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Blatt 88

Bericht 2010–2012 Der Aufschluss in der Kehre der Straße Brandenberg–Guf- über geologische und quartärgeologische ferthütte, Höhe 1.250 m, zeigt folgende Abfolge: An der Aufnahmen auf den Blättern Basis treten rote Knollenkalke mit Crinoiden, Stromatactis- 88 Achenkirch sowie 89 und Gefügen und Mangankrusten sowie Brekzien mit Crinoi- 119 Schwaz, den und Klasten aus Mangankrusten (Adneter Kalke) auf. Nach oben besteht ein primärer Übergang in glimmerig- mit Ergänzungen zu Bericht 2008–2011 siltige, stark zerscherte Mergel und dünne Kalkzwischen- lagen (zusammen ca. 3 bis 4 m). Es folgen Knollenkalke Alfred Gruber mit Mangankrusten und Bositra-Schill (etwa 5 m), zuletzt ein halber Meter mächtige, rote Radiolarien führende Mer- Stratigrafische, struktur- und quartärgeologische gel und Kalke (Radiolarit?). Nach einer Schichtlücke von Aspekte im Nordschenkel der -Synklinale 2 m (Straße) schließen grün-graue Radiolarienmikrite mit Detritusschüttungen und Kieselknauern an, die den Am- Strukturgeologische Charakteristika der Blauberge mergauer Schichten zuzuordnen sind. Bei Gruber (Jb. Die Gratschneide der Blauberge wird zwischen der Wich- Geol. B.-A., 148/2, 277–281, 2008) wurden diese verkie- telplatte im Westen und der Halserspitze im Osten aus steil selten Mikrite irrtümlich noch zu den Scheibelbergkalken S- bis SSE-fallendem Plattenkalk aufgebaut. Die Basis des gerechnet. Plattenkalks zum Hauptdolomit wird an mehreren steilen, NW–SE streichenden, dextralen Blattverschiebungen im- Gebiet Unterer Sattelbach, Bairachbach (ÖK 88/89) mer wieder um Zehnermeter nach SE versetzt, z.B. zwi- Die Ammergauer Schichten und die arenitisch-ruditischen schen Kote 163 der Blaubergschneid und dem Blauberg- Barmsteinkalkbänke sind an der Stichstraße, die bei Punkt kopf. Der Nordgrat der Halserspitze wird auf 1.620 m Höhe 1.176 m von der Straße zur Gufferthütte nach Osten ab- von einer dieser Störungen (S 212/70) gequert, begleitet zweigt, fast durchgehend aufgeschlossen. Wenige Me- von Kataklasezonen. Am Nordanstieg zur Halserspitze ist ter östlich des Weges stehen auch hellrote, knollige Fila- des weiteren 80 Hm unterhalb des Gipfels der Übergang mentmikrite vom Typ Adneter Rotkalke an. Die Auflage auf vom Hauptdolomit (Wechsel von strukturlosen Dololutiten dem Oberrhätkalk im Norden ist primär, weiter östlich al- und Stromatolithen) in den Plattenkalk gut zu sehen. In den lerdings durch NW–SE streichende Seitenverschiebun- Nordabstürzen der Blauberge äußern sich die genannten gen abgeschnitten. Der Oberrhätkalk treppt dadurch zu- Seitenverschiebungen morphologisch in tiefen Rinnen und sehends nach Südosten ab, bis zum Zusammenfluss des Gräben, am Kamm in Scharten. Auf der Südseite schwen- Sattelbaches mit dem Bairachbach. Der Top des Oberrhät- ken diese Störungen großteils in die Kössener Schichten kalkes ist lokal in Brekzien aufgelöst bzw. durch Rotkalk ein (vgl. auch die strukturelle Situation östlich der Guffert- gefüllte Spalten gekennzeichnet. Die darüber folgenden hütte). Rotkalke bilden ein leichtes onlap auf dem Oberrhätkalk und erreichen teils Mächtigkeiten von 15 m; in diesem Fall Gebiet Gufferthütte, Brandenberger Roßalm, oberer besteht der Großteil aus dickbankigen Crinoidendetritus- Sattelbach (Begehung mit R. Brandner) Kalken vom Typ Hierlatzkalk. Die Rotkalke bestehen im Am Weg von der letzten Kehre der Straße zur Gufferthüt- höheren Abschnitt aus knolligen Filamentmikriten und wei- te nach Norden zur Bayerischen Wildalm (Sindelsdorfer sen am Top häufig schwarze, metallisch glänzende Hart- Alm), wenige Meter hinter dem Almgebäude, gibt es ei- gründe mit Ansammlungen von Ammoniten auf. Direkt nen Aufschluss in Ammergauer Schichten, mit Barmstein- darauf liegen, 2 bis 3 m dick, braun-rote, dünnbankige Ra- kalkschüttungen (Grainstones) und Lamellaptychus sp. diolarienmikrite, die der Ruhpolding-Formation zuorden- Proximale Rinnen zeigen Kolkmarken, die eine Schüttung bar sind, auch wenn sie keine richtigen Chertlagen füh- in N–S-Richtung anzeigen (SS 200/45). 200 m weiter in ren. Es folgen in der Abfolge nach oben mit wechselnden Richtung Wildalm folgen ca. 8 m mächtige Rotkalke; ba- Bankdicken hellgrau-bräunliche, rau verwitternde Detri- sal handelt es sich um Mikrite mit Crinoidenschüttungen, tuskalke mit an- und abschwellenden Kieselschnüren, die die über einer Diskordanz auf Schillkalken der Kössener den Barmsteinkalken entsprechen. Deren Bänke verursa- Schichten einsetzen; man beobachtet Stromatactis-Hohl- chen am unteren Sattelbachlauf eine Reihe kleiner Was- räume, die von Wühlern im semiverfestigten Sediment an- serfallstufen. Die Barmsteinkalke werden in diesem Ab- gelegt wurden, nachfolgend teilweise von Zementsäumen schnitt des Nordschenkels der Thiersee-Synklinale (siehe an den Wänden ausgekleidet und teilweise mit Sediment Geologische Karte 1:25.000 des nördlichen Achenseerau- verfüllt wurden. Das heißt, es bestand viel Zeit für Nicht- mes – ÖK 88 Achenkirch, 2011) normalerweise von einigen sedimentation. Das Ganze wird mit Crinoidenschuttkalken Metern Radiolarienmikriten (Ammergauer Schichten) un- vom Typ Hierlatzkalk versiegelt; darin vorkommende sphä- terlagert; diese dürften hier tektonisch abgeschert worden rische Körner könnten Ooide sein (vgl. Geiselsteinoolith sein. Strukturell wird die gesamte Schichtfolge von zahl- in den Bayerischen Kalkalpen). Über den Crinoidenkalken reichen steilen, NW–SE streichenden Störungen zerhackt, folgen Radiolarien führende Kalke, die im weiteren Sinn zur die meist dextrale Versätze von wenigen Metern zeigen, Ruhpolding-Formation zu zählen sind. Cherts kommen un- wobei die Rotkalk-Basis sich als idealer Versatz-Marker tergeordnet vor. Faziell liegt hier die typische obere Hang- eignet. Dextrale Versätze zeigen sich jedoch auch an NNE– fazies der unterjurassischen Tiefschwelle vor, die am unte- SSW streichenden Störungen (z.B. im Oberrhätkalk an ei- ren Hang mit den Scheibelbergkalken verzahnt. ner Störung südwestlich von Punkt 1.336 m). Untergeord-

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net kommen NE–SW streichende Störungen mit sinistralen dem südlich dahinterliegenden Kar im Zuge des hochgla- Versätzen bis 2 m, vereinzelt von Zehnermetern vor. zialen Eisaufbaues rasch vorstieß und dessen mächtige Moränenablagerungen später vom anrückenden Eis von In den tiefen Zweiggräben des Sattelbaches, in Richtung Westen überfahren, jedoch nicht vollständig ausgeräumt SW zur Wildalm und zum Abendstein, stehen fast durch- wurden. Etwa 200 m südlich des Almgebäudes schließt gehend konstant sehr steil SSE fallende Schrambach ein breiter, mäßig hoher Schutt- und Blockwall den Alm- Schichten an. Ein stärkerer Wechsel des Schichteinfallens boden in weitem Bogen nach hinten ab (siehe auch La- von SSE auf NNW und begleitende Scherzonen zwischen serscanbilder des Landes Tirol; (https://portal.tirol.gv.at/ 1.250 und 1.300 m Höhe deuten möglicherweise auf den LBAWeb/luftbilduebersicht.show). Es handelt sich um die Kern der Synklinale hin. Endmoräne eines spätglazialen Gletscherstandes, der hier aufgrund der schattigen Hohlform und des hohen Schutt- Spätglaziale Moränen in den Blaubergen anfalles bis unterhalb 1.400 m vorstoßen konnte. Eine ähn- Am Fuße der Südostflucht der Halserspitze, nordwestlich liche Ausgangssituation findet sich im Kessel östlich der der Bayerischen Wildalm, bildet Blockschutt aus Platten- Angernalm, wo ebenfalls ein schöner Endmoränenwall auf kalk wallartige Gebilde bis 1.480/1.500 m Höhe, die einen der Wildalm ein Gletscherende in 1.420 m Höhe markiert. spätglazialen Gletscherstand vermuten lassen. Die talsei- tige Vorwölbung könnte auf nachfolgende Permafrostakti- Moränen im Sattelbach vität oder Rutschbewegungen zurückgehen. Endmoränen- Die bis 50 m mächtigen Moränen, die im Lee des brei- reste mit vergleichbarer Höhenlage wurden auch in den ten Sattels zwischen Filzmoos- und Sattelbach ostseitig schattigen Karen östlich und nordwestlich der Halserspitze abgelagert wurden, zeigen in Anrissen entlang der Bä- auskartiert. Möglicherweise zählt dazu auch die Wallform che großteils kompakte Diamikte (Grundmoräne), z.B. ent- südlich der Wichtelplatte. lang des Sattelbaches rechtsseitig zwischen 1.180 m und 1.280 m. In verschiedenen Niveaus der Moränenfolge (z.B. Glaziokarstwanne der Bayerischen Wildalm bei 1240 m südlich des Sattelbaches) sind auch geschich- Das Gebiet der Sindelsdorfer Alm stellt eine morpholo- tete Horizonte von Sand, Kies und Schottern zu finden, gische Besonderheit dar: Über den Kössener Schichten die im subglazialen Milieu durch Schmelzwasser abgela- hat sich eine fast kreisrunde, 40 bis 60 m tiefe Senke ge- gert wurden. Das Geschiebespektrum dieser Moränen be- bildet, die über ein Schluckloch (Ponor) am Ostrand ent- steht ausschließlich aus kalkalpinem Material der näheren wässert wird. Diese Hohlform ist als große Karstwanne zu Umgebung. Die gelegentlich vorkommenden, großen Kalk- interpretieren, die glazial überformt ist. Die dickbankige- blöcke, die in der Moräne, aber auch an deren Oberfläche ren (Korallen)kalke der Kössen-Formation und der Platten- frei liegen, entstammen in diesem Gebiet hauptsächlich kalk sind hierbei am stärksten verkarstet, die Mergelkal- dem Oberrhätkalk. ke und Tonsteine wurden jedoch mechanisch, u.a. glazial ausgeräumt. An der Nord- und Ostseite sind Diamikte mit z.T. großen, gerundeten Blöcken als Hinterlassenschaften der Vergletscherung überliefert (in der Geologischen Karte Struktureller Bau des Südschenkels der Thiersee- 1:25.000 des nördlichen Achenseeraumes – ÖK 88 Achen- Synklinale im Abschnitt des Schneidjochs kirch, 2011, wurde aufgrund der geringen Ausdehnung nur Schneidjoch-Antiklinale und Wildalm-Überschiebung Hangschutt eingetragen). Darüber hinaus ist die nähere Umgebung stark glazial überschliffen und abgerundet. Der Der Westabschnitt zwischen Ampelsbach und Wildalm unterirdische Abfluss erfolgt im Bereich der großen dextra- Dieser Abschnitt weist zum Teil einen komplexen tekto- len NW–SE streichenden Blattverschiebung, an der Kösse- nischen Bau auf, der durch einen Faltenbau mit E–W und ner Schichten im Südwesten an Plattenkalk im Nordost­ en NE–SW streichenden Faltenachsen und aufrechten und grenzen. Es ist unklar, ob die Entwässerung parallel zur überkippten Schenkeln sowie durch eine weithin anhal- Störung in Richtung Sattelbach, oder quer dazu in Rich- tende, durchreißende Überschiebung (Wildalm-Überschie- tung Bayrbach erfolgt (denn es gibt untergeordnet auch bung) nach Norden gekennzeichnet ist. NE–SW streichende, steile Störungen). Die Senke wurde später mit feinklastischen Sedimenten zum ebenen Talbo- Am Filzmoosbach und am Klausbodenbach, weiters in den den aufgefüllt. Darauf hat sich ein Torfmoor gebildet. An südseitigen Gräben des Sattelbaches sind die Schram- den Hängen haben sich in der tonig-lehmigen Verwitte- bach Schichten als jüngstes Schichtglied im Kern der rungsschwarte der Kössener Schichten kleine flachgründi- Thiersee-Synklinale in vertikaler bis subvertikaler Stellung ge Rutschungen und Erdströme entwickelt. aufgeschlossen. Im Profil entlang des Ampelsbaches auf Höhe der Natterwand sieht man auch den steil S fallenden, Moränen auf der Klausboden- und Wildalm inversen Anteil der Schrambach Schichten direkt sedi- Die Umgebung der Klausbodenalm ist durch eine tie- mentär aus den Ammergauer Schichten hervorgehen. Eine fe Hohlform in den Nordabhängen des Schneidjochs und analoge Situation liegt im Graben bei der Wildalm nord- durch eine breite Gelände-Vorwölbung nach Norden zum westlich des Abendsteins vor. Der Übergang von diesem Filzmoosbach gekennzeichnet. Im vorgewölbten Bereich inversen Südschenkel der Thiersee-Synklinale in den auf- handelt es sich überwiegend um mächtige Grundmorä- rechten Nordschenkel liegt entlang des Filzmoosbaches ne mit gekritzten Geschieben und mit großen Blöcken aus vermutlich auf Höhe der Ludernalm. Auf der geologischen Oberrhätkalk. Die Grundmoräne ist entlang des Bächleins, Karte ist auch gut zu sehen, dass die durchgehend inver- das den Almgrund entwässert, häufig aufgeschlossen. In se Schichtfolge vom Hauptdolomit bis zu den Schram- der geologischen Karte wurde dieses Moränenareal in das bach Schichten, wie sie entlang des Ampelsbaches vor- Hochglazial gestellt; die Vorwölbung im Ost-West-Relief liegt, östlich davon mit zunehmender topografischer Höhe kommt dadurch zustande, dass der lokale Gletscher aus tektonisch ausgedünnt ist: Flach invers lagernder Ober­

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rhätkalk mit invers auflagernden Kössener Schichten liegt und dadurch ist der Bereich nördlich der Gratschneide direkt auf Ammergauer Schichten. Entlang einer E–W strei- zwischen Punkt 1.811 m und der Angernalm wellblechartig chenden Überschiebung (hier als Wildalm-Überschiebung verformt. Der dickbankige Oberrhätkalk ist während dieser bezeichnet) werden die Schichtglieder der Rotkalk-Grup- Deformation parallel zu den Faltenscharnieren allerdings pe, der Allgäu-Formation und der Ruhpolding-Formation bruchhaft in Schollen zerlegt worden und an dextralen schräg abgeschnitten. Die Schichten der Hangendscholle NW–SE und sinistralen NE–SW Störungen lateral zerschert (Plattenkalk, Kössener Schichten) zeigen dabei ein wesent- worden. Die derart verformten Kössener Schichten und lich flacheres Einfallen als die Schichten in der Liegend- der Oberrhätkalk überschieben im Norden wiederum an scholle. Dies hängt auch mit einer zusätzlichen Faltung in einer flachen, durchreißenden Störung steil invers SSW der Hangendscholle zusammen. Weiters zeigt sich, dass fallende Schrambach Schichten. Diese weisen lokal eine im Bereich der „Inschriften“ (südlich der Klausbodenalm) enge Verfaltung mit wechselnd steil SSW und NNE fallen- die Schichtglieder der Hangendscholle (Plattenkalk, Kös- der Schichtung auf, z.B. im Graben, der den Wander­weg sener Schichten und Oberrhätkalk) ostwärts nunmehr auf- Gufferthütte–Schneidjoch begleitet. Im Nahbereich zur recht liegen. Ein Blick auf den westlichsten Abschnitt des Überschiebung sind die Schrambach Schichten stärker Schneidjochs zeigt, dass die invers S fallende Schichtfol- zerschert; 200 m nordwestlich der Angernalm (am Wan- ge aus Plattenkalk und Hauptdolomit im Graben nordöst- derweg auf Höhe 1.560 m) sind auch Scherlinge von All- lich der Schneidalm, auf 1.630 m, um ein E–W-Scharnier gäu Schichten, Radiolarit und Ammergauer Schichten ein- zusätzlich nach Norden gefaltet ist: Der Hauptdolomit liegt geschuppt. Der tiefe Sattel östlich von Punkt 1.811 m ist weiterhin überkippt auf dem Plattenkalk, beide fallen jetzt ebenso strukturell angelegt worden; dieser markiert eine aber mittelsteil nach NNE ein. Eine informelle Bezeichnung ursprünglich NE–SW streichende, eoalpine Synklinalstruk- dieser Struktur könnte „Synformale Schneidjoch-Antiklina- tur mit Kössener Schichten im Kern, die tiefgreifend ero- le“ lauten. Dadurch baut der Hauptdolomit wieder – einge- diert wurden und eine derart markante morphologische faltet – den Schneidjochkamm auf und liegt in den Nordab- Eintiefung im Kamm hinterließen. Die erwähnte Synklinale hängen des Schneidjochs flach auf Plattenkalk, Kössener wurde vielleicht noch im Zuge der eoalpinen bzw. der jün- Schichten und Oberrhätkalk. Dies erklärt zwischen Schlag- geren „tertiären“ N–S Einengung durchgeschert und als und Schneidalm auch das halbfensterartige Vorgreifen des schräge Aufschiebung oder als sinistrale Seitenverschie- Plattenkalkes nach Osten. bung reaktiviert. Diese Störung läuft vermutlich in den Be- In den Nordabstürzen von Punkt 1.811 m, dem höchsten reich nordwestlich der Angernalm hinein. Die Liegend- Punkt des Schneidjochs, ist ein weiteres, enges Scharnier scholle dieser Aufschiebung verrät durch das Umbiegen (plus minus ESE–WNW streichend) ausgebildet, an dem des Hauptdolomits und Plattenkalks von SE- auf NNE- der inverse Hauptdolomit und Plattenkalk von flach invers Fallen, sichtbar am unteren Steig Schneidalm–Issalm auf S fallender auf steil aufrecht NE fallender Lagerung um- 1.400–1.500 m Höhe südlich von Punkt 1.811 m, in ein- biegen. Diese veränderte strukturelle Situation präsentiert deutiger Weise die Entstehung der Überschiebung aus ei- sich besonders deutlich in den Westabhängen des Kul- ner Faltenstruktur. Die Aufschiebungsfläche selbst verläuft minationspunktes von Punkt 1.811 m, wo sich nicht nur oberhalb von 1.400 m (Hauptdolomit überschiebt auf Plat- der aufrechte Rückschenkel der großen Tauch-Antiklina- tenkalk) etwas östlich über dem Graben, markiert auch le des Schneidjochs zeigt, sondern auch die sekundäre durch Quellaustritte. Auf 1.490–1.500 m Höhe teilt sich die Verfaltung der Achsenebene dieser Antiklinale, wie weiter Aufschiebung in einen NNE-verlaufenden Hauptast und ei- westlich bei der Schneidalm (siehe oben). Dass das Nord­ nen NE-verlaufenden Nebenast. Die Hangendscholle die- ende der Tauch-Antiklinale bzw. deren Scharnier (in den ser Aufschiebung zeigt sowohl eine Antiklinale mit über- Nordabstürzen des Schneidjoches, siehe oben) nicht weit kipptem Plattenkalk im Nahbereich der Überschiebung am entfernt sind, ergibt sich allein schon aus der Gelände­ Sattel, als auch eine WNW–ESE streichende Antiklinale am situation, da für den inversen und aufrechten Schenkel Kamm selbst. Der Nordschenkel dieser Antiklinale biegt in nur mehr ganz wenig an Mächtigkeit vorhanden sind, ein den Nordabhängen zur Wildalm auf halber Höhe wieder- gutes Indiz für den Umkehrpunkt der Falte. Der Wechsel um von steil aufrecht N fallend auf steil invers SSW fallend vom invers liegenden zum aufrechten Schenkel vollzieht um; letzteres ist direkt an der Straße zur Angernalm (klei- sich am Südabhang des Schneidjochs im Hauptdolomit in ne Rinne mit Schotterentnahme) ersichtlich. Die Kössener der Umgebung der Schneidalm. Die Achsenebene fällt – Schichten bilden zusammen mit den nördlich anschließen- geschätzt – mittelsteil nach SE ein. Weiters beobacht­ et den, ebenfalls überkippten Oberrhätkalken einen strati­ man im aufrechten Rückschenkel der Antiklinale, in den grafischen Verband, als Teil des inversen Vorderschenkels Nordabstürzen des Schneidjochs im Meridian von Punkt der großen Schneidjoch-Antiklinale. Die jüngere „tertiäre“ 1.811 m eine sekundäre Verfaltung des Plattenkalkes und Einengung wirkte sich in diesem Gebiet nicht nur durch der Kössener Schichten um NE–SW-Achsen und – dar- NNE-gerichtete Überschiebungen, sondern untergeordnet aus hervorgehend – durchreißende Überschiebungen auch durch S- bis SW-vergente Faltung und SW-gerichte- nach Norden. Da diese Faltenachsen mit klar ausgebil- te, flache, durchreißende Rücküberschiebungen aus. Ein deten Scharnieren im Plattenkalk ein Abtauchen um 30– Beispiel hierfür findet man im Graben 500 m nordwestlich 40° nach NE anzeigen, dürften sie im Zuge der eoalpinen, der Issalm, am Steig zur Schneidalm. prägosauischen Einengung in SE–NW Richtung entstan- den sein. Die Steilstellung der Achsen erfolgte während der neogenen SSW–NNE-Einengung. Der Südabhang von Struktureller Bau östlich der Wildalm Punkt 1.811 m zeigt eine Faltung im Kleinmaßstab (Meter- Dieser Bereich ist gegenüber dem westlichen Abschnitt bereich), sowohl mit NE–SW- als auch ESE–WNW-Ach- durch ein Zurückspringen der gesamten Schichtfolge in sen. Infolge dieser Faltung reicht der Plattenkalk im Gra- der Hangendscholle der Wildalm-Überschiebung an ei- ben südlich von Punkt 1.811 m bis nahezu 1.400 m hinab ner NNW bis N streichenden, steilen Störung nach Süd­

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osten gekennzeichnet. Das Streichen der Schichten än- lich des Bildstocks an der Ragstattalmstraße erstreckt sich dert sich dadurch nur geringfügig, die Schichtlagerung ein Streifen des weißlichen dolomitisierten Oberrhätkalkes, schwankt zwischen steil aufrecht N fallend im hinteren von Rutschblöcken aus Oberrhätkalk bedeckt nach Osten, (südlichen Bereich) und steil invers S fallend im vorde- dorthin breiter werdend, und „stratiform“ unterlagert von ren Bereich. Der im Kartenbild sichtbare dextrale Relativ- einer überkippten Abfolge aus Ammergauer Schichten versatz von etwa 150 m (Hauptdolomit im Westen grenzt und Schrambach Schichten. Da die Allgäu Schichten auch an Plattenkalk und Kössener Schichten im Osten) könnte südlich über dem Dolomit vorkommen, könnten Liegend- auch durch unterschiedlich starke Einengung bedingt sein und Hangendscholle sekundär nochmals gestapelt worden (tear fault). Die westlich der genannten tear fault auftreten- sein. Die Allgäu Schichten der Liegendscholle wären dem- den Kössener Schichten sind tektonisch bedingt sehr ge- nach auf Oberrhätkalk der Hangendscholle überschoben ringmächtig; östlich davon sind sie bis zu einer markanten worden. Bei Berücksichtigung der hier stark ausgepräg- NE–SW-streichenden Störung nördlich der Schienbachalm ten Bergz­erreißungsphänomene – ein Zehnermeter breiter wieder vollständiger vorhanden. Die Schichtfolge der Zerrgraben klafft 500 m östlich des Abendsteins – könnten Hangendscholle­ der durchreißenden Überschiebung weist abgeglittene Oberrhätkalk-Schollen durchaus auch eine stratigrafisch nunmehr auch eine Verzahnung von Ober­ Schein-Verschuppung vortäuschen. rhätkalk und Kössener Schichten auf, gut sichtbar nörd- Die beschriebene strukturelle Situation wird östlich einer lich des Abendsteins zwischen 1.360 und 1.420 m Höhe. markanten, NE–SW streichenden, vermutlich sinistralen Der Oberrhätkalk ist undeutlich gebankt, hellgrau-weiß, Seitenverschiebung, die auch morphologisch sich über sparitisch bis zuckerkörnig, verkieselt und dolomitisiert den Kamm nach SSW in Richtung Schienbachalm fort- (im Nahbereich der Störung ist der Oberrhätkalk hier ge- setzt, unterbrochen. Östlich der Störung ist eine engstän- nerell dolomitisiert); die Kössener Schichten setzen sich dige Verdoppelung der inversen, tektonisch stark reduzier- aus schwarzgrauen Mergeln und Schilltempestiten sowie ten Schichtfolge Oberrhätkalk/-dolomit, Allgäu Schichten, aus dm- bis m-gebankten, dunkelgrauen bis hellgrau-bei- Radiolarit, Ammergauer und Schrambach Schichten be- gen, bioklastischen Detrituskalken zusammen. Am Top obachtbar: In der Liegendscholle tritt der Oberrhätkalk weist der Oberrhätkalk dünne Auflagen bzw. Spaltenfül- nur als grünlich-grauer, verkieselter Dolomit und der Ra- lungen von Rot- und Hierlatzkalken auf. Zusätzlich erlangt diolarit in dünnen Fetzen auf, in der Hangendscholle fehlen er durch sekundäre Verfaltung auf dem Kartenblatt größe- die Allgäu Schichten, der Oberrhätkalk und die Kössener re flächige Verbreitung. Die primäre Mächtigkeit des Ober­ Schichten fast vollständig. Diese Reduktion steht mit einer rhätkalkes reduziert sich sukzessive vom Abendstein ost- weiteren Überschiebung von Plattenkalk auf die genann- wärts. Eine sprunghafte Abnahme findet östlich der großen ten Schichtglieder in Zusammenhang. Eine ungestörte Ab- sinistralen Seitenverschiebung im Meridian der Schien- folge vom Hauptdolomit bis zu den Kössener Schichten bachalm statt. Vom Ragstattjoch ostwärts (auf ÖK 89 An- erschließt sich erst wieder entlang einer Stichstraße am gath) wird der Oberrhätkalk wieder mächtiger. West­abfall des Ragstattjochs (auf ÖK 89 Angath). Strukturell fallen in diesem Abschnitt mehrere NE–SW An der Südabdachung des Schneidjochs ist der Haupt- streichende Störungen mit sinistralem Versatz auf, die dolomit, vom Kamm aus betrachtet, teilweise bis zu einer im Gebiet des Abendsteins anhand des nordostwärtigen Höhe von 1.450 m hinab noch steil aufrecht, darunter steil Zurückspringens der Oberrhätkalk-Basis besonders gut invers S fallend; östlich des Abendsteins reicht die inver- sichtbar und quantifizierbar sind. Diese sinistralen Ver- se Lagerung bis zum Kamm. Dieser Abschnitt lässt schön sätze im Ausmaß von Zehnermetern, dürften vermutlich erkennen, wie in verschiedenen topografischen Positionen ebenso frontal an der Hauptüberschiebung kompensiert verschiedene Ausschnitte im Nahbereich des Scharniers werden und nicht in der Liegendscholle weiterlaufen. Die einer großen, nach Norden überkippten Antiklinale sicht- Versatzbeträge dürften auch rückwärtig in den Kössener bar sind: Der inverse Vorderschenkel ist in den tieferen Ab- Schichten durch listrisches Einschwenken der Störungen schnitten aufgeschlossen, der aufrechte Rückschenkel in zum Teil wieder ausgeglichen werden. den höchsten Abschnitten. Damit wird auch z.T. verständ- In der Liegendscholle treten in diesem Abschnitt in redu- lich, dass man am östlichen Schneidjoch-Kamm mit nach zierter Form auch die Allgäu Schichten und am östlichen Osten abnehmender Höhe in tiefere, inverse Lagerungsab- Blattrand der Radiolarit auf. Die Allgäu Schichten sind bei- schnitte gelangt. Dies gilt hier jedoch nur bedingt, da sich spielsweise im ersten Graben östlich der Wildalm (bei Weg- das Streichen der Schichten lateral ändert und sinistrale gabelung zur Angern-/Ragstattalm) auf 1.420 m Höhe über Seitenverschiebungen den Verlauf der Faltenstruktur im- stark zerscherten Ammergauer Schichten als Spiculae füh- mer wieder versetzen. rende, dunkle, fleckige kieselige Kalke mit schwarzen Mer- gelzwischenlagen aufgeschlossen. Nach Osten zu treten Massenbewegungen sie stark reduziert fast immer unmittelbar im Liegenden Die gesamte Nordabdachung des Schneidjochs ist infol- der Wildalm-Überschiebung auf, unterlagert von wenigen ge der starken Verfaltung und Verschuppung, des Wech- Metern Ammergauer Schichten. Größere Mächtigkeit er- sels von mechanisch inkompetenten (Kössener Schichten, langen sie in dünnbankiger Entwicklung am Forstweg auf Schrambach Schichten) und mechanisch kompetenten 1.300 m Höhe, südlich oberhalb der Schöberl Jagdhüt- Schichten (Oberrhätkalk) und deren Lagerung (flach bzw. te (auf ÖK 89 Angath). Die Ammergauer Schichten tre- sehr steil) fast durchgehend von Massenbewegungen ten in Form dichter, teils fleckiger Radiolarienmikrite bis überprägt worden. Kipp- und Gleitprozesse an „hart auf -arenite auf. Sie überlagern ihrerseits die Schrambach weich“-Situationen, aber auch Rutschungen und Schutt- Schichten, letztere charakterisiert durch cm-dicke Silt- ströme sind mehrfach zu beobachten, am meisten aus- und Sandsteinbänkchen. Die Liegendscholle ist hier zu- geprägt südöstlich der Ludernalm, zwischen Angern- und sätzlich intern verfaltet und verschuppt: Vom Graben nörd- Wildalm und an der Süd- und Westseite des Abendsteins.

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Stratigrafie, Struktur- und Quartärgeologie des in zuerst dm-, dann cm-dicke, bunte, partiell mürbe Dolo- Guffertmassivs (Guffert, Guffertstein, Sandegg, mitlaminite über. Auf ca. 1.620 m Höhe zeigt sich ein enger Kitzegg und Außersteinberg) Faltenbau im Meterbereich mit E–W streichenden, E-fal- lenden Faltenachsen (FA L 90/20, L 85/15, L 95/12). In der Stratigrafie der Raibler Schichten Folge fallen die Dolomite grabenabwärts meist steil nach Norden ein. Die Karbonatrippe lässt sich nach Osten über Nordhänge des Guffertmassivs und den Grat hinweg mit der höher gelegenen (älteren) Karbo- hinteres Weißachetal natrippe am Nordanstieg zum Guffert verbinden. Die jün- Über dem dickbankigen, lagunären Wettersteinkalk, der gere Rippe wird an der Ostseite des Grabens durch eine mittelsteil invers nach S bis SE einfällt (SS 140/40 bis große NE-fallende Störung relativ dextral nach SE versetzt. SS 205/35, invers) und am Top rosafarben ist, beginnen die Im kleinen Maßstab wiederholt sich dieses Störungsmus- Raibler Schichten mit braunen Sandsteinen und schwarz- ter noch mehrmals. Am Wanderweg Stubachalm–Issalm braunen, weichen Schiefertonen. Darüber kommt eine bis (Höhe 1.540 m) sind dünnstbankige Dolomitlaminite und 10 m dicke Karbonatrippe, an der Basis aus ockerbrau- dazwischen ockergelbe und grünliche Dolomitmergel und nen Dolomiten mit Kieselknauern bestehend, darüber aus Tonsteine aufgeschlossen. Lokal beobachtet man in den bräunlichen, strukturlosen Dolospariten aufgebaut. Stärker Dolomiten kleine, tektonische Gräben sowie Rinnen, die zurückwitternd, folgen graue Dolomite und ockergelbe Do- mit Tonsteinen aufgefüllt sind. Verschuppung und Faltung lomitmergel. Diese leiten zu einer weiteren, stärker hervor- im Kleinmaßstab sind weiterhin charakteristisch. witternden, etwa 15 m mächtigen Karbonatrippe über, die sowohl aus strukturlosen Kalken und Dolomiten als auch aus dm-dicken, welligen, fossilführenden Kalkbänken be- Nord- und Westflanke der Guffertspitze steht: Es sind dies peloidale Packstones, die Muschelschill Vom oben beschriebenen Graben westwärts bis zur und Crinoidendetritus führen. Dickbankige bräunliche Do- Stubachalm­ sind die Raibler Schichten in reduzierter Form losparite wechsellagern in der Folge mit dünnbankigen aufgeschlossen. Hierbei wurden der basale klastische Ho- grauen Dolomiten, Dolomitmergeln und Tonsteinen. Des rizont und die darauf folgenden Dolomite fast vollständig Weiteren treten bis zu einer Höhe von 1.580 m zunächst tektonisch abgeschert bzw. vom kontinuierlich steil über- dm-gebankte, danach cm-gebankte bröselige Dolomitla- kippten SSE- bis SSW-fallenden Wettersteinkalk durchrei- minite mit dünnen, grünen und ockergelben, mergeligen ßend nach Norden überschoben. Die lateral schwankende und tonigen Zwischenlagen auf. Sobald diese in anhal- Mächtigkeit der Raibler Schichten kommt in diesem Aus- tende, einheitlich mittelgraue, strukturlose und laminierte, schnitt zusätzlich aufgrund offener Faltung in der Liegend- dm-gebankte Dolomite ohne feinklastische Lagen überge- scholle einerseits, dextraler Zerscherung in NW–SE-Rich- hen, wurde die Grenze zum Hauptdolomit gezogen. Auf- tung (siehe Streich- und Fallwerte) andererseits zustande. grund der starken Zerscherung an vorzugsweise NW–SE In den Gräben östlich und westlich der Stubachalm ist streichenden, dextralen Seitenverschiebungen, ist die wiederum eine vollständigere Raibler Schichtfolge aufge- Schichtfolge entlang der gesamten Nord- und Westab- schlossen. Ein weiterer schöner Aufschluss in den Raib- dachung des Guffertmassivs immer wieder reduziert und ler Schichten mit Störungskontakt zum Wettersteindolomit stark ausgedünnt, einzelne Horizonte sind schwer korre- befindet sich im Graben, in welchem auch Gehängebrek- lierbar. Der basale klastische Horizont und die beiden mar- zien verbreitet sind (Gruber, 2008): Braune, dm-gebankte, kanten Karbonat(Kalk-)horizonte sind jedoch über weite wellige Kalke mit mergeligen Zwischenlagen werden di- Strecken verfolgbar und für die Quantifizierung der Stö- rekt von ockergelb gefärbtem Wettersteinkalk überlagert. rungsversätze geeignet, v.a. im Weißachetal. Dieser Kalkhorizont der Raibler Schichten ist auch wenige Im südseitigen Graben des hintersten Weißbachltales, hundert Meter westlich im Wald aufgeschlossen, unterla- nordnordöstlich unterhalb der Guffertspitze (2.194 m), sind gert von Ton- und Sandsteinen, die im Umkreis zu größe- die Raibler Schichten wiederum in voller Mächtigkeit in ren blockreichen Rutschungen Anlass gaben. Im Haupt- großteils überkippter Lagerung aufgeschlossen. Die Basis graben nordöstlich der Unteren Bergalm kommen von zum Wettersteinkalk ist durch eine Überschiebung stellen- 1.060 bis 1.100 m Höhe (Wasserfallstufe) teils dünnbanki- weise gestört. Der Übergang in den Hauptdolomit ist un- ge, laminierte graue Dolomitlaminite mit dünnen, ocker- gestört. Die Raibler Schichten sind intern durch Faltung gelben Dolomitmergelbelegen vor. Diese Gesteine sind gekennzeichnet. Vom stratigrafisch Liegenden zum strati­ noch zu den obersten Raibler Schichten zu rechnen. Etwa grafisch Hangenden (topografisch betrachtet von oben 60 bis 70 m nordnordöstlich des Wasserfalles entsprin- nach unten) sieht die Abfolge wie folgt aus: Der Wetter- gen aus dem Schutt mehrere große Quellen, die am tek- steinkalk ist am Top stark tektonisch brekziiert, mit ocker- tonischen Kontakt des verkarsteten Wettersteinkalkes zu gelbem Zerreibsel in den Klüften. Zudem sind grüne den Raibler Schichten austreten. Der Graben östlich der Tonsteine in Spalten(?) als Füllungen anzutreffen. Mit Stö- Unteren Bergalm zeigt am Weg zum Guffert zementier- rungskontakt folgen ockergelbe Dolomite, dann eine Abfol- te Bach- und Murschuttablagerungen, die kataklastisch ge von dünnbankigen, wellig geschichteten, teilweise mer- deformierten Dolomiten aufliegen. Die Dolomite werden geligen Kalken. Mit der Lupe erkennt man braune Mikrite bachaufwärts rasch dünnbankiger und sind laminiert. Sie bis Feinsparite mit blauschwarzen, mikritisierten Scha- sind außerdem um WNW–ESE-Achsen gefaltet. Unterhalb lenresten und Peloiden. Darüber stellen sich dickbanki- des Kontaktes zum Wettersteinkalk treten braune, cm-dm- ge, hellbraune, strukturlose Sparite ein, die als Rippe her- gebankte, kalkige Dolomite auf, die den Raibler Schichten vortreten. Diese Abfolge wiederholt sich nochmals, wobei zuordenbar sind und genauso Faltung um NW–SE-Achsen auch intraformationelle Brekzien mit braun-gelber Matrix zeigen. Eine steil SW-fallende Störungsfläche mit ebenso („Pseudokonglomerate“) hinzukommen. Diese, gesamt- steil SW-fallender Striemung markiert die junge SSW-N- heitlich etwa 30 m mächtige Karbonatfolge geht allmählich NE-Einengung. Während dieser Einengungsphase wurde

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die „Achentaler Schubmasse“ auf der Achentaler Über- ge eines weniger steilen, aufrechten N-Fallens sowohl des schiebung nach Norden bewegt. Wettersteinkalkes als auch der Raibler Schichten erreichen die einzelnen Raibler Horizonte nach Norden eine größere Ausstrichbreite. Einige NW–SE und NNE–SSW streichende Hinteres Weißachetal Seitenverschiebungen mit dextralen bzw. sinistralen Ver- Südsüdöstlich der Issalm sind der Wettersteinkalk und sätzen im Zehnermeter-Bereich sind hier gut quantifizier- die Raibler Schichten aufgrund einer großen NW–SE strei- bar, z.B. das konjugierte Störungspaar im Graben südsüd- chenden Störung, die kilometerweit über das Rauhegg bis östlich der Hinteren Weißachalm. Das steile N-Fallen der nach Pinegg im Brandenberger Tal (ÖK 89 Angath) ver- Schichten und die Zerhackung durch obengenannte Sei- folgt werden kann, und an der im Kartenblattausschnitt tenverschiebungen lassen sich weit nach Osten auf das der Wettersteinkalk dextral zerschert ist, schräg zuge- Nachbarblatt ÖK 89 Angath verfolgen. In Annäherung an schnitten. Die Störung läuft nach Nordwesten entweder in die durchreißende Überschiebung von Raibler Schichten die Raibler Schichten hinein, oder verliert sich im Haupt- auf den Hauptdolomit wird das Schichtfallen zusehends dolomit des Weißbachltales. In der mit Blockstreu über- steiler und an der Störung selbst steil überkippt (z.B. süd- deckten Kuppe südlich der Issalm (ca. 1.485 m hoch) ist östlich der Hinteren Weißachalm). Der Hauptdolomit ist der Übergang von den steil aufrechten Raibler Schichten im weiteren Umkreis der Weißach- und Schienbachalm zum Hauptdolomit erschlossen und durch weitspannige praktisch durchgehend überkippt vorliegend. Zudem ist Faltung mit ca. E–W streichenden Faltenachsen gekenn- er hier an einer S-fallenden Störung von Raibler Schich- zeichnet. Die Raibler Dolomite sind nach Süden flexurartig ten durchreißend überschoben, wodurch sich im Hangan- aufgebogen und gehen schließlich in stratigrafisch tiefer schnitt ein Schichtausfall ergibt. liegende Raibler Kalke über, die nunmehr steil invers her- vorstehen und etwas nach Norden auf die Dolomite über- schoben sind. Strukturgeologische Eckpunkte Der Wettersteinkalk des Guffertmassivs bildet strukturell An der Ostseite des breiten Schutthanges, etwa im Meri- eine große, komplex gebaute Domstruktur, die durch Ein­ dian des Abendsteins, ist die Abfolge vom Wettersteinkalk engung in SE- NW- und in SSW–NNE-Richtung geformt bis zum Hauptdolomit kaum gestört, sie lässt sich zusam- wurde. Die ältere, eoalpine SE–NW-Einengung, während menfassend wie folgt beschreiben: Der oberste Wetter- der die große Unnutz-Antiklinale mit ihrem weit nach NW steinkalk besteht aus 1 m dicken Bänken; jede Bank setzt ausgreifenden, inversen Liegendschenkel und die daraus sich aus einem teils strukturlosen, teils bioklastischen Ab- hervorgehende Achental-Überschiebung angelegt wurden, schnitt, der unter subtidalen Bedingungen gebildet wur- sieht man im Guffertmassiv folgendermaßen: Einerseits am de, und einem Abschnitt mit Stromatolithlaminiten, der weitflächigen SE- bis SSE-Fallen der Lagunensedimente das Intertidal repräsentiert, zusammen. Die oberste Bank im Gebiet Guffertstein–Außersteinberg, andererseits am des Wettersteinkalkes ist verbraunt und dolomitisiert, sie steilen NW-Fallen am Westende des Massivs, östlich über schließt mit einer Eisenkruste (Pyritkruste) ab. Darauf lie- der Berg­alm. Nordöstlich der Unteren Bergalm zeigt sich gen braune Sandsteine und braun-schwarze Tonsteine des auch das scharfe Umbiegen von aufrechtem in überkippt ersten Raibler Horizontes. Daraus gehen rasch, zunächst SE-fallendem Wettersteinkalk. Dieses NE–SW-streichende mürbe, dünnbankige, dann etwas dickere Dolomite hervor, Scharnier lässt sich mit jenem der Unnutz-Antiklinale im die in eine bis 15 m mächtige Kalkrippe münden. Deren Bereich des Hinterunnutz parallelisieren. Es ist gegenüber Basis bilden dünnbankige, teilweise wellig geschichtete, jenem jedoch um einige hundert Meter nach Südosten ver- Schill führende, peloidale Packstones. Nach oben sind die setzt. Ein zweites, weit offenes Antiklinal-Scharnier ergibt Bänke dicker, strukturloser und aus sparitischem, struk- sich etwas weiter südöstlich im Gipfelbereich der Guffert- turlosem Kalk zusammengesetzt. Es schließt ein mehre- spitze, die durch söhlige Lagerung gekennzeichnet ist. Von re Meter mächtiger Abschnitt mit dünnen Dolomitbänken der westlichen Guffertspitze ostwärts erkennt man zudem an, der erneut in eine Kalkrippe übergeht. Die Kalke sind am Nordabfall des Massivs ein Drehen des Schichtstrei- nunmehr wellig bis 0,5 m gebankt, hell- bis mittelbraun chens von WSW auf ESE, das fortan im gesamten Weiß- und feinsparitisch bis dolomitisch. Auffallend darin sind achetal beherrschend ist. Gleichzeitig ändert auch das intraformationelle Brekzien- bis Konglomeratlagen. Die oben genannte, tiefer liegende enge Scharnier im Wet- Gesamtmächtigkeit dieses Karbonat-Horizontes schwankt tersteinkalk im Meridian der westlichen Guffertspitze sein zwischen 15 und 20 m. Daraus gehen die bereits von an- Streichen von SW–NE auf WNW–ESE. Das heißt, es ergibt deren Stellen bekannten, meist dünnbankigen, laminier- sich dadurch ein drittes, SE–NW-streichendes Scharnier ten Dolomite mit den bunten Ton- und Dolomitmergel-Zwi- mit nach NW abtauchender Faltenachse (siehe Ortner & schenlagen hervor, die schließlich in den einförmigeren Gruber, Arbeitstagung der Geologischen Bundesanstalt Hauptdolomit übergehen. Letzterer ist stellenweise stark 2011 – ÖK 88 Achenkirch, 51–67, 2011). Auch das WNW– kataklastisch verformt. ESE-orientierte Achsenstreichen hat zwei Scharniere, das Nach Osten zu, vom tiefen Graben südwestlich der Jagd- genannte, auf halber Höhe des Nordabhanges, und ein hütte bis zum Breitlahnergraben gibt es einen Bereich, höher gelegenes im Bereich Schmiedquelle-Guffertstein. in welchem die Kalkhorizonte nicht mehr auftreten oder Letzteres ist im Ostabbruch des Guffertstein zur Breit- durch Lockergesteine verdeckt sind. Gleichfalls ist in die- lahneralm eindrucksvoll quer zum Streichen angeschnit- sem Abschnitt der basale klastische Horizont z.T. völlig ten (steiler Südschenkel, flacher Ost- bis Nordostschen- abgeklemmt. Für die Eliminierung kommen drei struktu- kel), ist durchgeschert und weist etwas südlich des engen relle Möglichkeiten in Frage: Eine Abschiebung nach NNE, Scharniers noch grabenartig eingesenkte Reste von Raib- eine durchreißende Überschiebung nach NNE oder eine ler Schichten auf. Diese Faltung entstand im Zuge der jün- dextrale, NW–SE streichende Seitenverschiebung. Infol- geren, „tertiären“ Einengung in S–N- bis SSW–NNE-Rich-

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tung, zeigt aber auch noch die ältere, eoalpine Einengung. dieser Moränen besteht aus kompakterer Grundmoräne. Die engen Faltenscharniere und die Aufschiebungen von Wegen der Höhenlage wurde diese Moräne dem Hoch- Wettersteinkalk auf Raibler Schichten (Westabschnitt), so- glazial zugeordnet. Etwa 500 m östlich der Issalmen zieht wie von Wettersteinkalk auf Wettersteinkalk (Breitlahner­ zwischen zwei Bächen ein breiter glatter Hang bis über alm) bzw. von Raibler Schichten auf Hauptdolomit (Hinter- 1.300 m hinauf. Im östlichen Bach sind darin sandig-kie- weißachalm) im Ostabschnitt des Guffertmassivs hängen sige, kompakte Diamikte mit vielen großen Wetterstein- genetisch zusammen: Der Wanderweg vom Rauhegg über kalkblöcken entblößt. Auch diese Sedimente sind als z.T. die Breitlahneralm zur Issalm verläuft weitgehend parallel umgelagerte und ausgewaschene Moränen eines Lo- zu einer mittelsteil SW-fallenden Störung (S 225/40), die kalgletschers aus den schattigen Nordhängen des Guffert- einer dieser Aufschiebungen entspricht. massivs zu deuten. Im Umkreis der Issalmen finden sich ausgedehnte Reste von Moränen: Ein schmales Zungen- Insgesamt ergibt sich für das Guffertmassiv dadurch das becken lässt sich aus den Wallformen 100 bis 200 m süd- Bild einer Domstruktur, die überdies an der Südseite im östlich der Almgebäude rekonstruieren. An der Spitze der allseitigen Abtauchen der Rifffazies im Kern der Struktur Endmoräne tritt auf 1.340 m Höhe eine starke Quelle zuta- verdeutlicht wird. ge. Ansätze von Wällen sind auch östlich und ostnordöst- lich der Alm erkennbar. Der breite, sattelartige Übergang vom Weißache- ins Weiß- Quartäre Ablagerungen und Formen, Karstphänomene bachltal (tiefster Punkt 1.466 m) zeigt bis zum Schneid- joch und bis zu den Nordabstürzen des Guffert deutliche Schienbachalm Spuren glazialer Überprägung. In der Eintiefung westlich In der Umgebung der Schienbachalm (Nordseite hinteres der Alm (ca. 1.490 m, Wanderweg zur Stubachalm) ist die Weißachetal) kommen im Lee von Rücken größere Area- Ausschürfung besonders evident. Im Tälchen nordwestlich le von Moränenablagerungen, teilweise auch von Grund- unterhalb des Joches ist Moränenschutt aus Wetterstein- moräne, vor. Kennzeichnend ist sowohl das Vorherrschen kalk verbreitet. Dieser Schutt wurde vermutlich von einer von Schutt aus dem lokal anstehenden Hauptdolomit, als aus dem Kessel der Issalm über das Joch schwappenden auch der hohe Anteil von Material aus Wettersteinkalk, ins- Gletscherzunge abgelagert. besondere in der Grobfraktion. Wettersteinkalkblöcke sind Der weiten Verbreitung von Moränenmaterial im Weiß­ als Findlinge bis über 1.400 m Höhe verstreut. Weiters achetal steht das fast völlige Fehlen dieser im Weißbachl- beobachtet man nahe der Schienbachalm den Moränen tal gegenüber. Vermutlich wurden sämtliche Moränen nach auflagernde, matrixreiche, geschichtete Kiese und Schot- dem Eisfreiwerden abgespült. Am Ende des Forstweges im ter, in denen neben vielen Klasten aus Wettersteinkalk Weißbachltal findet sich eine Ansammlung großer Wetter- (von abgeschwemmtem Moränenmaterial) auch vermehrt steinkalkblöcke, teilweise in Terrassensedimenten. Hauptdolomitschutt mit eckigen bis angerundeten Klasten auftritt. Die hohe Terrassierung spricht für Sedimentation Am Ausgang des Breitlahnergrabens beobachtet man bei- in einem Eisrandmilieu. derseits des Grabens mächtige Lockergesteinsrücken, die Toteislöcher aufweisen und nahe der Weißachalm bzw. et- Der Rücken westlich der Schienbachalm, der steil nach was unterhalb zusammenlaufen und somit ein ehemaliges Süden abfällt, zeigt zwischen 1.170 m und 1.220 m Höhe Gletscherende nachzeichnen, welches das Haupttal ge- eine auffallende Verflachung. Auf dieser ist eine Wallform wissermaßen abriegelte. Das Material setzt sich fast aus- ausgebildet, die sich aus Wettersteinkalk-Blockschutt zu- schließlich aus Wettersteinkalk und Raibler Karbonaten sammensetzt. In wenigen Anrissen erkennt man unter dem zusammen. Der Breitlahnergraben schließt nach oben mit oberflächlichen Blockschutt schwach geschichtete, Grob- einer doppelten Karmulde ab, die auch den Wall eines klei- sand und Kies betonte Sedimente aus Hauptdolomitmate- nen spätglazialen Kargletschers beherbergt. rial, in denen gelegentlich gekritzte Geschiebe eingestreut sind. Aufgrund der Materialsortierung von unten feinklasti- Bergzerreißung und schichtparallele Ablösungen des steil scherem Hauptdolomitschutt und oben grobklastischerem N-fallenden Wettersteinkalkes sowie schuttstromartige Wettersteinkalkschutt liegt die Vermutung nahe, dass hier Massenbewegungen, ausgehend von den Raibler Sand- der Gletscher vorher abgelagerten Hang-oder Bachschutt und Tonsteinen, sind östlich des Breitlahnergrabens ver- überfahren hat. breitet. Die steil stehenden Kalkrippen innerhalb der Raibler Schichten sind 600 bis 700 m westlich der Hin- terweißachalm stark von Bergzerreißung und Kippprozes- Hinterweißachalm, Issalm sen betroffen, wodurch der Hang unterhalb weitflächig mit Westlich der Jagdhütte, entlang und orografisch links der Grobblockwerk bedeckt ist. Weißache, kommt auf 1.090 m Höhe eine Ansammlung großer Wettersteinkalkblöcke vor, die quer zum Tal eine Girlande bilden. Diese Morphologie spricht für einen End- Sandegg, Neubergalm moränenwall einer lokalen Gletscherausdehnung. Hier- Ausgedehnte Moränen aus lokalem Material füllen die stei- zu passt auch eine toteisartige Vertiefung am Ende der len Tälchen südlich und südöstlich des Sandegg (1.849 m) Forststraße. Im Laserscanbild (https://portal.tirol.gv.at/ bis zur Neubergalm hinab. Obschon die vorhandenen Kar- LBAWeb/luftbilduebersicht.show) sieht man recht klar die formen eine spätglaziale Lokalvergletscherung durchaus spitz zulaufenden Seitenmoränenwälle dieses Gletscher- ermöglichten, weist das Fehlen von eindeutigen Wallfor- standes. Auf dem rechtsseitigen Moränenwall verläuft der men sowie die Kompaktheit der Diamikte, der hohe Ma- Fußweg zur Issalm. Am südseitigen Hang reichen Lokal- trixanteil und die teils gute Rundung der Klasten eher moränen z.T. großflächig bis über 1.300 m hinauf. Ein Teil auf hochglaziale (Grund)Moränen hin. Entlang des neuen

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Forstweges von der Vorderweißachalm zur Neubergalm Gefüge ist durchwegs klastengestützt, lagenweise auch (auf ÖK 89 Angath) und weiter Richtung Steinberg sind als open framework. Die Brekzien sind stark verkarstet, zuletzt zahlreiche dieser Moränenvorkommen angeschnit- teilweise mit Karstgängen bis 50 cm Tiefe, sichtbar u.a. ten worden. Kristalline Findlingsstreu ist am Aufstieg von am Wanderweg auf den Guffert. Die Verbreitung der Brek- Steinberg zur Luxeggalm bis 1.500 m Höhe verbreitet. zie ist fleckenhaft. Eine Überlagerung durch Grundmoräne konnte nicht beobachtet werden. Es handelt sich faziell um Ablagerungen von Murschuttströmen (debris flows). Morphologie und Karst im Umkreis des Guffertstein Die Hochfläche des Guffertstein stellt aus struktureller Sicht das breite Scharnier einer Antiklinale (Guffert-Anti­ Gehängebrekzien zwischen Grünkopf und Steigwand klinale, siehe oben) dar. In morphologischer Hinsicht hat (Ergänzungen zu Gruber, 2008). sich der geologische Bau jedoch nur z.T. durchgepaust: Bei diesen Brekzien handelt es sich um Meter gebankte, Das eingebrochene Scharnier mit den Raibler Schichten monomikt aus Wettersteinkalk-Klasten zusammengesetz- (mittelgraue, blättrige Ton- und Siltsteine) im Kern wur- te Ablagerungen, die mit ca. 15° nach SW einfallen und de als Tälchen nördlich des Guffertstein herauspräpariert. eine geschätzte Mächtigkeit von bis 50 m aufweisen. Die Dieses Tälchen wurde glazial überarbeitet. Das breite Täl- einzelnen Brekzienbänke bestehen aus eckigen bis ange- chen weiter südlich zwischen Guffertstein und dem Rücken rundeten Klasten und spärlicher, hellbrauner, lithifizierter, nördlich über der Luxeggalm ist gleichermaßen glazial schluffig-feinsandiger Matrix. Die Klasten von dominan­ ausgeschürft und am Ostende spärlich mit teils solifluidal ter Kiesfraktion mit Lagen von Steinen und vereinzelten zerflossenen Moränenresten bedeckt, aber nicht struktu- Blöcken bis 1 m Kantenlänge (meist an der Oberseite der rell vorgegeben. Das NE–SW streichende Quertälchen mit Bank) sind regellos verteilt und weisen durchgehend Korn- der Schmiedquelle ist quer zum Streichen der Antiklinale kontakte auf, mit mm-dünnen Kalzitzementhäuten in den entstanden. Zum Teil könnte die Talbildung auf eine steile matrixfreien Abschnitten. Längliche und plattige Steine Aufschiebung nach SSE zurückgehen. Das Tälchen ist tief- und Blöcke sind oftmals bankparallel eingeregelt. Open gründig verkarstet; 100 m südwestlich der Quelle passiert framework Gefüge sind vorzugsweise an der Basis jeder man am Wanderweg mehrere Meter tiefe Karstschächte, Bank anzutreffen, die zurückgewittert ist. Es könnte sich die an Störungen gebunden sind. Die Karsttrichter/-hohl- aber auch um Bereiche mit ausgewitterter Matrix handeln, räume weiter nordöstlich wurden mit Schutt aus Wetter- zumal hier rote Verwitterungslehme auftreten. Gradie- steinkalk, Mergeln und Tonsteinen der Raibler Schichten rung und Schichtung innerhalb einer Bank fehlen. Laterale sowie Verwitterungsrückständen der Verkarstung (Leh- Schwankungen der Bankdicken sind abschnittsweise er- men) partiell verfüllt. Die beiden in die Luft ausstreichen- sichtlich, z.B. am bergseitigen Ansatz der Brekzien an eine den Talenden zeigen glaziale Überprägung. Wettersteinkalk Steilstufe auf 1.080 bis 1.200 m Höhe. Fa- Südwestlich des Sandegg kommt eine große Doline vor, ziell liegen hier Ablagerungen von Murschuttströmen (de- die auch glazial überprägt wurde. Sie hat sich im steil SSE bris flows) vor, wobei jede Bank ein Ereignis darstellt. fallenden Wettersteinkalk parallel zum Schichtfallen ent- wickelt, an der Südseite ist sie durch eine steil N-fallende Störung (S 0/60) begrenzt, die vom Rauhen Kopf im Osten Aspekte der Quartärgeologie im Becken von Steinberg bis zur Luxeggalm im Westen verfolgbar ist. Der Wetter- und seiner Umgebung steinkalk ist störungsparallel kataklastisch deformiert und dolomitisiert. Eine parallel dazu verlaufende Störung zwi- Außersteinberg schen Sandegg und Rauhegg zeigt anhand eines Gelän- Bänderschluffe an der Steinberger Ache desprunges deutlich die Absenkung der Hangendschol- le (Nordscholle) gegenüber der Liegendscholle. Parallel In Außersteinberg kommen unterhalb einer Wandstufe zu diesen Störungen und zum Schichtstreichen sind tiefe mehrere Meter mächtige Bänderschluffe vor, welche die Karstgassen entwickelt, die auch auf der Luxeggalm gut orografisch linke Bachseite vom Bachknick bei 840 m bis sichtbar sind. Im Zusammenhang mit Karst fallen in den zum großen Betonwehr (Punkt 824 m) fast durchgehend Südwestabhängen des Guffertstein auch tiefe Einbuchtun- säumen. Zum Teil hat darin die Steinberger Ache auch ihr gen und Geländenischen auf. Bachbett. Die Seesedimente kleiden hierbei das zur Ab- lagerungszeit bestehende Felsrelief im Wettersteindolomit aus. Im Bereich des Bachknicks (Höhe 840 m) sind die Gehängebrekzien an den Südwest- und Westabhängen Seesedimente von großen Wettersteindolomit- Blöcken von Guffertstein und Kitzegg bedeckt, sie neigen hier zu Rutschungen. Im näheren Um- Am Südwestabfall des Guffertstein sind orografisch links kreis treten im Niveau der Steinberger Ache auch einige der zentralen Rinne eines mächtigen alten Murschuttfä- größere Quellen aus. chers von 1.180 m bis 1.380 m Gehängebrekzien aufge- Südlich von Punkt 1.013 m (Außersteinberg) kommen, schlossen. Sie bestehen aus 0,5 m bis 1 m dicken Bänken westlich von zwei Städeln, auch schluffig-sandige Kiese von kaum geschichteten, diamiktischen Ablagerungen mit vor, die ein onlap an die Seesedimente machen; vermutlich einem breiten Korngrößenspektrum von Sand bis m³ gro- verzahnen sie mit diesen oder sind jüngeren, spätglazialen ßen Blöcken, wobei die Kies- und Steinefraktion überwiegt. bis holozänen Alters. Die Klasten sind eckig bis angerundet, vereinzelt gerundet und faktisch monomikt aus Wettersteinkalk zusammenge- Südöstlich unterhalb der ehemaligen Jausenstation Sonn­ setzt. Die spärliche Matrix besteht aus einem braun-grau- egg (auf ÖK 89 Angath) sind von 900 m abwärts ausge- en, lithifizierten Schluff bis Feinsand. Die Zementation ist dehnte Vernässungszonen und Rutschungen (Erlenbe- lagenweise schwach, dann wieder durchdringender. Das wuchs) zu sehen. Etwa auf 870 m Höhe sind schluff- und

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siltreiche Kiese mit gut gerundeten Geröllen entblößt, die glazialen zu einem glazialen Diamikt sichtbar (mit Jürgen nach unten nur mehr in grau-blaue Schluffe übergehen. Reitner aufgenommen): Ein Diamikt mit subangularen bis angularen Klasten, dazu mit wenigen erratischen Kom- Im Graben westlich unterhalb von Hinterberg (auf ÖK 89 ponenten ( < 1 %, z.B. Jura-Rotkalke) und wenig Matrix, Angath) gibt es auf Höhe 820 m einen Aufschluss, der fol- jedoch mit matrixgestütztem Gefüge geht in einen grün- gendes zeigt: die genannten Bänderschluffe bilden ein on- lichen, kompakten und mit Scherflächen durchsetzten Dia- lap auf horizontal geschichtete Schotter, Kiese und sand- mikt (Grundmoräne) über. Letzterer weist bis 5 % Kristal- reiche Kiese. Die Schotter und die matrixfreien Kiese sind lingeschiebe auf (Eklogite, Amphibolite, …). gut zementiert, die Zemente sind bräunlich. Die Geröllgrö- ßen streuen von 1 bis 20 cm, durchschnittlich weisen sie Durchmesser von 3 bis 5 cm auf; sie sind durchwegs gut Spätglaziale Eisrandsedimente in Außersteinberg gerundet, das Spektrum besteht – mit Ausnahme eines kristallinen Gerölles – nur aus Karbonaten. Diese Konglo- In den Gräben zwischen der ehemaligen Jausensta­tion merate sind vermutlich der Erosionsrest einer alten Bacha- Sonnegg und Hinterberg sowie beidseits des Grabens blagerung, da sie allseits von Bänderschluffen umgeben östlich von „Gang“ (ÖK 89 Angath) kommen Reste von sind. Die Schluffe sind von hier Ache abwärts weit ver- gestaffelten Schwemmfächerterrassen, z.B. auf der Pir- breitet (jetzt auch orografisch rechts) und weisen große cheralm, vor, die hauptsächlich aus umgelagertem Morä- Mächtigkeiten von mehreren Zehnermetern auf. Sie lie- nenmaterial bestehen. Diese und weitere korrespondieren- gen häufig direkt auf den umgebenden Wettersteindolo- de Vorkommen orografisch rechts der Steinberger Ache mit-Wänden und füllen breite Nischen darin aus. Sie nei- (z.B. nordöstlich der alten Lahneralm, ÖK 89 Angath) sind gen zu ausgedehnten Rutschungen. als spätglaziale Eisrandsedimente zu deuten. Südlich unterhalb von Hinterberg beginnt ein Bachab- schnitt, der durch sehr große und tiefe epigenetische Einzugsgebiet Mühlbach (Vorder- und Hintersteinberg) Strecken im Wettersteindolomit, flankiert von mächtigen Seeschluff-Aufschlüssen in älteren Talläufen gekennzeich- Kirchenbach (südseitiger Seitenbach des Mühlbaches) net ist. Ein Beispiel ist der tiefe Klammdurchbruch un- Der unterste Abschnitt des Mühlbaches ist schluchtartig terhalb von Punkt 824 m, an dessen Eingang ein überdi- im steil-SE-fallenden Wettersteinkalk/-dolomit eingetieft. mensioniertes Betonwehr (Holzdrift-Klause) steht. Östlich Etwa auf Höhe der Kirche von Steinberg fließt von SW, oro- davon ist die breite, alte Fließstrecke bis 850 m Höhe mit grafisch rechts, der kleine Kirchbach zu, der die nordöst- grünlichen kompakten Schluffen verfüllt. lichen Einhänge der Gfaßköpfe und die Wiesenmulde von Hintersteinberg entwässert. Kurz vor seiner Mündung in den Mühlbach schließt dieser Nebenbach eine auf ca. 50 Moränenablagerungen Höhenmetern sehr eindrückliche Quartärabfolge auf, die Der Fußweg von der Kirche nach Außersteinberg (Hinter- durch ein großes Hagelunwetter im Juni 2008 frisch ero- bergweg) passiert östlich unterhalb von Punkt 1.082 m ei- diert wurde. Die folgende Beschreibung bezieht sich auf nen Rücken, der von Grundmoräne (mit vielen Geschie- den damaligen Paradeaufschluss. Begehungen in späte- ben) gebildet wird. An der Ostseite des Rückens stehen ren Jahren zeigten wieder stark veränderte Aufschlussver- unterhalb von 900 m grau-grünliche Schluffe (siehe oben) hältnisse. Die Basis der Abfolge stellen Kiese aus ange- an, die von der Grundmoräne überlagert werden und bis rundeten bis gut gerundeten polymikten, kalkalpinen und zur Steinberger Ache hinunterreichen. Südöstlich unter- kristallinen Geröllen dar, die teilweise sandige Einlagerun- halb von Punkt 1.082 m, orografisch links der Steinberger gen aufweisen. Mit scharfem Kontakt folgen darüber fein- Ache, wird Grundmoräne z.T. von sandigen Kiesen, weiter geschichtete, zunächst bräunliche, dann graue Schluffe, nördlich von dropstone führenden Schluffen unterlagert. vereinzelt mit Geröllen darin (darunter vielen kristallinen – An der Straße Steinberg–Außersteinberg steht durchwegs Amphibolit, Gneis, Eklogit). Gradierung und Rippelschich- SSE-fallender gebankter Wettersteinkalk an, teilweise tung ist evident. Die Schluffe sind in der Folge über mehre- auch stratiform wechselnd in Wettersteindolomit. Die do- re Meter sehr homogen entwickelt, wobei ein etwa 10 bis lomitischen Areale verwittern tiefreichend zu kleinstücki- 15° steiles Einfallen der Feinschichtung nach NE auffällt, gem Hangschutt, der im Bereich der ersten Ferienhäuser ohne dass hierbei ein Dickerwerden der Schichtungsblät- und des ersten Bauernhofes weit verbreitet ist. Moränen- ter in diese Richtung beobachtbar wäre. Auf der Südseite reste, vermischt und überlagert mit diesem Verwitterungs- des Grabens ist – im Gegensatz zur Nordseite – auch der schutt, kommen in schmalen Rücken unterhalb der Straße Kontakt der lakustrinen Sedimente mit dem Wettersteindo- (Ferienhäuser) vor. Hier finden sich auch vereinzelt kristal- lomit aufgeschlossen. Das onlap der Schluffe an den S‑fal- line Findlinge. Bei genauer Betrachtung bestehen mehre- lenden Dolomit, der als Wand dasteht, ist hier beispielhaft re Lockergesteinsrücken im Kern aus lokalem Hang- und ausgebildet: Kleine Zungen aus eckigem Schutt des Fest- Murschutt, der vom Gletscher überfahren wurde. Dieser gesteins verzahnen sich mit den Bänderschluffen; sehr proglaziale Schutt kommt somit immer in den Lockerge- schön ersichtlich ist das rasche Auskeilen der Zungen von steinstälchen vor, die schluffreiche Grundmoräne ist auf der Wandfläche weg in Richtung des ehemaligen Sees, die den Rücken zwischen den Tälchen zu finden. erosive Basis auf den Schluffen sowie das darüber­ folgen- Auf dem östlich angrenzenden Blatt ÖK 89 Angath kor- de, wellige onlap der Schluffe auf das Mikrorelief der Ober- respondiert das Vorkommen von (Grund)moränen mit fläche dieser kleinen Schuttzungen. Es gibt auch mehrfach den Wiesenrodungen (Gehöfte Hinterberg und Gang). Am Lagen aus teils gut gerundeten, Kristallin betonten Geröllen Hang hinter dem ehemaligen Gasthof „Gang“ liegt ein sehr (Kiese bis Steine, vereinzelt Blöcke), die sich rinnenförmig großer Gneis-Findling. Direkt gegenüber, an der Böschung in die Schluffe einschneiden und deren Schüttungen je- der Straße nach Pinegg, ist der Übergang von einem pro- doch, unabhängig vom Festgesteinsrand, in verschiedene

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Richtungen weisen. In diesem Abschnitt lassen sich auch Tagungsband zur Arbeitstagung der GBA in Achenkirch, verschiedene Formen von Rutschstrukturen (Falten etc.), 2011) wurden sie möglicherweise unrichtig den Vorstoßse- lokal auch Zerscherungen beobachten, die infolge der Auf- dimenten des LGM zugeordnet. lage der Seesedimente auf geneigtem Untergrund zustan- Der Mühlbach durchschneidet im Bereich der Brücke de kamen. Etwa 10 Hm unterhalb der Geländekante (Wie- se) treten zunächst vereinzelt, dann nach oben häufiger (960 m) epigenetisch einen kleinen Felsriegel aus Wetter- werdend, innerhalb der jetzt massigen Schluffe dropstone- steindolomit, nördlich und südlich sind interessante Quar- Gerölle auf (dropstone Diamikt): Das Gesteinsspekt­rum ist tärsedimente in alten Bachstrecken erhalten. Der große sehr bunt und reicht von Kristallingesteinen über Kalkstei- Aufschluss nördlich der Brücke besteht aus einer Wech- nen, Crinoidenkalken bis zu Kataklasiten. Gleichzeitig da- selfolge von sandigen Kiesen und kiesigen Sanden, teils mit geht eine durchdringende Zerscherung der Schluffe matrixfreien Kieslagen, teils dm-dicken Sandlagen. Die einher. Diese und der hohe Anteil gekritzter Gerölle lässt Sedimente sind durchwegs gut geschichtet, normal gra- die Diamikte nunmehr als Grundmoräne ansprechen, die diert und in Rinnen organisiert. Die Sande zeigen Rippel- etwa 5 bis 6 m mächtig ist. Neben nesterförmiger Anhäu- schichtung. Auffallend ist die Zementation der Sandlagen. fung von Geschieben sind abwechselnd auch dm-dicke Das Material ist dominant karbonatisch, die Kiese beste- Schlufflagen eingeschaltet. Mit scharfem Übergang liegt hen rein aus Karbonatklasten. Dünne Schluff-Feinsand-La- darauf ein Diamikt aus fast monomiktem Wettersteindo- gen sind z.T. in Rutsch- und Schlammscherben-Brekzien lomit-Schutt. Die eckigen bis angerundeten Klasten von aufgelöst. Generell ist eine Korngrößenabnahme von Süd- cm bis dm Größe (Maximalkorn bei 30 cm), und die daraus westen nach Nordosten zu beobachten: Flach nach NE fal- hervorgehende Matrix, zeigen stellenweise ein kompaktes lende Grobkiese mit Steinen (keilförmige Zunge) werden Gefüge und schwache Schichtung. Es hat den Anschein, nach Nordosten zusehends sandreicher, am Nordostende als füllte dieser Diamikt ein Relief auf. Die beschriebene des Aufschlusses sieht man fast nur mehr Grob- und Fein- Gesamtabfolge lässt sich als Sedimentation in einem ab- sande mit Rinnen, die Gerölllagen keilen aus. Gröber klas- geschlossenen, schmalen, fjordartigen Arm eines Eisstau- tische Abschnitte sind zementiert. Mit kleiner Aufschluss­ sees interpretieren. In den See gelangte nur wenig lokaler lücke folgen südwestlich der Grobkiese konglomerierte Schutteintrag von den steilen, begrenzenden Wänden. Die Schotter mit Geröllen bis 10 cm Kantenlänge, die nun- Zunahme an kristallinen und gekritzten Geröllen nach oben mehr flach nach SW fallen und Rinnen bilden. Getrennt weist auf den herannahenden Gletscher hin, der schließ- durch eine scharfe, unebene Zementationsschwarte, gren- lich den Kirchbachgraben überfährt und mit einer meter- zen südwestlich davon blaugraue Feinsande bis Schluffe dicken Grundmoräne auskleidet. Die darüber folgenden an; sie sind in auffallender Weise von Scherflächen durch- Diamikte aus wenig transportiertem Lokalschutt könnten zogen (Eisauflast?). Das stratigrafisch Liegende der San- Murschuttablagerungen von den eisfrei gewordenen Erhe- de ist unbekannt, hangend erkennt man verrutschtes Fein- bungen aus stark klüftigem Wettersteindolomit darstellen. sand- und grünes Schluffmaterial. Im Gegensatz zum angrenzenden Mühlbach bleibt hier die Kies- und Sandführung innerhalb der Bänderschluffe ins- Mit einer Aufschlusslücke folgen 20 bis 30 Hm nördlich gesamt gering, da das Sedimentationsmilieu­ wegen der und nordwestlich darüber teils sandige, teils matrixfreie Klammform stark abgeriegelt war. Schotter sowie glimmerreiche Sande, mit vielen kristalli- nen Geröllen. Das Gefüge ist sehr locker. Diese Sedimen- te formen an der Oberfläche eine Schwemmfächerterras- Mühlbach von der Mündung des Kirchenbaches bis se, die aus dem Graben südlich der Luxeggalm geschüttet zur Brücke bei Höhe 960 m wurde; sie sind als spätglaziale Eisrandsedimente zu inter- Folgt man dem Mühlbach von der Kirchenbachmündung pretieren. Der Bauernhof auf 1.020 m Höhe liegt ebenfalls weiter bachaufwärts, bemerkt man, dass der Bach z.T. der auf dieser Terrasse. Das hügelige Gelände in der näheren Grenze Wettersteindolomit/Bänderschluffe folgt, z.T. nur in Umgebung des Bauernhofes entpuppt sich an Böschun- letzteren fließt. Die grau-blauen Schluffe liegen großteils gen eines Wiesenweges und der Straße nach Außerstein- als Schluffe, aber auch als feingeschichtete Feinsande vor. berg als Grundmoräne. Die Moräne mit lokal großen Kris- Sie füllen am Hang Nischen direkt im steil zum Bach ab- tallingeschieben ist oberhalb von 1.000 m Höhe an den fallenden Wettersteindolomit aus. Die Schluffe sind links- Abhängen zum Mühlbach fleckenhaft verteilt. Auf 990 bis seitig bis zum Mühlbach hinab aufgeschlossen, auch noch 1.000 m Höhe, etwa 200 m östlich des erwähnten Bauern- unterhalb des Bachknicks von E–W- auf N–S-Richtung. hofes, gibt es einen Aufschluss mit lockeren, sandigen Kie- Die Schluffe auf der orografisch rechten Seite in einer gro- sen, matrixfreien Kiesen und Schottern mit Geröllgrößen ßen Nische am Hang sind am Verwitterungsschutt und Be- bis 30 cm, davon etwa 5 % Kristallinanteil. Auffallendstes wuchs (Schachtelhalme) erkennbar. Höher hinauf am Hang Merkmal ist eine 15 bis 20° nach S bis SE fallende Schich- folgen bis knapp über 1.000 m Höhe lockere, Kristallin füh- tung. Diese Sedimente, die bergseitig Wettersteindolomit rende sandige Kiese. Der Hügel, auf dem die Kirche steht, und Grundmoräne aufliegen, sind als Deltaablagerungen ist vermutlich mit einer dünnen Moränenschicht bedeckt. (foresets) in einem spätglazialen Eisrandstausee zu inter- Die Aufschlussverhältnisse lassen keine klare stratigrafi- pretieren. Dieser Aufschluss ist mit den Deltasedimenten sche Gliederung zu. Die Kiese könnten auch Eisrandse- in der Schottergrube Rupprechter, einige 100 m weiter dimenten entsprechen, vergleichbar den Vorkommen am westlich, gut korrelierbar. Getrennt durch eine Aufschluss­ nördlich gegenüberliegenden Hang (siehe unten), sie wei- lücke von einigen Metern folgen etwas tiefer die bereits sen aber keine eindeutigen sedimentären und morpholo- erwähnten blauen Feinsande und Schluffe, die bis zum gischen Zuordnungsmerkmale auf. In der Geologischen Mühlbach hinunterreichen (siehe oben). Karte 1:25.000 (Gruber & Brandner, Geologie des nördli- chen Achenseeraumes – ÖK 88 Achenkirch. – In: Gruber,

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Mühlbach von der Brücke bei 950 m bis zur Übergängen der Komponenten zur kiesig-sandigen, ver- Quellfassung nördlich Unterberg einzelt siltigen Matrix; letztere war partienweise wieder Der Mühlbach ist in diesem Fließabschnitt fast ausschließ- ausgewaschen. Der Anteil an kristallinen Komponenten lich in (Bänder)schluffen eingetieft. Bereits von der Brücke (Quarze, Amphibolite) lag unter 5 %, hie und da waren ge- weg nach Westen sind an der orografisch rechten Sei- kritzte Geschiebe vorhanden. te mehrere Meter mächtige, grau-bläuliche, teils massige, Verfolgt man die Aufschlüsse in den lakustrinen Sedimen- teils regelmäßig gebänderte Schluffe in großen Uferanris- ten den Mühlbach aufwärts bis zum Zusammenfluss der sen aufgeschlossen. In einem mehr als 25 m hohen Auf- Bäche von der Kotalm, vom Obinger Moos und vom Guf- schluss (Prallhang bis zum Wiesenrand) ist die sedimentäre fertstein, sieht man abwechselnd massige, abwechselnd Entwicklung von einer Vorstoßsequenz, von der anschlie- gebänderte Schluffe, begleitet von Slumpingstrukturen ßenden Überfahrung durch den hochglazialen Gletscher und Scherflächen; im obersten Abschnitt der Schluffe fin- bis zum Eiszerfall gut ersichtlich. Die Abfolge beginnt am den sich stets Lagen von gut gerundeten, z.T. gekritzten Bach mit kompakten grüngrauen Schluffen, mm–cm ge- Geröllen, teilweise auch von sandigem und kiesigem Ma- schichtet und mit Scherflächen; insgesamt erreichen die terial. Aufgrund von Überschüttung mit jüngerem Materi- Schluffe eine Mächtigkeit von 12 bis 15 m. Im oberen Ab- al und Rutschungen sind die Aufschlüsse am orografisch schnitt bilden die Schluffe ein sedimentäres Anlagerungs- rechten Ufer fast nur auf die Bänderschluffe beschränkt; gefüge an große Wettersteindolomit-Blöcke in Rifffazies 100 m östlich des Feuerwehrhauses, nahe eines ehema- bzw. an Felsnasen des anstehenden Wettersteindolomites. ligen Sägewerkes, zeigt einer der wenigen großen Auf- In diesem Bereich sind den Schluffen vermehrt Feinsande schlüsse den Übergang von den lakustrinen Sedimenten und Sande mit vereinzelten kristallinen Geröllen (dropsto- zur hochglazialen Grundmoräne (an der Geländekante) mit nes) eingeschaltet, wobei die Feinsande bis 0,5 m mäch- vielen gekritzten, kristallinen und karbonatischen Geschie- tig sind. Diese Sedimente sind in einem glaziolakustrinen ben. Milieu gebildet worden. Nach oben entwickelt sich daraus eine Wechsellagerung von Sanden und Geröll führenden, Im nördlichen Ast des Mühlbaches (beim Gasthof Wald- teils ausgewaschenen Kiesen. Generell sind die Kiese mat­ häusl) lassen sich von der Straßenbrücke bachaufwärts rixreich, frisch und sehr locker gepackt. Die stets gut ge- durchgängig typisch grüngraue, massive und Bänder- rundeten Gerölle bestehen vorwiegend aus kristallinen Ge- schluffe verfolgen. Ab dem Gasthaus Waldhäusl nordwärts steinen (Grüngesteine, Amphibolit, Eklogit, Gneis). Neben ist der Bach tief genug eingeschnitten, dass der Übergang einem „oben grob Trend“ beobachtet man auch eine zu- von den Seesedimenten in dropstone führende schluffige sehends bessere und engere Schichtung. Die Sande und Diamikte und schließlich in schluffreiche Diamikte mit zahl- Kiese weisen zusammen eine Mächtigkeit von 8 bis 9 m reichen, teils dm-großen und gekritzten Geschieben gut auf. Sie sind in einem glaziolakustrinen bis glaziofluviati- sichtbar ist. Kristalline Geschiebe sind mit mehr als 10 % len Umfeld entstanden. Mit einer unscharfen Grenze (Ero- vertreten. Man beobachtet hierbei in den Seesedimenten sionsdiskordanz?) folgt darüber ein etwa 3 m mächtiger neben Feinlamination häufig Rutschstrukturen, sowie in Diamikt mit gut gerundeten, kristallinen (10 %-Anteil) und der Abfolge nach oben eine Zunahme von Scherflächen, karbonatischen (dominant) Geröllen von durchschnittlich die in den Grundmoränen engständig auftreten und typi- 2 bis 8 cm Gerölldurchmesser, wobei zahlreiche Gerölle scherweise für glaziale Deformation stehen. gekritzt sind. Die Matrix ist sandig bis schluffig (grünlich), mäßig kompakt und bindig. Dieser Diamikt ist als Grund- Spätglaziale Ablagerungen an der Wasserscheide moräne des hochglazialen Inngletschers anzusprechen. Schwarzenbach/Mühlbach Mit unscharfer Grenze geht aus dem glazialen Diamikt ein Der flache Scheitel der Längstalung Ampelsbach-Stein- grobklastischer Diamikt bis 5 m Mächtigkeit hervor, be- berg (unterhalb des Grünkopfs) wird von zwei Muren-/ stehend aus Wettersteindolomit-Blöcken mit 10 bis 30 cm Schwemmkegeln gebildet, die aus tiefen Gräben von Sü- Kantenlänge an der Basis und nach oben abnehmender den und Norden vorgeschüttet wurden. Bei genauerem Korngröße (cm). Die Klasten sind eckig bis kantengerun- Hinsehen erkennt man eine, die Straße nordseitig flankie- det, lokal zerbrochen und zeigen zumeist Kornkontakte. rende, Ost–West verlaufende Wallform. In den Anschnitten Es bestehen fließende Übergänge zwischen Komponen- der hier nach Osten abzweigenden Forststraße zeigt sich ten und Matrix, welche hauptsächlich kiesig-sandig, teil- ein kompakter Diamikt mit kiesigen bis blockigen Kom- weise feinsandig-schluffig ist. Schichtung ist ansatzweise ponenten in feinsandiger, hellbräunlicher Matrix. Die sub- erkennbar. Die Deutung dieses Sedimentes ist schwierig: gerundeten bis gut gerundeten Komponenten setzen sich Vielleicht stellt es Ablagerungen von Murschuttströmen vorwiegend aus Wettersteinkalk und -dolomit und wenigen dar, die nach dem Eiszerfall von den angrenzenden, eisfrei kristallinen Gesteinen zusammen. Immer wieder finden gewordenen Wettersteindolomit-Arealen abgeschwemmt sich gekritzte Geschiebe. Nach oben hin ist das Gefüge wurden. Diese Diamikte wurden auf der geologischen Kar- stark aufgelockert, am Wallkamm liegen große Blöcke aus te am großen Rücken zwischen Mühlbach und Hinterstein- oben beschriebener Gehängebrekzie. Dieses Sediment ist berg nicht von den (Grund)moränen getrennt, da eine Ab- als Moräne zu interpretieren. Allein die Position mitten im grenzung aufgrund der wenigen Aufschlüsse unmöglich Tal erscheint etwas ungewöhnlich. Die Deutung als Rest war. An der Steinberger Straße, Abzweig zur Pension Bir- eines spätglazialen Endmoränenwalles eines von Süden kenheim, zeigten im Mai 2010 Straßenanschnitte schwach vorstoßenden Gletschers wäre durchaus erwägenswert. geschichtete bis diamiktische, sandige Kiese mit einzel- nen Steinen und Blöcken bis 20 cm Kantenlänge, die meist Eisrandsedimente bei Vordersteinberg gut gerundet waren. Die Komponenten bestanden ansons- Der Graben südöstlich unterhalb des Kitzeggs ist durch ten überwiegend aus kantengerundeten Wettersteindolo- eine tief in quartäre Ablagerungen eingeschnittene Rin- mit-Klasten von durchschnittlich 1 bis 2 cm Größe, mit ne gekennzeichnet. Die bis 30 m über dem Bachgrund

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sich erhebenden Terrassenstufen und die bis 10 m über rungen fast ausschließlich an der Ost- und Nordseite von dem Mühlbach ausstreichenden Muren- und Schwemm- Geländerücken. Das dominant aus Wettersteinkalk- und fächer führen auffallend viele kristalline Gerölle, im obe- -dolomitschutt zusammengesetzte, diamiktische Material ren Abschnitt auch große Wettersteinkalk-Blöcke. Diese führt auch häufig Geschiebe aus Oberrhät- und Platten- Sedimente wurden vermutlich schon im frühen Spätgla- kalk sowie aus Amphibolit und Eklogit. Dieses Spektrum zial im Zuge des Eiszerfalls durch Abschwemmen von weist eindeutig auf eine hochglaziale Eisfließrichtung aus Hangschutt- und Moränenmaterial gebildet. Die Moräne dem Südwesten bis Süden hin. Platten- und Oberrhätkalk ist oberhalb der Höfe von Vordersteinberg noch weit ver- sind am nächsten vom Rofangebirge zu beziehen. In den breitet und morphologisch als sanft-welliges Gelände aus- nach Südosten weisenden Tälern des Vorderunnutzes und gebildet. An den Flanken des höheren Grabenabschnittes des Schlagkopfs sind im unteren Bereich diamiktische Ab- reicht die Moräne bis 1.300 m Höhe hinauf, wie eine Be- lagerungen in z.T. großer Mächtigkeit verbreitet. Die fast gehung nach Drucklegung der geologischen Karte (Gru- monomikt aus Wettersteinkalk zusammengesetzten, hell- ber & Brandner, Geologische Karte 1:50.000, Blatt 88 grauen und kompakten Diamikte führen bisweilen gekritz- Achenkirch, 2012) noch ergeben hat. Die Quellfassung des te Geschiebe (z.B. Grundmoräne im Tal nordwestlich der Hochbehälters (unten) befindet sich im Graben auf 1.260 m Schönjochalm, am Bach auf 1.320 m) und wurden nicht Höhe, die Quellaustritte liegen auf ca. 1.300 m. Der Gra- zuletzt wegen reliktischer Wallformen (nördlich der Jagd- ben selbst ist entlang einer steilen, ENE–WSW streichen- hütte auf 1.440 bis 1.340 m Höhe) als Bildungen spätgla- den Störung (Blattverschiebung?) angelegt. Ein Vergleich zialer Gletscher angesprochen. Die zugehörigen Kare sind mit weiteren Quellaustritten südlich unterhalb des Kitzeggs unterhalb der Schaarwand und des Vorderunnutz einiger- zeigt, dass der Quellhorizont mit dem Übergang von mas- maßen gut erhalten und beim Blick von Osten gut erkenn- sigem Wettersteindolomit (Rifffazies) in gebankte, kalkige bar. Etwa 400 m westlich der Schönjochalm (auf ÖK 119 Lagunenfazies zu begründen ist. Der steil SSE fallende Schwaz) gibt es in erhöhter Position Reste von Schottern, Wettersteinkalk ist stark verkarstet und fungiert als Aqui- die als Eisrandablagerungen interpretiert wurden. fer, sichtbar z.B. an der Halbhöhle auf 1.300 m Seehöhe. Am neuen Forstweg vom Trinkwasser-Hochbehälter Hoch- Eisrandsedimente im Schönjochtal platt auf 1.110 m Höhe nach Südosten, sieht man immer In der Schottergrube im Schönjochtal, kurz nach der Ab- wieder Grundmoräne angeschnitten, die von einer dünnen zweigung der oberen Forststraße südwestlich der Gfaß- Blockschuttauflage bedeckt ist. köpfe, finden sich im dortigen, engen Trockental mehrere Meter mächtige, schwach geschichtete Kiese mit Stein- Unnutz-Ostflanke und Blocklagen und Sande. Die Kiese weisen sowohl klas- Glaziale Erosionsformen tengestützte als auch matrixgestützte Gefüge auf. Zum Teil sind die Kiese sandreich. Die Matrix der Kiese ist sandig Die Kare der Unnutz-Ostflanke verraten eine markante gla- und teils schluffig, die Kiesklasten stammen überwiegend ziale Prägung in Form wannenförmiger Ausschürfung; gla- vom umgebenden Wettersteindolomit, sind daher maximal ziale sedimentäre Zeugnisse finden sich weit verbreitet kantengerundet und nur kurz transportiert. Vereinzelt sind am Ausgang der Kare in die Talfurche Schwarzenbach– jedoch auch gut gerundete und gekritzte Karbonatgeröl- Steinberg (Gruber, 2008: 280), in den Karen selbst sehr le mit 10 bis 15 cm Durchmesser, ganz selten Kristallin- spärlich. Eine Ausnahme bilden zwei kleine, bogenförmige gerölle eingestreut. Die Sande erreichen Dicken bis 15 cm. Schuttwälle im nördlichen Kar, die auch als Schneehalden- Diese Sedimente, an denen abgeschwemmtes Moränen- oder Lawinenschuttwälle interpretiert werden könnten. material erheblichen Anteil hat, sind als spätglaziale Eis- Hangschutt und eine lokale Felssturzablagerung nördlich randsedimente zu interpretieren. Dies lässt sich in erster des Hochunnutz füllen das Kar teilweise wieder auf. Das Linie auch morphologisch begründen: Das aufgefüllte Täl- große gestufte Kar zwischen Hoch- und Vorderunnutz ist chen streicht mit seinem „Talboden“ heute weit über dem teilweise durch Glaziokarstwannen gekennzeichnet. schluchtartig eingetieften Gaismoosbach in die Luft aus. Zwischen Hoch- und Hinterunnutz liegt eine breite, NE– SW-streichende Furche, die beidseits in die Luft aus- streicht. Wegen der trogartigen Form dürfte es sich hier um Quartär-Aufschlüsse an der Grundache einen hochglazialen Transfluenzpass mit Eisfließrichtung zwischen Mühlbach und Schmalzklausenalm von Südwesten nach Nordosten handeln. An beiden En- an der orografisch linken Talflanke den kommen Sickerschwinden vor. Die Anlage der Furche ist durch eine Störung vorgegeben. Der flache Südrücken Ostabhänge von Hintersteinberg des Vorderunnutzes zeigt zwischen 1.900 und 2.000 m deutliche Spuren von Eisüberprägung in West–Ost-Rich- Entlang der Grundache ist eine dem Mühlbach/Kirchen- tung. Zudem ist der gesamte Ostabfall des Vorderunnutz bach vergleichbare Quartärabfolge aufgeschlossen, wobei glazial stark abgeschliffen und z.T. sehr stark verkarstet. hier zusätzlich auch das stratigrafisch liegende der mächti- Die Stromatolithe und der Algendetritus in den homoge- gen Schluffe und mit den Schluffen interagierende, mäch- neren dicken Bänken werden durch die Verkarstung scharf tige Deltaablagerungen großräumig erhalten sind. herauspräpariert. Am Südgrat des Vorderunnutz sind wei- An den Ostabhängen von Hintersteinberg zur Grundache ters zwischen 1.500 und 1.600 m Höhe im Wettersteinkalk kommt in einer breiten Geländebucht über einem stark schichtparallele Bergzerreißungen sichtbar. zerfurchten Wettersteindolomit-Relief von 880 m (Grund- ache-Niveau) bis 960 m Höhe eine mächtige Abfolge aus Moränen im Schönjochtal Schottern, Kiesen und Sanden vor. Diese Sedimente sind Im glazial stark abgerundeten Gebiet „mittleres Schön- rein aus Lokalmaterial zusammengesetzt Darüber liegen jochtal, Gfaßköpfe, Kotalm“ finden sich Moränenablage- Bänderschluffe mit Kies- und Sandlagen aus karbonati-

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schen, untergeordnet aus kristallinen Komponenten. Etwa Grundache eine leicht nach Norden abfallende Verebnung, ab 990 m gehen die Schluffe in Grundmoräne über. Diese ein ehemaliger Talboden der Grundache. Nach Westen bedeckt die Wiesen von Hintersteinberg. Hie und da sind schließt eine 6 m höhere, schon verwaschene Terrasse an. größere Kristallin- und Kalk-Findlinge (Oberrhätkalk) zu fin- Südwestlich gegenüber der Kühlermahd zeigt ein Großauf- den. Auf den Bänderschluffen, z.T. auf den Grundmorä- schluss weitere interessante Details der hochglazialen Vor- nen haben sich Rutschungen und Vernässungen gebildet. stoßsequenz: An der Basis kommen geschichtete, sandige Die Moräne über dem Wettersteindolomit ist häufig auf- bis kiesige Schotter mit meist gut gerundeten kalkalpinen gelockert und arm an schluffiger Matrix. Die Komponen- Klasten bis 15 cm Größe (u.a. Sandsteine der Gosau, ju- ten sind hier großteils eckig bis kantengerundet, vermischt rassische Rotkalke) und wenigen kristallinen Klasten, meist mit gut gerundeten Kristallin-Komponenten und vereinzel- < 1 cm, vor. Darüber liegen, mit scharfer Grenze, grün- ten gekritzten Karbonatklasten. In einer Baugrube, 500 m graue Bänderschluffe mit teils großen (20 cm) dropstones. westlich der Kirche und in einer weiteren an der Straße Die Kiese, die als Schichtflutablagerungen interpretiert oberhalb des Enterhofs, konnte dieser Typ von Moräne im werden, sind etwa 10 m mächtig entwickelt, die Schluffe Sommer 2012 bis zum anstehenden Wettersteindolomit im erreichen eine Mächtigkeit von 7 m. Den Großteil der Ab- Profil (5 m) detailliert studiert werden. folge nehmen bis 25° steile Steine und Blöcke führende, sandige bis matrixfreie Kiese eines Deltas ein. Die Del- Bänderschluffe und Deltakomplexe im Abschnitt Gais- moosbach–Holzermahd (ÖK 119) ta foresets weisen eine Mächtigkeit von ca. 40 m auf. Die Schüttungsrichtung der Delta foresets dreht von Südos- Am Abstieg (Wanderweg) von Hintersteinberg zum Gais- ten im unteren auf Nordosten im oberen Abschnitt. Neben moosbach passiert man anfangs einen Rest von Schottern den bottomsets und den foresets sind auch die schwach und Kiesen mit Kristallingeröllen, die den spätglazialen Eis- horizontal geschichteten topsets des Deltas ausgebildet. randsedimenten zuordenbar sind. Unterhalb von 980 m bis Über diesen folgt ein wenige Meter mächtiger, massiger, zum Bachbett stehen in einer Felsnische grau-grünliche, diamiktischer Abschnitt, der aus der Nähe einen hohen kompakte und leicht zerscherte Bänderschluffe an. Die Schluffanteil und eine Kompaktheit zeigt, die für Grund- Mündungsschlucht zur Grundache ist ein klassischer epi- moräne typisch wäre. Bisher konnten diese Diamikte we- genetischer Durchbruch. Der alte Talausgang liegt wenige gen Unzugänglichkeit leider nicht vor Ort im Aufschluss als Zehnermeter weiter südlich, genau südwestlich gegenüber glaziale Ablagerungen bestätigt werden. Auf der ?Morä- dem Beginn der „Trockenen Klamm“ (siehe unten). Dieser ne ist mit 30° steilen Schrägschichtungsblättern eckiger alte Tallauf ist mit den bereits oben beschriebenen Quar- lokaler Hangschutt aus Wettersteindolomit vorgeschüttet tärsedimenten verfüllt: Im unteren Abschnitt sind es Schot- (talus fan). Da die quartären Sedimente hier am Felshang ter und Kiese aus lokalem Bachschutt. Eine undeutliche liegen, repräsentiert der Hangschutt sowohl die spätgla- Schrägschichtung könnte auf die Existenz eines Deltas ziale als auch die frühholozäne Sedimentationsphase bis hinweisen. Mit scharfem Kontakt werden die Bachabla- zur vollständigen Wiederbewaldung. Wenige Zehnerme- gerungen von mächtigen, grün-grauen Seeschluffen über- ter weiter südlich sind auf dem nach Osten zum Straßen- lagert. Nach oben gehen diese durch Zunahme an drop­ tunnel vorspringenden Sporn wieder die Terrassenstufen stones (viel Kristallin) sukzessive in massive Schluffe und der spätglazialen Talbodenentwicklung erhalten. Diese schließlich in einen wenige Meter dicken, schluffreichen, sind Zeugen des etappenweisen Wiedereinschneidens der überkonsolidierten Diamikt mit Scherflächen und zahlrei- Grundache während des hochglazialen Eiszerfalls in zuvor chen gekritzten Geschieben (viel Kristallin) über. Dieser abgelagerten quartären Sedimenten. Schließlich grub sich Diamikt entspricht der hochglazialen Grundmoräne. Da­ der Bach epigenetisch in die heutige Klamm des Wetter- rüber folgen wieder teils schräg geschichtete Schotter und steindolomits ein. Kiese (vorwiegend lokales Material) als Ausdruck spätgla- zialer Eisrandsedimentation. Westlich der Felsklamm (mit Tunnel) ist im ehemaligen Tallauf der Grundache die bereits bekannte Vorstoßse- In einem großen Anriss, ca. 350 m südlich der Mündung des quenz mit Schichtflutablagerungen, Bänderschluffen und Gaismoosbaches, etwas südlich der Blattgrenze ÖK 88 / Delta forset-Kiesen nochmals in einem beeindruckenden ÖK 119, ist diese Abfolge nochmals eindrücklich aufge- Aufschluss sichtbar. Die Bänderschluffe sind am südli- schlossen: Hier sieht man unten massive, darüber­ gebän- chen Klammausgang auch direkt im Bachbett erschlos- derte, ockerige bis gräuliche Schluffe, und – eine Beson- sen. Einige Zehnermeter südlich befindet sich orografisch derheit – die schräg geschichteten Kiese und Sande eines rechts unterhalb der Wettersteindolomit-Wand ein weite- kleinen Deltas, das nach Norden oder Nord­osten auskeilt rer Aufschluss, in welchem fein geschichtete bis laminier- und wiederum von massiven, grünlichen Schluffen über- te Fein- bis Grobsande mit Gradierung, Parallellamination deckt ist. Daraus entwickelt sich ein Diamikt mit dm³-gro- und Rippelschichtung sowie am Top mit Belastungsstruk- ßen Klasten (dropstones) und schließlich die Grundmorä- turen aufgrund von großen, von der Wand in das Sedi- ne. Die Moräne wird mit scharfem Kontakt von teils schräg ment fallenden Dolomitblöcken, anstehen. Wischounig geschichteten, sandigen Schottern, Kiesen und Sanden, (Das Quartär bei (Tirol): Stratigraphie, v.a. aus kalkalpinem Material, überlagert. Die Deltasedi- Sedimentologie und Aspekte der Landschaftsentwicklung, mente belegen das randliche Vorschütten von Bachsyste- unveröff. Dipl.-Arb. Univ. Innsbruck, 2006) beschreibt in men in den See (progradierendes Delta) und das Ertrinken seiner Diplomarbeit an der nunmehr verschütteten Basis dieser durch erneuten, raschen Anstieg des Seespiegels, auch noch Wechsellagerungen von gebänderten und wel- der vom vorrückenden Inntalgletscher gesteuert wird. lig geschichteten Silten, Fein- und Mittelsanden mit Kies- Die südlich dieses Aufschlusses weit nach Osten vor- bis Steinlagen aus eckigen bis kantengerundeten Dolo- springende Felsbastion, ungefähr westlich gegenüber der mitklasten sowie einzelnen Blöcken, die im Feinsediment Kühlermahd (auf ÖK 119 Schwaz), trägt 120 Hm über der Deformationsstrukturen erzeugten.

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Ein alter, mit quartären Sedimenten verfüllter Tallauf der Südwest-Eingang der „Trockenen Klamm“ ist auch die- Grundache oder des Schauertalbaches zweigt beim Süd- ser Durchbruch durch ehemalige Bachablagerungen der portal des Tunnels rechtwinkelig zur heutigen Klamm nach Grundache aufgefüllt, allerdings ist hier der Übergang zu Osten ab. Die Ablenkung des Schauertalbaches nach den auflagernden Schluffen noch primär sichtbar, cha- Osten hat auch zur heutigen Wasserfallstufe an der Ein- rakterisiert durch das Einsetzen schluffiger Matrix in den mündung in die Grundache geführt. Generell kann gesagt Kiesen. Das Niveau ist mit den Aufschlüssen westlich der werden, dass die Tal- und Klammbildung im gesamten Grundache in etwa kohärent (siehe unten), allerdings fehlt beschriebenen Abschnitt der Grundache durch NW- und die Bedeckung mit Grundmoräne. Beide Felsköpfe sind SW-streichende Störungen im Wettersteindolomit vorge- in ihren Gipfelbereichen durch Schotter und durch gro- prägt ist. ße Kristallinblöcke gekennzeichnet; am höheren, nordöstli- chen Gipfel („Küler Kögel“, 1.010 m laut Alpenvereinskarte Schmalzklausenalm Bl. 6 Rofan) finden sich zwei Verebnungsniveaus ehemali- Der weitere Verlauf der Grundache in Richtung Schmalz- ger Talböden. Ein weiteres Äquivalent zu diesen Verebnun- klausenalm (ÖK 119) zeigt etwas nördlich der Einmündung gen findet sich auf gleicher Höhe gegenüber, auf der Nord­ des Schindeltalbaches von Süden eine weitere Epigenese. ostseite der „Trockenen Klamm“, hoch über der Wand, wo Bachaufwärts häufen sich Gerölle von Oberrhätkalk und ein U-förmiger Einschnitt bis 980 m herab deutlich ein al- Jura-Rotkalk; südlich der Spannwand, im Bereich unter- tes Trockental markiert. Es handelt sich in beiden Fällen halb einer Steilstufe, die von einem Wasserfall überwunden vermutlich um frühe spätglaziale Talböden. Zu dieser Zeit wird, liegt eine Ansammlung teils hausgroßer Oberrhät­ waren die mit Sedimenten aufgefüllten alten Talläufe noch kalk‑Blöcke, die auch noch einige Zehnermeter nördlich zu und das epigenetische Einschneiden hatte erst begon- der Grundache am Hang hinaufreichen. Diese Blöcke mar- nen. Weitere Beispiele lassen sich von der orografisch lin- kieren einen Gletscherstand, der von Gletschervorstö- ken Seite der Grundache nennen (siehe unten). ßen aus der Nordabdachung des Rofangebirges über die kurzen Seitentäler Mahrntal-, Anger- und Eselsbachgra- Graben südwestlich unterhalb des Durrahofes ben erfolgte. Westlich des Eselsbachgrabens sind gene- Dieser Großaufschluss zeigt sehr schön die Transgressi- tisch damit auch Rückstausedimente verbunden. In den on des hochglazialen Eisstausees. Der untere Grabenab- laserscan-Bildern des TIRIS sind in fast allen nordseiti- schnitt besteht aus deutlich geschichteten, sandigen und gen Tälern des Rofan mehrere Moränenenden bis tiefstens Steine führenden Kiesen im Wechsel mit kaum geschich- 1.100 m herab ausmachbar. Die wurmartigen Wallformen teten Diamikten. Erstere führen teils gut gerundete Klasten im Talgrund weisen auf Eiszerfallsstrukturen der Zun- (nur lokales Material), letztere kantengerundete bis gerun- gen dieser Gletscher hin (nähere Informationen hierzu in dete Klasten von Block- bis Kiesfraktion in sandig-siltiger Wischounig, 2006). Matrix (aus lokalem Material). Diese fluviatilen Sedimen- te bilden die Basis für eine etwa 40 m mächtige Bänder- schluff-Folge (von 940–980 m Höhe), die abrupt einsetzt. Grundache, orografisch rechte Talflanke In die grünlich-grauen Schluffe sind an der Basis und am Rand zu den Felsflanken Lagen oder Streu aus teils block- Quartäraufschlüsse an den Flanken der „Trockenen großen, eckigen Wettersteindolomit-Klasten eingeschal- Klamm“ („Kögel Klamm“ laut Alpenvereinskarte Bl. 6 tet. Im Kleinaufschluss wird das Mikrorelief großer Klasten, Rofan) die von den Felswänden in die weichen Schluffe gestürzt Auf der Südseite der „Trockenen Klamm“ sind oberhalb sind, hierbei durch auflagernde Bänderschluffe wieder mit des Wasserfalls auf ca. 1.000 m Höhe Reste von konglo- Anlagerungsgefügen versiegelt. Die Bänderschluffe sind merierten Kiesen und Schottern (Bachablagerungen), di- mit Gerölllagen (dropstones?) vergesellschaftet, in denen rekt auf Wettersteindolomit liegend, erhalten. Darüber und zahlreiche gut gerundete Kristallinkomponenten (Amphi- seitlich angrenzend kommen grau-blaue Bänderschluffe bolite, Eklogite, Gneise) vorkommen. Die Obergrenze der mit dropstones vor, die bis auf eine Höhe von 1.030 m Bänderschluffe ist nicht aufgeschlossen. Sie wird durch reichen und dort von Grundmoräne überlagert sind. Die Mur- und Bachschutt mit auffallend vielen großen Kris- Schluffe neigen zu flachgründigen Rutschungen, deren tallingeschieben (von abgeschwemmter Moräne) verdeckt. Obergrenze ist durch einen Quellhorizont markiert. Wie Die geschichteten Kiese an der Basis sind als (Schichtflut-) schon in anderen Gebieten mit Verbreitung der Schluffe, Ablagerungen der Grundache, die Diamikte als seitliche füllen diese auch hier ein sehr abwechslungsreiches Klein- murartige Einschüttungen zu interpretieren, wobei von ei- relief aus tiefen Tälchen, Gräben und Nischen im Wetter- ner raschen, aggradierenden Sedimentation infolge Höher- steindolomit aus. Das heißt, ein Großteil der heute wie- verlegung des Vorfluterniveaus auszugehen ist. Der abrup- der ausgeräumten, verzweigten Klammen und Gräben te Wechsel zu den Bänderschluffen markiert das Ertrinken war schon vor der Ablagerung der Seesedimente vorhan- des lokalen fluviatilen Milieus in einem See, der durch den (siehe Sanders et al., Geomorphology, 214, 465–484, randglazialen Aufstau im Vorfeld des nach Norden in das 2014). Die Grundmoräne ist durch große kristalline Findlin- Brandenberger Tal vorrückenden Inntalgletschers gebildet ge (Gneise) gekennzeichnet und zieht sich weit den Hang wurde. Die Geröllfracht aus Kristallingesteinen (Schutt aus hinauf; sie ist am Weg Enterhof–Kühlermahd häufig auf- Eisbergedrift) steht für die Nähe des Inngletschers, der in geschlossen. Die beiden markanten Felsköpfe zwischen den See kalbte. Im vorliegenden Graben ist das maxima- der Grundache und der „Trockenen Klamm“ sind durch le Stauziel von etwa 1.030 m bei weitem nicht erreicht. eine tiefe Einschartung getrennt. Bei genauerer Betrach- Der rasche Seespiegelanstieg ist durch direkte onlaps der tung zeigt sich darin ein alter Tallauf, den die Grundache Bänderschluffe an die Felsflanken des Grabens angezeigt, vor dem Durchbruch in die heutige „Trockene Klamm“ (Ab- gelegentlich unterbrochen durch geringe Hang- und Mur- schnitt unterhalb des Wasserfalls) benutzte. Analog zum schutteinträge.

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Gebiet Enterhof, Enterkopf, Weißenbach, Lahneralm, Auf der östlichen Grabenseite finden sich auf den Verfla- Kühlermahd (z.T. auf ÖK 89 Angath und ÖK 119 Schwaz) chungen zwischen 950 und 1.000 m vermehrt große kris- talline Gerölle (Amphibolite, Gneise, Orthogneise) als Le- In der Verflachung über den felsigen Steilflanken der sesteine, auch in dem hangparallelen Tälchen östlich eines Grund- und Steinberger Ache sind vor allem hochglazia- SE–NW streichenden Grabens. Das Tälchen entspricht mit le Moräne und spätglaziale Schwemmfächer- und Muren- seinem leichten Gefälle nach ENE und dem Ausstreichen sedimente verbreitet. Im Weißenbachgraben (siehe unten) in die Luft einem alten, spätglazialen Abfluss des Wei- treten Bänderschluffe, Sande und Kiese der hochglazia- ßenbaches. Entlang des vom Forstweg Aschaumahdalm– len Vorstoßsequenz hinzu. Einblicke in den Aufbau der Lahnalm bei 960 m Höhe nach Südosten abzweigenden hochglazialen Grundmoräne gewähren/gewährten wenige Stichweges ist eine interessante Quartärfolge aufgeschlos- Schürfe an Straßen und in Baugruben. Beispielsweise zei- sen: Am Beginn des Weges sieht man lockere, sandreiche, gen sich in der ersten Kehre der Straße Grundache–Enter- matrixgestützte Kiese mit Steinen bis 15 cm Größe. Die hof im unteren Teil des Anschnittes steinige und blockige, Klasten sind durchwegs gut gerundet, darunter viele Kris- teils matrixfreie Kiese aus Lokalmaterial. Darüber liegen tallingerölle. Amphibolit und Quarz sind vorherrschend; ohne scharfe Grenze schluffreiche und scherbig brechen- vereinzelte rote Sandsteine (Alpiner Buntsandstein) und de Diamikte, mit zahlreichen gut gerundeten, gekritzten Konglomerate (Gröden-Formation) unterstreichen ein Lie- Geschieben; viele Gerölle bestehen aus Kristallingestei- fergebiet aus dem Inntal. Höher oben sind auch dickere nen, vereinzelt auch aus roten Sandsteinen. Es fand sich Feinsandlinsen eingeschaltet. Von 980 m aufwärts erhöht auch ein Kalkarenitgeröll mit Turmschnecken („?Actaeo- sich der Schluffgehalt der Matrix. Einzelne karbonatische nellen“) und Korallenresten, das vermutlich der Branden- Gerölle zeigen nunmehr Kritzung. Schließlich schneidet berger Gosau entstammt. In diesem Aufschluss ist hoch- der Weg kompakte, scherbig brechende Diamikte mit ge- glaziale Grundmoräne auf fluviatilen und murenartigen kritzten und polierten Geröllen, also Grundmoräne an. Fa- Kiesen (Vorstoßsequenz) abgelagert worden. ziell liegt hier eine hochglaziale Vorstoßsequenz mit flu- Weitere Aufschlüsse für Grundmoräne fanden sich in ei- vioglazialen Vorstoßkiesen und deren finale Überfahrung ner Baugrube östlich der Straße auf Höhe des Enterhofes durch den Inngletscher vor. und in einem Schurf beim Holzschuppen östlich des Dur- In einem orografisch linken, sehr kurzen Seitengraben rahofes: Während in der Baugrube die Grundmoräne im (zweigt auf 980 m vom Weißenbach ab) finden sich in einer frischen und kompakten Zustand vorlag, ist sie beim Dur- Höhe von 1.040 bis 1.060 m grau-blaue Bänderschluffe, rahof tiefgründig aufgelockert, die Matrix partiell ausgewa- die von Grundmoräne mit reichlicher Fracht gekritzter Ge- schen. Über diesen Aufschlüssen in Richtung Enterkopf schiebe überlagert werden. Im Hauptgraben liegt die Gren- dominieren Schwemmfächer die Morphologie, bestehend ze Bänderschluffe/Grundmoräne ebenfalls bei 1.060 m. aus umgelagertem Moränen- und lokalem Hangschuttma- Das Untergrundrelief, auf das die Seesedimente abgela- terial (Wettersteindolomit); die Grundmoräne ist noch strei- gert wurden, besteht aus kleinen tiefen Gräben, die durch fenwiese an Rücken mit großen Kristallin- und Oberrhät- scharfe Felsrücken getrennt sind. kalk-Blöcken (Findlingen) erhalten. Die aktuellen Rodungen der Neuen Lahnalm im Umkreis Auch die Nordabhänge des Enterkopfes (Wanderweg zur der Kote 1.176 m basieren auf stark zertrümmertem und Lahneralm) weisen eine teils flächige, aber geringmächti- aufgelockertem, glazial abgerundetem Wettersteindolo- ge Moränenbedeckung auf, kristalline Findlinge sind recht mit, über dem einige große Kristallinblöcke verstreut sind. häufig. Die Mähwiese entspricht einem Areal, wo abge- Die alte Lahnalm wurde auf einem schmalen Schwemmke- schwemmtes Moränen- und Verwitterungsmaterial zu fla- gel errichtet, der ostseitig durch einen Graben tief einge- chen Kegeln aufgeschüttet wurde: Gut gerundete, plattige schnitten ist und am Nordende der Weide hoch in die Luft bis stengelige Kristallingerölle sind mit angerundetem bis ausstreicht. In einem frontalen Anriss zeigt sich, dass die- mäßig gerundetem Lokalschutt vermengt. ser im Spätglazial am Eisrand aufgeschüttete Schwemm- Die Verflachungen zwischen Durrahof und Kühlermahd ba- fächer (vgl. die Aufschlusssituation in Außersteinberg beim sieren auf Grundmoräne (entlang des Forstweges mehrfach Gehöft Gang) von mächtigen Deltasedimenten (foresets) aufgeschlossen), die mit Schwemmfächersedimenten, z.T. unterlagert ist, die wiederum mit Bänderschluffen verzah- aus den dazwischen liegenden Gräben, meist wenige Me- nen, welche bis zur Steinberger Ache reichen (pers. Mit- ter dick überdeckt ist. Häufig ist die Moräne vollständig teilung J. Gruber). Das Moor südlich von Punkt 1.176 m abgeschwemmt worden (die größeren Geschiebe wurden gründet auf stauender Grundmoräne, gleichzeitig streichen in den umliegenden Gräben zusammengeschwemmt) und hier die basalen Raibler Schichten durch, wie grau-bräunli- die Schwemmfächersedimente bestehen überwiegend aus che Silt- und Sandsteinbröckchen in der Moräne belegen. kaum gerundetem Wettersteindolomit, der aufgrund der tektonischen Beanspruchung stark geklüftet und leicht Charakterisierung der Raibler Schichten im Gebiet erodierbar ist. Die Kiese liegen dann direkt auf dem Wet- Weißenbachgraben–Enterkopf tersteindolomit. Da die Schwemmfächer heute durch tiefe Die Raibler Schichten sind entlang des Forstweges zur Gräben zerschnitten sind, ist davon auszugehen, dass de- Lahnalm und zum Wimmerjoch (Abzweig von der Ent- ren Bildung im frühen Spätglazial nach dem hochglazialen eralmstraße auf 1.200 m Höhe, auf ÖK 89 Angath) aufge- Eiszerfall stattfand, daher sind sie genau genommen als schlossen: Nach einer Schichtlücke ab Beginn der Stra- Eisrandsedimente zu bezeichnen. ße schneidet der Weg dünnbankige, bituminöse Dolomite mit Stromatolithlaminiten und von braun-grauer Farbe an. Weißenbachgraben (Grenzbereich ÖK 88 zu ÖK 89) Diese Dolomite wechsellagern mit cm dicken, grau-brau- Der Weißenbachgraben ist tief im stark kataklastisch ge- nen, ocker verwitterten Dolomitmergeln. Bei der Querung prägten, SSE fallenden Wettersteindolomit eingeschnitten. des ersten tiefen Grabens, der vom Ameiskogel herab-

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zieht, schalten sich in den beschriebenen Dolomiten auch fes und 500 m wegaufwärts, auf 1.240 m unterhalb der blau-graue, bituminöse Ton- und Dolomitmergel ein. Öst- Straße direkt aufgeschlossen. Wo die Straße den genann- lich des Weißenbachgrabens besteht ein schmaler Rücken ten Graben quert, folgen über den Feinklastika ockergelb aus grau-braunen Kalken. Die Kalke enthalten Onkoide, verwitterte, abwechselnd hell- und dunkelgraue, dünnplat- Crinoidendetritus und zahlreiche umkrustete Schalen und tige Dolomitlaminite. Diese Lithotypen stehen entlang der peloidale Körner in dichter mikritischer Grundmasse. Der Straße bis zur Enteralm immer wieder an. Dazwischen sind Kontakt zum Wettersteinkalk ist nicht direkt aufgeschlos- wiederholt dünne Dolomitmergel, Ton- und Sandsteinla- sen, aber durch zahlreiche Quellaustritte charakterisiert. gen eingeschaltet, die im frischen Zustand im Graben auf 1.310 m Höhe (bereits auf ÖK 119) aufgeschlossen sind. Die feinklastischen Sedimente (Ton- und Siltsteine), mit de- Auf 1.295 bis 1.300 m (scharfer Rücken) tritt an der Stra- nen die Raibler Schichtfolge normalerweise einsetzt, sind ße eine 2 bis 4 m dicke Kalkrippe hervor, die aus mehre- entlang der Enteralmstraße zwischen 1.200 und 1.260 m ren Bänken der bereits bekannten, wellig geschichteten, mehrfach angeschnitten. Die Geländeverflachung, welcher blau-grauen peloidalen Packstones besteht. Diese Kalkrip- der Weg folgt, ist darauf zurückzuführen. Der Kontakt zum pe konnte als Leithorizont durchgehend im Streichen kar- Wettersteindolomit ist im Graben südöstlich des Enterkop- tiert werden.

Blatt 89 Angath

Siehe Bericht zu Blatt 88 Achenkirch von Alfred Gruber

Blatt 97 Bad Mitterndorf

Bericht 2012 posed along the left side of the creek display ripple-marks über geologische Untersuchungen of different orientation. Fossils occur scattered in the sedi- von untertriassischen Fossilien in den ment or form densely packed accumulations. Four collect- Werfener Schichten ing points have been sampled, yielding different fossil as- auf Blatt 97 Bad Mitterndorf semblages. However, near all of the taxa mentioned below were found to occur at the westernmost collecting point in István Szente a highly fossiliferous bed of presumably tempestite origin. (Auswärtiger Mitarbeiter) The fossils are usually poorly-preserved: aragonite shells such as those of gastropods, most bivalves and ammo- Fossiliferous beds of the Lower Triassic Werfen Formation nites, have been completely dissolved during diagenesis. have been known to crop out in the vicinity of Bad Mit- Remnants of calcite shells have been encountered only terndorf for near one hundred years, since the pioneering in the case of aviculopectinoidean scallops. Most of the work of Georg Geyer. The fossils have remained, how- specimens are affected by deformation to a variable de- ever, seemingly poorly studied and documented. On the gree. In addition to the fossils collected by the present other hand, the last three decades saw a renewed interest author, specimens housed in the collection of Helmut in various aspects of Lower Triassic marine fossil assem- Meierl were also studied. The assemblage is dominat- blages. Studies carried out in the Dolomites of Italy and ed by molluscs, especially gastropods and bivalves. The the Balaton Highland of Hungary, both known as classical former group is represented by the species Natiria costa- areas of the Alpine Triassic, for example, have resulted in ta (Münster, 1841) and Werfenella rectecostata (Hauer, a series of papers focussing especially on the stratigraph- 1851). Among bivalves, the following taxa have been iden- ic distribution of fossil taxa. The Werfen Formation in the tified: Bakevellia cf. exporrecta (Lepsius, 1878), B. castelli Northern Calcareous Alps, however, has received lesser (Wittenburg, 1908), Eumorphotis telleri (Bittner, 1898), attention from this point of view. The richly fossiliferous lo- E. cf. beneckei (Bittner, 1901), E. hinnitidea (Bittner, cality discovered (or more probably re-discovered) some 1898), Leptochondria sp., Neoschizodus laevigatus years ago by the enthusiastic local fossil collector Helmut (Ziethen, 1830), Costatoria costata (Zenker, 1833) and the Meierl thus seemed to serve as a good starting point for most frequent form, Unionites fassaensis (Wissmann in the study of the macrofossil assemblage of the Werfen Münster, 1841). C. costata is represented by small-sized Formation in the Northern Calcareous Alps. (about 5 mm high) specimens ornamented with relatively The field work carried out between 19.09.–23.09. and on few (9–10) radial ribs. Two species of ammonites, namely 14.12. was aimed at collecting macrofossils from outcrops Tirolites cassianus (Quenstedt, 1849) and Dalmatites mor- scattered along the Zauchenbach Creek. There, the ravine laccus Kittl, 1903, have been recorded, the latter for the exposes steeply-dipping to vertically standing siltstone first time from . Specimens assigned to T. cassianus and fine-grained sandstone beds of the Werfen Forma- bear spines on their inner whorls and more than 10 ventro- tion (Werfen Shale auctorum). Some bedding-planes ex- lateral nodes on their last whorl. The Zauchenbach assem-

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