Language Planning and Policy in Quebec a Comparative Perspective
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Language planning and policy in Quebec A comparative perspective Jakob R. E. Leimgruber Habilitationsschrift zur Erlangung der venia legendi im Fach Englische Philologie Philologische Fakultät Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Sommersemester 2017 For Marie, Lukas, and David Zusammenfassung ie vorliegende Studie handelt von der Sprachpolitik in der kanadischen Provinz Quebec. D Die vergleichende Perspektive soll einen neuen Einblick in die dort vorherrschenden sprachplanerischen Aktivitäten ermöglichen. Nachstehend folgt die deutsche Zusammenfas- sunge der einzelnen Kapitel. Im einleitenden Kapitel 1 werden die Schwerpunkte der Studie erläutert und erste Hin- tergrundinformationen vermittelt. Die wichtige Stellung Quebecs in der Sprachpolitik- und Sprachplanungsforschung wird hervorgehoben (Abschnitt 1.1), gefolgt von einer Übersicht über die Geschichte und Form der beiden Hauptsprachen der Provinz (Abschnitt 1.2). Das Ka- pitel endet mit einer Auflistung der Forschungsziele und -methoden der Studie sowie einem Überblick über ihre Struktur (Abschnitt 1.3). Kapitel 2 «Französisch und Englisch in Quebec: Historischer Hintergrund und sprachpoliti- scher Kontext» beginnt mit einer kurzen Übersicht über die Siedlungsgeschichte Kanadas, mit besonderem Augenmerk auf Quebec (Abschnitt 2.1). Es wird hervorgehoben, dass das Franzö- sische zwar als erste Sprache in der Provinz ankam, anglofone Siedler aber kurz darauf folgten. Kontinentale Ausmasse hatte die britische Eroberung von 1760, welche das Ende von Neuf- rankreich bedeutete und Quebec unter britische Herrschaft brachte. Abschnitt 2.2 «Kanada: ein offiziell zweisprachiges Land» knüpft an dieses Ereignis an und stellt die politische Ent- wicklung dar, die in die heutige amtliche Zweisprachigkeit mündete. Es wird darauf hinge- wiesen, dass diese Zweisprachigkeit, fest verankert in Gesetzestexten, nur für Stellen der Bun- desregierung gilt. Auf Provinzebene werden die beiden Sprachen unterschiedlich behandelt: in «Englischkanada» reicht dies von der Anerkennung von Englisch als einzige Amtssprache bis hin zu einer quasi-amtlichen Zweisprachigkeit. Die prekäre Situation der Eingeborenen- sprachen und die verschiedenen gesetzgeberischen Versuche, sie zu unterstützen, werden im Unterabschnitt 2.2.3 erläutert. Abschnitt 2.3 widmet sich dann genauer der «einsprachigen» Provinz Quebec. Das Sprachgesetz von 1977, die Charte de la langue française ‹Charta der fran- zösischen Sprache›, wird erklärt und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung (besonders auch auf die nicht-frankofonen und nicht-anglofonen Sprecher von «anderen» Sprachen, die sogenannten «Allofonen») werden anhand historischer und aktueller Statistiken aufgezeigt. Unterabschnitt 2.3.3 handelt von der englischen Sprache in Quebec, welche trotz der Charta einen speziellen Status sowohl bei den staatlichen Instanzen wie auch in der Bevölkerung ge- v Deutsche Zusammenfassung niesst. Der Fokus liegt hier auf der Interaktion zwischen den beiden Sprachen, vor allem aber auf dem Einfluss (lexikalisch/phraseologisch und grammatikalisch) des Französischen auf das Englische. Im Abschnitt 2.4 wird die einzige offiziell zweisprachige Provinz Neubraunschweig (New Brunswick, Nouveau-Brunswick) vorgestellt. Hier stehen sich Anglofone und Frankofone etwa im Verhältnis zwei zu eins gegenüber; die delikate Balance zwischen den beiden Amts- sprachen sorgt immer wieder für Gesprächsstoff und widerspiegelt das historisch komplexe Zusammenleben der Frankofonen akadischer Abstammung und der Anglofonen verschiede- ner britischer and nordamerikanischer Herkunft. Kapitel 3 trägt den Titel «Sprachplanung und Sprachpolitik: Theorie» und beginnt, in Ab- schnitt 3.1, mit einer Übersicht verschiedener theoretischer Ansätze in diesem dynamischen Forschungsfeld. Die Literatur zum Thema wird abgehandelt; die Erklärungsansätze von Horn- berger (2006) und Johnson (2013b) dienen dabei als Ausgangspunkt. Abschnitt 3.2 widmet sich der Sprachpolitik des Englischen in mehrsprachigen Kontexten. Hier wird als erstes der Auf- stieg von Englisch zur heutigen globalen Verkehrssprache und lingua franca angegangen, ba- sierend vor allem auf Wright (2016), welche auch diesen Aufstieg auf Kosten des Französischen erläutert. Im Zuge dieser Erklärungen wird auch das World Language System ‹Weltsprachen- system› (de Swaan 2001) eingeführt, welches eine globale Hierarchie von Sprachen vorschlägt, die den Spracherwerb kausal vorhersagt basierend auf dem «kommunikativen Wert» der je- weils zusätzlich gelernten Sprache. Es folgen weitere Überlegungen zur Rolle des Englischen in mehrsprachigen politischen Entitäten, also Staaten oder subnationalen Gebilden, in denen Englisch zusammen mit einer oder mehreren anderen Sprachen eine amtliche oder offizielle Stellung inne hat. Beispiele aus Kamerun, Wales und Singapur vervollständigen jene aus Kana- da. Der Abschnitt endet mit einem Exkurs in den «Pragmatismus» und «Aktivismus», welche als treibende Kräfte hinter einer bestimmten Sprachpolitik stehen können. Hier wird insbe- sondere Singapur, als vorwiegend pragmatisch, mit Quebec und Wales verglichen, in denen Sprachaktivismus die Grundlage der Sprachpolitik ist. In Kapitel 4 werden die der Arbeit zugrundeliegenden «Daten und Methodik» vorgestellt. Abschnitt 4.1 präsentiert die vier Datenarten, die für die Studie herangezogen wurden: 1. Ein soziolinguistischer Fragebogen, bestehend aus vier Teilen: 1) demographische An- gaben und Sprachinventare mit Selbsteinschätzungen der jeweiligen Sprachkompetenz, 2) Einstellungen zu sprachpolitischen Fragestellungen, 3) Spracheinstellungen zum Fran- zösischen, 4) Spracheinstellungen zum Englischen. Es wurden 652 Fragebogen beantwor- tet. 2. Eine Bestandesaufnahme der «Sprachlandschaft» (linguistic landscape), also der visuel- len Manifestation von (geschriebener) Sprache im öffentlichen Raum. Dazu wurde ei- vi Deutsche Zusammenfassung ne Datenbank von 1 101 fotografisch dokumentierten Beispiele angelegt, bestehend aus Strassenschildern, Werbeplakaten, Warnschildern, Graffitis, Firmenlogos, handschriftli- chen Notizen, usw. Zusätzlich dazu wurden Daten aus der linguistic soundscape ‹audi- tiver Sprachenlandschaft› erhoben, spezifisch von den Ansagen in der Montrealer métro und der S-Bahn. Die Ansagen an 119 Haltestellen wurden dokumentiert. 3. Ein ethnografisches Kleinprojekt in Bezug auf die Sprachenwahl bei Begrüssungs- und Bestelltransaktionen in Cafés. Es wurden 1 094 Datenpunkte in sechs Cafés in verschie- denen Stadtteilen Montreals erhoben. 4. Eine psycholinguistische Pilotstudie, in der zweisprachige Probanden ein- oder zweispra- chige Schilder aus Montreals Sprachenlandschaft gezeigt bekamen, während ihre Augen- bewegungen okulometrisch erfasst wurden. Abschnitte 4.2 und 4.3 handeln vom allgemeinen methodologischen Rahmenwerk und von dem angewandten Forschungsdesign. Kapitel 5, «Sprachplanung und Sprachpolitik in Quebec: Analyse» analysiert die im vorhe- rigen Kapitel erwähnten Daten. Folgende Ergebnisse sollen hier zusammenfassend erwähnt werden: Fragebogen Von den 652 ausgefüllten Fragebogen wurden 578 für die Analyse behalten. Dar- unter waren 355 Anglofone, 168 Frankofone und 55 Allofone. Die Altersspanne reichte von 18 bis 91, mit einem Mittelwert von 33; 44% waren männlich. Die meisten Teilnehmer gaben an, zwei oder mehr Sprachen zu beherrschen. Die «jungen» Altersgruppen (18–44) waren mehrheitlich dreisprachig, die «älteren» (über 45) mehrheitlich zweisprachig. Die Selbstein- schätzung der Sprachkompetenz in der «anderen» Sprache (also Französisch für Anglofone und Englisch für Frankofone) nimmt mit zunehmendem Alter ab. Bei den Spracheinstellungen zeigt sich ein gemischtes Bild, in dem das Alter häufiger eine entscheidendere Variable ist als die Sprachgruppe, allerdings nicht in allen Fällen. So stösst zum Beispiel die Aussage ‘Bill 101 was necessary.’ («Gesetz 101 [= die Charta] war notwendig.») bei den Anglofonen höheren Al- ters auf weniger Ablehnung als bei den jüngeren; bei den Frankofonen zeigt sich ein ähnliches Bild. Ebenso korreliert die sprachliche Selbsteinschätzung der Teilnehmer stark mit dem Zu- stimmungsgrad zur Aussage ‘I think carefully about which language to use when first speaking to someone I don’t know.’ («Ich überlege mir gut, welche Sprache ich mit einer Person benutze, die ich zum ersten Mal treffe.»). Sprachenlandschaft Die Verteilung der Sprachen in der Sprachenlandschaft wird von der Charta und dazugehörigen Verordnungen dahingehend reguliert, dass grundsätzlich Franzö- sisch vorhanden sein muss, und falls andere Sprachen auch auftreten sollten, Französisch nette- ment prédominant ‹klar vorherrschend› zu sehen sein soll, vereinfacht definiert als in doppelter vii Deutsche Zusammenfassung Schriftgrösse auftretend. Die Datenerhebung, die sich vor allem auf die Insel Montreal konzen- triert hat, zeigt eine Sprachenverteilung in der Sprachenlandschaft auf, die in vielerlei Hinsicht mit der geografischen Verbreitung von Muttersprachlern übereinstimmt. Dennoch finden sich in der Sprachenlandschaft auch Manifestationen kreativer Subversion der Gesetzgebung, et- wa in der Verwendung von ambigen Wörtern und Schreibungen: der Firmenname ⟨identi~t⟩, zum Beispiel, kann sowohl auf Französisch gelesen werden (identité, [idɑ̃ tite]), wie auch auf Englisch (identity, [aɪˈdɛntɪti]) – die Schlusssilbe, welche in den Sprachen unterschiedlich ge- schrieben wird, wurde hier durch ein ⟨t⟩ ersetzt, welches entweder [te] (frz.) oder [tiː] (engl.) gelesen werden kann. Die Sprachwahl wurde damit an den Leser übergeben.