge enthalten. Die Beurteilung durch Arbeitgeber, Prüfungsinstitut und dem zuständigen Kulturamt müssen dem Antrag beigefügt werden.241

Eine amtliche Liste mit 3263 zugelassenen Prüfern wurde im Juli 2003 durch die AGT-Zentrale bekannt gegeben (s. Tabelle 23). Die Prüfer sind an sieben Prüfungsinstituten beschäftigt: Zentral-Musikhochschule, China-Musikhochschule, Beijing-Tanzhochschule, Shanghai-Musikhochschule, Chinesischer Musikerverband, Landesweite Orchestervereinigung und China-Oper.242

Prüfungsinstitute Prüferzahl Chinesischer Musikerverband 1516 Landesweite 669 Orchestervereinigung China-Musikhochschule 543 Zentral-Musikhochschule 235 Shanghai-Musikhochschule 166 Beijing-Tanzhochschule 110 Tabelle 23: Anzahl der Prüfer im Jahr 2003 China-Oper 24

Am 8. November 2005 veröffentlichte der AGT-Expertenausschuss eine Bekanntmachung über den Bewerbungsvorgang zur Zulassung von Prüfern. Die Prüfungsinstitute sollten bis 30. Dezember 2005 die Bewerbungsunterlagen aller Prüfer, die sie anstellen wollten, dem Ausschuss bekanntgeben. 243 In diesem Bewerbungsformular ist die Beurteilung durch den Arbeitgeber und durch das

240 Ebd. Abschnitt 25. 241 AGT-Zentrale: Bewerbungsformular für die AGT-Prüfer, Beijing, 10.2002. 242 AGT-Zentrale: Ankündigung der AGT-Zentrale, Nr. 2, vom 23.07.2003, in: www.news.xinhuanet.com/zhengfu/2003-07/23/content_990077.htm, Aufruf am 01.06.2008. 243 AGT-Expertenausschusses: Bekanntmachung über Bewerbung von AGT-Prüfern, [= Yizhuanban 2005/001], Büro des AGT-Expertenausschusses, Beijing, 08.11.2005. 105 Kulturamt nicht mehr erforderlich. Der Fragekatalog beschränkte sich nun auf die Fachausbildung, die künstlerischen und wissenschaftlichen Erfolge, sowie auf den angestrebten Karriereweg.

Am 26. Juni 2006 wurde eine Liste mit über 2472 zum Zulassungsverfahren ausgewählten Prüfern herausgegeben. 244 (s. Tabelle 24) Nach Ende der Einspruchsfrist verblieben bis zum 2. Juli 2006 noch 2458 Bewerber im Auswahlprozess, die von 49 Prüfungsinstituten empfohlen und am 15. September 2006 bekannt gegeben wurden. Die Zahl der vom ersten Expertenausschuss genehmigten Prüfer stieg vom Jahr 2003 bis 2006 auf insgesamt 5721. Prüfungsinstitut Prüfer Prüfungsinstitut Prüfer Chinesischer Musikerverband 1026 Musikerverband Fujian 13 Institut für Musik und Tanz Sichuan 209 Xinghai Musikhochschule 13 Verband des chinesischen nationalen 164 Jiangsu Performing Arts Group 12 Orchesters Musikhochschule Shanghai 120 Tänzerverband Fujian 12 Musikhochschule Shenyang 110 Tanzhochschule Beijing 11 Zentral-Musikhochschule Beijing 76 Universität der Künste Jilin 11 Musikerverband Hubei & 62 Tänzerverband Shandong 9 Musikhochschule Wuhan Chinesischer Tänzerverband 58 Musikerverband Guangdong 9 Professional Arts Institute of Hubei & 56 Universität Yunnan 9 Volkskunsthaus Hubei China Musikhochschule Beijing 50 Tänzerverband Jiangsu 7 Musikerverband Zejiang 35 China Kunsthochschule 6 Bund der Literatur- und 32 Volkskunsthaus Liaoning 6 Kunstschaffenden Jiangsu Film-Fernsehen-Kunst-Verein Beijing 31 Kunsthaus Shandong 5 Musikerverband Tianjin 30 Kunsthaus Shanxi 5 Volks-Kunsthaus von Autonomiegebiet Musikerverband Shanghai 29 5 Xinjiang Prüfungsausschuss von 29 Kunst-Berufhochschule Zejiang 2 Hochschulausbildung Fujian Volkskunsthaus Jilin 28 Chinesische Kunstwissenschaftinstitut 1 Musikerverband Autonomiegebiet 28 Volkskunsthaus Tianjin 1 Xinjiang Musikerverband Jiangsu 27 Musikhochschule Tianjin 1 China-Oper 23 Tänzerverband Shanghai 1 Kunst-Berufhochschule Anhui 21 Tänzerverband Jilin 1 Tanzschule Sichuan 21 Tänzerverband Zejiang 1 Musikhochschule Xi´an 19 Kunsthaus Anhui 1 Bund der Literatur- und Kunstschaffenden Streichinstrumentkunstverband Fujian 17 1 Guizhou Tabelle 24: Anzahl der Prüfer nach Universität der Künste Nanjing 14 Prüfungsinstituten 2006

244 AGT- Expertenausschuss: Bekanntmachung, 26.06.2006, in: http://www.kaojionline.com/ArtExam/notification/关于全国社会艺术水平考级考官资格认定结果的公示.doc, Aufruf am 06.05.2008. 106 Am 06. April 2007 wurden die bereits genehmigten Prüfer des Jahres 2003 nochmals vom zweiten Expertenausschuss evaluiert und zusätzliche Prüfer zugelassen.245 Am 26. Juli 2007 erhielten 5714 Personen ihr Zertifikat als Prüfer.246 Mit den bereits im Jahr 2006 vom ersten Expertenausschuss genehmigten Prüfern und den Konzessionen vom zweiten Expertenausschuss konnten insgesamt 8172 Prüfer ihre Tätigkeit aufnehmen, um das Kunstniveau der Kandidaten zu prüfen. Davon gehören 2774 Prüfer (34%) dem Chinesischen Musikerverband an, der somit das größte Prüfungsinstitut in China stellt. Prüfungsinstitut Prüfer Prüfungsinstitut Prüfer Chinesischer Musikerverband 1748 Tänzerverband Liaoning 24 Verband des chinesischen nationalen Orchesters 838 China Kunsthochschule 23 China Musikhochschule Beijing 618 Musikhochschule Shenyang 21 Musikerverband Shanghai 266 Tänzerverband Shandong 21 Zentral-Musikhochschule Beijing 198 Universität Yun´nan 20 Musikhochschule Shanghai 195 Bildungsverein Beijing 19 Musikerverband Hubei 131 Kunst-Berufhochschule Hu´nan 17 Verband der chinesischen Kalligraphie Musikerverband Jiangsu 125 16 und Malerei Shanghai Musikhochschule Wuhan 125 Tänzerverband Tianjin 15 Volks-Kunsthaus des Autonomiegebiets Universität der Künste Yun´nan 121 15 Xinjiang Professional Arts Institute of Hubei & 101 Kunsthaus Anhui 14 Volkskunsthaus Hubei Universität der Künste Nanjing 87 Volkskunsthaus Liaoning 14 Musikerverband Tianjin 80 Zentrale der Sozialkunsterziehung Jiangsu 13 Musikerverband Autonomiegebiet Xinjiang 76 Volkskunsthaus Hu´nan 12 China-Oper 72 Volkskunsthaus Jilin 12 Kunst-Berufhochschule Anhui 71 Kultur-Kunst-Verein für Kinder Shanxi 10 Tanzhochschule Beijing 69 Tänzerverband Jiangxi 10 Musikhochschule Tianjin 59 Kunsthaus Shandong 10 Chinesischer Tänzerverband 54 Kunsthaus Shanxi 陕西 9 Tänzerverband Sichuan 51 Tänzerverband Jiangsu 9 Kunst-Berufhochschule Zejiang 45 Blasinstrument-Kunstverband Fujian 8 Chinesischer Förderungsverein für Kultur Institut für Musik und Tanz Sichuan 40 7 (Chinese Culture Promotion Society) Kunstschule Henan 39 Tänzerverband Jilin 7 Verband der Jiangnan-traditionellen Universität der Künste Guangxi 39 chinesischen Saiten- und Blasinstrumente 7 Shanghai Musikerverband Guangdong 35 Tänzerverband Hu´nan 6 Universität der Künste Jilin 30 Volkskunsthaus Tianjin 5 Musikerverband Zejiang 28 Volkskunsthaus Guangdong 2 Tabelle 25: Anzahl der Prüfer nach Musikhochschule Xi´an 27 Prüfungsinstituten 2007

245 AGT-Expertenausschuss: Bekanntmachung zur Überprüfung und Genehmigung der im Jahre 2003 ausgestellten Zertifikate für AGT-Prüfer, [= Yizhuanban 2007 Nr. 01], Beijing 06.04.2007, in: www.kaojiohline.com/ArtExam/考官复核通知.htm, Aufruf am 16.03.2008. 246 AGT-Expertenausschuss: Bekanntmachung, in: www.kaojionline.com/ArtExam/ notification/2007 公告.htm, Aufruf am 16.03.2008. 107 4.9 Prüfungsfächer und -gebühren Die Prüfungsinstitute sind für die Fachrichtungen Musik, Kunst und Tanz zugelassen.247 Am 4. August 2003 gab das Kulturministerium die Prüfungsfächer im Fachbereich Musik und Tanzen bekannt248 und am 18. 11. 2003 die im Fachbereich Kunst. 249 Der Fachbereich Musik gliedert sich in fünf Teile: Musiktheorie, Tasteninstrumente, europäische Blas- und Streichinstrumente, chinesische Blas- und Streichinstrumente und Gesänge. Für folgende 44 Musikinstrumente 250 können Prüfungen abgelegt werden. 251

- Tasteninstrumente: Klavier, Akkordeon, E-Piano

- Europäische Blas- und Streichinstrumente: Querflöte, Oboe, Klarinette, Saxophon, Fagott, Waldhorn, Trompete, Posaune, Tenorhorn, Tuba, Harfe, Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass, Trommel, Pauke (inkl. andere Schlagzeuge), Xylophon / Marimba, Gitarre, E-Gitarre, E-Bassgitarre,

- Chinesische Blas- und Streichinstrument: Bambusflöte, Sheng, Suona, Guanzi, Bawu, Hulusi, Pipa, Yangqin, Liuqin, Yueqin, Guzheng, Guqin, Zhongruan / Daruan, Sanxian, Erhu, Babhu, Gaohu und chinesisches Schlagzeug.

247 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 14. 248 Kulturministerium der VR China: Bekanntmachung über die Prüfungsfächer (in Fach Musik und Tanz) des AGT, [= Banjiaokehan 2003 Nr. 366], in: Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 17. 249 Ebd. S. 20. 250 Xylophon und Marimba (s. Tabelle 26 Nr. 21), sowie Zhongruan und Daruan (s. Tabelle 26 Nr. 37) werden bei den entsprechenden Prüfungsinstituten jeweils als ein Prüfungsfach ausgewiesen; deswegen eigentlich 44 Musikinstrumente. 251 Ebd. S. 17-18. 108 Die folgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung der Fächer, die von den einzelnen Prüfungsinstituten geprüft werden.252

Prüfungsinstitute Zentral- Chinesischer China- China Nationalities ABRSM Prüfungsfächer Musikhochschule Musikerverband Musikhochschule Orchestra Society 1. Klavier × × × × 2. Akkordeon × × 3. E-Piano × × × 4. Querflöte × × × × 5. Oboe × × 6. Klarinette × × × × 7. Saxophon × × × × 8. Fagott × × 9. Waldhorn × × × 10. Trompete × × × × 11. Posaune × × × 12. Tenorhorn × 13. Tuba × × 14. Harfe × 15. Geige × × × × 16. Bratsche × × 17. Cello × × × 18. Kontrabass × × × 19. Trommel × × 20. Pauke ( Schlagzeuge) × × 21. Xylophon / Marimba × 22. Gitarre × × × 23. E-Gitarre 24. E-Bassgitarre 25. Bambusflöte × × 26. Sheng × 27. Suona × × 28. Guanzi Jinghu 29. Bawu × × 30. Hulusi × × 31. Pipa × × × × 32. Yangqin × × × 33. Liuqin × 34. Yueqin × 35. Guzheng × × × 36. Guqin × 37. Zhongruan oder Daruan × × 38. Sanxian × × 39. Erhu × × × 40. Banhu × 41. Gaohu × 42. Chinesisches Schlagzeug × × 43. Gesang (Erwachsene) × × × × 44. Gesang (Jungendliche) × × × Tabelle 26: Prüfungsfächer der unterschiedlichen Prüfungsinstitute

Daraus ist es zu ersehen, dass die Zentral-Musikhochschule und China- Musikhochschule die meisten Fächer prüfen dürfen, weil sie für diese Fächer auch über die entsprechenden Lehrkräfte verfügen. Die China Nationalities Orchestra Society widmet sich mehr den chinesischen Musikinstrumenten, während das ABRSM die europäischen Musikinstrumente bevorzugt.

252 Gesang wird nach Alter und nach europäische-, chinesische- und Pop-Gesangstechnik unterschieden (s. Tabelle 26 Nr. 43 und 44). 109 Die vom Kulturministerium vorgegebenen Prüfungsfächer werden ständig erweitert. Aber beim Test steht nur das Solospiel im Vordergrund. Das Ensemblespiel findet leider keine Berücksichtigung, obwohl es für die alltägliche Instrumentalausbildung immer wichtiger wird.

Im Jahr 2003 wurde vom Kulturministerium und der National Development and Reform Commission eine Gebührenskala für den AGT bekannt gegeben. Sie enthielt die Anmeldungs-, Prüfungs-, und Zertifikatgebühren, die genehmigten Prüfungsinstitute von den Kandidaten verlangen dürfen. Sie beträgt z. B. 10 ¥ für die Anmeldungsgebühr und 15 ¥ für die Zertifikatausstellung. Die Prüfungsgebühr im Fachbereich Musik ist abhängig von der Prüfungsstufe (s. Tabelle 27). 253

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6 Stufe 7 Stufe 8 Stufe 9 Stufe 10 Musik 40 ¥ 50 ¥ 60 ¥ 70 ¥ 80 ¥ 90 ¥ 100 ¥ 110 ¥ 120 ¥ 130 ¥

Tabelle 27: Die vorgeschriebene Prüfungsgebühr für den Fachbereich Musik

Je nach wirtschaftlicher Lage der Städte und der finanziellen Situation der Kandidaten kann die Prüfungsgebühr um plus/minus 20% variieren. Die daraus abgeleiteten unterschiedlichen Prüfungsgebühren sind aus der folgenden Tabelle zu ersehen. Die höchste Prüfungsgebühr wird vom ABRSM verlangt.

Prüfungsinstitut Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6 Stufe 7 Stufe 8 Stufe 9 Stufe 10 Zentral-Musikhochschule 50 ¥ 60 ¥ 70 ¥ 80 ¥ 100 ¥ 110 ¥ 120 ¥ 130 ¥ 140 ¥ Chinesischer Musikerverband 40 ¥ 50 ¥ 60 ¥ 70 ¥ 80 ¥ 90 ¥ 100 ¥ 110 ¥ 120 ¥ 130 ¥ China-Musikhochschule 48 ¥ 60 ¥ 72 ¥ 84 ¥ 96 ¥ 108 ¥ 120 ¥ 132 ¥ 144 ¥ 156 ¥ Shenyang-Musikhochschule 48 ¥ 60 ¥ 72 ¥ 84 ¥ 96 ¥ 108 ¥ 120 ¥ 132 ¥ 144 ¥ 156 ¥ Jiangsu-Musikerverband 50 ¥ 60 ¥ 60 ¥ 80 ¥ 80 ¥ 100 ¥ 110 ¥ 110 ¥ 140 ¥ 140 ¥ DipABRSM LRSM FRSM ABRSM254 490 ¥ 570 ¥ 630 ¥ 680 ¥ 730 ¥ 810 ¥ 920 ¥ 1070 ¥ 2010 ¥ 3740 ¥ 5600 ¥

Tabelle 28: Prüfungsgebühr der unterschiedlichen Prüfungsinstitute

253 Kulturministerium und National Development and Reform Commission: Bekanntmachung über Gebührenskala für AGT, [Wenjiaokefa 2003/Nr. 52 (chin. 文教科发 2003/52 号)], Beijing, 09.12.2003. 254 ABRSM: Prüfungsgebühr, in: http://abrsm.concerthall.com.cn/threads.php?f=4&i=40, Aufruf am 02.05.2010. 110 4.10 Zusammenfassung Der historische Verlauf vom PGT bis zum AGT macht deutlich, dass sich für Musikliebhaber / Amateure die Situation bezüglich der Klavierausbildung und die Ausbildung an anderen Instrumenten stark verbesserte. Um diese Entwicklung zu verdeutlichen, erfolgt an dieser Stelle eine Kurzübersicht anhand der wichtigsten Daten aus dem 1. Kapitel: 1881 wurde der erste Klavierunterricht in einer Missionarschule angeboten, mit der Folge, dass später die Klavierausbildung als Wahlfach in Chinas allgemeinen bildenden Schulen eingeführt wurde. 1927 Gründung der ersten Musikhochschule in Shanghai, die eine Klavierausbildung für Berufsmusiker ermöglichte.

1935 wurde erstmals von einem chinesischen Pianisten, DING Shande, ein Konzert in Shanghai aufgeführt. Die erste Generation chinesischer Pianisten betrat die Bühne.

1955 errang der Pianist Chong FU einen Preis bei einem internationalen Chopinwettbewerb. Damit erlangte die berufliche Klavierausbildung in China internationales Niveau. 1987 wurde der erste PGT in Guangzhou arrangiert. Dies war möglich, weil sich die Nachfrage nach außerschulischer Klavierausbildung in China schnell entwickelte. Im Jahr 2000 stellte das Kulturministerium erstmals verwaltungsrechtliche Normen für die außerschulische Instrumentalpädagogik auf, die in den Folgejahren weiter entwickelt wurden. Mit diesen Maßnahmen wurden Transparenz und Vergleichbarkeit bei den Testabläufen gewährleistet und somit auch der Grundstein für eine ausgewogene Entwicklung der Instrumentalausbildung Chinas gelegt. Aber aus organisatorischer und pädagogischer Sicht des Verfassers sollten zukünftig noch einige Strukturen verbessert werden, um dem AGT eine bessere Effizienz zu verleihen: 1. Die Leitungsgruppe sollte sich bei der Entwicklung des Testverfahrens nicht auf die Details konzentrieren, sondern nur die Rahmenbedingungen schaffen, die es den Mitgliedern des Expertenausschusses ermöglicht, mit großer Kreativität ein gutes und gerechtes Testverfahren einzuführen, das von allen Beteiligten akzeptiert werden kann . 2. Deshalb sollte sich die Arbeit der Mitglieder des Expertenausschusses nicht nur auf die fachliche Beratungsfunktion innerhalb der Leitungsgruppe

111 beschränken. Mit ihrer Kompetenz in Theorie und Praxis sind sie geradezu prädestiniert, an den maßgeblichen Entscheidungen für den AGT in erster Reihe mitzuwirken. 3. Eine verbesserte Organisationsstruktur des jetzigen Prüfungsinstitutionswesens (Abb. 25) sollte „von unten nach oben“ neue Kommunikationskanäle schaffen, um schnell und effektiv auf bestimmte Probleme oder Verbesserungsvorschläge eingehen zu können. 4. Die Zahl der Prüfungsinstitute hat am Anfang des 21. Jahrhundert schnell zugenommen. Ein bedeutender Vorteil ist, dass die Repertoiresammlungen vielfältiger geworden sind, und dadurch größere Auswahlmöglichkeiten für die Klavierschüler bestehen. Um seitens der Prüfer eine weitgehende objektive Beurteilung abgeben zu können, fehlt es zur Zeit noch an entsprechenden Bewertungskriterien, die in Form von Katalogen veröffentlicht werden sollten. Dieser große Mangel führt dazu, dass Qualitätseinbußen im Testverfahren nicht auszuschließen sind. 5. Durch die große Anzahl zugelassener Prüfer können zwar jetzt die AGT landesweit durchgeführt werden, aber ihre Qualifikation für die Durchführung eines Tests beschränkt sich auf ihre künstlerische Kompetenz. Es fehlt aber die Kompetenz, den gesamten Ablauf eines Tests auch aus pädagogischer Sicht begleiten und bewerten zu können. Die dazu erforderlichen Qualifikationsrichtlinien sollten im Kulturministerium erarbeitet und veröffentlicht werden. Die Prüfungsfächer sind in fast allen Kunstgattungen erweitert worden. In der Instrumentalausbildung sind davon nicht nur die europäische Musikinstrumente betroffen, sondern auch die Chinesischen. Sie kommen aber ausschließlich als Solo- Instrumente beim Test zum Einsatz. In der Zukunft sollte mehr das Ensemblespiel berücksichtigt werden.

112 5 Zu den Konzeptionen der PGT-RS von verschiedenen Prüfungsinstituten

Dem letzten Kapitel ist zu entnehmen, dass es bis zum Jahr 2007 bereits über 83 Prüfungsinstitute für den AGT in China gab, darunter 43 Prüfungsinstitute für Musik. Die Verwaltungsrichtlinien enthielten u.a. die Vorschrift, dass ein Prüfungsinstitut, welches das Prüfungsrecht erhalten will, auch eine eigene Repertoiresammlung veröffentlichen muss.255 Seitdem wurden von den Prüfungsinstituten zahlreiche RS für verschiedene Musikinstrumente publiziert. Die folgenden Analysen in den Kapiteln 5 bis 7 basieren auf die vom Verfasser untersuchten 58 RS von 13 Prüfungsinstituten der Jahre 1989 bis 2008. Die von ihm beabsichtigte lückenlose Untersuchung aller veröffentlichten RS dieser Prüfungsinstitute war bis auf wenige Ausnahmen möglich (s. Tabelle 29). Die Sammlungen der Prüfungsinstitute des Pianistenverbandes Guangdong, der Musikhochschule Shanghai, des Musikerverbandes Jiangsu und der Universität der Künste Nanjin waren leider nicht vollständig erhältlich, während die Sammlungen der Zentralmusikhochschule, der China-Musikhochschule, des Musikerverbandes Shanghai, des Chinesischen Musikerverbandes, der Fakultät für Musik an der pädagogischen Universität Fujian, des Professional Arts Institute of Hubei, des Musikerverbandes Hubei & Musikhochschule Wuhan, des Musikerverbandes Zhejiang und der China Opera einen lückenlosen Bestand aufwiesen.

Prüfungsinstitute Anzahl der RS Betreffend den Zeitraum 01 Pianistenverband Guangdong 11 09 1989 – 06 2002 02 Musikerverband Shanghai 20 05 1989 – 05 2008 03 Chinesischer Musikerverband 6 12 1990 – 07 2007 04 Zentral-Musikhochschule 4 04 1993 – 01 2001 05 China-Musikhochschule 3 12 1999 – 05 2005 06 Musikhochschule Shanghai 4 06 2003 – 10 2007 07 Musikerverband Jiangsu 3 2003 – 06 2004 08 China Oper 1 11 2004 09 Musikerverband Hubei & Musikhochschule Wuhan 1 03 2005 10 Universität der Künste Nanjing 1 04 2005 11 Institute für Künste Hubei 1 05 2005 12 Pädagogische Universität Fujian 1 08 2006 13 Musikerverband Zhejiang 2 04 2008 Summe der untersuchten RS 58 Tabelle 29: Untersuchte Repertoiresammlungen für den PGT

255 Kulturministerium der VR China: Verwaltungsrichtlinien zum AGT, [= Dekret Nr. 31], Unterzeichnung durch Kulturminister SUN Jiangzheng, in Kraft getreten am 01.07.2004, Abschnitt 9. 113 Um die Konzeptionen der PGT-RS verschiedener Prüfungsinstitutionen herauszuarbeiten, wurden dafür die folgenden Kriterien in diesem Kapitel untersucht: (1) Ausgabezeitpunkt und Herausgeber der RS (2) Zusammensetzung des Prüfungsprogramms (3) Auswahlmöglichkeiten innerhalb des Prüfungsprogramms Beispielhaft analysiert werden die PGT-RS von zwei regionalen Prüfungsinstitutionen (Pianistenverband Guangdong und Musikerverband Shanghai), sowie von zwei überregionalen Prüfungsinstituten (Chinesischer Musikerverband und Zentral- Musikhochschule).

5.1 Konzeption der PGT-RS des Pianistenverbands Guangdong Der Pianistenverband Guangdong wurde im Juni 1985 gegründet und vereint seitdem vorwiegend die Pianisten und Klavierpädagogen Guangzhous, der Provinzhauptstadt von Guangdong. Wegen der stark ansteigenden Mitgliederzahl, die nicht wie anfangs nur aus der Stadt Guangzhou kamen, sondern später auch aus anderen Städten der Provinz, wurde der Name des Verbands 1999 in „Pianistenverband Guangdong“ umbenannt. Bis zum Jahr 2007 vergrößerte sich der Verband auf 445 Mitglieder.256 Der vom Pianistenverband Guangdong durchgeführte regionale Test wird nur innerhalb dieser Provinz arrangiert. Bereits 1987 wurde der erste PGT in Guangzhou veranstaltet. Anfangs wurde das Alter der Teilnehmer noch auf 19 Jahre begrenzt, seit 1992 existiert allerdings keinerlei Altersgrenze mehr.257 Von 1987 bis 2000 betrug die Gesamtanzahl der Teilnehmer über 50.000, diese kamen aus 20 Städten.258 Im Jahr 2007 wurde der Test schon in 40 Städten der Provinz arrangiert, wobei über 7000 Kandidaten an dem Test teilnahmen. (1) Ausgabezeitpunkt und Herausgeber der RS Von 1987 bis 1994 wurden nur die Programmlisten ohne Noten für den Test in Guangzhou vorgegeben. 259 Danach wurden die RS teilweise vom Verband direkt

ausgegeben oder im HANDEL veröffentlicht. Im Verlauf der Untersuchung wurden die folgenden RS und Programmlisten gesammelt. Die Programmlisten von 1987 und

256 Guangdong Piano Association: Über uns, in: http://www.gdpiano.com.cn/Article_Show.asp?ArticleID=168, Aufruf am 15.07.2009. 257 YI Zhi: Über Guangdong-PGT, in: Wu Zhengwen (Hrsg.): The Communication of the Guangzhou Piano Institute, Guangzhou, 10/1992, S. 4. 258 XIE Geng, HE Yingmin, LI Suxin (Hrsg.): PGT-RS, Guangzhou, 2001, Vorwort. 259 Pianistenverband Guangdongs: Über uns, in: http://www.gdpiano.com.cn/Article_Show.asp?ArticleID=168, Aufruf am 15.07.2009. 114 1988 konnten wegen mangelnder Verfügbarkeit in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt werden, denn sie sind vergriffen und nicht in Archiven abrufbar.260

Programmliste Schwierigkeitsstufen Herausgeber Erscheinungszeit oder RS 1989 1990 Pianistenverband Guangzhou Programmliste 1991 Stufe 1-8 1992261 HUANG Tiandong 1994262 XIE Geng, HUANG Tiandong, HE Yingmin 1996 1997 XIONG Dao´er, LI Suxin Stufe 9-10 1998 Stufe 1-8 RS XIE Geng, HE Yingmin, LI Suxin 1999 Stufe 9-10 XIE Geng, HE Yingmin, LI Suxin 2001 Stufe 1-8 XIONG Daoer, HE Yingmin, HUANG Tiandong 2002 Stufe 9-10 XIE Geng, XIONG Dao´er, HE YINGmin, HUANG Tiandong Tabelle 30: Überblick der Programmlisten oder RS des Pianistenverbandes Guangdong Die erwähnten Prüfungsprogramme aus Tabelle 30 wurden von den ortsansässigen

Klavierpädagogen XIE Geng, LI Suxin, XIONG Dao´er, HE Yingmin und HUANG Tiandong in unterschiedlichen Jahren mit wechselnder Autorenschaft entwickelt. Sie leiteten den Pianistenverband Guangdong und waren zugleich auch als Klavierprofessoren an der Musikhochschule Xinghais tätig. Die Prüfungsprogramme in Guangdong wurden für die jeweiligen Tests der Jahre 1989 bis 2002 neu zusammengestellt. Für die Schwierigkeitsstufen 1 bis 8 wurden insgesamt neun Programme und für die Schwierigkeitsstufen 9-10 drei Programme vorgegeben. Sie wurden drei Monate vor dem Test bekanntgegeben. (2) Zusammensetzung des Prüfungsprogramms Um einen Überblick über die jeweilige Zusammensetzung der Prüfungsprogramme der Tests in Guangdong zu erhalten, werden die oben erwähnten Programmlisten und RS wie nachfolgend beschrieben zusammengestellt (s. Tabelle 31). Daraus ist zu ersehen, dass von 1989 bis 1997 nur bis zur Schwierigkeitsstufe 8 getestet wurde.263 Danach sind die Tests bis zur Schwierigkeitsstufe 10 ausgedehnt worden. Hieraus ist erkenntlich, dass die Kandidaten in den Jahren 1989 und 1990 insgesamt drei Werke

260 Im Jahr 2008 flog der Verfasser nach Guangzhou, um Interviews mit den Professoren LI Suxin, XIONG Daier und HUANG Tiandong zu führen. Die zuerst genannten organisierten im Jahr 1987 in Zusammenarbeit mit Prof. LI Qi den ersten PGT. Ihr Nachfolger in der Prüfungsorganisation ist seit dem Jahr 2004 Prof. HUANG. Durch ihre Hinweise konnte der Verfasser die unveröffentlichten Repertoiresammlungen auffinden und sie in diese Untersuchung mit einbeziehen. Verschollen blieben bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Arbeit die Jahrgänge 1987 und 1988, weshalb der Untersuchungszeitraum auf den Zeitraum von 1989 bis 2002 begrenzt werden musste. 261 Guangzhou Piano Institute: The Communication of The Guangzhou Piano Institute, Guangzhou, 10/1992, S. 3. 262 HUANG Tiandong: Vorgegebene Programmliste von Guangzhou-PGT, in: Klavierliebhaber, Guangzhou, 2.3.4./ 1994, S. 39-41. 263 Pianistenverband Guangzhous: Programmliste für PGT 1989, Guangzhou, 1989, Vorwort. 115 beim Test vorspielen sollten. Seit 1991 wurde auch die Etüde als viertes Pflichtprogramm in das Prüfungsprogramm aufgenommen. Im Jahr 2002 sollten die Kandidaten für den Test der Schwierigkeitsstufen 9-10 ausnahmsweise drei Werke vorspielen.

Schwierigkeit Zeit Zusammensetzung der Prüfungsprogramme -stufe Etüden, Musikwerke der Klassik (5 Stücke zur Chinesische Musikwerke (5 1989 Ausländische Musikwerke (5 Stücke zur Auswahl) Auswahl) 264 Stücke zur Auswahl) Liste A265 Liste B Etüde, Musikwerk der Klassik Etüde, Musikwerk der Klassik 1990 Ausländisches Musikwerk Ausländisches Musikwerk Chinesisches Musikwerk Chinesisches Musikwerk Liste A Liste B Etüde Etüde 1-8 1991 Musikwerk der Klassik Musikwerk der Klassik Ausländisches Musikwerk Ausländisches Musikwerk Chinesisches Musikwerk Chinesisches Musikwerk Etüde Musikwerk der Klassik 1992 Ausländisches Musikwerk Chinesisches Musikwerk 1994-1997 (s. a. 1991) Liste A Liste B Etüde Etüde Musikwerk des Barock Musikwerk des Barock 1998 9-10 Musikwerk der Klassik Musikwerk der Klassik Ausländisches Musikwerk (Auswahlalternative)266 Ausländisches Musikwerk (Auswahlalternative) Chinesisches Musikwerk (Auswahlalternative) Chinesisches Musikwerk (Auswahlalternative) Etüde Etüde Musikwerk der Klassik Musikwerk der Klassik 1999 1-8 Musikwerk der Romantik oder Moderne Musikwerk der Romantik oder Moderne Chinesisches Musikwerk Chinesisches Musikwerk Chinesische Werke Polyphone Werke und Musikwerke in größerer Ausländische Werke (Auswahlalternative) 2001 klassische Sonaten (4 Stücke Form (4 Stücke zur (Auswahlalternative) (4 9-10 (4 Stücke zur Etüden (4 zur Auswahl) Auswahl) Stücke zur Auswahl) Auswahl) Stücke zur Polyphone Werke oder Musikwerke in größerer Form (4 Ausländische Werke (4 Chinesische Werke (4 Auswahl) 1-8 Stücke zur Auswahl) Stücke zur Auswahl) Stücke zur Auswahl) 2002 Polyphone Werke oder klassische Sonaten (4 Stücke zur Musikwerke in größerer Form (4 Stücke zur Auswahl) 9-10 Auswahl) Tabelle 31: Zusammensetzung des Prüfungsprogramms des Pianistenverbandes Guangdong 1989-2002

264 Jede Kategorie beinhaltet insgesamt fünf Werke. Der Kandidat wählte hieraus ein Stück. 265 Der Kandidat wählte zwischen Liste A oder B. 266 Der Kandidat spielte beim Test entweder dieses Werk oder das chinesische Werk als viertes Stück. 116 Im Jahr 1989 wurden die Musikwerke in der Programmliste in drei Kategorien mit unterschiedlicher Zusammensetzung eingeteilt. Die erste Kategorie wurde mit dem Titel „Etüden oder Musikwerke der Klassik“, die zweite als „ausländische Musikwerke“ und die dritte als „chinesische Musikwerke“ bezeichnet. 267 Real betrachtet waren aber nicht die so genannten „Musikwerke der Klassik“ in der Programmliste, sondern mehr die Musikwerke aus den Epochen Barock oder Klassik. Beispielsweise standen in der Schwierigkeitsstufe 7 die folgenden Werke zur Auswahl für diese Kategorie: 268

(1) Sonate G-Dur von HAYDN (4) Sonate G-Dur von MOZART

(2) Passacaglia von HÄNDEL (5) Invention Nr. 8 von BACH

(3) Sonate g-moll, Op. 49 Nr. 1 von BEETHOVEN

Die so genannten „ausländischen Musikwerke“ bezogen sich auf die Musikwerke aus den Epochen der Romantik oder Moderne. Dabei schließt dies die chinesischen Musikwerke ausdrücklich nicht mit ein, weil sie als drittes Pflichtprogramm in der Liste erschienen. Diese begriffliche Einteilung wurde in der RS bis 1997 verwendet.

Im Jahr 1998 erfolgte die Einteilung der Musikwerke für die Schwierigkeitsstufen 9 und 10 in Etüde, Musikwerk des Barock, Musikwerk der Klassik, das ausländische Musikwerk und das chinesische Musikwerk. Ab 1999 wurden sie in Etüde, Musikwerk der Klassik, Musikwerk der Romantik oder der Moderne und in Chinesisches Musikwerk umbenannt. Hier ist festzustellen, dass das so genannte „Musikwerk der Klassik“ des Jahres 1998 auch tatsächlich dem Musikwerk der klassischen Epoche entsprach. 1999 wiederholte sich die Situation von 1991. Wieder wurde Musik aus der Epoche des Barock statt so genannter „Musikwerke der Klassik“ gespielt. Im Jahr 1998 wurden als „ausländisches Musikwerk“ nur Musikwerke aus den Epochen der Romantik oder der Moderne gespielt. 1999 wurden die Musikwerke dann mit Romantik oder Moderne bezeichnet.

Ab 2001 wurden fünf Kategorien gebildet (s. Tabelle 31). Die zweite Kategorie wurde mit „polyphone Werke und klassische Sonaten“ benannt. In Wirklichkeit entsprachen aber die ausgewählten Werke der Musikepoche des Barock. Beispielsweise

267 Pianistenverband Guangzhous: Programmliste für PGT 1989, Guangzhou, 1989, Vorwort. 268 Ebd. S. 12. 117 beinhaltete die Schwierigkeitsstufe 10 vier auszuwählende Werke für jede Kategorie. Für die zweite Kategorie, bezeichnet als „polyphone und klassische Sonaten“, war folgendes vorgesehen: Prelude und Fuge c-moll und d-moll von BACH, Sonate G-Dur 269 und c-moll von SCARLATTI. Hier wurden die Musikwerke von SCARLATTI als „klassische Sonaten“ angesehen.

Die dritte Kategorie wurde mit „Musikwerke in größerer Form“ bezeichnet, welche die

Sonaten von HAYDN, MOZART, BEETHOVEN 270 und SCHUBERT beinhaltete. Die vierte Kategorie bezeichnete man als „ausländische Werke“ und beinhaltete eigentlich die Werke der Epochen Romantik oder Moderne. Hier tritt der Begriff „polyphones Werk“ und „Musikwerke in größerer Form“ auf. Dies kann von den CMV-RS beeinflusst worden sein. Hierauf wird im Abschnitt 5.3 näher eingegangen.

Abb. 27: Prüfungsprogrammverzeichnis der RS 2001 in Guangdong Im Jahr 2002 wurden die Werke für die Schwierigkeitsstufe 1 bis 8 in vier Kategorien eingeteilt: Etüden, polyphone Werke, Musikwerke in größerer Form, ausländische und chinesische Werke. Für die Schwierigkeitsstufen 9 und 10 wurden die Werke in drei Kategorien gegliedert: Etüden, polyphone Werke / klassischen Sonaten (eigentlich Werke des Barock) und Musikwerke in größerer Form (eigentlich Sonaten

von CLEMENTI, HAYDN, MOZART oder BEETHOVEN).

Daraus ist zu erkennen, dass in der Zusammensetzung der Kategorien „gemischt“ wurde. Die Musik wurde nicht immer korrekt ihrer wirklichen Epoche zugeordnet. Die Programmlisten wurden nach folgenden unterschiedlichen Kriterien zusammengesetzt: Etüden und Musikwerke, sowie ausländische und chinesische

269 XIE Geng, HE Yingmin, LI Suxin (Hrsg.): PGT-RS, Guangzhou, 2001, Inhaltsverzeichnis. 270 Ebd. 118 Musikwerke. Unter den Musikwerken der „Klassik“ wurden im weitesten Sinne die Musikwerke der Epochen Barock und Klassik eingeordnet. Unter die Kategorie ausländisches Musikwerk fielen die Musikwerke aus den Epochen Romantik und Moderne. Polyphone Werke waren meistens Musikwerke aus dem Barock, während Musikwerke in größerer Form meistens die Sonaten aus der Epoche der Klassik umfassten. Zusammenfassend kann man sagen, dass die unterschiedlichen Gliederungsansätze für die Zusammensetzung der Programmlisten im Zeitverlauf gemischt verwendet wurden. Hierbei wurde die Unterscheidung der Musikepochen nicht so streng in den Vordergrund gestellt. Vor allem aber wurde die Definition der „Klassik“ durch die Klavierpädagogen Guangdongs nicht völlig korrekt interpretiert.

In den Jahren 1989 und 1990 treten die Etüden noch nicht als eine eigenständige Kategorie auf; sie waren jeweils in einer Kategorie mit den so genannten „Musikwerken der Klassik“ verbunden. Das bedeutete faktisch, dass die Etüde damals noch nicht den eigenständigen Charakter eines Pflichtprogramms hatte. Beispielsweise bestand die Programmliste 1990 mit A und B sämtlicher 8 Stufen aus insgesamt 48 Musikwerken, unter denen jedoch nur zwei Etüden waren. Bei den Tests der meisten Stufen waren demnach keine Etüden vorhanden. Das erste Werk im Prüfungsprogramm bestand meistens aus den Musikepochen Barock oder Klassik. Beispielsweise besteht die Liste B der Stufe 7 aus: Sonate, dritter Satz, Op. 2 Nr. 2 A-

Dur von L. v. BEETHOVEN, Nocturne von John Field, Joyful Buffalo Boy von HUANG Huwei.271

Ab 1991 wurde die Etüde jedoch als Pflichtprogramm vorgegeben. Dafür findet man im Vorwort der RS 1991 folgende Begründung:

„Der Test ist in diesem Jahr anders als im letzten Jahr. [...] Bisher sollten drei Stücke beim Test vorgespielt werden. In diesem Jahr ist eine Etüde hin zu gekommen, um die Spieltechnik des Schülers zu verbessern.“272

271 Pianistenverband Guangzhous: Programmliste für PGT 1990, Guangzhou, 1990, S. 9. 272 Guangzhou Piano Association & Prüfungsausschuss des PGT Guangzhous: Programmliste des PGT, Guangzhou, 1991, Vorwort. 119 Die Etüde wurde als ein Mittel zur Verbesserung der Spieltechnik ins Prüfungsprogramm aufgenommen. Dies könnte auch von den CMV-RS beeinflusst sein, worauf im Abschnitt 5.3 näher eingegangen wird. (s. S. 128 ff.) Der Begriff „polyphones Musikwerk“ war seit 2001 in der RS zu finden und beinhaltete Musik aus allen Epochen. Meistens waren es jedoch Musikwerke des Barock. Sie wurden aber 1989-1997 und 1999 als „Musikwerke der Klassik“ oder im Jahr 2002 als „klassische Sonate“ bezeichnet. Die chinesischen Musikwerke wurden von Anfang an bei den Prüfungsprogrammen berücksichtigt. Hierdurch wird deutlich, dass die chinesischen Klavierpädagogen immer auch die Entwicklung der eigenen Musik im Blickfeld hatten. Dies wird für das eigene kulturelle Verständnis der Kandidaten und für die Verbreitung der chinesischen Musik als wichtig angesehen. (3) Auswahlmöglichkeiten innerhalb des Prüfungsprogramms Die Auswahlmöglichkeiten innerhalb der RS im Jahre 1989 waren größer als die der späteren RS. Dabei wurden für jede Kategorie 5 Stücke vorgegeben, aus denen sich die Kandidaten eines auswählen durften. Von 1990 bis 1999 wurden die Programme durchgängig in zwei Listen vorgegeben, ausgenommen im Jahr 1992, in dem es nur eine Liste gab. Die Programme wurden in jeder Liste festgelegt. Die Kandidaten mussten im Test entweder aus Liste A oder B vorspielen. Nur im Jahr 1992 spielten alle Kandidaten das gleiche Programm. In den RS der Jahre 2001 und 2002 waren die Auswahlmöglichkeiten größer, insgesamt standen in jeder Kategorie 4 Stücke zur Auswahl. Auffällig ist, dass die Kandidaten in den Jahren 1989, 2001 und 2002 mehr Auswahlmöglichkeiten hatten. Im Vergleich zum Prüfungsprogramm des Jahres 1992 ist dies in Hinblick auf die Aufnahmekapazität des Prüfers bei den zahlreichen täglichen Tests und für die vielfältigen Lernaufgaben der Kandidaten auch sinnvoller.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Zusammensetzung des Prüfungsprogramms in Guangdong im Laufe der Zeit verändert hat. So war die Etüde in den frühen Jahren noch keine eigenständige Kategorie. Als aber die RS des CMV auch landesweit Verbreitung fanden, wurden die Herausgeber Guangdongs hierdurch offenkundig beeinflusst. Auch die Kategorie „Musikwerke in größerer Form“ in den RS des CMV wurde später verwendet.Das chinesische Werk als Pflichtprogramm

120 wurde von Anfang an bis heute beibehalten. Der Begriff der „Klassik“ wurde jedoch nicht richtig interpretiert.

5.2 Konzeption der PGT-RS des Musikerverbandes Shanghai Der Musikerverband Shanghai wurde im August 1949 gegründet. Im Jahr 2009 hatte er ca. 2000 Mitglieder. Der Verband steht allen Musikwissenschaftlern und Musikern der Region Shanghai offen. Er umfasst sechs Arbeitskomitees mit den Fachrichtungen Komposition, Musikwissenschaft, Musikethnologie, darstellende Kunst, außerschulische Musikausbildung und Publicity, sowie sechzehn Fachkomitees der Fächer Klavier, Geige, Cello, Akkordeon, Blasinstrument, E-Piano, Erhu, Pipa, Guzheng, Bambusflöte, chinesische Musikinstrumente, Gesang, Chor, Kindermusik, Popmusik und Musical.273 Der PGT von SHMV ist ein regionaler Test. Er wird nur innerhalb Shanghais angeboten. Im Jahr 1988 ging der PGT des Musikerverbandes Shanghai erstmals an die Öffentlichkeit,274 und wird seitdem ohne Unterbrechung durchgeführt. Anfänglich war Klavier das dominierende Prüfungsfach, aber schon im Jahr 2004 umfasste das Angebot an Prüfungsfächern insgesamt 21 Musikinstrumente. Von 1988 bis 2004 durchliefen 323.341 Kandidaten die Tests. Im Jahre 2004 lag die Gesamtzahl der Testeilnehmer bei 41.460 Kandidaten in allen Fächern. Bis 2004 wurden insgesamt 255 Prüfer durch den AGT-Expertenausschuss des Kulturministeriums zugelassen.275 Im Fach Klavier haben seit 2001 jedes Jahr über 20.000 Kandidaten am PGT teilgenommen.276

273 Shanghai-Musikerverband: Über uns, in: http://wgj.sh.gov.cn/node2/node345/node703/node708/u1a25563.html, Aufruf vom 12.07.2009. 274 Pianistenverband Shanghais: PGT-RS, Shanghai, 1989, S. 24. 275 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 101. 276 Anonym: Grading Test und Kultur, in: Music Life, Shenyang, 10/2007, S. 22. 121 (1) Ausgabezeitpunkt und Herausgeber der RS Von 1989 bis 2008 sind insgesamt zwanzig RS des Musikerverbandes Shanghai erschienen. Die Noten in den RS haben auch unterschiedliche Entwicklungsphasen in ihrer Qualität erlebt, z. B. wurden in den 90er Jahren die Noten ohne die Angabe von Titel und Komponisten veröffentlicht (s. Abb. 28).277 Im Jahr 2007 wurden die RS mit sehr detaillierten weiterführenden

a Informationen über die Komponisten und Abb. 28: Notenbeispiel aus der RS 1990 in über die Werke und auch mit CD Shanghai veröffentlicht.

Die RS wurden alljährlich und regelmäßig von einem anderen Herausgeber zusammengestellt. Hierzu äußerte sich ein Klavierpädagoge aus Shanghai:

„Wenn die Prüfungsprogramme des Tests nicht öfter geändert würden, würden die Kandidaten nur das seit langem bekannte Prüfungsprogramm einstudieren. Dann ist es natürlich schwierig zu beurteilen, ob die Kandidaten sich im letzten Jahr leistungsmäßig verbessert haben. Deshalb ist es eine regelmäßige RS-Änderung erforderlich. Wie kann man sonst feststellen, wie gut der einzelne beim Klavierunterricht wirklich ist.“278

Unschwer ist es zu erkennen, dass bei der häufigeren Veröffentlichung der RS nicht die musikalischen Bereicherung der Prüfungsprogramme im Vordergrund stand, sondern es hauptsächlich vermieden werden sollte, dass die Kandidaten im Voraus wissen könnten, was geprüft werden würde, und somit ihre Übungszeit im Jahreszeitraum ausschließlich auf das Prüfungsprogramm hätten ausrichten können.

277 Pianistenverband Shanghais: PGT-RS, Shanghai, 1990, S. 24. 278 SHENG Yiqi, CHAO Zhiyu, DING Zhiying, CHEN Qingfeng (Hrsg.): SHMV-PGT-RS, Shanghai, 2007, Vorwort. 122 Herausgeber Jahr Herausgeber Jahr 05.1989 04.2000 YAO Shizhen Klavierverband 05.1990 04.2001 05.1991 04.2002 ZHAO Xiaosheng WANG Yu 05.1992 04.2003 WANG Jianzhong 05.1993 05.2004 WU Ying, SHAO Dan 04.1994 05.2005 ZHAO Xiaosheng 04.1995 SHENG Yiqi, CHAO Zhiyu 05.2006 04.1996 WU Ying, SHAO Dan SHENG Yiqi, CHAO Zhiyu, DING Zhiying, 05.2007 04.1997 CHEN Qingfeng 04.1998 CHAO Zhiyu, SHENG Yiqi 04.1999 YAO Shizhen 05.2008 Tabelle 32: Überblick der Herausgeber von Repertoiresammlungen des Musikerverbandes Shanghai

Die beiden Pianisten WU Yueyi und LI Mingqiang sowie der Komponist WANG Jianzhong arbeiteten in der Anfangszeit die Prüfungsinhalte, sowie Prüfungsordnung aus. 279 Die Herausgeber der RS in Shanghai waren Klavierprofessoren oder

Klavierdozenten WANG Yu, WANG Jianzhong, ZHAO Xiaosheng, WU Ying, SHAO

Dan, CHAO Zhiyu, SHENG Yiqi, YAO Shizhen, DING Zhiying und CHEN Qingfeng (s. Tabelle 32).

(2) Zusammensetzung des Prüfungsprogramms Die Zusammensetzung des Prüfungsprogramms geht aus der Tabelle 33 hervor.

Jahr Zusammensetzung des Prüfungsprogramms Etüde 1989-1990, 1992-2008 Polyphone Musikwerke Musikwerk (Klassik-Romantik-Moderne) Etüden (zwei Stücke zur Auswahl) 1991 Polyphone Musikwerke (zwei Stücke zur Auswahl) Musikwerke (Klassik-Romantik-Moderne) (zwei Stücke zur Auswahl)

Tabelle 33: Zusammensetzung des Prüfungsprogramms von SHMV

Daraus ist zu erkennen, dass das Prüfungsprogramm insgesamt drei Pflichtwerke beinhaltete.

Im Jahr 1988 wurde nur bis Schwierigkeitsstufe III geprüft, im Jahr 1989 bis Stufe V, im Jahr 1990 bis Stufe VI, im Jahr 1991 bis Stufe VII, im Jahr 1992 bis Stufe VIII. Ab 1993 ist als höchster Schwierigkeitsgrad auch die Stufe X vertreten. (s. Tabelle 34)

279 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 101. 123 Jahr 1988 1989 1990 1991 1992 1993-2009 Schwierigkeitsstufen Stufe I-III Stufe I-V Stufe I-VI Stufe I-VII Stufe I-VIII Stufe I-X

Tabelle 34: Entwicklung der geprüften Schwierigkeitsstufen des SHMV

Dabei wurden die Etüde und die polyphonen Werke stets als Pflichtprogramm vorgegeben. Das letzte Werk des Pflichtprogramms wird „Musikwerk“ genannt. Genau betrachtet, gehörten die Werke zu den Epochen der Klassik, der Romantik und der Moderne. Die Etüde wurde immer als das erste Pflichtprogramm in der RS vorgeben, denn in Shanghai pflegte man immer noch die Unterrichtsmethoden aus den 30er Jahren (s. S. 26), in denen das Techniktraining einen besonders wichtigen Unterrichtsinhalt darstellte. Die so genannten „polyphonen Werke“ beinhalteten, wie oben erwähnt, alle Musikepochen. Erwähnenswert erscheint zudem, dass in den RS Shanghais die chinesischen Werke relativ selten zu finden sind. In der RS von 1989 z.B. existierte nur ein chinesisches Werk in der Schwierigkeitsstufe V.280

(3) Auswahlmöglichkeiten innerhalb des Prüfungsprogramms Die Programme für jede Stufe waren festgeschrieben. Auswahlmöglichkeiten wurden nicht angeboten. Lediglich im Jahr 1991 standen ausnahmsweise für jede Kategorie zwei Stücke in der RS zur Auswahl. Die Kandidaten hatten demnach jedes Jahr die gleichen Werke zu Hause einzuüben und beim Test vorzuspielen. Die Etüde und das polyphone Musikwerk waren allerdings immer im Programm enthalten. Alle anderen Werke waren in der dritten Kategorie untergebracht. So wurden die zahlreichen Musikwerke aus der Epoche der Klassik nur selten im Programm aufgenommen. In der Realität stellte diese Praxis eine deutliche Begrenzung des Lernprogrammes dar. Hätte ein Kandidat von 1999 bis 2008 jedes Jahr an den SHMV-PGT teilgenommen, hätte er die folgenden Werke (s. Tabelle 35) in diesen zehn Jahren spielen müssen.

280 Pianistenverband Shanghais: PGT-RS, Shanghai, 1989, S. 22-23. 124 Erscheinungszeit Schwierigkeits- Etüden Polyphone Werke Musikwerke der RS stufen Etüde, Op. 139, Nr. 24, Carl 1999 Stufe 1 Arie*, BUHLER* Kuckuck*, KOTCHIAN* CZERNY (1791-1857), Österreich

Etüde*, Alexandr F. GEDIKE 2000 Stufe 2 Menuettt*, KIRCHOFF* Puppet of the queue*, FREY* (1877-1957), Russland

Etüde*, Henry LEMOINE (1786- Saraband*, Christoph GRAUPNER, Mein Kätzchen 我的猫咪, YAO Henglu 2001 Stufe 3 1854), Frankreich (1683-1760), Deutschland 姚恒璐

Merry Andrew, Béla BARTÓK 2002 Stufe 4 Etüde*, DUVERNOY* Sonatine g-moll*, BENDA* (1881-1945), Ungarn Inventio, Nr. 13, BWV 784, Johann

2003 Stufe 5 Etüde*, Adolf RUTHARDT* Sebastian BACH, (1685-1750), Children's dance 孩子的舞蹈, SANG Tong (1923-) 桑桐 Deutschland Inventio, Nr. 9, BWV 780, Johann Etüde*, Carl CZERNY (1791- The Fountain, Carl Bohm (1844- 2004 Stufe 6 Sebastian BACH, (1685-1750), 1857), Österreich 1920), Deutschland Deutschland Sechs Kinderstücke, Op. 72, Nr. 5, Etüde*, Johann Baptist, Cramer Loure*, Johann Sebastian BACH, 2005 Stufe 7 Felix MENDELSSOHN Bartholdy (1771-1858), Deutschland (1685-1750), Deutschland (1809-1847), Deutschland Präludium, BWV 863, Johann Etüde*, Carl CZERNY (1791- Menuettt*, Ignacy Jan PADEREWSKI 2006 Stufe 8 Sebastian BACH, (1685-1750), 1857), Österreich (1860-1941) USA Deutschland Etüde, Op. 72, Nr. 12, Moritz Sonate K. 87, Der Himmel über dem befreiten Land 2007 Stufe 9 MOSZKOWSKI (1854-1925), Domenico SCARLATTI, (1685-1757), 解放区的天, Deutschland Italien CHU Wanghua (1940-) 储望华 1) Improvisation Nr. 13, Etüde Op. 25 Nr. 3, Fryderyk Fuge BWV 871, Johann Sebastian 2) La désinvolture et la discretion, aus 2008 Stufe 10 Franciszek CHOPIN (1810-1849), BACH, (1685-1750), Deutschland „Les Soirées de Nazelles“, Francis Poland POULENC (1899-1963), Frankreich

Tabelle 35: Prüfungsprogramme von 1999-2008 an den SHMV

Im Ergebnis kann man feststellen, dass in diesen zehn Jahren viele Etüden von

CZERNY und Werke von BACH gespielt wurden, aber keine Werke von HAYDN,

MOZART und BEETHOVEN. Daraus wird deutlich, dass, obwohl die Programme in jeder RS unterschiedlich waren, sich jedes Jahr rund 20.000 Klavierschüler mit den gleichen RS beschäftigen mussten. Dieses sehr eingeschränkte Prüfungsmaterial war für Prüfer, Klavierlehrer und Klavierschüler nicht von Vorteil. Die Prüfer mussten während der zahlreichen Tests immer wieder die gleichen Programme hören. Die Klavierlehrer hatten im Unterricht die immer gleichen Stücke zu unterrichten, sobald die RS veröffentlicht waren. Die Schüler, die am Test einer gleichen Stufe teilnahmen, spielten alle die gleichen Musikwerke. Wenn 20.000 Schüler in einem Jahr die gleiche RS verwenden, so heißt das auch zugleich, dass zumindest durchschnittlich 2.000 Schüler jeweils das gleiche 125 Programm spielen werden, und der Klavierunterricht nur auf Wiederholung ausgerichtet sein wird. Daher ist es zweifelhaft, ob durch diesen PGT der Klavierunterricht verbessert und die Qualitätserziehung gefördert werden kann.

5.3 Konzeption der PGT-RS des Chinesischen Musikerverbands Der Chinesische Musikerverband ist der größte Verband in China. Er wurde im Juli 1949 gegründet und besteht aus 34 lokalen Musikerverbänden in verschiedenen Provinzen, zu dem auch der Musikerverband in Shanghai gehört. Seine über 10.000 Mitglieder setzen sich aus Komponisten, Sängern, Instrumentalisten, Musikkritikern, Dichtern, Musikpädagogen, Übersetzern, Musikorganisatoren etc. zusammen und kommen aus vielen unterschiedlichen Gesellschaftsteilen, etwa aus der Armee, den Hochschulen, den Universitäten oder den Kulturinstituten. Der Chinesische Musikerverband ist Mitglied des International Music Council. Der Prüfungsausschuss des CMV wurde im Jahr 1990 gegründet und führte als erster den PGT landesweit ein. Im Jahr 2004 haben an den Tests in allen Fächern zusammen 200.000 Kandidaten teilgenommen. Die Tests wurden in 26 Provinzen in über 200 Orten organisiert. Bis zum Jahre 2004 beteiligten sich daran 1.500 Prüfer. Da der CMV die größte organisatorische Einheit dieser Art ist, weisen seine Tests in China die größte räumliche Verbreitung auf. 281

(1) Ausgabezeitpunkt und Herausgeber der RS Der Prüfungsausschuss des CMV hat von 1990 bis 2007 insgesamt 5 RS herausgegeben. 282 Obwohl diese Anzahl von RS im Vergleich zu den RS aus Guangdong und Shanghai gering ist, war die Wirkung dieser RS, wegen ihrer landesweiten Verbreitung unverhältnismäßig größer. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick zu den RS.

281 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 47-48. 282 In der RS 1 wurden zwei Programmlisten vorgegeben. Damals wurden zwei RS benannt. Es war aber eigentlich eine RS mit zwei Programmlisten. Deswegen werden hier insgesamt nur fünf RS aufgezählt. 126 Anzahl RS Schwierigkeitsstufen Herausgeber Jahr RS 1 Stufe I-V YING Shizhen 12.1990 RS I und II Stufe VI-X YING Shizhen, LING Yuan 11.1991 2 09.1993 RS III LING Yuan 01.1997 Gemischt aus RS I und II Prüfungsausschuss im Fach Klavier 09.1994 3 Stufe I-X 08.1995 RS IV Qingfeng Chen 01.1997 4 RS V 11.1999 ZHOU Mingsun 5 RS VI 07.2007 Tabelle 36: Überblick der Repertoiresammlungen des Chinesischen Musikerverbandes

Im Dezember 1990 veröffentlichte der Prüfungsausschuss des Chinesischen Musikerverbandes seine erste RS. Sie enthielt zwei Programmlisten. Vom Herausgeber wurden diese Listen interessanterweise als zwei separate RS angesehen. Eine neue RS erschien im Jahr 1993.283 Im Jahr 1994 wurde eine RS für Klavier herausgegeben.284 Sie enthielt nur Werke aus den RS I und II. Da jedoch zusätzlich keine neuen Werke aufgenommen wurden, wird sie in China nicht als eigenständige dritte RS angesehen.

„[...] „die gemischte RS“ entnimmt ihren Inhalt komplett aus der ersten und zweiten RS, deswegen gehört sie auch noch zum Bereich der ersten und zweiten RS.“285

1995 wurde die vierte RS veröffentlicht.286 Im Jahr 1997 erschienen die verbesserten Ausgaben der dritten und vierten RS und im Jahr 1999 wurde eine komplett neue RS publiziert. 287 Ein Untertitel bezeichnet sie als Ausgabe zur Jahreswende. Diese Ausgabe ist wie eine Zusammenfassung der letzten RS zu sehen, weil man hier drei Viertel der gesamten Werke aus der ersten bis vierten RS zusammenstellte und nur ein Viertel durch neue Werke ersetzte.288 Im Juli 2007 erschien eine RS mit dem Titel Piano Pieces for the National Grading Test (New Edition) 2007. Die Zusammensetzung des Programms in dieser RS wurde ideenreich verändert. Sie wird im siebten Kapitel vorgestellt.

283 LING Yuan (Hrsg.): Die dritte CMV-RS, verbesserte Ausgabe, Beijing, 1997. 284 CMV (Hrsg.): PGT-RS, erste gemischte Sammlung, Changchun, 1992. 285 ZHOU Mingsun (Hrsg.): Piano Pieces for the National Grading Test, New Edition, Band I, Beijing, 2007. 286 CHEN Qingfeng (Hrsg.): Die vierte CMV-RS, Beijing, verbesserte Ausgabe, Beijing, 1997. 287 ZHOU Mingsun (Hrsg.): CMV-PGT-RS, Jahreswendeausgabe, Stufe 1-5, Stufe 6-8, Stufe 9-10, Beijing, 1999. 288 Ebd. 127 Also wurden bei den Tests die RS I und II von 1990 bis 1993 verwendet, von 1993 bis 1995 die RS III, von 1995 bis 1999 die RS VI, von 1999 bis 2007 die RS V und seit dem Jahr 2007 die RS VI. Folglich mussten alle Kandidaten über einen größeren Zeitraum die gleichen Musikwerke für die Tests einzuüben.

Die Exekutivherausgeberinnen des Jahres 1990 waren YING Shizhen und LING Yuan, beide Klavierprofessoren an der Zentral-Musikhochschule.289 Die RS 1993 wurde von

LING Yuan herausgegeben, die RS 1995 von Qingfeng Chen (Klavierprofessor an der Musikhochschule Shanghai), für die RS 1999 und 2007 zeichnet der Klavierprofessor

ZHOU Mingsun von der Musikfakultät der pädagogischen Universität Beijing verantwortlich.

(2) Zusammensetzung des Prüfungsprogramms Die Zusammensetzung des Prüfungsprogramms wird in folgender Tabelle dargestellt.

Schwierigkeits- Jahr Zusammensetzung des Prüfungsprogramms stufen Liste A Liste B Etüde Etüde 1990 Polyphone Werke Polyphone Werke RS I und Musikwerk in größerer Form Musikwerk in größerer Form II Musikwerk in kleinerer Form (Auswahlalternative) Musikwerk in kleinerer Form (Auswahlalternative) Chinesisches Werk (Auswahlalternative) Chinesisches Werk (Auswahlalternative) Etüde 1993 und Stufe I-X Polyphone Werke 1995 RS Musikwerk in größerer Form III und Musikwerk in kleinerer Form (Auswahlalternative) IV Chinesisches Werk (Auswahlalternative) Etüden (1-4) Polyphone Werke und Werke Musikwerke in größerer Chinesische und 1999 RS des Barock (1-4) Form (1-4) ausländische Werke (1-4) V

Etüden (1-3) Chinesische Werke (1-3) Ausländische Werke (1-3) Stufe I-II 2007 RS Etüden (1-3) Polyphone Werke (1-3) Andere Werke (1-4) Stufe III-VII VI Etüden (1-3) Werke des Barock und der Klassik (1-3) Werke der Romantik und Moderne (1-3) Stufe VIII-X

Tabelle 37: Überblick der Zusammensetzungen des Prüfungsprogramms beim CMV von 1990 bis 2007

Der Test wurde in zehn Schwierigkeitsstufen unterteilt. Die Schwierigkeit der Prüfungsinhalte steigt mit jeder höheren Stufe an, wobei die Grundstufe als Stufe I bezeichnet wird. Das Programm von 1990-2006 bestand aus 4 Werken, die RS 2007

289 YING Schizhen (Hrsg.): CMV-RS, Stufe 1-3, Stufe 4-5, Beijing, 1990. 128 aus drei Stücken. Für die Zusammensetzung der zwei RS 1990 wurde folgendes erklärt:

„[…] Die Prüfungsprogramme werden in vier Kategorien unterschieden: Etüde, polyphones Werk, Musikwerk in größerer Form und Musikwerke in kleinerer Form. […] Unter „Musikwerk in größerer Form“ versteht man die Sonaten, Variationen, Konzerte. […] Die Musikwerke in kleinerer Form wurden von vielen Komponisten aus unterschiedlichen Epochen und von unterschiedlichen Nationen komponiert. Ihr musikalischer Charakter ist meistens unmittelbar verständlich. Man braucht unterschiedliche Spieltechniken. Die Spieltechnik und Musik sind eng verbunden, wie z.

B. Klavieretüden für junge Pianisten Op. 100 von Friedrich BURGMÜLLER, Lieder ohne 290 Worte von MENDELSSOHN usw.“

Es ist unübersehbar, dass sich die Zusammensetzung des Programms nicht nach den Epochen richtet, sondern nach der Dauer des Klavierspiels. Von 1990 bis 1995 wurden die Programme in Etüde, polyphone Musikwerke, Musikwerke in größerer Form, Musikwerke in kleinerer Form und chinesisches Musikwerk eingeteilt. Beispielsweise war in der RS 1993 das Programm für Schwierigkeitsstufe 8 wie folgt

zusammengesetzt: Etüde von C. CZERNY (Op. 299 Nr. 31), Allemande von J. S. BACH

(aus den Französischen Suiten V, BWV 816), Sonate von J. HAYDN (Satz I, cis-moll,

Hob XVI: 36), Walzer von F. CHOPIN (Op. Posthum in e-moll) (Alternativenauswahl) und Goldlobsbanner zum Sticken von WANG, Jianzhong (Alternativenauswahl). 1999 wurde die „Musikwerk in kleinerer Form“ in „ausländisches Musikwerk“ umbenannt. Um Überschneidungen mit unterschiedlichen Ideen bei den

Zusammensetzungen zu vermeiden, hat der Herausgeber Prof. ZHOU Mingsung das Programm der RS 2007 im Vergleich zu den anderen RS folgendermaßen geändert. In seiner Version ist die Programmliste nach Schwierigkeitsstufen unterschiedlich gestaffelt. Sie sind insgesamt in 3 Kategorien eingeteilt. Die erste Kategorie (Stufe 1- 2) beinhaltet: Etüde, chinesische Musikwerke und ausländische Musikwerke. In der zweiten Kategorie (Stufe 3-7) sind enthalten: Etüde, polyphone Musikwerke und andere Musikwerke. In der dritten Kategorie (Stufe 8-10) schließlich: Etüde, Musikwerke von Barock oder Klassik, und Musikwerke vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nachfolgend werden die Schwierigkeitsstufen 1, 3 und 8 mit ihren entsprechenden Werken beispielhaft aufgeführt.

290 HU Zhanwen et. al. (Hrsg.): Lehren des PGT-Programms, Beijing, 1995. S.1-17. 129 Stufe 1: Bourrée, J. S. BACH BWV 996

Etüde: Kleine Fuge, ZIPOLI

Etüde von C. CZERNY (Op. 823 Nr. 13) Andere Musikwerke:

Etüde von F. BEYER (Nr. 60) Ausflug, LU Jia

Etüde von NIKOLAJEVO Dance on the Lawn, D. KABALEVSKY

Chinesische Musikwerke: The Autumn Song, A. GRECHANINOV (Op. 3, Nr.

Kleiner Chinakohl von GONG Yaonian 3)

Spielzeug von LI Chongguang Sonatine F-Dur Satz I, L. v. BEETHOVEN

Rote Haarschnur anzubinden von WANG Zhenya Stufe 8: Ausländische Musikwerke: Etüde:

Quickstep von CLARKE Etüde, C. CZERNY (Op. 740 Nr. 10)

Schwingender Indianer von W. GILLOCK Etüde, M. MOSZKOWSKI (Op. 91 Nr. 7)

Frühlingslied von J. THOMSON Etüde, SIBELIUS (Op. 76 Nr. 9) Stufe 3: Barock – Klassik

Etüde: Sinfonia, J. S. BACH (BWV 790)

Etüde C. CZERNY (Op. 139 Nr. 98) Sonate D-Dur Satz I, J. HAYDN (Hob. 37)

Etüde H. LEMOINE (Op. 37 Nr. 10) Sonate C-Dur Satz III, W. A. MOZART (K.330)

Etüde, A.GEDIKE (Op. 32 Nr. 19) Romantik – Moderne Musik

Polyphon: Andante con moto, MENDELSSOHN (Op. 19 Nr. 1)

Liebeslied in Kangding, CHEN Hongnian Fang Ma Qu, SHEN Chuanxin

Zweite Suite für Kinder, Nr. 1, H. LOBOS

Die Zusammensetzung der RS 2007 weicht von den einheitlichen Schwierigkeitsstufen 1 bis Stufe 10 ab und setzt in einigen Lernphasen unterschiedliche Schwerpunkte. Hier wurden die Stufen 8 - 10 nach Musikepochen zusammengestellt. Die Stufen 3 bis 7 hingegen wurden in ihrer bisherigen alten Form der Zusammensetzung weiter verwendet. Eine detaillierte Darstellung dazu findet sich im Kapitel 7.

Die Programmlisten von 1990 bis 2007 enthielten mit Etüde und polyphonem Werk immer zwei Pflichtprogramme. Eine Begründung für die Etüde als ein unverzichtbarer Bestandteil der Prüfungsinhalte findet man in dem von FU, Zhanwen et.al. herausgegebenem Buch „Lehren des PGT-Programms“:

130 „In jeder Schwierigkeitsstufe wird die Etüde an erster Stelle in der RS aufgeführt, weil die sie eine besondere Funktion für eine intensive Übungstechnik hat. Sie ist ein unverzichtbares Material für die Beherrschung der Spieltechnik und Fingerübung. 291

Eine Begründung für die Verwendung der Werke Bachs findet sich ebenfalls bei ihm.

„Das Klavier wird deswegen als König der Instrumentalmusik bezeichnet, weil es ein Instrument ist, auf dem mehrstimmig gespielt werden kann. Außerdem kann es allein ganze Musikwerke darstellen. Das Klavierlernen muss mehr polyphone Musik beinhalten; nur so kann man von Anfang an das Instrument besser beherrschen.“292

Deutlich wird dabei, dass die polyphonen Werke als eine Technikübung angesehen werden, mit deren Hilfe das Klavier besser beherrscht werden kann. Beide Begründungen treffen keine Aussage über die musikalischen Darstellungen. Schwerpunkte sind hier die „Technikübungen“ zur „Klavierbeherrschung“. Das chinesische Werk fand zwar in jeder Schwierigkeitsstufe Eingang, konnte aber nicht den Charakter eines Pflichtprogramms bekommen.

(3) Auswahlmöglichkeiten innerhalb des Prüfungsprogramms In der RS 1990 findet man für jede Stufe zwei Auswahlmöglichkeiten (s. Tabelle 37). Die Kandidaten wählten hieraus eine Programmliste und spielten sie beim Test.293 Beim vierten Stück konnten sie entscheiden, ob sie ein „Musikwerk in kleinerer Form“ oder ein chinesisches Musikwerk vorspielen wollten. In der RS 1999 konnte man in jeder Kategorie eins von mindesten vier Werken auswählen; im Jahr 2007 hatte man die Wahl zwischen drei Werken. Beispielhaft wird hier die Schwierigkeitsstufe 8 der RS von 1999 dargestellt.

291 Ebd. S. 1. 292 Ebd. S. 5. 293 Ebd. Vorwort. 131 Etüden: Musikwerke in größerer Form:

(1) Etüde von J. B. CRAMER (Nr. 35) (1) Gipsy Rondo von J. HAYDN

(2) Etüde von C. CZERNY (Op. 299 Nr. 31) (2) cis-moll Sonate (Satz I) von J. HAYDN

(3) Etüde von C. CZERNY (Op. 299 Nr. 39) (3) D-Dur Sonate (Satz I) von J. HAYDN

(4) Etüde von C. CZERNY (Op. 740 Nr. 3) (4) B-Dur Sonate (Satz I) von W. A. MOZART

Polyphon: Chinesische und ausländische Musikwerke

(1) Sinfonie von J. S. BACH (BWV 793) (1) Goldlobsbanner zu Sticken von WANG Jianzhong

(2) Sinfonie von J. S. BACH (BWV 798) (2) Lao LIU Ban von WANG Zhenya

(3) Allemande von J. S. BACH (aus den Französischen (3) Butterfly von E. H. GRIEG (Op. 43, Nr. 1)

Suiten V, BWV 816) (4) Golliwog's cake-walk von A. C. DEBUSSY

(4) Courante von J. S. BACH (aus den Französischen (5) Walzer von F. CHOPIN (b-moll)

Suiten II, BWV 813) (6) Walzer von F. CHOPIN (e-moll)

Aus der Untersuchung dieser fünf RS ist zu ersehen, dass die Auswahlmöglichkeiten im Lauf der Zeit immer umfangreicher wurden. In den letzten 20 Jahren wurden aber insgesamt nur 5 RS herausgegeben mit der Folge, dass alle Kandidaten durchschnittlich vier Jahre lang die gleichen RS verwenden mussten.

132 5.4 Konzeption der PGT-RS der Zentral-Musikhochschule Der Prüfungsausschuss der Zentral-Musikhochschule wurde im Jahr 1992 gegründet. Im Jahr 1993 wurde von ihm der erste PGT in Beijing durchgeführt. 1994 wurde er schon in 18 Städten angeboten und 10 Jahre später bereits in 22 Provinzen. Die geprüften Fächer umfassten 21 Musikinstrumente. Von 1993 bis 2004 durchliefen den Test insgesamt 500.000 Teilnehmer und allein im Jahr 2003 nahmen schon 60.000 Kandidaten am Test teil.294 (1) Ausgabezeitpunkt und Herausgeber der RS Der Prüfungsausschuss der ZMH hatte bisher eigentlich nur zwei RS herausgeben, die jeweils in den Jahren 1993 und 2000 veröffentlicht wurden. Die RS der Jahre 2001 und 2002 beinhalten nur Werke der RS 2000. (s. Tabelle 39)

Die RS 2000, herausgegeben von ZHOU Guangren, einer Klavierprofessorin an der Zentral-Musikhochschule (s. a. S. 33), wurde praktisch 10 Jahre lang verwendet.

Schwierigkeitsstufe Herausgeber Erscheinungszeit Prüfungsausschuss im Fach Klavier der Zentral- 04.1993 Musikhochschule 07.2000 Stufe I-IX

ZHOU Guangren 02.2001

01.2002

Tabelle 38: Überblick über die veröffentlichten Repertoiresammlungen der Zentral-Musikhochschule

294 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 43-46. 133 (2) Zusammensetzung des Prüfungsprogramms In der folgenden Tabelle wird die Zusammensetzung des Prüfungsprogramms der veröffentlichten RS von ZMH dargestellt. Der ZMH-PGT ist in 9 Schwierigkeitsstufen eingeteilt. Beim Test muss ein Kandidat vier Werke vorspielen.

Jahr Zusammensetzung des Prüfungsprogramms Stufe 1993 A B Auswahlalternative Etüde Etüde Musikwerke in kleinerer Form Polyphones Werk Polyphones Werk (Auswahlalternative) (3 Stücke Musikwerk in größerer Form Musikwerk in größerer Form zur Auswahl) Musikwerke in kleinerer Form Musikwerke in kleinerer Form (Auswahlalternative) (Auswahlalternative) 2000 Etüden (6 Stücke Polyphone Werke (6 Musikwerke in größerer Form (6 Stücke Musikwerke in kleinerer Form zur Auswahl) Stücke zur Auswahl) zur Auswahl) (12 Stücke zur Auswahl) Stufe I- 2001 Etüde IX Polyphones Werk Musikwerk in größerer Form Musikwerke in kleinerer Form (3 Stücke zur Auswahl) 2002 Etüde Etüde Polyphones Werk Polyphones Werk Musikwerk in größerer Form Musikwerk in größerer Form Musikwerke in kleinerer Form (6 Stücke zur Musikwerke in kleinerer Form (6 Stücke zur Auswahl) Auswahl)

Tabelle 39: Zusammensetzung des Prüfungsprogrammes der RS von der ZMH

Die Werke werden nach Etüde, polyphonem Werk, Musikwerk in größerer Form und kleinerer Form unterschieden. 295 Auch die ZMH-RS wurden von den CMV-RS beeinflusst. Im Vorwort der ZMH-RS von 1993 heißt es:

„Seit 1990 wurden die Dozenten der Zentral-Musikhochschule vom CMV dazu ermuntert, die CMV-RS zu publizieren. […] Die Zentral-Musikhochschule hat sich in diesem Jahr entschieden, auf Grund der positiven Erfahrungen bei der Herausgabe der CMV-RS, eine eigene RS zu veröffentlichen. […]“296

Eine der Leitlinien der RS besagte, dass das Techniktraining ein größeres Gewicht erhalten muss.297 Deswegen wurden nicht nur Etüden und polyphone Werke genau wie in der CMV-RS mit dem Ziel eines intensiveren Techniktrainings in die RS integriert. Auch die vom CMV eingesetzten Musikwerke in größeren oder kleineren

295 ZHOU Guangren (Hrsg.): PGT-RS von der Zentral-Musikhochschule, Beijing, 2000, Bekanntgabe 296 YANG Ling: PGT-RS von der Zentral-Musikhochschule, Beijing, 1993, Vorwort. 297 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 43. 134 Formen wurden ohne Berücksichtigung der Musikstilepochen übernommen. Chinesische Werke wurden in der Liste nicht als Pflichtprogramm aufgenommen. In allen diesen Punkten sind die RS mit den CMV-RS identisch. (3) Auswahlmöglichkeiten innerhalb des Prüfungsprogramms Bei der RS 1993 gab es für die vier Pflichtprüfungsprogramme zwei Listen (A und B). Die Kandidaten konnten zwischen Liste A und B auswählen. Eine zusätzliche Auswahl wurde den Kandidaten in der vierten Kategorie geboten, dort konnten sie unter drei Stücken wählen. (s. Tabelle 40)

Die RS 2000 sah im Gegensatz dazu große Auswahlmöglichkeiten vor. In dieser RS gab es für jedes Werk 6 bis 12 Auswahlmöglichkeiten. Im Prüfungsprogramm 2001 hat man nur in der vierten Kategorie mehr als zwei Auswahlmöglichkeiten. Im Jahr 2002 konnte man zwischen zwei Programmlisten wählen und zusätzlich hatte man in der vierten Kategorie noch 6 Auswahlmöglichkeiten. Ab 2004 durften die Klavierlehrer für ihren Schüler das Prüfungsprogramm aus der RS 2000 auswählen; seitdem wurden keine neue ZMH-RS veröffentlicht.298

298 Zentral-Musikhochschule: Information zum PGT 2004, in: http://www.ccom.edu.cn/jxjg/shyyjyb/ggl/200604190009.shtml, Aufruf am 02.05.2010. 135 5.5 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurden die Konzeptionen der PGT-RS von vier Prüfungsinstituten untersucht. Das Ziel war es, einen Überblick darüber zu gewinnen, wie durch die jeweiligen RS die Klavierschüler landesweit beeinflusst wurden. Die folgende Zusammenfassung der Daten macht dies noch einmal deutlich: In Guangdong betrug die Anzahl der Teilnehmer am PGT von 1987 bis 2000 über 50.000. Im Jahr 2007 haben über 7.000 Kandidaten aus 40 Städten der Provinz an den Tests teilgenommen. In Shanghai nahmen von 1988 bis 2004 an den Tests in 21 Fächern insgesamt 323.341 Teilnehmer teil. Allein im Jahr 2004 kamen dort insgesamt 41.460 Kandidaten zum Test. Am CMV-Test haben im Jahr 2004 ca. 200.000 Teilnehmer teilgenommen. Er wurde in 26 Provinzen an ca. 200 Prüfungsorten für 12 Fächer durchgeführt. Am ZMH-Test haben von 1993 bis 2004 insgesamt 500.000 Teilnehmer aus 22 Provinzen in 21 Fächern teilgenommen. Allein im Jahr 2003 nahmen insgesamt 60.000 Kandidaten die Möglichkeit wahr, an den Tests teilzunehmen. Die RS wurden aber nicht nur bei den Tests eingesetzt, sondern auch als Übungsmaterial für den alltäglichen Klavierunterricht. Als Beleg dafür möchte der Verfasser die folgenden beiden Zitate aus den RS des Pianistenverbandes Guangdong und der Zentral-Musikhochschule anführen.

„Diese RS […] kann sowohl für den PGT, als auch für die alltägliche Übung verwendet werden.“299

„Als die RS von der Zentral-Musikhochschule 1993 herausgegeben wurde, haben damit zahlreiche Klavierschüler ein systematisches reguläres Lehrbuch bekommen.“ 300

(1) Ausgabezeitpunkt und Herausgeber der RS Die RS der untersuchten Prüfungsinstitute wurden in unterschiedlichen Zeitabständen veröffentlicht. In Guangdong und Shanghai wurden sie von den regionalen Prüfungskommissionen fast jedes Jahr neu veröffentlicht und die Prüfungsprogramme auch häufig geändert. Die RS des CMV und der ZMH wurden in den vergangenen 20 Jahren hingegen nur wenige Male geändert auch nur unregelmäßig veröffentlicht. Der

299 XIONG Dao´er, HE Yingmin, HUANG Tiandong (Hrsg.): Guangdong-PGT-RS, Guangzhou, 2002, Vorwort. 300 YANG Ling: Vorwort für PGT-RS von der Zentral-Musikhochschule, in: ZHOU Guangren (Hrsg.): PGT-RS von der Zentral-Musikhochschule, Beijing, 2000, Vorwort. 136 CMV publizierte von 1990 bis 2009 sechs RS und die CMH von 1993 bis 2009 nur zwei RS. Die Herausgeber kamen meistens von der Musikhochschule vor Ort, wie z.B. in Guangdong die Klavierprofessoren der Musikhochschule Xinghai, in Shanghai die Klavierprofessoren der Musikhochschule Shanghai, die Herausgeber von CMV und ZMH entstammten hauptsächlich dem Lehrpersonal der Zentral-Musikhochschule. Hervorzuheben ist, dass die Klavierprofessoren der Zentral-Musikhochschule in China bei der Herausgabe der RS eine verhältnismäßig große Rolle spielten.

(2) Zusammensetzung des Prüfungsprogramms In Guangdong, Shanghai und CMV sind die Tests in 10 Schwierigkeitsstufen aufgeteilt und beim ZMH dagegen nur in 9 Schwierigkeitsstufen. Die Anzahl der vorzuspielenden Werke ist in zwei Gruppen eingeteilt. 1. Gruppe: drei Musikwerke, die in 32 RS enthalten sind. 2. Gruppe: vier Musikwerke, die in 26 RS enthalten sind. Diese drei oder vier Musikwerke werden häufig nach Etüde, polyphonem Werk, ausländischem Werk (Musikwerke in größerer Form und kleineren Formen) und chinesischem Werk gegliedert angesprochen. Die Etüde wird, so zeigt die vorliegende Untersuchung, bei jedem Prüfungsinstitut landesweit als Pflichtprogramm Nr. 1 angesehen. Auch den chinesischen Werken wird von den meisten Prüfungsinstituten ein großes Gewicht beigemessen. Im PGT des Pianistenverbandes Guangdong sind die chinesischen Musikwerke sogar als Pflichtprüfungsprogramm festgeschrieben. Der CMV und die ZMH geben in jeder RS viele chinesische Musikwerke vor.

(3) Auswahlmöglichkeiten innerhalb des Prüfungsprogramms Die Auswahlmöglichkeiten sind in jeder RS unterschiedlich (s. Tabelle 40). In 24 RS ist das Prüfungsprogramm sogar fest vorgeschrieben. Da keine Auswahlmöglichkeiten gegeben sind, spielen alle Kandidaten bei dem Test in einer Stufe gleiche Werke vor. Diese Einschränkung bedeutet a) für den Kandidaten, dass er ein einseitiges, abwechslungsloses Lernprogramm zu absolvieren hat und b) für die Prüfer, dass es für sie fast unmöglich ist, eine vorurteilsfreie, unbefangene Bewertung des vorgetragenen Klavierspiels abgeben zu können, wenn sie sich jeden Tag von den 137 Kandidaten dieselben Stücke anhören müssen. In der obigen Untersuchung wurde aufgezeigt, wie viele Kandidaten jedes Jahr an den Tests teilnahmen und welche Stücke vorgetragen werden mussten. Das führt abschließend zu der Erkenntnis, dass die Kandidaten aus dem ganzen Land, mit wenigen Abweichungen, stets dieselben Werke einüben müssen. Die damit verbundene Einengung der Entwicklungsmöglichkeiten der jungen Musiker könnte durch Veröffentlichungen von RS mit größerer kreativer Bandbreite und entsprechenden Auswahlmöglichkeiten beseitigt werden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass zwar die Auswahlmöglichkeiten in wenigen RS erweitert wurden. Beispielhaft sei hier die RS der Zentral-Musikhochschule aus dem Jahr 2000 angeführt, die fast 10 Jahre lang verwendet wurde. Die damit verbundene Logik, dass eine RS mit größerer Auswahlmöglichkeit auch längere Zeit eingesetzt werden muss, ist fragwürdig. Die Klavierlehrer mussten in der Unterrichtspraxis dem Programm dieser RS ein zu großes Gewicht beimessen. Eine Unterrichtsvielfalt konnte auf diese Art und Weise nicht entstehen. Deshalb wäre es sinnvoll, den Musikunterricht inhaltlich vom Test zu trennen. Bei den Tests sollten die Prüfungsprogramme nicht für alle Kandidaten identisch sein (s. S. 206).

138

Drei Pflichtprüfungsprogramme Vier Pflichtprüfungsprogramme 1 x 3. Es gibt drei Kategorien, dabei besteht 1 x 4. Es gibt vier Kategorien, dabei besteht keine keine Auswahlmöglichkeit. Auswahlmöglichkeit.

1 x 3 x 2 oder 3 1 x 4 x 2 Es gibt zwei oder drei Listen (A, B oder A, B, Es gibt zwei Listen (A, B). Jede Liste beinhaltet vier Kategorien. C). Jede Liste beinhaltet drei Kategorien. Nur Nur eine Listenauswahl ist möglich. eine Listenauswahl ist möglich.

Liste A Liste A

Liste B Liste B

Liste C

≥2 x 3 ≥2 x 4 Es gibt insgesamt drei Kategorien, in jeder Es gibt insgesamt vier Kategorien, in jeder Kategorie bestehen Kategorie bestehen mehr als zwei mehr als zwei Auswahlmöglichkeiten. Auswahlmöglichkeiten.

1 x 3 + 1 x ≥2 Es gibt insgesamt vier Kategorien. Bei den ersten drei Kategorien besteht keine Auswahlmöglichkeit. Aber in der vierten Kategorie bestehen mehr als zwei Auswahlmöglichkeiten

1 x 3 x 2 + 1 x ≥2 Es gibt zwei Listen (A, B). In jeder Liste gibt es vier Kategorien. Eine Listenauswahl ist bei den ersten drei Kategorien möglich. In der vierten Kategorie bestehen zusätzlich für die Listen A und B mehr als zwei Auswahlmöglichkeiten.

Liste A

Liste B

Tabelle 40: Die unterschiedlichen Auswahlmöglichkeiten bei den Prüfungsprogrammen in den untersuchten RS

139 6 Die Klavierwerke in den untersuchten Repertoiresammlungen

Wie bereits erwähnt, werden die Repertoiresammlungen nicht nur bei den Prüfungsinstituten eingesetzt, sondern auch im alltäglichen Unterricht (s. S. 136). Um herauszufinden, welche Klavierwerke mit welchen Schwierigkeitsstufen in den Piano Grading Test verwendet werden, musste der Verfasser eine entsprechende Datenbank anlegen mit Musikwerken aus 58 RS (s. S. 113). Dazu war es erforderlich, sämtliche dort aufgeführten Noten, Werkverzeichnisse und Komponistendaten mit dem Urtext zu vergleichen. Mit dieser Datenbank konnte dann auch die Verwendungshäufigkeit der Werke der Komponisten und deren geografischer Herkunft dargestellt und im Einzelnen auch die Untersuchungsergebnisse aus den in den RS aufgeführten

Musikwerke von J. S. BACH, C. CZERNY und von chinesischen Komponisten abgeleitet werden.

6.1 Die Verwendungshäufigkeit der Musikwerke der Komponisten und ihre geografische Herkunft Um unter anderem eine detaillierte Übersicht über die Verwendungshäufigkeit des jeweiligen Komponisten in den RS zu erhalten, hat der Verfasser die bereits erwähnte Datenbank mit 9 Kategorien aufgebaut (s. Tabelle 41).301

Geburts Sterbe- Geografische Schwierigkeits- RS- Werkverzeichnis Komponist Erscheinungszeit Prüfungsinstitut -jahr jahr Herkunft stufe Höchststufe Carl Musikerverband Op. 823, Nr. 37 1791 1857 Österreich 1 10 05.2004 CZERNY Shanghai Tabelle 41: Auszug aus der Datenbank

In ihr sind sämtliche 3853 Musikwerke aus den im letzten Kapitel erwähnten 58 RS aufgelistet, die von 13 Prüfungsinstituten zwischen 1989 und 2008 veröffentlicht wurden. Somit enthält sie auch Stücke, die wiederholt in den verschiedenen RS

Verwendung finden: Z. B. eine Inventio von J. S. BACH (BWV 784) in 13 RS oder

eine Etüde von C. CZERNY (Opus 299 Nr. 33) in 9 RS. In Abb. 29 sind diese 3853 Werke in 11 Segmente eingeteilt.

301 Der Aufbau dieser Datenbank wurde teilweise erschwert durch falsche und / oder fehlerhafte Angaben in den einzelnen RS. Das betraf sehr oft den Komponistennamen wegen unterschiedlicher chinesischer Übersetzungen ohne die Originalbezeichnung, das Geburts- oder Sterbejahr, das Herkunftsland des Komponisten, das Werkverzeichnis und den Kompositionstitel. 140

Abb. 29: Überblick über die Komponisten mit ihren Werken im Verhältnis (Anzahl und %) zur untersuchten Gesamtzahl der ausgewählten Musikwerke in den RS

Die Musikwerke von BACH, CZERNY, MOZART, BEETHOVEN, CHOPIN und HAYDN sind wegen ihrer großen Verwendung namentlich dargestellt, während die anderen „ausländischen Komponisten“ entsprechend ihrer Verwendungshäufigkeit in zwei Segmente aufgeführt sind: Das erste Segment enthält 19 ausländische Komponisten mit 969 Musikwerken und das Zweite besteht aus 131 Komponisten mit 730 ausländischen Musikwerken. In drei weiteren Segmenten sind 132 Komponisten mit 624 chinesischen Musikwerken, 178 Komponisten mit 288 Musikwerken unklarer Herkunft, sowie 38 Musikwerke mit anonymer Bezeichnung aufgeführt.302

Die Musikwerke von J. S. BACH und C. CZERNY sind am häufigsten in den RS

vertreten: J. S. BACH 415-mal (= 11%) und C. CZERNY 280-mal (= 7%). Die Werke beider Komponisten ergeben dadurch einen Spitzenanteil an allen RS von 18%. Es

folgen die Musikwerke von W. A. MOZART, L. v. BEETHOVEN, F. CHOPIN und J.

HAYDN mit insgesamt 13% (=509-mal). Diese sechs Komponisten stellen somit fast 1/3 aller in den RS verzeichneten Musikwerke. Im Vergleich zu den 5 weiteren Segmenten der Abb. 29 mit 460 Komponisten ist festzustellen, dass die Musikwerke dieser sechs Komponisten bei den chinesischen Klavierpädagogen im Vordergrund stehen. Aber auch die chinesischen Komponisten sind mit 16% (= 624-mal) sehr oft in den 58 RS vertreten und verdeutlichen den hohen Stellenwert, die diese Musikwerke für den Klavierunterricht in China einnehmen.

In der Tabelle 42 sind die oben genannten sechs Komponisten mit ihre Herkunft und ihrem Geburts- und Sterbejahr aufgelistet. Ihre Musikwerke sind hauptsächlich im 18ten Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19ten Jahrhunderts komponiert. Sie

302 Es ist in den RS auf Chinesisch zu erkennen, dass es sich um 288 Klavierwerke von 178 ausländischen Komponisten handelt und 38 Klavierwerke, die mit „Anonym“ bezeichnet sind. 141 stammen aus Deutschland, Österreich und Polen und repräsentieren die Musikepoche

des Barocks (BACH), die Musikepoche der Klassik (HAYDN, MOZART und

BEETHOVEN) und die Musikepoche der Romantik (CHOPIN). Die Etüden von CZERNY lassen sich nicht unbedingt einer bestimmten Epoche zuordnen, da sie in den RS nur zur Verbesserung der Spieltechnik benutzt werden (s. S. 184). Verwendungshäufigkeit Komponist 100% = 3853 Geburtsjahr Sterbejahr Herkunft der Werke BACH 415 11% 1685 1750 Deutschland HAYDN 114 3% 1732 1809 Österreich MOZART 151 4% 1756 1791 Österreich BEETHOVEN 128 3% 1770 1827 Deutschland CZERNY 280 7% 1791 1857 Österreich CHOPIN 116 3% 1810 1849 Polen Summe 1204 31% Tabelle 42: Überblick der Verwendungshäufigkeit der Musikwerke der sechs Komponisten nach Lebensdaten und Herkunft

Im Vergleich zu den oben erwähnten 6 Komponisten finden die Musikwerke der 19 ausländischen Komponisten aus Abb. 29 in den RS zwar deutlich weniger Anwendung, aber in ihrer Verwendungshäufigkeit belegen sie den 2. Platz. Insgesamt wurden ihre Musikwerke aus dem 19. und 20. Jahrhundert 969-mal in den RS verwendet. Diese Anzahl beträgt 25% an den Gesamtwerken (Tabelle 43). Verwendungshäufigkeit 100% = Komponist Geburtsjahr Sterbejahr Herkunft der Werke 3853 Muzio CLEMENTI 74 1.9% 1752 1832 Italien Dmitrij Borisovic KABALEWSKIJ 69 1.8% 1904 1987 Russland Johann Baptist CRAMER 64 1.7% 1771 1858 Deutschland Georg Friedrich HÄNDEL 63 1.6% 1685 1759 Deutschland Henry LEMOINE 59 1.5% 1786 1854 Frankreich Béla BARTÓK 59 1.5% 1881 1945 Ungarn Moritz MOSZKOWSKI 56 1.5% 1854 1925 Deutschland Russland - Dmitri Dmitrijewitsch SCHOSTAKOWITSCH 54 1.4% 1906 1975 Sowjetunion Pjotr Iljitsch TSCHAIKOWSKI 51 1.3% 1840 1893 Russland Achille-Claude DEBUSSY 48 1.2% 1862 1918 Frankreich Edvard GRIEG 47 1.2% 1843 1907 Norwegen Deutschland Friedrich KUHLAU 46 1.2% 1786 1832 -Dänemark Robert SCHUMANN 46 1.2% 1810 1856 Deutschland Domenico SCARLATTI 45 1.2% 1685 1757 Italien Felix MENDELSSOHN 43 1.1% 1809 1847 Deutschland Jean Baptiste DUVERNOY 40 1% 1802 1880 Frankreich Alexander Fjodorowitsch GEDIKE 37 1% 1877 1957 Russland Friedrich BURGMÜLLER 36 0.9% 1806 1874 Deutschland Stephen HELLER 32 0.8% 1813 1888 Ungarn Summe 969 25% Tabelle 43: Überblick der Verwendungshäufigkeit der Musikwerke von 19 ausländischen Komponisten nebst Lebensdaten und geografischer Herkunft 142 Errechnet man den Durchschnitt der Verteilung der Klavierwerke der jeweiligen Komponisten (s. Tabelle 44), dann enthält jede RS ca. 66 Musikwerke (3853/58=66.43). Darum sind in jeder RS durchschnittlich etwa 7 Musikwerke von

BACH, 5 von CZERNY, 3 von MOZART und jeweils 2 von BEETHOVEN, HAYDN und

CHOPIN aufgeführt. Von chinesischen Komponisten wurden durchschnittlich 11 Werke in einer RS verwendet. Die große Anzahl der in der Tabelle 44 markierten Komponisten zeigt, dass nur ein Ausschnitt ihrer Werke in den RS aufgenommen wurde und somit die Schüler viele Komponisten nicht kennen lernen konnten.

ca. 178 132 19 131 Komponisten Komponist BACH CZERNY MOZART BEETHOVEN CHOPIN HAYDN chinesische ausländische ausländische (unklar) und Komponisten Komponisten Komponisten 38 Anonym 7 5 3 2 2 2 Durchschnitt 17 13 12 9 11 der 4 21 Verteilungs- 30 anzahl 32 66 Tabelle 44: Durchschnittliche Verteilung der Klavierwerke nach den jeweiligen Komponisten bezogen auf eine RS

Um zu verdeutlichen, aus welchem Kulturkreis die in den RS verwendeten Musikwerke stammen, ist die geografische Herkunft der Komponisten in der Tabelle 45 dargestellt. Daran ist zu erkennen, dass die Musikwerke vieler chinesischer Komponisten in den RS überproportional vertreten sind. Anzahl Spanien 3 Land Komponisten Schweiz 3 China 132 Japan 3 Deutschland 41 Dänemark 2 Frankreich 21 Argentinien 2 Russland 20 Norwegen 1 USA 12 Brasilien 1 Österreich 10 Irland 1 Italien 10 Finnland 1 Ungarn 7 Kanada 1 England 7 Niederland 1 Polen 5 Tabelle 45: Anzahl der Komponisten Böhmen 4 (Tschechien) nach geografischer Herkunft

In der Abb. 30 wird die Verwendungshäufigkeit der Klavierwerke aus den jeweiligen Ländern statistisch dargestellt. Die in den RS am häufigsten verwendeten Musikwerke wurden zu 29% von deutschen, zu 16% von chinesischen, zu 16% von

143 österreichischen, zu 8%, von russischen und zu 6% von französischen Musikern komponiert.

Abb. 30: Proportion der Verwendungshäufigkeit nach den jeweiligen Ländern

Abb. 31 gibt einen globalen Überblick hinsichtlich der geographischen Herkunft der in den RS verwendeten Musikwerke. Je dunkler die Farbe, umso höher ist die Verwendungshäufigkeit der Musik des Komponisten aus diesem Land. Die graue Farbe bedeutet, dass diese Musikwerke keinem Land zuzuordnen sind. Daraus ist zu erkennen, dass die RS keine Musikwerke aus Afrika, West- und Südasien enthalten, sondern überwiegend Musikwerke aus West- und Osteuropa, China, sowie aus Nord- und Südamerika.

Abb. 31: Überblick der geographischen Herkunft der in den RS verwendeten Musikwerke

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die vielfache Verwendung chinesischer Klavierwerke für die Verbreitung und Entwicklung der chinesischen Musikkultur als sehr sinnvoll einzuschätzen ist. Dagegen sind die Werke der europäischen Musik, die

144 in den RS Verwendung fanden, zu stark auf einige wenige europäischen Komponisten und Länder ausgerichtet. Die Fokussierung auf die bereits erwähnten 6 Komponisten aus Tabelle 42 hat den negativen Effekt, dass viele ausländische Komponisten in der Klavierausbildung unberücksichtigt bleiben. Dadurch erhalten die chinesischen Klavier-Amateure keine Möglichkeit, die gesamte Bandbreite der unterschiedlichen Musikkulturen kennen und schätzen zu lernen.

145 6.2 Die in den RS verwendeten Musikwerke von J. S. BACH und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen

Die in den RS verwendeten Kompositionen von J. S. BACH sind in der Datenbank 415-mal enthalten und umfassen insgesamt 98 Bachwerkverzeichnisse (BWV). Das sind BWV 772-775, 777, 779-782, 784-790, 792-801, 807-811, 813-817, 820, 824, 825-827, 829, 836, 847, 851-852, 854-856, 858-859, 861, 863-864, 866, 868, 870-871, 875, 880-881, 884, 888, 899, 902, 906, 919, 926-927, 929, 934-935, 937-938, 939, 942, 952-953, 961, 963, 965, 971, 988, 992, 996 sowie BWV Ahn. 114, 116, 122, 126, 130-132, 180. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die folgenden Klavierschulen von J.

S. BACH: „Kleine Präludien und Fughetten“, „Inventio und Sinfonia“, „Das Wohltemperierte Klavier Teil I und II“, „Französische Suiten“, „Englische Suiten“ und „Partita“. Sie werden in der Abb. 32 nach der Verwendungshäufigkeit statistisch dargestellt.

Abb. 32: Übersicht der verwendeten Klavierschulen

von J. S. BACH in den RS

Daraus ist es zu ersehen, dass die „Inventionen und Sinfonien“ und „Das Wohltemperierte Klavier“ mit 51% den größten Anteil an der Gesamtanzahl der

BACH`schen Klavierschulen stellen.

Die Tabelle 46 gibt einen Überblick der 12 Bachwerke, die in mehr als 6 RS zum Einsatz kommen.

146 Einsatz in … (Anzahl) der BWV Titel RS 784 Inventio 13 13 793 Sinfonia 07 09 800 Sinfonia 14 09 Das 847 Wohltemperierte 08 Fuga Klavier Teil I Nr. 02 - Fuga 777 Inventio 06 08 794 Sinfonia 08 08 774 Inventio 03 07 779 Inventio 08 07 785 Inventio 14 07 Kleine Präludien und Fughetten 927 07 für Klavier - Fuge 798 Sinfonia 12 07 780 Inventio 09 06

Tabelle 46: Überblick der am häufigsten verwendeten Musikwerke von BACH in den RS

Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass die Inventio BWV 784 zu den beliebtesten Bachwerken in den Prüfungsinstituten zählt. Der folgenden Tabelle ist zu entnehmen, dass Prüfungsinstitute dieses Werk unterschiedlich einstufen. Das bedeutet in der Praxis, dass z. B. die Kandidaten in Abhängigkeit vom Prüfungsinstitut und der jeweiligen RS die Inventio 13 in unterschiedlichen Zeiträumen beherrschen müssen: Für die Schwierigkeitsstufe 5 sind 5 Jahre vorgesehen und 7 Jahre für die Schwierigkeitsstufe 7. Das Fehlen eines unter den Prüfungsinstituten abgestimmten einheitlichen Bewertungssystems führt dadurch ungerechterweise u. a. auch zu unterschiedlichen Leistungsbescheinigungen wegen unterschiedlicher Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Kandidaten.

147

Prüfungsinstitut Erscheinungszeit Schwierigkeitsstufe RS-Höchststufe 303 CMH 12.1999 6 9 CMH 04.2005 6 9 CMH 07.2005 5 9 CMV 12.1990 5 10 CMV 11.1999 5 10 SHMV 04.2003 5 10 MHSH 06.2003 6 10 PAHB 05.2005 5 10 PVGD 09.1990 7 10 PVGD 09.1991 7 10 PVGD 06.2002 6 10 ZMH 07.2000 5 9 ZMH 01.2002 5 9

Tabelle 47: Die verschiedenen Prüfungsinstitute mit ihren Höchststufen und ihre unterschiedlichen Schwierigkeitseinstufungen in den RS für das BWV 784

Bei näherer Betrachtung der Tabelle 47 kommt man zu folgenden Erkenntnissen: Die unterschiedliche Einstufung der Schwierigkeitsgrade steht hauptsächlich im Zusammenhang a) mit den jeweiligen Prüfungsinstituten und den unterschiedlichen Erscheinungsjahrgängen ihrer RS: In den veröffentlichten RS vom CMV 1990, 1999, vom ZMH 2000, 2002, vom SHMV 2003, vom PAHB 2005 und vom CMH 2005 wurde das BWV 784 in der Schwierigkeitsstufe 5 eingeordnet, aber in den RS vom CMH 1999, vom PVGD 2002, vom MHSH 2003 und vom CMH 2005 bereits in Stufe 6 und in den RS vom PVGD 1990, 1991 sogar in Stufe 7. b) mit den verschiedenen Prüfungsinstituten und ihren RS innerhalb eines Jahrgangs: Im RS-Jahrgang 1990 vom PVGD und CMV wurde das BWV 784 in der Schwierigkeitsstufe 7 bzw. Stufe 5 eingeordnet, im RS-Jahrgang 1999 vom CMV und CMH in Stufe 5 bzw. 6, im RS-Jahrgang 2002 vom ZMH und PVGD in Stufe 5 bzw. 6, im RS-Jahrgang 2003 vom SHMV in Stufe 5 bzw. 6 und im RS-Jahrgang 2005 vom CMH und PAHB in Stufe 6 bzw. 5 . c) mit Neubewertungen innerhalb eines Prüfungsinstitutes:

303 S. Abkürzungen. 148 In der RS des CMH befindet sich das BWV 784 im April 2005 noch in der Schwierigkeitsstufe 6, aber bereits im Juli 2005 nur noch in Stufe 5. Die RS des PVGD der Jahre 1990 und 1991 führen das Werk noch in der Stufe 7, aber im Jahr 2002 nur noch in der Stufe 6.

Auch die unterschiedlichen RS-Höchststufen führen sicherlich zu einer unterschiedlichen Schwierigkeitseinstufung. Selbst innerhalb von RS mit der Höchststufe 10 bestehen Ratingabweichungen mit einer Bandbreite zwischen Stufe 5 bis 7.

Um aufzuzeigen, wie Prüfungsinstitute die einzelnen Werke einstufen, inkl. der damit verbundenen Lernzeit der Kandidaten, sind in der Tabelle 48 die Ergebnisse aus den 304 Untersuchungen von 58 RS mit 93 BACH-Werken aufgelistet. Dazu noch folgende Erklärungen: Die von den Prüfungsinstituten überwiegend vorgegebene Schwierigkeitsstufe, ist in der entsprechenden Spalte mit einer herausgehobenen Zahl gekennzeichnet. Die Aufstellung beginnt mit der Stufe 1 und endet mit der Stufe 10. Daneben befindet sich eine nicht markierte Zahl, die anzeigt, dass in den verschiedenen RS ein bestimmtes Musikwerk höher oder niedriger eingestuft wurde. Die unterhalb der entsprechenden Schwierigkeitsstufen aufgeführten Zahlen 9 und 10 beziehen sich auf die Höchststufen in den jeweiligen RS. Die Zahl 19 zeigt an, dass ein Werk in der RS-Höchststufe 10 und 9 geführt wurde. Beispielsweise lässt sich das dritte Werk in der Stufe 4 wie folgt erklären: Die Inventio BVW 775 ist in den RS mit den Höchststufe 9 und 10 überwiegend der Schwierigkeitsstufe 4 zugeordnet. In anderen RS mit der Höchststufe 10 wird sie schon mit Schwierigkeitsstufe 5 bewertet.

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 1 2 Anh. 114 Menuett G-Dur 10 10

304 Die in den RS verwendeten Musikwerke bestehen oft aus 2 Sätzen, so dass die Tabelle insgesamt 135 Werke/Sätze enthält. 149

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 1 2 Anh. 114 Menuett G-Dur 10 10

Anh. 116 Clavierbüchlein der Anna Magdalena BACH 1725 - Menuett G- 10 Dur

Anh. 131 Clavierbüchlein der Anna Magdalena BACH 1725 – Aria F-Dur 19

Anh. 132 Clavierbüchlein der Anna Magdalena BACH 1725 - Menuett d- 19 moll

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 3 4

Anh. 122 Clavierbüchlein der Anna Magdalena BACH 1725 - March D-Dur 9

Anh. 130 Clavierbüchlein der Anna Magdalena BACH 1725 – Polonaise G - Dur 19 772 Inventio 1 9 10 808 Gavotte I Englische Suiten – III 9 815 Gavotte (IV) Französische Suiten – Suite IV – Es Dur - BWV 815 - Gavotte (IV) 10 817 Menuett (VII) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 836 Zwei Allemanden (g-moll) – aus „Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann BACH“ 9 9 939 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Zwölf kleine Präludien oder Übungen für Anfänger - Fuge 10 996 Bourrée Suite – e-moll 10

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 3 45 6

Ahn. 126 Clavierbüchlein der Anna Magdalena BACH 1725 - Musette D-Dur 9 772 Inventio 1 9 10 775 Inventio 4 19 10 813 Air (IV) Französische Suiten – II – BWV 813 – Air (IV) – c moll 10 10 813 Menuett (V) Französische Suiten – II – BWV 813 – Menuett (V) 10 814 Anglaise (V) Französische Suiten – III – BWV 814 – Anglaise (V) – h-moll 10 10 816 Gavotte (IV) Französische Suiten – Suite V – G-Dur 9 820 Bourrée Ouverture (Suite) F-Dur – aus „Vermischte Werke für Klavier zu zwei Händen“ 10 827 Scherzo Sechs Partiten – Partita III 10 10 836 Zwei Allemanden (g-moll) – aus „Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann BACH“ 9 9 926 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Zwölf kleine Präludien oder Übungen für Anfänger - Fuge 10 927 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Zwölf kleine Präludien oder Übungen für Anfänger - Fuge 10 934 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Sechs kleine Präludien für Anfänger - Fuge 10 935 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Sechs kleine Präludien für Anfänger - Fuge 19 938 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Sechs kleine Präludien für Anfänger - Fuge 19 10 942 Kleine Präludien Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Zwölf kleine Präludien oder Übungen für Anfänger - Fuge 10 965 Adagio (III) Sonate a-moll – nach der Sonata I in Jan Adams Reinkens “Hortus musicus” – Adagio (III) 10

150

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 4 5678 773 Inventio 2 10 19 774 Inventio 3 919 775 Inventio 4 19 10 779 Inventio 8 10 10 10 781 Inventio 10 19 19 784 Inventio 13 19 19 10 785 Inventio 14 19 786 Inventio 15 10 10 813 Air (IV) Französische Suiten – II – BWV 813 – Air (IV) – c moll 10 10 813 Courante (II) Französische Suiten – II – BWV 813 – Courante (II) – c moll 9 910 815 Courante (II) Französische Suiten – Suite IV – Es Dur - BWV 815 – Courante (II) 10 816 Bourrée (V) Französische Suiten – Suite V – G-Dur 10 817 Gigue (VIII) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 19 19 824 Courante Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann BACH – Suite A Dur (G. Ph. Telemann) 10 827 Scherzo Sechs Partiten – Partita III 10 10 902 Fughetta Kleine Fugen und Präludien mit Fughetten – Prälusium und Fughetta G Dur 10

929 Präludium Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann BACH – Partia di Signore Steltzeln mit Menuett – Trio 9 937 aus sechs klaine Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Sechs kleine Präludien für Anfänger - Fuge - BWV 937 19 Präludien 938 kleine Präludium Kleine Präludien und Fughetten für Klavier – Sechs kleine Präludien für Anfänger - Fuge 19 10

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 4 5 6 7 8 9 773 Inventio 2 10 19 774 Inventio 3 9 19 777 Inventio 6 BWV 777 19 10 779 Inventio 8 10 10 10 780 Inventio 9 BWV 780 10 781 Inventio 10 19 19 782 Inventio 11 BWV 782 19 784 Inventio 13 19 19 10 786 Inventio 15 10 10 787 Sinfonia 01 BWV 787 19 10 801 Sinfonia 15 BWV 801 9 10 807 Gigue (VI) Englische Suiten – Suite II – a moll - BWV 807 –Gigue (VI) 10 19 807 Bourrée (I) Englische Suiten – Suite II – a moll - BWV 807 – Bourrée (I) 10 813 Sarabande (III) Französische Suiten – II – BWV 813 – Sarabande (III) 10 814 Anglaise (V) Französische Suiten – III – BWV 814 – Anglaise (V) – h-moll 10 10 817 Allemande (I) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 10 10 817 Courante (II) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 10 817 Bourrée (VI) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 899 Fughetta Präludium und Fughetta - d-moll - Fughetta - BWV 899 10 919 Fantasia – BWV 919 – c-moll 10 961 Fughetta Kleine Präludien und Fughetten für Klavier - Kleine zweistimmige Fughetta - BWV 961 19

151

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 5 6 7 8 9 779 Inventio 8 10 10 10 784 Inventio 13 19 19 10 787 Sinfonia 01 BWV 787 19 10 788 Sinfonia 02 BWV 788 9 10 789 Sinfonia 03 BWV 789 9 10 10 792 Sinfonia 06 BWV 792 19 10 793 Sinfonia 07 BWV 793 9 10 794 Sinfonia 08 BWV 794 10 10 795 Sinfonia 09 BWV 795 10 796 Sinfonia 10 BWV 796 10 19 797 Sinfonia 11 BWV 797 10 19 801 Sinfonia 15 BWV 801 9 10 810 Allemande (II) Englische Suiten – Stuie V – e moll - BWV 810 – Allemande (II) 10 813 Courante (II) Französische Suiten – II – BWV 813 – Courante (II) – c moll 9 9 10 814 Sarabande (III) Französische Suiten – III – BWV 814 – Sarabande (III) 10 816 Courante (II) Französische Suiten – Suite V – G-Dur 19 817 Gigue (VIII) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 19 19 817 Allemande (I) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 10 10 817 Courante (II) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 10 825 Sechs Partiten – Partita 1 – B Dur - BWV 825 – Allemande (II) 10 826 Rondeaux (V) Sechs Partiten – Partita II – c moll – BWV 826 – Rondeaux (V) 10 19 829 Passepied (VI) Sechs Partiten – Partita V – BWV 829 – Passepied (VI) – G Dur 10 868 Präludium Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 23 - BWV 868 10 952 Fuge Kleine Fugen und Präludien mit Fughetten - Fuge C-dur - BWV 952 10 988 Variatio 1 Aria mit 30 Veränderungen (Goldberg Variationen) - BWV 988 – Variatio 1 10

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 5 6 7 89 777 Inventio 6 BWV 777 19 10 788 Sinfonia 02 BWV 788 9 10 789 Sinfonia 03 BWV 789 9 10 10 790 Sinfonia 04 BWV 790 19 10 792 Sinfonia 06 BWV 792 19 10 793 Sinfonia 07 BWV 793 9 10 794 Sinfonia 08 BWV 794 10 10 796 Sinfonia 10 BWV 796 10 19 797 Sinfonia 11 BWV 797 10 19 798 Sinfonia 12 BWV 798 10 799 Sinfonia 13 BWV 799 19 800 Sinfonia 14 BWV 800 19 10 810 Gigue (VI) Englische Suiten – Stuie V – e moll - BWV 810 – Gigue (VI) 10 10 811 Gavotte I, II Englische Suiten – Suite VI – d-moll - BWV 811 – Gavotte I, II 10 813 Courante (II) Französische Suiten – II – BWV 813 – Courante (II) – c moll 9 9 10 815 Gigue (VI) Französische Suiten – Suite IV – Es Dur - BWV 815 – Gigue (VI) 10

152 816 Allemande (I) Französische Suiten – Suite V – G-Dur 10 817 Gigue (VIII) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 19 19 817 Allemande (I) Französische Suiten – Suite VI - E-Dur 10 10 10 825 Corrente (III) Sechs Partiten – Partita 1 – B Dur - BWV 825 – Corrente (III) 10 10 829 Allemande (II) Sechs Partiten – Partita V – BWV 829 – Allemande (II) – G Dur 10 855 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 10 - BWV 855 10 859 Präludium Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 14 - BWV 859 10 863 Präludium Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 18 - BWV 863 10 864 Präludium Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 19 - BWV 864 10 899 Präludium Präludium und Fughetta - d-moll - Präludium - BWV 899 10 953 Fuge Aus dem Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann BACH - Fuge – C Dur - BWV 953 10 10

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 6 7 8 910 Anh. 180 Fuge d-moll - BWV Anh. 180 von Johann Peter kellner 10 789 Sinfonia 03 BWV 789 9 10 10 790 Sinfonia 04 BWV 790 19 10 800 Sinfonia 14 BWV 800 19 10 807 Gigue (VI) Englische Suiten – Suite II – a moll - BWV 807 –Gigue (VI) 10 19 809 Gigue (VI) Englische Suiten – Suite IV – F Dur - BWV 809 – Gigue (VI) 10 810 Gigue (VI) Englische Suiten – Stuie V – e moll - BWV 810 – Gigue (VI) 10 10 816 Gigue (VII) Französische Suiten – Suite V – G-Dur 10 825 Corrente (III) Sechs Partiten – Partita 1 – B Dur - BWV 825 – Corrente (III) 10 10 825 Präludium (I) Sechs Partiten – Partita 1 – B Dur - BWV 825 – Präludium (I) 10 826 Rondeaux (V) Sechs Partiten – Partita II – c moll – BWV 826 – Rondeaux (V) 10 19 847 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 02 - BWV 847 Fuga 10 10 851 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 06 - BWV 851 10 10 851 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 06 - BWV 851 19 10 854 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 09 - BWV 854 910 856 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 11 - BWV 856 10 856 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 11 - BWV 856 10 10 858 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 13 - BWV 858 - Fuga 10 10 858 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 13 - BWV 858 19 10 870 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 01 - BWV 870 10 875 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 06 - BWV 875 10 881 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 12 - BWV 881 10 881 Präludium Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 12 - BWV 881 9 881 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 12 - BWV 881 9 884 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 15 - BWV 884 9 884 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 15 - BWV 884 19 888 Präludium Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 19 - BWV 888 10 906 Fantasia Fantasie (und Fuge) - c moll - BWV 906 - Fantasia 9 953 Fuge Aus dem Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann BACH - Fuge – C Dur - BWV 953 10 10

153

Schwierigkeitsstufe BWV Titel des Werkes oder der Klavierschule 9 10 826 Capriccio (VI) Sechs Partiten – Partita II – c moll – BWV 826 – Capriccio (VI) 10 847 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 02 - BWV 847 Fuga 10 10 847 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 02 - BWV 847 10 851 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 06 - BWV 851 10 10 851 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 06 - BWV 851 19 10 852 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 07 - BWV 852 10 854 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 09 - BWV 854 10 854 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 09 - BWV 854 9 10 856 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 11 - BWV 856 10 10 858 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 13 - BWV 858 - Fuga 10 10 858 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 13 - BWV 858 19 10 861 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 16 - BWV 861 10 866 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil I – Präludium und Fuga Nr. 21 - BWV 866 10 870 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 01 - BWV 870 10 871 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 02 - BWV 871 10 875 Präludium und Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 06 - BWV 875 10 880 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 11 - BWV 880 10 888 Fuga Das Wohltemperierte Klavier Teil II – Präludium und Fuga Nr. 19 - BWV 888 10 963 Sonata D-Dur – BWV 963 – Thema all´ Imitatio Gallina Cucca 10 971 Presto Italienisches Konzert – F Dur - BWV 971 - Presto 10 992 Fuga (VI) Capriccio – sopra la lontananza del suo fratello dilettissiomo – B-Dur – BWV 992 – Fuga (VI) 10 all'imitazione della cornetta di postiglione

Tabelle 48: Verteilung der Schwierigkeitsstufen der in den untersuchten RS verwendeten Musikwerke

von BACH.

Daraus ist zu ersehen, dass die Musikwerke aus der Klavierschule „Clavierbüchlein der Anna Magdalena Bach 1725“ in den RS in die Schwierigkeitsstufe 1 bis 4 eingeordnet wurde (hauptsächlich Stufe 2-3), die Klavierschule „Kleine Präludien und Fughetten“ in die Schwierigkeitsstufe 3-5 (hauptsächlich Stufe 4-5), die Klavierschule „Inventio und Sinfonia“ in die Schwierigkeitsstufe 5-8 (Inventio Stufe 3-8, hauptsächlich Stufe 5-6 und Sinfonien Stufe 6-9, hauptsächlich Stufe 7-8) und die Klavierschule „Das Wohltemperierte Klavier“ in die Schwierigkeitsstufe 8-10 (hauptsächlich Stufe 9-10). Die Sätze aus den Suiten und Partiten wurden in die Schwierigkeitsstufe 3 bis 10 eingeordnet. Hier werden fast alle Klavierschulen von

BACH verwendet. Sein großer Einfluss auf die chinesische Klavierpädagogik bewirkt, dass sich seine Werke als Lehr- und Lernmaterial wie ein roter Faden durch sämtliche RS ziehen und dadurch den alltäglichen Klavierunterricht geprägt haben.305

305 Vgl. S. 190 ff. 154 6.3 Die in den RS verwendeten Musikwerke von C. CZERNY und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen

In den untersuchten RS fanden 107 Etüden von C. CZERNY 280-mal Verwendung. Sie betreffen im Einzelnen folgende 13 Klavierschulen: 21 Etüden aus Op. 299, 19 Etüden aus Op. 740, 14 Etüden aus Op. 599, 13 Etüden aus Op. 849, 9 Etüden aus Op. 748, jeweils 8 Etüden aus Op. 139 und 636, 5 Etüden aus Op. 718, 4 Etüden aus Op. 823, jeweils 2 Etüden aus Op. 453 und 750, sowie jeweils 1 Etüde aus Op. 777 und 784. Den Hauptanteil (fast 60%) bilden die 64 Etüden aus den vier Klavierschulen Op. 299, 740, 599 und 849 (s. Abb. 33).

Abb. 33: Die in den RS verwendeten Etüden von

CZERNY

Die folgende Tabelle enthält die in den RS am meisten aufgeführten Etüden von

CZERNY

Verwendungshäufigkeit Werkverzeichnis 07 Op. 599 Nr. 57 der Werke 09 Op. 299 Nr. 33 07 Op. 740 Nr. 03 08 Op. 299 Nr. 12 06 Op. 299 Nr. 24 08 Op. 299 Nr. 15 06 Op. 299 Nr. 31 08 Op. 740 Nr. 41 06 Op. 636 Nr. 06 07 Op. 299 Nr. 19 05 Op. 299 Nr. 14

Tabelle 49: Die häufig verwendeten Etüden von CZERNY

Das Untersuchungsergebnis hinsichtlich der Einstufung nach Schwierigkeitsgraden innerhalb der verschiedenen RS wird in den folgenden Tabellen dargestellt

(Tabellenerklärung s. S. 149).

155 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Klavierschule 1 Klavierschule 3 4 5 6 Op. 139 Nr. 24 10 Op. 139 Nr. 100 10 10 Op. 139 Nr. 40 10 Op. 299 Nr. 12 10 10 10 Op. 599 Nr. 19 9 Op. 453 Nr. 109 10 Op. 599 Nr. 20 19 Op. 453 Nr. 55 10 Op. 750 Nr. 15 10 Op. 636 Nr. 06 9 19 Op. 777 Nr. 08 10 Op. 636 Nr. 23 10 10 Op. 823 Nr. 13 10 Op. 718 Nr. 01 10 10 Op. 823 Nr. 37 10 Op. 718 Nr. 05 19 Etüde* 10 Op. 718 Nr. 16 10 10 Etüde* 10 Op. 748 Nr. 01 10 Etüde* 10 Op. 748 Nr. 07 10 Etüde* 10 Op. 748 Nr. 12 10 Etüde* 10 Op. 849 Nr. 05 10 Etüde* 10 Op. 849 Nr. 11 10 10 Op. 849 Nr. 12 19 Op. 849 Nr. 14 10 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Op. 849 Nr. 15 9 10 Klavierschule 2 Op. 849 Nr. 16 10 Op. 139 Nr. 19 10 Op. 849 Nr. 21 10 10 Op. 139 Nr. 36 9 Op. 849 Nr. 23 10 10 Op. 599 Nr. 29 10 Op. 849 Nr. 25 10 19 Op. 599 Nr. 38 10 Op. 849 Nr. 30 10 Op. 599 Nr. 45 19 Etüde* 10 Op. 599 Nr. 56 10 Etüde* 10 Op. 599 Nr. 57 19 Op. 599 Nr. 59 10 Op. 599 Nr. 63 10 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Op. 599 Nr. 68 10 Klavierschule 4 5 6 7 Op. 823 Nr. 38 10 Op. 299 Nr. 11 19 19 Op. 823 Nr. 45 10 Op. 299 Nr. 12 10 10 10 Etüde* 10 Op. 299 Nr. 15 10 19 10 Op. 299 Nr. 19 10 19 Op. 636 Nr. 06 9 19 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Op. 636 Nr. 15 19 Klavierschule 3 4 Op. 718 Nr. 08 10 Op. 139 Nr. 100 10 10 Op. 718 Nr. 16 10 10 Op. 139 Nr. 53 10 Op. 748 Nr. 03 10 Op. 139 Nr. 95 10 Op. 748 Nr. 11 10 Op. 139 Nr. 98 10 Op. 748 Nr. 13 10 Op. 599 Nr. 64 10 Op. 748 Nr. 19 9 Op. 599 Nr. 70 10 Op. 748 Nr. 21 9 10 Op. 599 Nr. 80 10 Op. 784 Nr. 21 9 Op. 636 Nr. 05 19 Op. 849 Nr. 11 10 10 Op. 718 Nr. 01 10 10 Op. 849 Nr. 13 10 Op. 750 Nr. 86 10 Op. 849 Nr. 15 9 10 Op. 849 Nr. 06 19 Op. 849 Nr. 21 10 10

156 Op. 849 Nr. 23 10 10 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Op. 849 Nr. 25 10 19 Klavierschule 6 7 8 9 Op. 849 Nr. 26 19 Op. 299 Nr. 24 10 9 19 Etüde* 10 Op. 299 Nr. 31 10 10 Etüde* 10 Op. 299 Nr. 33 10 19 10 Op. 299 Nr. 36 10 Op. 299 Nr. 39 10 10 Titel des Werkes oder Schwierigkeitstufe Op. 740 Nr. 03 19 der Klavierschule 4 5 6 7 8 Op. 740 Nr. 06 9 Op. 299 Nr. 03 10 Op. 740 Nr. 07 19 Op. 299 Nr. 06 10 Op. 740 Nr. 10 10 Op. 299 Nr. 09 10 Op. 740 Nr. 11 10 10 Op. 299 Nr. 11 19 19 Op. 740 Nr. 14 10 10 Op. 299 Nr. 12 10 10 10 Op. 740 Nr. 17 19 Op. 299 Nr. 14 19 Op. 740 Nr. 20 10 Op. 299 Nr. 15 10 19 10 Op. 740 Nr. 21 10 Op. 299 Nr. 16 10 Op. 740 Nr. 23 10 10 Op. 299 Nr. 22 9 Op. 740 Nr. 24 10 Op. 299 Nr. 23 10 19 Op. 740 Nr. 37 10 10 Op. 299 Nr. 24 10 9 19 Op. 740 Nr. 41 19 19 Op. 299 Nr. 29 10 19 Op. 740 Nr. 42 10 Op. 299 Nr. 31 10 10 Op. 740 Nr. 44 19 10 Op. 299 Nr. 33 10 19 10 Op. 636 Nr. 10 19 Op. 636 Nr. 11 19 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Op. 636 Nr. 12 10 Klavierschule 8 9 Op. 636 Nr. 19 10 Op. 740 Nr. 11 10 10 Op. 636 Nr. 23 10 10 Op. 740 Nr. 12 10 Op. 718 Nr. 17 10 Op. 740 Nr. 14 10 10 Op. 748 Nr. 15 9 Op. 740 Nr. 16 10 Op. 748 Nr. 21 9 10 Op. 740 Nr. 23 10 10 Op. 740 Nr. 31 19 Op. 740 Nr. 41 19 19 Titel des Werkes oder der Schwierigkeitstufe Op. 740 Nr. 44 19 10 Klavierschule 5 6 7 8 Op. 740 Nr. 49 19 Op. 299 Nr. 13 10 Op. 299 Nr. 15 10 19 10 Tabelle 50: Verteilung der Schwierigkeitsstufen der in den RS Op. 299 Nr. 18 10 verwendeten Etüden von CZERNY Op. 299 Nr. 19 10 19 Op. 299 Nr. 23 10 19 Op. 299 Nr. 24 10 9 19 Op. 299 Nr. 27 10 Op. 299 Nr. 28 10 Op. 299 Nr. 29 10 19 Op. 299 Nr. 33 10 19 10 Op. 299 Nr. 39 10 10 Op. 740 Nr. 37 10 10

157 Daraus ist ersichtlich, dass die Etüden von CZERNY von Chinas Klavierpädagogen

eine sehr starke Berücksichtigung erfahren. Beinahe alle Klavierschulen von CZERNY finden in den RS Verwendung, die zudem in jeder Schwierigkeitsstufe vertreten sind, wie z. B. in der Stufe 1 bis 3 die Klavierschule 599, in der Stufe 3 bis 5 die Klavierschule 849, in der Stufe 4 bis 8 die Klavierschule 299 und in der Stufe 8-10 die Klavierschule 740. Das Einstudieren dieser Etüden begleitet die Klavierschüler während der gesamte Lernzeit, vom Kind bis zum Erwachsenen.

6.4 Die in den RS verwendeten Musikwerke von chinesischen Komponisten und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen Die vielfache Verwendung der chinesischen Musikwerke in den RS betrachten chinesische Musikpädagogen als eine wichtige Förderung zur Verbreitung des traditionellen kulturellen Erbes. 306 . Die Verwendungshäufigkeit der chinesischen Musikwerke in den untersuchten RS betrug 629-mal, und somit 16.31% von allen gelisteten 3845 Musikwerken (s. a. Abb. 30). Insgesamt sind davon 291 chinesische Musikwerke und 132 chinesische Komponisten betroffen (5 Werke sind in den RS als “Anonym“ gekennzeichnet). Wie in der folgenden Abbildung dargestellt wird, kommen davon 62% auf komponierte Musik und 38% auf Arrangements von Volksliedern, traditioneller Musik und von einigen europäischen Musikwerken.

Abb. 34: Das Verhältnis der komponierten chinesischen Klavierwerke zu den Arrangements

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die chinesischen Komponisten von Klavierwerken, die in den untersuchten RS sehr oft verwendet werden ohne Berücksichtigung der jeweiligen Anzahl der komponierten Werke: Z. B. kommen die

Kompositionen von CHEN Peixun 26-mal zum Einsatz, obwohl er lediglich 5 Klavierwerke komponierte.

306 FU Qiu: On Art Level Examination as an Important Way to Inherit Contemporary Traditional Culture, in: Journal of Zhejiang Vocational Academy of Art, Hangzhou, 06/ 2008, S. 106-110. 159

Verwendungshäufigkeit Komponist der Werke

53 LI Yinghai (1927-2007) 黎英海

37 DING Shande (1911-1995) 丁善德

35 WANG Jianzhong (1933-) 王建中

26 CHEN Peixun (1922-2006) 陈培勋

21 HUANG Huwei (1932-) 黄虎威

21 WANG Zhenya (1922-) 王震亚

20 TAN Dun (1957-) 谭盾

19 DU Mingxin (1928-) 杜鸣心

17 HE Luting (1903-1999) 贺绿汀 Tabelle 51: Verwendungshäufigkeit von 11 15 LI Chongguang (1929-) 李重光 chinesischen Komponisten in den RS 15 SANG Tong (1923-) 桑桐

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick, wie viele Musikwerke in den untersuchten RS von einem chinesischen Komponisten verwendet wurden, ohne eine Aussage über

die Verwendungshäufigkeit zu treffen: z. B. sind die 6 Klavierwerke von GE Deyue in den RS nur selten eingesetzt worden.

Anzahl der Musikwerke Komponist

21 LI Yinghai (1927-2007) 黎英海

13 DING Shande (1911-1995) 丁善德

10 WANG Jianzhong (1933-) 王建中

09 HUANG Huwei (1932-) 黄虎威

07 LI Chongguang (1929-)李重光

06 WANG Zhenya (1922-) 王震亚 Tabelle 52: Anzahl der in den untersuchten RS 06 TAN Dun (1957-) 谭盾 verwendeten Musikwerke der chinesischen 06 CHEN Mingzhi (1925-2009) 陈铭志 Komponisten 06 GE Deyue (1932-) 葛德月

Nachdem die Daten der obigen beiden Tabellen zusammengestellt wurden, ist in der

folgenden Tabelle zu bemerken, dass die Kompositionen von LI YINGHAI sowohl die Anzahl der in den RS verwendeten Musikwerke als auch ihre Verwendungshäufigkeit den ersten Platz belegen. In der folgenden Tabelle sind die chinesischen Musikwerke aufgeführt, die von den erwähnten Komponisten im 20. Jahrhundert komponierten wurden und in der Klavierausbildung Chinas am meisten zum Einsatz kamen.

160

Verwendungshäufigkeit Anzahl der Musikwerke Komponist der Werke

53 21 LI Yinghai (1927-2007) 黎英海 37 13 DING Shande (1911-1995) 丁善德 Tabelle 53: 35 10 WANG Jianzhong (1933-) 王建中 Verwendungshäufigkeit und 21 09 HUANG Huwei (1932-) 黄虎威

21 06 WANG Zhenya (1922-) 王震亚 Anzahl der in den untersuchten

20 06 TAN Dun (1957-) 谭盾 RS verwendeten Musikwerke 19 05 DU Mingxin (1928-) 杜鸣心 von chinesischen Komponisten 15 07 LI Chongguang (1929-) 李重光

In der Tabelle 54 sind 10 chinesische Klavierwerke mit ihren Schwierigkeitsstufen aufgeführt, die im Vergleich zu anderen chinesischen Kompositionen in den RS sehr häufig eingesetzt wurden.307

Verwendungs- Komponiert Schwierigkeitstufe Titel häufigkeit der oder nicht Komponist Werke 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Goldene Gedenktafel sticken (Volkslied aus dem Norden der Provinz Shaanxi) 13 Arrangement WANG Jianzhong (1933-) 王建中 10 19 绣金匾 陕北民歌 The Street Merchant (Kantoner Komponierte Musik) 陈培勋 11 Musik 1952 CHEN Peixun (1922-2006) 19 10 10 卖杂货 广东小调 Buffalo Boys Little Flute Komponierte 贺绿汀 牧童短笛 11 Musik 1934 HE Luting (1903-1999) 19 10 10 Das Versteckspiel (aus der Komponierte Klaviersuite Fröhliche Festtage) 丁善德 08 Musik 1953 DING Shande (1911-1995) 10 10 捉迷藏 《快乐的节日》 Der Pfau (aus der Klaviersuite Komponierte Der Zoo) 黎英海 08 Musik 1986 LI Yinghai (1927-2007) 9 10 10 孔雀 选自组曲 动物园 Feier der Befreiung (aus der Klaviersuite Geschichten der Komponierte 黎英海 Großmutter) 08 Musik LI Yinghai (1927-2007) 19 10 庆翻身 组曲《老祖母故事》 Geschichten der Mutter zuhören (aus der Klaviersuite Komponierte Remembrance) 谭盾 08 Musik 1978 TAN Dun (1957-) 19 10 听妈妈讲故事 《忆——八幅水 彩画的回忆》 Thundering in a dry season Komponierte (Kantoner Musik) 陈培勋 07 Musik CHEN Peixun (1922-2006) 1019 旱天雷 广东音乐 The Joyful Shepherd Boy (Von SHI FU bearbeitet nach dem kasachischen gleichnamigen 07 Arrangement HUANG Huwei (1932-) 黄虎威 10 10 Volkslied aus Xinjiang) 欢乐的牧童 Children's dance Komponierte 桑桐 孩子的舞蹈 07 Musik SANG Tong (1923-) 10 10 Tabelle 54: Die in den untersuchten RS häufig verwendeten chinesischen Klavierwerke und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen.

Ein in 8 RS eingesetztes und in den unteren Schwierigkeitsstufen 1, 2 oder 3

eingeteiltes Musikwerk heißt „Pfau“ von LI Yinghai (1927-2007). Es ist in China ein sehr beliebtes Stück aus der im Jahr 1986 komponierten Suite „Zoo“, das ein wichtiges Musikelement aus der Volksmusik der Provinz Yunnan enthält (s. Abb. 35).

307 Tabellenerklärung s. S. 149. 161

Drei häufig in den RS in der Schwierigkeitsstufe 4 oder 5 eingeteilte Musikwerke sind

„Feier der Befreiung“ aus der von LI Yinghai komponierten Suite „Geschichten der

Großmutter“, „Geschichten der Mutter zuhören“ aus der von TAN Dun (1957-) im

Jahr 1978 komponierten Suite „Remembrance“ und das von SANG Tong (1923-) komponierte „Children's dance“. Drei häufig in der Stufe 6, 7 oder 8 wieder zu

findende Musikwerke sind die von HE Luting in 1934 komponierte “Buffalo Boys

Little Flute“, das „Versteckspiel“ aus der von DING Shande im Jahr 1953 komponierten Suite „Fröhliche Festtage“ und das Arrangement „The Joyful Shepherd

Boy“ von HUANG Huwei, einem gleichnamigen Volkslied aus dem autonomen

Regionalgebiet Xinjiang, das bereits vom SHI FU bearbeitet wurde. Drei häufig in der

Stufe 7, 8 oder 9 wieder zu findende Musikwerke sind zwei von CHEN Peixun mit den Kompositionselementen der Musik von Kanton komponierte Stücke „Thundering in a dry season“, das von ihm im Jahr 1952 komponierte „The Street Merchant“, sowie

das am häufigsten verwendete Musikwerk „Goldene Gedenktafel sticken“ von WANG Jiangzhong (nach einem gleichnamigen Volkslied aus Shanbei im Norden der Provinz Shaanxi).

162

Der Pfau aus der Klaviersuite Der Zoo

Abb. 35: „Pfau“ aus der Suite „Zoo“308

In den folgenden Tabellen sind die chinesischen Musikwerke in der Reihenfolge ihrer Schwierigkeitsstufen und die mit ihr verbundene Verwendungshäufigkeit dargestellt. In der Regel sind in den RS die Klavierwerke der Stufe 1 für das erste Lernjahr, Stufe

308 LI Yinghai: Pfau aus Suite Zoo, in: ZHOU Guangren (Hrsg.): PGT-RS der Zentral-Musikhochschule, Band I, Beijing, 2000, S. 77. 163

2 für das zweite Lernjahr usw. vorgesehen. Die chinesischen Musikwerke sind in jeder Schwierigkeitsstufe vertreten.309

Schwierigkeitstufe Titel Verwendungshäufigkeit der Werke Komponist 1 Ein kleiner Affe geht auf HAN Yuechun (1933-2000) dem Seil 06 19 小猴走钢丝 韩乐春 Spielzeug (aus fünf LI Chongguang Kinderlieder Nr. 1) 05 10 玩具 儿童小曲五首 Nr. 1 李重光 Haare mit einem roten Zopfband binden (aus WANG Zhenya (1922-) Oper The White Haired 04 10 Girl) 王震亚 扎红头绳 Lied aus Yimeng WANG Zhenya (1922-) (Shandonger Volkslied) 04 19 沂蒙民歌 山东民歌 王震亚 编曲 The Paper-Route Song NIE Er (1912-1935) (Allegretto) 03 9 卖报歌 Allegretto 聂耳 Etüde 03 GU Jialin (1929-) 9 练习曲 顾嘉林 Ein Luhua-Hahn 03 DING Shande (1911-1995) 10 芦花公鸡 丁善德 Yunnaner Festlampions 03 LI Yinghai (1927-) 19 云南花灯 黎英海 Der kleine Trommler 小鼓手 03 Anonym 19

Verwendungshäufigkeit Schwierigkeitstufe Titel Komponist der Werke 2

Der Pfau (aus der Klaviersuite Der LI Yinghai (1927-) Zoo) 05 19 孔雀 选自组曲 动物园 黎英海 Die Rote Armee erwarten- Volkslied LI Yinghai (1927-) aus Sichuan 04 19 盼红军四川民歌 黎英海 编曲 Tanz: Kinder überreichen Blumen JIN Aiping (1938-) / YAN Jinxuan (aus Oper The White Haired Girl) 03 9 儿童献花舞 芭蕾舞曲 白毛女 选曲 金爱平 编曲严金萱 等原曲 Blumen pflücken (Volkslied aus LI Yinghai (1927-) Sichuan) 03 19 采花 四川民歌 黎英海 编曲 Im Februar 03 WANG Zhenya (1922-) / XIAN Xinghai (1905-1945) 10 二月里来 王震亚 编曲冼星海 原曲 Berglied 03 LI Yinghai (1927-) 10 山歌 黎英海 Die Soldaten und das Volk 03 CHEN Mingzhi 10 子弟兵与老百姓 陈铭志

Verwendungshäufigkeit Schwierigkeitstufe Titel Komponist der Werke 3

Ein Schnipsel der ZHU Xiaoyu Beijing Oper 04 19 京剧小段 朱晓宇 Ausflug Volkslied aus LU Jia dem Nordosten Chinas 04 10 郊游 东北民歌 路珈 编曲 Tischtennis Variation 04 WANG Zhigang 10 乒乓变奏曲 王志刚 Chin. Azalee 03 DU Mingxin (1928-) 19 映山红 模仿复调 杜鸣心 编曲 傅庚辰 作曲 Tanz der Kinder (aus dem Ballet Red 03 ZHONG Hui / WU Zuqiang (1927-) / DU Mingxin (1928-) 19 Detachment of Women) 钟慧 编曲 儿童们的舞蹈 Langtrommeltanz der ZHANG Ming / LIU Tieshan / MAO Yuan Yao-Nationalität 03 19 瑶族长鼓舞 章鸣 编曲刘铁山 茅沅曲 Zwei kleine ZHU Zhu Tischtennisspieler 03 10 两个小乒乓球运动员 朱珠

309 Tabellenerklärung s. S. 149. 164

Schwierigkeitstufe Titel Verwendungshäufigkeit der Werke Komponist 4 Feier der Befreiung (aus der Klaviersuite LI Yinghai (1927-) Geschichten der Großmutter) 04 19 庆翻身组曲老祖母故事 选段 黎英海 Wettbewerb auf der Treppe 04 SONG Qiao 19 楼梯上的竞赛 宋乔 Tanz der Kinder 04 SANG Tong (1923-) 10 孩子的舞蹈 桑桐 Reiten auf dem Bambuspferd (aus die vier DENG Erjing Klavierwerke für Kinder Nr. 2) 04 10 骑竹马 邓尔敬 Henaner Melodie 03 LI Qifang (1937-) 9 河南曲牌 李其芳 编曲 Geschichten der Mutter zuhören (aus der TAN Dun (1957-) Klaviersuite Remembrance) 03 19 听妈妈讲故事 选自组曲忆 谭盾 Ins Grüne Op. 9 DING Shande (1911-1995) (aus der Kindersuite Fröhliche Feiertage) 03 19 郊外去 Op. 9 选自儿童组曲 快乐的节目 丁善德 Fröhlicher Tanz aus Guo 03 CHENG Yu 19 欢乐的锅庄跳起来 成羽 Tanzmusik (aus der Klaviersuite Sieben Werke mit Themen der Volksmusik) aus 03 SANG Tong (1923-) 10 nneren mongolainischen 桑桐 舞曲 选自 内蒙古民歌主题小曲七首 Im Wald 03 CHENG Yu 10 在森林中 成羽

Verwendungshäufigkeit Schwierigkeitstufe Titel Komponist der Werke 5

Das Lied vom Guerillakämpfer ? 05 LI Zhaozhen / HE Luting (1903-1999) 19 游击队之歌 李肇真 编曲 贺绿汀原曲 Geschichten der Mutter zuhören (aus TAN Dun (1957-) der Klaviersuite Remembrance) 05 10 听妈妈讲故事 选自组曲忆 谭盾 Party am Abend in Aba (Aus der Klaviersuite Sichuan in 04 HUANG Huwei (1932-) 9 Bildern) 黄虎威 阿巴夜会 选自组曲 巴蜀之画 Feier der Befreiung (aus der Klaviersuite Geschichten der 04 LI Yinghai (1927-) 10 Großmutter) 黎英海 庆翻身组曲老祖母故事 选段 Rotes Haarband (aus Oper The White JIANG Jing Haired Girl) 04 10 红头绳 江静编曲 Xintianyou (Shanxier Volkslied) 03 LU Aiyi 9 信天游 陕西民歌 陆蔼宜 编曲 Ball spielen (aus Klaviersuite Skizze der LI Yinghai (1927-) Akrobatik Nr. 4) 03 9 玩球选自杂技速写之四 黎英海 Tanzmusik (Sieben Arrangements aus Volksliedthemen der Inneren 03 SANG Tong (1923-) 19 Mongolei ) 桑桐 舞曲 选自 内蒙古民歌主题小曲七首 Theaterbesuch (aus Klaviersuite TAN Dun (1957-) Tagebuch eines Jungen) 03 19 看戏 选自“少年日记”-韩乐春编 谭盾 Der Wind aus dem Norden (aus Oper TAN Luxi / YAN Jinxuan The White Haired Girl) 03 19 北风吹 舞剧 白毛女 选曲 谭露茜 编曲严金萱 等原曲 Kleine Reihe 03 LIAO Shengjing 19 小小行列 廖胜京 Tanz der Kinder 03 SANG Tong (1923-) 10 孩子的舞蹈 桑桐

165

Verwendungshäufigkeit Schwierigkeitstufe Titel Komponist der Werke 6

Buffalo Boys Little Flute 06 HE Luting (1903-1999) 19 牧童短笛 贺绿汀 Tanz der Wasserpflanze (aus Ballett WU Zuqiang (1927-) & DU Mingxin (1928-) Meerjungfrau) 05 19 水草舞 舞剧 鱼美人 选曲 吴祖强、杜鸣心 Das Versteckspiel (aus der DING Shande (1911-1995) Klaviersuite Fröhliche Festtage) 04 10 捉迷藏 选自儿童组曲 快乐的节日 丁善德 曲 The Joyful Shepherd Boy (Von SHI FU bearbeitet nach dem kasachischen HUANG Huwei (1932-) gleichnamigen Volkslied aus 04 10 Xinjiang) 黄虎威 编曲 欢乐的牧童 Berglied 03 WANG Jianzhong (1933-) 19 山歌 王建中 Variation eines Volksliedes aus der WANG Zhenya (1922-) Inneren Mongolei 03 19 内蒙古民歌主题变奏曲 王震亚 Seilspringen (aus Fröhliche DING Shande (1911-1995) Feiertage) 03 10 跳绳 丁善德 Blaue Schlümpfe 03 WU Zhengwen 10 蓝精灵 伍正文 Fröhlich (aus der Klaviersuite TAN Dun (1957-) Erinnerungen) 03 10 欢 选自套曲 忆 谭盾 Freude-Fuge (aus Prelüde und Fuge) 03 DING Shande (1911-1995) 10 喜悦赋格选自序曲与赋格 丁善德

Schwierigkeitstufe Titel Verwendungshäufigkeit der Werke Komponist 7 Verkauf der Gemischtwaren (eng. The Street Merchant) (Guangdonger 06 CHEN Peixun (1921-) 19 Musik) 陈培勋 卖杂货 广东小调 Melodie des Drachenlampions (eng. Dragon Light Melody) (aus der WANG Jianzhong (1933-) Klaviersuite Fünf Volkslieder aus der 05 19 Provinz Yunnan Nr. 5) 王建中 龙灯调 云南民歌五首 之五 Das Versteckspiel (aus der DING Shande (1911-1995) Klaviersuite Fröhliche Festtage) 04 10 捉迷藏 选自儿童组曲 快乐的节日 丁善德 曲 Das Wiegenlied (engl. Lullaby) 04 HE Luting (1903-1999) 10 摇篮曲 贺绿汀 Frühling am Stadtrand von Stadt Rong (Chengdu) (Aus der 03 HUANG Huwei (1932-) 9 Klaviersuite Sichuan in Bildern) 黄虎威 蓉城春郊 选自组曲 巴蜀之画 The Joyful Shepherd Boy (Von SHI FU bearbeitet nach dem kasachischen HUANG Huwei (1932-) gleichnamigen Volkslied aus 03 10 Xinjiang) 黄虎威 编曲 欢乐的牧童 Aus dem Leben der Yao-Nationalität 03 ZHU Ganggang 10 瑶寨风情 竹岗岗

166

Schwierigkeitstufe Titel Verwendungshäufigkeit der Werke Komponist 8 Goldene Gedenktafel sticken (Volkslied aus dem Norden der 12 WANG Jianzhong (1933-) 19 Provinz Shaanxi) 王建中 改编 绣金匾 陕北民歌 Korallentanz (aus dem Ballett DU Mingxin (1928-) Meerjungfrau) 06 19 珊瑚舞 Nr. 1 舞剧 鱼美人 选曲三首 杜鸣心 The Street Merchant (Kantoner CHEN Peixun (1921-) Musik) 04 10 卖杂货 广东小调 陈培勋 Singen von Zheng und XIAO 03 CHU Wanghua (1940-) 19 筝箫吟 储望华 曲 Festtanz 03 DING Shande (1911-1995) 19 节日舞 丁善德 Ländliche Melodie (aus der Suite Menschen und Leben in der Provinz 03 CHUI Shiguang 19 Shandong Nr. 1) 崔世光 乡土小调 山东风俗组曲 之一 Buffalo Boys Little Flute 03 HE Luting (1903-1999) 10 牧童短笛 贺绿汀 Thundering in a dry season (Kantoner CHEN Peixun (1921-) Musik) 03 10 旱天雷粤曲广东音乐 陈培勋 Tanzende Getreidekörner 03 SUN Yiqiang 10 谷粒飞舞 孙以强

Schwierigkeitstufe Titel Verwendungshäufigkeit der Werke Komponist 9 Orchidee (Bearbeitung aus Shaanxier 05 WANG Lisan 10 Volkslied) 汪立三 改编 兰花花 Thundering in a dry season (Kantoner 04 CHEN Peixun (1921-) 19 Musik) 陈培勋 旱天雷粤曲广东音乐 Ouvertüre Ich sag dir... 03 ZHU Jian´er (1922-) 9 序曲 告诉你…… 朱践耳 WANG Xiaoguang Re Mi Sol La 03 10 王晓光 Der Himmel über dem CHU Wanghua (1940-) befreiten Land 03 10 解放区的天 储望华 改编

Schwierigkeitstufe Titel Verwendungshäufigkeit der Werke Komponist 10 Tanzende Getreidekörner 03 SUN Yiqiang 10 谷粒飞舞 孙以强 Im Sonnenschein Sonatine Satz I 02 WANG Lisan 10 在阳光下 小奏鸣曲第一乐章 汪立三 Die Nacht des Fackelfests 02 LIAO Shengjing 10 火把节之夜 廖胜京 Fließendes Wasser 02 ZHU Jian´er (1922-) 10 流水 朱践耳 Wald in der Nacht, Aufblühen der Gardenien, Frühlingstanz (aus den Volksliedern der 02 GUO Zhihong 10 Provinz Yunnan) 郭志鸿 夜林、栀子开花、春舞 云南民歌组曲 选段 Tabelle 55: Die häufig in den RS verwendeten chinesischen Musikwerke und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen

167

6.5 Zusammenfassung Die Analyse dieses Kapitels lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

• In den untersuchten RS sind die Musikwerke von BACH, CZERNY, MOZART,

BEETHOVEN, CHOPIN und HAYDN mit 31% vertreten und bilden somit den Hauptlerninhalt im chinesischen Klavierunterricht. • Ca. 60% der in den RS verwendeten Musikwerke kommen aus Westeuropa: Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, ca. 10% aus Osteuropa (Russland) und ca. 16% aus China.

• Die in den RS verwendeten Musikwerke von BACH beziehen sich je nach Schwierigkeitsstufe hauptsächlich auf folgende Klavierschulen: „Clavierbüchlein der Anna Magdalena Bach 1725“ in Stufe 2-3, „Kleine Präludien und Fughetten für Klavier“ in Stufe 4-5, „Invention“ in Stufe 5-6, „Sinfonia“ in Stufe 7-8, „Das Wohltemperierte Klavier“ in Stufe 9-10.

• Die in den RS verwendeten Musikwerke von CZERNY sind in folgenden Schwierigkeitsstufen anzutreffen: Op. 599 in Stufe 1-3, Op. 849 in Stufe 3-5, Op. 299 in Stufe 4-8 und Op. 740 in Stufe 8-10. • 62% der gesamten chinesischen Musikwerke sind neue Kompositionen aus dem 20. Jahrhundert, die restlichen 38% sind Arrangements. Die chinesischen Musikwerke sind in den untersuchten RS von Schwierigkeitsstufe 1-10 anzutreffen.

Die in den RS verwendeten Musikwerke von BACH und CZERNY sind für einen schrittweisen Lernprozess im Unterricht gedacht, der sich stark auf Spieltechnikübungen konzentriert und zum großen Teil von Etüden begleitet wird, die zu viel Zeit im alltäglichen Klavierunterricht, beim häuslichen Üben und in den Tests in Anspruch nehmen. Sie sollten daher sparsamer eingesetzt werden.

Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass in den untersuchten RS die chinesischen Musikwerke sehr stark berücksichtigt wurden, aber bei den ausländischen Musikwerken der Focus auf einige wenige Komponisten gerichtet wird. Die in den RS verwendeten Musikwerke spiegeln somit keinen vielfältigen internationalen Musikkulturkreis wider. Für die chinesischen Musikpädagogen und Musikwissenschaftler wäre es daher an der Zeit, die Neugier auf Komponisten aus

168

den Ländern zu lenken, die aus Unkenntnis oder Hochmut noch keinen Platz in ihrem Musikbetrieb gefunden haben. Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, dass ihre Musikwerke nur hohe Schwierigkeitsstufen aufweisen oder unbedingt Meisterwerke darstellen müssen. Durch das Erlernen ihrer Klavier- oder Musikwerke, auch für unbekannte Instrumente, würde man bei den Kandidaten die Freude am Musizieren erhöhen und die Erkenntnis vertiefen, dass Musik eine Weltsprache ist. Leider hat es der PGT in der jetzigen Form noch nicht verstanden, diese große Chance zu nutzen.

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7 Grundübungen, Etüden und polyphone Klavierwerke in der CMV-RS 2007

Um die Strukturen, Inhalte, Trainingsziele und Übemethoden der Prüfungsprogramme zu verdeutlichen, wird in diesem Kapitel beispielhaft die vom CMV im Jahr 2007 veröffentlichte dreibändige Repertoiresammlung (CMV-RS 2007), mit dem Titel Piano Pieces for the National Grading Test (New Edition) 2007, untersucht.310 Aus

folgenden drei Gründen wird die von Prof. ZHOU Mingsun herausgegebene RS dafür thematisiert. Erstens: Der PGT des Chinesischen Musikerverbandes von 1990 war der erste, der nicht nur regional, sondern auch landesweit eingesetzt wurde. Dieses Prüfungsinstitut hatte sich schon länger als alle anderen mit landesweiten Prüfungsangelegenheiten befasst.311 Der zweite Grund liegt in seinem Einfluss. Im Jahr 2004 wurden mehr als 200.000 Kandidaten von diesem Institut geprüft.312 Das ist ein Fünftel der Gesamtsumme der Kandidaten, die in diesem Jahr von 73 Prüfungsinstituten in ganz China geprüft wurden.313 Drittens: Die Zusammensetzung des Prüfungsprogramms dieser RS wurde, im Vergleich zu seinen Vorgängern314 und anderen RS, vielfältiger gestaltet.

7.1 Überblick der Prüfungsinhalte der CMV-RS 2007 Die CMV-RS 2007 ist in zehn Schwierigkeitsstufen unterteilt, die sich in dem dreibändigen Werk wie folgt manifestieren: Stufe I-V (Band I), Stufe VI-VIII (Band II) und Stufe IX-X (Band III). Jede Stufe ist in vier Teile eingeteilt. Der erste Teil der

Stufen I bis X beinhaltet in der RS die „Grundübungen“ (s. S. 175), der zweite Teil

„technische Etüden“ (s. S. 183). So bilden „Grundübungen“ und „technische Etüden“ in jeder Stufe einen festen Bestandteil des Prüfungsprogramms. Teil drei und vier werden als Musikwerk I und II bezeichnet, die in den Schwierigkeitsstufen I bis X durch unterschiedliche musikalische Anforderungen gekennzeichnet sind (s. Tabelle 56). In der Stufe I und II liegt der Schwerpunkt auf die geografische Herkunft der Kompositionen. Der dritte Teil besteht also ausschließlich aus chinesischen

310 ZHOU Mingsun (Hrsg.): Piano Pieces for the National Grading Test, New Edition, Band I-III, Beijing, 2007. 311 Obwohl die PGT bereits in den 80er Jahren in Guangzhou und Shanghai arrangiert wurden, sind sie nicht in anderen Provinzen durchgeführt worden. 312 Generalabteilung des Kulturministeriums für Bildung-Wissenschaft-Technik (Hrsg.): Anweisung zum Art Grading Test, Beijing, 2005, S. 47. 313 Ebd. S. 5. 314 Bis 2009 wurden insgesamt fünf RS von CMV veröffentlicht. 170

Werken und der Vierte aus ausländischen Stücken. In der Stufe III bis VII hingegen wird der Fokus auf die Art der Komposition gelegt. Dabei ist für den dritten Teil ein polyphones Werk vorgesehen, für den vierten Teil hingegen ein Anderes. Ein „Anderes“ bedeutet hier, dass es weder polyphone Werke noch Etüden sind. In der Stufe VIII bis X wird das Programm nach Stilepochen zusammengesetzt: Die Werke für den dritten Teil stammen aus den Epochen Barock oder Klassik, diejenigen für den vierten Teil aus Romantik oder Moderne. Dies ist das einzige Mal in den untersuchten RS, dass die Klavierwerke nach Musikstilrichtungen zusammengesetzt wurden.

Dritter Teil Vierter Teil Teil Erster Teil Zweiter Teil (Musikwerk I) (Musikwerk II) Schwierigkeitsstufe Stufe I-II Chinesische Werke Ausländische Werke Stufe III-VII Grundübungen Etüden Polyphone Werke Andere Werke Werke aus Epochen: Werke aus Epochen: Stufe VIII-X Barock oder Klassik Romantik oder Moderne Tabelle 56: Übersicht über die Prüfungsinhalte in der CMV-RS 2007, geordnet nach Schwierigkeitsstufen

Aus der obigen Tabelle sind zwei Punkte näher zu betrachten. Erstens: die Grundübungen und Etüden in dieser RS nehmen genau wie in den anderen untersuchten RS, einen Großteil des Gesamtprogrammes ein. Für die Klavierschüler stellen sie in ihrer zehnjährigen Klavierausbildung einen unerlässlichen Bestandteil der einzustudierenden Stücke dar. Zweitens: die Zusammensetzung im dritten und vierten Teil ist im Vergleich zu den anderen untersuchten RS vielfältiger. Es wurde systematischer strukturiert, also in unterschiedlichen Prüfungsphasen wurden verschiedene Schwerpunkte behandelt. Um dies besser zu verdeutlichen, sind die nachfolgenden Prüfungsprogramme in den Schwierigkeitsstufen I, III und VIII beispielhaft wiedergegeben.315 Schwierigkeitsstufe I: 1. Grundübungen: Tonleiter, Arpeggien und Akkorde in C-Dur, G-Dur und F-Dur

2. Etüden: Op. 823 Nr. 13 von C. CZERNY, Nr. 60 von F. BEYER und Etüde Nikolajevo

315 Vom zweiten, dritten und vierten Teil muss der Kandidat jeweils ein Stück auswählen und bei der Prüfung vorspielen. 171

3. Chinesische Werke: „Kleiner Chinakohl“ von GONG Yaonian, „Spielzeug“ von LI

Chongguang und „Rotes Haarband binden“ von WANG Zhenya 4. Ausländische Werke: Quickstep von Clarke, „Schwingender Indianer“ von W. Gillock, „Frühlingslied“ von J. Thomson Schwierigkeitsstufe III: 1. Grundübungen: Tonleiter und Arpeggien in C-Dur und a-moll, G-Dur und e-moll, D-Dur und b-moll, A-Dur und fis-moll, E-Dur und cis-moll, H-Dur und gis-moll

2. Etüden: Op. 139 Nr. 98 von C. CZERNY, Op. 37 Nr. 10 von H. Lemoine, und Op. 32 Nr. 19 von A.Gedike

3. Polyphone Werke: Liebeslied aus Kangding von CHEN Hongnian, Bourrée BWV

996 von J. S. BACH und Kleine Fuge von ZIPOLI

4. Andere Werke: „Ausflug“ von LU Jia, „Dance on the Lawn“ von D. Kabalevsky und „The Autumn Song“ Op. 3 Nr. 3 von A.Grechaninov und „Sonatine“ F-Dur

Satz I von L. v. BEETHOVEN Schwierigkeitsstufe VIII: 1. Grundübungen: Tonleiter und Arpeggien (Septakkorde und verminderte Septakkorde) in F-Dur und d-moll, B-Dur und g-moll, Es-Dur und c-moll, As-Dur und f-moll, Des-Dur und b-moll und Ges-Dur und es-moll

2. Etüde: Op. 740 Nr. 10 von C. CZERNY, Op. 91 Nr. 7 von M. Moszkowski, Op. 76 Nr. 9 von Sibelius

3. Werke aus den Epochen Barock und Klassik: Sinfonia BWV 790 von J. S. BACH,

Sonate D-Dur Satz I Hob. 37 von J. HAYDN, Sonate C-Dur Satz III K. 330 von W.

A. MOZART 4. Werke aus den Epochen Romantik und Moderne: Op. 19 Nr. 1 von

MENDELSSOHN, „Fang Ma Qu“ von SHEN Chuanxin und zweite Suite für Kinder Nr. 1 von H. Lobos

In der CMV-RS 2007 sind insgesamt 96 Klavierwerke enthalten. In jeder Stufe werden 9 bis 10 Stücke verteilt (s. Tabelle 57).

Schwierigkeitssstufe Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6 Stufe 7 Stufe 8 Stufe 9 Stufe 10

Zahl der Werke 9 9 10 10 10 10 10 9 9 10

Tabelle 57: Anzahl der Musikwerke in jeder Schwierigkeitsstufe

Sie lassen sich in sechs Kategorien unterscheiden, die aus der folgenden Abb. 36 zu entnehmen sind: Etüden, Werke der Musikepochen Barock, Klassik, Romantik, sowie

172

die im 20. Jahrhundert komponierten ausländischen und chinesischen Werke.316 Die Besonderheit des Prüfungsprogramms liegt darin, dass die 30 Etüden insgesamt ca. 31% der Gesamtwerke repräsentieren. Die 18 chinesischen Werke mit ihren ca. 19% belegen den zweiten Platz. Die Werke aus den Epochen Barock und Klassik betragen jeweils 15%. Sie liegen zusammen unterhalb des Anteils der Etüden. Die ausländischen Werke des 20. Jahrhunderts bestehen aus 13 Stücken. Mit einem Anteil von 13% der Gesamtwerke belegen sie den vorletzten Platz. Den letzen Platz belegen die sieben Werke der Epoche Romantik. Zusätzlich kann die Abb. 36 aus zwei Perspektiven betrachtet werden. Erstens: Die Etüden und die chinesischen Werke haben an den Gesamtwerken einen Anteil von insgesamt 50%. Die andere Hälfte bezieht sich auf die europäischen Musikwerke aus

Barock, Klassik, Romantik und die Werke aus dem 20. Jahrhundert, die dort in der Klavierausbildung verwendet werden. Zweitens: die Etüden belegen ca. ein Drittel der Gesamtwerke. Die Musikwerke der Epochen Barock, Klassik und Romantik nehmen zusammen auch ca. ein Drittel der Abb. 36: Statistische Darstellung der Gesamtwerke ein. Die modernen Zusammensetzung von der CMV-RS Musikwerke (einschließlich der 2007 chinesischen Werke) betragen zusammen ebenfalls ca. ein Drittel der Gesamtwerke. Es lässt sich also feststellen, dass in der chinesischen Klavierausbildung, im Gegensatz zu der deutschen, die Etüden und die chinesischen Musikwerke einen hohen Stellenwert einnehmen.

In der folgenden der Abb. 37 sind die Prüfungsprogramme in den einzelnen Schwierigkeitsstufen dargestellt. In der Stufe I-II belegen die Etüden, die chinesischen und die ausländischen Werke jeweils ca. ein Drittel. Hier beanspruchen die chinesischen Werke den gleichen Rang wie die Etüden (vgl. Kapitel 6). In der Stufe III-VII belegen die Etüden, die polyphonen Werke und die anderen Werke jeweils

316 Etüden werden hier als ein selbständiger Teil betrachtet, da sie in jeder Prüfungsstufe als eigenständiger Teil erscheinen. Um den Anteil der in der RS verwendeten chinesischen Klavierwerke deutlich zu erkennen, wurden die Klavierwerke des 20. Jahrhunderts in zwei Kategorien unterschieden: ausländische und chinesische Werke. 173

auch ca. ein Drittel. Hier beanspruchen die polyphonen Werke den gleichen Rang wie die Etüden. In der Stufe VIII-X belegen die Etüden, die Werke der Epoche Barock und Klassik, sowie die Stücke der Epoche Romantik und Moderne jeweils ca. ein Drittel. Beim Piano Grading Test können die Kandidaten aber lediglich ein Stück innerhalb der Klavierwerke der Epochen Barock und Klassik auswählen. Gleiches gilt auch bei den Klavierwerken der Epochen Romantik und Moderne. Das heißt, nicht alle Epochen können beim Test berücksichtigt werden. Die Schüler müssen sich jeweils auf zwei Stücke aus zwei Epochen beschränken.

Schwierigkeitsstufe I-II Schwierigkeitsstufe III-VII Schwierigkeitsstufe VIII-X

Abb. 37: Statistische Darstellung der Zusammensetzung von CMV-RS 2007 nach Schwierigkeitsstufen

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Grundübungen und Etüden als Pflichtprogramme in dieser RS vorgesehen sind. Sie belegen die Hälfte des gesamten Prüfungsprogramms (s. Tabelle 56). Auch die polyphonen Werke sind in den Stufen III-VII als Pflichtprogramm vertreten und beinhalten einen großen Anteil an der gesamten 5 jährige Studienzeit. Sie finden sich auch teilweise in den Stufen I-II und VIII-X wieder. Dies verdeutlicht, dass die polyphonen Werke in der chinesischen Klavierausbildung eine große Rolle spielen. Im folgenden Unterkapitel werden bei den Etüden und den polyphonen Werken unter anderem ihr Trainingsziel, Inhalte und die Übemethode der Grundübungen untersucht.

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7.2 Trainingsziel, Inhalte und Übemethode der Grundübungen Die Grundübungen werden in der RS in unterschiedlichen Tonarten und je nach Schwierigkeitsstufe mit einem Umfang von ein bis vier Oktaven vorgegeben. Die Tonleiter, Arpeggien, und ggf. Akkorde stellen dabei die Hauptinhalte der Grundübungen dar. Wie diese geprüft werden sollten, erklärt der Herausgeber im Vorwort der RS:

„Die Grundübungen sollen vom Kandidaten vollständig beherrscht werden. Hierzu gibt es bei jeder Schwierigkeitsstufe konkrete Erklärungen. Werden die Tonleitern oder Arpeggien beispielsweise bei einer Schwierigkeitsstufe in sechs Tonarten vorgegeben, müssen sie alle geübt werden. Beim Test wählt der Prüfer beliebig eine Tonart davon für den Kandidaten aus.“317

In der RS wurden die Grundübungen als ein selbständiger Teil des vierteiligen

Prüfungsprogrammes angelegt. Prof. HUANG Meiying und FU Zhanwen begründen dies wie folgt:

„[...] Bei dem Test gibt es einen ziemlich großen Anteil von Grundübungen. Von Schwierigkeitsstufe I bis X gibt es in jeder Stufe die Grundübungen. […] Ein Grund für den großen Anteil lautet: Diese bilden eine Sammlung der grundlegenden Klavierspieltechniken und ermöglichen ein entsprechendes Training. 318

Einen Überblick über ihre Inhalte und deren Anforderungen hinsichtlich der einzelnen Schwierigkeitsstufen enthält die folgende Tabelle 58. In der Stufe I soll die Tonleiter über zwei Oktaven mit der rechten und linken Hand getrennt gespielt werden. Die gebrochenen und ungebrochenen Akkorde mit Umkehrungen sollen hingegen über eine Oktave mit beiden Händen zusammen gespielt werden. Die geforderten vorzubereitenden Tonarten sind C-, G- und F-Dur, also ausschließlich Dur-Tonleitern ohne oder mit einem # oder b-Vorzeichen. In Stufe II beinhalten die Grundübungen Tonleiter, gebrochene Akkorde (Vierklang) und ungebrochene Akkorde (Dreiklang) mit Umkehrungen, die über zwei Oktaven mit beiden Händen zusammen gespielt werden sollen. Die geforderten vorzubereitenden Tonarten lauten D-, A- und E-Dur, also ausschließlich Dur- Tonleitern mit zwei bis vier #-Vorzeichen.

317 ZHOU Mingsun (Hrsg.): Piano Pieces for the National Grading Test, New Edition, Band I, Beijing, 2007, Vorwort S. IV. 318 FU Zhanwen, HAN Manlin (Hrsg.): Nachhilfe zur PGT-RS, Beijing, 1995, S. 24. 175

In der Stufe III beinhalten die Grundübungen Tonleiter und Arpeggien, die mit beiden Händen über drei Oktaven gespielt werden sollen. Dabei sind die geforderten vorzubereitenden Tonarten C-Dur und a-moll, G-Dur und e-moll, D-Dur und h-moll, A-Dur und fis-moll, E-Dur und cis-moll sowie H-Dur und gis-moll. Außer C-Dur werden also alle mit einem #-Vorzeichen gekennzeichnet. Die Grundübungen der Stufe IV gleichen formal denen von Stufe III. Nur stehen sie in F-Dur und d-moll, B-Dur und g-moll, Es-Dur und c-moll, As-Dur und f-moll, Des- Dur und b-moll sowie Ges-Dur und es-moll, also alle mit b-Vorzeichen. Die Grundübungen der Stufen V und VI sind beinahe mit denen der Stufe III bzw. mit denen von Stufe IV identisch. Der einzige Unterschied besteht jeweils darin, dass hier vier Oktaven gespielt werden sollen. Zudem wird ab Stufe V ein bestimmtes Tempo gefordert. Es liegt sowohl für die Tonleiter, als auch für die Arpeggien für Stufe V bei ♩=76 und für Stufe bei 6 ♩=84. Dabei sind die Übungen in Sechzehnteln notiert. Die Grundübungen der Stufe VII und VIII sind fast mit denen der Stufe V bzw. mit denen von Stufe VI identisch. Allerdings werden bei beiden zusätzlich Arpeggien von Sept- und verminderten Septakkorden verlangt. Das Tempo liegt für Stufe VII bei ♩ =104 und für Stufe VIII bei ♩=112. In den Schwierigkeitsstufen IX und X entsprechen die Grundübungen formal jeweils denen der Stufe V bzw. VI. Allerdings sollen die Tonleiter und Arpeggien hier in Parallel- und Gegenbewegung gespielt werden. Das Tempo sollte für Stufe IX bei ♩ =120 und für Stufe X bei ♩ =126 liegen. In beiden Stufen sollen zusätzlich ungebrochene Akkorde (Vierklang) beidhändig über zwei Oktaven gespielt werden.

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=126 ♩ Stufe 10 Stufe s. Stufe 4 s. Stufe und in in und Oktaven Oktaven =120 Gegenbewegung Gegenbewegung ♩ Stufe 9 Stufe Beidhändig, parallel parallel Beidhändig, Vierklang über zwei Vierklang über s. Stufe 3 s. Stufe =112 ♩ Stufe 8 Stufe s. Stufe 4 s. Stufe + Sept- u. + Sept- verminderte verminderte Vier Oktaven Vier Oktaven Septarpeggien Septarpeggien =104 ♩ Stufe 7 Stufe Beidhändig parallel, parallel, Beidhändig s. Stufe 3 s. Stufe =84 ♩ Stufe 6 Stufe s. Stufe 4 s. Stufe =76 ♩ ohne ohne Stufe 5 Stufe s. Stufe 3 s. Stufe Stufe 4 Stufe Beidhändig parallel parallel Beidhändig Beidhändig parallel parallel Beidhändig F-Dur u. d-moll u. d-moll F-Dur g-moll u. B-Dur u. c-moll Es-Dur u. f-moll As-Dur Des-Dur u. b-moll Ges-Dur u. es-moll Drei Oktaven Stufe 3 Stufe C-Dur u. a-moll G-Dur u. e-moll D-Dur u. h-moll A-Dur u. fis-moll E-Dur u. cis-moll H-Dur u. gis-moll Drei Oktaven E-Dur D-Dur D-Dur A-Dur Stufe 2 Stufe Kein vorgegebenes Tempo Kein vorgegebenes Tempo Akkorde (Vierklang) über Oktave eine Gebrochene Gebrochene Akkorde und (Dreiklang) Umkehrungen ihre Zwei Oktaven n e en g g n u r h F-Dur C-Dur G-Dur G-Dur Stufe 1 Stufe e k m U Für RH und LH über getrennt zwei Oktaven Gebrochene Akkorde und (Dreiklang) ihre Umkehrun Oktave Eine Ungebrochene Ungebrochene Akkorde und (Dreiklang) ihre stufe Tonart Tempo Akkord Akkord Umfang Umfang Akkord) Akkord) Tonleiter Arpeggio Schwierigkeits- (ggf. gebrochener gebrochener (ggf. Tabelle 58: Inhalt und Anforderungen der Grundübungen Grundübungen der 58: Inhalt und Anforderungen Tabelle

177

Aus der Tabelle 58 ist außerdem zu entnehmen, dass der Schwierigkeitsgrad der Grundübungen nach folgenden Maßstäben ausgerichtet ist: Umfang der Oktavbereiche, Zahl der # oder b-Vorzeichen, das Spiel in Parallel- oder

Gegenbewegung. Dazu erklären die Professorinnen HUANG und FU folgendes:

„Tonleiterübungen sollten zuerst einfacher und danach schwieriger sein, also schrittweise sollten die Schwierigkeitsgrade erhöht werden. [...] Es fängt an mit einer Oktave. Danach zwei, drei und vier Oktaven. [...] Zuerst spielt man mit C-Dur. Danach vermehren sich die Kreuz oder Be-Vorzeichen, Schritt für Schritt bis zu 12 Dur- und 12 moll-Tonleitern. [...] Erst nachdem man die Tonleiter parallel mit beiden Händen geschickt spielen kann, sollte allmählich die Tonleiter in Gegenbewegung geübt werden.“ 319

Nach dieser Ansicht heißt es, je mehr schwarze Tasten es in einer Tonart gibt, desto schwieriger sind Tonleiter oder Arpeggien zu spielen. Dieses Argument ist eigentlich nicht sehr überzeugend. Damit der Anfänger später keine Probleme mit dem Spiel auf den schwarzen Tasten hat, sollte er bereits im ersten Klavierunterricht mit schwarzen Tasten spielen. Um die Schwierigkeitsgrade zu steigern, wird noch beim Tonleiterspiel etc. in der RS ein bestimmtes Tempo gefordert. Je nach Schwierigkeitsstufe sollte die Tonleiter etc. schneller gespielt werden. Der Herausgeber Prof. ZHOU Mingsun liefert dafür folgenden Maßstab als Begründung:

„Ab Schwierigkeitsstufe V wird das Tempo kennzeichnend. Es richtet sich gezielt gegen ‚übermäßigen Enthusiasmus’ und ‚das Überspringen von Stufen’. [...] Manche Schüler haben nämlich im letzten Jahr die Stufe II bestanden, in diesem Jahr die Stufe V und im nächsten Jahr die Stufe VIII’. [...] Sie spielen aber mindestens doppelt so langsam, so dass der Schwierigkeitsgrad auf drei bis vier Stufen eigentlich herunter gebrochen werden müsste. Beim Test konnte der Prüfer sich dann nur schwierig entscheiden, ob er solche Schüler bestehen lassen sollte. [...]

[...] Deswegen muss ein entsprechender Maßstab angelegt werden. [...] Die klarste und greifbarste Methode, die Geschwindigkeit des Spielens zu kennzeichnen, ist das Metronom als Maßstab. So ist es für jeden Kandidaten fair und gerecht. [...] Dieses vorgegebene Tempo ist das Minimum. Das heißt, dieses Tempo muss mindestens erreicht werden.“ 320

Nach dieser Argumentation müsste sich das Spielen von Tonleitern etc. zu einem Sportwettbewerb entwickeln. Nur das Durchhalten und Erreichen eines Tempos ist für

319 FU Zhanwen, HAN Manlin (Hrsg.): Nachhilfe zur PGT-RS, Beijing, 1995, S. 26. 320 ZHOU Mingsun: Renovation and Characteristics of the new Edition of the National Piano Grading Test, in: Piano Apristry, 07/2008, S. 36-37. 178

eine erfolgreiche Testteilnahme wichtig. Aber der musikalische Gedanke wird hier nicht betrachtet.

Wenn über Grundübungen gesprochen wird, wird oft der Begriff „Klavierspieltechnik“ verwendet. Dazu haben sich zwei chinesische Klavierpädagogen geäußert:

„Der Umfang der Klavierspieltechniken ist sehr breit. Die Spieltechnik umfasst hauptsächlich das Spiel von Tonleiter, Arpeggio, Akkord, Oktave, Verzierung und Pedal etc. Beim Einstudieren jedes Klavierwerkes ist man mit solchen Spieltechniken konfrontiert. Daneben werden meistens noch Tempo, Dynamik, Gleichmäßigkeit etc. gefordert. Die Spieltechnik sollte man nicht erst üben, wenn man sie einsetzen muss. Mit diesem Training sollte man so früh wie möglich anfangen. Nur so wird der Schüler beim Vorspiel eines Klavierwerkes nicht ratlos sein. Dass die Spieltechniken jeweils extra trainiert werden, ist die beste Methode zur Beherrschung der Spieltechnik. [...] Tonleiter und Arpeggio sind das Fundament der Spieltechnik. […] Solch ein Training ist in der Unter- und Mittelstufe noch wichtiger. Wenn man sie geschickt spielen kann, dann beherrscht man die wichtigsten Klavierspieltechniken. Wer sie schnell zu spielen vermag, besitzt dann die Fähigkeit, die virtuos schwierigen Kunstwerke zu spielen. […] Wenn man das Spiel von Tonleiter und Arpeggio mühevoll geübt hat, dann wird man sein ganzes Leben lang davon profitieren.“ 321

Unter Klavierspieltechniken ist hier hauptsächlich das schnelle Spielen der Tonleiter etc. gemeint. Diese Sichtweise ist im Vergleich zum „Kriterienkatalog Klavier“ von

Bernhard BÖTTNER sehr einseitig und wenig aussagekräftig. Die Klavierspieltechnik in seinem Katalog besteht unter anderem aus insgesamt 15 Punkten: Anschlagsdifferenziertheit, Vielfalt alternativer Bewegungen, reflektorische Muskeltätigkeit, Spielökonomie, spielerische Geschicklichkeit, Fingerpräzision, Geläufigkeit, Treffsicherheit, Schwung- und Wurftechnik, Virtuosität, Gehörkontrolle, pedaltechnische Vielfalt, übetechnischer Vorbereitungsgrad, technischer Primäransatz und physiologisch-technische Offenheit. 322 Die in den Grundübungen geforderte Spieltechnik ist im Vergleich zu diesem Katalog daher sehr unausgewogen. Jedoch haben diese Grundübungen für die chinesischen Klavierpädagogen weiterhin eine herausragende Bedeutung. Sie sind auf die Verbesserung der reinen Spieltechnik

321 FU Zhanwen, HAN Manlin (Hrsg.): Nachhilfe zur PGT-RS, Beijing, 1995, S. 24-25. 322 Bernhard BÖTTNER: Transparenz und Gerechtigkeit, ein „Kriterienkatalog Klavier“ für Prüfungen und Wettbewerbe, in: Üben & Musizieren, Mainz, 4/93, S. 18-25. 179

ausgerichtet. Die musikalische Darstellung und das spieltechnische Training werden dabei getrennt betrachtet. Eine gegenteilige Ansicht vertritt Anja HEROLD:

„Technik kann vielfach im musikalischen Zusammenhang erlernt werden. Isolierte Übungen (Tonbildung, Fingerübungen, Tonleitern etc.) sind zwar auch sinnvoll, sollen aber dann immer wieder zurückgeführt werden in die Musik.“323

Wie genau Grundübungen einstudiert und welche Übemethoden verwendet werden sollten, lässt sich aus den folgenden Zitaten chinesischer Klavierpädagogen erfahren.

Gemäß Prof. FU erfordert das „langweilige und trockene“ Training von Tonleiter und Arpeggien viel Geduld und Ausdauer. Die Schüler sollten dies fleißig üben, weil nur das ständige Üben zur Vollkommenheit führt.

„[...] Ein langfristiges Training der Spieltechnik benötigt viel Geduld und Ausdauer. […] Es ist oft langweilig und trocken. In kurzer Zeit kann man keine Ergebnisse erzielen. [...] Will man Musikwerke spielen und ignoriert dabei das fleißige Üben der Spieltechnik, so ist dies eine zu kurz greifende Denkweise und führt zu keiner dauerhaften Verbesserung der Klavierspieltechnik. [...]“ 324

Für Prof. FU entsteht eine dauerhafte Verbesserung der Klavierspieltechnik nur durch das ständige Üben während der gesamten Studienzeit. Jeder Tag des Klavierunterrichts sollte vom Training der Grundübungen in allen Tonarten begleitet sein.

„[...] Von Schwierigkeitsstufe IV bis X benötigt man normalerweise fünf bis sechs Jahre für den Besuch des Klavierunterrichts. Davor kommen noch die Stufen I bis III. Dafür werden insgesamt mindestens sieben bis acht Jahre benötigt. Die Tonleiter und Arpeggien mit 24 Tonarten sollten in dieser ganzen Lernzeit wiederholt geübt werden. [...] 325

Der Prozess des Trainings wurde von den Professorinnen HUANG und FU als ein stetiges Wiederholen der Übungen angesehen.

„Die Spieltechnik zu trainieren sollte nach einer Reihe von richtigen und funktionierenden Methoden erfolgen. [...] Der Prozess der Beherrschung der Spieltechnik [...] ist ein Prozess stetigen Wiederholens, ununterbrochene Fortentwicklung, so dass

323 Anja HEROLD: Musik hat für mich mit Gefühl zu tun, sonst ist es Technik. Überlegungen zum Begriff Instrumentaltechnik, in: Ulrich MAHLERT (Hrsg.): Üben & Musizieren, Mainz, 01/2007, S. 18. 324 FU Zhanwen, HAN Manlin (Hrsg.): Nachhilfe zur PGT-RS, Beijing, 1995, S. 25. 325 Ebd. S. 24. 180

man beim Vorspielen solche erworbene Spieltechnik ohne nachzudenken geschickt anwendet kann. [...]“326

Die von ihnen vertretenen richtigen und funktionierenden Übemethoden beschreiben sie folgendermaßen (s. a. Abb. 39):

„Tonleiterübung sollten zuerst mit beiden Händen getrennt geübt werden, danach mit beiden Händen zusammen. Die linke Hand ist normalerweise weniger beweglicher als die rechte Hand, deswegen sollte die linke Hand mehr geübt werden. So können beide Hände gleichmäßig sie spielen.

[...] Das langsame Üben ist eine Grundregel. Bei den Tonleiterüben muss man unbedingt mit dem langsamen Tempo jeder Ton richtig und gleichmäßig spielen. Danach kann man dann schrittweise immer schneller spielen. Wenn die Spieltechnik besser geworden ist, wird auch das Tempo schneller werden. Um die Tonleiter schneller spielen zu können, muss man das Klavierspielniveau wesentlich steigern. Achtung: Beim schnellen Spiel darf das unordentliche Spiel, das Abrutschen, das Fehlen mancher Töne usw. nicht vorkommen.“327

Über das rhythmisierte Üben oder das musikalische Vorspielen der Tonleiter wird hier nicht gesprochen. Die Aussagen drehen sich im Kreis: bessere Spieltechnik führt zu schnellerem Tempo, schnelleres Tempo steigert die Spieltechnik. Das führt zu der Gleichung: „bessere Spieltechnik“ = „schnelles Spielen“.

Die Ansichten der chinesischen Klavierpädagogen über das Training der Grundübungen können folgendermaßen zusammengefasst werden:

- Das Trainingsziel der Grundübungen orientiert sich ausschließlich an der Verbesserung der Klavierspieltechnik.

- Wenn die Tonleiter etc. schnell gespielt werden kann, dann kann auch ein virtuos anspruchsvolles Klavierwerk problemlos vorgespielt werden.

- Ein solches Training sollte von Anfang an geübt werden und die gesamte Studienzeit begleiten.

- Um ein langweiliges und trockenes Training durchzuhalten, wird Geduld und Ausdauer benötigt.

- In der chinesischen Klavierpädagogik beschränkt sich das Training der Grundübung nur auf zwei Übemethoden: mit beiden Händen getrennt üben

und langsam üben (s. a. Abb. 39).

326 Ebd. 327 FU Zhanwen, HAN Manlin (Hrag.): Nachhilfe zur PGT-RS, Beijing, 1995, S. 26. 181

Abb. 38: Die Grundübungen in der Schwierigkeitsstufe III328

328 YUAN Tian (Hrsg.): RS mit Anmerkungen 2007, Band I, Guangzhou, 2008, S. 36. 182

7.3 Trainingsziel, Inhalte und Übemethode der Etüden Der zweite Teil der Schwierigkeitsstufen I bis X beinhaltet insgesamt 30 Etüden, d.h.

drei Werke in jeder Stufe (s. Tabelle 59). In der Prüfung trägt der Kandidat die Etüde

vor, die er sich zuvor aus 3 möglichen ausgesucht hat (s. a. Fußnote 315).

Titel Komponist Stufe

1. Etüde Op. 823 Nr. 13 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 2. Etüde Op. 101 Nr. 60 Ferdinand BEYER (1803-1863), Deutschland 1 3. Etüde NIKOLAEV* 4. Etüde Op. 599 Nr. 59 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 5. Etüde Op. 139 Nr. 19 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 2 6. Etüde Béla BARTÓK (1881-1945), Ungarn 7. Etüde Op. 139 Nr. 98 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 8. Etüde Op. 37 Nr. 10 Henry LEMOINE (1786-1854), Frankreich 3 9. Etüde Op. 32 Nr. 19 Alexandr F. GEDIKE (1877-1957), Russland 10. Etüde Op. 172 Nr. 4 Th. LAEK* 11. Etüde Op. 453 Nr. 55 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 4 12. Etüde Op. 37 Nr. 42 Henry LEMOINE (1786-1854), Frankreich 13. Etüde Op. 849 Nr. 15 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 14. Etüde Henri-Jérôme BERTINI (1798-1876), Frankreich 5 15. Etüde Elena Fabianovna GNESINA (1874-1967), Russland 16. Etüde Op. 636 Nr. 19 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 17. Etüde Op. 299 Nr. 6 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 6 18. Etüde Alphonse DUVERNOY (1842-1907), Frankreich 19. Etüde Op. 50 Nr. 19 Johann Baptist CRAMER (1771-1858), Deutschland 20. Etüde Op. 299 Nr. 27 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 7 21. Etüde Op. 46 Nr. 21 Stephen HELLER (1813-1888), Ungarn 22. Etüde Op. 740 Nr. 10 Carl CZERNY (1791-1857), Österreich 23. Etüde Op. 91 Nr. 7 Moritz MOSZKOWSKI (1854-1925), Deutschland 8 24. Etüde Op. 76 Nr. 9 Jean SIBELIUS (1865-1957), Finnland 25. Etüde Ignaz MOSCHELES (1794-1870), Böhmen-Österreich

26. Etüde Op. 22 Nr. 2 WOLLENHAUPT* 9 27. Etüde Op. 72 Nr. 4 Moritz MOSZKOWSKI (1854-1925), Deutschland 28. Etüde Claude DEBUSSY (1862-1918), Frankreich 29. Etüde Kabelienski 卡本良斯基* 10 30. Etüde Op. 25 Nr. 2 Fryderyk Franciszek CHOPIN (1810-1849), Poland

Tabelle 59: Überblick über die in der CMV-RS 2007 verwendeten Etüden

In der CMV-RS 2007 wird der Teil II als „Technische Etüden“ (ch. 技巧性练习曲 Jì Qiǎo Xìng Liàn Xí Qǔ) bezeichnet. Über diese Bezeichnung schreibt der Herausgeber in seinem Vorwort:

183

„[...] Vor dem Wort „Etüden“, wird das Wort „technisch“ hinzugefügt. Es sind also „Technische Etüden“ geworden. Sie sind in allen zehn Stufen gleich. Das heißt, dass der Charakter der Etüden auf die Technik bezogen ist.“329

Obwohl das Wort „Etüde“ sowohl auf Chinesisch als auch auf Deutsch ein Übungsstück zum Erlernen spezieller spieltechnischer Fertigkeit bedeutet, entspricht diese Beschreibung offensichtlich nicht vollständig der Intention des Herausgebers. Deswegen musste mit dem Adjektiv „technisch“ sein besonderes Anliegen verdeutlicht werden. Es ist hier also deutlich erkennbar, dass das Trainingsziel der Etüden auf das reine Techniküben des Spiels abzielt. Hinsichtlich der Funktion dieses Trainings führt er weiterhin aus:

„In jeder Stufe des Repertoires sind die Etüden immer als erstes vorgegeben, weil die Etüden für das konzentrierte Techniktraining eine besondere Funktion haben. Sie sind für die Schüler unerlässliche Lehrmaterialien zum Erwerb der Klavierspieltechnik und zur Verbesserung des Fingertrainings.“330

Sowohl das Trainingsziel als auch die Funktion entsprechen denen der Grundübungen (vgl. S. 175). Die Begriffe „Klavierspieltechnik“ und „Fingertraining“ wurden hier jedoch nicht deutlich erläutert. Klavierspieltechnik beinhaltet eine sehr weite, unterschiedliche und komplexe Kategorie (vgl. S. 179), zu der beispielsweise auch das Fingertraining dazugehört. Hier wird der Begriff „Fingertraining“ neben den Begriff „Klavierspieltechnik“ hervorgehoben. Das Fingertraining beinhaltet jedoch nur einen sehr begrenzten Ausschnitt aus allen möglichen technischen Lehrinhalten.

Ein Drittel der 30 die Etüden von C. CZERNY werden für ein solches Fingertraining eingesetzt. Sie sind in den Schwierigkeitsstufen I bis VIII verteilt. Es handelt sich um die Werke Opus 823, 599, 139, 453, 849, 636, 299 und 740 (vgl. S. 155 f.). Bezüglich der Auswahl der Etüden in den unterschiedlichen Lernphasen wurde von den chinesischen Klavierpädagogen folgendes erklärt:

„[...] Die Verteilung der Etüden in der Stufe I bis X: [...] In der Stufe I gibt es die Etüden

von BEYER. In der Stufe II bis IX werden die Etüden von CZERNY in Opus 599, 718, 849,

299 und 740 ausgewählt. In der Stufe III und IV gibt es die Etüden von LEMOINE. In der Stufe VII gibt es die Etüden von Cramer. In der Stufe IX werden noch die Etüden von

329 ZHOU Mingsun (Hrsg.): Piano Pieces for the National Grading Test, New Edition, Band I, Beijing, 2007, Vorwort S. 2. 330 Ebd. S. 1. 184

MOSZKOWSKI ausgewählt. Daraus ist es zu ersehen, dass sie in der Unter-, Mittel- und Oberstufe unterschiedlich eingesetzt werden:

Die Etüden der Unterstufe beinhalten die Vorschule im Klavierspiel op. 101 von Beyer,

die Werke von CZERNY op. 599, 139, 821 (erste Hälfte), 849, 718, und die Etüden von

LEMOINE op. 37. Die Etüden der Mittelstufe beinhalten die Etüden von CZERNY op. 533, 299, 740, 821 (zweite Hälfte), Oktavenetüden, die 60 ausgewählte Etüden von Cramer

(Auswahl aus den 84 Etüden op. 50) und die 15 Etüden op. 72 von MOSZKOWSKI. Die 331 Etüden der Oberstufe beinhalten die Etüden von CHOPIN und LISZT.“

Die gesamte Ausbildungszeit des chinesischen Klavierunterrichts wird von Etüden begleitet; sie sind ein stets präsentes Lern- und Lehrmaterial. Wie sie gelernt und trainiert werden, wird durch die folgenden Notenbeispiele demonstriert. Die in der Abb. 40 gezeigte Etüde ist ein Stück der Schwierigkeitsstufe II, ausgewählt aus der Ausgabe mit Anmerkungen. 332 Dabei ist zu bemerken, dass einige Stellen mit

Anmerkungen vom Herausgeber versehen wurden. Als Anmerkung hat Prof. YUAN Tian folgendes festgehalten:

„Diese Etüde ist für das Üben der fünf Finger in einer Lage gedacht.“333

Das Ziel des Übens dieser Etüde ist also die Beherrschung einer bestimmten

Fingerübung. Zu dieser Etüde äußert sich auch Prof. ZHOU Mingsun auf einer Video- CD.334

[…] diese Etüde wurde mit 32tel Noten geschrieben und sollte fließend gespielt werden. Das Ziel des Übens dieser Etüde ist es hauptsächlich, dass die fünf Finger gleichmäßig und unabhängig die Töne spielen können. Meiner Meinung nach ist dies sehr wichtig. Es darf keinesfalls wacklig gespielt werden. Wenn dies passiert, hat man die Fähigkeit, diese Etüde zu spielen noch nicht erreicht. […] Beim Üben sollte man aufpassen, linkshändig geleichmäßig zu spielen, aber nicht zu laut. Dies kann die Fähigkeit des linkshändigen Spielens deutlich verbessern.335

Aus den Zitaten der beiden chinesischen Klavierpädagogen über diese Etüde ist zu erkennbar, dass es an ausführlich beschriebenen Übemethoden mangelt, mit denen

331 ZHOU Mingsun (Hrsg.): Piano Pieces for the National Grading Test, New Edition, Band I, Beijing, 2007, Vorwort S. 2. 332 Die im Jahr 2008 aufgelegte dreibändige Ausgabe mit Anmerkungen eröffnet den Klavierlehrern die Möglichkeit, mehr Informationen über den Prüfungsinhalt zu bekommen und den Kandidaten ein effektives Üben, um sich besser auf die Prüfung vorbereiten zu können. Wie aus den folgenden Abbildungen ersichtlich, gibt es in der Ausgabe 2008 zahlreiche Anmerkungen mit zusätzlichen Hinweisen zu den Noten. 333 YUAN Tian (Hrsg.): RS mit Anmerkungen 2007, Band I, Guangzhou, 2008, S. 20. 334 Neben den RS wurden noch 26 Video-CD (VCD) im Jahr 2008 herausgegeben. s. a. S. 196. 335 CMV (Hrsg.): VCD zur CMV-PGT-RS 2007, Beijing, 2007, [CN-A56-07-0044-0/V.J6], VCD 2, 21:36. 185

man diese Anforderungen erreichen kann. In der Praxis führt das bei den Schülern zu diesen bereits erwähnten rein mechanischen und langweiligen Wiederholungsübungen.

Abb. 39: Etüde von CZERNY Op. 599 Nr. 59 (Schwierigkeitsstufe II)336

Abb. 40: Etüde von

CZERNY Op. 636 Nr. 19 (Schwierigkeitsstufe VI)337

336 YUAN Tian (Hrsg.): RS mit Anmerkungen 2007, Band I, Guangzhou, 2008, S. 20. 337 YUAN Tian (Hrsg.): RS mit Anmerkungen 2007, Band II, Guangzhou, 2008, S. 8. 186

Bei der chromatischen Etüde (s. Abb. 40) wurde die Anforderung gestellt, mit einem bestimmten Tempo zu spielen. Also muss sie auch so schnell gespielt werden, sonst gilt der Test als nicht bestanden (s. a. S. 178).

338 Abb. 41: Etüde von CZERNY Op. 299 Nr. 6 (Stufe VI)

Aus der Abb. 41 ist erkennbar, dass die Anmerkungen zu dieser Etüde eine Übemethode enthalten. Sie ist aber weder inhaltsreich noch ausführlich. Zwar wird eine Variation angeboten; sie bezieht sich aber eigentlich nur auf ein wiederholendes mechanisches Üben, das den 3. und 4. Finger verstärken soll. Um dieses rein technische Training etwas kreativer zu gestalten, kann diese Etüde nach Ansicht des Verfassers auch mit vielen Rhythmisierungen wie folgt geübt werden:339

338 Ebd. S. 10. 339 Umsetzung der Übemethode von Herrn Dir. Johann Winter an der Universität Augsburg. 187

Zwei Rhythmisierungen mit Punktierung:

Abb. 42: Punktierung mit der ersten und dritten Note

Abb. 43: Punktierung mit der zweiten und vierten Note

Vier Rythmisierungen mit unterschiedlichen Akzentuierungen

Abb. 44: Akzent auf der ersten Note

Abb. 45: Akzent auf der zweiten Note

Abb. 46: Akzent auf der dritten Note

Abb. 47: Akzent auf der vierten Note

188

Mit diesem rhythmisierten Üben kann die Stelle in der Abb. 41 mit unterschiedlichen Variationen mehrere Male geübt werden ohne sie ständig wiederholen zu müssen. Hier reicht für jede der sechs Rhythmisierungen ein einmaliges Üben pro Tag aus. Demnach hätte man diese Stelle praktisch sechs Mal einstudiert. Dieses einfache Beispiel ist als ein Denkanstoß gedacht, um Möglichkeiten vieler kreativer, ideenreicher Übemethoden zu eröffnen, die sich dann auch auf andere Musikwerke übertragen lassen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Etüden in der RS ausschließlich eine Erweiterung der Grundübungen darstellen, mit dem Ziel, eine Verbesserung der Spieltechnik zu erreichen. Dabei konzentriert man sich hauptsächlich auf das Fingertraining und nicht auf die gesamte Bandbreite der musikalischen Darstellung. In der Praxis findet man demnach überwiegend das monotone Wiederholen von langweiligen Übungen, anstatt vielfältigere, kreative Übemethoden einzusetzen.

189

7.4 Trainingsziel, Inhalte und Übemethode der polyphonen Werke Die polyphonen Werke bestehen in der RS aus insgesamt 20 Stücken und erscheinen in allen Schwierigkeitsstufen. Davon beinhaltet der dritten Teil der Stufe III bis VII insgesamt 15 Werke (s. a. Tabelle 56). In den Schwierigkeitsstufen I, II, VIII, IX und

X sind sie mit jeweils einem Stück vertreten (s. Tabelle 60).

Titel Komponist Herkunft Stufe

1. Der kleine Kohl 小白菜 GONG Yaonian 龚耀年 (1940-) China 1

2. Im Februar 二月里来 WANG Zhenya 王震亚 (1922-) China 2

3. Liebeslied aus Kangding in Sichuan 康定情歌 CHEN Hongduo 陈鸿铎 (1957-) China 3

4. Bourrée aus BWV 996 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 3

5. Fughette Domenico ZIPOLI (1688-1726) Italien 3

6. Tanz mit Lianxiang (Bambusstöcken) 打莲湘 CHEN Mingzhi (1925-2009) 陈铭志 China 4

7. Menuett aus den Französischen Suiten II BWV 813 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 4

8. Larghetto Domenico SCARLATTI (1685-1757) Italien 4

9. Mutter erzählt... 听妈妈讲那过去的事情 QU Xixian 瞿希贤 (1919-2008) China 5

10. Inventio Nr. 8 BWV 779 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 5

11. Prélude KELLER* Deutschland 5

Freude-Fuge (aus Prelüde und Fuge) China 6 12. 喜悦赋格选自序曲与赋格 DING Shande (1911-1995) 丁善德

13. Bourrée I aus den Englischen Suiten II BWV 807 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 6

14. Inventio Nr. 15 BWV 786 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 6

15. Kindertanz (Fuge) 儿童舞 (赋格) YU Suxian 于苏贤 (1931-) China 7

16. Sinfonia 08 BWV 794 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 7

17. Sonate b-moll K.377 L.263 Domenico SCARLATTI (1685-1757) Italien 7

18. Sinfonia 04 BWV 790 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 8 Fuga aus Präludium und Fuga Nr. 6 (Das 19. Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 9 Wohltemperierte Klavier Teil I) BWV 851

20. Prélude aus den Englischen Suiten III BWV 808 Johann Sebastian BACH (1685-1750) Deutschland 10

Tabelle 60: Überblick zu in den CMV-RS 2007 verwendeten polyphonen Werken

Über das Trainingsziel der polyphonen Werke haben Prof. HUANG und Prof. FU geäußert:

„[...] das Klavier ist deswegen der König der Musikinstrumente, weil es ein Instrument ist, auf dem man mehrstimmige Musik spielen kann [...]. um Klavierspielen zu erlernen, muss man also das Spielen der mehrstimmigen Musik erlernen. Nur so kann man dieses Instrument besser beherrschen.

Die polyphone Musik ist mehrstimmige Musik, die das Klavier mit seinen speziellen Eigenschaften am besten entfalten kann. Das Erlernen des Spielen der polyphonen 190

Musik (zwei, drei, vier, fünf stimmig) trägt auch dazu bei, die Fähigkeit des Gehirns, der Ohren und der Hände zu verbessern. Mit dem Training wird die Fähigkeit des mehrdimensionalen logischen Denkens des Gehirns, das Hörvermögen mit der Mehrstimmigkeit und die Selbstständigkeit der Finger verbessert [...]“340

Das mit den in Tabelle 60 aufgeführten Werken verbundene Trainingsziel ist sehr einseitig auf die Verbesserung der Spielfähigkeit der Kandidaten ausgerichtet. In diesem Sinne ist das Trainingsziel der polyphonen Werke identisch mit denen der Etüden und berücksichtigt nicht die musikalischen Gedanken.

Die in dieser RS verwendeten polyphonen Werke enthalten 7 chinesische Werke und

13 Werke, die aus der Epoche des Barocks stammen (9 Stücke von J. S. BACH, 2

Stücke von D. SCARLATTI, ein Stück von D. ZIPOLI und ein Stück von KELLER) (s. a. Tabelle 60). Die polyphonen Werke anderer Epochen wurden hier jedoch nicht näher betrachtet. Generell stellen die polyphonen Werke in China neben den Etüden einen weiteren wichtigen Lerninhalt in der Unterrichtspraxis dar. Das folgende Notenbeispiel, das der Ausgabe mit Anmerkungen entnommen wurde, beinhaltet Hinweise, wie dieses Stück gespielt werden sollte.

340 ZHOU Mingsun (Hrsg.): Piano Pieces for the National Grading Test, New Edition, Band I, Beijing, 2007, Vorwort S. 5-6. 191

Abb. 48: Bourrée von Bach BWV 996 (Schwierigkeitsstufe 3)341

341 YUAN Tian (Hrsg.): RS mit Anmerkungen 2007, Band I, Guangzhou, 2008, S. 44. 192

Den Noten wurden viele zusätzliche Zeichen hinzugefügt, die im Urtext nicht zu finden sind. Es wird darauf hingewiesen, dass die achtel Noten legato und 16tel Noten staccato gespielt werden müssen. Dafür wird aber eine entsprechende Begründung nicht gegeben. Außerdem beschränkt sich die Übemethode nur auf das getrennte Üben beider Hände.

342 Abb. 49: Prélude von KELLER (Stufe 5)

Hier wurde nur darauf hingewiesen, dass der Unterschied zwischen mf und mp beachtet werden sollte. Über den Begriff „Echo“ wurde kein Wort geschrieben, was für die Barockmusik jedoch ein wichtiger Fachbegriff ist.

Abb. 50: Fuga Nr. 6 aus Das Wohltemperierte Klavier Teil I BWV 851 (Stufe 9)343

342 Ebd. S. 102. 193

Die Triller wurden in Noten dargestellt und sollten von sämtlichen Kandidaten auch dementsprechend gespielt werden. Eine individuelle musikalische Darstellung der Triller wird hier nicht berücksichtigt. In den Noten findet man das Zeichen „T“, also die Abkürzung von „Thema“. Aber die anderen wichtigen Fachbegriffe, wie z. B. Dux, Comes, Gegensatz, Zwischenspiele etc. finden in dem Notenbeispiel keine Erwähnung.

Die Übemethode für die polyphonen Werke bestehen in China hauptsächlich darin, mit den Händen getrennt zu üben und die unterschiedliche Stimmlage zweier Gruppen kombiniert zu üben. Das heißt, zuerst sollte eine Hand eine Stimmlage so lange spielen, bis sie fließend gespielt werden kann: dann erst dürfen beide Hände zusammen spielen. Bei den drei-, vier- oder noch mehr stimmigen Werken sollten immer zwei Stimmlagen kombiniert geübt werden, wie z. B. Bass und Sopran, Bass und Alt, Alt und Sopran. Diese Übemethode stellt eigentlich einen Wiederspruch zum Trainingsziel der polyphonen Werke dar (vgl. S. 190). Durch das Erlernen eines polyphonen Werkes sollten also mehrdimensionale Gedanken entwickelt werden. Aber hier wird stets mit getrennten Händen und zunächst lediglich mit einer Stimmlage geübt. In einem solchen Übeprozess wird jedoch mehr Zeit nur mit einem eindimensionalen Gedankengang beansprucht. Und das Üben mit einer Hand hilft nicht wesentlich dem Spiel mit zwei Händen. Das flüssige Spiel mit einer Stimmlage hilft auch nicht dem flüssigen Spiel mit zwei, drei oder vier Stimmlagen. Ein mehrdimensionaler Gedankengang findet nur dann statt, wenn mit beiden Händen gleichzeitig gespielt, und die Stimmlage auch gleichzeitig geübt wird. Selbstverständlich lässt sich eine schwierige Stelle ab und zu auch mit ein paar Takten von nur einer Stimmlage spielen. Es sollte jedoch von Anfang versucht werden, mit beiden Händen zusammen und mit allen Stimmlagen gleichzeitig zu üben. Nur so findet ein mehrdimensionaler Gedankengang statt.

Die Trainingsziele, Inhalte und Übemethode der polyphonen Werke können wie folgt zusammengefasst werden:

343 YUAN Tian (Hrsg.): RS mit Anmerkungen 2007, Band III, Guangzhou, 2008, S. 28. 194

- Die polyphonen Werke werden wie Etüden unterrichtet. Hier steht das von den

Professoren HUANG und FU auf Seite 190 beschriebene Trainingsziel im Vordergrund.

- Der Unterricht der polyphonen Werke beschränkt sich nur auf die Werke der Barockzeit und auf chinesische Werke. Hier fehlt jedoch die Berücksichtigung anderer Musikepochen.

- Es fehlt eine Berücksichtigung der Urtexte. Auf den Noten werden viele zusätzliche Zeichen gesetzt.

- Die Grundkenntnisse bezüglich der Struktur polyphoner Werke werden im Unterricht nicht detailliert behandelt.

195

7.5 Ein Ausschnitt aus der Video-CD von Prof. ZHOU Mingsun Neben den RS wurden im Jahr 2008 noch 26 Video-CD vom CMV- Prüfungsausschuss herausgegeben: Für die Schwierigkeitsstufe 1-6 jeweils 2 VCD (insgesamt 12 VCD), für die Stufe 7-8 jeweils drei VCD (insgesamt 6 VCD) und für die Stufe 9-10 jeweils vier VCD (insgesamt 8 VCD). Durchschnittlich dauert eine VCD etwa 45 Minuten (26 VCD haben eine Spielzeit von ca. 19.5 Stunden).

Abb. 51: Hülle der VCD (CMV-PGT 2007) von Stufe 8344

Auf der Hülle der VCD wird drei Mal (s. Markierungen auf Abb. 51) betont, dass sie

in Verbindung mit dem PGT-RS 2007 als einzige Jiào Cái (chin. 教材 = dt.

Studienbuch, Unterrichtsmaterial) des CMV-PGT für das Erlernen des Klavierspiels gedacht ist. Das heißt, dass diese RS nicht nur zu Prüfungszwecke verwendet werden, sondern auch Übungsaufgaben für den alltäglichen Unterricht enthalten. Es wird auch darauf hingewiesen, dass seit 2007 nur diese RS beim CMV-PGT verwendet wurden. Daher ist deutlich zu erkennen, dass diese RS und VCD eine entscheidende Rolle auch im alltäglichen Unterricht spielt. Im Text auf der Hülle der VCD erfährt man etwas über das Ziel der Veröffentlichung dieser VCD.

„Um das Lehren dieser RS in den Schwierigkeitsstufen 1-10, das Selbststudium und den weiteren Bedarf der Musikliebhaber gut aufeinander abzustimmen, wurde der

Herausgeber der RS, Prof. ZHOU Mingsun eingeladen, einen Vortrag zu halten und eine

344 ZHOU Mingsun: VCD zur CMV-PGT-RS 2007, Beijing, 2007, Stufe 8. 196

Demonstration zu geben. Die in der RS aufgetauchten Druckfehler werden hierbei

angesprochen und korrigiert. Prof. ZHOU äußert sich detailliert über die Interpretation, Spieltechnik, Lernmethode und über die ggf. während Lernen aufgetauchten Schwierigkeiten.“345

Ein Abschnitt aus der VCD wird jetzt beispielhaft vorgestellt. Er bezieht sich auf das 3. Klavierwerk vom 3. Teil (Barock-Klassik) aus der Schwierigkeitsstufe 8: Der 3. 346 Satz aus der Sonate C-Dur (KV. 330) von MOZART. Die Demonstration dauert etwa

15 Minuten (27:00-42:00 Min. in VCD). Prof. ZHOU hat diesen Satz gemäß der Reihenfolge Exposition-Durchführung-Reprise vorgestellt. Dabei wird die Exposition mit ca. 9 Minuten (27:00-36:00), die Durchführung mit etwa 4 Minuten (36:00-40:00) und die Reprise ca. 2 Minuten (40:00-42:00) besprochen.

Die Demonstration hinsichtlich der Exposition wurde anhand der VCD mit den folgenden 12 Punkten notiert und übersetzt. Zunächst gibt Prof. ZHOU eine allgemeine

Vorstellung zur Musikstilrichtung von MOZART:

„C-Dur ist eine helle Tonart bei den Werken Mozarts. Der Charakter dieses Stückes ist sehr lebhaft, aber auch kultiviert und zierlich. Dieses Werk wird mit der Tempobezeichnung Allegretto am Anfang gekennzeichnet. Es sollte sehr fröhlich dargestellt werden. (27:00)“347

1 Thema: Das Thema besteht aus einem vier Takt (Takt1-4) (27:10)348

• Der Rhythmus des ersten Schlags Mi (e²) ist eine punktierte Achtelnote und belegt drei Viertel dieses Schlags. Fa, so (f², g²) belegen zusammen ein Viertel. Die zwei 32. Noten sollten sehr leicht gespielt werden. Mi (e²) sollte akzentuiert

345 Ebd. 346 Ebd. Stufe 8. 347 Ebd. 348 Die Aufklärungen beschränken sich ausschließlich auf die Spielweise von Rhythmus, Vorschlag und Triller. Über die musikalische Interpretation, wie z. B. über die melodische, thematische, harmonische, dynamische, formale und ästhetische Gestaltungen etc. wird kaum gesprochen. 197

werden, weil er auf den ersten Schlag liegt. (Demo.349: richtiges und falsches Spiel) Wenn es so gespielt wird, klingt es nicht korrekt. • Kurzer Vorschlag im zweiten Takt fa (f²) und do (c²) sollten gleichzeitig gespielt werden. • Der Triller im vierten Takt Dieser Triller kann fünf oder vier Töne gespielt werden, weil jeder dies anders auffasst.

2 Legato-Bogen im 6ten Takt (29:16)350

Die Bögen spielen eine große Rolle in der Mozartmusik. Sie sollten mit der Methode „Luo-Gun“ (fallen - heben) gespielt werden und bereits im anfänglichen Unterricht erlernt werden. Das Handgelenk geht nach unten und dann wieder hinauf.

3 Im 9ten Takt wird mit „forte“ begonnen (30:08).351 Hier gilt das Artikulationszeichen „forte“. Die Linkshand spielt mit Arpeggio und gebrochenen Oktave- Intervallen. So klingt es lebendiger.

4 Überleitung im 16ten Takt (30:32)

Die Überleitungen in diesem Stück wurden meist mit 16tel Triolen komponiert. Wenn in den 16. und 17. Takten lauter gespielt würde, könnten die 18. und 19. Takte leichter gespielt werden, um einen Unterschied zu schaffen.

349 Demo. = beispielhafte Demonstration gemäß VCD. 350 Über das Bögen-Spiel (fallen-heben) wird in der VCD sehr oft gesprochen. Er scheint die Meinung zu vertreten, dass die Mozartmusik nur gut interpretiert werden kann, wenn die Bögen korrekt gespielt werden. Jedoch wird hier nicht über die Agogik, Klangfantasie und Nuancierung etc. gesprochen. 351 Hier wird kein Urtext verwendet, wobei auch nicht erklärt wird, welche Auflage hier zum Einsatz kommt. Eine solche vorbildliche Lehrart kann für eine auf texttreu-orientierte Interpretation keinen Betrag leisten, wie z. B. das „f“, das in dem Urtext nicht zu finden ist. 198

5 Seitensatz (21 Takt) (31:00)

Hier ist eine sehr lyrische Melodie als Zwischenspiel wiederzufinden. Die Linkshand spielt sehr leicht und stilvoll; die Rechtshand wiederum spielt sehr fein. Die vier kleinen Töne der Rechtshand sollten mit dem 6ten Ton der Linkshand gleichzeitig und leicht gespielt werden. Wenn viel Kraft eingesetzt wird, kann man beim Spiel des 6ten Tons der Linkshand die vier Töne der Rechtshand nicht fertig spielen.352

6 Bogen in 26-28 Takte (32: 00)353

Zuerst wird legato und dann staccato gespielt, so klingt es sehr lebhaft. Zum Schluss sollte diese Ausdrucksweise mit dem Bogen besonders berücksichtigt werden. Beim ersten Ton fällt es nach unten, um zu akzentuieren. Der zweite Ton muss piano, also zart gespielt werden (Demo.).

7 Akzent im 32ten Takt (32:50)354

Hier wird nur der erste Ton akzentuiert. Der gesamte Schluss der Phrasierung und der Legato-Bogen sollten leicht gespielt werden.

352 S. a. Fußnote 348. 353 S. a. Fußnote 350. 354 Ebd. 199

8 Das 2. Thema (33 Takt) (33:06)355 Der erste Ton ist ein Höhepunkt. Der Schluss der Phrasierung ist hingegen ein Bogen (Demo.).

9 Triller ( Takt 39) (33:30)356

Dieser Triller sollte sehr leicht und geschickt gespielt werden (Demo.). Nachdem der erste Ton gespielt wurde, werden die anderen Töne losgelassen. Beim Triller mit La (a²) sollte ein Kreuz „ “ ergänzt werden, also beim Spiel statt g², sollte gis² gespielt werden (34:04 - 34:20).

10 Vorschlag (Takt 54) (34:42)357

xi (h¹) und fa (fis¹) sollten gleichzeitig gespielt werden (34:50 - 34:58).

11 Triller (Takt 60) (35:10)358

355 Ebd. 356 S. a. Fußnote 351. Das ergänzte Kreuz ist im Urtext auch nicht zu finden. Es wird aber in der VCD betont, dass man mit Kreuz spielen sollte. 357 S. a. Fußnote 348. 358 Ebd. 200

Der Triller kann mit seinem oberen Ton begonnen werden, xi la xi la...(h¹a¹...... ). Es ist einfacher zu spielen, wenn in der Form 2 zu 1 gespielt wird. Das heißt, die Rechtshand spielt zwei Töne, wobei die Linkshand einen Ton spielt.

12 Die 32tel Triole (Takt 65) (35:43)359

Die drei Töne sollten mit dem letzten Ton der Linkshand gleichzeitig gespielt werden.

In der Durchführung (ab Takt 69) (36:08) hat Prof. ZHOU hauptsächlich über die Bögen gesprochen: 360 Hier kommt etwas Neues vor (Demo. Takt 69-80). Im Takt 77 sollte fließend gespielt werden. Hier gibt es viele Bögen. Ab Takt 75 sollte das Handgelenk immer beim ersten Ton fallen, danach wiederangehoben werden. Wenn die Bögen nicht richtig gespielt werden, dann kann diese Stelle nicht gut durchgeführt werden. Wenn die Bögen sehr hart gespielt werden (Demo. 37:23-37:28), dann wirkt der Charakter der Mozartmusik nicht mehr kultiviert und fein. Wenn zu Beginn der Unterrichtsreihe bereits „Luo-Gun“ (fallen-heben) erlernt wurde, so kann es an der Stelle nochmal wiederholt werden. Wenn dies jedoch noch nicht erlernt wurde, sollte die Anweisung des Lehrers beachtet werden. Andernfalls lassen sich der Charakter und der entsprechende Stil schwer interpretieren.

(Demo. Takt 85-95, nochmal die Bögen in den Vordergrund setzen. In Takt 92-95 wurde ein falsches Spiel demonstriert). Wenn das Handgelenk zu angespannt ist und die Bögen ohne Gefühl gespielt werden, dann geht auch die Bedeutung verloren. Obwohl die Noten hier nicht so kompliziert sind, können der Charakter und der Stil nicht richtig interpretiert werden wenn die Spieltechnik nicht richtig ist. Im internationalen Wettbewerb muss der Kandidat seine Fähigkeiten unter

Beweis stellen, wenn eine Sonate von MOZART als Pflichtprogramm vorgegeben wird. Warum ist es oft

zu hören, dass die Musik von MOZART zu schwer zu spielen ist? Die Antwort darauf ist, dass es einfach ist, einige Takte fehlerlos zu spielen. Aber es ist sehr schwer, das ganze Werk vollständig richtig zu spielen (Demo.). Denn es darf bei dem Stück auch nicht übertrieben werden. Es ist so, als ob sich jemand zu viel geschminkt hätte, es klingt also unangenehm. Deswegen ist es notwendig, auf sämtliche Kleinigkeiten zu achten.

In der Reprise (ab Takt 96) (39:50) hat Prof. ZHOU zu den folgenden zwei Punkten Stellung genommen:

359 Ebd. 360 S. a. Fußnote 350. 201

Die in der Reprise verwendeten musikalischen Elemente sind fast gleich wie in der Exposition. Wenn bereits bei der Exposition des Stückes gut gespielt wurde, sind bei der folgenden Stelle grundsätzlich keine großen Probleme zu erwarten.

1 Triller (Takt 142) (40:11)361 An dieser Stelle muss auf eines hingewiesen werden. Beim Triller im Takt 142 sollte auf la (a¹) ein ergänzt werden, statt g¹sollte gis¹ gespielt werden. Im Takt 143 ebenso, bei re (d²) sollte ein ergänzt werden, wobei anstatt do (c²), cis² gespielt werden sollte. So klingt es besser.

2 Coda (Takt 164) (41:14) • Zum Schluss kommt etwas Neues.

Hier (Takt 166) gibt es zwei 16tel Triolen. Mit der Linkshand kommen hier 3 zu 2 oder 6 zu 4 Töne vor (Demo.). • Akkorde bei den letzen Taken362

Beim Takt 169 sollte besonders auf die Bögen geachtet werden (Demo.). Die Akkorde der letzten beiden Takte sollten sehr stolz gespielt werden. Es sollte jedoch nicht zu laut sein. Die Töne der Akkorde sollten zudem gleichzeitig gespielt werden. Sie sollten lebendig, aber nicht zu rau oder wild gespielt werden.

Zu der VCD ist anzumerken, dass die Ausführungen für den Zuschauer klar und eindeutig sind. Prof. ZHOU hält darin einen sehr deutlichen und informativen Vortrag. Die stilistische Darstellung der einzelnen Werke ist in Ordnung. Die Zeichen auf den

361 S. a. Fußnote 348. 362 S. a. Fußnote 350. 202

Noten werden sehr eindeutig und korrekt gedeutet. Dabei werden einmal die gute und einmal die falsche Spielweise miteinander vergleichend dargestellt. Zum Ende spielte

eine Schülerin den von Prof. ZHOU in der VCD erläuterten 3. Satz aus der Sonate C-

Dur (KV. 330) von MOZART komplett vor. Dieses Vorspielen ist für die Kandidaten eine sehr gute Gelegenheit, ein bekanntes oder unbekanntes Werk unmittelbar über Ton und Bild zu erfahren.

Aus diesem Ausschnitt lässt sich auch der Unterschied in der Denkweise zwischen der West- und Ostkultur wahrnehmen. Die Interpretation dieses Werkes mit seiner als Vorbildfunktion zu betrachtenden Lehrart lässt keine Möglichkeit von unterschiedlichen Betrachtungsweisen zu. Außerdem werden in der VCD die folgenden Punkte nicht angesprochen: Das korrekte Lesen von Notentexten, die Akustik beim Spielen und die Individualität der musikalischen Darstellung.

7.6 Zusammenfassung Aus der Untersuchung der Zusammensetzung des Prüfungsprogramms der CMV-RS 2007 wird ersichtlich, dass der Herausgeber vom älteren Konzept der RS abweichen will. Er konnte aber das gegenwärtig bestehende Pädagogikmodell noch nicht durchbrechen, weil für die chinesischen Klavierpädagogen traditionell immer noch das Training der Spieltechnik im Vordergrund steht. Das Prüfungsprogramm besteht überwiegend aus Grundübungen, Etüden und polyphonen Werken, mit der Folge, dass die Auswahl von anderen Musikwerken mit unterschiedlichen Stilrichtungen sehr eingeschränkt ist. Durch den Piano Grading Test haben die Kandidaten also keine Möglichkeit, andere Klavierwerke bzw. Musikrichtungen kennenzulernen, wie z. B. die Musikwerke des Impressionismus, Jazz, Rock und Popmusik etc. Obwohl sich der Herausgeber sich auf dieser Basis bemühte, die Zusammensetzung des Prüfungsprogramms innovativer zu gestalten, d.h. in den verschiedenen Schwierigkeitsstufen die Werke schwerpunktmäßig unterschiedlich einzuordnen (s. Tabelle 56), hat er sich jedoch nicht weit genug von dem reinen Training mit Spieltechnik entfernt. In der RS werden Technik und Musik immer getrennt betrachtet.

Sogar die Klavierwerke von BACH und seiner zeitgenössischen Komponisten waren in der Unterrichtspraxis eher Gegenstand der Verbesserung des mehrstimmigen Spielens und mehrdimensionaler Gedanken. Aus klavierpädagogischer Sicht vertritt der

203

Verfasser die Meinung, dass die Grundübungen und Etüden aus allen Prüfungsprogrammen abgeschafft werden sollten.

Die Übemethode der Grundübungen (Tonleiterspiel etc.), Etüden und polyphonen Werke beschränkt sich auf das Spielen mit beiden Händen getrennt und auf ein langsames Üben. Weitere vielfältige, kreative Übemethoden werden nicht angeboten. Da einerseits die Anmerkungen in der RS den Kandidaten als Vorbildfunktion dargelegt werden, aber dort andererseits entsprechende Erklärungen sowie Begründungen fehlen, wissen die Schüler zwar wie das entsprechende Stück klingen muss, jedoch wissen sie nicht, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Beim täglichen Üben stehen die Anweisungen des Lehrers im Vordergrund. Dies führt dazu, dass die Schüler nur nach den Anweisungen ihres Lehrers ein Musikwerk interpretieren können. Ein selbständiger Umgang mit den Noten wird mit dieser Lern- und Unterrichtsmethode nicht gefördert. Dadurch wird ein eigenverantwortliches Selbststudium von Musikwerken behindert.363 Kurz gesagt: Die CMV-RS 2007 trägt nicht zur musikalischen Kreativität bei.

363 REN Yi: The Pieces of the Grading Test should be Player Musically, in: Piano Artistry, Beijing, 04/2008, S. 36. 204

8 Perspektiven

Der PGT spielt in der Klavierpädagogik Chinas eine überragende Rolle und ist eng verbunden mit der historischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Chinas. Obwohl sein Weg mit bedauernswerten Begleiterscheinungen verbunden war, erlebte die Klavierausbildung in den vergangenen 30 Jahren, im Vergleich zu den Jahrzehnten davor, ihre beste Entwicklungsphase. Das Piano Craze der 1980er Jahre und der sich dadurch offenbarende Mangel an qualifizierten Klavierlehrern förderte die Entstehung des PGT maßgeblich. Mit einer ständig wachsenden Anzahl von gut ausgebildeten Klavierlehrern wird aus Sicht des Verfassers der Zeitpunkt kommen, wo dieses aus der Not geborene Konstrukt „PGT“ durch zeitgemäße Testmethoden ersetzt werden sollte. Die Weiterentwicklung Chinas auf fast allen Gebieten führt schon heute zu einer interkulturellen Kommunikation, die sowohl viele Chancen und Herausforderungen im Bereich der Klavierpädagogik auf nationaler Ebene bieten, als auch interessierten internationalen Musikpädagogen und Musikwissenschaftlern Möglichkeiten einer kooperativen Zusammenarbeit eröffnen. Dadurch enthält China die Chance, der Welt seine jahrtausendealte Musikkultur vorzustellen. Um diese Ansichten näher zu erläutern, werden dazu die Perspektiven zu den PGT, zur Klavierpädagogik, sowie zu den Chancen und Herausforderungen aufgezeigt.

(1) Perspektiven zu den PGT Der PGT wird in China sicherlich noch für eine längere Zeit existieren. Deswegen greift der Verfasser an dieser Stelle die Themen auf, die zukünftig beim PGT im Mittelpunkt stehen sollten: die Interessen der Kandidaten und deren Freude am Musizieren.

- Der PGT sollte die Einsicht vermitteln, dass das Erlernen eines Musikinstrumentes einen längeren Weg beansprucht, der nur mit Freude und Kreativität erfolgreich begangen werden kann.

- Die Bewertungskriterien sollten detailliert ausgearbeitet und bekannt gegeben werden.

- Die Prüfer sollten speziell für den Test ausgebildet und die von ihnen ausgestellten Prüfungsprotokolle auch möglichst detailliert angefertigt werden.

205

- Die begabten Schüler sollten durch den Test entdeckt und gefördert werden.

- Der Test sollte gemeinsames Musizieren fördern und das Ensemblespiel in den Vordergrund stellen.

- Das Prüfungsprogramm sollte einen vielfältigen Musikkulturkreis berücksichtigen.

- Statt der Veröffentlichung von RS sollten für die Kandidaten die entsprechenden Musikwerke auf einer Datenbank im Internet bereit stehen.

(Zum Thema „Datenbank“ siehe Ausführungen des Verfassers auf S. 140 f.). Mit ihr ließe sich die gesamte Bandbreite eines Prüfungsprogramms kreativ steuern. Eine Möglichkeit sei hier beispielhaft angeführt: Drei Monate vor dem Test erhält der Kandidaten im Internet von der Suchmachine per Zufallsgenerator ein Musikstück, das bis zu Prüfung auswendig gelernt werden muss. Dazu gehören auch Kenntnisse über den Komponisten und seinen Musikstil. Einen Monat vor dem Test bekommt der Prüfling durch das Internet erneut ein Musikwerk zur Verfügung gestellt, das jedoch nicht auswendig gelernt werden muss. Eine Woche vor dem Test erhält der Kandidat erneut ein einfaches Musikstück zum Einüben und einen Tag vor dem Test wird dem Prüfling schließlich das letzte Musikstück zur Verfügung gestellt. Diese durch einen Zufallsgenerator ausgegebenen vier Werke muss der Kandidat beim Test vorspielen können. Für das Einüben der letzten beiden Werke sind Flexibilität, Kreativität, Phantasie und Improvisationsgabe gefragt, so wie es auch die alltägliche Musikpraxis erfordert.

- Zusätzlich sollten die Kandidaten über Internetforen untereinander in Kontakt treten, wo sie sich über aktuelle Themen austauschen und auch ihre Videos zum Üben oder für den Unterricht hochladen können.

- Die Beherrschung angemessener Übemethoden sollte ein Teil des Tests sein. An einer bestimmten Stelle des Musikstücks sollte der Prüfer den Kandidaten fragen, welche Übemethoden er dafür zu Hause einsetzt (s. a. S. 187 f.).

- Die Kandidaten sollten ihr Prüfungsstück in einer konzertähnlichen Atmosphäre aufführen und auch zu Ende vorspielen können.

- Die Grundübungen und Etüden sollten aus dem Prüfungsprogramm entfernt werden. Stattdessen sollten andere unterschiedliche Musikstillrichtungen hinzugefügt werden. Um ein möglichst breites Spektrum der Musikkultur zu

206

erlernen, sollte auch die Jazz-, Rock- und Popmusik aus dem 20. Jahrhundert das Prüfungsprogramm bereichern.

- Der Test sollte sich nicht nur auf das Vorspielen der Klavierwerke konzentrieren, sondern auch die Improvisation mit einbeziehen.

- Der Urtext sollte im Test verwendet werden. (2) Perspektiven zur Klavierpädagogik In der Klavierpädagogik sollten die folgende Punkte berücksichtigt werden: Die für den PGT zuständigen Verantwortlichen sollten sich bewusst werden, dass der PGT nur einen Teil der gesamten Klavierpädagogik repräsentiert, und nicht etwa den Hauptteil.

- Die Instrumentalmusikpädagogik und die Psychologie des Instrumentalunterrichts sollten einbezogen werden. Der Lern- und Unterrichtprozess sollte ein größeres Gewicht erhalten. Die einzusetzenden Unterrichts- und Übemethoden sollten dauf ausgerichtet sein, einen krativen, abwechslungsreichen Musikunterricht gestalten zu können. Als Lernziel sollte nicht die virtuose Spieltechnik im Vordergrund stehen, sondern die Freude am Musizieren.

- Die Klavierausbildung sollte aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und unterrichtet werden, um zu verhindern, dass im ganzen Land nur ein Modell eingesetzt wird.

- Den Schülern und Amateuren sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die Musikwerke aller Länder und Kulturbereiche kennenzulernen. Dafür müssten die entsprechenden Lernmaterialien (Musikwerke aus allen Ländern) zur Verfügung gestellt werden. Außerdem wird vom Verfasser empfohlen, Kontakte zu internationalen Stiftungen oder Organisationen mit musikkulturellem Hintergrund zu knüpfen, die alle zwei oder vier Jahre ein Kompositionswettbewerb arrangieren könnten, um junge Komponisten aus allen Kulturkreise der Welt zu fördern und zu unterstützen. Ihre Werke müssten nicht unbedingt die Klasse eines Meisterwerks besitzen. Sie könnten auch nur aus 8 oder 16 Takten bestehen und sollten für den Musikunterricht in Unter-, Mittel- und Oberstufe zu unterscheiden sein. (3) Perspektiven zu den Chancen und Herausforderungen Die Untersuchungsergebnisse und deren Analyse zur aktuellen Lage der Klavierausbildung Chinas sind als ein Beitrag für die 207

Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Instrumentalmusikerziehung Chinas zu verstehen, auch unter dem Blickwinkel der sich abzeichnenden Zusammenarbeit mit internationalen Musikpädagogen und Bildungsinvestoren. Um die guten Voraussetzungen für zukünftige Entwicklungen besser erkennen zu können, wird hier auf veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen hingewiesen, die unter a) und b) näher erläutert werden. Sie sind auch für westliche Investoren im Bereich Musikbildung, die einen Zugang zum chinesischen Bildungsmarkt anstreben, von großer Bedeutung. a) Die Welthandelsorganisation (WTO) und die zukünftige Entwicklung der Instrumentalmusikerziehung in China Als die chinesische Regierung am 11. Dezember 2001 der WTO beitrat, wurden die wirtschaftlichen Beziehungen zu den ausländischen Markteilnehmer neu geregelt. Dabei musste die chinesische Regierung internationale Verpflichtungen eingehen, die von der chinesischen WTO-Arbeitsgruppe im Bereich Bildungsinstitute wie folgt formuliert wurde:

“Excluding special education services e.g. military, police, political and party school education […] excluding national compulsory education […] Limitations on market ac- cess […] Joint schools will be established, with foreign majority ownership permit- ted.”364

Der Bereich „Private Musikschulen“ fällt demnach unter die Regelung der WTO und steht somit auch ausländische Investoren offen. Die bestehende hohe Nachfrage nach Instrumentalmusikausbildung und das zunehmenden Bedürfnis nach Theoriekenntnissen über Instrumentalmusikpädagogik kann der inländische Markt zur Zeit alleine nicht abdecken. Daraus entwickeln sich für ausländische Instrumentalpädagogen und Bildungsinvestoren außergewöhnliche Marktchancen. b) Die Statuten der Volksrepublik China für chinesisch-ausländisch kooperativ betriebene Schulen und die darin enthaltenen Möglichkeiten und Grenzen. Am 19. Februar 2003 wurden diese Regulations of the People’s Republic of China on Chinese-Foreign Cooperation in Running Schools 365 in der 68. Sitzung des ständigen

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Ausschusses des Staatsrates angenommen, am 01. März 2003 vom Ministerpräsident des Staatsrates ZHU Rongji (朱镕基) erlassen und am 01. September 2003 in Kraft gesetzt. Dieses Statut schafft eine gesetzliche Grundlage für die Möglichkeit, Erziehungseinrichtungen von ausländischen und chinesischen Bildungsträgern kooperativ betreiben zu können. Es erteilt auch jenen Bildungsträgern, die nach dem Gesetz selbständige Lehrtätigkeit durchführen, die Richtlinienkompetenz für ihren Lehrplan. Der Staat schafft darüber hinaus bestimmte Anreize für Prestigeprojekte im Bereich der Hochschul- und Berufsbildung, vor allem für Kooperationen zwischen chinesischen und ausländischen Hochschulen 366 . Davon ausgenommen sind Einrichtungen im Bereich der militärischen, polizeilichen und politischen Bildung. Das Statut ermöglicht die Einführung fortschrittlicher ausländischer Erziehungsressourcen und -erfahrungen und wird als eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden Bildungssystems angesehen

Die Entwicklung der Klavierausbildung in China ist noch sehr jung und bietet in der Perspektive sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten, die den PGT als auch den AGT in der gegenwärtigen Form nur als eine Zwischenstation auf dem Weg zu einer ambitionierten künstlerischen Ausbildung für Amateure in China erscheinen lassen.

366 Ebd. S. 41-42. 209

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219

Horst STURM (Photographer): Die große Sportschau der Jugend nach der Eröffnung der Weltfestspiele am 5.8.1951, Bild 183-11500-1062, Bundesarchiv, in: http://www.bild.bundesarchiv.de/cross- search/search/_1272811025/?search[view]=detail&search[focus]=1, Aufruf am 02.05.2010. Duden-Oxford -Großwörterbuch Englisch. 2. Aufl. Mannheim 1999. [CD-ROM]. Sat_Wolf, Bayern.

220

Anlagen

Anlage 1 CMV-Bewertungsformular367 (s. a. Tabelle 7)

367 Freundliche Unterstützung von Herr QIAO Jianguo. 221

Anlage 2: ABRSM-Bewertungsformular368 (s. a. Tabelle 8)

368 Foto aus: http://www.sgwritings.com/bbs/attachment.php?aid=15743, Aufruf am 04.09.2009. 222

Abbildungen

Abb. 1: Samuel Robins Brown ...... 12

Abb. 2: CAI Yuanpei in Berlin im Jahr 1908 ...... 20

Abb. 3: Dr. XIAO Youmei ...... 22 Abb. 4: Die große Sportschau der Jugend nach der Eröffnung der Weltfestspiele am 5. August 1951...... 33 Abb. 5: Ohne Titel ...... 40 Abb. 6: Zahl der in China vom Xinghai-Klavierbaubetrieb verkauften Klaviere ...... 41 Abb. 7: Die Provinz Guangdong...... 44 Abb. 8: Guangzhou und Hongkong ...... 44 Abb. 9: Das ABRSM-Musikexamen wurde im Jahr 1987 zum ersten Mal in diesem Text auf Chinesisch erwähnt...... 48 Abb. 10: Im Jahr 1988 wurde in diesem Text empfohlen, das ABRSM-Musikexamen von China zu übernehmen...... 49 Abb. 11: Entwicklung der jährlichen Teilnahmerzahlen am ABRSM-Musikexamen 53 Abb. 12: Die Abstufungen beim ABRSM-PGT ...... 54 Abb. 13: Die Abstufungen beim CMV-PGT ...... 54 Abb. 14: Prüfungsübersicht der ABRSM-Musikexamen ...... 56 Abb. 15: Entwicklungstendenz des SHMV-PGT vom Jahr 1988 bis zum Jahr 2001 .67 Abb. 16: Entwicklungstendenz des CMV-Tests vom Jahr 1991 bis zum Jahr 2002...68 Abb. 17: Vergleich zwischen Überspringer und Nichtspringer...... 75 Abb. 18: Verhältnis der Anzahl der Nichtspringer zu Überspringern nach Testjahrgängen...... 76 Abb. 19: PGT-Statistik der von den 12 Kandidaten im Jahr 1997, 1998 und 1999 in Shanxi bestandenen Stufen ...... 77 Abb. 20: PGT-Statistik der von den 29 Kandidaten im Jahr 1997 und 1998 in Shanxi bestandenen Stufen ...... 77 Abb. 21: PGT-Statistik der von den 38 Kandidaten im Jahr 1998 und 1999 in Shanxi bestandenen Stufen ...... 77 Abb. 22: PGT-Statistik der von den 20 Kandidaten im Jahr 1997 und 1999 in Shanxi bestandenen Stufen ...... 78 Abb. 23: Überblick über die Springer beim SXMV-PGT ...... 78

223

Abb. 24: Statistik der von den Kandidaten bestandenen Stufen (1997-1999 in Shanxi) ...... 80 Abb. 25: AGT-Organisationsstruktur ...... 83 Abb. 26: Überblick über die Verbreitung der Prüfungsinstitute im Jahr 2007...... 103 Abb. 27: Prüfungsprogrammverzeichnis der RS 2001 in Guangdong ...... 118 Abb. 28: Notenbeispiel aus der RS 1990 in Shanghai...... 122 Abb. 29: Überblick über die Komponisten mit ihren Werken im Verhältnis (Anzahl und %) zur untersuchten Gesamtzahl der ausgewählten Musikwerke in den RS ...... 141 Abb. 30: Proportion der Verwendungshäufigkeit nach den jeweiligen Ländern...... 144 Abb. 31: Überblick der geographischen Herkunft der in den RS verwendeten Musikwerke...... 144

Abb. 32: Übersicht der verwendeten Klavierschulen von J. S. BACH in den RS ...... 146

Abb. 33: Die in den RS verwendeten Etüden von CZERNY ...... 155 Abb. 34: Das Verhältnis der komponierten chinesischen Klavierwerke zu den Arrangements...... 159 Abb. 35: „Pfau“ aus der Suite „Zoo“...... 163 Abb. 36: Statistische Darstellung der Zusammensetzung von der CMV-RS 2007 ...173 Abb. 37: Statistische Darstellung der Zusammensetzung von CMV-RS 2007 nach Schwierigkeitsstufen...... 174 Abb. 38: Die Grundübungen in der Schwierigkeitsstufe III...... 182

Abb. 39: Etüde von CZERNY Op. 599 Nr. 59 (Schwierigkeitsstufe II)...... 186

Abb. 40: Etüde von CZERNY Op. 636 Nr. 19 (Schwierigkeitsstufe VI) ...... 186

Abb. 41: Etüde von CZERNY Op. 299 Nr. 6 (Stufe VI)...... 187 Abb. 43: Punktierung mit der ersten und dritten Note...... 188 Abb. 44: Punktierung mit der zweiten und vierten Note ...... 188 Abb. 45: Akzent auf der ersten Note ...... 188 Abb. 46: Akzent auf der zweiten Note...... 188 Abb. 47: Akzent auf der dritten Note...... 188 Abb. 48: Akzent auf der vierten Note...... 188 Abb. 48: Bourrée von Bach BWV 996 (Schwierigkeitsstufe 3)...... 192

Abb. 49: Prélude von KELLER (Stufe 5) ...... 193 Abb. 50: Fuga Nr. 6 aus Das Wohltemperierte Klavier Teil I BWV 851 (Stufe 9) ..193 Abb. 51: Hülle der VCD (CMV-PGT 2007) von Stufe 8...... 196 224

Tabellen

Tabelle 1: Unterrichtsplan für den Liederunterricht an der pädagogischen Universität Beijings im Jahr 1912 ...... 19 Tabelle 2: Professionelle Musikbildungsinstitute im Jahr 1960...... 29 Tabelle 3: Pflichtprogramm in Fach Klavier bei der Aufnahmeprüfung der Musikhochschulen im Jahr 1955 ...... 30 Tabelle 4: Pflichtprogramm in Fach Klavier bei der Aufnahmeprüfung der Musikhochschulen im Jahr 1959 ...... 30 Tabelle 5: Chinesischen Pianisten in den internationalen Klavierwettbewerben 1951- 1964...... 34 Tabelle 6: Vergleich der Prüfungsstücke der Stufe 8 von CMV-PGT und ABRSM- PGT im Jahr 1990 ...... 57 Tabelle 7: CMV-Bewertungsformular ...... 59 Tabelle 8: ABRSM-Bewertungsformular ...... 60 Tabelle 9: Vergleich der ABRSM-PGT und CMV-PGT...... 63 Tabelle 10: die Tests vom Jahr 1987 bis zum Jahr 1992 ...... 64 Tabelle 11: die Tests von 1993 bis 1998 ...... 65 Tabelle 12: Anzahl der Kandidaten bei SHMV-PGT...... 67 Tabelle 13: Anzahl der Kandidaten bei CMV-Tests...... 67 Tabelle 14: Anzahl der Kandidaten, die den SXMV-PGT im Jahr 1997, 1998 und 1999 bestanden...... 75 Tabelle 15: Mehrfach bestandene Prüfungen im Zeitraum von 1997 - 1999 ...... 75 Tabelle 16: Die polyphonen Werke der Stufe 1-10 aus der RS des CMV-PGT 1997.79 Tabelle 17: Mitglieder der AGT-Leitungsgruppe im Kulturministerium...... 89 Tabelle 18: Mitglieder des Ständigen Büros der AGT-Leitungsgruppe im Kulturministerium...... 89 Tabelle 19: Zeitangaben für die Bearbeitung der AGT-Verwaltungsrichtlinien von 2002 und 2004...... 91 Tabelle 20: Anzahl der Mitglieder der Expertenausschüsse der ersten und zweiten Legislaturperiode ...... 98 Tabelle 21: Arbeitsschwerpunkte der Mitglieder im Expertenausschuss (Fach Musik) der ersten und zweiten Legislaturperiode ...... 99 Tabelle 22: Vergleich der Aufgaben der AGT-Verwaltungsorgane...... 101 225

Tabelle 23: Anzahl der Prüfer im Jahr 2003...... 105 Tabelle 24: Anzahl der Prüfer nach Prüfungsinstituten 2006...... 106 Tabelle 25: Anzahl der Prüfer nach Prüfungsinstituten 2007...... 107 Tabelle 26: Prüfungsfächer der unterschiedlichen Prüfungsinstitute ...... 109 Tabelle 27: Die vorgeschriebene Prüfungsgebühr für den Fachbereich Musik...... 110 Tabelle 28: Prüfungsgebühr der unterschiedlichen Prüfungsinstitute ...... 110 Tabelle 29: Untersuchte Repertoiresammlungen für den PGT...... 113 Tabelle 30: Überblick der Programmlisten oder RS des Pianistenverbandes Guangdong...... 115 Tabelle 31: Zusammensetzung des Prüfungsprogramms des Pianistenverbandes Guangdong 1989-2002...... 116 Tabelle 32: Überblick der Herausgeber von Repertoiresammlungen des Musikerverbandes Shanghai ...... 123 Tabelle 33: Zusammensetzung des Prüfungsprogramms von SHMV...... 123 Tabelle 34: Entwicklung der geprüften Schwierigkeitsstufen des SHMV ...... 124 Tabelle 35: Prüfungsprogramme von 1999-2008 an den SHMV ...... 125 Tabelle 36: Überblick der Repertoiresammlungen des Chinesischen Musikerverbandes...... 127 Tabelle 37: Überblick der Zusammensetzungen des Prüfungsprogramms beim CMV von 1990 bis 2007...... 128 Tabelle 38: Überblick über die veröffentlichten Repertoiresammlungen der Zentral- Musikhochschule ...... 133 Tabelle 39: Zusammensetzung des Prüfungsprogrammes der RS von der ZMH...... 134 Tabelle 40: Die unterschiedlichen Auswahlmöglichkeiten bei den Prüfungsprogrammen in den untersuchten RS ...... 139 Tabelle 41: Auszug aus der Datenbank ...... 140 Tabelle 42: Überblick der Verwendungshäufigkeit der Musikwerke der sechs Komponisten nach Lebensdaten und Herkunft...... 142 Tabelle 43: Überblick der Verwendungshäufigkeit der Musikwerke von 19 ausländischen Komponisten nebst Lebensdaten und geografischer Herkunft...142 Tabelle 44: Durchschnittliche Verteilung der Klavierwerke nach den jeweiligen Komponisten bezogen auf eine RS...... 143 Tabelle 45: Anzahl der Komponisten nach geografischer Herkunft ...... 143

226

Tabelle 46: Überblick der am häufigsten verwendeten Musikwerke von BACH in den RS...... 147 Tabelle 47: Die verschiedenen Prüfungsinstitute mit ihren Höchststufen und ihre unterschiedlichen Schwierigkeitseinstufungen in den RS für das BWV 784....148 Tabelle 48: Verteilung der Schwierigkeitsstufen der in den untersuchten RS

verwendeten Musikwerke von BACH...... 154

Tabelle 49: Die häufig verwendeten Etüden von CZERNY ...... 155 Tabelle 50: Verteilung der Schwierigkeitsstufen der in den RS verwendeten Etüden

von CZERNY ...... 157 Tabelle 51: Verwendungshäufigkeit von 11 chinesischen Komponisten in den RS .160 Tabelle 52: Anzahl der in den untersuchten RS verwendeten Musikwerke der chinesischen Komponisten...... 160 Tabelle 53: Verwendungshäufigkeit und Anzahl der in den untersuchten RS verwendeten Musikwerke von chinesischen Komponisten ...... 161 Tabelle 54: Die in den untersuchten RS häufig verwendeten chinesischen Klavierwerke und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen...... 161 Tabelle 55: Die häufig in den RS verwendeten chinesischen Musikwerke und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen ...... 167 Tabelle 56: Übersicht über die Prüfungsinhalte in der CMV-RS 2007, geordnet nach Schwierigkeitsstufen...... 171 Tabelle 57: Anzahl der Musikwerke in jeder Schwierigkeitsstufe ...... 172 Tabelle 58: Inhalt und Anforderungen der Grundübungen...... 177 Tabelle 59: Überblick über die in der CMV-RS 2007 verwendeten Etüden ...... 183 Tabelle 60: Überblick zu in den CMV-RS 2007 verwendeten polyphonen Werken 190

227 Eidesstattliche Versicherung

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Dissertation selbständig erfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Ich habe zu keinem früheren Zeitpunkt einen Antrag auf Zulassung zum Promotionsverfahren bei einer anderen Hochschule oder einer anderen Fakultät der Universität der Künste Berlin gestellt. Die Dissertation wurde weder als Ganzes noch in Teilen bereits veröffentlicht. Die derzeit gültige Promotionsordnung in der Fassung vom 12. März 1999 ist mir bekannt.

Berlin, am 14.05.2010

Yanjun ZHANG

228

Zusammenfassung (Abstract)

Autor: Yanjun ZHANG Titel: Der Piano Grading Test in der Klavierpädagogik Chinas, Entstehung - Inhalts- und Funktionsanalyse - Perspektiven

In dieser Dissertation wird erstmalig anhand einer ausführlichen Untersuchung auf die Entwicklung der Klavierpädagogik Chinas eingegangen, angefangen vom ersten Klavierunterricht in der Missionarschule im Jahr 1881 bis hin zum aktuellen Piano Grading Test (PGT), mit seinen jährlich über 1 Million Teilnehmern in der ersten Dekade der 21. Jahrhunderts. Aufgezeigt werden seine Entstehungsgründe und Fehlentwicklungen, sowie die staatlichen PGT-Organisationsstrukturen, die vom Kulturministerium ausgearbeitet wurden. Auf Grundlage einer vom Verfasser aufgebauten Datenbank, die insgesamt 3853 Klavierwerke aus 58 Repertoiresammlungen (RS) von 13 Prüfungsinstituten der Jahre 1989 bis 2008 umfasst, werden folgende Schwerpunkte untersucht und analysiert: Die Zusammensetzung der einzelnen Prüfungsprogramme und ihre Einteilung in Schwierigkeitsstufen, die Auswahlmöglichkeiten innerhalb der Prüfungsprogramme, die Verwendungshäufigkeit der Werke der Komponisten und deren geografische Herkunft, die in den RS verwendeten Musikwerke von J. S. BACH,

C. CZERNY und von chinesischen Komponisten. Ein wesentliches Untersuchungsergebnis ist die Tatsache, dass im alltäglichen Unterricht nur die Technik des Klavierspiels anhand des Spielens der Grundübungen (Tonleiterspiel etc.) der Etüden und polyphoner Werke im Vordergrund steht. Zukünftig bieten sich vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kooperation mit internationalen Musikpädagogen und Bildungsinvestoren auf der Grundlage von internationalen Abkommen und der nationalen Gesetzgebung.

229

Abstract

Author: Yanjun ZHANG Subject: Piano Grading Test in China Piano Education Subtitle: Origination – Content and role – Perspective

This dissertation conducts the first exhaustive research on the development of China piano Education. The study has a broad time span, which starts from 1881, when piano courses were initially set up in church schools, and ends in 2010s, when there are over a million participants in Piano Grading Test.

This article analyzed the generation and development of Piano Grading Test, as well as its system formed under the guidance of the Ministry of Culture. The author also built a database including 3,853 piano tracks drawn from 58 sets of teaching materials for Piano Grading Test, which were compiled by 13 institutions from 1989 to 2008. On this basis, the study especially focused on the following aspects: the composition of test tracks and the classification based on difficulty, the option of tracks in the tests, the frequency to be selected of the tracks for the tests and the various regional styles of composers’ works, the works which had been used in the past Grading Tests, composed by J. S. BACH, C. CZERNY as well as Chinese composers. A substantive result of this study shows that, in the process of daily piano teaching, through emphasizing on the basic practices (such as scale, etc.), etudes and polyphonic works, the training of piano performance skills should be the most important task.

In the future, indemnified by international conventions as well as national laws, it would be possible to establish diversified multinational cooperation with music educators and investors from all over the world.

230

Lebenslauf

1. Allgemeines: Vorname: Yanjun Name: Zhang Geschlecht: männlich Geburtsdatum: 14.07.1973 Staatsangehörigkeit: VR China Familienstand: verheiratet

2. Schulische Ausbildung: 1980-1986 Grundschule in Anyang (Henan-Provinz) 1986-1989 Mittelschule in Anyang 1989-1992 Oberschule in Anyang

3. Musikalische Ausbildung: 1976-1980 Violinunterricht ab 1980 Klavierunterricht 1984-1989 Staatliche Musikschule: Klavier- und Ballettunterricht 1989-1992 Musikfachschule des Staates Anyang: Klavier- und Ballettunterricht 1992-1993 Vorbereitung auf die Eignungsprüfung für das Hochschulstudium1 1993 Immatrikulation an der Pädagogischen Universität in Anyang 1993-1996 Musikpädagogik-Studium an der Pädagogischen Universität Anyang 1996 Erfolgreiche Abschlussprüfung (Bachelor)

4. Bisherige berufliche Tätigkeit: 1996-2000 Klavierlehrer an der Fakultät für Musikpädagogik der Pädagogischen Universität in Anyang (Unterricht für erwachsene Anfänger) 1997-1998 Intensivkurs der Klavierpädagogik an der Musikhochschule in Peking (Fortbildung)

1 In der VR China ist generell das Bestehen einer Zulassungsprüfung vor Aufnahme eines Hochschulstudiums erforderlich 231

1998-2000 Gründung und Leitung meiner privaten Klavierschule mit drei festangestellten Klavierlehrern

5. Studium in Deutschland: 10.2000-03.2002 Sprachkurs an der TU Chemnitz 04.2002 Immatrikulation an der Universität Augsburg 04.2002-03.2007 Musikpädagogik-Studium an der Philosophisch- Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg (Magister) Hauptfach: Musikpädagogik Nebenfach: Musikwissenschaft Nebenfach: Deutsch als Fremdsprache 03.2007 Erfolgreiche Abschlussprüfung (Magister) 04.2007-07.2010 Promotionsstudium an der Universität der Künste Berlin im Fachbereich Musikpädagogik 14.07.2010 Disputation an der Universität der Künste Berlin

Yanjun Zhang Email: [email protected]

232