FUSSBALLMAGAZIN FÜR DEN NACHWUCHS

SAISON 2014/15 | GRATIS 3 YOUNG REBELS 15/16

SAISON 2014/15 | GRATIS Und ein paar ganz junge Spieler fragen wir: Was macht macht Was wir: fragen Spieler junge ganz paar ein Und Nostal- Zwischen gut: und Kurz so? Jahren zehn in denn ihr der wie ganz her, und hin wir pendeln Aufbruch und gie verwirrt Gebühr über niemand damit Und Pauli. St. FC lieber Wer gemacht: draus Wendeheft ein wir haben wird, schwelgt,in der soll Vergangenheit von vorne anfangen, wer wissen will, was die Zukunft bringt (wie immer immer (wie bringt Zukunft die was will, wissen wer aber Mitte der In beginnen. hinten soll Gewähr!), ohne der aus Spieler und Spielerinnen Unsere Wichtigste: das aus- Zukunft unsere die Mädchen, und Jungs die Jugend, machen. zwischen irgendwo die alt, oder jung alle, für und sie Für noch immer ob egal spielen, Kreisklasse und Bundesliga anderen einem bei inzwischen oder Pauli St. FC beim immer für Fußball den und Club den tragt alle Ihr Verein: einmal endlich euch wir wollen Dafür Herzen. euren in gemacht! das wir haben euch Für danken! Forza St. Pauli Die Redaktion - - - LIEBE YOUNG REBELS, YOUNG LIEBE Magazins. eures Ausgabe zehnte die also, sie ist da jeder wie ist gut so natürlich Moment der wenn Auch zurückzublicken Anlass, das zum wir nehmen andere, ist der in vergangenen Was vorauszuschauen. und alles eigentlich Pauli St. FC des Jugend der in Dekade haben Darum sein? Jahren zehn in wird Was passiert? dem mit sich die gesprochen, Menschen zwei mit wir Meggle, Thomas bestens der fast auskennen: Verein und kann, erleben Fußball im man was hat, erlebt alles Greenkeeper vielleicht außer gefühlt Pauli St. FC beim etwas noch dem Und innehatte. Job jeden fast schon der aber ähnlich Pinarlik, Furkan bekannten weniger sechs Mit Sportdirektor. der wie ist Verein beim lange spielen. zu Fußball uns bei angefangen, er hat Jahren des Vereins Jugendmannschaften sämtliche hat Er U23. der Kader im heute steht und durchlaufen Natürlich haben wir in den zehn Jahren Jahren zehn den in wir haben Natürlich und gehen eine Menge Leute kommen der bei man kann Nebenbei sehen. und Scham vor werden rot Lektüre er besser nicht uns es dass denken, gangen wäre. Auch wenn wir manchmal Hefte strot die hatten, recht ziemlich Fehleinschätzungen so von nur zen falschen komplett aber gewagten, und Prognosen. Seien wir ehrlich: Als Trai länger nicht auch uns wir hätten ner der Chefs der Profis einige als gehalten Aber kürzer). nicht auch (manchmal sprechen. nicht wir wollen darüber der paar ein mit lieber schon Dann den vergangenen in die Jugendspieler, die und wurden interviewt Ausgaben oben nach ganz bis nicht doch dann es Was wir: fragen Sie haben. geschafft denn heute so? ihr macht 5 YOUNG REBELS 15/16 REBELS 5 YOUNG

6 FURKAN PINARLIK 10 MOMENTE UND PROGNOSEN 12 ZAHLEN DER AFM 14 ROBUSTES GRÜN FÜR TECHNIKER 16 EHEMALIGE – KLAPPER MIT ALLEN TEAMS – 19 DIE DREI VON DER WERTEKETTE 22 TOMMY 26 CLAUS TEISTER 30

Herausgeber Young Rebels Magazin: FC St. Pauli von 1910 e.V., Abteilung Fördernde Mitglieder (AFM) Anschrift: Heiligengeistfeld 1, 20359 , Tel: 040/317874-25, Fax: 040/317874-26, www.fcstpauli-afm.de Projektkoordination: Eberhard Spohd, Jan Mueller-Wiefel | Chef vom Dienst: Eberhard Spohd (V.i.S.d.P.) | Redaktionelle Beratung: Claus Teister | Redaktion: Dennis Bock, Uwe Toebe, ALLE ZEHN AUSGABEN DES MAGAZINS FINDET IHR Annika Peimann, Kristopher Sell, Tobi Freundlieb, Hossa, Christina Stefanescu | Gestaltung: Jan Mueller-Wiefel, GUDBERG NERGER | Fotos: Nadja Bülow, Stefan Groenveld, Max Strottmann | Lektorat: Inga Waßmuß | Auflage: 15.000 Exemplare | Erscheinungsweise: Einmal pro Saison | Anmerkungen: Auf eine gleichberechtigte Schreibweise wurde zugunsten ONLINE AUF WWW.FCSTPAULI-AFM.DE der leichteren Lesbarkeit verzichtet. Dies soll keine Diskriminierung darstellen. Bei den Fotoshootings konnten nur die anwesenden Spieler berücksichtigt werden. | Dank an alle, die sich als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt haben und wie immer an Tommy. 7 YOUNG REBELS 15/16 REBELS 7 YOUNG

FURKAN PINARLIK

„FRÜHER HABEN WIR NACH DEM TRAINING GEBLUTET“

Im zarten Alter von sechs Jahren begann Furkan Pinarlik in der G-Jugend des FC St. Pauli und durchlief sämtliche Jugendmannschaften des Vereins. Seit letztem Sommer spielt der 19jährige offensive Rechtsaußen in der U23. In der Karolinenstraße wurde Furkan geboren, in der Neustadt wuchs er auf. Er kennt jeden Bolzplatz im Viertel. St. Pauli verlassen? Höchstens für ein Auswärts- spiel. Beim Interview durfte „Young Rebels“-Autor Kristopher Sell ausgiebig in Furkans Fotoalben blättern und fand so manchen eingeklebten Schnipsel aus vergangenen „Young Rebels“-Ausgaben 9 YOUNG REBELS 15/16 REBELS 9 YOUNG

viele gute Trainer, das Talenthaus und die Kooperation mit der Julius-Leber-Schule. Wenn heute ein Neunjäh- riger bei St. Pauli anfängt, hat er perfekte Bedingungen. Hat dich der Verein auch abseits vom Platz unterstützt? Ja, dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin auf die Julius- Young Rebels: Furkan, herzlichen Glückwunsch! Du bist Leber-Schule gewechselt, konnte dort meinen Realschul- dienstältester Nachwuchsspieler des FC St. Pauli! Wuss- abschluss machen. Zwei Tage die Woche habe ich freibe- test du das? Furkan Pinarlik: Wow, nicht schlecht. Das kommen, konnte am Brummerskamp trainieren und den freut mich zu hören. Du spielst seit 13 Jahren im Verein. Schulstoff später mit eigenen Lehrern nachholen. Schule Erinnerst du dich an die erste „Young Rebels“-Ausgabe vor und Fußball waren perfekt miteinander verzahnt. Gleich- zehn Jahren? Da war ich neun. Schau mal, hier ... [Furkan zeitig hatte ich Probleme, den ganzen Tag getrennt von blättert in seinem Fotoalbum und zeigt ein ausgeschnit- meiner Familie zu sein. Vier Tage in der Woche von 7 bis tenes Mannschaftsfoto] Alle Nachwuchsmannschaften 20 Uhr weg von zu Hause, da blieb wenig Zeit. Aber ich sollten damals zur alten Gegengerade kommen. Meine habe das durchgezogen, und in diesem Sommer konnte Mannschaft, die E-Jugend, stand unten. Die U23-Spieler ich mein Fachabitur am Wirtschaftsgymnasium hier in ganz oben unterm Dach. Dann kamt ihr und habt ein Fo- St. Pauli aufsatteln. durch die schwierigen Zeiten, die Ver- to gemacht. Das wurde dann als Poster ins Heft gelegt. Frühere Mitspieler von dir wie Okan Kurt, Dennis Rosin letzungen. All das liegt nun hinter mir. Meine Mutter hat das später ausgeschnitten und in mein oder Kyoung-Rok Choi haben Profiverträge bekommen, Der Trainer hat nach dem Spiel zu mir Fotoalbum geklebt. Wie auch viele Artikel, Bilder und du nicht. Fragst du dich manchmal, ob sich die ganze gesagt: „Furki, das war der Flaschenöff- Überschriften aus der „Young Rebels“ in all den Jahren. Plackerei für den Fußball gelohnt hat? Die haben den ner. Jetzt bist du frei, jetzt kannst du WIE WAR DAS FÜR EUCH, C-Jugend hat sich das verändert. Auf Sprung geschafft, weil sie es verdient haben. Manchmal richtig durchdrehen.“ Und genau so ist einmal spielst du U15-Regionalliga, braucht man neben dem Talent auch ein bisschen Glück. es. Ich bin im Team angekommen. WENN DIE YOUNG REBELS IM- wir fuhren in ein Trainingslager ins Das ist im Fußball sehr wichtig. Mit 16 wurde ich auf Wie stellst du dir die Zukunft vor? MER IM HERBST RAUSKAM? Ausland. Statt „just for fun“ brauchst einen Lehrgang der deutschen Nationalmannschaft ein- Ich habe noch einen Vertrag bis Sai- Sofort aufgeblättert, und dann die Frage: „Wo bin ich?“ du plötzlich volle Konzentration in geladen. Dort verletzte ich mich durch eine falsche Be- sonende. Ich werde alles geben für ei- Als Erstes lief ich zu meinen Eltern und habe ihnen stolz jedem Training und bei jedem Spiel. wegung am Hüftbeuger. Der Muskel riss ein Stück vom nen neuen Vertrag. Daneben werde ich mein Foto gezeigt. Der nächste Blick galt der A-Jugend Aus Angst mich zu verletzen, habe ich Beckenknochen ab. Mein Körper hat zwar nach vier Mo- mich um eine Ausbildung kümmern. Es und der U23. Für uns waren das die Helden. Wir wussten damals aufgehört, auf Bolzplätzen im naten wieder funktioniert, doch ich hatte eine Blockade muss immer einen Plan B geben. Was damals schon, unter welchem wahnsinnigen Druck sie Viertel zu spielen. Musstest du für den im Kopf. Dann kam ein Bänderriss im Sprunggelenk bedeutet es für dich, nach all den Jah- stehen, weil sie es so weit gebracht haben. Wann kam Fußball auf andere Sachen verzichten? dazu. Zwar spielte ich als Einziger aus meinem Jahrgang ren noch immer bei St. Pauli zu spielen? der Druck bei dir zum ersten Mal? In den ersten Jahren Ja, denn ich hatte plötzlich weniger aus der U17 bereits in der U19-Mannschaft, also in der Alles! Es gab nie eine Alternative. Ich war es nur Fußballspielen. Als kleiner Junge denkst du Freizeit als meine Freunde. Ich musste A-Jugend-Bundesliga. Doch ich hatte Angst, mich wieder bin hier in Stadionnähe groß geworden nicht viel nach, du willst Spaß haben. Spätestens ab der Verabredungen absagen, hatte viermal zu verletzen. So kam ich nicht richtig in die Zweikämpfe, und kenne den Stadtteil in- und aus- Training pro Woche, und am Abend vor es fehlte Spritzigkeit. Das hat mich in einer wichtigen wendig. Wenn ich woanders unterwegs dem Spiel gingen Freunde feiern. Ich blieb natürlich zu Phase zurückgeworfen. Seit letztem Sommer spielst du bin, fühle ich mich nie so wohl wie Hause, um am nächsten Tag mental und körperlich voll in der U23. Beim 3:2-Sieg gegen Goslar hast du dein erstes hier. Viele Mannschaftskollegen, die da zu sein. Tor gemacht. Was war das für ein Gefühl? Da kam alles aus dem Umland kommen, können das WIE HAT SICH IN DEN JAHREN {Text: privates und Bülow Fotoalbum} Nadja Fotos: Sell, Kristopher raus. Das war wie ein Zeitraffer durch all die Jahre. Auch nicht nachvollziehen. Ich ging schon früh mit meinem Vater zu Heimspie- DER NACHWUCHSBEREICH IM len. Ich habe schon als kleiner Junge VEREIN VERÄNDERT? mitgefiebert. War der Gegner in Ballbesitz, habe ich laut Früher haben wir uns noch im Kabinentrakt der Profis geschrien, bis der Ball wieder zurückkam. Als Spieler will im alten Clubheim umgezogen. Wir gingen dann immer ich immer alles für den Club geben, zu hundert Prozent mit Fußballschuhen hinter der Gegengerade bis zu den Leidenschaft und Ehrgeiz. Könntest du dir vorstellen, St. Grandplätzen am Bunker. Nach jeder Grätsche bluteten Pauli zu verlassen? Nein, alle Erinnerungen sind hier. Ich die Knie. Ich hab Narben überall. Als ich in die D-Jugend kann hier nach 13 Jahren nicht weg. Ich sehe, wie viele kam, kam der Brummerskamp dazu. Das erste Mal auf Jugendspieler es nach oben geschafft haben. Ich werde Kunstrasen zu trainieren war ein Riesenschritt. Es kamen auch alles geben. 11 YOUNG REBELS 15/16 REBELS 11 YOUNG

Die Zehn ist die natürliche Zahl zwischen Neun und Elf. Sie ist gerade. Rundherum reihen sich in alle Richtungen die anderen Zahlen, gleichsam umstellt ist sie. Sie ist letztlich nichts Beson- deres, eine Zahl unter vielen anderen. In nicht weiter Ferne liegt eine Reihe von Primzahlen. Die Fünf, die Sieben, die Dreizehn. Wollte man darin eine Zahlenreihe erkennen, sie ließe sich problemlos fortsetzen. Vorhersehbarkeit. Zahlen lassen sich miteinander auf unterschiedlichste Weise verbinden, alles lässt sich aus ihnen herleiten. So ist sie, die Arithmetik. Die Logik. Sportjournalistisch betrachtet sind zehn Jahre „Young Rebels“-Magazin Schulbuchstochastik. Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ein faktenbasiertes Vermuten. Ein zahlengeschwängertes Prognos- tizieren. Ein Wahrscheinlichkeiten antizipierendes Durcheinander. So zumindest lesen sich biswei- len Text und Wirklichkeit. Richtig, das klingt drastischer, als es ist. Dennoch, die Kurzlebigkeit von Voraussagen, sowohl im Fußballsport selbst als auch in der ihn abbildenden Berichterstattung, ist das Kernthema des Geschäfts. Zugegeben: Die im Rahmen dieses Magazins in der vergangenen Dekade porträtierten Fußballer, Jeton Arifi beispielsweise oder Jonathan Bourgault und Linus Büchler, haben aus verschiedenen Gründen nicht die sportliche Entwicklung genommen, die ihnen zugetraut wurde. Andererseits sind Okan Kurt und Davidson Drobo-Ampem heute Teil des Profikaders, Dennis Daube verließ den FC St. Pauli als Leistungsträger in Richtung Union Berlin, und Max Kruse spielt heute nach weiteren Stationen in Freiburg und Gladbach mit dem VfL Wolfsburg in der Champions League. Auch sie standen im Fokus unserer Spielerporträtreihe. Man darf sich in diesem Zusammenhang durchaus fragen, welchen zeitgemäßen und ernst zu MOMENTE nehmenden journalistischen Beitrag ein Fußballjugendmagazin leisten kann, dessen Zugriff auf das Tagesgeschehen durch die jährliche Erscheinungsweise gewissermaßen suspendiert ist. Zum einen ist es in der Lage, vereinspolitische Prozesse und sportliche Entwicklungen unaufgeregt zu verfol- gen. So lässt sich heute beispielsweise die Zertifizierung des Nachwuchsleistungszentrums durch UND PROGNOSEN die belgische Firma Double Pass nahtlos zurückverfolgen, vom großen „Rüssmann-Check“ (Ausga- be #1) bis zur Vergabe der drei Sterne 2012 (#7). Zum anderen, so ließe sich vielleicht etwas romantisch verklärend ergänzen, steht jedes Heft aber auch für einen Moment. Einen Moment, in dem Jeton Arifi und Jonathan Bourgault als vielver- sprechende Talente galten, einen Moment, in dem es wichtig war, Deniz Naki sagen zu hören, dass „Nationalitäten völlig egal [sind]“ (#5), oder einen Moment, um kritisch über die Produktionsbe- dingungen großer Trikothersteller nachzudenken (#9). Es sind aber auch Momente, an die man sich erinnert, die den Fußball ausmachen. Für jeden Ein- zelnen gibt es diese Momente, die für ihn eine Karriere, ein Vereinsleben, ein Fanleben definieren. Das mag bei Jüngeren der sein, als Lasse Sobiech beim Elfmeter MSV-Torwart Michael Ratajczak In diesem Jahr wird das „Young Rebels“-Magazin zehn schlug, dem beim Sprung in die Ecke nur die Vermutung blieb. Die Älteren denken schaudernd an den Moment, in dem nach dem 0:6 in Lübeck am dritten Spieltag warnend Jahre alt. Zeit also, sich räsonierend der eigenen kleinen den Durchmarsch in die damalige Regionalliga Nord prognostizierte. Oder Markus Lotters ganz Geschichte anzunehmen, eines Jubiläums, das tatsächlich persönlicher genialer Moment, als er Andreas Köpke mit einem direkt geschossenen Freistoß von der Eckfahne zum 1:0-Endstand überwand – ein Schuss, dessen Verwandlungswahrscheinlichkeit weniger mit Mathematik zu tun hat, als der folgende Aus- gegen Null tendiert haben dürfte. So ist sie, die Stochastik, immer für eine Überraschung gut. Weil jede Zahl nicht zuletzt für eine Beobachtung steht, entspricht die Zehn einer Reihe vieler flug in die Annalen suggeriert. Wo ließe sich schließlich kleiner Momente und Beobachtungen. Sportlich wie sportjournalistisch. Und dass das so bleibt,

besser abschweifen als in einem Kommentar? {Text: Groenveld} Bock, Dennis Stefan Foto: man ahnt es schon, ist logisch. 13 YOUNG REBELS 15/16 2015/16 1.525.302,50 € 2014/15 1.400.896,11 € 2013/14 1.209.500,43 € 937.562,16 € 803.001,73 € 1.441.550,00 €

2012/13 1.206.770,52 € 702.772,56 € 812.627,72 € 669.032,86 € 1.272.350,00 €

2011/12 2010/11 2009/10 2008/09 2007/08

DIE AFM SEIT 2005 SEIT AFM DIE 2006/07

13.455 12.397 11.063 9.890 8.648 7.028 4.315 3.578 3.227 2.560 2.072 790.448,21 € 1.110.232,33 € 269.969,11 € 282.087,77 € 483.793,70 € 523.630,32 € 498.705,58 € 481.094,52 € 801.763,00 € 840.331,03 € 259.213,38 € 303.623,67 € 327.149,00 € 427.936,77 € 392.532,18 € 390.458,54 € 709.302,66 € 202.308,59 € 245.062,83 € 241.589,30 € 348.487,48 € 296.193,16 € aus dem Vorjahr * Mitgliedsbeiträge, Getränkeausschank, Spenden | inkl. Übernahme Jugendförderung ** AFM, Öffentliche Darstellung, 2005/06 ZAHLEN, BITTE Jugendförderung ... davon für Ausgaben** Einnahmen* Mitglieder Saison 15 YOUNG REBELS 15/16 REBELS YOUNG 15 DIE ZEIT DER STAUBIGEN ASCHEWOLKEN IST VORBEI

wurden im Rahmen der Rekonstruktion teilweise mehrere Vereine zu Spielgemeinschaften über des Millerntorstadions von Grand- in viele Kilometer hinweg zusammenschließen müssen, um ROBUSTES GRÜN Kunstrasenplätze umgewandelt. eine Mannschaft bilden zu können, herrscht auf Hamburgs Unterhält man sich mit den dortigen Plätzen bunter Trubel. Immer mehr Jugendteams werden Aktiven, sind sie meist voll des Lobes gegründet, der Fußball wird auch immer weiblicher: Kurz- über die neue Spielfläche. Die Zeit der um, es wird mehr Platz benötigt. Der ist in einer Großstadt staubigen Aschewolken ist vorbei. Pässe kaum vorhanden, weshalb die Plätze nun mehr beansprucht FÜR TECHNIKER kommen dort an, wohin sie sollten. werden als zuvor. Profi-Trainer erkennt darin Kein Platzfehler stört die Techniker. Die den herausragenden Vorteil des Kunstrasens: „Die Plätze Schuhe müssen seltener geputzt wer- sind äußerst robust in ihrer Beschaffenheit. Den ganzen Tag „Wenn wir hier nicht gewin- Wie schaut es in Deutschland mit den Un- den. „Für eine Grätsche ist Naturrasen über können Teams trainieren, und das ganzjährig.“ tergründen aus? Im Männerbereich ist ein besser, doch in meinem Alter muss ich Ein Gespräch mit Ewald Lienen über Kunstrasen ist sehr nen, dann treten wir ihnen Naturrasenfeld in den ersten drei Spielklas- das nicht mehr machen“, sagt beispiels- interessant. Der Fachmann hat auf diesem Belag zwar nie wenigstens den Rasen kaputt“, sen Pflicht. Es gibt eine Ausnahme: Hy- weise Rainer von den Senioren. selbst gespielt, doch er kennt Vorzüge und Nachteile. Der bridrasen ist ebenso erlaubt. Dabei handelt Es wundert angesichts dieser Vorteile Trainer bevorzugt Naturrasen – da ist er ganz old school. soll Rolf Rüssmann einmal es sich um einen natürlichen Rasen, der mit nicht, dass in Hamburg seit Jahren viele Im Profibereich gäbe es keine Alternative. Die Qualität gesagt haben. Kunstrasen hat einem drei- bis zehnprozentigen Kunsthalm- neue Kunstrasenflächen entstehen. Da- des Kunstrasenplatzes an der Kollaustraße ist zwar her- anteil angereichert ist. Dieser soll der Sta- bei werden vor allem Grandplätze um- vorragend. Auch Grätschen sind kein Problem. Dennoch der eisenharte Verteidiger da- bilität der Wurzeln dienen, und macht den gewandelt. Doch auch Naturrasenfelder ist Lienen das Training auf Naturrasen lieb und teuer. „Das mit sicherlich nicht gemeint, Rasen ebener und strapazierfähiger und das werden entfernt, um Platz zu schaffen. Spiel auf Kunstrasen ist weniger aggressiv. Diese Aggressi- Feld wasserdurchlässiger. Im Frauenbereich So nutzte der Eimsbütteler TV DFB- vität brauchst du aber in der Zweiten Liga.“ Und damit auch von Hybridrasen ahnte er gibt es keine Reglementierungen. Pokal-Einnahmen, um das Naturgrün im Training. Deshalb kann bei den Profis der Kunstrasen nur noch nichts. Auf welchem Europaweit ist Kunstrasen gestattet. In der seines Traditionsplatzes an der Hoheluft eine Ergänzung zu den natürlichen Rasenfeldern sein, wovon Schweiz gibt es beispielsweise Erstligisten, zu ersetzen. Und auch ETV-Nachbar eines an der Kollaustraße für die kalte Jahreszeit mit einer Geläuf aber spielt eigentlich die in Stadien mit dem modernen Belag Victoria will nachziehen und in seinem Heizung gerüstet ist. antreten. In Moskau wird regelmäßig sogar Stadion, in dem aktuell auch die U23 des Auf einem Hybridrasen wird Lienen mit seinen Jungs dieser der FC St. Pauli? Wir behalten Champions League auf Kunststoff gespielt. FC St. Pauli Meisterschaftsspiele absol- Tage in der Münchener Allianz Arena bei 1860 antreten. In den Überblick über den Die letzte Frauen-WM in Kanada fand nur viert, künftig auf Kunstrasen umrüsten, der Bundesliga gibt es derzeit vier Stadien mit derartigen auf Kunstrasen statt, um die Einheitlichkeit damit „alle Teams im Herzen des Ver- Spielflächen. Eine spezielle Vorbereitung ist nicht nötig. Untergrund des Wettbewerbs zu gewährleisten. eins spielen können“, so Vicky-Manager Die Unterschiede zum gewohnten Untergrund sollen Der FC St. Pauli trainiert auf beiden Belä- Ronald Lotz. minimal sein. gen. Am Brummerskamp und an der Kollau- Die Gründe für den Boom liegen auf straße gibt es sowohl Kunst- als auch Na- der Hand. Während sich in ländlichen

turrasenfelder. Die Plätze an der Feldstraße Groenveld}{Text: Stefan Toebe, Foto: Uwe Gebieten wie beispielsweise in Franken 17 YOUNG REBELS 15/16 REBELS 17 YOUNG

Der 21-Jährige Petar FiliPovic ist beim letzten erstligasPiel Der ProFis in Der vergangenen saison in mainz zu einem Kurzen einsatz geKommen. Der talentierte linKe mittelFelDsPieler KicKt bei st. Pauli, seit er zwölF ist. Young rebels sPrach mit Dem lauF- unD DribbelstarKen linKsFuss über seinen weg in Die erste mannschaFt, sein Debüt unD seine Familie

Young Rebels: Wie war das für dich, bei deinem Erstliga-Debüt im Mai gegen Jugoslawien abgelaufen ist. im Haus meiner Großeltern, die die Kriegszeit über Mainz aufzulaufen? in Deutschland waren, sah man überall Einschusslöcher. Das und die vielen schilder „achtung, Minen“, die man sieht, wenn man durchs Land fährt, haben Petar Filipovic: ich war bereits gegen Leverkusen im Kader. Trainer Holger bei mir als kleinem Jungen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Leider war PETAR FILIPOVIC (HEFT #6) stanislawski meinte, dass ich möglicherweise spielen werde. Da war ich echt ich schon lange nicht mehr dort. auch dieses Jahr hat es aufgrund der Verletzung aufgeregt. Leider wurde ich nicht eingesetzt. in der nähe von Ballack zu sein, wieder nicht geklappt. Vielleicht schaffe ich es endlich in der Winterpause. das war echt krass. Gegen Mainz wusste ich schon, dass ich zum Einsatz komme. „WENN HELLS BELLS LÄUFT, WIRD stani hat gesagt, dass ich mir das verdient habe. Das war ein schönes Erlebnis. Young Rebels: Wie bist du als Jugendlicher mit der Doppelbelastung Schule und Leistungssport umgegangen? Young Rebels: Wie haben dich die Spieler in der Ersten Mannschaft aufgenommen? Petar Filipovic: ich bin extrem viel mit der Bahn gefahren. Jeden Tag von Horn zum Training am Brummerskamp. Das hat eine stunde gedauert. schule und den Petar Filipovic: Die meisten wie Dennis Daube, Davidson Drobo-ampem und Jan- sport zu kombinieren war wirklich anstrengend. Es gab immer wieder Phasen, Phillipp Kalla kannte ich ja schon. Wenn man sich ganz normal verhält, dann wo ich dachte, die schule nicht zu schaffen. Von der schule nach Hause, zum nehmen dich die spieler auch gut auf. Die ganze Mannschaft ist super drauf. Das Training, wieder nach Hause, dann war ich körperlich erschöpft und hatte keine zeigte sich auch in der langen Durststrecke ohne sieg in der Rückrunde. Klar, Lust auf Lernen und Hausaufgaben. oft habe ich dann ein bisschen Fernsehen Young Rebels: Petar Filipovic, du spielst als Profi in Österreich. Wie kam es dazu? nach einer niederlage ist in der Kabine keine Feierstimmung, da kann man auch geguckt und dann bis um zwölf noch die Hausaufgaben erledigt. Für meinen 06 | 07 nicht den Kasper rauslassen, wie ich das in der Zweiten Mannschaft teilweise Vater gab es, was die schule anbetrifft, nie zwei Meinungen. ihm war es wie mir getan habe. aber nach einem Tag ist die sache wieder vergessen, man muss an wichtig, erst mal mein abi zu bestehen. Das habe ich geschafft. Er hat mich unter DAS GANZ LAUT GEMACHT“ das nächste spiel denken und sich vorbereiten. Druck gesetzt, was im nachhinein auch richtig war. Young Rebels: Diese Saison wirst du in der U23 eingesetzt. Young Rebels: Und was unternimmst du neben dem Fußball? Gehst du auch Petar Filipovic: Ich wollte was anderes versuchen. Ursprünglich wollte ich in mal aus? Petar Filipovic: ich bin im Kader der Ersten Mannschaft und habe die ersten spiele für die U23 absolviert. am anfang war ich mit einem Muskelfaserriss Petar Filipovic: Wenn mal ein Wochenende frei ist, dann gehe ich auch aus. aber verletzt. Jetzt versuche ich, wieder reinzukommen. Es nutzt mir ja nichts, immer meistens fragen mich meine Freunde nicht mal mehr, ob ich mitkomme. Dafür nur im Kader der Ersten Mannschaft zu sein. ich brauche auch spielpraxis. habe ich unter der Woche viel Zeit, da spiele ich mit meinen Kumpels auch gern Playstation. Das muss zur ablenkung auch mal sein. Deutschland bleiben, war aber verletzt und habe keinen Verein gefunden. Ich bin dann Young Rebels: Der Start der U23 war bislang nicht so erfolgreich. Woran liegt das? Young Rebels: Warst du nervös, als du zum ersten Mal mit der Ersten Mannschaft trainiert hast? Petar Filipovic: Das ist eine ganz junge Mannschaft. Viele sind aus der a-Jugend nachgerückt. Zwischen den Teams liegen Welten. Viele spieler, die aus der Petar Filipovic: Klar, da war ich erst mal aufgeregt. aber das bringt mich weiter. a-Jugend kommen, halten den Ball zu lange und denken, sie können an zwei Dort herrscht ein ganz anderes Tempo, vor allem war die intensität ganz anders. nach Kroatien gegangen, weil ich schon für deren U21 gespielt habe. Dann bin ich in der Ersten oder drei spielern vorbeigehen. aber das ist nicht drin. in der Regionalliga sind sehr gute Teams dabei. Viele spieler könnten in der Zweiten Liga kicken. Young Rebels: Was macht für dich der Verein aus? Im Laufe der Jahre sind viele junge Spieler in Young Rebels: Wie bereitest du dich mental auf die Spiele vor? Petar Filipovic: Der FC st. Pauli ist wie eine große Familie. Die Fans stehen auch nach elf verlorenen spielen immer noch hinter der Mannschaft. als wir Petar Filipovic: Da unterstützen mich der Trainer, meine Freunde und die Familie. gegen Bayern 0:5 hinten lagen und das 1:5 fiel, wurde gejubelt. Eine solche Liga bei Slaven Belupo Koprivnica gelandet. Das war ein geregelter Verein, aber was ich mir Man ist zwar immer Druck ausgesetzt, aber letztlich ist es nur eine Frage, wie Unterstützung gibt es bestimmt kein zweites Mal. man damit umgeht. Wenn meine Familie beim spiel war, dann sagen die mir auch ehrlich ihre Meinung. Young Rebels: Was kann deiner Meinung nach beim Verein noch verbessert werden? Young Rebels: Deine Eltern kommen aus dem ehemaligen Jugoslawien, du hast die doppelte Staatsbürgerschaft. Hast du noch Verbindungen zur Heimat Petar Filipovic: Man sollte noch mehr auf die Jugend setzen, wie beispielsweise diesem Heft porträtiert worden. Die wenigsten erhofft hatte, ist nicht eingetroffen. Dann kam das Angebot vom SV Ried aus der österreichi- deiner Eltern? beim Projekt Leistungssport und schule. auch wenn man immer etwas verbessern kann, grundsätzlich sind die Bedingungen beim Verein in ordnung. Petar Filipovic: Meine Eltern sind Kroaten aus Bosnien und seit 30 Jahren hier. davon spielen heute in der Nationalmannschaft – schen Bundesliga. In Kroatien war ich unglücklich, also habe ich angenommen. Primär ist mein sie betreiben ein Restaurant in Horn. Es ist schon krass, was im ehemaligen Interview: Ralf Meyer, Foto: Henning Heide Ziel, wieder in Deutschland zu spielen. Dem bin ich dadurch ein Stück näher gekommen. Und eigentlich nur Max Kruse. Aber was ist aus den die österreichische Liga ist nicht so schlecht, wie immer alle denken. Da gibt es schon sehr gute selcuk TIdIM Vereine. Aber als gebürtiger Hamburger würde ich gerne wieder in Hamburg spielen. Was ist anderen geworden? Wir haben sechs junge eIn TürkIscher sT. pdeineaulI- jprägendsteung Erinnerung an den FC St. Pauli? Der Profivertrag und das Bundesligadebüt unter ausHolger Irland Stanislawski. Wenn man die ganze Jugend beim Verein verbringt und das schafft: Das Veteranen gefragt: Was macht ihr heute so? selcuk Tidim ist eines der größten Talente, die beim FC st. Pauli spielen. Das ist auch internationalen spähern aufgefallen. schließlich spielt er in der Jugendnationalmannschaft. Der irischen, wohlgemerkt

selcuk Tidim geht an der Eckfahne vor der südtribüne vorbei und schaut über den Platz. Es sind noch 90 istMinuten bis zum anpfiff ein des Heimspiels gegen sehr schönes Gefühl. Wer oder was ging dir damals so richtig auf die Nerven? Es herrschte 1860 München. Langsam füllen sich die Ränge. Ein paar Helfer breiten eine sponsorenplane über dem anstoßkreis aus, der Torwarttrainer der sechz’ger fragt mit einem sack Bälle über den schultern, auf welcher seite sich die Gäste aufwärmen dürfen. Jemand zeigt Richtung Bunker. „in diesem stadion will ich spielen“, sagt selcuk. „Die erste Mannschaft von st. Pauli ist mein st. Pauli und die Tidims passen gut zusammen. Vater Cavit wuchs einst Ziel. so schnell wie möglich.“eine immer noch ist sein Blick in die Ferne lockere,gerichtet, an der Feldstraße in unmittelbarer nachbarschaft des familiärestadions auf. seine Atmosphäre, da ging einem wenig auf die Nerven. Viel anstrengender war, als wüsste er genau, was es dort zu sehen gibt. Frau sharon kennt er seit der Grundschule. „in der neunten Klasse sind wir dann zusammengekommen, kurze Zeit später war selcuk da“, erzählt der Die Chancen, dass selcuk Tidim eines Tages seinen Traum verwirklichen kann, Vater, der inzwischen als Kaufmann im Einzelhandel arbeitet. Drei jüngere stehen gar nicht schlecht. Der 16-Jährige ist eines der größten Talente, das Geschwister – zwei schwestern und der Bruder Cavit – folgten wenig später. derzeit die Jugendmannschaften des FC st. Pauli durchläuft. 2002 wechselte Die sechsköpfige Familie ist vom Verein zum spiel gegen 1860 eingeladen er nach einer Talentsichtung im alter von zehn Jahren vom ETsV Hamburg worden. Besonders selcuks schwestern Yasemin und Cennet sind vor ihrem zum FC st. Pauli. Damals warSchule er noch Mittelfeldspieler, trainiert von seinem und Fußball unter einen Hut zu bekommen. Ich war auf dem Gymnasium, da musste man ersten Besuch im stadion richtig aufgeregt. Vater. Bei sankt Pauli wurde er zum stürmer umfunktioniert und versetzt seitdem regelmäßig gegnerische abwehrreihen in angst und schrecken. in „selcuk ist mit sicherheit ein spieler, an dem wir noch viel spaß haben der saison 2005 erzielte sel, wie ihn die Freunde nennen, 224 Treffer in der werden“, sagt . Der Jugendkoordinator traut dem Halle und 76 Tore auf dem Feld. allein im Pokalfinale gegen den HsV sorgte 16-Jährigen den sprung nach oben durchaus zu. „Wenn er weiter an sich der technisch hochbegabte offensivspieler damals für sechs Tore. arbeitet, könnte er einer von den spielern sein, die es in die erste Mannschaft viel tun.schaffen. an dem JungenIch sind schon andere Vereinebin dran, aber der hat bei in Billstedt aufgewachsen und viermal die Woche mit der Bahn stundenlang zum „Es ist nicht selbstverständlich, dass einer in so jungen Jahren so häufig uns noch einen Vertrag bis 2012. Deswegen mache ich mir keine sorgen. JETON ARIFI (HEFT #1) SELÇUK TIDIM (HEFT #3) trifft“, sagt Cavit Tidim nicht ohne stolz über seinen sohn. „Über 600 Tore Der hat was!“ hat er erzielt, seit er hier spielt.“ Vater Tidim kickte früher selbst für den FC st. Pauli und träumte davon, eines Tages am Millerntor auflaufen zu dürfen. Vor einem halben Jahr, als gerüchteweise halb Europa den Hamburger Jung Bei den amateuren spielte er bis 1987, ehe eine schlimme Knieverletzung jagte, machte sich der Jugendkoordinator noch ernsthaft sorgen, dass hier dem Traum ein Ende bereitete.Training selcuk tritt jetzt das Erbe an. „Dass mein einem talentierten gefahren,spieler der Kopf verdreht wird. Mit der Entscheidung und abends musste ich dann auch noch lernen. Das war schon schwer. Wür- sohn eines Tages für st. Pauli spielt, war immer klar“, betont der Vater. bei st. Pauli zu bleiben, kann sich selcuk nun auf Dinge konzentrieren, die „Ein anderer Klub stand nie zur Debatte. Es ist der Verein, den er über alles bei aller Fußballkunst genauso wichtige Bestandteile des Lebens sind. „ich liebt. Die bauen auf ihn.“ anfang des Jahres unterschrieb selcuk einen mache jetzt erst einmal das abitur“, sagt der Elftklässler. seine noten sind Fördervertrag, der ihn für die nächsten vier Jahre an den FC bindet. gut, deshalb haben die Lehrer keine Einwände, wenn selcuk mal wieder zu einem Lehrgang unterwegs ist und ein paar Tage fehlt.

dest duofferten gibteinem es nämlich seit einiger Zeit reichlich. selcuks Torflutjungen der letzten Spieler raten, zum FC St. Pauli zu wechseln? In Hamburg gibt es eigentlich Young Rebels: Jeton Arifi, du wurdest im Young Rebels: Selçuk Tidim, du warst lange Zeit Jahre ist von den internationalen spähern nicht unbemerkt geblieben. Die U15 der Türkei hatte ihn bereits vor zwei Jahren zu einem sichtungslehrgang allerersten Heft porträtiert. Was machst beim FC St. Pauli. Wohin hat es dich verschlagen?20 | 21 nur zwei große Adressen. In der Jugend waren wir immer auf Augenhöhe mit dem HSV. In den du heute? Jeton Arifi: Was für eine Ehre! Selçuk Tidim: Heute bin ich 23 Jahre alt, studiere großen Ligen kann sich der FC St. Pauli mit allen messen. Ich bin, wenn ich mich recht entsinne, Ich habe mich selbstständig gemacht im Gesundheitsmanagement, arbeite beim Schulpro- durch alle Jugendmannschaften gegangen und war immer zufrieden. Garten- und Landschaftsbau, wohne in jekt des FC St. Pauli als Nachhilfelehrer und spiele Hamburg und kicke aktuell beim WSV nebenbei beim VfR Neumünster Fußball. Was ist Tangstedt. Was ist die prägendste Erinne- deine prägendste Erinnerung an den FC St. Pauli? rung an den FC St. Pauli? Der Aufstieg in Da ich ganze zehn Jahre beim FC St. Pauli war, FLORIAN KIRSCHKE (HEFT #7) die Zweite Bundesliga und die Pokalspiele. würde ich eher von vielen prägenden Erinnerungen Wer oder was ging dir damals so richtig reden. Die Finalspiele im Pokal und in der Meister- Young Rebels: Florian Kirschke, was machst du heutzutage? Florian Kirschke: Ich auf die Nerven? Ian Paul Joy! Es war nicht schaft gegen den HSV waren immer brisant. Die habe einen Drei-Jahres-Vertrag beim ETSV Weiche Flensburg und spiele in der schön, beim Training gegen Ian spielen zu Auf- und Abstiege der Ersten Mannschaft haben Regionalliga Nord. Mein Studium des Sportmanagements habe ich abgebro- müssen. Warum würdest du einem jungen mich auch geprägt und mich gelehrt, nie aufzuge- chen und eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann begonnen. Spieler raten, zum FC St. Pauli zu wechseln? ben und immer weiter zu kämpfen, egal was pas- Hier in Flensburg, bei Orion. Das wird nie langweilig. Was ist deine prägendste St. Pauli ist ein Topverein und gibt jedem siert. Wer oder was ging dir damals so richtig auf Erinnerung an den FC St. Pauli? Der A-Jugend-Aufstieg. Das war damals auch jungen Spieler die Chance, Profifußballer die Nerven? Mein Verletzungspech. Ich hatte leider wichtig für die Jugendabteilung. Das war ein Machtwechsel. Jetzt sind fast alle zu werden. Ich wünsche dem FC St. Pauli zu viele Verletzungen, die teils leicht, teils schwer Jugendmannschaften über dem HSV. Aber auch das letzte Jahr beim FC St. alles Gute und hoffe, ihn bald wieder in der waren und mich immer wieder aus der Bahn gewor- Pauli war ein Jahr zum Genießen. Die Fans beim Heimspiel bleiben einem in Bundesliga zu sehen. Forza St. Pauli! fen haben. Warum würdest du einem jungen Spieler Erinnerung. Ist ja auch immer noch mein Verein. Ich schau alle Spiele, meistens raten, zum FC St. Pauli zu wechseln? Für junge Spie- im Fernsehen, und wenn Hells Bells läuft, wird das ganz laut gemacht. Wer ler, die von einer Profikarriere träumen, ist der FC oder was ging dir damals so richtig auf die Nerven? Wir waren immer als FC St. St. Pauli eine gute Anlaufstelle, um schon in jungen Pauli unterwegs. Gegenüber jüngeren Spielern waren wir immer ein Vorbild, Jahren sportlich sowie schulisch im Schulprojekt und nach außen mussten wir den Verein repräsentieren. Aber das war eine po- mit der Julius-Leber-Schule gefördert zu werden. sitive Belastung. Warum würdest du einem jungen Spieler raten, zum FC St. Pauli Man erhält eine gute Grundausbildung, ist schon zu wechseln? Wenn er in Hamburg lebt und die Wahl zwischen HSV und St. früh viel unterwegs und misst sich mit den ande- Pauli hat, würde ich ihm immer St. Pauli empfehlen. Ich habe ja beide Vereine ren Bundesliga-Mannschaften auf Turnieren, bei erlebt. Beim HSV hatte ich auch schöne Erlebnisse, aber bei St. Pauli geht es Freundschaftsspielen oder in der Liga. viel familiärer, viel fairer zu. Außerdem ist die Durchlässigkeit viel größer. 19 YOUNG REBELS 15/16 Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Besonders für einen einen für Besonders Zeit. lange eine sind Jahre Zehn Freundlieb Tobi ist. alt Jahre 13 erst selbst der Menschen, Senghaas Jonas und Petrelli Friedrich Große, Janek mit hat gebeten, sie und gesprochen Pauli St. FC des U14 der aus sie wie erzählen, zu und blicken zu vorn nach Jahre zehn haben Antworten Die sehen. Fußballer als Zukunft ihre nur können – das abgeklärt und cool So überrascht: ihn St. Paulianer sein DIE DREI VON DER WERTEKETTE ------

Marcel Andrijanic: Ich Ich Andrijanic: Marcel Fußball? heute du spielst wo Andrijanic, Marcel Rebels: Young Ver neuen meines Sponsor beim Industriekaufmann als Lehre eine August seit mache eins TuS Erndtebrück, Regionalliga West. Ich hatte ein Angebot, verknüpft mit einer einer mit verknüpft Angebot, ein hatte Ich West. Regionalliga Erndtebrück, TuS eins hat der Berater, keinen Mentor, einen Kontaktmann, guten einen Ich hatte Ausbildung. begeistert. auch war letzten den In zwei Schnorrenberg Florian Der Trainer empfohlen. mich in Phase, eine hatte Ich lag. mir an allem vor was gespielt, kontinuierlich nicht ich habe Jahren wieder ich jetzt habe. Aber spiele angekreidet vieles mir und gemacht Gedanken viele mir ich der geprägt. einiges mich hat Da Pauli? St. FC den an Erinnerung prägendste deine regelmäßig. ist Was und St. von Pauli Spiel jetzt jedes noch schaue Ich sich. an Verein der mich hat Beeindruckt genervt. nichts einfach hat Da Umfeld. ganze das Stadion, das Fans, die mit. Flair, Dieses fiebere genervt? Claus (Lacht.) Oh Mann, Teister Claus dich Hat geblieben. lange so nicht ich wäre Sonst mich hat der Nein, Schirm. dem auf mehr nicht gar ja ich habe den Güte, meine du ach Teister, raten, Spieler jungen einem du genervt.nicht Würdest verstanden. super mich ich Mit habe dem Bedin die waren war, da noch ich als Früher, Fall. jeden auf Heute wechseln? zu Pauli St. FC zum Trainingskomplex neuen Mit investiert. dem richtig es wurde Aber optimal. immer nicht gungen bei den wie nicht Vielleicht Bundesliga-Niveau. auf inzwischen ist geändert, vieles der sich hat verstecken. zu mehr nicht sich braucht St. Pauli FC der Aber BVB. beim oder Bayern Linus Büchler: Ich koppele Regionalliga mit mit Regionalliga koppele Ich Büchler: Linus heute? du machst was Büchler, Linus Rebels: Young ja der Ostermann, Elard Trainer unter SK, übrigens Lüneburger beim spiele und Ausbildung der gefunden Betrieb toleranten einen ich dass Glück, das habe Ich kommt. St. Pauli FC vom auch auch aber sind es Chefs weg, brennt. Die Arbeit wenn der von früher mal sogar habe. kann Ich habe Ich gesehen. realistisch aber das habe werden, Profi immer wollte Ich Fußballfanatiker. Eng besser und fahren zu Südafrika nach Monate drei für um aufgelöst, Vertrag den damals lisch zu lernen, meine Hinsicht auf in berufliche gerade Zukunft. Natürlich blutet das Fußbal prägendste deine ist Was Entscheidung. richtige die das war gesehen realistisch aber lerherz, waren Wir zusammen. St. Pauli FC dem mit indirekt hängt Das Pauli? St. FC den an Erinnerung Bra nach Schulweltmeisterschaft zur sind und Julius-Leber-Schule der mit Schulprojekt im ja gewonnen sogar und gespielt Nationalitäten andere gegen Brasilien in wir Dass gefahren. silien Bis Nerven? die auf richtig so damals dir ging was oder Wer vergessen. nie ich werde das haben, 15, mit ich 16 weil geprägt, gerade mich hat Zeit Die Verein. toller ein das ist hin oben nach fin Antwort keine gar Schnelle die auf da ich kann Deshalb bin. weggegangen Hause zu von jungen Jedem wechseln? zu Pauli St. FC zum raten, Spieler jungen einem du würdest den. Warum überstolz nie war Der FC suchen. zu Verein nächstgrößeren den empfehlen, ich würde Spieler gehen. St. zu Pauli man sollte darum arrogant, oder MARCEL ANDRIJANIC (HEFT #7) (HEFT ANDRIJANIC MARCEL LINUS BÜCHLER (HEFT #7) (HEFT BÜCHLER LINUS {Interviews: Kris Sell und Eberhard Spohd} Eberhard und Sell Kris {Interviews: 21 YOUNG REBELS 15/16 - - - - - tigen Werte vermittelt zu werden. werden. zu vermittelt Werte tigen Zu die in Jahre jetztich zehn Wenn haben, Glück das drei alle dass fen, FC den und schaffen zu Sprung den nur Nicht verstärken. zu Pauli St. mensch auch sondern fußballerisch, so Jungs die sich man Wenn lich. anschaut und ihnen zuhört, dann dass freuen, darauf sich man kann die nächste Generation Profis gewiss wird sein weiter Schritt einen noch tief nur nicht wird Sie ihr. vor die als son sein, verbunden dem Verein mit dung und gute Grundlagen sind für für sind Grundlagen gute und dung sie genauso wichtig wie der Fußball. ihre – Sport: ist Das – Schule Spaß ich. denke Geil, Wertekette. und Janek Jonas, mit Gespräch Das FC beim dass mir, zeigt Friedrich laufen es wie läuft, vieles Pauli St. sicher das dass auch, zeigt Es sollte. am hier ist. Aber so überall nicht rich die scheinen Brummerskamp hof nur ich kann dann blicke, kunft vertreten, Werte dern eben die auch steht. der Verein die für PLAN B SPIELT PLAN B SPIELT HIER EINE GROSSE ROLLE ------

Mannschaft. Nationalspieler: kein Thema. Viel zu hoch ge hoch zu Viel Thema. kein Nationalspieler: Mannschaft. zu Glück viel sehr mit schon habe werden zu Profi griffen. Spiel Von denken. Schritt für Schritt immer wollen Sie tun. für Stück sich sie wollen dann Und sozusagen. Spiel zu - Gedan den in Klarheit Die nähern. Ziel großen dem Stück beeindruckt. legen, Tag den an Jungs die die ken, gewisse eine über Medien den in wird Zeit einiger Seit die um sich handelt Es gesprochen. Generation goldene oder befinden Zenit ihrem auf gerade sich die Profis, der Jungstars die geerdeter, viel sind Sie zusteuern. darauf Richtung. irgendeine in Entgleisungen Keine Zeit. heutigen Fußballer Diese Platz. dem neben und auf Professionell beraten und Karriere optimal Bereichen ihrer allen in sind gegen unaufgeregt und Demütig so. auch sich verhalten oder zwei auf zurück man Blickt Fans. und Medien über sich dass feststellen, man muss davor, Generationen drei Nationalspie einem Kaum hat. bewegt einiges seither Netzer Günter eines Lifestyle den heute man würde ler Selbst Matthäus. Lothar von Attitüde die oder abnehmen verge heute man sucht Breitner Paul wie Rebellen einen Frosch Walter einem von schweigen zu ganz Mal bens. aber bedauern, nostalgisch das mag Man Ippig. Volker oder Generation kommende die auch wäre als aus, so sieht es reflektierter als die davor. Bescheiden Beispiel. Geld Thema das zum wir Nehmen junge sind Das selten. Profi einem von erwartet man heit sie wenn wartet, sie auf was wissen, natürlich die Kerle, natür anderem Unter haben. geschafft mal wirklich es angesprochen Darauf Geld. viel überdurchschnittlich lich Friedrich Janek, Jonas, für ist Das ab. nur Jungs die winken Natürlich Ansporn. noch Thema weder Umfeld ihr und Doch sei. anders das denen bei Mitspieler, auch es gebe nur es sei – und konnte auslösen etwas Geld denen bei die, Ren die ihnen könnte Kind ihr Eltern, der Hoffnung die anderen zu sind Die da. mehr nicht sind die –, sichern te zählt. Leistung Prinzip das wo dahin, gewechselt, Vereinen Ein Mensch. Typ bestimmter ein eben dann sei das Aber können. identifizieren nicht drei diese sich dem mit Typ, zu wichtig nicht wirklich es scheint Jungs drei diese Für dann wenn, Und sind. Jahren zehn in sie wo und wer sein, Ausbil gute Eine Rolle. große B eine Plan besagter spielt {Text: Tobi Freundlieb, Fotos: Max Strottmann} Max Fotos: Freundlieb, Tobi {Text: - - - - - ren die Möglichkeit, zum Stadtrivalen zu zu Stadtrivalen zum Möglichkeit, ren die lassen. zu dort ausbilden sich und gehen Natürlich hat er sich das angeschaut. Pauli St. FC den für sich er hat Trotzdem eher beide Eltern obwohl entschieden, Warum? tragen. Herzen im Raute eine Probe ersten zum er Als einfach: Ganz be freundlich er wurde kam, training Für alle drei hat der Fußball natürlich natürlich Fußball der hat drei alle Für ist, Ziel Das Stellenwert. hohen einen professioneller werden. zu Fußballspieler Jonas Preis. jeden um nicht Allerdings Jah sieben mit schon hatte Beispiel zum - - - - -

hende Gemeinschaft aufgenommen. In Stellingen fühlte er fühlte Stellingen In Gemeinschafthende aufgenommen. dort von sei beäugt. Druck Der Konkurrenz als sofort sich persönlicher viel einfach Pauli St. größer, viel an Anfang noch heute Auch gewesen. lockerer bisschen ein auch und Gegner wahrge unangenehmer als der Stadtrivale wird fußballerischen den mit nichts aber habe Das nommen. und auf Verhalten dem mit sondern tun, zu Fähigkeiten Platz. dem neben Weltmeis- aber klar, Profi Angriff: einen noch versuche Ich damit wirklich habe Ich Nichts. oder? auch, sicher doch ter Jungs Den begegnet. Naivität mehr mir dass gerechnet, Ersten der mit klappt unbedingt nicht es dass bewusst, ist grüßt. Alle kannten seinen Namen. Er wurde in eine beste eine in wurde Er Namen. seinen kannten Alle grüßt.

VIERTEL AUS DEM JUNGS Okay, noch einmal ernsthaft: Ich sitze drei sehr reifen reifen sehr drei sitze Ich ernsthaft: einmal noch Okay, augen sich die reflektiertenund gegenüber, Jugendlichen Ich treffe mich mit Janek Große, Friedrich Petrelli und und Petrelli Friedrich Große, Janek mit mich treffe Ich Erwartungen, große hatte Ich U14. der aus Senghaas Jonas sich an sie wenn haben, wohl Jungs die Träume welche wohl sich sie wem Mit denken. Jahren zehn in selbst Lionel haben. sie Vorbilder großen Welche vergleichen. Neuer. Manuel Ibrahimovic, Zlatan Oder natürlich. Messi in Traumtänzer einzige der ich dass feststellen, muss Ich einig: schnell alle sich sind Punkt einem In bin. Runde der Mög Die werden. Profi später drei alle wollen Natürlich sind Voraussetzungen die grundsätzlich, besteht lichkeit Bun mit eigentlich sie fest wie Frage, die auf Aber gut. enttäuschen folgt Reihe eine rechnen, desligaeinsätzen von tatsächlich doch Jonas spricht Da Antworten. der haut dann und Hobby, gesteigertem von Etappenzielen, – Sport. – Schule Spaß B“ raus: „Plan noch auch Friedrich Unfassbar. Stopp! auseinandergesetzt Situation ihrer mit intensiv scheinlich ich dem in Gespräch, ein schnell sich entwickelt Es haben. die haben, verinnerlicht Werte Jungs die dass feststelle, Werte, steht. Verein der auch die für und schätze ich auch Verein im sind Alle haben. Relevanz gesellschaftliche die haben Stadion, ins regelmäßig gehen Hause, zu sumfeld und Fußball mit Identifikation Die Dauerkarten. Teil zum dem aus kommen Jungs Die groß. ist Pauli St. FC dem Viertel. 23 YOUNG REBELS 15/16 REBELS YOUNG 23

„KOLLEGEN KOMMEN – TRAINER GEHEN“ Tommy. Einfach nur Tommy. Seit bald zwölf Jahren sitzt der freundliche Mann mit dem Haarschnitt, der gemeinhin mit einer nordamerikanischen Stammesfa- milie in Verbindung gebracht wird, hinter dem Tresen des AFM-Büros und hat für alle möglichen und unmög- lichen Anfragen ein offenes Ohr. Es wird Zeit, ihn ein- mal zu fragen: Was machst du da eigentlich alles? 25 YOUNG REBELS 15/16 REBELS YOUNG 25

Young Rebels: Tommy, in der Schreibtisch in unserem neuen Büro in der Süd, in welchem Und dann noch wechselnd unregelmäßige Dinge wie das In zehn Jahren bin ich über 60. wievielten Saison bist du nun heute aber nur noch unsere Kartenbörse an den Heim- Vor- und Nachbereiten der jährlichen Abteilungsver- Wenn sich dann Stimmen meh- schon für die AFM im Ein- spieltagen stattfindet. Wie war das mit den Arbeits- bzw. sammlung oder den Fahrdienst für die Teilnehmer des ren sollten, die finden, dass so satz? Tommy: Ich habe den Öffnungszeiten? Zunächst hatte das AFM-Büro kürzere AntiRa-Turniers organisieren. Wahrscheinlich habe ich ein alter Mann da nicht mehr Job in den dunklen Zeiten Öffnungszeiten und war immer montags geschlossen, aber noch jede Menge Kleinkram vergessen. Würdest du dich hinpasst, würde ich wohl nach der Regionalliga 2004 ange- irgendwann haben wir uns für besser merkbare Zeiten ent- als Bürohengst bezeichnen? Der Hauptteil meiner Arbeit Veränderung suchen. Aber mo- treten, bin also im zwölften schieden und auf Montag bis Freitag ,14 bis 19 Uhr, umge- spielt sich ja wirklich im Büro ab, da muss ich mit der mentan habe ich da eigentlich Jahr dabei. Wie fing das stellt. Zusätzlich gibt es dann an den Heimspieltagen unsere Bezeichnung wohl leben. noch Bock drauf und bekomme alles an? Wer ist auf dich Kartenbörse. Längeren Urlaub kann ich natürlich nur in der Was hat dich im Laufe der Jahre am meisten genervt in auch fast ausschließlich posi- zugekommen? Die Stelle als Sommer- oder der Winterpause nehmen, aber das wusste der AFM? Wirklich genervt bin ich nur sehr selten, und tives Feedback von allen Seiten. „Assistenz der Abteilungs- ich ja vorher. Außerdem würde ich wohl eh keinen Urlaub da ich finde, dass die Abteilungsleitung einen guten Job Ich ahne, dass ich den Schreib- leitung“ wurde seinerzeit in machen wollen, wenn der magische FC ein Heimspiel hat. macht, mit dem ich persönlich als Mitglied sehr zufrie- tisch überleben werde. einem AFM-Weihnachts- Welche Aufgaben gehören zu deinem Arbeitsalltag? Da gibt den bin, unterstütze ich die natürlich auch gern in der Was möchtest du den Leuten un- rundbrief unter allen Mit- es eine Menge üblichen Bürokram zu tun, aber der Kern Umsetzung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. Und im Con- bedingt mal mitteilen? Kauft alle gliedern ausgeschrieben. Ich der Tätigkeit ist natürlich alles, was mit den Heimspielen tainer? Am Container hat fast alles genervt, außer dass eure Karten möglichst bereits habe mich darauf ganz nor- zusammenhängt, also Abrechnungen, Getränkeorder, Kar- er irgendwie kultig war. Aber durch die dünnen Metall- im offiziellen Mitgliedervorver- mal beworben. Da die AFM tenmanagement. Durch die stetig wachsende Mitgliederzahl wände war es im Sommer darin immer brütend heiß, und kauf, damit ich weniger Anfra- zu der Zeit erst etwas mehr gibt es meistens recht viel zu tun, weil ja immer mehr Leute im Winter hat man sich den Hintern abgefroren, weil die gen ablehnen muss! Wer noch als 2.000 Mitglieder hatte, ihre Auswärtsbescheinigung abholen oder Wohnortwechsel wenige Wärme aus dem kleinen Elektroradiator sofort nicht AFM-Mitglied ist, sollte es war die Konkurrenz zum melden. Solche Sachen eben. verpufft ist. Außerdem hatte man den Dom immer so schnell werden, damit noch wei- Glück überschaubar. Die da- Wie ist es mit Mitarbeitern? Kollegen kommen – Trainer laut im Büro, dass man am Telefon schreien musste. tere tolle Projekte umgesetzt malige Abteilungsleitung hat gehen. Ich bin formal zwar Mitarbeiter der Geschäftsstel- Und im Büro? Das Büro hat sich eigentlich stetig verbes- werden können! sich aber viel Mühe bei der le, aber allein schon durch den getrennten Standort in den sert, sowohl Größe als auch Ausstattung und Mobiliar Stellenbesetzung gegeben Fanräumen fühle ich mich eigentlich dem Fanladen oder den und die Lage. In der Süd wurde ich ständig nach Stadi- und mit diversen Leuten Be- Museumskollegen näher. onführungen gefragt oder ob man bei mir Retter-Shirts werbungsgespräche geführt, Den meisten St.-Pauli-Fans bist du als der „gute Onkel von der kaufen kann. Wenn man das am selben Tag dreimal bevor sie sich dann für mich DK-Tauschbörse“ bekannt. Was hast du dabei Lustiges oder gefragt wird, fällt einem irgendwann auch keine witzige entschieden hat. Nervtötendes erlebt? Die Kartenbörse ist immer sehr stres- Antwort mehr ein. Stichwort: stinkende YR-Magazine im Was hat sich für dich im Lau- sig, weil dort in 120 Minuten vor dem Spiel manchmal bis zu Büro lagern ... Das bin ich schon öfter gefragt worden. fe der Jahre verändert? Als 150 Karten über den Tresen gehen. Richtig nervtötend ist Normalerweise sind die Hefte ja immer eingeschweißt, ich angefangen habe, waren es, wenn sich Nicht-Mitglieder oder Leute, die bereits ein und die Kartons lagern auch nicht direkt unter meinem sowohl das AFM-Büro als Ticket haben, dort anstellen und dann meinen Kollegen an Schreibtisch. Zu Hause landet mein Exemplar nach dem auch die Geschäftsstelle der Tür darüber anschwindeln, obwohl ich das ja dann bei Lesen eh immer als Gästelektüre in dem gekachelten des Vereins, der Kartenver- einem Blick in den Computer eh merke. Das hält nur auf. Zimmer mit der guten Lüftung, da stört der Geruch dann kauf, Fanshop und so weiter Lustig wird es, wenn uns ab und zu irgendwelche Gäste mit nicht. Gab es Momente, wo du alles am liebsten hinge- noch in den berüchtigten dem Sonderschalter verwechseln. So hatte ich schon Peter schmissen hättest? So schlimm war es nie, und ich bin Containern untergebracht. Neururer oder Elton in meinem Büro, die nach ihren VIP- auch eher der Kämpfer als der Hinschmeißer. Auch zu Der AFM-Container stand Karten gefragt haben. den „Jolly Rouge“-Zeiten habe ich eher darüber nachge- anfangs am Telekom-Gebäu- Welches sind deine anderen Tätigkeitsfelder für die AFM? dacht, wie man den Verein in die richtige Bahn zurück- de, zog dann beim Neubau Einen Teil habe ich ja bereits genannt, also Spieltagsvor- bringen könnte, als einfach in den Sack zu hauen. der Süd in die Gegengerade und -nachbereitung, Managen der Dauerkarten, die für die und nach Fertigstellung der Kartenbörse abgegeben werden, Kartenbestellungen von Südtribüne und beim Abriss Mitgliedern oder Ausstellen der Auswärtsscheine. Jede SITZT DU IN ZEHN der Gegengerade auf den Woche kommt noch das Zusammensuchen der sportlichen JAHREN IMMER NOCH Südvorplatz. Da hatte ich Aktivitäten aller Fußballteams und einiger anderer Sparten dann aber bereits meinen für unseren Newsletter „Der Verein am Wochenende“ dazu. AN DIESEM SCHREIB-

{Text: Bülow} Hossa, Nadja Fotos: TISCH? 27 YOUNG REBELS 15/16

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Claus Teister ist der sozialpädagogische Leiter Leiter ist der sozialpädagogische Teister Claus des Nachwuchsleistungszentrums

FUSSBALL WAHNSINNIGER „ICH BIN KEIN BIN „ICH MEHR“ 29 YOUNG REBELS 15/16 REBELS YOUNG 29

gegründet, und die meinten: Mach doch mal was, arbeite doch bei uns. Und ich: Ich mach doch nichts für meinen Verein.“ Er machte doch, erst ein Konzept und dann den Job als Sozialpädagoge, weil sich keiner fand, der in sein Eigentlich habe er sich nicht verändert in den letzten Konzept passte. Erst 30 Stunden die Woche, dann Vollzeit. zehn Jahren. Eigentlich. Claus Teister trägt jetzt Brille, „Alle haben sie mir damals abgeraten, auch die Super- schwarz, mit Vollbart wäre es ein Hipster-Teil, bei Claus punks. Studier doch mal zu Ende, haben die gesagt. Die Teister nur ein Hinweis darauf, dass er vielleicht doch haben echt gelabert wie die Alten.“ älter geworden ist. Eine der größten Veränderungen sei Er hat nie zu Ende studiert. Es ging ja immer weiter, weiter, TEISTER LEBT die körperliche, sagt er. Er stecke vieles nicht mehr so weiter: Jugendtalenthaus, Ausbildungsprojekt, Schulko- gut weg wie früher, die Abende nach den Heimspielen „ICH: operation, „Young Rebels“-Magazin. Mit dem Hoyzer- SEINEN JOB, ER mit den Kumpels etwa. Fallen die auf einen Samstag, ist Skandal 2005 kam die nächste Projektidee. Eine Her- LIEBT IHN er am Sonntag zu nicht viel zu gebrauchen. Claus Teister zensangelegenheit sei die, sagt Claus Teister: Aufklärung ist jetzt 48, hat ein kleines Bäuchlein angesetzt. Wenn POLICE“ und Präventionsarbeit zu Sportwetten und Glücksspiel, er sich warmgeredet hat, wenn er deutlich werden will, Präventionsarbeit gegen Rassismus. Präventionsbeauftrag- dann greift er energisch an den rechten Bügel seiner ter ist er jetzt auch. Kompetenz-Screening, noch eines Brille, zieht sie von der Nase. seiner Projekte. Medientraining würde er gerne mit den Jungs machen, die Eltern beraten, die Spielerberater mit er im Gespräch doch gleich die nächste Das Haupthaar ist etwas lichter, die Augen etwas schlech- einbinden. Die Ideen gehen ihm nicht aus, auch nach 13 Projektidee. Er diszipliniere sich jetzt ter, aber sie leuchten, sie blitzen, wenn er redet. Er redet Wir haben nur keinen Punkrock gehört, Jahren als Arbeitnehmer im Verein nicht, über die er sagt, anders, versuche, sich nicht mehr über- gern, viel. Über Fußball, über den FC St. Pauli, über das eher Supertramp, ich: Police.“ dass sie ihn tiefer in den Fußball haben blicken lassen, als all einzumischen, Aufgabenbereiche zu Nachwuchsleistungszentrum, über alte Projekte und neue Die falsche Musik, und damals auch er das manchmal gewollt habe. „Ich kenne die Fußballwelt trennen, das habe sich geändert. Matthi- Ideen, über die Jungs und das geile Gefühl, wenn einer aus noch der falsche Verein. HSVer war er jetzt aus dem Effeff“, sagt er. Immerhin sei er dabei kein as Janke kocht jetzt die Spaghetti mit dem eigenen Stall den Weg nach oben schafft. Aber Claus als Hosenscheißer, was auch sonst, es Zyniker geworden. 13 Jahre, die ihn dann doch verändert den Jungs im Jugendtalenthaus, besser Teister redet möglichst wenig über sich selbst. Erst nach waren die glorreichen Jahre des Ham- haben. „Ich bin kein Fußballwahnsinniger mehr“, sagt er. als Claus Teister, sagt der selbst. einer Stunde kann man ihm einige wenige Sätze über den burger Sportvereins. Zum FC St. Pauli Der Fußball sei ihm ein bisschen zu viel geworden. Er fährt Claus Teister lebt seinen Job, er liebt ihn Claus Teister entlocken, der er außerhalb seiner Funktion schleppte ihn Kumpel Mozart, 1988 nur noch selten zu Auswärtsspielen der Profis. Im Urlaub und den Verein, obwohl und auch weil als sozialpädagogischer Leiter des Nachwuchsleistungszen- müsse das gewesen sein. Damals, wie versuche er zumindest, ans Ergebnis zu kommen, sehen alles professioneller geworden ist. Und trums ist. Wo er herkommt, wo er hinwill. das schon klingt – alt. Obwohl, so wie müsse er die Spiele nicht mehr. St. Pauli sei mittlerweile doch: Es herrsche weiterhin eine andere Claus Teister hat diesen typischen nasalen Hamburger damals im Regen und Schnee durchge- 60 Prozent soziales Umfeld und 40 Prozent Fußball für Atmosphäre. Das ist ihm wichtig, dass Singsang mit der Muttermilch aufgesogen. Ein echter froren unten in der Meckerecke vor der ihn. Das Private ist ihm wichtiger geworden, seine Lebens- die Jungs mehr Zeit zum Reifen haben. Hamburger. Geboren in Hamburg, aufgewachsen in Rahl- Gegengeraden stehen, das will er die- welten würde er gerne verschieben, nennt es Claus Teister, Sein Anliegen: dass die Geschichte der stedt, drei Geschwister, katholisch erzogen, erst Minis- sen Winter noch mal. „Für mich ist der dem künstlerischen und kreativen Bereich mehr Raum jungen Kerle gut zu Ende geht – ob als trant, dann Pfarrjugendleiter. „Es wurde gefeiert, es wur- Fußball gesitteter geworden, es ist nicht geben, öfter ins Theater gehen, mehr Musik machen. Aber: Profifußballer oder als Amateur mit de geknutscht, und wir haben auch ein bisschen Politik mehr so dirty wie früher“, sagt er. „Ich bin nicht ruhiger geworden.“ Wie auch, entwickelt Beruf. Der Plan B, den müssten die Jungs gemacht. Andere haben das im Haus der Jugend gemacht, Wilde Schulzeiten, und irgendwann haben. Die Traumwelt Fußball werde wir in kirchlichen Räumen – mit Schlüsselgewalt über alles. dann doch das Studium. Interesse an irgendwann für jeden brutal real. Gefragt, ob er noch bis Zahlen hatte er nie, Lehrer wollte er zur Rente diesen Job macht, lacht Claus Teister – 2014 hat auch nicht werden, und Politik war kein Beruf. Am liebsten er das noch behauptet – und antwortet nicht wirklich. wäre er Journalist geworden. Der Rückhalt dafür sei aber Aufhören? Wie soll das einer können, den es kaum auf nicht da gewesen. Also Pädagogik. Während des Studiums seinem Stuhl hält, wenn er beschreibt, was das Schönste Praktikumsstellen bei der Jugendgerichtshilfe, die sich mit für ihn ist, dessen Wangen sich rot färben, wenn er davon dem „Verwalten von Unfähigkeit auf mehreren Ebenen“ redet, wie einer seiner Jungs ins Stadion einläuft. „Den beschäftigte. Aber hier arbeiten? Den Nebenjob im Wohn- kennst du aus dem Nachhilfeunterricht, aus dem Jugendta- gruppendienst für Menschen mit Behinderung habe er lenthaus, vom Lehrerinbeschimpfen, aus Einzelgesprächen. gerne gemacht. „Und dann kam eigentlich der große Und dann läuft der am Millerntor auf. Das ist schon geil!

glückliche Zufall“, erzählt er. „Dann haben wir die AFM Bülow} Nadja {Text: Foto: Stefanescu, Christina Das ist schon fett.“ 31 YOUNG REBELS 15/16 REBELS 31 YOUNG

Young Rebels: Vor zehn Jahren bist du als Spieler zum FC St. Pauli zurückgekommen. Die U19 war damals gerade als abgeschlagener Tabellenletzter aus der Bundesliga abge- stiegen und beendete die Saison in der Regionalliga als Fünfter hinter dem SC Vier- und Marschlande und Lan- genhagen. Seitdem ist viel passiert in der Jugendarbeit des Vereins. Kannst du einen kurzen Überblick geben? Thomas Meggle: Ich kann mich erinnern, wie schwer wir uns mit der U19 und der U17 getan haben, wieder in die Bundesliga aufzusteigen. An die Duelle mit , die damals auch schon den Anspruch hatten, wieder Bundesliga zu spielen. Dann hatten wir „ES WAR EINE zwischendurch mit der U17 den Aufstieg geschafft und sind wieder abgestiegen. Es waren schwierige Zeiten. Wir haben damals noch im Sternschanzenpark gespielt. Zur Deutschen A-Jugend-Meisterschaft Dann kam die Veränderung zum Königskinderweg. mit dem FC Augsburg hat es trotzdem IRRE ZEIT“ Einige Leistungsteams trainierten trotz des Jugendleis- gereicht. Das war, wie es oft ist. Es gab tungszentrums am Brummerskamp noch auf Grand an eine Dynamik im Team. Der Zusam- der Feldstraße. Wenn man das mit heute, mit der Kollau- menhalt in der Mannschaft hat dafür Thomas Meggle ist als Sportdirektor beim FC St. Pauli straße vergleicht, ist das eine phänomenale Entwicklung, gesorgt, dass wir erfolgreich waren und für alle Bereiche rund um den Profifußball verantwort- sowohl sportlich als auch infrastrukturell. individuell besser besetzte Mannschaf- 2015 spielen alle Leistungsteams in den höchstmöglichen ten geschlagen haben. Ich würde fast lich. Er war Deutscher A-Jugend-Meister, behauptet Ligen, die U19 ist Tabellendritter. Keine Mannschaft hat sagen, dass viele Mannschaften indivi- aber, dass er sich heute im Jugendfußball wahrschein- Abstiegssorgen. Das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) duell besser besetzt waren, aber wir ha- wurde mit drei Sternen zertifiziert. Die Bedingungen sind ben als Mannschaft funktioniert, und lich nicht mehr durchsetzen würde. Wie man zum Profi bestens. Wenn du zurückschaust auf deine Zeit im Jugend- als eingeschworener Haufen haben wir wird, über die Unterschiede der heutigen Ausbildung fußball bei 1860 München, Wacker und dem FC Augsburg: allen Paroli geboten. Dass es zur deut- Wie waren die Bedingungen damals? Bei Sechzig und in schen Meisterschaft reichte, hatten wir zu seiner eigenen fußballerischen Entwicklung und Augsburg haben wir auf Rasen gespielt. Bei Wacker, das selbst nicht erwartet. welche Perspektiven er in der Jugendabteilung des damals die dritte Macht in München war, haben wir auch Auch weil der Modus völlig anders war. auf einem Hartplatz trainiert. Wir hatten drei Trainings- Damals gab es noch keine Bundesli- Vereins sieht, darüber spricht er in diesem Interview einheiten in der Woche, eine Kabine. Jeder brachte seine ga. Das ist ein großer Unterschied zu Trainingssachen selbst mit. Einen Trainingsanzug gab es heute, da die besten Mannschaften aus nicht. Jeder hat in seinen eigenen Klamotten trainiert. Baden-Württemberg, Bayern und Hes- Das war es auch schon. Es gab kein Drumherum wie sen in einer Liga spielen. Wir hatten Präventionsarbeit oder Abstimmungen zwischen Schule 43:1 Punkte geholt, damals gab es noch und Verein oder dem Verein und der Ausbildungsstelle. zwei Punkte für einen Sieg. Wir hatten Darum musste man sich grundsätzlich selbst kümmern. Bayern und 1860 hinter uns gelassen und mussten noch das bayerische Fina- le gegen Nürnberg gewinnen. Nur der bayrische Meister durfte an der Deutschen Meisterschaft teilnehmen, die im K.-o.-System mit Hin- und Rückspiel ausgetragen wurde. Wir haben immer die nächsten zwei Spiele ge- nossen. Erst haben wir Hertha Zehlendorf ausgeschaltet und wieder gedacht: Dann genießen wir die nächsten zwei Spiele. In diesen haben wir dann den 1. FC Köln mit Carsten Jancker geschlagen. Dann haben wir im Halbfi- 33 YOUNG REBELS 15/16 REBELS YOUNG 33

als Kampfansage werten. Was wollt ihr denn tun, damit nale gegen Bremen und im Finale gegen Kaiserslautern die Spieler während oder nach einer tollen Ausbildung gewonnen. Es war eine irre Zeit, eine tolle Zeit. nicht zum HSV gehen? Es gibt drei Entscheidungsebenen. Hat es noch ein anderer Spieler aus der Mannschaft in die Einerseits ist da die finanzielle Entscheidungsebene. Bundesliga geschafft? Unser Ersatztorwart war Darius Es kann sein, dass ein Spieler aus finanziellen Gründen Kampa, der später in Nürnberg spielte. Dann war Micha- gutes Spiel gemacht hatte, weil man den Verein wechselt, und da spreche ich nicht nur vom el Rösele, der in Köln und Düsseldorf gespielt hat, dabei. dachte, morgen müsste man eigentlich HSV. Es gibt andere Vereine, die aktuell sehr aggressiv „WIR Und Frank Gerster, der bei Bayern und Eintracht Frank- direkt in der Ersten oder Zweiten Liga auf dem Markt unterwegs sind. Dann gibt es emotionale furt war, später in Magdeburg. Er stand 2007 am letzten spielen. Das alles Entscheidende war, Motive, und als drittes sind die rein fußballerischen Aus- WOLLEN Spieltag bei unserem Aufstieg in Magdeburg auf dem diese Emotionen besser in den Griff bildungsmotive ausschlaggebend. Auf der ersten Ebene MEHR Platz. Das ist es aber auch. zu bekommen und Woche für Woche werden wir niemals mit den anderen mithalten können. Du bist danach nach Starnberg in die Bayernliga gegangen hart zu arbeiten, damit man Konstanz Das heißt, dass wir uns auf die beiden anderen Ebenen INDIVIDUALI- und erst drei Jahre später in den Profifußball gekommen. in seine Leistung bekam. Die eigene konzentrieren müssen. SIERUNG“ Was, meinst du, ist das Entscheidende, um den Sprung zu Leistung konstant zu halten ist das Wie sieht das konkret aus? Wenn wir uns auf die emoti- den Profis zu bewältigen? Es gibt zwei, drei Merkmale, Merkmal, um zu sehen: Jetzt ist man onale Ebene begeben, bedeutet das, dass wir den Eltern die entscheidend sind. Da ist das Thema Geduld. Es ist für Höheres berufen. Jetzt hat man den ein gutes Gefühl geben müssen, dass ihre Kinder genau fünf Spieler, die vor fünf Jahren wie ihr ein immenser Schritt, nicht mehr gegen Gleichaltrige Sprung vom Jugend- zum Herrenspieler hier bei uns richtig aufgehoben sind, weil wir viele The- begonnen haben. Diese fünf haben sich zu spielen, die einen ähnlichen Körperbau haben. Das geschafft. men bieten, die andere nicht bieten. Das beginnt beim für den St.-Pauli-Weg entschieden. Das Nächste ist, den Willen aufrechtzuerhalten, das Best- So viel zur Vergangenheit. Was plant ihr Umgang mit Drucksituationen. Bei uns wird einer nicht sind Möglichkeiten, um Spieler unab- mögliche erreichen zu wollen. Dazu kommt das Selbst- in der Zukunft für den Brummerskamp, nach zwei, drei Spielen fallen gelassen, weil wir dann auf hängig von finanziellen Motiven zu vertrauen. Man muss von sich überzeugt sein, ohne dabei für die Kollaustraße? Das oberste Ziel: dieser Position das nächste Toptalent sichten. Wir wol- halten. Am Ende wird es immer so sein, Arroganz auszustrahlen. Es ist immer wichtig zu wissen: Mach aus drei Standorten zwei. Ak- len uns auf Spieler konzentrieren und sie von der U15 bis dass Spieler auch gehen, aber dann ent- Ja, ich kann es schaffen und tue dafür jeden Tag alles. tuell haben wir drei Standorte: Brum- zur U23 begleiten. Dass es dabei immer eine Quote von steht wieder Raum für andere. Wie groß war die Umstellung auf den Herrenbereich? Wir merskamp, Kollaustraße, Millerntor. Spielern gibt, die nicht in die nächste Mannschaft über- Die Professionalität im Jugendbereich waren Deutscher Meister, die beste Jugendmannschaft Am besten wäre es, wenn wir zwei da- nommen werden, ist aber auch klar. schreitet immer weiter fort. Es ist eine Deutschlands. Trotzdem war der Sprung riesengroß. Es von zusammenlegen könnten. Das wäre Die dann ersetzt werden müssen. Durch ein gutes Scou- harte Selektion, der sich die Spieler gab Spiele, da dachte ich, das ist Kreisklasse, so hast du die infrastrukturelle Wunschlösung. ting wollen wir sicherstellen, dass wir die Mannschaf- aussetzen. Gibt es Grenzen der Profes- keinen Anspruch, eine Liga höher zu spielen. Genauso Zudem wollen wir unser NLZ weiter ten nur punktuell ergänzen, damit wir nicht komplette sionalität? In der heutigen Zeit ist es war man aber auch gleich euphorisch, wenn man ein professionalisieren. Das bedeutet, Mannschaften austauschen, wie es bei anderen Vereinen nicht möglich, die Schule zu bewälti- dass wir unsere Schlüsse schon gezo- der Fall ist. Ich habe es als U23-Trainer so gehandhabt, gen, darüber hinaus bei einem Verein gen haben. Auf der AFM-Versammlung habe ich schon dass ich jedem U19-Spieler die Möglichkeit gegeben Leistungsfußball zu spielen und dann „ZIEL: MACH auf diverse Themen hingewiesen, bei denen wir noch habe, in die U23 des FC St. Pauli zu wechseln. Es ist noch einer dritten zeitintensiven Tä- AUS DREI Verbesserungspotenzial haben. Diese Punkte wollen bitter, wenn du fünf Jahre im NLZ spielst, dann aber tigkeit nachzugehen. Deshalb muss ich wir aufgreifen, wohl wissend, dass schon vieles richtig aus irgendwelchen Gründen nicht übernommen wirst. mich auch entscheiden. Nur wenn ich STANDORTEN gut läuft. Dass unser NLZ von der DFL und dem DFB Vielleicht kommt ja bei dem einen oder anderen noch den Fußball liebe, bin ich auch bereit, ZWEI“ mit drei Sternen zertifiziert wurde, ist eine tolle Basis, ein weiterer Entwicklungssprung. Wir wollen den Alltag sehr viel Zeit zu investieren. Im Aus- aber am Ende müssen wir immer sehen, welches Ziel wir soweit es geht erleichtern, indem wir immer mehr zu bildungsbereich wird die Professiona- haben. Das Ziel ist nicht, drei Sterne zu bekommen. Das individualisieren versuchen. Wir haben nicht nur den lisierung weiter voranschreiten. Das Ziel lautet, eine Durchlässigkeit zur Lizenzmannschaft Fußball, sondern auch die Schule und andere Gege- bedeutet aber nicht direkt, noch mehr zu schaffen. Das genießt die größte Priorität. Da sind wir benheiten im Blick, damit jeder Trainer sieht, wo der Zeit aufwenden zu müssen, sondern es auf einem guten Weg, wenn man schaut, wie viele Spie- Spieler denn jetzt steht und ob er aktuell mal eine Pau- geht darum, die Zeit noch sinnvoller ler von der U19/U23 dieses Jahr den Sprung in den Kader se braucht, weil es zu viel wird. Es ist wichtig, dass die geschafft haben. Der nächste Schritt ist, dass die Spieler Eltern und die Spieler das Gefühl haben: Hier bin ich Einsätze bekommen und durch kontinuierliche Einsätze richtig gut aufgehoben! zu Stammspielern werden. Und die dritte Ebene ... ist die fußballerische Ausbildung. Bernhard Peters hat gesagt, es solle in Zukunft kein Talent Da geht es um die Fragestellung: Bilden wir auf dem mehr neben dem HSV in Hamburg reifen. Das kann man Platz gut aus, lernen die Spieler genau die Themen, die sie im Herrenfußball brauchen? Gleichzeitig zeigen wir den 14-Jährigen: Schaut mal, bei den Profis spielen jetzt 35 YOUNG REBELS 15/16 REBELS YOUNG 35 zu nutzen. Dabei helfen in den Bereichen Analyse und Die Schere im Profifußball geht immer weiter auseinander. Individualisierung technische Möglichkeiten. Wir spielen Auch im Jugendfußball ist das immer mehr zu spüren. Es beispielsweise Videosequenzen auf Handys, die der Spie- gibt Fans, die fragen, ob es nicht schlauer wäre, das Geld ler selbst zur Analyse nutzt, ohne eine komplette Mann- gleich direkt bei den Profis zu investieren und sich die schaft ins Auditorium zu bitten. Die Effizienz in diesem dere und verhindern die Entwicklung Jugendarbeit zu sparen. Wäre das nicht vielleicht die bes- Bereich wird sich steigern. von Spielertypen wie beispielsweise sere Lösung, als für andere Vereine Spieler auszubilden? Was ist mit Chips in den Schuhen, Apps zur Darstellung eines Wolfram Wuttke? Wir wollen ja Wir bilden nicht für andere Vereine aus. Wenn ein Spie- von körperlichen Werten? Wird damit gearbeitet, oder gerade mehr Individualisierung. Die ist, ler zwei, drei Jahre bei uns gespielt hat und dann zu ei- sind das Zukunftsprojekte? Damit wird schon gearbeitet was die körperlichen Themen angeht, nem anderen Verein wechselt, müssen wir uns als erstes im NLZ. Jetzt geht es um die technischen Vorausset- gewiss eine Gratwanderung. Das ent- fragen: Warum wechselt er? Würde der Spieler bei uns zungen. Heute muss noch ein Pulsgurt getragen werden, scheidende Plus ist, dem Spieler indivi- auch bei den Profis spielen? Und zweitens: Ist er ein ex- um die Herzfrequenz im Training zu messen, um die duell mit Videosequenzen seine Stär- tremer Verlust? Jetzt sind wir gerade an der Schwelle an- Belastung besser steuern zu können. Es werden aber ken zu präsentieren, ihm genauso aber gekommen, wo viele den Übergang in den Herrenbereich auch schon jetzt Laufstrecken, die Anzahl der Sprints, auch zu zeigen: An dieser Stelle haben geschafft haben. Nun müssen sie noch Stammspieler die durchschnittliche Geschwindigkeit im Training, zu wir die Belastung so gesteuert, weil die werden. Ein Spieler, der in der Jugend beim FC St. Pauli welcher Zeit welche Geschwindigkeit erreicht wird mit Werte das und das gesagt haben. Es gespielt hat, bringt eine andere Identifikation mit als moderner Technik gemessen. Diese Ergebnisse tragen wird alles objektiver. Die Subjektivität jemand, der von außen kommt. In drei, vier Jahren wird noch einmal deutlich zur individuellen Belastungssteue- geht verloren. Die Erfahrung großer man sehen können, in welche Richtung es in der Jugend- rung bei. Das bedeutet aber auch, dass unsere Trainer ge- NLZ zeigt aber, dass darauf geachtet arbeit geht. Anstatt das Geld in den Profibereich zu ste- „IN DREI, VIER schult werden müssen, wir ein bisschen mehr Manpower wurde, Spieler zu fördern, die vom cken, sollte man das System allenfalls modifizieren. Man JAHREN WIRD brauchen, um diese Tools auch nutzen zu können. Charakter leicht zu führen waren. Es könnte sich dann beispielsweise auf weniger Spieler pro Hat man vor einigen Jahren ältere Spieler zu Laktattests wurde für Spieler, die schwierig wa- Team konzentrieren, die man aufbaut. Anders als jetzt, MAN SEHEN befragt, waren diese von solchen Maßnahmen in der Regel ren, kein Raum gelassen. Ich versuche, da wir vielen Spielern Raum zur Entwicklung geben. wenig begeistert. Sie meinten, den eigenen Körper gut mich dann an die Zeit zu erinnern, als Um diese Fragen wird es in drei, vier Jahren gehen. Aber KÖNNEN, IN genug zu kennen. Junge Spieler hingegen fordern diese oft, ich zwischen 15 und 17 war. Wenn für mittelfristig ist es wichtig, uns im NLZ noch besser zu WELCHE RICH- um mit den Werten zu arbeiten, weil sie ihnen Sicherheit mich damals die standardisierten NLZ- machen, als wir jetzt sind. Wir haben das riesige Glück, geben. Fördern die neuen technischen Möglichkeiten Kon- Regeln gegolten hätten, wäre ich nie dass die AFM herausragende Arbeit für uns leistet. In TUNG ES IN formität? Nehmen sie speziellen Spielern gar das Beson- Profifußballer geworden. Ich habe es keinem anderen Verein wird die Jugendarbeit derartig DER JUGEND- geschafft, weil alles dezentral organi- unterstützt. Ohne diese Unterstützung wären wir auf siert war und weil erst später jemand in der Bayern-Liga einer ganz anderen Ebene. ARBEIT GEHT“ genauer drauf geschaut hat und ich zu diesem Zeitpunkt gut war. Ich hätte mit Sicherheit nicht in einem Jugend- team in einem NLZ eines Bundesligisten gespielt, weil sie mich schon vorher aussortiert hätten. Ich glaube, dass wir in diesem Bereich Potenzial besitzen, damit nicht der einheitliche Spieler aus dem NLZ kommt, der bei Inter- views standardisierte, stromlinienförmige Antworten gibt. Wir können darauf achten, noch andere Charaktere zuzulassen, die das Salz in der Suppe Fußball ausmachen. Könnte das ein Alleinstellungsmerkmal in der Liga schaf- fen? Nein, es geht darum, dass einer Fußball spielen kann. Ob einer klein oder groß ist, ist völlig unwichtig. Wenn jemand Fußball spielen kann und vom Charakter her schwierig zu führen ist, sollten wir mehr Zeit inves-

tieren als bei anderen, die nicht Fußball spielen können. {Text: Max Toebe, Strottmann} Fotos: Uwe FUSSBALLMAGAZIN FÜR DEN NACHWUCHS

STRAIGHT OUTTA ST. PAUL I

SAISON 2015/16 GRATIS