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Erinnerungen An Eine kurze aber strahlende

Rennfahrerkarriere

August Hobl, Motorrad-Rennfahrer der

Ingolstadt

Zwischen 1951 und 1956 mehrfacher Deutscher Meister und Vizeweltmeister

Von

Josef WürdInger , im April 2007

. 2

Gewidmet Der Familie August Hobl aus

Ingolstadt

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Inhalt

Vorwort des Verfassers (5)

Grußwort (7)

I. Kapitel: (8)

Querschnitt durch August Hobls Rennfahrerzeit (9) – Das Jahr 1948: Der Neubeginn zum Bau eines DKW-Motorrades (12) – Die DKW-Rennmotorräder, eine Marke von Weltruf (14)

II. Kapitel: (22)

Hobls Kindheit und Jugend (23) – August Hobl lernt den Beruf eines Kraftfahrzeugmechanikers (24) - August Hobl wird Angehöriger der Auto Union GmbH in Ingolstadt (26)

III. Kapitel: (29)

Die Rennsaison 1951 sowie das Donau-Ring-Rennen in Ingolstadt (30) – Das Luisenburg-Dreieck- Rennen in Wunsiedel (33) – Das Dreieck-Rennen in Übersee-Feldwies (34)

IV. Kapitel: (35)

Die Rennsaison 1952 (36) – Das Dreieck-Rennen in Trostberg (39) – Das Dreieck –Rennen in Stockach (41)– Das Riemer Rundstreckenrennen - Hobl startet hier erstmals als Lizenzfahrer der Auto Union Ingolstadt (42) – Das Norisring-Rennen in Nürnberg sowie das Sachsenring-Rennen in Hohenstein-Ernstthal (44) – Fazit für das Rennjahr 1952 (45)

V. Kapitel: (46)

Die Rennsaison 1953 (47) – Das Dieburger Dreieck-Rennen (49) – Das Dreieck-Rennen in Trostberg (52) – Da Rheinpokal-Rennen in Hockenheim (53) – Schwere Unfälle im Rennteam von DKW (54) – Das Feldberg-Rennen im Taunus (56) – Das Solitude-Rennen in (59) – Der große Preis der Niederlande in Assen (62) – Der große Preis von Deutschland in Schotten (63) – Das Rennen in Tubberger/Holland (65) – Der große Preis von Italien in Monza (67) – Der große Preis von Spanien in Barcelona (68) – Fazit für das Rennjahr 1953 (70)

VI. Kapitel: (71)

Die Rennsaison 1954 (72) – Das Eifelrennen am Nürburgring (73) – Das Feldberg-Rennen im Taunus (75) – Gustl Hobl schnellster deutscher Motorrad-Rennfahrer beim Feldberg-Rennen (77) – Das Norisring-Rennen in Nürnberg (78) – Rund um Schotten (80) – Das Eilenriede-Rennen in Hannover (82) – Das Skaneloppet Rennen in Kristianstat/Schweden (84) – Fazit für das Rennjahr 1954 (86)

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VII. Kapitel: (87)

Die Rennsaison 1955 (88) – Das Dieburger Dreieckrennen (90) – Das Eifelrennen am Nürburgring (92) – Der große Preis von Deutschland am Nürburgring (94) – Der große Preis von Belgien in Spa (95) – Rund um Schotten (97) – Der Große Preis der Niederlande in Assen (99) – Das Solitude- Rennen in Stuttgart (102) – Das Norisring - Rennen in Nürnberg – Gustl Hobl wird erstmals deutscher Meister (105) – Das Sachsenring-Rennen in Hohenstein-Ernstthal (107) – Der große Preis von Italien in Monza (113) – Das Eilenriede-Rennen in Hannover (116) – Fazit für das Rennjahr 1955 (121)

VIII. Kapitel: (122)

Die Rennsaison 1956 (123) – Eine Versuchsfahrt auf der Autobahn bei Ingolstadt (124) - Das Rennen in Imola/Italien (128) – Das Rennen in Salzburg (130) – Das Rheinpokal-Rennen in Hockenheim (132) – Der große Preis der Niederlande in Assen (135) – Der große Preis von Belgien in Spa (139) – Der große Preis von Deutschland auf der Solitude in Stuttgart (142) – Das Noris- Ring Rennen in Nürnberg (146) – Ulster Grand Prix in Belfast/Nordirland (149) – Das Sachsenring-Rennen in Hohenstein-Ernstthal (150) – Der große Preis der Nationen in Monza/Italien (153) – Gustl Hobl wird Vizeweltmeister 1956 (155) - Avus-Rennen in (157) – Das Skaneloppet Rennen in Kristianstat/Schweden (159) – Fazit für das Rennjahr 1956 (161)

IX. Kapitel: (163)

Die Rennabteilung der Auto Union Ingolstadt wird aufgelöst (164) – Hobl beendet seine aktive Rennfahrerlaufbahn (166) – Gustl Hobl wird mit der goldenen Auto Union Ehrennadel ausgezeichnet (167) – Hobl als Gelände- und Zuverlässigkeitsfahrer (170) – eine Motorradbegeisterte Familie (173) – Die August Hobl Linde in Hohenstein-Ernstthal (174) – Ralf Hobl, Sohn von Gustl Hobl, Motorrandrennfahrer von 1983-1991 (175) – Lisa, Enkelin von Gustl Hobl, deutsche Jugendmeisterin im Kart (176) – Anmerkungen (177)

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Vorwort des Verfassers

Der vorliegende Aufsatz über den ehemaligen Motorradrennfahrer August Hobl entsprang der Faszination, die das Phänomen Rennfahren seit meiner Jugendzeit auf mich ausübt. Ich selber habe ja alle vier „Donau-Ring-Rennen“ der Jahre 1949, 1950, 1951 und 1954 als Bub selber beobachten können und kannte somit die berühmten Ingolstädter Motorradrennfahrer H.P. Müller, Siegfried Wünsche und . Einen wesentlichen Impuls bei der Planung dieser Zeilen gab die Erkenntnis, dass das motorsportliche Leben eines jungen Mannes, der sich Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit Leib und Seele dem Motorrad-Rennsport verschrieben hatte, nicht in der Dunkelheit der Archive verstauben darf.

Ob der 21jährige August Hobl, Angehöriger der frühen Motorradproduktion der Auto- Union Ingolstadt GmbH in Ingolstadt, in dem Augenblick, als er beschloss, Motorradrennfahrer zu werden, auch daran dachte, welch unglaubliche Arbeit, welche Opfer, welche Mühen, welch körperliche Härte und wie viele Schwierigkeiten und auch Enttäuschungen noch vor ihm liegen, bis er zu dem kommt, was unter Motorrad- Rennfahren zu verstehen ist ? Offensichtlich wollte er all die Schwierigkeiten auf sich nehmen, und die wohl erträumten Goldmedaillen, Siegerkränze und Ehrungen wurden bei ihm wahr. Damit habe ich auch schon den Inhalt dieser kleinen August-Hobl-Chronik angedeutet: Viel Tempo, rasante Motorräder, zahlreiche Aktion-Fotos bei den verschiedensten Rennen, Technisches und Geschichtliches um das DKW-Motorrad und, selbstverständlich auch die mehr oder weniger ausführliche Schilderung all seiner Rennen – sofern mit dazu ausreichendes Material zur Verfügung stand. Durch diese Arbeit, durch die aus einer vielfältigen Literatur gewonnenen Erkenntnisse versuchte ich ein Bild von den erfolgreichen Anfängen des jungen Ingolstädters August Hobl als Motorradrennfahrer im Jahre 1951 bis zum Ende seiner Karriere 1956 zu zeichnen. Am Ende entstand ein buntes Mosaik seines Rennfahrerlebens, das doch einige kaum bekannte Informationen birgt, die den Leser von heute auch noch interessierten könnten.

Und so darf ich allen danken, die in irgendeiner Form am Gelingen dieser Zeilen beteiligt waren. Dank schulde ich den Herren Dr. Martin Kukowski und Lothar Franz von – Tradition, für ihre stets bereitwillige und freundliche Unterstützung im Archiv von Audi- Tradition. Mein besonderer Dank gilt aber Herrn August Hobl. Er war mir nicht nur durch seine Erinnerungen, sondern auch durch seine Unterstützung gerade in technischen Fragen 6 ein jederzeit bereitwilliger Helfer. Ich hoffe, dass die vorliegend Arbeit bei Familie August Hobl Gefallen findet.

Ingolstadt, im April 2007

Josef Würdinger

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Ingolstadt, 24. April 2007 Grußwort

Franz, Lothar – Archivar der AUDI AG

Lieber August,

Herr Würdinger hat angeregt, zu seiner Chronik über August Hobl ein kleines, persönliches Grußwort an Dich zu richten. Diesem Wunsch komme ich natürlich sehr gerne nach. Wir kennen uns jetzt persönlich seit 1993 durch Deine Unterstützung bei uns im Archiv – natürlich habe ich vorher schon gewusst, wer August Hobl ist! Drum habe ich mich so gefreut, Deine persönliche Bekanntschaft zu machen. Du hast die in mir schlummernde Liebe zum Motorrad geweckt – zwar bin ich im Seitenwagen der BMW meines Vaters „groß geworden“, habe aber selbst nie ein Motorrad besessen. Es ist in erheblichem Maße meiner Bewunderung Deiner motorsportlichen Leistungen zu verdanken, dass ich mir vor etwa acht Jahren eine 125er IFA DKW gekauft habe – und ich bin sehr stolz, dass Du mich mit diesem langsamen Motorrad schon eine paar mal auf Ausfahrten mitgenommen hast. Dadurch kann ich jetzt zumindest ein ganz kleines bisschen nachempfinden, was Motorradfahren überhaupt bedeutet, und was Du als Motorradrennfahrer (mit Deinen vielen Meistertiteln) für große Leistungen erbracht hast – und meine Bewunderung nahm noch zu! Ich freue mich über unsere persönliche Bekanntschaft – ja Freundschaft, und ich bin Dir dankbar für all das, was ich durch Deine Erfahrungen lernen durfte – und auch dafür, dass ich durch Dich viele interessante Menschen kennen lernen konnte (z.B. Siegfried Wünsche, Rudi Felgenheier, Heinz Klingenschmid, Gotthardt Weber u.a.). Ich schätze besonders Deine Besonnenheit und Deine Ruhe – und Deine Bescheidenheit. Wenn Du von einem der zahlreichen, schweren Rennen erzählt hast, endet der Bericht oft mit den Worten „…ach so: g´wonne hab´ i´ a…“ Ich wünsche Dir für Deine Zukunft alles Gute, mir noch einige gemeinsame Motorrad- Ausflüge und allen Lesern recht viel Freude bei der interessanten Lektüre über Deine erfolgreiche Motorrad-Karriere.

Lothar

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I. Kapitel

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Querschnitt durch August Hobls Rennfahrerzeit

Wir Kinder von der Harderstraße, alle so zwischen 12 und 14 Jahre alt, erlebten die „Donau- Ring-Rennen“ in Ingolstadt als absolute Motorrad-Fans hautnah. Da wir uns den Eintritt – für Jugendliche bis 15 Jahre 1,50 DM – zu diesen Veranstaltungen auf jeden Fall sparen und ihn nur in höchster Not entrichten wollten, kletterten wir einfach über Gartenzäune und erreichten so auf verschwiegenen Pfaden das Gelände der heutigen AOK, in unmittelbarer Nähe des Fahrerlagers. Wir kannten die Namen der damaligen Motorradrennfahrer. Mit unseren oft vorsintflutlichen Fahrrädern eiferten wir ihnen nach, sie hatten bei uns einen gewissen Vorbildcharakter in punkto Motorradrennfahren. Und manche unserer Fahrradrennen „Rund um den Oberen Graben“ (Oberer Graben – Jesuitenstraße – Auf der Schanz – Harderstraße) hatten schon beinahe Kultcharakter erreicht.

Einer dieser Motorradrennfahrer, den wir damals 1951 noch nicht einmal vom Namen her kannten, war August Hobl. Im Alter von 20 Jahren startete er beim hiesigen „Donau-Ring- Rennen“ 1951 sein erstes Straßenrennen. Es war bei ihm der Beginn einer großartigen Rennfahrerkarriere, obwohl bis dahin nichts darauf hindeutete, dass er einmal ein versierter Könner in der Sparte der Kraftfahrzeugtechnik und ein berühmter Motorradrennfahrer werden würde, zumal in seinem engeren Familienkreis keine Rennfahrer bekannt waren.

Nach seinem weniger erfolgreichen Debüt beim „Donau-Ring-Rennen“ startete Hobl noch bei fünf Straßenrennen, die er jeweils als Sieger beenden konnte. Quasi als Lohn für seine Arbeit schaffte er 1952 den Aufstieg vom Ausweisfahrer in die Lizenzfahrerklasse. August Hobl war zu dieser Zeit Angehöriger der Versuchsabteilung und in dieser Eigenschaft lernte er die Motorradtechnik von Grund auf kennen. Ob dieses enorme Wissen ihm als Rennfahrer zum Vorteil sein konnte? Seine Vorgesetzten wussten ja nur zu genau, dass Versuche anderer Werke, aus den Reihen der eigenen Rennmonteure tüchtige und auch Erfolg versprechende Rennfahrer zu gewinnen, größtenteils fehlgeschlagen waren oder zumindest mit nur mittelmäßigen Resultaten endeten. Angeblich seien diese Leute technisch zu sehr belastet, um mit den Rennmaschinen so rücksichtslos wie nur möglich umzugehen, wie das eben vom Rennfahrer im erbitterten Kampf um den Sieg verlangt werden muss. Die gleichen Vorgesetzten, die seinen Fahrstil als gut, aber doch als etwas zu riskant beurteilten, waren sich aber schließlich doch darin einig, dass ihr Mann die physische und psychische 10

Kraft besitzt, um im Kampf gegen die Fahrer anderer Werke bestehen zu können. Die Erfolge, die er im Laufe seines Rennfahrerlebens erleben durfte, sind ein eindeutiger Beweis dafür, dass aus dem ruhigen und empfindsamen Monteur aus der Versuchsabteilung der Auto Union ein wirklicher Könner und großer Rennfahrer im deutschen und internationalen Renngeschehen geworden ist.

In seiner aktiven Zeit war August Hobl einer der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Motorradrennfahrer und somit weit über Bayern und Deutschland hinaus bekannt. Untrennbar mit seiner erfolgreichen Rennfahrerlaufbahn verbunden ist der Firmenname Auto Union und deren Marke DKW. Beide zusammen standen in der Vor- und Nachkriegszeit für besten Motorradrennsport. Mit Glück und noch mehr Können absolvierte August Hobl – bei Freunden besser bekannt als der Gustl Hobl – fünfundsiebzig Straßenrennen. Zunächst als Ausweis- und Lizenzfahrer und später dann als Werksfahrer (1954-1956) konnte er auf seinen DKW-Maschinen gegen stärkste Konkurrenz große Siege und beste Plazierungen für sich verbuchen. So errang er am 11. September 1955 beim internationalen Eilenriede-Rennen in Hannover in der Klasse bis 350 ccm den deutschen Meistertitel und in der gleichen Klasse den dritten Platz in der Weltmeisterschaft. Ein Jahr später, am 23. September 1956, wurde Gustl Hobl beim internationalen Avus-Rennen in Berlin sowohl auf einer 125ccm als auch auf einer 350ccm DKW zweifacher Deutscher Meister und schließlich auch in der 350er Klasse Vizeweltmeister. Aber auch bei 15 Gelände- und Zuverlässigkeitsfahrten zwischen 1951 und 1957 gewann er neun Gold- und vier Bronzemedaillen.

Gustl Hobl, in Insiderkreisen ist er auch heute noch bestens bekannt, obwohl seit seinem letzten Rennen am 23. September 1956 in Schweden schon über 50 Jahre vergangen sind – wurde so zum Zeitzeugen im Renngeschehen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden, in Belgien, Italien, Spanien, Schweden und Irland. Hobl steht somit in einer Reihe mit den berühmten Ingolstädter Motorradrennfahrern wie H.P. Müller (+ 1975), Siegfried (Sissi) Wünsche (+ 2000), und Ewald Kluge (+ 1964).

Das, was den Sportsmann Gustl Hobl immer ausgezeichnet hat, war neben seinen Rennerfolgen in erster Linie seine Zurückhaltung, seine Bescheidenheit und seine in allen Situationen immer wieder bewährte Kameradschaft. Bei allen Rennen stellte er sich taktisch und technisch immer zuerst in den Dienst der Mannschaft, ohne auf persönlichen Ruhm bedacht zu sein. Er war sich stets darüber im Klaren, dass zum Sieg neben einer hervorragenden Maschine auch eine gehörige Portion Glück gehört, jenes Glück, das er brauchte, um seine Rennfahrerkarriere ohne schwerwiegende Unfälle zu überstehen. 11

Als großer deutscher, bayerischer und Ingolstädter Motorradrennfahrer der Auto Union – und darauf sind seine Fans auch heute noch stolz – ist er Teil der Renngeschichte dieser Firma, und, bereits zu seinen Lebzeiten, eine Legende innerhalb des Motorradrennsports unserer Ingolstädter Auto Union.

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Das Jahr 1948: Der Neubeginn zum Bau eines DKW – Motorrades

(Konzentrat)

Im März 1940 präsentierte die Auto-Union AG auf der Wiener Frühjahrsmesse den einmillionsten DKW-Zweitaktmotor, der in die neue DKW RT 125 eingebaut wurde. Friedlichen Zwecken konnte dieses Motorrad aus Zschoppau leider nicht mehr dienen, es kam zum Kriegseinsatz und bewährte sich als anspruchsloses und robustes Fahrzeug. Die Siegermächte des 2. Weltkrieges machten die Konstruktionspläne anderen Herstellern zugänglich, so dass die RT 125 beispielsweise in England, den USA, in Japan und in der Sowjetunion kopiert werden konnte. Für die wieder gegründete Auto-Union GmbH wurde es nun Zeit, in Anbetracht der damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse die Produktion dieses bewährten Motorrades wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Und so beauftragte um die Mitte des Jahres 1948 der Vorsitzende der Geschäftsführung der Auto-Union GmbH, Dr. Richard Bruhn seinen Mitarbeiter Nikolaus Dörner, die DKW 125 RT konstruktiv zu überarbeiten und sie dem neuesten Stand der Dr. Richard Bruhn (1886- Technik anzupassen. Ein DKW-Händler in Regensburg 1964) besaß noch eine fabrikneue RT 125. Diese holte sich Dörner persönlich ab, ließ sie zerlegen und fertigte Zeichnungen an für die Zulieferanten der einzelnen Teile, da ja in Ingolstadt anfangs noch keine entsprechenden Fertigungseinrichtungen zur Verfügung standen. Der Rahmen, die Leichtmetallgussteile und Getriebe wurden von auswärtigen Firmen hergestellt und geliefert. Die Firmen Wizmann und Küchen in Ingolstadt sowie die Westfälische Metallindustrie GmbH lieferten die Kurbelwellen. Der Motorradbau der Auto- Union Ingolstadt GmbH war anfangs ein Zusammenbau von Teilen, die bei Dritten hergestellt worden waren. Erst 1951 ließ die finanzielle Lage des Unternehmens größere

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Investitionen für entsprechende Fertigungseinrichtungen wie Gießerei und Schmiede zu. Von diesem Zeitpunkt an wurden die Bauteile weitestgehend im eigenen Hause hergestellt.

Die Leitung der Motorradproduktion lag von Anbeginn, vom Jahre 1949 bis zum Jahre 1955, in den Händen von Direktor Franz Ischinger. Und erstaunlicherweise konnten schon 1949 fünfhundert DKW RT 125 produziert und ausgeliefert werden. Am 4. Juli 1950 lief das 1000ste DKW RT 125 Motorrad vom Band. Die Nachfrage nach dieser

Direktor Franz Ischinger (1904-1988) Maschine erhöhte sich immerzu. Im Jahre 1952 war jede dritte neu zugelassene Maschine in der Klasse Er war in den 30er und 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein bekannter Werks- bis 125ccm eine DKW RT 125. Die und Zuverlässigkeitsfahrer Gesamtproduktion von DKW Zweiradfahrzeugen von 1949 bis 1958 betrug insgesamt 355.864 Motorräder.1 Die Krönung des Ingolstädter Motorradprogramms war die DKW RT 350, deren Entwicklung bereits 1951 eingeleitet wurde. Sie wurde laufend weiter verbessert, so dass mit ihr am 23. Oktober und 3. November 1954 auf dem Nürburgring Testfahrten mit befriedigendem Ergebnis absolviert werden konnten. Während 1955 – im Jahre ihres Erscheinens auf dem Markt – 4099 Maschinen hergestellt wurden, verließen 1956 nur noch 1197 DKW RT 350 S die Ingolstädter Fließbänder. Ihre Tage waren gezählt, eine Weiterentwicklung des Ingolstädter Motorrad-Flaggschiffs war angesichts der niedrigen Verkaufszahlen nicht mehr interessant , die allgemeine Situation auf dem Zweiradmarkt hatte sich im Hinblick auf Motorräder zum Nachteil verändert. Und in der 350er Klasse hatten sich die Regina, die Bergmeister, die Triumpf Boss und die Taifun fest etabliert.

1 DKW RT 125, DKW RT 125/2a(H), RT 175 (1954), RT 175S (1956), RT 175 VS (1957), RT 200 (1951), RT 200 (1952), RT 200 (1954), RT 200 S (1956), RT 200 VS (1957), RT 250 (1952), RT 250 (1953), RT 250/2 (1953), RT 250 S (1956), RT 250 VS (1957), RT 350 Entwicklung am 1951 eingeleitet. 14

Die DKW – Rennmotorräder – eine Marke von Weltruf

(ein geschichtliches Konzentrat)

August (1868-1951) der geniale Ingenieur, Konstrukteur, Erfinder, Industrielle, Rennfahrer und dazu noch der beste Propagandist seiner Wagen, wusste wovon er sprach, als er einmal den Satz prägte: „Es ist gar nicht zu sagen, wie wichtig Wettfahrten sind“ und dabei sehr wohl erkannte, dass eben Wettfahrten beste technische Reaktionsbeschleuniger und bei Erfolg eminent wichtige Werbemittel sind. Seit DKW-Zweitakter gebaut wurden, seit DKW als erste Motorradfabrik der Welt den robusten, zuverlässigen und leistungsstarken Zweitaktmotor in den Serienbau übernahm und sich, gegen eine Welt von Vorurteilen, dem einmal fortschrittlich erkannten Bauprinzip verschrieben hatte, kämpften seit Ende der Zwanziger und ganz besonders in den 30iger Jahren bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges am 1. September 1939 mutige Männer mit ihren DKW-Maschinen im harten Kampf gegen schwerste internationale Konkurrenz um den Siegerlorbeer. Wer waren diese Männer auf ihren schnellen Maschinen, die leider im Dunkel der Renngeschichte verschwunden sind? In einschlägigen Fachzeitschriften kann man sie vielleicht noch erlesen, sofern sich Redakteure gerne mit der Rennvergangenheit beschäftigen. Als Autor dieser Zeilen fand ich so eine Broschüre, die mir diese Helden vergangener Rennfahrerzeiten aufzeigten. Die Namen Friedrich, Stegmann, Zündorf, Ley, Klein, Gmelch, Bauhofer, Walfried Winkler (1934 auf DKW Europameister) oder Hans Winkler. Wer kennt noch Arthur Geiss (1935 auf DKW Europameister), der seinerzeit zahlreiche Siege und deutsche Meisterschaften erkämpfe, ehe ein Sturz auf der Fahrt zur Siegerehrrung ihn, auf der Höhe seines Ruhms, zur Aufgabe zwang. Seine Siege waren der Beginn jener Epoche der erdrückenden Überlegenheit aller 250er DKW-Konstruktionen, die sein großer Verehrer Ewald Kluge unaufhaltsam ihrem Höhepunkt zuführen sollte: Vier deutsche Meisterschaften, zwei Europameisterschaften und den Titel „Meister aller Motorradmeister“ erkämpfte dieser damals größte aller deutschen Rennfahrer für die Marke DKW. 15

Aber nicht nur die Solomaschinen mit 250, 350 oder 500ccm wurden entwickelt, sondern auch eine 600er und 1000er Beiwagen-Rennmaschine. Auf der 500er DKW erkämpfte H.P. Müller 1936, ehe er in den Auto Union Rennwagen umstieg, seine zweite Deutsche Meisterschaft. Auf der 350er DKW errang Walfried Winkler 1938 seine vierte Deutsche Meisterschaft und ein Jahr später errang Heiner Fleischmann mit derselben DKW gleich die Deutsche und die Europameisterschaft. Braun und Kahrmann holten sich auf der 600er und 1000er DKW zweimal hintereinander die Deutsche Meisterschaft, Braun und Schuhmann sogar die Europameisterschaft in beiden Seitenwagenklassen.

Der 2. Weltkrieg unterbrach die Siegesserien der DKW-Zweitakter. Die Auto Union zerstört, geplündert und enteignet. Die wertvollen Maschinen verschwanden oder waren unter Trümmern begraben. Als das erste Motorradrennen 1946 wieder gestartet wurde, waren die DKW-Zweitakter wieder am Start, freilich in einer Zeit, als es Sprit auf Bezugsscheine gab. Es waren damals nicht die modernsten Maschinen, gefahren wurde was den Krieg überstanden hatte und auch – oft mit großem Aufwand – von Serienmaschinen abgeleitete Eigenbauten. Ewald Kluge, der sich zu jener Zeit noch in russischer Kriegsgefangenschaft befand, übersiedelte seit seiner Entlassung nach Ingolstadt und auch Siegfried Wünsche kam bald nach. Mit ihren geretteten Vorkriegs- waren sie bald wieder am Start, so wie auch eine Reihe von Fahrern, die noch im Besitz der vor dem Krieg käuflichen Ladepumpen-DKWs waren; denn in der Zeit ihrer größten Erfolge hatte DKW eine Serie von 250er und 350er Rennmaschinen aufgelegt, die frei verkäuflich waren, und jedem Privatfahrer im Rennen eine reelle Chance gab. H.P. Müller und Walfried Winkler bauten sich unter großen Mühen aus DKW-Teilen ihre 250er und 500er Kompressor- Motorräder zusammen. So bekannte Rennfahrer wie Karl Lottes, Otto Daiker und Otto Kohfink, Rudi Meier, der beinamputierte Paul Schwarz, machten ihre 250er Sport-DKW wieder fit und beteiligten sich an Rennen. Bei den 350er waren es der unverwüstliche Kurt Mansfeld, Rudi Knees und Karl Nitschky, die sich, weiß Gott woher, DKW-Maschinen besorgten und an den Start brachten. Nach diesen ersten schüchternen Anfängen im Jahre 1946 geht es erstmalig 1947 wieder um die Deutsche Meisterschaft. Hier durften sie alle wieder mitfahren, die Motorsportler aus dem besiegten Deutschland, von internationalen Rennen waren sie ausgeschlossen. Erst nach Aufnahme Deutschlands in den internationalen Motorrad-Sport-Verband FIM konnten deutsche Fahrer ab 1951 wieder an internationalen Veranstaltungen teilnehmen.

Während nun schon seit drei Jahren Rennmaschinen der Marke DKW an Rennen teilnahmen und auch siegten, standen die führenden Männer der alten Auto Union vor schweren Entschlüssen. Sie begannen jedenfalls von 1945 an in vier Stufen eine neue Auto 16

Union GmbH aufzubauen, die dann schließlich am 3. September 1949 endgültig erfolgte. Es würde jetzt zu weit führen, die Gründungsgeschichte der Auto Union nach dem Kriege auch nur sporadisch zu erzählen. Jedenfalls wussten die Männer der obersten Führungsriege, dass Werbung in Form von erfolgreichen Motorradrennen gut für ihre Marke sei. Und so wurde, eingedenk der Worte Horchs, 1950 eine Rennabteilung für Motorräder eingerichtet. Dazu benötigte man aber auch Fachleute, die das ganze Drumherum um Rennmaschinen und ihrer Einsätze beherrschten.

Unter den Privatfahrern gab es in Wiesbaden mit dem Ingenieur Erich Wolf (Bild links) den Mann, der sich schon länger intensiv mit der Leistungsverbesserung von Zweitakt-Rennmotoren bei Verzicht auf Kompressor oder Gebläse befasste. Er war oft mit nicht aufgeladenen, aber schnellen Drehschieber-DKWs aufgefallen. Schon 1946 hatte Wolfs Freund Carl Döring mit einer von ihm auf Basis der DKW RT 125 entwickelten Ladepumpen- Rennmaschine Erfolge errungen. Aus der ehemaligen Zschopauer Rennabteilung stieß mit August Jacob ein versierter Mann zu Wolf, der u.a. bei der Auto Union unter Prof. Dr. Ing. Robert Eberan von Eberhorst (Bild rechts) und Ferdinand bei Horch mitgearbeitet hatte. Mit ihm begann Wolf, für die Rennfahrer Kluge und Wünsche sowie H. P. Müller und weiterer Fahrer, die aus der Vorkriegszeit herüber geretteten DKW-Ladepumpen- Rennmaschinen wieder renntauglich zu machen. Er probierte sie selbst aus, aber ein sehr schwerer Sturz auf dem Schottenring beendete Wolfs aktive Karriere.

1950 holte sich die Auto Union den nun 38jährigen Wolf als technischen Mitarbeiter in die neu gegründete Rennabteilung nach Ingolstadt.

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Oberingenieur August Jacob (Bild links), der schon vor dem zweiten Weltkrieg in der Rennwagenabteilung der Auto Union tätig war, arbeitete nach seinem Wechsel nach Westdeutschland in Wiesbaden am Nachkriegs- Comeback der DKW-Rennmaschinen. Ab 1950 leitete August Jacob die Rennabteilung der Auto Union Ingolstadt.

Unter Wolfs Leitung entwickelte man die 125ccm DKW-Rennmaschine, deren Motor unter weitgehender Verwendung von Serienteilen hergestellt und mit einer Ladepumpe ausgerüstet worden war. H.P. Müller gewann mit ihr 1950 in Hockenheim das Rennen der 125er Klasse, die Maschine war ein Wunder an Geschwindigkeit und Sicherheit, sie beherrschte 1950 das Renngeschehen in dieser Klasse.

H. P. Müller im Gespräch mit Erich Wolf, auf dessen Konstruktionen er mehrere Meistertitel errang.

Mit Beginn des Jahres 1951 waren auch in Deutschland nach den FIM-Bestimmungen die Kompressor und Ladepumpen Motoren nicht mehr zugelassen, u. a. auch deshalb, weil mit den hohen Leistungen der aufgeladenen Motoren die Fahrgestelle an ihre Grenzen gestoßen waren, zumal auch die Rennstrecken jener Zeit in der Mehrzahl aus abgesperrten Straßen oder Stadtkursen mit heimtückischen Pflaster als Belag bestanden und somit auch das Verbot der Kompressor- und Ladepumpenmotoren aus sicherheitstechnischen Gründen

18 heraus ausgesprochen wurde. Die Zeit der Zweitakt-Rennmaschinen schien endgültig vorbei zu sein, das wollte man aber in Ingolstadt nicht so leicht hinnehmen. Ein Werk, mit der umfassenden Erfahrung im Bau von leistungsstarken Zweitaktern wie DKW, ein Werk, das sich im Laufe von drei Jahrzehnten ausschließlich der Entwicklung von Zweitaktern aller Konstruktionseinrichtungen und Verwendungszwecke so erfolgreich gewidmet hatte, dieses Werk war auch dazu berufen, in allerkürzester Zeit einen DKW-Rennmotor ohne Ladepumpe zu schaffen. Die Leitung der Rennabteilung mit den ehemaligen Mitarbeitern Fritz Zerbst (linkes Bild) als technischem Direktor und dem kaufmännischen Leiter Rennleiter August Jacob erteilte Wolf den Auftrag, für die Saison 1951 möglichst seriennahe, luftgekühlte Einkolben-Rennmaschinen für die 125er und 250er Klasse zu entwickeln. Die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit verlangte, um überhaupt bei Rennen „mitmachen“ zu können, eine Improvisation. Was lag da näher, als eine in Tausenden von Exemplaren bereits hervorragend bewährte und leistungsstarke Maschine, die DKW RT 125, auf Höchstleistung zu bringen. Es entstand in der 125er Klasse eine Rennmaschine, mit der H.P. Müller bewies, dass die Zeit der Rennzweitakter mit dem Verbot der Aufladung doch nicht zu Ende gegangen war. Der erste Start der DKW RT 125 im Riemer Rundstreckenrennen am 3. Mai 1951 war eine Sensation. Wieder gelang es DKW, mit einer völligen Neukonstruktion auf Anhieb zu siegen. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Unter H.P. Müller eilte die schnelle DKW von Erfolg zu Erfolg. Er wurde Zweiter hinter der siegreichen DKW von Felgenheier im Feldbergrennen. Zweiter im Eifelrennen, Sieg im Donau-Ring-Rennen in Ingolstadt, Sieg im Tübinger Rundstreckenrennen, Sieg auf dem Schottenring, Sieg beim großen Bergpreis, Sieg beim Großen Preis von Deutschland. Und dann kam H.P. Müllers Einsatz in Nürnberg. Er lag in immer größer werdendem Abstand in Führung, der Sieg schien sicher zu sein, da bekam der Tank ein Leck. Der Sprit lief aus, immer wieder fing die Maschine Feuer, aber der Renntiger gab nicht auf. Dreimal hielt er an den Boxen, tankte nach und ging wieder ins Rennen. Und aus dem Hinterhalt heraus kämpfte er sich wieder nach vorn, und unter vollem Einsatz seines kerngesunden Motors schaffte er noch den vierten Platz und den endgültigen Sieg in der Deutschen Meisterschaft in der 125er Klasse. Gleichzeitig mit der erfolgreichen 125er Maschine entwickelte DKW auch eine neue 250er. Dabei wurde der von der DKW RT 125 übernommene Motor sozusagen verdoppelt. Es entstand eine luftgekühlte Zweizylinder DKW, bei der man, wegen einer wesentlich höheren Spitzengeschwindigkeit, nicht das 19 serienmäßige Fahrgestellt der 125er RT übernahm, sondern einen superleichten Rahmen mit doppelter, sehr langhubiger Teleskopfederung schuf. Die Fahreigenschaften der neuen 250er waren hervorragend. In den Rennen selber traf sie vom ersten Start an auf schwerste Gegnerschaft, italienische Marken, deren Leistung nicht wesentlich unter derjenigen der internationalen Spitzenklasse lag. Beim ersten Start der neuen DKW zeigte sich gleich ihre unerhörte Beschleunigung, Straßenlage und Zuverlässigkeit, also Eigenschaften, die auch die serienmäßigen Zweitakter besonders auszeichneten. Lediglich in der Spitze fehlten ihr noch einige Kilometer. Wie dann aber von Rennen zu Rennen die 250er immer schneller wurde und schließlich auf dem Schottenring unter H.P. Müller eine schnellste Runde nach der anderen fuhr, da war die Fachwelt voller Anerkennung für diese großen Leistungen der DKW-Ingenieure. In Nürnberg trennten den in alter Meisterschaft kämpfenden Ewald Kluge im Ziel nur wenige Sekunden von Hein Thorn Prikker und seiner Moto-Guzzi. Und auf dem Grenzland-Ring musste Prikker sich weit strecken, um Ewald Kluge auf der phantastisch laufenden DKW nur 1 1/3 Sekunde auf 90 Kilometern abzunehmen. Leider waren die Erfolge in der 250er Klasse nur national einigermaßen befriedigend, so sehr sich auch Kluge und Wünsche bemühten, meist mussten Ausfälle verbucht werden, die wegen technischer Probleme entstanden waren. Die Freude war aber dennoch groß, wieder war es DKW gelungen, die heiß umkämpfte Deutsche Meisterschaft in der 125er Klasse zu erringen und dem Ingolstädter H.P. Müller war es vergönnt, seinen 175. Rennsieg und seine 6. Deutsche Meisterschaft zu feiern.

Da die Auto Union Geschäftsleitung dem großen Aufgebot ausländischer Motorräder in der 350er Klasse mit einem deutschen Motorrad entgegentreten wollte und von Erich Wolf einen Motor mit größerem Hubraum verlangte, kam Wolf – auch nicht zuletzt auf Drängen von Siegfried Wünsche – für eine Neukonstruktion die Idee, an Stelle des vorn liegenden Zündaggregates einen Zylinder zu setzten. Die „singende Säge“ kam auf die Welt, Kluge und Wünsche feierten mit ihr beim Eilenriede-Rennen in Hannover im Jahre 1952 einen Doppelsieg, eine ernst zu nehmende 350er Dreizylinder DKW hielt auf den Rennstrecken „fröhliche Einkehr“.

Mit den Siegen in der 350er Klasse ging es aber leider nicht so munter weiter. Die Maschine, die in Leichtbauweise konstruiert war, hatte häufig mit technischen Problemen zu kämpfen. Professor Dr. Ing. Robert Eberan von Eberhorst, mittlerweile Leiter der technischen Abteilung der Auto Union, ließ die Nennungen aller DKW-Werksmaschinen in Stuttgart zurückziehen, als an einem Motorrad ein Riss in der Gegenhalterung der Vorderradbremse auftrat. Die Leichtbauweise hatte sich bei dieser Rennmaschine auf Dauer nicht bewährt. 20

Nach diesem Bremsendesaster auf der Solitude in Stuttgart 1954 übertrug von Eberan 2 dem aus stammenden Maschinenbauingenieur Helmut Görg die Leitung der Rennabteilung. Er hatte Erfahrung im Zweitakt-Motorenbau aus seiner Zeit bei der Auto Union in Sachsen. Wolf war der Techniker, der dem Rennzweitakter nach dem Ladeverbot den Weg wies, lebensfähig zu bleiben. Wo Wolf improvisierte und Schwachpunkte statt zu überarbeiten durch neue Komponenten ersetzte, wurde nun unter Görg gemessen, geprüft und nur Reste dem empirischen Empfinden überlassen, er war eben ein Techniker mit ganz anderen Arbeitsmethoden. Mit voller Rückendeckung durch von Eberan und einer finanziellen Unterstützung, die Wolf so nicht hatte, ging er an die Überarbeitung der Grundkonzeption von Wolf. Im Winter 1954/55 begannen für den Motor und das Fahrgestellt tiefgreifende Umbauarbeiten, so dass bei Saisonbeginn 1955 eine auch äußerlich kaum wieder zu erkennende Dreizylinder an den Start geschoben wurde. Ebenfalls unter seiner Regie entstand eine äußerst schnelle und zierliche 125ccm Einzylinder DKW RM. Diese Neuheit in der Achtelliterklasse mit unorthodoxem, liegendem Einzylindermotor, grazilem leichtem Schwingenfahrwerk und extrem klein gehaltener, windschnittiger Bugverkleidung, wurde erstmalig beim Sachsenring-Rennen 1955 auf die bis dahin „schnellsten Zweitakter der Welt“ (IFA DKW = Industrieverwaltung Fahrzeugbau) aus der DDR angesetzt und bewährte sich glänzend.

Görgs Vorgänger Erich Wolf verließ Ende 1954 DKW, es war jammerschade, dass sich beide nicht zu einem Team zusammen gefunden haben. Erich Wolf verstarb nach schwerer Krankheit 1970 in Wiesbaden. Helmut Görg war es vorbehalten, die Auflösung der Rennabteilung zu vollziehen. Nach deren Auflösung verließ er die Auto Union. Bei den Halleiner Motorenwerke in Österreich arbeitete er weiter an der Entwicklung von Stationär- und Moped-Motoren. Er verstarb im Jahre 1964 im Alter von 63 Jahren.

2 Prof. von Eberan stand bereits von 1933 bis 1941 in Diensten der Auto Union. Die techn. Entwicklung der bekannten Auto Union Renn- und Rekordwagen ist mit seinem Namen verbunden. 1941 folgte er einem Ruf an die Techn. Hochschule als ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Kraftfahrwesen. 1948 ging er nach England wo er bei E.R.A. und später bei David Brown Tractors (Aston Martin und Lagonda) als Chefingenieur tätig war. Er schied mit Wirkung vom 4.10.1956 aus der Geschäftsführung der Auto Union aus, blieb aber weiterhin der Auto Union als freier Mitarbeiter verbunden. 21

Helmut Görg auf einer von ihm stark verbesserten 350er

Dreizylinder DKW Rennmaschine, die sog. „singende Säge“

zusammen mit Gustl Hobl auf der neuen 125 ccm DKW Rennmaschine

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II. Kapitel

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Kindheit und Jugend

August Hobl wurde am 13. April 1931 in Frankfurt am Main als Sohn des Schlossers August Hauptmann und seiner Lebensgefährtin Kreszentia Hobl aus Kottingwörth im Landkreis Beilngries geboren. Es war damals eine schlimme Zeit. Die Jahre zwischen 1930 und 1933 waren durch die politischen Auseinandersetzungen zwischen der jungen nationalsozialistischen Bewegung und den anders denkenden politischen Parteien stark belastet. Hinzu kam die immer schlimmer werdende Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit wuchs lawinenartig, die Unterstützung der Erwerbslosen war für die Stadt Ingolstadt eine ungeheure Belastung. Ganz bescheiden war das Einkommen der meisten Ingolstädter, es reichte gerade dazu aus, den Lebensunterhalt so recht und schlecht zu bestreiten. Das spürten auch die Eltern des kleinen Gustl, die zunächst noch in Ingolstadt wohnten. Hinzu kam, dass der schwer kriegsbeschädigte Vater von Gustl – ein Veteran des 1. Weltkrieges – in Ingolstadt keine Arbeit fand. In seiner Not bewarb er sich bei der Firma Adler in Frankfurt am Main, die damals Schreibmaschinen, Fahrräder und Motorräder sowie Personenkraftwagen herstellte. Nachdem er dort Arbeit gefunden hatte, zogen die Eltern von Gustl nach Frankfurt, die allergrößte Not war damit ausgestanden. Und so kam es, dass Gustl als hessischer Staatsbürger in Frankfurt am Main auf die Welt kam. Seine Eltern wohnten dort aber nicht lange, bereits im Juli 1931 zog die Familie wieder nach Ingolstadt.

Nach dem Besuch der Volksschule St. Anton und der Realschule am Hartmannplatz in den Jahren 1937 bis Kriegsende 1945, erlebte der nun 14jährige Hobl, wie so viele seiner Mitschüler, den ganzen Schrecken eines Bombenkrieges. Da die deutsche Wehrmacht in Ingolstadt große Waffenlager und ringsum Rüstungsbetriebe unterhielt, war die Stadt besonders gefährdet. Vor allem das Gebiet um den Hauptbahnhof im Süden unserer Stadt war Ziel amerikanischer Luftangriffe. So erlebte das Bahnhofviertel samt Ringsee am 10. und 11. April 1945 zwei verheerende Luftangriffe, wodurch neben zahlreichen Wohnhäusern auch die Volksschule St. Anton und die Schulbaracke an der Tillystraße zerstört wurden. Auch die Wohnung der Eltern an der Eigenheimstraße, unweit der ehemaligen Neuburger Bahnüberfahrt, wurde erheblich beschädigt, so dass die Flucht der Familie aus Ingolstadt zur Großmutter nach Ludwigsmoos die einzige Möglichkeit war, dem Bombenkrieg zu entgehen. Dort in Ludwigsmoos beendete Gustl seine Schulzeit.

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Gustl Hobl lernt Kraftfahrzeugmechaniker

Schon bald nach Kriegsende setzte auch in Ingolstadt das „große Aufräumen“ ein, wurden Wohnungen, Häuser, Betriebs- und Versorgungsunterlagen instand gesetzt und auch schon der Wiederaufbau der vom Luftkrieg zerstörten Häuser in Angriff genommen. Die sagenhafte Entwicklung der am 11. November 1949 in Ingolstadt wieder gegründeten Auto Union vom Ersatzteillager zum modernen Werk steht beispielhaft für die arbeitende Bevölkerung Ingolstadts.

Gustl Hobl war mittlerweile zum jungen Mann herangereift, die schrecklichen Kriegsjahre mussten verdrängt und es musste nach vorne geschaut werden, um sich eine neue Zukunft zu schaffen. Gustl Hobl erzählt: „Mein Zusammengehörigkeitsgefühl zu meiner Familie sagte mir, dass ich mich nun auch am zunächst noch langsamen Aufschwung der Arbeitslage beteiligen und mir eine Lehrstelle im Raum Ingolstadt suchen müsse, um möglichst bald zum Unterhalt der Familie beitragen zu können. Im allgemeinen Durcheinander der ersten Nachkriegszeit war das aber leichter gesagt als getan, denn allzu rosig war die Arbeitsfindung für junge Leute immer noch nicht, das änderte sich erst später. Meinen Jugendtraum, Flugzeugmechaniker zu erlernen, musste ich leider begraben, denn nach dem Krieg gab es in Deutschland keine Flugzeugindustrie, wo ich als Lehrling hätte arbeiten können. Ich hatte aber trotzdem Glück, ich fand in Pobenhausen im Landkreis Schrobenhausen eine mechanische Werkstatt, bei der ich als Lehrling anfangen konnte. Hier in der Firma Schweiger lernte ich viel, denn vom Pfannenflicken bis hin zur Reparatur einer Nähmaschine wurde alles gemacht. Im Betrieb, der Meister war selbst kriegsbeschädigt, musste ich auch Besorgungsfahrten mit einem Werkstattfahrzeug, einer DKW 500 mit Seitenwagen, durchführen. Zunächst fehlte mir aber dazu der Führerschein. Die Prüfung zur Klasse 1 bestand ich mit Sondergenehmigung am 17. Juli 1947 bei der Fahrschule Hornung in Ingolstadt. Neben einer guten und gründlichen Ausbildung zum Mechaniker waren die Besorgungsfahrten neben der Arbeit in der Werkstatt eine willkommene Abwechslung. Die Arbeit in Pobenhausen hatte aber auch seine unangenehmen Seiten. Im Sommer fuhr ich mit dem Fahrrad zur Lehrstelle, im Winter musste ich die Eisenbahn benutzen und nach der Ankunft in Pobenhausen bis zur Werkstatt immerhin noch einen Fußweg von 20 Minuten zurücklegen, sofern ich nicht beim Lehrmeister übernachtet hatte. Alles in allem war es für mich zur damaligen Zeit eminent wichtig, eine Lehrstelle gefunden und selber etwas verdient zu haben.“ 25

Vielleicht wurde bei dem jungen Hobl in der frühen Zeit seiner Ausbildung zum Mechaniker unbewusst der Keim für das sich einige Jahre später herausgebildete Fahrtalent gelegt, und darauf angesprochen meint er heute, „dass ihm während seiner Lehrzeit das Motorradfahren sicher Spaß und Freude bereitet habe, er aber an weitergehenden Motorradambitionen im Hinblick auf eine Rennfahrerkarriere nicht im Geringsten dachte.“

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August Hobl wird Angehöriger der Auto Union GmbH

In dieser Halle 5 an der Esplanade in Ingolstadt – gegenüber dem heutigen Alf Lechner Museum – wurden 1949 die ersten 500 DKW RT 125 W (W = Westdeutschland) Motorräder hergestellt. Gustl Hobl war mit dabei.

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Nach einer Lehrzeit von drei Jahren bestand Gustl Hobl im Jahre 1949 seine Gesellenprüfung als Mechaniker. Sein Vater starb im gleichen Jahr, er war Halbwaise geworden. Die Stadt Ingolstadt bestellte für ihn einen Vormund, der ihm 1949 in der Auto Union ein berufliches Zuhause verschaffte. Sein Zeugnis als Mechaniker war damit sehr wichtig geworden, zumal er in der Abteilung Motorradproduktion, die in der Endmontage das DKW Motorrad RT 125 W herstellte, eingesetzt wurde. Als Mechaniker war Hobl somit im Motor- und Fahrgestellbau sowie bei der Endmontage beteiligt. Gustl Hobl: „Bald konnte ich mir von meinem Lohn – 66 Pfennige in der Stunde bei einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden – ein eigenes Motorrad leisten. Es war ein 19 Jahre altes aus , eine DKW 300 Luxus Sport von 1930, und damit ein Jahr älter als ich. Heute würde man sagen, ich hätte mir einen Oldtimer gekauft.“

Mit diesem 9-PS Modell war Hobl viel unterwegs und er wurde beobachtet. Dem damaligen Produktionsleiter Direktor Franz Ischinger fiel dabei Hobls Talent als Motorradfahrer auf und kurzerhand wurde er von ihm in die Abteilung der Einfahrer versetzt. „Das war schon manchmal recht schwer“, sagt Hobl dazu, „von früh bis spät bei Wind, Kälte und Schnee auf der Landstraße zu fahren, immer nur zu horchen, ob der Motor auch rein ist. Aber ich glaube, da hab ich das Motorradfahren überhaupt erst richtig gelernt.

Möglicherweise waren das für den jungen Hobl die ersten wichtigen Schritte zu seiner späteren Karriere als Motorradrennfahrer.

Die jungen Versuchsfahrer der Auto Union Ingolstadt

Von links: Gustl Hobl, Ludwig Kraus und Karl Linzenkirchner

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Auch der zweite erfahrene Motorradexperte aus Zschopauer Tagen, der Versuchsleiter Herbert Kirchberg, ein ehemaliger aktiver Geländesportler vor und nach dem Krieg, fand am sauberen Fahrstil von Hobl großen Gefallen. Kurzerhand holte er Hobl 1950 in sein Team als Versuchsfahrer. Gustl Hobl: „Die Fahrten auf einer RT 125 oder RT 200 waren doch interessanter und wesentlich umfang- und abwechslungsreicher als im reinen Einfahrbetrieb, dazu kamen auch immer mehr Arbeiten an verschiedenen Prüfstandeinrichtungen. In dieser Zeit lernte ich die Motorradtechnik bis ins kleinste Detail, aber an motorsportliche Wettbewerbe dachte ich immer noch nicht. Mir war die wirtschaftliche Sicherheit das Wichtigste und auch das Wohlergehen meiner Mutter lag mir am Herzen.“

Überhaupt war seine Mutter, als Gustl im Renngeschehen voll integriert war, eine tapfere Rennfahrermutter. Sie sagte einmal in einem Interview: „Mir blieb nichts anderes übrig, als mich Abbildung 1 damit abzufinden, dass mein Junge Rennen fährt. Versuchsleiter Herbert Kirchberg Erst hab ich Krach gemacht, natürlich ohne Erfolg. Ja mei, schon als Junge hat er es mit Motorrädern gehabt, wenn er eins sah, schon war er weg.“

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III. Kapitel

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Die Rennsaison 1951

"Donau-Ring-Rennen“ vom 6. bis 8. Juli 1951

in Ingolstadt

Dreimal schon packte die Ingolstädter das Rennfieber. Die bisherigen Rennen 1949 und 1950 sowie das im Jahre 1951 waren allesamt glänzend organisiert und brachten dem Ingolstädter Motorradrennen einen würdevollen Platz in der Reihe der deutschen motorsportlichen Großveranstaltungen. Ingolstadt rückte damit endgültig – zumindest für wenige Jahre – in den Vordergrund des deutschen und internationalen Motorsports. In Deutschland waren diese Rennveranstaltungen als die „Donau-Ring-Rennen – Rund um die Schanz“ bekannt.

„Eine einzigartige Rennstrecke, erstklassige Fahrer und sportbegeisterte Zuschauer (1950: 100.000) werden diesem Ereignis zum vollen Erfolg verhelfen“, schrieb der damalige Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt, Dr. Georg Weber, als Grußwort zur 31

Rennveranstaltung 1951. Tatsächlich zählte dieser Rundkurs wegen seiner Länge von knapp 4 Kilometer und der guten Ausbaumöglichkeiten sowie der günstigen Plazierung der Zuschauer mit zu den besten Rennstrecken Deutschlands. Schon in den beiden ersten Jahren stand die Besetzung der Rennen nicht hinter den großen Veranstaltungen, wie sie in Hockenheim, Nürnberg, Köln und Hamburg durchgeführt wurden, zurück. Die Ingolstädter Zuschauer sowie all jene aus nah und fern konnten solch bekannte Rennfahrer wie Georg/Schorsch Maier, Heiner Fleischmann, Karl Lottes und Wiggerl Kraus, um nur wenige zu nennen, in ihrer Fahrkunst bewundern. Aber ein ganz besonderes Augenmerk legten die Ingolstädter auf das Rennfahrer-Kleeblatt Siegfried Wünsche, Ewald Kluge und H.P. Müller.

Auch 1951 ging das berühmte Ingolstädter Kleeblatt wieder an den Start, aus dem dreiblättrigen wurde 1951 ein vierblättriges; denn ein junger, hoffnungsvoller und talentierter Angehöriger der Versuchsabteilung der Auto Union kam als Privatfahrer dazu:

August Gustl Hobl.

Der Keim der Leidenschaft für den Motorrennsport schien bei ihm jetzt endlich aufgegangen zu sein. Gustl Hobl fuhr beim Donau-Ring-Rennen in der 125er Klasse als Ausweisfahrer am 8. Juli 1951 sein ersten Straßenrennen und es sollte nicht sein letztes gewesen sein. Lassen wir ihn selber erzählen: „Meine Freunde und Kollegen Emil Wartenfelser und Gotthard Weber, der Sohn des Konstrukteurs der DKW RT 125, hatten die Idee, am Ingolstädter Straßenrennen teilzunehmen. Ich sollte fahren, weil ich der kleinste und leichteste von ihnen war. Wie sollte dies aber geschehen, ich hatte kein Motorrad zur Verfügung. Ich lieh mir eine 125er von Emil aus, die aber zuerst noch „abgemagert“, d. h. um alle für das Rennen nicht benötigten Teile erleichtert werden musste. Die Maschine hielt im Training ganz gut durch und machte keine Mucken. Endlich dann, am 8. Juli, startete ich als Privatfahrer im ersten Rennen des Tages für Solomotorräder bis 125ccm mit der Nr. 174. Das Rennen war über acht Runden angesetzt (=31,68 km). Meine Gegner von damals waren u. a. der spätere zweifache Weltmeister Werner Haas auf , meine Maschine hielt nicht durch und ich musste wegen eines Schadens an der Zündung aufgeben. Sieger wurde damals Werner Haas vor Steinberg aus Recklinghausen und Vinzenz Klingenschmidt aus Ingolstadt.“

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Start in der Klasse bis 125ccm der Ausweisfahrer mit Gustl Hobl mit der Start Nr. 174 als zweitem von links.

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Obwohl Hobls erster Start als Motorradrennfahrer beim Donau-Ring-Rennen in Ingolstadt nicht mit Glück gesegnet war, fand er doch am Wettbewerb so viel Gefallen, dass er sich entschloss, weitere Rennen zu bestreiten. Seine Arbeit im DKW-Motorradversuch sowie seine Tätigkeit als Versuchsfahrer, gepaart mit fahrerischem Können und einem versierten technischen Gespür beim Vorbereiten seiner jeweiligen Rennmaschinen, waren solide Voraussetzungen für eine weitere erfolgreiche Motorrad Rennfahrerkarriere. Und so startete Hobl sein zweites Rennen in Wunsiedel.

Das Luisenburg-Dreieck-Rennen am 16. September 1951 in Wunsiedel

Nach seinem ersten Straßenrennen in Ingolstadt baute sich Gustl Hobl wenige Wochen danach eine eigene Rennmaschine auf Basis der RT 125 und ging am 16. September 1951 in Wunsiedel – die Rennstrecke hatte die Form eines Dreiecks – an den Start. Gustl Hobl erinnert sich: „Das Rennen in Wunsiedel war zwar für den Veranstalter vom Motorsportclub Wunsiedel ein voller Erfolg, wie ich in der dortigen Tageszeitung lesen konnte. Für uns Rennfahrer war aber das während der Rennen herrschende Regenwetter schon fast ein Katastrophe. Glücklicherweise passierten aber keine Unfälle. Ich selber startete auf einer DKW in der 125er Klasse. Das Fahrerfeld war ziemlich stark besetzt, ich konnte im zweiten Rennen meiner Rennfahrerlaufbahnmit mit einem Vorsprung von zwei Minuten den ersten Sieg erringen.“

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Ergebnis:

Klasse bis 125 ccm: 8 Runden = 40,8 km

1. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, Durchnitt: 86.6 km/h 2. Karl Kornmüller, Mannheim, Puch 3. Otto Haas, Augsburg, Puch

5. Vinzenz Klingenschmidt, Ingolstadt, DKW

Das Dreieckrennen in Übersee-Feldwies/Chiemgau am 7. Oktober 1951

Gustl Hobl startete in Übersee-Feldwies sowohl in der 125er als auch in der 250er Klasse. Er gewann beide Rennen, wobei er in der 250ccm Klasse mit einer 125er DKW an den Start ging.

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IV. Kapitel

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Die Rennsaison 1952

Die Rennabteilung der Auto Union GmbH Ingolstadt beteiligte sich im Rennjahr 1952 an 14 internationalen und vier nationalen Rennen sowie an drei Rennen, die in der DDR ausgetragen wurden.

Als Werksfahrer für Auto Union – DKW waren verpflichtet:

 Europameister 1938 und 1939  Mehrfacher deutscher Meister  erster deutscher Gewinner des schwersten Motorradrennens der Welt: der „Tourist Trophy“ auf der Isle of Man  Ehrentitel „Meister aller Meister“  Seit 1950 wieder Motorradrennfahrer bei Auto Union Ingolstadt

Ewald Kluge (19o9-1964)

 3. Platz bei der Tourist Trophy, 1937  1938 Vertrag als Fabrikfahrer der Auto Union  seit 1950 wieder Angehöriger der Rennabteilung der Auto Union Ingolstadt  1951, 1952 und 1953 neben Ewald Kluge erfolgreich

Siegfried Wünsche (1916-2000)

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 1947 Entschluss, Motorradrennfahrer zu werden  1948 erstes Rennen  1950 bereits Lizenzfahrer in der 125ccm Klasse  1950 und 1951 erfolgreichster Privatfahrer seiner Klasse  1952 Verpflichtung als Werksfahrer bei Auto Union Ingolstadt  trotz Sturz und langer Genesungspause 1953 wieder Werksfahrer der Auto Union Ingolstadt

Karl Hofmann (1927-1978)

 Seit 1949 Ausweisfahrer in der 125ccm Klasse  1950 erster Start als Lizenzfahrer beim Eifelrennen  durch seine guten Plazierungen einer der besten Privatfahrer der 125er Klasse  Seit 1952 Werksfahrer bei Auto Union Ingolstadt  durch einen unverschuldeten Sturz bei der Tourist Trophy am 5.6.1953 Karriereende

Rudi Felgenheier (1929-2005)

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Als Rennmaschinen standen zur Verfügung:

 125 ccm, ESD-Einzylinder, Einkolben-Saugmotor mit Einlass-Drehschieber, für die Fahrer Felgenheier und Hofmann  250 ccm, ESD-Zweizylinder, Einkolben-Saugmotor mit Einlass- Drehschieber, anfänglich für die Fahrer Ewald Kluge und Siegfried Wünsche, später für Rudi Felgenheier  350 ccm, anfänglich eine ES-Dreizylinder-Maschine, Einkolben Saugmotor ohne Drehschieber, für Siegfried Wünsche, später noch eine zweite Dreizylinder für Ewald Kluge.

Dem Angehörigen der Versuchsabteilung Ingolstadt, Gustl Hobl, wurde bei einigen Starts eine Werksmaschine anvertraut. Er startete sowohl in der 125er als auch in der 250er Klasse.

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Das Trostberger Dreieck-Rennen am 1. Mai 1952

Trostberg erlebte am Renntag eine Zuschauerinvasion von 15000 Menschen, die alle ausgezeichnete Leistungen der Fahrer und spannende, bis zum Ziel umkämpfte Rennen beobachten konnten. Sami Drechsel, der bekannte Münchner Rundfunkreporter, schilderte am Mikrophon seinen Zuhörern am Radio den Verlauf der Rennen. Die vielen Zuschauer konnten aber auch Fairness und besondere Rücksichtnahme bei den Rennfahrern gegenüber ihren Zuschauern bewundern; trotz Tollkühnheit mancher Rennfahrer fuhren sie besonnen, und mancher, der zum Überholen seines Gegners schon angesetzt hatte, unterließ es, weil er sich dabei zu weit dem Straßenrand hätte nähern müssen, an dem Zuschauermassen postiert waren.

Gustl Hobl startete zusammen mit 19 weiteren Fahrern auf seiner DKW in der 125ccm Klasse. Gleich vom Start weg übernahm er die Führung, baute sie von Runde zu Runde unangefochten weiter aus und meisterte mit fast artistischer Gewandtheit die scharfen Kurven bis zum Ende des Rennens.

Ergebnis:

Klasse bis 125ccm: 12 Runden = 19,8 km

1. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, Durchschnitt: 77,3 km/h 2. Mathias Hubauer, Gräfelfing, Puch 3. Vinzenz Klingenschmidt, Ingolstadt, DKW

Gustl Hobl als strahlender Sieger in Trostberg

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Für eine größere Siegesfeier war keine Zeit mehr vorhanden. Hobl musste gleich nach dem Rennen wieder zurück an seinen Arbeitsplatz in Ingolstadt. Bis zur Teilnahme am nächsten Straßenrennen in Singen/Nähe Bodensee am 4. Mai hatte er keine Ruhepause. Lassen wir ihn selber erzählen: „Nach den guten Leistungen der letzten Tage war ich abgespannt und hätte dringend eine Ruhepause benötigt. Obwohl ich körperlich nicht hundertprozentig fit war, startete ich trotzdem in der 125er Klasse, als junger Rennfahrer wollte ich mir keine Blöße geben, und das war im nachhinein gesehen ein Leichtsinnsfehler. Ich startete mit der gleichen Maschine wie in Trostberg. Beim Training machten sich doch die Anstrengungen der letzten Tage bemerkbar, die Konzentration ließ nach, ich stürzte, rappelte mich wieder auf und nicht mehr im Vollbesitz meiner Kräfte fuhr ich weiter und Sekunden später prallte ich auf einen neben der Rennstrecke befindlichen Betonklotz und stürzte abermals. Mit Prellungen, Blutergüssen und empfindlichen Verletzungen an den Zehen kam ich erst wieder im Krankenhaus Singen zu Bewusstsein, wie mir später erzählt wurde. Am Rande darf ich dann noch eine kleine Anekdote erzählen: Am nächsten Tag war ich jedoch so weit wieder hergestellt, dass es mir möglich war, das Krankenzimmer auf verschwiegenen Pfaden zu verlassen. Da ich ja unbedingt das Rennen sehen wollte, kletterte ich kurzerhand über den Balkon bei meinem Krankenzimmer, verließ ungesehen das Krankenhausgelände und besuchte die Rennstrecke, sah mir das Rennen an und ging anschließend wieder auf dem gleichen Weg zurück und kam so unbemerkt in meine Zimmer.“

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Das Stockacher Dreieck-Rennen am 8. Juni 1952

Gustl Hobl auf seiner 125ccm DKW in Stockach

Rennfahrer müssen ja von Berufs wegen harte Burschen sein. Es ist bemerkenswert, wie schnell Hobl sich von diesem Sturz erholte. Und wieder im Vollbesitz seiner Kräfte wenige Wochen später, konnte er erneut sein außergewöhnliches Fahrtalent in der 125er Klasse beweisen. Er wurde Sieger.

Gustl Hobl: „Dieser Sieg war für mein Weiterkommen als Motorradrennfahrer sehr wichtig, denn mit diesem Erfolg erreichte ich die nötigen Punkte…und schaffte damit den Aufstieg in die Lizenzfahrerklasse.“

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Das Riemer Rundstreckenrennen auf dem Flughafen München- Riem am 10. August 1952

Gustl Hobl startet hier als Lizenzfahrer erstmals mit einer DKW- Werksmaschine der Auto Union Ingolstadt

Eine wichtige Persönlichkeit im Renngeschehen von Auto Union – DKW und damit auch für die aktiven Rennfahrer war Oberingenieur

August Jacob

Das Bild zeigt ihn als Zeitnehmer mit Stoppuhr

Die guten Leistungen des jungen Rennfahrers Gustl Hobl als Privatfahrer waren innerhalb der Rennabteilung der Auto Union und ganz besonders von Rennleiter August Jacob nicht unbemerkt geblieben. Seine „Arbeit“, die er bisher als Rennfahrer erbracht hatte, war ausschlaggebend für das Vertrauen, ihm bereits für das nächste Rennen beim 3. Riemer Rundstreckenrennen eine 125ccm Werksmaschine mit Walzendrehschieber anzuvertrauen.

Das Rennen der Lizenzfahrer für Solomaschinen bis 125ccm wurde auf dem Flugplatzkurs mit seinen vielen Kurven ausgetragen. Mit seinem bekannt guten Fahrstil erwies sich Gustl Hobl des Vertrauens seines Rennleiters Jacob würdig und kam als dritter Sieger ins Ziel. 43

Ergebnis:

Klasse bis 125ccm: 20 Runden = 40,6 km

1. H.P. Müller, Ingolstadt, Mondial Durchschnitt: 96,4 km/h 2. Karl Lottes, Erndtebrück, MV-Agusta, 93,2 km/h 3. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, 92,6 km/h

Gustl Hobl beim Riemer Rundstreckenrennen

auf einer 125er DKW Werksmaschine

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Das Noris-Ring-Rennen am 17. August 1952 in Nürnberg

Den 120000 Zuschauern verschlug es den Atem anlässlich der hartnäckigen Kämpfe und sehr guten Leistungen der Rennfahrer beim Nürnberger Noris-Ring-Rennen, einem Glanzpunkt der deutschen Motorsport-Veranstaltungen, schrieb am 18. August 1952 der Nürnberger „Sport-Sonntag“. Dass im Mittelpunkt dieser Veranstaltung die Motorradrennen standen, lag auch ganz einfach daran, dass nicht weniger als sieben Motorradhersteller in Nürnberg etabliert waren.3 Viel bestaunt wurde von den Zuschauern die neuen Werksmaschinen von DKW und NSU.

In der 125er Klasse war der deutsche Meister H.P. Müller auf seiner italienischen Mondial- Maschine sowie die ganze Fahrerprominenz von NSU am Start. Die Rennföxe, u. a. gefahren von Werner Haas, dem späteren zweifachen Weltmeister, sowie August Hobl auf einer 125er DKW-Versuchsmaschine jagten H.P. Müller, der schließlich in einem begeisternden Kampf gegen die NSU-Rennföxe aus Neckarsulm das Rennen gewann.

Erfreulich aber auch, dass der junge Gustl Hobl mit seiner Werksmaschine einen guten 7. Platz belegte.

Beim nächsten Rennen, im Hamburger-Stadtpark duellierte sich Gustl Hobl in der 125er Klasse mit dem Mondial-Fahrer H.P. Müller um die Führung. Bei ihm lief es recht gut, er riskierte aber zu viel. Sein Temperament ging mit ihm durch, er stürzte.

Aber schon beim

am 7. September Sachsenring-Rennen in Hohenstein-Ernstthal 1952 konnte Hobl wieder teilnehmen. In diesem Rennen lief bei ihm ebenfalls nicht alles nach Wunsch. Das Training auf seiner 125er DKW verlief noch zufriedenstellend. Im Rennen selber aber waren die Mondial-Fahrer H.P. Müller und Karl Lottes überlegen schnell. Bei Hobls Maschine brach während des Rennens das Kupplungsstück für den Magnetantrieb, wodurch sich die Zündung verstellte. Trotz diesem Dilemma wurde Gustl Hobl immerhin noch siebter. Es war sein letztes Rennen in dieser Saison.

3 Die Motorradhersteller waren: , , , Triumpf, Victoria, und Zündapp. 45

Fazit für das Rennjahr 1952:

(Konzentrat)

Von den gestarteten DKW-Werksmaschinen konnten in der 250er Klasse sieben Siege, vier zweite und zwei dritte Plätze und in der 350er Klasse neun Siege und drei dritte Plazierungen gefeiert werden. Eine Meisterschaft blieb dem Ingolstädter Rennstall erstmals seit 20 Jahren versagt.

Als große Überraschung und echte Sensation erschien zu Beginn der Rennsaison die neue DKW-Dreizylinder RM, die ob ihres eigenartigen Klangs später den Namen „singende Säge“ erhielt. Erstmals eingesetzt, zeigte sie bereits beachtliche Leistungen, ohne jedoch anfangs das nötige Durchstehvermögen zu haben. Parallel zu den Schwierigkeiten bei den 250er Motoren, litt auch der neue Dreizylinder besonders unter den Brüchen der Kolbenringe. Ab Juni waren die eigentlichen Schwierigkeiten behoben, die neue 350er DKW stand die ersten Rennen durch und zeigte sich allen in deutscher Hand befindlichen englischen 350er, aber auch den meisten in Privathand befindlichen 500er Maschinen, überlegen. Während Wünsche in dieser Saison vom Glück weniger begünstigt war, machte Kluge auf der Dreizylinder eine hervorragende Figur. Felgenheier und Hofmann waren guten Fahrer, einsatzfreudig und bescheiden. Obwohl Hobl in der 250er bzw. in der 350er Klasse keine Rennen bestritt, wurden dennoch die beiden Rennklassen der Vollständigkeit halber erwähnt.

Hobl war in dieser Rennsaison bei fünf Straßenrennen eingesetzt, er gewann in Trostberg und Stockach und errang im Riemer Rundstreckenrennen bei stärkster Konkurrenz einen dritten Platz. In Nürnberg beim Norisring-Rennen sowie beim Rennen auf dem Sachsenring in Hohenstein-Ernstthal kam er jeweils als Siebter ins Ziel. Die Herren der Rennabteilung beurteilten seine Plazierungen als recht zufriedenstellend.

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V. Kapitel

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Die Rennsaison 1953

Der DKW-Rennstall der Auto Union für die Rennsaison 1953 wieder in bewährter Besetzung

Auch für 1953 hatte die Rennabteilung um die Besetzung ihrer erfolgreichen DKW- Zweitakter-Rennmaschinen keine Sorgen. An der Spitze standen die erfahrenen und in der Vergangenheit sehr erfolgreichen Motorradrennfahrer Ewald Kluge, Siegfried Wünsche sowie als hoffnungsvolle Nachwuchstalente Karl Hofmann und Rudi Felgenheier.

Als Rennmaschinen standen die weiter verbesserten DKW-Maschinen vom Vorjahr zur Verfügung, nämlich:

• 250ccm: ESD Zweizylinder, mit Einkolben-Saugmotor mit Einlassdrehschieber. Im Laufe der Saison standen von dieser Maschine auch neue entwickelte Abarten zur Verfügung. • 350ccm: ES Dreizylinder mit Einkolben-Saugmotor ohne Drehschieber.

Der Engländer A. Len Parry4, der zeitweise in der Rennsaison auch auf einer DKW-Werksmaschine fuhr, und sein Teamkollege Gustl Hobl fuhren ohne Werksvertrag.

4 Ein erfolgreich verlaufenes Rennen war immer auch eine gute Werbung für die betreffende Motorradmarke, die verkauft werden sollte. Wohl aus verkaufstaktischen Erwägungen heraus wurden deshalb zuweilen auch bei DKW ausländische, erfolgreiche Rennfahrer mit Werksmaschinen ausgestattet, um damit auch im Heimatland des betreffenden Rennfahrers Werbung zu betreiben und gut ins Geschäft zu kommen.

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Der junge Gustl Hobl machte sich trotz etlicher Einsätze mit einer Werksmaschine in der vorangegangenen Rennsaison hinsichtlich seiner Berufung zu Straßenrennen keine großen Illusionen. Doch man war sich bei der Direktion und in der Renn- und Presseabteilung in Ingolstadt in der Beurteilung ihres weiteren Lizenzfahrers Gustl Hobl einig, „dass er ein sehr guter Rennfahrer zu werden verspricht. Er fahre einen guten Stil, wenngleich er noch etwas zu viel riskiert. Er solle in Zukunft mehr Gelegenheit zum Fahren haben, um seinen Abstand zu den etablierten Fahrern zu minimieren und um sich auch noch etliche Sporen als Privatfahrer in der Lizenzfahrerklasse verdienen zu können.“

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6. DMV Dieburger Dreieck-Rennen am 19. April 1953

Gelegenheit zur Bewährung bekam Gustl Hobl beim Dieburger Dreieck-Rennen, als er dort mit einer 250er Werksmaschine startete, einem Rennen, bei dem in allen Klassen nur Privatfahrer gemeldet waren. Es gab damals böses Blut unter den Privatfahrern, da die Werksteams nicht angetreten waren, aber Hobl doch offensichtlich mit einer Rennmaschine vom Vorjahr angetreten war. Es wurde sein Rennen.

Kurvenstudie mit Gustl Hobl beim Dieburger Rennen

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Als DKW-Fahrer sah er sich in erster Linie mit den italienischen Moto-Guzzis, sowie den Marken Moto-Parilla und Horex konfrontiert. Von der ersten Runde an setzte sich Hobl mit seiner Vorjahres-DKW, gefolgt von Karl Lottes, ebenfalls auf DKW, an die Spitze des Feldes. Beide vergrößerten von Runde zu Runde ihren Vorsprung. Während Hobl unangefochten und verhalten mit einem Vorsprung von fast zwei Minuten überlegen siegte, musste sein Markengefährte Karl Lottes in gesicherter zweiter Position liegend, wegen eines technischen Defekts das Rennen aufgeben. Dem DKW-Tempo waren acht der gestarteten 13 Maschinen nicht gewachsen. Sie schieden im Verlauf des Rennens aus, darunter auch die 250er Horex. Die beiden alten NSU-Rennmotorräder fungierten in diesem Rennen nur noch als Statisten.

Gustl Hobl mit der Startnummer 174 als Sieger in der 250er Klasse in Dieburg. Von Dr. Bruhn erhielt er anlässlich seines Erfolges ein Glückwunschtelegramm.

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Ergebnis:

Klasse bis 250ccm: 20 Runden = 100 km

1. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, Durchschnitt:112,5 km/h 2. Gottlieb Gehring, Ostelshausen, Moto-Guzzi 3. Hein Thorn-Prikker, Godesberg, Moto-Guzzi

Schnellste Runde: Gustl Hobl, 117,8 km/h

Voller Stolz wurde dieser Sieg allen DKW-Händlern per Rundschreiben berichtet: „Obgleich das 6. Dieburger Dreieck-Rennen ohne Fabrikbeteiligung abrollte, war der sehr überlegene DKW- Sieg unseren Nachwuchsmannes August Hobl in der 250er Klasse dennoch geeignet, allen Motorradinteressenten wieder einmal eindringlich vor Augen zu führen, wie unerhört weit gerade DKW due technische Entwicklung seiner Einkolben-Zweitakter voran getragen hat…Als nämlich DKW vor zwei Jahren erstmalig Rennmaschinen ohne Ladepumpe an den Start schickte, gelang es nicht, die inzwischen auch verbesserten Viertakter zu übertreffen, die heute unser Rennsäugling Hobl mit einer Vorjahres-Werksmaschine nahezu mühelos distanzierte…“

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Das Trostberger Dreieck-Rennen am 1. Mai 1953

Am Tage des Rennens sah es so aus, als ob der ganze Chiemgau auf den Beinen wäre. 15000 Zuschauer aus nah und fern strömten nach Trostberg und schuld daran war das dritte Motorradrennen in dieser Stadt. Im Gegensatz zum Vorjahr wurden von den Behörden wesentlich schärfere Sicherheitsmaßnahmen entlang der gesamten Rennstrecke vorgeschrieben, um so den Zuschauern und Rennfahrern optimalen Schutz vor Unfällen zu gewährleisten.

Als Höhepunkt des Trainings am Vormittag des 1. Mai stellte sich in der 250er Klasse eindeutig das Duell zwischen den beiden DKW-Fahrern Gustl Hobl und Karl Lottes heraus, bei dem Lottes die bisher schnellste Runde fuhr. Die hervorragende Form, in der sich beide befanden, ließ im Hauptrennen einen spannenden Zweikampf erwarten.

Die Gegner in der 250er Klasse waren der amtierende deutsche Meister Hein Thorn- Prikker – er schied in der 18. Runde wegen Motorschadens aus – Karl Lottes auf DKW, Gottlieb Gerhring auf Moto-Guzzi und Fritz Kläger auf NSU, um nur ganz wenige zu nennen. Vom Start weg entspann sich ein prächtiger Zweikampf zwischen Lottes und Hobl, wie er bisher auf der Trostberger Rennstrecke noch nicht erlebt und kaum für möglich gehalten wurde. Mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks und mit herrlich singenden Motoren zogen beide in atemberaubender Fahrt über die Geraden und durch die Kurven, wobei sich Hobl durch seine hervorragende Fahrkunst und Kurventechnik sowie durch seine äußerst schnelle Maschine von Runde zu Runde von seinem Verfolger Lottes absetzte und bis auf fünf Fahrer das Feld umrundete.

Ergebnis:

Klasse bis 250 ccm:

1. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, Durchschnitt: 88,6 km/h 2. 2. Karl Lottes, Marburg, DKW 3. Gottlieb Gehring, Ostelsheim, Moto-Guzzi

Bahnrekord und schnellste Runde: Gustl Hobl, 91,5 km/h 53

Rheinpokal-Rennen am 10. Mai 1953 in Hockenheim

1. Lauf zur deutschen Motorradmeisterschaft

Gustl Hobl auf einer 250ccm Werks-DKW beim Rennen auf dem

Hockenheim Ring 1953

150000 rennbegeisterten Zuschauern wurden beim internationalen Rhein-Pokal-Rennen in Hockenheim motorische Delikatessen par excellence geboten. Die schnellsten ausländischen und deutschen Neukonstruktionen der Motorradindustrie standen sich gegenüber. Die Werksteams von BMW, DKW, NSU und dazu noch Moto-Guzzi traten geschlossen an, und alle, die im europäischen Fahrerlager Rang und Namen besaßen, beteiligten sich an den Rennen. 54

Gustl Hobl wurde im Rennen der 250er Klasse erstmals als offizieller DKW-Werksfahrer (noch ohne Vertrag) der Auto Union gemeldet. Einer offiziellen Verlautbarung nach waren die DKW-Maschinen in Hockenheim noch nicht in Hochform gebracht und hätten eigentlich wegen diverser technischen Schwierigkeiten an den Motoren nicht an den Start gehen sollen. Lediglich um die große Gemeinde treuer DKW-Anhänger nicht allzu sehr zu enttäuschen, entschloss sich die Rennleitung in sportlicher Fairness doch zu starten. So fielen im Rennen nacheinander Kluge, Wünsche und Hofmann aus. Einzig und allein kämpfe sich Gustl Hobl über alle Runden, konnte aber gegen die schnellen und standfesten NSU- Rennmax-Maschinen in den Kampf um die vordersten Plätze nicht eingreifen. Dennoch erreichte er hinter der privaten DKW von Karl Lottes einen guten 5. Platz.

Ergebnis:

Klasse bis 250 ccm: N. N

1. Werner Haas, Neckarsulm, NSU-Max, Durchschnitt: 161,0 km/h 2. Walter Reichert, Neckarsulm, NSU-Max 3. Hein Thorn-Prikker, Godesberg, Moto-Guzzi 4. Karl Lottes, Erndtebrück, DKW 5. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW

Schnellste Runde: Werner Haas 165,5 km/h

Schwere Unfälle im Rennteam von DKW

Die Rennsaison 1953 wurde aber auch von schweren Unfällen zweier Fahrer im Werksteam der Auto Union überschattet. Ewald Kluge, der in seinem Rennfahrerleben lange vor schweren Stürzen verschont geblieben war, was in einer von vielen Konkurrenten neidlos bewunderten exakten Fahrweise begründet lag, musste seine Karriere dann doch wegen eines schweren Unfalls am 31. Mai 1953 auf dem Nürburgring beenden. Beim sog. Eifelrennen, an zweiter Stelle liegend, stürzte der bereits 44jährige bei hoher Geschwindigkeit und zerschmetterte sich hierbei den Oberschenkel. Das Bein konnte gerettet werden, er lag fast ein Jahr lang in der Klinik und kehrte nie mehr auf die Rennstrecken als aktiver Fahrer zurück. 55

Auch Rudi Felgenheier erlitt am 5. Juni 1953 unverschuldet beim Training auf der wohl schwersten Rennstrecke der Welt auf der Isle of Man bei der sog. Tourist Trophy einen Unfall mit schweren Verletzungen, die das Ende seiner hoffnungsvollen Rennfahrerkarriere bedeuteten.

Diese „schwarzen Tage“ waren für das Werksteam der Auto Union schwere Verluste, vom offiziellen Team waren jetzt nur noch Siegfried Wünsche und Karl Hofmann einsatzbereit. Gustl Hobl, Nachwuchsfahrer der Auto Union und immer noch Angehöriger der Versuchsabteilung, wurde nun als dritter Werksfahrer (ohne Rennfahrervertrag) von der Versuchsabteilung an die Rennabteilung „ausgeliehen“, und es zeigte sich, dass der 22jährige Hobl als „Leihgabe“ in dieser kritischen Situation für die Rennabteilung ein großer Gewinn war.

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Das internationale Feldberg-Rennen im Taunus am 14. Juni 1953

3. Lauf zur deutschen Motorradmeisterschaft

So startete der junge August Hobl an der Seite von Siegfried Wünsche beim internationalen Feldbergrennen, zunächst im Rennen der Solomaschinen bis 250ccm. Bei 16 gestarteten Fahrern entwickelte sich das Rennen zu einem packenden Kampf zwischen den Werksfahrern von DKW und NSU, wobei aber auch die italienischen Moto-Guzzis nicht unterschätzt wurden. Zunächst führte Haas auf NSU-Rennmax vor Wünsche, dann folgten Reichert und Daiker – beide NSU-Rennmax – vor Hobl. Nach einem kurzzeitigen Ausfall von Haas eroberte Wünsche den 1. Platz vor Reichert, während sich Gustl Hobl und Daiker um den 3. Platz einen erbitterten Kampf lieferten. Da Daiker in der 12. Runde durch Motorschaden ausfiel, rückte Hobl auf die 3. Stelle vor.

Ergebnis:

Klasse bis 250ccm: 15 Runden = 173,640 km

1. Siegfried Wünsche, Ingolstadt, DKW, Durchschnitt: 110,8 km/ 2. Walter Reichert, Ingelheim, NSU 3. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, 109,0 km/h

Schnellste Runde: Werner Haas, NSU, 113,9 km/h Bester deutscher Privatfahrer: Karl Lottes, DKW, Durchschnitt: 105,0 105,0 km/h

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Gustl Hobl mit der Startnummer 64 auf einer 350er DKW Werksmaschine im Zweikampf mit Friedl Schön auf Horex.

Zwei Tage vor dem Start der 350ccm Klasse hatte sich Rennleiter August Jacob zwar etwas besorgt, aber doch zuversichtlich entschlossen, Gustl Hobl neben der 250er Maschine auch erstmals die Dreizylinder-Maschine, das „Flaggschiff“ der DKW-Mannschaft, anzuvertrauen. „Mein lieber Hobl“, sagte Jacob zu ihm, „du fährst jetzt nicht, um gleich beim ersten Start zu zeigen, was du alles kannst, sondern du solltest nur mitfahren, damit du dich an die Rennerei gewöhnst. Zum Siegen hast du dann in ein- zwei Jahren immer noch Zeit. Nur eines: Vorsicht! Vorsicht! Vorsicht! ist die Mutter der Porzellankiste.“

Nach dem Training kam Gustl Hobl zu seinem Rennleiter und sagte schüchtern: “Ich bin beim Training immer hinter den Engländern hergefahren. In den Kurven waren sie schneller als ich, aber auf den Geraden konnte ich sie mit meiner schnelleren Maschine wieder einholen.“ Rennleiter Jakob mit erhobenem Zeigefinger: „Mein lieber Freund, ich habe dich beobachtet. Du hast die Engländer in den Kurven aufgeholt.“ 58

Im Rennen der Solomaschinen bis 350ccm übernahm Siegfried Wünsche auf seiner DKW planmäßig die Führung. Der 22jährige Hobl, der in diesem Rennen erstmalig auf einer Dreizylinder-DKW saß und an dritter Stelle lag, fiel in der 4. Runde durch Kerzenwchsel weit zurück, konnte sich aber in einer gekonnt bravourösen Fahrt schließlich wieder bis auf die 6. Stelle vorarbeiten. Dieser Platz sollte aber vorerst das einzige Resultat mit der Dreizylinder-DKW bleiben, denn es folgten nicht weniger als fünf Motorschäden bei weiteren Einsätzen.

Gustl Hobl erinnert sich: In der vorletzten Runde der 350er Klasse wurde ich versehentlich abgewinkt, weil man mich mit dem späteren Sieger Wünsche verwechselt hatte. Die Zuschauer riefen jedoch „weiterfahren“. In der letzten Runde konnte ich wieder bis auf den 6. Platz vorfahren.“

Ergebnis:

Klasse bis 350 ccm: 15 Runden = 173,640 km

1. Siegfried Wünsche, Ingolstadt, DKW, Durchschnitt: 114,5 km/h 2. Friedl Schön, Frankfurt, Horex 3. Gustl Hobl, Ingolstadt, DKW, 107,6 km/h Schnellste Runde: Siegfried Wünsche, 114,5 km/h

Da der Engländer J. Storr, der Australier G. Laing sowie der Ire B. Matthews am Ende des Rennens die Plätze 3, 4 und 5 erreicht hatten aber als Ausländer an der Deutschen Meisterschaft nicht teilnehmen konnten, rückte Gustl Hobl in der Wertung zur deutschen Meisterschaft auf die 3. Stelle vor.

Wieder ein überlegener DKW-Doppelsieg wurde allen DKW-Händlern freudig mitgeteilt: „Wie bei ihrem letzten Doppelsieg, beim Internationalen Eifelrennen, gelang es den DKW- Zweitaktern auch bei der „Deutschen T.T.“ (in Anlehnung an die Tourist Trophy auf der Isle of Man) dem ausserordentlich schwierigen Feldbergrennen, die gesamte nationale und internationale Konkurrenz zu bezwingen. Diese neuerlichen DKW-Siege sind besonders so bedeutungsvoll, weil sie nicht etwa auf einer kusntvoll „ausgebügelten“ Rennbahn, sondern auf einem Gebirgskurs errungen wurden, dessen Bechaffenheit normalen Straßen entspricht,wie man sie ungünstiger auch im normalen Fahrbetrieb kaum antrifft…“