Panorama 5/03
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Klein aber Zwischen den bekannten Nachbarn Karwendel und Wilder Kaiser,südlich Foto: Werner Lang Werner Foto: der bayerisch-tirolerischen Grenze, liegt das Rofan und bietet lohnende Touren für Wanderer, Kletterer und Biker in einem vielseitigen Bergparadies. VON WERNER LANG 28 ROFAN UNTERWEGS randenberger Alpen lautet der Oberbe- sind. Am Rand des Hochplateaus im südlichen griff für die Berggruppe, der lange nicht Teil des Rofan stürzen ost- und nordseitig ein- Bso bekannt ist wie die Bezeichnung, die drucksvolle, oft mit gewaltigen Überhängen sich seit den zwanziger Jahren des letzten Jahr- und Dächern gespickte Wandfluchten bis zu hunderts für den Teil westlich der Brandenber- 400 Meter Höhe zu den Schuttkaren und Alm- ger Ache eingebürgert hat – Rofangebirge. böden ab, während die Normalwege zumeist Am westlichen Ausläufer der früher auch über mehr oder weniger steile Wiesen empor- „Sonnwendgebirge“ benannten Berggruppe ziehen. An diesen beeindruckenden Kalk- liegt der größte See Tirols, der Achensee, mit wänden mit den eingelagerten eigenartig-bun- den Orten Achenkirch und Maurach. Die süd- ten Felsbändern, Rampen und Grasbändern liche Begrenzung bildet wurde Alpingeschichte ge- das Unterinntal zwischen schrieben. Jenbach und Kramsach. An diesen Kalkwänden Durch den Bau der Schneidjoch und Guffert Rofan-Kabinenseilbahn im Norden werden eben- wurde Alpingeschichte (seit 1960) von Maurach falls dem Rofan zugerech- geschrieben zur Erfurter Hütte und net. Und auch Steinberg des Sonnwendjoch-Sessel- darf nicht unerwähnt blei- liftes (seit 1968, zwei Sek- ben, in einem großen Kessel gelegen und be- tionen) von Kramsach zur Roßkogelhütte sind liebter Ausgangspunkt besonders für Wande- Tagestouren im Kerngebiet zwischen Hochiss rungen und Klettertouren auf den Guffert, auf und Vorderem Sonnwendjoch wesentlich einfa- den Unutz, ins südliche Kerngebiet des Rofan cher geworden. Je nach Länge der geplanten oder als Station für eine Guffert- und Schneid- Unternehmung, besonders bei Klettertouren, ist jochumrundung mit dem Mountainbike. jedoch eine straffe Zeitplanung notwendig, da man sonst beim Versäumen der letzten Talfahrt Kleinod der Nördlichen Kalkalpen (zwischen 16.15 und 17.30 Uhr, je nach Seil- Das Hochplateau des Rofangebirges mit seiner bahn und Jahreszeit) einen unangenehm langen höchsten Erhebung Hochiss (2299 m) ruht auf „Hatscher“ auf Forststraßen zur Talstation in einem Sockel aus Hauptdolomit. An den darü- Kauf nehmen muss. ber liegenden tonreichen Kössener Schichten finden sich fruchtbare Almen, aber auch Hoch- Nördlich der Brandenberger Ache moore und Seen. Die oft senkrechten Wände Die nördlich des Bergzugs vom Kotalmjoch bis der Bergmassive zwischen Hochiss und Vorde- zum Roßkogel liegenden Gebiete bieten, mit rem Sonnwendjoch bestehen hauptsächlich aus Ausnahme des Guffert von Steinberg aus, viele Riffkalk, darin eingelagert oder darüber lie- Möglichkeiten für einsame Wanderungen und gend rote bis gelbliche Jurakalkschichten. Ver- sind wegen der vielen Forststraßen besonders witterte und mineralienreiche Bestandteile wie für Mountainbike-Touren vorteilhaft. Stütz- Radiolarit und Rofanbreccie sind die Grund- punkt können diverse Gasthäuser im Bereich lage für die überaus reichhaltige Flora speziell von Brandenberg sein oder das 500 Jahre alte in der südlichen Rofangruppe. Fast alle ge- Kaiserhaus, das mit dem Auto zu erreichen ist. schützten Alpenpflanzen kommen hier vor und Hat man nach der Anreise noch Zeit, kann auch Gämsen und Murmeltiere erfreuen den man die unmittelbar nördlich gelegene Kaiser- aufmerksamen Passanten gelegentlich. klamm durchwandern. Die Erzherzog-Johann- Der erholungssuchende Wanderer findet auf Klause erreicht man vom Kaiserhaus in zwei einem gut erschlossenen Wegenetz aussichtsrei- Stunden durch die Kaiserklamm und weiter che Rundtouren, Überschreitungen und leichte entlang der Brandenberger Ache. Gipfelanstiege, wobei es sich gerade im Früh- Mountainbiker starten von hier die „Veits- sommer anbietet, an blumenübersäten Wiesen berg-Runde“, Richtung Riedenberg mit der Ein- eine gemütliche Rast einzulegen. Im Herbst kehrmöglichkeit Wastlerwirt und weiter über die leuchten vereinzelt stehende Lärchen golden im Grabenbergalmen zur Ackernalm unter dem Gegenlicht, ebenso die Laubbäume der Misch- Hinteren Sonnwendjoch. Dem Marchbach fol- wälder. Die Wege leiten oberhalb der Baum- gend kommt man wieder zurück zur Johann- grenze über weite Almflächen, die von wasser- Klause bzw. zum Kaiserhaus. Von beiden Stütz- erodierten Felsblöcken und Wänden gesäumt punkten kann man über die südlich der 30 DAV Panorama 5/2003 ROFAN UNTERWEGS Fotos: Don Fuchs, Werner Lang (M.o., r.o.), Georg Hohenester (r.u.) Hohenester Georg Lang r.o.), Werner (M.o., Don Fuchs, Fotos: V.l.o.n.r.u.: Das Kaiserhaus, be- liebte Einkehr für Mountainbiker und Wanderer, ist von Brandenberg mit dem Auto erreichbar; in der Direkten („Buhl“, VI+) am Abend- stein; die gebank- te Kalkflucht der Hochiss; Blick vom Guffert- Westgrat hinüber zum Ostgipfel des Guffert; die Forstwege im Norden des Rofan sind ein Dorado für Mountainbiker; die Branden- berger Ache. DAV Panorama 5/2003 31 Fotos: Werner Lang Werner Fotos: V.o.n.u.: Vom West- grat des Guffert schweift der Blick ungehindert hinüber zum Ostgipfel; in der 2. Seillänge an der Guffert-Südkante (VI-); Blick auf den Hinterunnütz vom Hochunnütz aus; Genusskletterei in der „Manika“ (IV+, Zyklopen- wand, Abendstein). 32 DAV Panorama 5/2003 ROFAN UNTERWEGS Vereinigung von Grundache und Bairache gele- überschreiten und verlangt, da durchwegs stark gene Brücke zur Schöberl-Jagdhütte radeln. Dort überhängend, volle Ausdauerkraft! Zumindest geht es rechts, zuletzt mit zunehmender Steigung, in den ersten Jahren sollte am Abendstein auf zur Gufferthütte, links erreicht man die Österr. einen Steinschlaghelm nicht verzichtet werden, Wildalm, den Abendstein oder die Ragstatt- da gerade in neuen Klettergebieten nicht aus- almen. Diese Routen können freilich auch zu Fuß geschlossen werden kann, dass ein Griff oder gemacht werden, ebenso wie eine Tour durch das Tritt noch ausbricht. Auch sichernde Personen Weißachental zur Issalm mit den möglichen Gip- oder andere, die sich unterhalb der Wände auf- felzielen Guffert und Schneidjoch. Eine weitere halten, sollten sich dieser Gefahr bewusst sein! Biketour führt zum Kreuzeinalm-Hochleger, von Im Vergleich zu anderen Klettergebieten dem man in einer knappen Stunde Fußmarsch hielt das Rofan in der Neuzeit geradezu einen den Roßkogel ersteigen kann. Dornröschenschlaf. Fast ausschließlich Tiroler Kletterer waren hier aktiv und hakten, dem Guffert, Schneidjoch und Ruf der „einheimischen Vorreiter“ wie Her- mann Buhl, Matthias Rebitsch, Ernst Schmid Abendstein u. a. folgend, die eine oder andere noch kühne- Die neu renovierte Gufferthütte, seit 1997 im re Kletterei ab, als es die Altvorderen eh schon Besitz der DAV-Sektion Kaufering, ist Aus- getan hatten. Bohrhaken waren hier lange nicht gangspunkt für Wanderungen und neuerdings akzeptiert. Doch die Zeit blieb nicht stehen auch für Sportklettertouren am Abendstein und mittlerweile wird ein moderater Einsatz (siehe hierzu auch den Beitrag „75 Jahre Guf- von gebohrten Absturzsicherungen akzeptiert. ferthütte“im DAV Panorama 2/2003). Dies betrifft Erstbegehungen genauso wie die 1997 führte der Autor mit Unterstützung der nach Absprache mit den einheimischen Klette- Sektion München Kletterführen-Sanierungs- rern sanierten Routen durch den Autor. arbeiten an der Südkante und am Westgrat des Guffert durch und machte dabei eine tolle Ent- Unutz (auch Unnütz) deckung: Er sah vom Guffertgipfel Richtung Liebhaber des Rofan und stiller Wanderungen Schneidjoch eine sagenhafte Wand am Ostgrat wissen die Überschreitung der drei Gipfel des in der Spätnachmittagssonne leuchten. Unutz zu schätzen. Eigentlich ist es ein Gipfel Wenige Tage später stand er vor der Wand weniger, weil man bereits von der zu einer und war erst einmal platt. Der Fels entpuppte Brotzeit einladenden Zöhreralm, etwas müh- sich als eigener kleiner Berg und war dazu noch sam in steilen Latschenschneisen aufsteigend, „jungfräulich“, ohne ersichtliche Spuren von den Gipfel des Hinterunutz in der Regel links Kletterer-Aktivitäten. Als liegen lässt und dafür an kurz darauf ein Kontakt einem neu errichteten Gip- zum Kauferinger DAV- Eine sagenhafte felkreuz südlich davon Sektionsvorstand Jürgen landet. Nach einem klei- Huber zustande kam, der Wand leuchtete nen Abstieg in eine Senke selbst die Idee hatte, am in der Abendsonne führt der Weg, teils durch Abendstein einen Kletter- Warnpfiffe von Murmel- garten einzurichten, war tieren unterbrochen, durch man sich schnell einig. In den folgenden Jah- lichtere Latschen und Wiesen aufwärts zum ren konnte am Abendstein ein interessantes Hochunutz. Über den jetzt immer felsiger wer- Klettergebiet neu erschlossen werden. Speziell denden Steig geht’s wieder ein Stück bergab. Kletterer, die den sechsten und siebten Schwie- Nach der Überschreitung einer gewaltigen Ni- rigkeitsgrad „draufhaben“, können dort einen sche steigt man in unschwieriger Kletterei zum oder zwei „Jubeltage“ erleben. 22 Hauptrou- Grat auf und quert jenseits auf der Ostseite ten (sieben Routen zusätzlich an separaten Fel- über Wiesen mit bröseligem Untergrund zum sen) in süd- und westseitiger Exposition zwi- kurzen, steilen Gipfelaufstieg des Vorderunutz. schen acht und 30 Metern Höhe sind Die Aussicht vom Gipfelkreuz zu den senk- eingerichtet. Am „Rebitschriss“ ist derzeit nur rechten Nordabstürzen des Rofan, nach Stein- ein Umlenkhaken, da noch