Altstadt Und Warenhaus Bau Und Erweiterungen Des Warenhauses Globus in Basel
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Altstadt und Warenhaus Bau und Erweiterungen des Warenhauses Globus in Basel von M M Seit über hundert Jahren stellen grosse Geschäftshäuser in genug, sich seine Baugeschichte und architektonische historischen Ortskernen eine städtebauliche Herausfor- Bedeutung zu vergegenwärtigen. An besagtem Bau mit derung dar, prägen sie doch allein schon durch ihr Bau- auallend heterogenen Stilelementen sind wesentliche volumen die Umgebung. Warenhäuser leben von zahl- Architekturströmungen des 20. Jahrhunderts beispielhaft reicher Lauundschaft und drängten seit jeher ins Zent- abzulesen. rum, den Ort der grössten Dichte an historischer, oftmals Das Warenhaus Globus ist eines der ältesten grossen baukünstlerisch qualitätvoller und politisch bedeutsamer Geschäftshäuser Basels und befindet sich an städtebaulich Architektur. Seit Jahren befindet sich die Warenhausbran- markanter Position im Zentrum der Talstadt (Abb. 1). Es che jedoch in einer Krise, ausgelöst durch Billigkonkur- ist ein Denkmal der wirtschaftlich prosperierenden Zeit renten und E-Commerce sowie durch ein verändertes vor dem Ersten Weltkrieg, in der die neue Verkaufsform Kaufverhalten insbesondere bei den jüngeren Käufer- «alles unter einem Dach» im gehobenen Einzelhandel gruppen. Für die grossen Baukomplexe, die mittlerweile angestrebt wurde. Es besteht aus vier zusammenhängen- das Stadtbild prägen, stellt sich vielerorts die Frage nach den Baukomplexen, die im Zeitraum zwischen 1904 und Abbruch oder Umnutzung. Am Basler Marktplatz wurde 1975 errichtet worden sind. Den Anfang machte das 2019 der weitgehende Neubau des Warenhauses Globus Warenhaus Julius Brann, das von 1904 bis 1905 auf zwei hinter den zu erhaltenden Fassaden geplant – Anlass damaligen Parzellen am Marktplatz erbaut wurde.1 Nach Abb. 1 Warenhaus Globus in Basel. Foto 2019. ZAK, Band 76, Heft 1/2020 65 065-088_Artikel_Moehle.indd 65 20.04.20 14:44 Abb. 2 Ostseite des Basler Marktplatzes mit dem Warenhaus Brann. Postkarte, 1905. der Übernahme des Geschäfts durch die «Magazine zum Randbebauung innerhalb von zwanzig Jahren nahezu Globus AG» im Jahr 1907 wurde das Haus von 1909 bis vollständig durch viergeschossige Geschäftshäuser ersetzt; 1910 zur Eisengasse hin erweitert. Der Ursprungsbau und begonnen wurde die Planung 1894/95 mit dem später die Erweiterung bedienen sich einer weitgehend identi sogenannten Märthof (Marktplatz 36), vollendet 1915/16 schen Formensprache, sodass sie heute als einheitlicher mit dem Singerhaus (Nr. 34). Aus älterer Zeit erhalten Bau erscheinen. Neue Formen kamen hingegen anlässlich sind heute lediglich das Bankgebäude von 1858 (Nr. 11), der Erweiterung in der Eisengasse in den Jahren 1931/33 das Geltenzunfthaus mit seiner Renaissancefassade von sowie der dritten Erweiterung auf der anderen Seite, in 1578 (Nr. 13) sowie das Rathaus aus dem frühen 16. Jahr Richtung Rathaus, im Jahr 1975 ins Spiel. Sämtliche Bau hundert, das durch seine Erweiterung und vor allem mit teile sind im Inneren zu grossen Verkaufsetagen miteinan seinem Turm um 1900 eine neue städtebauliche Präsenz der verbunden. Die Hintergebäude des in den Hang erlangte (Abb. 2). Die Bedeutung, welche die Regierung des Münsterhügels hineingebauten Komplexes befinden der architektonischen Gestaltung des Marktplatzes zumass, sich am Martinskirchplatz gegenüber der Westfassade der zeigte sich 1908 an der Ausschreibung eines Wettbewerbs Kirche. für die Häuser an der Westseite des Platzes gegenüber dem Rathaus. Die Bauten des Marktplatzes wurden von den bekanntesten Architekten Basels und der Schweiz ent Jugendstil in Basel: Die Warenhäuser Brann und Globus worfen, von Karl Moser über Vischer & Fueter, Widmer & Erlacher, Heinrich Tamm, Emanuel La Roche, Heinrich Die Errichtung des Warenhauses Brann ist im Zusam Flügel bis zu Rudolf Linder und Romang & Bernoulli. menhang mit der städtebaulichen Umgestaltung des Das Warenhaus Brann ist von 1904 bis 1905 zeitlich in Marktplatzes Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen. Bis 1888 der Mitte dieser Umbauphase des Marktplatzes entstan war der Marktplatz nur etwa halb so gross wie heute. den. Nach der Gründung seines Warenhauses 1896 beauf Seine nördliche Hälfte wurde von verschiedenen Gebäu tragte der Zürcher Geschäftsmann Julius Brann3 die den eingenommen, unter ihnen an zentralem Platz die Architekten Alfred Romang und Wilhelm Bernoulli mit sogenannte Schol, die seit dem Mittelalter überlieferte dem Neubau am Marktplatz an der Ecke zur Eisengasse. öffentliche Fleischhalle. Von 1888 bis 1890 wurde das Die Eröffnung wurde am 8. April 1905 gefeiert. Die frü gesamte Geviert zwischen der ehemaligen Sporengasse, heren Werke der Architekten in Basel sind durch gotische der Stadthausgasse, der Sattelgasse und dem Marktplatz und barocke Stilelemente gekennzeichnet, so beispiels abgebrochen. Entgegen der ursprünglichen Absicht, hier weise die Dreihausgruppe Bundesstrasse 17–27 mit Erkern ein grosses Verwaltungsgebäude zu errichten, wurde 1891 und Volutengiebeln. Von den beiden Partnern wird eher beschlossen, das Areal unbebaut zu lassen.2 Bernoulli die Hinwendung zum Jugendstil mit der Ent Um dem vergrösserten Platz einen angemessenen wicklung innovativer Dekorationsformen zugeschrieben. architektonischen Ausdruck zu verschaffen, wurde seine So sind an seinem eigenen Wohnhaus in der Wartenberg 66 ZAK, Band 76, Heft 1/2020 065-088_Artikel_Moehle.indd 66 20.04.20 14:44 Abb. 3 Haus zum Hermelin, Freie Strasse 13 in Basel, Gustav Adolf Visscher van Gaasbeek, erbaut 1902/03. Foto 2020. strasse 11 (1903/04) sowie an den später entstandenen einfachung und Modernisierung der Dekorationsele- Häusern Arnold-Böcklin-Strasse 38–42 (1908) die ge- mente verfolgen. Ebenfalls von Romang und Bernoulli schuppten Säulen und andere Dekorationselemente des entworfen, jedoch 1909/10 von Romang allein ausgeführt Brann’schen Warenhauses wiederzufinden. Am durch wurde das Warenhaus (ehemals) Merkur in der Eisengasse Pläne gut dokumentierten Entstehungsprozess der soge- 14, bei dem das durch Holbeins Fassadenmalerei berühmt nannten Andlauerklinik (Petersgraben 11, 1903/04) lässt gewordene Vorgängerhaus zum Tanz elegant und raffi- sich die Straffung des ursprünglichen Entwurfs mit Ver- niert im Neubau zur Geltung kommt. ZAK, Band 76, Heft 1/2020 67 065-088_Artikel_Moehle.indd 67 21.04.20 10:20 Der Ursprungsbau des Brann’schen Warenhauses von typisch, bringen diese einen Hang zur Symmetrie und zur Romang und Bernoulli weist eine symmetrisch geglie Geometrisierung der Formensprache zum Ausdruck. Im derte, hochrechteckige Fassade zum Marktplatz auf. Eine Zentrum befindet sich eine Uhr mit grünem Zifferblatt doppelgeschossige Schaufensteranlage war damals Pflicht, und schwarzer Metallverdachung mit vergoldetem Bei wie zahllose Beispiele von Geschäftshäusern in der Freien werk. Der von schlitzartigen Öffnungen durchbrochene Strasse belegen. Das gestalterische Problem, dass dadurch Fries unter dem Segmentbogengiebel schliesst die Fassade die Fassade in eine untere und eine obere Hälfte zerfällt, ab; das pyramidenförmige Bogendach verleiht dem lösten Romang und Bernoulli souverän: Schmale, pfeiler Gebäude eine kompakte Silhouette. artige Seitenteile mit höhenversetzten Fenstern fassen die Die Erweiterung zum Warenhaus Globus in den Jahren Mitte ein und halten diese mit dem segmentbogenförmig 1909 bis 1910 konnte der 1909 verstorbene Wilhelm Ber geschwungenen Dachgesims zusammen. Eine Anregung noulli nicht mehr ausführen. Er hatte 1907 seine Büro hierzu holten sich die Architekten vom Haus zum Herme partnerschaft mit Romang aufgekündigt und sich mit lin (Freie Strasse 15, Abb. 3), das Gustav Adolf Visscher Otto Wenk zusammengeschlossen. Der GlobusAuftrag van Gaasbeek 1902/03 erbaut hatte, und darüber hinaus wurde von seinem Nachfolger Karl August Burckhardt möglicherweise aus Visscher van Gaasbeeks Heimat in übernommen. Der Bau schliesst seitlich im stumpfen den Niederlanden oder aus Belgien, man denke etwa an Winkel an das ältere Haus an, dessen architektonische Victor Hortas Hôtel Tassel in Brüssel (1893, Abb. 4). Das Prinzipien und Einzelformen in geschickter Weise aufge gelblichbraune Steinmaterial wird kontrastiert durch griffen, variiert und fortgesetzt wurden. Grössere Verän graue Architekturteile aus CastioneMarmor sowie durch derungen betrafen nur die doppelgeschossige Schaufens einzelne farbige JugendstilOrnamentformen, die sich in terfront, die geschlossen und mit einem Erker im Ober den oberen Fassadenpartien konzentrieren. Wie für Basel geschoss versehen wurde. An der Gelenkstelle der Fassaden bei der Einmündung zur Eisengasse wurde damals ein neuer Haupteingang eingerichtet. Die Wirkung der ausgerundeten Ecke wird verstärkt durch einen zweige schossigen polygonalen Erker mit dem Firmennamen GLOBUS. Im Zentrum des Innenraums dominierte ein grosser rechteckiger Lichthof den Raumeindruck (Abb. 5). Gegenüber dem Haupteingang war an der lichtlosen Hangseite des Gebäudes die mehrläufige Kundentreppe mit einem weiteren Lichthof angeordnet. Eine ähnliche Disposition findet sich in Basel heute nur noch im ehema ligen Geschäftshaus Füglistaller (Freie Strasse 23). Durch den zwischen 1909 und 1910 errichteten Erweiterungsbau fiel die eine Seitenwand des Hauses fast gänzlich weg. Ergänzend besass der Erweiterungsbau einen kleineren, im Grundriss fünfeckigen Lichthof. Für die damalige Kundschaft muss sich der Verkaufsraum als eine Abfolge von Galerien präsentiert haben, durch welche Ausblicke auf gegenüberliegende Räume und andere Etagen mög lich waren. In Zeitungsartikeln wurde die geschmack volle