5.Diplomarbeit Korrektur Fertig
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DIPLOMARBEIT / DIPLOMA THESIS Titel der Diplomarbeit / Title of the Diploma Thesis „Mutterschaftsmystik. Die unio mystica durch mütterliche Liebe und Fürsorge.“ verfasst von / submitted by Larissa Enter, BA angestrebter akademischer Grad / in partial fulfilment of the requirements for the degree of Magistra der Philosophie (Mag.phil.) Wien, 2017 / Vienna, 2017 Studienkennzahl lt. Studienblatt / A 190 333 299 degree programme code as it appears on the student record sheet: Studienrichtung lt. Studienblatt / Lehramtsstudium UF Deutsch / UF Psychologie und degree programme as it appears on Philosophie the student record sheet: Betreut von / Supervisor: Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Lydia Miklautsch Antiplagiatserklärung Hiemit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst habe; dass ich keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt habe; und dass die Stellen der Arbeit, die aus anderen Werken, insbesondere auch aus elektronischen Medien, übernommen und eingearbeitet wurden, sorgfältig durch Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht worden sind. Wien, am 12.05.2017 Larissa Enter, BA Vorwort Die Beschäftigung mit mystischen Texten des Hoch- und Spätmittelalters, unter einem gendertheoretischen Gesichtspunkt, sehe ich als meinen Beitrag zur literaturwissenschaftlichen Betrachtungsweise frauenspezifischer Themen. Mutterschaft als zentraler Moment ist Grundlage und Ausdruck der, in Bildern übermittelten, Erlebniswelt charismatisch begabter Frauen. Damit stelle ich bewusst feministisch anklingende Fragen nach hierarchischen Strukturen in christlicher und weltlicher Gemeinschaft und eröffne Perspektiven auf mögliche, bis in die Gegenwart transzendierende, Elemente des Frauseins. Textzeugnisse stellen dabei wichtige Belege dar und tragen zur Legitimation der Frau als denkendes, schreibendes und fühlendes Subjekt bei. Ich bedanke mich bei Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Lydia Miklautsch für die Betreuung meiner Arbeit und bei den mich mit Nachdruck unterstützenden Menschen in meinem persönlichen Umfeld, ohne deren Bereitschaft zuzuhören, Gespräche zu führen und Gedanken zu reflektieren diese Arbeit nicht zustandegekommen wäre. Mein besonderer Dank gilt dabei meinen Eltern und Großeltern, die immer an mich geglaubt haben. Dank euch wurde ich die Frau, die ich heute bin. „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.“ Augustinus Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Mutterschaft im Mittelalter 5 2.1 Die Frau als Ehefrau oder Braut Christi 5 2.2 Die Frau als Mutter 8 2.2.1 Die biologische Mutter 8 2.2.2 Die Amme - die andere Mutter 12 3. Mystik im Mittelalter 14 3.1 Die Anfänge der Mystik - Entwicklung und Definition 14 3.1.1 Historischer Abriss 14 3.1.2 Definition 18 3.2 Mystik als Domäne weiblichen Schreibens 20 3.2.1 Fragen der Autorschaft - Das Verhältnis Charismatikerin und Beichtvater 22 3.2.2 Individual- versus gruppenpsychologische Interpretationsansätze 24 4. Mutterschaftsmystik 25 4.1 Definition 25 4.1.1 Imagewandel der Mutterschaft durch Anleitung religiöser Vorbilder 27 4.1.2 Mutterschaftsmystik innerhalb der Frauenmystik 33 4.1.3 Mutterschaftsmystische Praktiken - die Bedeutung des Körpers 37 4.1.4 Die Verehrung Marias als MUTTER - imitatio mariae 41 4.2 Bildelemente 43 4.2.1 Vorgänge 44 4.2.2 Funktionen 51 4.2.3 Fürsorge und Pflege 55 4.2.4 Projektionen 59 4.3 Mutterschaftsmystik in den Offenbarungen der Charismatikerinnen des Spätmittelalters 60 4.3.1 Wilbirg von St. Florian 60 4.3.2 Agnes Blannbekin 63 4.3.3 Christina von Retters 69 4.3.4 Christine Ebner 71 4.3.5 Margaretha Ebner 74 4.3.6 Katharina Tucher 81 5. Conclusio und Ausblick 85 6. Literaturverzeichnis 91 6.1 Primärliteratur 91 6.2 Sekundärliteratur 91 6.3 Onlinequellen 92 6.4 Abbildungsverzeichnis 93 Anhang 95 1. Einleitung Mystik, als Domäne weiblicher Textproduktion, und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Bewegungen des 12. bis 14. Jahrhunderts in Bezug auf gendertheoretische Fragen des Frauseins und der Mutterschaft stehen im Zentrum der vorliegenden Arbeit. Weibliches Schreiben soll dabei allerdings nur am Rande thematisiert werden, auch wenn schriftliche Dokumente den Ausgangspunkt der unternommenen Analyse darstellen, bleibt doch die Autorschaft der Handschriften häufig zumindest fraglich. Trotz oder gerade wegen der dürftig belegbaren Quellen wähle ich Mutterschaft als jenen Themenbereich, der eine genaue Betrachtung verdient, wenn es um die Darstellung weiblicher Lebenswelten im Mittelalter geht. Ein weites soziologisches Feld, wie man meinen möchte, das einer Einschränkung bedarf, die durch die Konzentration auf die mystische Klosterkultur des bayrischen Raumes im 12.-14. Jahrhundert gegeben ist. Warum aber kann es heute von Interesse sein, den Umgang mit Familie und Mutterschaft der damaligen Zeit zu reflektieren und den Versuch zu unternehmen, Mutterschaft als zentrales Ereignis weiblicher Biografien nachzuweisen, den Umgang mit mütterlichen Gefühlen und Bedürfnissen einzelner Frauen anhand ihrer schriftlichen Zeugnisse zu reflektieren und daraus die im Zeitgeist begründete Einstellung Müttern und den sich daraus ergebenden (weiblichen) Qualitäten gegenüber abzuleiten? Mutterschaft ist auch im 21. Jahrhundert ein sehr divergent diskutierter Bereich des Frauseins. Die weitreichenden, teils hart umkämpften Anliegen der Frauenbewegungen im 20. Jahrhundert waren nicht das Ende dieses emanzipatorischen Prozesses. Wie jede Entwicklung soll diese möglichst in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, um dahinterstehende Realitäten und Einstellungen bereifen zu können. Fragen wir also heute nach der sozialen und psychologischen Wirklichkeit der Mutterschaft, des weiblichen Erlebens eines das Leben verändernden Ereignisses - der Geburt eines Kindes - schwingen historische Begebenheiten latent mit, können wir uns der genealogischen, über Generationen tradierten, Gedanken und Bilder nicht entziehen. Daher erscheint es mir lohnenswert, diesen Bildern ein Stück näherzukommen. Ohne sich in psychoanalytischen Deutungsmuster zu verlieren, bietet die Mystik, die sowohl Träume als auch ekstatische Momente der Entraffung zur Grundlage ihrer Schriften macht, ein Feld unbewusster Prozesse, das einen möglichst unverstellten Blick auf diese Bilder offenbart. Um 1300 lebte und wirkte Christine Ebner (Abb. 1), ihres Namens Nonne im Kloster Engenthal. Das dort verfasste Schwesternbuch, auch Von der Genaden Uberlast genannt, Abb. 1 1 beinhaltet primär Sterbe- und Übergangserlebnisse der dort beheimateten Frauen, doch finden sich auch Visionen, die dem folgenden Textausschnitt inhaltlich ähneln: Einez anderen tags do erschein ir unser fraw und het ir kindelin am arm. Und sprach zu dem kindelin: ,Liebez kint, wie haist du?‘ Do sprach ez: ,Jesus suzzelin.‘ Do wolt sie daz kint der mueter genomen haben: do wolt ez zu ir niht und sloez sich der muter umb die kelen. Da sprach sie: ,Liebez herrelin, waz wilt du mir danne geben?‘ Da sprach ez: ,Daz du bist ein kint dez ewigen reichs.‘1 Die unio mystica anstrebend, imaginierten Mystikerinnen in vielfältiger Art und Weise ihre subjektive und damit zum einen höchst individuelle Beziehung zu Jesus Christus. Zum anderen aber konnten sie ihre oftmals ekstatischen Erfahrungen nicht nur schwer verbergen, sondern wurden diese Bilder in der Gemeinschaft des Konvents besprochen, auf Anraten und manchmal sogar höhere Weisung hin niedergeschrieben und somit Teil einer allgemeinen Praxis. „Die Niederschrift soll die durch das fromme Leben der ältesten Nonnen bewirkte Heiligkeit der Gemeinschaft tradieren, deren Memoria garantieren und an die Nachahmung (besserung) der folgenden Generation appellieren.“2 Vielseitig besprochen sind dabei bereits brautmystische Motive, die eine Beziehung zwischen erwachsenen Menschen thematisch aufbereiten. Wie an der obigen Textstelle zu sehen ist, spielt Jesus, in den Vorstellungen der Charismatikerinnen, aber nicht nur in Form eines jungen und attraktiven Bräutigams eine große Rolle, sondern auch das Kindlein tritt vor sie, wird in einen kurzen Dialog verwickelt und in sehnender Hin- und Zuwendung aus der Ferne begleitet. Auch die Exklusivität der Mutterschaft wird bereits in diesen wenigen Zeilen verdeutlicht. Jesus ist nicht aller Frauen Kind. Maria ist und bleibt die eine besondere, weil jungfräuliche, Mutter und lädt weiterhin zum keuschen aber mütterlichen Leben ein. Es wird zu hinterfragen gelten, was Mutterschaft in jener Zeit der zu untersuchenden Nonnen gesellschaftlich bedeutete und dies in potentielle biografische Bezüge einzuordnen, mit dem Ziel einer möglichst eindeutigen Analyse mutterschaftsmystischer Elemente und deren Zu- und Einordnung in das Feld der Mutterschaftsmystik. Der Name Jesus ist in diesem Textbeispiel zentral, denn mit dessen Aussprechen erwacht die Liebe der Nonne zu dem Kind. Sie möchte sich mit ihm mütterlich verbunden wissen, was das Kind zunächst zwar verweigert, dann aber durch eine Umkehrung der Rollen, die Nonne ist Kind Gottes, auflöst. An diesem Beispiel möchte ich die Themenstellung der vorliegenden Arbeit erläutern und wesentliche Momente verdeutlichen. Mutterschaftsmystik ist ein Terminus, der noch kaum in den 1 Ebner, Christine: Der Nonne von Engelthal Büchlein Von der Genaden Uberlast. Schröder, Karl (Hg.). Tübingen: H. Laupp 1871. S. 43. 2 Bürkle, Susanne: Literatur im Kloster. Historische Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jahrhunderts. In: Haug, Walter/ Herkommer, Hubert/ Peters, Ursula (Hg.): Bibliotheca Germania. Handbücher, Texte und Monographien aus dem Gebiet der germanischen Philologie.