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Judith Hahn, Ulrike Gaida, Marion Hulverscheidt 125 Jahre Hygiene- Institute an Berliner Universitäten

Eine Festschrift Inhalt Vorwort

3 Zur Einführung Vieles, was uns im Alltag begegnet, kann man besser verstehen, wenn man die historischen Zusammenhänge 8 Die Gründung des Berliner Hygiene-Instituts dahinter kennt. 125 Jahre Hygiene-Institute der Cha- rité sind Anlass genug, um eine solche Aufarbeitung 18 Zögerliche Etablierung der Universitätshygiene der historischen Zusammenhänge vorzunehmen. Herrn Volker Hess möchte ich sehr herzlich dan- 23 Neue Impulse in der Hygiene während der ken, dass er drei Historikerinnen empfohlen hat, die Weimarer Republik sich mit sehr großem Engagement, Enthusiasmus und hoher Kompetenz der Aufgabe gewidmet haben, die 28 Hygiene im Nationalsozialismus und im Zweiten letzten 125 Jahre zur universitären Berliner Hygiene Weltkrieg zu erforschen und zusammenzustellen. Judith Hahn, Ulrike Gaida und Marion Hulverscheidt haben die zu- 33 Die Nachkriegszeit in bis in die 1950er gänglichen Quellen analysiert und viele Interviews mit Jahre Zeitzeugen durchgeführt. Herzlichen Dank an Erika Brandt, Helmut Hahn, 38 Das Hygiene-Institut der Humboldt-Universität Karlwilhelm Horn, Wolfgang-Dietrich Kampf, Wolf- in Ost-Berlin gang Kaufhold, Detlev H. Krüger, Wolfgang Presber und Henning Rüden, dass sie für Interviews zur Ge- 46 Das Hygiene-Institut der Freien Universität in schichte der Institute bereit waren. Außerdem vielen West-Berlin Dank an Gerhard Baader, Ingrid Becker, Petra Degen- hardt, Ulf Göbel, Michael Haupt, Regine Heilbronn, 54 Abschließende Bemerkungen Heike Martiny, Gabriele Moser und Manfred Stürzbe- cher für weitere Auskünfte und Hinweise bei der Zu- 55 Anhang sammenstellung der Daten und Zusammenhänge. Ich wünsche allen Lesern viel Freude und Anregun- gen beim Lesen der Institutsgeschichte.

Berlin, den . Mai  Petra Gastmeier Zur Einführung

Die Anfänge der Hygiene in Berlin liegen weit vor dem 1. Juli 1885, an dem das Hygiene-Institut an der Medi- zinischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin mit (1843–1910) als seinem Direktor und Inhaber des neu errichteten Lehrstuhls für Hygiene eröffnet wurde. Will man die Entstehung des Hygiene-Instituts verstehen, so ist sowohl früher anzusetzen als auch die Perspektive zu erweitern und darauf einzugehen, was damals überhaupt unter Hygi- ene verstanden, wie hygienisch gedacht und gehandelt wurde und wer sich der Hygiene als Wissenschaft, als Praxis oder auch als gesellschaftliche Denkungsart an- nahm. Erst vor diesem Hintergrund wird verständlich, welche Ziele und wessen wissenschaftspolitische Am- Johann Peter Frank (1745–1821) Rudolf Virchow (1821-1902) bitionen mit der Berufung Kochs in Berlin verwirklicht wurden.

Gegenstand der Hygiene

Hygiene umfasst die Gesunderhaltung und Vorbeu- chen Gesundheitspflege ab. Zeitweilig geriet das Werk wusstseins von Ärzten als politisch denkenden Bürgern gung von Krankheiten durch unterschiedliche Maß- in Vergessenheit, doch waren dessen Ideen nun in der sowie der Formierung der Ärzteschaft als Berufsstand. nahmen. Neben der Hygiene des Selbst oder der Per- Welt. Auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheits- Es mag umstritten sein, welchen Einfluss die Cholera- sonalhygiene, die schon in den sechs res non naturalis pflege wurden zunächst weniger Ärzte als vielmehr epidemien in Europa, die auch die großen deutschen der Hippokratischen Medizin, 1. Luft und Licht (aer), Verwaltungsbeamte, Architekten und Ingenieure aktiv, Städte mehrfach im 19. Jahrhundert heimsuchten, 2. saubere Luft, Essen und Trinken (cibus et potus), waren doch technische und bauliche Lösungen zu fin- bei der Verankerung einer öffentlichen, zunächst vor- 3. Bewegung und Ruhe (motus et quies), 4. Schlafen den sowie polizeiliche Maßnahmen zu ergreifen, um wiegend städtischen Gesundheitspflege hatten. Fest- und Wachen (somnus et vigilia), 5. Ausscheidungen vor allem in Städten eine hygienische Infrastruktur gehalten werden muss jedoch, dass seuchenartig auf- (excreta et secreta) und 6. Gemütsbewegungen (affic- aufzubauen, die Ausbreitung von Seuchen zu verhin- tretende Krankheiten wie Cholera und Typhus für die tus anima) im Sinne einer Diätetik beschrieben wurde, dern und für die Bevölkerung Krankheitsgefahren zu Medizin und die Mediziner Anlass gaben, über allge- kam es im 18. Jahrhundert zu einem ersten Ausformu- reduzieren. Besonders im 19. Jahrhundert wuchs das meine soziale Fragestellungen und ihre gesellschaftli- lieren einer öffentlichen Hygiene. Das „System einer Interesse auch von Ärzten an Fragen der öffentlichen che Verantwortung nachzudenken.1 Rudolf Virchow vollständigen medicinischen Polizey“, wie der Arzt Gesundheitspflege. Dies geschah angesichts zuneh- (1821-1902) öffnete die Typhusepidemie verelendeter Johann Peter Franck (1745-1821) sein mehrbändiges mend sichtbarer sozialer Probleme infolge der Indust- Weber in Oberschlesien 1848 die Augen. Von da an Werk betitelte, steckte das Aktionsfeld der öffentli- rialisierung und im Kontext des wachsenden Selbstbe- begriff er Politik als „Medizin im Großen“ und setzte 3 sich mit den sozialen Ursachen von Krankheit ausei- und der Berufswelt brachten den „homo hygienicus“2 nander: Hunger, unzureichend sauberes Trinkwasser, hervor. Dieser betonte Sauberkeit und Hygiene im Le- fehlende Abwasserentsorgung, Mangel an Licht, Luft bensstil und folgte einer neuen Denkungsart, in der und Freiheit. Zwar setzte sich die von ihm geforderte auch ein Wandel der bürgerlichen Sicht auf medizini- ‚Medicinische Reform‘, die er auch zum Titel einer von sche Gefahrenkonzepte ihren Ausdruck fand. War im ihm herausgegebenen Zeitschrift machte, nicht sofort 18. Jahrhundert noch gesund, was das Gleichgewicht durch, aber ein Schritt in Richtung Veränderung der der Säfte im Körper förderte, verlagerte sich zu Beginn hygienischen Verhältnisse war getan. des 19. Jahrhunderts der Fokus auf die äußere Reini- In den folgenden Jahren entwickelte sich eine breite gung der Haut. Eine neue Badekultur entwickelte sich, praxisorientierte Hygienebewegung in Deutschland. Reinlichkeit – einschließlich des Wohlgeruchs – stand 1867 wurde eine Sektion für Öffentliche Gesund- nun für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und morali- heitspflege bei der Gesellschaft der Deutschen Natur- sche Integrität. forscher und Ärzte angeregt. Diese wurde von zwei Veränderungen im Wohn-, Lebens- und Arbeitsum- Ärzten sowie Ingenieuren, Architekten und kommu- feld begleiteten Maßnahmen zur Organisation einer nalen Verwaltungsbeamten gegründet. Die gemischte, zentralen Trinkwasserversorgung zur Abwasser- und interdisziplinäre Interessensgemeinschaft gab ab 1869 Müllbeseitigung, zur Straßenreinigung sowie zur Er- die Deutsche Vierteljahresschrift für öffentliche Ge- richtung von Schlachthöfen und Desinfektionsanstal- Chemisches und hygienisches Laboratorium des 1876 errichteten sundheitspflege heraus. Danach gründete sich 1873 ten. Für Berlin, dessen Bevölkerungszahl sich im 19. Kaiserlichen Gesundheitsamtes, Luisenstraße 57, 2006. Hier der Verein für öffentliche Gesundheitspflege. Dieser Jahrhundert vervielfachte, das zur Industriemetropole entdeckte Robert Koch den Erreger der Tuberkulose. Seit setzte sich für die Einrichtung einer reichsweiten Ge- aufstieg und sich so beständig wie rasch ausdehnte, 1999 beherbergt das Gebäude das Institut für Sozialmedizin, sundheitsbehörde mit der Aufgabe ein, den Überblick erhielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine städti- Epidemiologie und Gesundheitsökonomie über den Gesundheitszustand der Bevölkerung zu ge- sche Kommission den Auftrag, einen Bebauungs- und winnen, Seuchengefahren abzuwenden sowie Verbes- Infrastrukturplan für die sich vergrößernde Stadt aus- serungsmöglichkeiten der Gesundheit zu verfolgen. zuarbeiten. Der daraufhin ausgearbeitete und nach 1876 wurde in Berlin das Kaiserliche Gesundheitsamt dem preußischen Stadtplaner benannte Hobrecht-Plan errichtet und damit die bereits 1848 erstmals formu- berücksichtigte in seinen städtebaulichen Vorgaben lierte Forderung nach einer reichsweiten Institution grundlegende hygienische Anforderungen wie eine Ka- erfüllt. Neben der statistischen Erfassung und Be- nalisation. Entsprechende Maßnahmen spiegeln sich trachtung des Gesundheitszustands im Volk wurde am auch in der Regulierung der inneren Hygiene wider. Reichsgesundheitsamt auch geforscht – anfangs weni- Hinzu gesellte sich die Lebensmittelhygiene und mit ger, im Verlaufe seines Bestehens zunehmend mehr. Die einiger Verzögerung die kommunale Wohnungsfür- wissenschaftliche Betätigung war nur eines von vielen sorge; auch die Reduzierung städtischen Lärms wurde Aufgaben des Reichsgesundheitsamtes. Unter Hygiene unter Hygiene subsumiert. Um den Anforderungen wurde dabei die Sicherung einer gesundheitsförderli- einer zunehmend komplexen Lebenswelt gerecht zu chen Lebenswelt verstanden. Urbanisierung und offen- werden, wurde somit ein immer höheres Maß an Pla- sichtliche soziale und ökonomische Folgen der Indus- nung, Prävention und sozialer Disziplinierung notwen- trialisierung galt es zu bewältigen. Damit verbundene dig. Die Entwicklung eines Verwaltungsstaates und die 4 Veränderungen der Lebens- und Umwelt, des Alltags Verwissenschaftlichung des Sozialen bedingten einan- der wechselseitig. Hygiene umfasste dabei weit mehr ten zu verhindern. Die Hygiene als angewandte Wis- als die Prävention von Krankheiten, wie sie durch die senschaft erhielt also durch die Kriege Rückhalt und von den Landesimpfanstalten durchgeführten Pocken- Basis in ihrer Funktion als Polizei. Mit der Entdeckung impfungen erfolgreich durchgeführt wurden. Mit der und Einführung des Penicillins und folgender anti- Entwicklung der Medizin zur Naturwissenschaft ver- biotisch wirksamer Medikamente sowie dem damit änderte sich die Hygiene auch in ihrer Bedeutung als verbundenen Rückgang der großen Infektionskrank- medizinischer Aufgabenbereich. Aus einer von Stadt- heiten wie Tuberkulose und Syphilis verlagerte sich planern, Architekten und Verwaltungsbeamten vollzo- die Aufmerksamkeit der Krankheitsprävention und genen Praxis wurde eine angewandte Wissenschaft und Bekämpfung von Infektionskrankheiten hin zu chro- mit Verzögerung eine universitäre, medizinische Diszi- nischen Erkrankungen. In beiden deutschen Staaten plin. Zu der wachsenden gesundheitspolitischen Be- wurde ein hoher Standard für hygienische Grundbe- deutung und Anerkennung wie auch zur Verwandlung dürfnisse nach sauberem Trinkwasser, sauberer Luft, der Hygiene in universitäres Lehrfach trug maßgeblich genießbaren Lebensmitteln, angemessenen Wohnun- die Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden gen und Arbeitsplätzen erreicht, auch und gerade und dabei besonders die Bakteriologie bei. Hygieniker durch die Auswirkungen von Hygienemaßnahmen. konnten nun jene Effizienzkriterien erfüllen, die ihnen Seit den 1960er Jahren setzte sich die Fachdisziplin mit Einfluss auf Entscheidungen in der öffentlichen Ge- den so genannten nosokomialen, im Krankenhaus er- sundheitspflege sicherten. Neuartige Labormethoden worbenen, Infektionen auseinander. Auch neue Krank- und medizinische Techniken fanden dabei ihren Weg heiten mit bislang unbekannten Krankheitserregern in die Hygiene und veränderten wiederum deren Auf- wie HIV, SARS und multiresistente Keime wie MRSA gabenbereich. forderten die Hygiene als angewandte, aber auch als Da heute mit Hilfe baulicher, technischer, gesetzli- Disziplin der Grundlagenforschung heraus. Auch cher, polizeilicher und medizinischer Maßnahmen die heute noch werden, wie schon zu Robert Kochs und Max von Pettenkofer (1818-1901) genannten hygienischen Ziele des 19. Jahrhunderts Max von Pettenkofers Lebzeiten, unterschiedliche He- weitgehend zum gesellschaftlichen Standard geworden rangehens- und Umgangsweisen mit Krankheiten und sind, außerdem hygienische Normen in der Lebens- Krankheitsursachen diskutiert, teilweise mit derselben weise bereits im Kindesalter internalisiert werden und Vehemenz. Hygienische Versorgung, Verwaltung und als selbstverständliche Verrichtungen und Handlungs- Ausbildung stellen heute neben der Wissensaneignung weisen des Alltags gelten, hat sich der Gegenstand der die originären Aufgaben der universitären Hygiene Hygiene erneut verändert. Einschneidend waren im dar, die sich über die vergangenen 125 Jahre stark ge- 20. Jahrhundert die beiden großen Weltkriege. Die wandelt haben. kriegsbedingt notwendigen hygienischen Maßnah- men, wie die Seuchenprophylaxe, wurden einerseits missbraucht, wenn an die katastrophalen hygienischen Methoden und Konzepte der Hygiene Verhältnisse in Ghettos und Konzentrationslagern ge- dacht wird. Andererseits führten die Kriege zu einer Max von Pettenkofer (1818-1901) hatte in München allgemeinen gesellschaftlichen Akzeptanz hygienischer bereits 1865 den ersten Lehrstuhl für Hygiene in Vorkehrungen, um Seuchenausbrüche und Krankhei- Deutschland erhalten. Die Hygiene, als eine auf na- 5 turwissenschaftlicher Methodik basierende Lehre von in Gang. Ein Grund lag paradoxerweise darin, dass der öffentlichen Gesundheitspflege, hielt damit erst- Berlin nicht erst im Jahr 2010 Stadt der Wissenschaft mals Eingang in das universitäre Curriculum. Zwar ist, sondern sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde Hygiene bereits im 18. Jahrhundert an Uni- durch seine Vielzahl an Forschungseinrichtungen aus- versitäten gelehrt, allerdings geschah dies unter der zeichnete und damit eine Sonderstellung in der Wis- Überschrift der „Staatsarzneikunde“, die ihrerseits senschaftslandschaft Deutschlands inne hatte. Wurde die beiden Bereiche der Medizinalpolizei und der Ge- in anderen Universitätsstädten die Gründung von richts- bzw. Rechtsmedizin umfasste. Angesichts der Hygiene-Instituten einhellig begrüßt, die Impfanstal- wachsenden Anforderungen an die öffentliche Ge- ten mit diesen verbunden und auch die Medizinal-Un- sundheitspflege wurde in der Mitte des 19. Jahrhun- tersuchungsämter bei ihnen angesiedelt, so gestaltete derts der Mangel an Kompetenzen bei Ärzten, Inge- sich die institutionelle Implementierung der Hygiene nieuren, Verwaltungsbeamten und Architekten immer in Berlin komplizierter. Führende Wissenschaftspoli- deutlicher. Das bestehende Wissen war nicht syste- tiker äußerten sich skeptisch und Virchow bedachte matisch zusammengefasst und so hatte Pettenkofer Pettenkofer sogar mit Spott. Wie einleitend skizziert, schon früh die Einführung eines eigenen Lehrfaches betrachtete Virchow die Hygiene als Gegenstand der der Hygiene gefordert. Als studierter Arzt und Che- medizinischen und sozialen Praxis, nicht aber als miker mit ärztlicher Approbation und Apothekenzu- wissenschaftliche und damit universitär gerechtfer- Abgabe von abgekochtem Wasser während der Cholera-Epidemie in lassung, war Pettenkofer vor allem an der unbelebten tigte Disziplin. Er hielt es für angemessen Hygiene als Hamburg 1892 Natur interessiert. Er sammelte Daten und Fakten Teilbereich in unterschiedlichen Fächern wie Chemie, über die Choleraepidemien in europäischen Städten Medizin, Statistik oder Ingenieurswissenschaften zu und formulierte auf deren Grundlage seine Bodenthe- lehren. Überdies reichte Virchow die Theorie Petten- orie. Diese beruhte nicht mehr auf den naturphiloso- kofers nicht weit genug, er vermisste insbesondere das phischen Spekulationen seiner Zeit, sondern auf einer gesellschaftliche, soziale Moment. Hygiene galt ihm empirischen Datenbasis. Gemäß der Pettenkofer‘schen darüber hinaus als eine angewandte Wissenschaft, die Theorie war der Boden, auf dem eine Stadt errichtet ihre Grundlagen und Methoden interdisziplinär aus war, für ein Seuchengeschehen verantwortlich. Die unterschiedlichen akademischen Fachgebieten bezog, Gefährdung hing demnach davon ab, wie durchläs- der Chemie, der Medizin, der Statistik und aus den sig oder eben undurchlässig der Boden für die daraus Ingenieurswissenschaften. Daher war er der Meinung, entweichenden giftigen Dämpfe war. Mit seinem An- und sein Wort hatte großes Gewicht in der Berliner satz fand Pettenkofer vor allem in München viele An- Wissenschaftslandschaft, dass Hygiene, modern for- hänger, unter anderem wurde er von Justus von Lie- muliert, als „Querschnittsfach“ an den Universitäten big (1803-1873), dem Giessener Chemiker, protegiert. zu verstehen und die Lehre von Vertretern der jeweili- In Bayern wurden Hygieneinstitute an Universitäten gen unterschiedlichen Disziplinen abzudecken sei. etabliert und in ganz Deutschland wurde die Hygiene Einen sowohl von Pettenkofer als auch von Vir- im Jahre 1883 zum Prüfungsfach im medizinischen chow abweichenden, für die Etablierung der Hygiene Staatsexamen, doch die Etablierung von Lehrstüh- als akademische Disziplin aber konstitutiven Akzent, len und Universitätsinstitutionen für Hygiene kam setzte Robert Koch mit seinen Forschungen. Seit 1880 6 in Preußen, insbesondere in Berlin, nur schleppend arbeitete er am Berliner Reichsgesundheitsamt. Koch bediente sich einer Methode, die – ausgehend von den Hygiene bezeichnet, die auch gegenwärtig noch rele- in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach einer Fächern und Instituten einer medizinischen Fakultät im vant sind. Zwischen den Paradigmen der Konstitution Zunahme von Subdisziplinen und Ausdifferenzierun- 19. Jahrhundert – eigentlich in der Pathologie angesie- und Umwelt einerseits und des Krankheitserregers als gen, die den wissenschaftlichen Inhalten ebenso wie delt war. Das Mikroskopieren, das Erkennen und Dif- Ursache für Krankheiten andererseits pendelnd, sind den politischen Bedingungen und materiellen Möglich- ferenzieren von Krankheitserregern sowie die dadurch in der historischen Entwicklung immer wieder Ak- keiten geschuldet waren, es im 21. Jahrhundert nicht vollzogene Visualisierung von Krankheitsursachen, zentverschiebungen zu beobachten, die durch neue zu einer Konsolidierung, sondern zu einer Konzentra- war Kochs alltägliches Metier; hieraus entwickelte er wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse sowie tion auf wenige, elementar und aktuell zentral erschei- die Grundlagen der Bakteriologie, einer Fachrichtung, politische wie soziale Entwicklungen variierend, für nende Teilgebiete kam. Diese sind methodisch weit von die es seiner Auffassung nach vor ihm noch nicht gege- die Definition der Aufgaben der Hygiene in der einen einander entfernt, teilweise bis zur Unkenntlichkeit der ben hatte. Damit beschränkte sich Koch in seiner For- oder anderen Weise ausschlaggebend waren – und disziplinären Herkunft. So liegt die Intention dieser Ju- schung auf einen Teilbereich dessen, was damals unter damit auch das jeweilige Profil der Hygiene-Institute biläumsschrift nicht in der Historisierung der aktuell Hygiene verstanden wurde. Weder die kommunale Hy- beeinflussten. In einem beständig von neuem geführten bearbeiteten Teilbereiche, sondern in der Darstellung giene im Pettenkoferschen Sinne noch die Prävention Aushandlungsprozess lässt sich daher als größte Kon- dessen, was Hygiene an den Universitäten in Berlin von Krankheiten in einem umfassenden sozialen Sinne, tinuität in der Entwicklung der Hygiene die Ab- sicht zwischen 1885 und heute ausmacht und ausgemacht wie Virchow forderte, waren Gegenstand seines Inter- beschreiben, Wechselwirkungen und Wechselbeziehun- hatte. Dabei haben wir uns auf vorhandene Literatur, esses. Neu und wesentlich an seinen Forschungen war gen von Krankheiten in den Griff zu bekommen. Die Materialien aus Berliner Archiven sowie auf Zeitzeu- demgegenüber, dass er mittels des Erkennens und Dif- Bekämpfung von Krankheiten findet dabei einmal im geninterviews gestützt. ferenzierens von Krankheitserregern erstmals einen di- Großen und ein andermal im Kleinen statt. Je nach Per- Ausgehend von der Gründung des Hygiene-Instituts rekten Ursachenzusammenhang zwischen Erreger und spektive wird der Mensch dabei als Krankheitsträger, beschreiben wir die Entwicklung des Instituts im Sinne Krankheit nachweisen konnte. Diese Erkenntnis wirkte als Krankheitsrisiko für Andere oder als Erkrankter einer Institutionengeschichte, berücksichtigen dabei konstitutiv für die Akademisierung der Hygiene. Ohne betrachtet. Mal wird die Vernichtung, die Eradikation die Leiter und deren Arbeitsschwerpunkte sowie die Kochs Erfolge in der Erregerentdeckung und damit in der Krankheitserreger angestrebt, mal die friedliche Ausgestaltung der Lehre und versuchen hier inhaltli- der reduzierten, klaren Kausalverknüpfung von kleins- Koexistenz, die Symbiose mit ihnen. Viel stärker noch che Veränderungen und wissenschaftliche Profilierun- ten Krankheitserregern mit großen Volkskrankheiten als andere, weniger interdisziplinäre medizinische Fä- gen auszumachen. Insbesondere wegen der parallelen und Seuchen – Cholera und Tuberkulose – wäre es der cher ist die Hygiene dabei geprägt von den Denkstilen Entwicklung in den beiden deutschen Staaten, die sich Hygiene als medizinische Fachrichtung nicht so rasch und Paradigmen, die innerhalb der Wissenschaft und im geteilten Berlin umso deutlicher zeigte, weil die gelungen, an den medizinischen Fakultäten verankert innerhalb der Gesellschaft einer Epoche gerade vor- Hygiene-Institute auf beiden Seiten der Mauer eine zu werden. herrschen. Die Entwicklung der Hygiene-Institute an Sonderstellung im Vergleich zu den Hygiene-Instituten Der reduzierte Ansatz Kochs und der auf Umwelt den Berliner Universitäten spiegelt die jeweiligen Ver- in den jeweiligen deutschen Staaten innehatten, kann und Konstitution setzende, weit gefasste Ansatz Pet- änderungen wider. die Chronologie und Geschichte der Berliner Hygiene- tenkofers, bewirkten eine Jahrzehnte andauernde Um es vorweg zu sagen: Mit sechs verschiedenen Institute nur bedingt eine Einordnung der Entwick- Lagerbildung unter den jeweiligen Anhängern der Standorten über die Zeit von 125 Jahren und als uni- lung der Gesundheitspolitik in den beiden deutschen verschiedenen Konzepte. Vertreter beider Richtungen versitäre Disziplin war die Berliner Universitätshygiene Staaten leisten. Die vorliegende Festschrift gibt daher versprachen sich jeweils eine umfassende Erklärung einer fortwährenden Neuordnung und Differenzierung eine überblicksartige Darstellung der Entwicklung der für alle Fragen der Hygiene. Wenn sich auch in den ausgesetzt. Wuchs die städtische Hygiene zu Beginn mit Hygiene-Institute in Berlin. Insbesondere für die Zeit über 100 Jahren bis heute die anfängliche Schärfe der Bakteriologie zu einer akzeptierten medizinischen der deutschen Zweistaatlichkeit haben sich etliche der gegenseitigen Ablehnung gelegt hat, so sind doch Disziplin heran, die auch noch die Sozial- und Arbeits- Desiderate aufgetan, deren weitere Untersuchung loh- damit die beiden Extrempositionen im Verständnis der medizin in sich integrieren konnte, so scheint es, dass nend erscheint. 7 Exponate zum Thema Wasser und Kanalisation im Museum des Exponate zum Thema Lebensmittel im Museum des Hygiene- Hygiene-Instituts, 1891 Instituts, 1891

Die Gründung des Berliner Hygiene-Instituts

Vorgeschichte – Die Hygiene-Ausstellung ler dessen Auffassung ebenso ein. Virchow wehrte sich I. Unterricht auf allen Gebieten der Hygiene ein- nicht gegen eine Hygiene als Feld der politischen und schließlich der Bakteriologie mit einem hohen An- Im Jahre 1883 wurde in Berlin eine Hygiene-Ausstel- gesellschaftlichen Tätigkeit sondern er verwehrte einer teil an Anschauungsunterricht und Exkursionen zu lung eröffnet, die eigentlich schon für das Jahr zuvor in seinen Augen angewandten Wissenschaft die akade- Einrichtungen der Gesundheitspflege wie Schlacht- geplant war, doch war der Ausstellungspavillon eine mische Adelung. Um die Einstellung des einflussreichen höfen, Wasserwerken und Kläranlagen, Durchfüh- Woche vor der Eröffnung niedergebrannt. Nach einem Virchows wissend, hatte Goßler eine Kommission zur rung von hygienischen und experimentalhygieni- Rundgang durch die gut besuchte Ausstellung regte der Bildung eines Hygiene-Museums einberufen, die nun schen Praktika, damaligen Kultusminister Gustav Heinrich von Goß- über den indirekten Weg eines Museums zu einem Insti- II. Betreuung und Unterhaltung eines Museums und ler (1838-1902) an, die gezeigten Exponate in einer tut führen sollte. Wenig erstaunlich, handelte es sich bei III. Erfüllung von Aufgaben als hygienisch-technische ständigen Sammlung zu Lehr- und Studienzwecken zu den Kommissionsmitgliedern nicht um Angehörige der Prüfstation mit Gutachten zu bestimmten Fragen vereinen. Er wusste um die Widerstände innerhalb der Medizinischen Fakultät, sondern um Medizinalbeamte, der Gesundheitsfürsorge. medizinischen Fakultät in Berlin gegen die Einrichtung Ingenieure und Techniker. Diese forderten eine praxiso- Zwar verwahrte sich die Medizinische Fakultät in einer eines Hygiene-Instituts, hatte doch Virchow in einer Sit- rientierte Einrichtung der Hygiene, an der alle wichtigen Stellungnahme zu diesem Gutachten gegen die Einrich- zung des Preußischen Landtages die Einrichtung eines Fragen der Nahrungsmittel-, Kommunal-, Wasser- und tung eines Hygiene-Instituts, argumentierend, dass die Hygiene-Instituts in Göttingen als überflüssig erach- Arbeitshygiene bearbeitet werden sollten. Dem Institut Ausbildung von Beamten-Ärzten nicht an der Universi- 8 tet; hinsichtlich eines Berliner Instituts schätzte Goß- unterstellte die Kommission drei Aufgabengebiete: tät stattfinden müsse und unter einem beredten Schwei- Plakette zur Erinnerung an den berühmten Vortrag Robert Kochs über die Ätiologie der Tuberkulose. Koch hielt diesen Vortrag noch bevor er Direktor des Hygiene-Instituts in der Klosterstraße wurde im Lesesaal des damaligen Physiologischen Instituts der Universität, Dorotheenstr. 96. Das Hygiene- Institut sollte erst 27 Jahre später, 1909, in dieses Gebäude einziehen. Robert Koch (1843–1910)

gen hinsichtlich des genannten Punktes über die Lehre ternational anerkannter Wissenschaftler von 42 Jahren. thologen Julius Friedrich Cohnheim (1839-1884) ein in der Bakteriologie. Diese wurde schon von Koch und Er hatte dezidiert wissenschaftliche Ambitionen, inwie- wissenschaftliches Umfeld und ein kollegiales Netz- seinen Mitarbeitern am Reichsgesundheitsamt geleistet. weit er eine akademische Laufbahn anstrebte, wird werk gefunden, dem er auch seinen Milzbranderreger Die Übernahme der drei Aufgabengebiete Lehre, Muse- unter seinen Biographen immer noch kontrovers dis- präsentiert hatte – war nicht genug. Umso entscheiden- umsbetreuung und gutachterliche Tätigkeit sah die Fa- kutiert. Erst mit der Übernahme des Hygiene-Institutes der für Kochs Laufbahn erscheint die Entscheidung des kultät nicht als originäre Aufgaben eines Universitätsin- in Berlin erhielt er den Professoren-Titel und wurde Leiters des Kaiserlichen Gesundheitsamtes Heinrich stituts an. Dennoch stimmte die Medizinische Fakultät Lehrstuhlinhaber. Auf eine gute Bezahlung seiner Tä- Struck (1825-1902), der Koch im Jahre 1880 an seine letztlich der Einrichtung eines Hygiene-Museums zu, tigkeiten bedacht, hatte er bis dahin eine zwischen- Institution holte. Das Ansehen dieser Institution war welches von einem Direktor geleitet werden sollte, mit zeitliche Stellung als Kreisphysikus in Breslau wieder allerdings nicht durch naturwissenschaftliche Errun- einem technischen Assistenten als Museums-Vorsteher. aufgegeben, weil die Entlohnung geringer ausgefallen genschaften geprägt, sondern vielmehr durch dessen war, als in Wollstein in der Provinz Posen, wo er seit Aufgabe, Informationen über den Gesundheitszustand 1872 eine Anstellung als Physicus angenommen hatte der Bevölkerung zu sammeln und zu bewerten sowie Robert Kochs Berufung und Eröffnung des Instituts und im Hinterzimmer seiner Praxis seine Forschungen Handlungsoptionen im Sinne staatlicher Interventio- zum Erreger des Milzbrandes durchführen konnte. Der nen daraus abzuleiten. Koch arbeitete am Kaiserlichen Als Robert Koch 1885 zum Leiter des neu errichteten Standortvorteil von Breslau – hier hatte er mit dem Gesundheitsamt mit Georg Gaffky (1850-1918) und Hygiene-Instituts berufen wurde, war er bereits ein in- Botaniker Ferdinand Cohn (1828-1898) und dem Pa- Friedrich Loeffler (1852-1915) zusammen. Als wissen- 9 Das Hygiene-Institut der Universität Berlin in den Räumen der Kochs Laboratorium im Hygiene-Institut, 1891 Tierstall des Hygiene-Instituts, 1891 ehemaligen Gewerbeschule in der Klosterstraße 32-36, 1891

schaftlich bahnbrechend bezeichnet, hielt Koch am 24. terstraße, fernab des Universitätsbetriebs und ohne di- hier. Im rechten Seitenflügel lagen die Arbeitsräume der März 1882 jenen Vortrag, in dem er einer Fachöffent- rekte Nachbarschaft zu einem Krankenhaus, eröffnet. Mitarbeiter mit einem so genannten Assistentenlabora- lichkeit seine Auffassung über die Ätiologie der Tuber- Im Zentrum des alten gelegen, ist eine Bebau- torium und eine Assistentenwohnung. Den größten Teil kulose darstellte. Er begründete damit die Auffassung ung des Standortes seit dem 14. Jahrhundert belegt. Die des Gebäudes mit über 150 Zimmern belegte darüber einer rein auf einen Krankheitserreger reduzierten nach einem Brand 1713 wiedererrichteten Gebäude hinaus die Hygiene-Ausstellung. Krankheitsursache. Kochs Entdeckung oder Erstbe- waren 1821 zur Einrichtung der Gewerbeschule vom schreibung brachte ihm über wissenschaftliche Meriten preußischen Staat angekauft worden. Seit dem Zusam- hinaus – den Nobelpreis für Medizin im Jahre 1905 – menschluss von Bau- und Gewerbeakademie zur Tech- Ausrichtung und Mitarbeiter des Instituts einen hohen Popularitätsgrad ein. Nun war er bekannt nischen Hochschule in Charlottenburg 1884 hatte das und in einem regelrechten Wettstreit warben Univer- Gebäude leer gestanden. Im Erdgeschoss befanden sich Neben dem Direktor verfügte das Institut über einen sitäten um ihn. So war er im Gespräch für den Leip- die Wohnung des Portiers und das Dienstzimmer des besoldeten Assistenten, dem auch die im Hause vor- ziger Lehrstuhl für Pathologie. Doch sagte er dort ab, Kustos. Daneben war hier – in Berlin nicht unüblich – handene Dienstwohnung zugewiesen wurde. Als Assis- weil ihm die Hygiene-Professur in Berlin versprochen ein weiteres Museum, das Museum für deutsche Volks- tent ist Bernhard Proskauer (1851-1915) zu nennen, wurde und dies sogar in der Voss‘schen Zeitung und trachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes, unterge- der als Präparator wirkte. Bei der Mehrzahl der im der Germania vorab bekannt gemacht worden war.3 bracht. Auch die Ställe für die Versuchstiere befanden Institut forschenden Wissenschaftler handelte es sich sich hier. Im ersten Stock lagen der große und im Quer- um abkommandierte Militärärzte, die sowohl vom gebäude der kleine Hörsaal. Die chemische Abteilung Heer als auch von der Marine an das Hygiene-Institut Das Hygiene-Institut in der Klosterstraße 32-36 war im linken Seitenflügel untergebracht. Das zweite beordert wurden. Mit ihrer Ausbildung und ihren In- Stockwerk beherbergte das bakteriologisch-mikrosko- teressen prägten sie den Charakter des Instituts. Die Am 1. Juli 1885 wurde das Hygiene-Institut in den pische Laboratorium, in dem auch unterrichtet wurde. militärmedizinische Ausbildung aller preußischen Mi- 10 Räumen der ehemaligen Gewerbeschule in der Klos- Kochs Arbeits- und Sprechzimmer befand sich ebenfalls litärärzte fand an der 1795 in Berlin gegründeten Pépi- Die Kaiser-Wilhelm-Akademie fur das arztliche Bildungswesen, Friedrichstraße 139/141, um 1905

nière, die 1895 in „Kaiser-Wilhelm-Akademie für das und Krankheitserreger wirkungsvoll abzuwehren in junger lernbegieriger In- und Ausländer einsetzte, die militärärztliche Bildungswesen“ umbenannt wurde, der Lage sind. Ab 1. Oktober 1887 war auch Bernhard sich voll Begeisterung um ihren Meister scharten und statt. Deren Schüler dominierten auch die personelle Nocht (1857-1945) als Marinearzt an das Koch’sche ihre Lebensaufgabe darin erblickten, seine Gedanken Besetzung am Hygiene-Institut. Zu den bedeutenden Institut abgeordnet worden. Nocht, der später als Ha- und Methoden über die ganze Welt zu verbreiten.“4 Militärärzten, die – bezahlt vom Militär – am Hygie- fenarzt in Hamburg wirkte und dem es gelang das Esmarch und Petri, auf den die Erfindung der Petri- ne-Institut als Assistenten arbeiteten, gehörte Martin 1900 gegründete Hamburger Institut für Schiffs- und schale zurückgeht, wurden Kustoden des Museums. Kirchner (1854-1925), der das von Koch vorformu- Tropenkrankheiten zu einer Einrichtung mit Weltruf Kitasato arbeitete auf dem Gebiet der anaeroben Bak- lierte Reichsseuchengesetz als Mitglied der preußischen aufzubauen, hat die Koch’sche Schule der Erregerent- terien. Ihm gelang die Reinkultur des Tetanusbazillus Regierung mit voranbrachte. Kirchner unterstützte das deckung auf tropischem Gebiet weiter geführt. Auch und damit der Anschluss an die Serumtherapie, die am 1900 verabschiedete Gesetz in seiner Position als Lei- Paul Uhlenhuth (1870-1957), der in späteren Jahren Institut des „Erzfeindes“ Frankreich, dem 1887 mit ter der hygienischen Untersuchungsstelle in Hannover, als Nachfolger Kochs gehandelt wurde, hatte in Berlin Spendengeldern gegründete Institut Pasteur in Paris, wo er für den zivilen und den militärischen Bereich zu- an der Kaiser-Wilhelm-Akademie sein Medizinstudium die Massen angezogen hatte. Die Konkurrenz zwi- ständig war. Der bekannteste Militärarzt bei Koch war absolviert und als militärärztlicher Assistent bei Koch schen Deutschland und Frankreich ist im Bereich der jedoch Emil Behring (1854-1917), der ab 4. August gearbeitet. Freiwillige Assistenten, also solche ohne hygienischen Wissenschaft besonders offensichtlich. 1889 an das Hygiene-Institut beordert wurde. Die an militärische Abordnung und ohne Besoldung waren: Louis Pasteur (1822-1895) und Koch waren die gro- Militärhygiene, Versorgung von Wunden und Verhin- Erwin von Esmarch (1855-1915), Julius Richard Petri ßen Helden, die von ihren Mutterländern verehrt und derung von Seuchen orientierte Aus- und Fortbildung (1852-1921), Shibasaburo Kitasato (1853-1931) und protegiert wurden, ihre Institute wetteiferten mitein- der Militärärzte sensibilisierte nicht nur Behring für Paul Frosch (1860-1928). Der spätere Mitarbeiter des ander: So war das Institut Pasteur in Paris nach dem Seuchenprävention und Hygiene. Am Hygiene-Institut Instituts, Bruno Heymann (1871-1943), stellte ange- Vorbild des Berliner Hygiene-Instituts ausgestattet, das intensivierte er seine Studien zu Antitoxinen, also vom sichts dieser Fülle bedeutender Namen in der Frühzeit Königlich Preußische Institut für Infektionskrankhei- Körper selbst produzierten Stoffen, die Krankheiten des Instituts einmal fest, dass „eine wahre Wallfahrt ten holte sich Anregungen aus Paris und wurde nach 11 Friedrich Loeffler (1852–1915) mit Robert Koch Auditorium des Hygiene-Instituts, 1891

Eröffnung im Jahre 1885 wiederum von französischen sich stark. Die Vorlesungen für Medizinstudenten hielt sächlich von Kochs Mitarbeitern abgehalten. Schon Wissenschaftlern ausspioniert. Koch meist selbst. Hierbei stützte er sich vor allem vor Gründung des Hygiene-Instituts hatte Koch bak- Wie erwähnt, hatte Koch bereits am Kaiserlichen auf die Vorlesungsskripte seines Kollegen und Freun- teriologische Kurse am Kaiserlichen Gesundheitsamt Gesundheitsamt eng mit Loeffler zusammengearbei- des Carl Flügge (1847-1923). Themen der Vorlesung durchgeführt. Diese wurden dort von Loeffler und tet. Nach der Eröffnung des universitären Hygiene- waren die Hygiene des Bodens, des Wassers, der Luft, Gaffky weiter fortgeführt, allerdings in wesentlich ge- Instituts setzte sich diese Zusammenarbeit als enge der Kleidung, der Ernährung, der Schule sowie Infek- ringerem Umfang, denn die meisten bakteriologisch in- wissenschaftliche Kooperation der beiden Berliner tionskrankheiten. teressierten Ärzte und Wissenschaftler wollten aus ers- Institutionen fort. Loeffler und Frosch gelten als die Neben bakteriologischen Kursen für Studierende ter Hand unterrichtet werden und suchten daher das Erstbeschreiber des Diphtherie-Erregers und des Maul- gab es Fortbildungen für Zivil- und Militärärzte. Die Hygiene-Institut auf. Bakteriologische Kurse, welche und Klauenseuchen-Erregers, wegen letzterem werden enge Einbeziehung militärärztlich relevanter Themen- maximal 34 Teilnehmer umfassen konnten, dauerten sie als Mitbegründer der Virologie begriffen. Loeffler, bereiche und Einrichtungen, die bereits bei der Zu- einen Monat und wurden sechs Mal im Jahr durchge- der spätere Lehrstuhlinhaber für Hygiene an der Uni- sammensetzung der Assistentenschaft Kochs deutlich führt. Inhalte waren „die Methoden zum Aufsuchen, versität Greifswald, ist der Namensgeber für das heu- geworden ist, war gewollt. Koch selbst und im Übri- Isolieren, Züchten von Reinkulturen der pathogenen tige Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit mit gen auch seine Nachfolger lehrten als ordentliche Pro- Mikroorganismen, sowie das Experimentieren mit Hauptsitz auf der Insel Riems. fessoren für Hygiene ebenfalls an der Kaiser-Wilhelm- letzterem u. zwar mit besonderer Berücksichtigung Akademie für das militärärztliche Bildungswesen. der Verwendung für hygienische Zwecke.“5 Innerhalb Die Kurse am Hygiene-Institut wurden im Prak- der ersten fünf Jahre haben sich so über 1.000 Ärzte Aufgaben und Lehre am Institut tikumssaal an speziell ausgestatteten Arbeitsplätzen und Studenten bakteriologisch fortgebildet, ein Drittel durchgeführt, neben dem theoretischen Wissen wur- davon waren Ausländer, insbesondere aus den Verei- Am Hygiene-Institut fand diverser Unterricht statt, den so auch praktische Fertigkeiten der Bakteriologie nigten Staaten, Russland, England, Italien, Skandina- 12 sowohl die Inhalte als auch die Hörer unterschieden vermittelt. Solche Lehrveranstaltungen wurden haupt- vien, Österreich und Japan. Darüber hinaus wurden Bakteriologisches Praktikanten-Laboratorium des Hygiene-Instituts, Das Preußische Institut für Infektionskrankheiten, Schumannstraße 1891 (Triangel), um 1900

zwischen 1886 und 1889 pro Jahr 100 Militärärzte in rausgegangen war der Tuberkulin-Skandal. Er wollte Ein Fotoalbum zum Abschied für Robert Koch und Bakteriologie ausgebildet. sich ganz seinen wissenschaftlich experimentellen Fotografien von heute Neben den spezialisierten Lehrveranstaltungen Arbeiten widmen. So jedenfalls umschrieb sein Nach- führte Koch seit 1887 auch Hygienekurse für Verwal- folger Max Rubner (1854-1932) in stark untertriebe- Zum Andenken an seine Zeit als Institutsleiter über- tungs- und Schulbeamte durch und erzürnte damit die ner Weise den Tuberkulin-Rausch, den Koch durch reichten Mitarbeiter Robert Koch 1891 ein Fotoal- Professoren-Kollegen der Fakultät. In der Öffentlich- seine Ankündigung, mit dem Tuberkulin ein Heilmit- bum, das bis heute erhalten geblieben ist. Es enthält keit gab es positive Resonanz auf diese Kurse, obschon tel gegen die Volksseuche Tuberkulose gefunden zu Portraits von Wissenschaftlern und Angestellten mit Koch auch betont hatte, dass diese Kurse die Lehrbe- haben, ausgelöst hatte.7 Wenn auch diese Hoffnung dazu gehörigen Instrumenten und Gegenständen, die lastung am Institut noch weiter erhöhten. Insbesondere bald schon zerstob, wurde Koch doch noch berühmter diese für ihren jeweiligen Arbeitsplatz als repräsentativ Rudolf Virchow lehnte die Ausweitung auf diese Kli- und erhielt zum Lohn ein eigenes extrauniversitäres erachteten. Die Idee einer solchen Inszenierung für die entel vehement ab. Er befürchtete „ein immer weiter Forschungsinstitut, in dem er – frei von akademischen vorliegende Festschrift aufnehmend, ließen sich gegen- gehendes Verflachen des Unterrichts“6, weil seiner An- Querelen und Lehrverpflichtungen – arbeiten konnte: wärtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Insti- sicht nach hier keine Erörterung und Reflektion über Das Königlich Preußische Institut für Infektionskrank- tute für Hygiene und Mikrobiologie an ihrem Arbeits- die Unterrichtsgegenstände stattfand, sondern lediglich heiten. Dieses Institut, das als Robert Koch-Institut in platz ablichten. Dabei entstanden Portraits, die, in der eine Unterweisung. der Infektionsforschung und Krankheitsepidemiologie Gegenüberstellung mit den vor mehr als 100 Jahren noch heute einen Namen hat, wurde 1891 in unmittel- entstandenen Fotografien, einen bildlichen Eindruck barer Nachbarschaft zur Charité eröffnet. Koch wurde von den Veränderungen der Arbeit in den Hygiene- Der Abschied Kochs als Institutsleiter nach seiner Beurlaubung von Erwin von Esmarch ver- Instituten vermitteln können. treten, bis dieser im folgenden Jahr, als die Nachfolge Koch ließ sich im Oktober 1890 von seinen Hoch- in Berlin feststand, Professor und Direktor auf dem schul- und Direktionspflichten beurlauben. Dem vo- hygienischen Laboratorium in Königsberg wurde. 13 von Esmach Pfeiffer Frosch Hilfssecretair Pohnert

14 Secretair Bach Kitasato Doenitz Geffers Bähn Moter Sekretärin Gilek

Sekretärin Gebhardt Kola Fischer 15 Assitent und Behring Museumsdiener Stitz Diener Kaul und Pfuhl

16 Portier Iben Frau Künzel Frau Sieber und Frau Salzmann Schmiedel und MTA Schulze Bibliothekarin Winkler Clausmeyer und Studenten Schmid, Pilarski, Gropmann

Hausmeister Günther Frau Hermann Herr Schillings 17 Respirationskalorimeter nach Rubner, um 1911 Der Neubau des Hygiene-Instituts, Hessische Straße 3-4

Max Rubner (1854-1932) Zögerliche Etablierung der Universitätshygiene

Ausrichtung des Instituts unter der Leitung von Marburg berufen. Dort entwickelte er die ersten Kalori- Insgesamt brachte Rubners Amtszeit die medizinische Max Rubner 1891-1909 meter, zunächst für Tiere, später auch für den Menschen. Grundlagenforschung stark voran, sein streitbarer Ein- Rubner vertrat die Auffassung, Hygiene sei angewandte satz für die eigenen Interessen, aber auch für die Inter- Nach Kochs Weggang musste ein Nachfolger gefun- Physiologie. Er zeigte, dass das Energieerhaltungs- essen des von ihm vertretenen Fachgebietes, hat in der den werden. Erneut verband sich damit eine wissen- gesetz auch im tierischen Organismus gilt und führte Medizingeschichte Spuren hinterlassen. schaftspolitische Entscheidung. Die Fakultät wollte das die Kalorienbestimmung der Nahrungsmittel ein. Ge- Hygiene-Ordinariat nicht aufgeben und diskutierte, meinsam mit Edgar Atzler (1887-1938) grenzte er das ob der Nachfolger aus der Pettenkofer’schen oder der Feld der Arbeitsphysiologie von der Arbeitshygiene – Institutsneubau und Umzug Koch‘schen Richtung zu wählen sei. Die Entscheidung der Frage nach angemessener Kleidung, Beleuchtung, fiel auf Max Rubner, eigentlich ein Physiologe, der sich Belüftung und Raumgestaltung – ab. Daraus resultierte In Rubners Amtszeit, unter seiner Leitung, Planung nach dem Studium der Medizin und der Chemie auf auch die Gründung des Kaiser-Wilhelm-Insituts für Ar- und Betreuung, entstand ein Neubau des Hygiene- dem Gebiet der Ernährungslehre spezialisiert hatte. Er beitsphysiologie im Jahre 1913 in Berlin-Dahlem. Doch Instituts in der Hessischen Straße 3-4, dem heutigen untersuchte nicht die Differenzen der Nahrungsstoffe, nicht nur die Forschung war Rubners Anliegen. In be- Forschungshaus der Charité. Architektonisch geplant als vielmehr deren Energiegehalt. 1883 hatte er sich in sonderem Maße sah er sich der Wissensvermittlung ver- und geleitet wurde der Bau von Max Guth, der zuvor München für Physiologie habilitiert und wurde 1885 pflichtet, was seine Autorenschaft von Lehrbüchern und gemeinsam mit Ernst von Ihne die Kaiser-Wilhelm- 18 auf den neu errichteten Lehrstuhl für Hygiene nach Handbüchern der Hygiene in mehreren Auflagen zeigt. Institute in Dahlem entworfen und deren Errichtung Hörsaal im Hygiene-Institut, Hessischen Straße 3-4 Chemischer Arbeitssaal im Hygiene-Institut, Hessische Straße 3-4 Max Rubner mit Assistenten und Schülern

betreut hatte. Der Neubau verfügte nicht nur über eine Der Umzug erfolgte 1904/05, im neuen Hörsaal wurde der Berliner Universität überwechselte. Dieser Umstand Niederdruckdampfheizung mit vier Kesseln, sondern am 3. November 1904 die erste Vorlesung gehalten. rief laut der in Leipzig erscheinenden Illustrierten Zei- auch über genügend Arbeitsplätze, an denen hygie- Dass sich Rubner beim Institutsneubau stark enga- tung „allgemeines Erstaunen und große Überraschung“ nisch und bakteriologisch gearbeitet werden konnte. gierte, lässt sich als Ausdruck seines professionellen hervor.8 Für effiziente Beleuchtung und Belüftung war durch Selbstverständnisses deuten. Bereits beim Neubau der den Einbau von Schiebefenstern gesorgt. Die Arbeits- Charité, der ab 1897 bei laufendem Betrieb stattfand, plätze verfügten über einen Gas- und Wasseranschluss, war er der Berater in hygienischen Fragen gewesen. Lehre des Instituts in Rubners Amtszeit die Tischoberfläche war mit Linoleum überzogen. In Daneben trat Rubner als Sachverständiger in den wich- den Arbeitsräumen für gefährliche Krankheiten wurde tigen Fragen der Trinkwasserversorgung und Abwasse- Auffallend ist, dass sich im Vergleich zur Situation weitgehend auf den Einbau von Holzteilen verzichtet. rentsorgung auf. unter Koch 1891, unter Rubner die Anzahl der Mit- Die Versuchstiere waren nicht mehr im Keller, sondern Zu den Spuren, die Rubner in seiner Amtszeit als arbeiter am Institut nicht veränderte, obgleich die in einem Nebengebäude untergebracht. Die sechs Ge- Institutsdirektor hinterließ, zählt nicht zuletzt, dass es räumliche und apparative Ausstattung im neuen Ins- schosse des Hauptgebäudes waren durch einen Per- ihm gelang, in dem neuen, über 150 Räume umfassen- titutsgebäude nun herausragend war. 1907 lautete der sonen- und Lastenaufzug miteinander verbunden, der den Institutsgebäude zu bleiben, als er im Jahre 1909 Personalbestand: Ein Direktor, ein Abteilungsvorsteher, sowohl mit einem Führer als auch über eine elektrische seinen Posten als Leiter des Hygiene-Instituts aufgab ein Oberassistent, sechs Assistenten, darunter drei kom- Druckknopfsteuerung bedient werden konnte. und auf den freigewordenen Lehrstuhl für Physiologie mandierte Militärärzte, zwei vom Heer, einer von der 19 stuhls und Institutsleiters für Hygiene ein Problem dar. Nachdem der erste Lehrstuhlinhaber nun sein eigenes Forschungsinstitut besaß und sein Nachfolger einem anderen Lehrstuhl den Vorzug gab, stand erneut in Frage, aus welchem Lager von hygienisch tätigen Wis- senschaftlern dieses Ordinariat besetzt werden konnte. Die Fakultät wollte keinen reinen Bakteriologen, also keinen Koch-Anhänger, aber auch keinen Physiologen, der erst zum Hygieniker gemacht werden musste.11 Die Entscheidung fiel auf Carl Flügge (1847-1923), Carl Flügge (1847-1923) Zeitschrift für Hygiene und der zum Zeitpunkt der Berufung im April 1909 bereits Infektionskrankheiten 1899 62 Jahre alt war. Flügge genoss hohes Ansehen und große Wertschätzung sowohl in der Berliner Fakultät als auch im preußischen Kultusministerium, zugleich war er mit Koch befreundet. Bereits 1891 war er, der ebenso wie Koch in Göttingen Medizin studiert und Marine. Die Hausverwaltung lag in den Händen eines klar, dort lehrte ein hochbedeutender Mann, aber wie sich 1878 in Berlin für Hygiene habilitiert hatte, für Sekretärs und eines Bürodieners, die Unterhaltung des er lehrte, das war schwer zu ertragen. Eine Stunde lang die Nachfolge von Koch vorgeschlagen. Ab 1887 war Gebäudes und der Laboratorien in der Zuständigkeit Erläuterungen einer Apparatur mit allen Röhren und er Hygiene-Ordinarius in Breslau, einer kleinen, de- eines Mechanikers, eines Pförtners, eines Heizers und Schrauben. Technik der hygienischen Untersuchungs- zentral im deutschen Kaiserreich gelegenen Universi- von fünf Labordienern. methoden stand im Vordergrund. Seuchen und Epide- tätsstadt, die aber als Geburtsort der Krankheitserre- Rubners Lehrverpflichtungen waren sehr umfang- miologie sind dann vielleicht drangekommen, als ich ger-Suche gilt, seitdem Koch in seinen Versuchen dort reich, neben den akademischen Verpflichtungen unter- nicht da war. Ich habe das Studium beendet, völlig die Existenz des Milzbranderregers nachvollziehbar richtete er „Landräte, Seminarlehrer, Medizinalbeamte, schimmerlos in der Hygiene und wenn mir jemand demonstriert hatte. Gemeinsam gaben Flügge und Militärärzte und praktische Bakteriologen, Kurse für gesagt hätte, ich würde einmal Hygieniker werden, so Koch seit 1886 die Zeitschrift für Hygiene und Infek- Studenten, Oberärzte, Stabsärzte und Oberstabs- hätte ich nur vieldeutig an die Stirn getippt.“10 tionskrankheiten heraus. ärzte“.9 Allerdings scheint seine Lehre nicht gerade In seiner Amtszeit als Leiter des Hygiene-Instituts beliebt gewesen zu sein. So erinnert sich der damalige in Berlin machte Flügge sich zur besonderen Aufgabe, Student Ernst Rodenwaldt (1878-1965), der später die Integration der Hygiene unter Carl Flügge 1909-1921 die Differenzen zwischen den unterschiedlichen La- so genannte Geomedizin und die deutsche Tropenhy- gern der Hygiene zu glätten und zu befrieden. Unter giene prägen sollte: „Beinahe gar nicht bin ich in die Mit dem Wechsel Rubners auf das Ordinariat für Phy- Flügge gelang nicht nur die Integration, sondern auch 20 Hygienekollegs bei Rubner gegangen. Sicher, eines war siologie stellte die Neubesetzung des vakanten Lehr- die Etablierung des Faches Hygiene in Berlin. Das Hygiene-Institut in der Dorotheenstraße 96, 1990er Jahre Der Lesesaal des Hygiene- Der Hörsaal des Hygiene-Instituts, 2010 Instituts, 2010

Erneuter Umzug des Hygiene-Instituts tet wurden Kursräume, eine Nährbodenküche sowie Geburtstag: „Ganz besonders können Sie Stolz sein ein bakteriologisches Laboratorium. Das Auditorium auf die Saat, welche Sie durch Ihre so außerordentlich Nach seiner Berufung ins Amt zum 1. April 1909, hatte und Lesezimmer wurden in der vorhandenen Ausge- erfolgreiche Lehrtätigkeit ausgesät haben. Ihr Wirken Flügge zunächst den Umbau des vormaligen Physiolo- staltung belassen. Der Umzug des Hygiene-Instituts in wird nicht allein in Ihren zahlreichen Arbeiten, son- gischen Instituts in der Dorotheenstraße 96 zu leiten, die Dorotheenstraße führte zu einer erneuten Distanz dern auch in ihren Schülern fortleben. Es ist doch eine in das ein erneuter Umzug erfolgen sollte, denn Rub- zu den anderen Grundlagenfächern der Medizin, die schöne Sache um das Lehrtalent.“13 ner konnte durchsetzen, dass das Physiologische Insti- samt und sonders in der Hessischen Straße angesie- Flügge hatte ein anspruchsvolles Lehrdeputat zu tut unter seiner Leitung im Gebäude in der Hessischen delt waren. Die „sehr instruktive Sammlung“, der- leisten; neben dem Unterricht an der Universität war Straße verblieb. Nach den Plänen des Architekten Paul einst Grundstock des Instituts und Museums, wurde, er als Mitglied des Reichsgesundheitsrates und als or- Emanuel Spieker (1826-1896) entstanden, gehört das da kaum Platz zur Aufstellung der Exponate vorhan- dentlicher Professor der Friedrich-Wilhelms-Univer- ehemalige Physiologische Institut zu einem Komplex, den war und auch keine Gelder zur Ergänzung neuer sität sowie der bereits vorgestellten Kaiser-Wilhelm- der sich entlang der Dorotheenstraße von der Ecke Ausstellungsstücke von Seiten der Fakultät oder des Akademie für das militärärztliche Bildungswesen mit Wilhelmstraße bis zur Ecke Bunsenstraße erstreckt. Ministeriums bereit gestellt wurden, ausrangiert. Le- etlichen verwaltungstechnischen Aufgaben betraut. Von 1873 bis 1878 wurde der Bau als Physiologisches diglich wenige Objekte wurden noch im Unterricht Doch das Fach, welches er vertrat, lag ihm am Her- Institut der Berliner Universität unter dessen Direktor verwendet.12 zen. Um in der Hygiene die naturwissenschaftlich ori- Emil Du Bois-Reymond (1818-1896) errichtet. Im Le- entierte Laboratoriumswissenschaft mit der sozialen sesaal dieses Instituts hatte Robert Koch am 24. März Wissenschaft zu verbinden, setzte er sich – gegen den 1882 seinen epochalen Vortrag über die Tuberkelba- Lehre und Ausrichtung des Instituts Willen der gesamten Fakultät –, für die Einrichtung zillen gehalten. eines Ordinariats für Soziale Hygiene ein. Sein größter Die Räumlichkeiten waren nun den Bedürfnissen Flügge unterrichtete gerne. So formulierte Koch in Widersacher in dieser Frage war und blieb sein Amts- eines Hygiene-Instituts anzupassen. Neu eingerich- einem Glückwunschschreiben 1907 zu Flügges 60. vorgänger Rubner, der als Inhaber des Lehrstuhls für 21 Physiologie in den Fakultätsratssitzungen saß, zeit- perten aus der Praxis, sie unterrichteten gemeinsam Das Institut und der Erste Weltkrieg weise auch das Amt des Dekans innehatte und daher oder waren geeint durch den Wunsch, ihr Wissen, ihre die Geschicke der Disziplin mit gestaltete. Methodik und ihre Erkenntnisse weiterzugeben. So Flügges Amtszeit reichte über die Zeit des Ersten Unter Flügge und seinen Mitarbeitern wurden öffneten sowohl das Reichsgesundheitsamt als auch Weltkrieges hinaus bis in die Weimarer Republik. Vor zunächst die Veranstaltungen zur Bakteriologie im das Preußische Institut für Infektionskrankheiten ihre diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, was sich Sommersemester 1914 auf „Bakteriologie, Infektions- Laboratorien für die Studierenden, interessierte Ärzte mit Kriegsbeginn im Institut änderte. Nur soviel war krankheiten, Immunitätslehre, Experimentelle The- und für Laien. Unterricht im Fach Hygiene fand also im Rahmen der vorliegenden Studie in Erfahrung zu rapie“ ausgeweitet und auch von Abteilungsleitern nicht nur im Hygiene-Institut statt, sondern in ver- bringen: Als hygienischer Beirat beim Sanitätsamt des des Robert Koch-Instituts für Infektionskrankheiten schiedenen Instituten der Gesundheitsversorgung in Gardekorps lieferte Flügge der Medizinalabteilung angeboten. Claus Schilling (1871-1946), Leiter der Berlin. des Kriegsministeriums Gutachten, stellte Impfstoffe Abteilung für Tropenmedizin am Preußischen Institut Neben Bruno Heymann ist von den Assistenten gegen Typhus und Cholera her und ließ Versuche über für Infektionskrankheiten las 1914 über Protozoen- Flügges vor allem Arthur Korff-Petersen (1882-1927) Desinfektion sowie Schutzmittel gegen giftige Gase krankheiten, August von Wassermann (1866-1925), zu nennen, welcher nach einem kurzen beruflichen anstellen.16 Daneben betrieb er weiterhin seine wissen- Leiter der Abteilung für experimentelle Therapie und Aufenthalt im Jahre 1909 im Deutschen Krankenhaus schaftlichen Studien, die methodisch sowohl die Labo- Serumforschung am nämlichen Institut, nach dem die in San Francisco, USA, die Stellung als Assistent Flüg- ratoriumswissenschaft als auch die Statistik umfassten. serologische Untersuchung auf Syphiliserkrankung ges antrat. Er profilierte sich, obschon sowohl in der In seiner 1916 erschienenen Studie „Großstadtwoh- benannt ist, las die experimentelle Therapie. Unter Hygiene als auch in der Mikrobiologie ausgewiesen, nungen und Kleinhaussiedlungen in ihrer Einwirkung dem Abschnitt Hygiene bzw. Gesundheitspflege wur- insbesondere in der Schul- und der Lufthygiene, welche auf die Volksgesundheit. Eine kritische Erörterung für den im Vorlesungsverzeichnis auch „Arbeiten in der aufgrund der zunehmenden Luftverschmutzung durch Ärzte, Verwaltungsbeamte und Baumeister“ verband bakteriologischen Abteilung des Pathologischen Ins- den aufkommenden Automobilverkehr an Bedeutung er die laborwissenschaftliche Praxis mit der sozialhy- tituts für Geübte“, „Arbeiten auf dem Gebiet der Im- gewann.14 Er erwarb sich damit den Ruf, einer der we- gienischen Erörterung der Frage nach der Wohnungs- munitätsforschung für Fortgeschrittene in der bakte- nigen zu sein, „die dem Gedanken entsprachen, dass hygiene. riologischen Abteilung des Krankenhauses Moabit“ die Hygiene die Wertigkeit aller Einflüsse der natürli- Damit scheinen die Ereignisse Krieg und Revolution sowie „Arbeiten für Vorgerücktere im Laboratorium chen und künstlichen Umgebung auf den Menschen am Hygiene-Institut zunächst kaum Spuren hinterlas- für Immunitätsforschung und experimentelle The- zu untersuchen hat.“15 1915 habilitierte Korff-Peter- sen zu haben. Angesichts der engen Beziehung, in der rapie des Pharmakologischen Instituts“, letzteres an sen sich und wurde Abteilungsvorsteher am Institut. die Militärmedizin und die Hygiene standen, ist dies sechs Tagen in der Woche, angeboten. 1918 führte ihn sein beruflicher Weg auf die Professur bemerkenswert. Es mag die These angebracht sein, Mit diesem Lehrangebot erscheint die Hygiene als und Direktion des neu eingerichteten Hygienischen dass der Kriegszustand eher zu einer Konsolidierung ein Sammelbecken für unterschiedliche Richtungen Instituts in Dorpat, 1925 übersiedelte er nach Kiel. Er und verstärkten Anwendung und nicht zu einer Ent- der Prävention und der Lebens- bzw. Krankheitsbe- starb im Alter von nur 45 Jahren im Jahr 1927 an wicklung von theoretischen Konzepten innerhalb der 22 trachtung. In der Bakteriologie trafen sich die Ex- einem Nierenleiden. Hygiene führte. Neue Impulse in der Hygiene während der Weimarer Republik

Die Jahre 1918/1919 stellen in der deutschen Ge- Diese Auffassung verfolgte Flügge mit Nachdruck, was schichte eine Epochengrenze dar. Der Erste Weltkrieg sich darin zeigt, dass er sich für die Berufung Alfred war verloren und mit ihm ging die Ära des Kaiser- Grotjahns (1869-1931) zum ersten Ordinarius für So- reiches zu Ende. Die Revolution erschütterte die ge- zialhygiene in Berlin einsetzte. Beharrlich und bereits sellschaftliche Ordnung. Der neuen, demokratischen seit 1913 hatte er sich für Grotjahn und die Etablie- Verfassung begegneten viele Bürger mit Skepsis. Im rung der Sozialhygiene engagiert – gegen den Willen Bereich der Gesundheitsversorgung führten struktu- der Fakultät. Erst in der Weimarer Republik ließ sich relle Probleme zu einer „Krise der Medizin“ aber auch dieses Vorhaben umsetzen. Flügge sandte im Februar zur Verwirklichung neuer Ansätze. Medizin und Me- 1919 eine Denkschrift über die Notwendigkeit der Er- diziner nahmen sich nun verstärkt dem Menschen in richtung sozialhygienischer Lehrstühle und Institute an seiner ganzen sozialen Befindlichkeit an. das zuständige Kultusministerium, ohne sich darüber vorher mit der medizinischen Fakultät abzustimmen. Die Kollegen der Fakultät widersetzten sich seinem Die Etablierung der Sozialhygiene am Hygiene- Vorschlag, weil sie die Teilung der Professur für Hy- Institut giene befürchteten. Treibende Kraft dabei war, wie erwähnt, Rubner. Dieser wollte durch eine taktische Auch die Universität war in Reformbestrebungen der Verzögerung bis zur Emeritierung Flügges erreichen, Novemberrevolution einbezogen, diese erschienen dass die Idee nicht umgesetzt würde. Er mobilisierte dringend notwendig. Carl Flügge, der langjährige Leiter eine Stellungnahme der „Fachgemeinschaft der Deut- und Integrator der Hygiene setzte jedoch auf Kontinui- schen Hygiene-Professoren“, unterzeichnet von 22 Di- tät und warnte vor einem „Reformtaumel“, der man- rektoren hygienischer Universitätsinstitute: „Nur der chen Zielen schaden könnte, er suchte nach gangbaren Direktor des Hygiene-Instituts in Berlin hält für diese Wegen für die weitere wissenschaftliche Entwicklung Hochschule eine selbständigere Stellung des Vertreters Alfred Grotjahn (1869-1931), 1929 der Hygiene.17 Flügge sah die Vermittlung der Hygiene der sozialen Hygiene für wünschenswert.“18 Trotz die- als reformbedürftig an, wurden ihm doch, so er selbst ser Stellungnahme und eines Einspruchs der Berliner in einem Manuskript über die Reform des Hygiene- Medizinischen Fakultät berief der Unterrichtsminister, Unterrichts „manche Teile der Hygiene zu breit behan- ein Sozialdemokrat, am 14. Juni 1920 Alfred Grotjahn delt und in den Kursen zu viel Untersuchungsmethoden zum ordentlichen Professor und Ordinarius für soziale gelehrt“. Er wollte bei den Vorlesungen mehr Gewicht Hygiene an die Berliner Fakultät. auf die Gebiete der sozialen Hygiene, insbesondere die Flügge beteiligte Grotjahn an den Staatsexamensprü- Berufs- und Schulhygiene legen. fungen zu einem Drittel. Damit war nicht nur die erste 23 Professur für Sozialhygiene in Deutschland geschaffen, 1921), um Unterstützung der Habilitation Grotjahns diese neue Disziplin wurde aufgrund der Prüfungsre- gebeten, scheiterte am Widerstand Rubners. Der Dis- levanz auch in der Lehre verankert. Nach Grotjahns sens zwischen Grotjahn und Rubner spaltete die deut- frühem Tod im Jahre 1931 übernahm der Sozialhygie- sche Medizin und Hygiene bis weit nach dem Ende niker Benno Chajes (1880-1938) die Leitung des Semi- des Ersten Weltkrieges.19 nars, bis es 1933 von den neuen nationalsozialistischen Machthabern aufgelöst wurde. Grotjahn hatte sich mit seinem bereits publizierten Verwissenschaftlichung des Sozialen Werk „Soziale Pathologie“, welches er im Untertitel als „Versuch einer Lehre von den sozialen Beziehungen Der erneute Vorstoß Flügges, Grotjahn ein dotiertes der Krankheiten als Grundlage der Sozialen Hygiene“ Extraordinariat zu verschaffen, wurde über 16 Mo- näher bestimmte, hervorgetan. Sein Ansatz bestand nate lang verhandelt, bis es 1912 zu einer positiven darin, dass er Krankheiten nicht nur von ihrer klini- Einigung kam. Die Bemühungen Flügges und Schmol- schen, sondern auch ihrer sozialen Ursache her be- lers um einen Lehrstuhl für Grotjahn lassen sich als trachtete und dem individuellen Krankheitserleben die Ausdruck des bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein- kollektive Krankheitslast und deren Wechselwirkung setzenden Prozesses der Verwissenschaftlichung des mit ökonomischen Entwicklungen gegenüberstellte. Sozialen in der Medizin verstehen, die bereits Virchow Demnach hatten nicht nur individuell-konstitutionelle in ähnlicher Weise mit dem Schlagwort „Die Medizin Faktoren Einfluss auf den Verlauf und das Entstehen muss sozial sein, oder sie wird nicht sein“ gefordert einer Krankheit, sondern ebenso das Umfeld, sei es die hatte. Es dauerte weitere sieben Jahre, bis aus dem Wohnung, die Arbeit, die Familie, Luft und Wasser- Extraordinariat Grotjahns ein „Sozialhygienisches güte. Flügge, sein akademischer Förderer wenn auch Seminar“ entstand. Was die Vorgehensweise der So- nicht sein Mentor, ließ sich von der Wichtigkeit der so- zialhygiene angeht, so war Grotjahn dabei durchaus Grotjahns Hauptwerk „Soziale Pathologie“ von 1912 zialen Faktoren und von der Notwendigkeit der Beach- von damals populären eugenischen und sexualhygie- tung derselben wohl überzeugen. Grundsätzlich hatte nischen Methoden überzeugt. Eugenik in seinem Sinne dieser Ansatz in der damaligen Blütezeit der natur- sollte nicht der „Aufartung“ einer „Rasse“ dienen. wissenschaftlich orientierten Medizin einen schweren Grotjahn akzeptierte eugenische Praktiken aber als Stand. Dies lag ebenso im Denkstil als auch in den Per- Mittel der Krankheitsprävention für die Bevölkerung. sonen begründet. Grotjahn hatte bereits 1904 einen Versuch zur Habilitation unternommen; der von ihm geschätzte Staatswissenschaftler Gustav Schmoller Emeritierung Flügges (1838-1917) hatte bei Friedrich Althoff (1839-1908) angefragt. Dieser lehnte die Protektion aber wegen Flügge, in dessen Amtszeit sich das Hygiene-Institut der radikalen politischen Auffassungen Grotjahns ab. durch seinen persönlichen Einsatz und durch die po- Auch ein erneuter Vorstoß im Jahre 1905, Schmoller litischen Veränderungen nach dem Ersten Weltkrieg hatte den Anatomen und amtierenden Dekan der me- maßgeblich verändert hatte, wurde in seinem 73. Le- 24 dizinischen Fakultät, Heinrich Waldeyer-Hartz (1836- bensjahr emeritiert. Grundlage für sein Ausscheiden war allerdings nicht sein Wunsch nach Ruhestand, Martin Hahns Berufung zum Institutsleiter 1922 sondern das neu erlassene Gesetz über die Einführung einer Altersgrenze für Hochschullehrer, welches nicht Während der Vakanz der Professur Flügges hieß der nur ihn, sondern auch seinen Amtsvorgänger Rubner, Dekan der medizinischen Fakultät Max Rubner. der im achten Lebensjahrzehnt stand, betraf. Beide Dieser forderte die Berliner Privatdozenten für Hy- hatten das nun vorgeschriebene Emeritierungsalter giene auf, ihm Vorschläge für die Nachfolge Flügges von 68 Jahren schon weit überschritten. Flügges Ad- zu unterbreiten. Von Flügge und seinen Mitarbeitern latus Bruno Heymann, der seit 1897 mit Flügge ge- wurde an erster Stelle Paul Uhlenhuth genannt, der meinsam gearbeitet hatte, erst in Breslau und dann ab schon unter Koch Assistent am Hygiene-Institut ge- 1910 in Berlin, wurde zum stellvertretenden Direktor wesen war und unter Friedrich Loeffler in Greifswald und ersten Abteilungsvorsteher ernannt. Heymann, habilitiert hatte. Bis 1919 war er ordentlicher Profes- der das Institut übergangsweise für anderthalb Jahre sor für Hygiene in Straßburg und durch serologische leitete, hatte sich mit Arbeiten zur Tuberkulose, insbe- und parasitologische Arbeiten bekannt, nicht jedoch sondere der Ansteckungsmöglichkeit über das Sputum mit hygienischen Themen aus der physiologischen der Offentuberkulösen, wissenschaftlich verdient ge- Richtung befasst. Er lehnte den Ruf nach Berlin – macht. vorgeblich aus finanziellen Erwägungen – ab, hatte er Bruno Heymann hatte in Breslau unter Flügge 1904 doch zeitgleich ein Angebot der Marburger Behring- habilitiert. Er folgte seinem Mentor nach Berlin und Werke erhalten. So erhielt der auf die zweite Stelle der wurde dort 1912 zum außerordentlichen Professor er- Vorschlagsliste gesetzte Martin Hahn (1865-1934) nannt, ab 1914 bekleidete er das Amt des Abteilungs- den Ruf und nahm ihn 1922 an. Hahn erscheint in der vorstehers. Heymann war über 25 Jahre Flügges Mit- Reihe nach Koch, Rubner und Flügge als der sein Fach- arbeiter und engster Vertrauter, er prägte das Institut gebiet am wenigsten prägende Hygieniker. Weitgereist und deckte inhaltlich eine große Bandbreite hygieni- und mit Einblicken in die unterschiedlichsten Diszipli- Martin Hahn (1865-1934) scher Themen ab: Desinfektion, Pockenschutzimpfun- nen versehen, führte er jedoch die von Flügge begon- gen, Diphtherie, Tuberkulose Hygiene des Bergbaus nene Integration der beiden Lager der Hygiene fort und die Klimaforschung. Im Gedächtnis ist er insbe- und nahm eine vermittelnde Position ein. Zu den un- sondere durch seine Koch-Biographie geblieben, deren terschiedlichen Richtungen der Hygiene von Koch und zweiter Band erst nach seinem Tod vollendet wurde. Pettenkofer soll sich Hahn so geäußert haben: „Pet- Heymann blieb auch unter Flügges Nachfolger Abtei- tenkofer und Koch sprechen eine viel zu verschiedene lungsleiter und vertrat in den Sitzungen der Berliner Sprache, als daß sie jemals zueinander hätten kommen Fakultät die außerplanmäßigen Professoren. Er war können. Ja, man kann sagen, das Arbeitsgebiet des ein leidenschaftlicher Bakteriologe und Experimen- einen ist dem anderen niemals geläufig geworden.“20 talhygieniker, so die Charakterisierung des Kollegen Hahn hatte, wenn auch jeweils nur wenige Monate, und Freundes Grotjahn, vor allem repräsentierte er unter bzw. mit beiden gearbeitet. den „freundlichen Geist“ am Hygiene-Institut, der in Nach einer Assistentenstelle am Hygiene-Institut den schwierigen Zeiten der Weimarer Republik aus- unter Koch wechselte Hahn schon zu Beginn des Jah- gleichend wirkte. res 1890 in das Pathologische Institut der Berliner Uni- 25 versität, zunächst in die bakteriologische Abteilung, gegen Typhus, Cholera und Ruhr voran und erkrankte wurde. Im Archiv der Humboldt- Universität gibt es dann in die chemische Abteilung, um dort sein Wissen im Verlaufe seiner Tätigkeit selbst sowohl an Ruhr als jedoch Unterlagen, die zeigen, dass Hahn 1926, 1929 auf physiologisch-chemischen Gebiet zu vertiefen. Im auch an Fleckfieber. und 1930 in Fortbildungslehrgängen für Sanitätsoffi- Anschluss wechselte er nach Bern zu Marcel Nencki ziere, die vom Gruppenarzt des Gruppenkommandos (1847-1901), der die Professur für physiologische Che- 1. in Berlin organisiert wurden, unterrichtete. mie innehatte. Hier führte Hahn eine chemische Analyse Das Institut unter Hahn – Inhalte, Lehre Ausrichtung Mit dem von seinem Vorgänger ans Institut ange- des Koch‘schen Tuberkulins durch. Auf Nenckis Anre- bundenen Sozialhygieniker Grotjahn war die wissen- gung hin kam es zu einem gemeinsamen wissenschaft- Nach dem Ende des ersten Weltkrieges herrschte Man- schaftliche Beziehung zwar angespannt, doch kam es lichen Gastaufenthalt an der physiologisch-chemischen gel an Brennstoffen und Labormaterialien, aber auch zu keinen großen Auseinandersetzungen. Aufgrund der Abteilung des Kaiserlichen Instituts für experimentelle an Assistenten in den so genannten theoretischen Fä- erwähnten und für Berlin spezifischen Beteiligung der Medizin in Petersburg unter Iwan Petrowitsch Pawlow chern. Hahn stand über diese prekäre Situation im Sozialhygiene an Staatsexamensprüfungen mussten (1849-1936). Von dort aus wurde Hahn zur Bekämp- Austausch mit seinen Kollegen. Seinen Assistenten sich Hahn und Grotjahn über jeden Examenskandida- fung der Cholera in Russland eingesetzt. Nach 1894 Otto Olsen (1892-?), der ihm aus Freiburg nach Berlin ten austauschen.21 war er Assistent am Hygiene-Institut der Münchener folgte, und dort 1926 zum außerordentlichen Profes- Die Lehre betrachtete Hahn als wichtigen Bestand- Universität, zunächst noch unter Max Pettenkofer, sor ernannt wurde, ließ er trotz Personalmangels zur teil seines Ordinariats. So führte er mit seinen Studenten dann unter dessen Nachfolger (1853- Hygiene-Kommission des Völkerbundes nach Genf Exkursionen zu verschiedenen Gesundheitseinrichtun- 1927). Von München aus, wo sich Hahn in Hygiene ziehen. gen durch, beispielsweise zur Geschlechtskrankenfür- habilitierte und 1901 zum außerordentlichen Profes- Wissenschaftlich beschäftigte Hahn sich intensiv sorgestelle in Berlin, der Tuberkulosefürsorgestelle in sor ernannt wurde, begab er sich auf längere Reisen. mit der Syphilis und der Frage der Übertragung der Magdeburg, zu Badeorten, Betrieben im Voigtland, Sein weiterer wissenschaftlicher Werdegang führte ihn Krankheit auf das Ungeborene im Mutterleib. Weitere Textilfabriken in der Lausitz und an das tropenmedizi- über Königsberg nach Freiburg, wo er seine Antritts- inhaltliche Schwerpunkte waren die aktive und passive nische Institut in Hamburg. Auch der Arbeitshygieniker vorlesung am 18. Juli 1912 über die Grenzen und Ziele Immunisierung sowie der Kampf gegen die angebo- Ernst Wilhelm Baader (1892-1962) führte im Rahmen der Sozialhygiene hielt. Hierin sprach er sich für die rene Syphilis, der Lues connata. Insgesamt wird ihm seiner gewerbehygienischen Lehrveranstaltungen Ex- Verbesserung der Volksernährung, Verbesserung der ein starkes sozialhygienisches Engagement bescheinigt, kursionen und Fallvorstellungen durch, die als Kurse Schulbildung, körperliche Ertüchtigung und Selbstver- er setzte sich für bessere arbeits- und wohnhygienische des Hygiene-Instituts angekündigt wurden. antwortlichkeit und wider die Bakteriophobie aus. Bedingungen ein. Dass Hahn die praxisnahe Ausbildung wichtig war, Zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Kontakte zum militärärztlichen Bildungswesen hatte ist darin abzulesen, dass er sich schon mit der An- Hahn, wie so viele Universitätsprofessoren, die von Hahn auch nach 1919, als durch den Versailler Ver- nahme seines Rufes dafür eingesetzt hatte, das Hygi- der Kriegseuphorie des Kaiserreichs ergriffen waren, trag die Entmilitarisierung Deutschlands – und damit ene-Institut in größerem Rahmen für bakteriologische mit 49 Jahren freiwillig zum Kriegsdienst. Als Heeres- auch die Schließung der Kaiser-Wilhelm-Akademie für und serologische Untersuchungen, unter anderem für 26 Hygieniker trieb er die Durchimpfung der Truppen das militärärztliche Bildungswesen – festgeschrieben Wassermann-Reaktionen, heranzuziehen. Nur so sei „das für die studentischen Kurse nötige Material in Hahn auch ein Kurs zu den „Niederen und höheren Deutschen Medizinischen Wochenschrift. Darin geht genügender Mannigfaltigkeit zu beschaffen und die tierischen Parasiten des Menschen“ vom außerordent- er davon aus, dass es im Labor zu einer Verwechs- Ausbildung der Assistenten so zu fördern, wie es im lichen Professor für Tropenpathologie, Hans Ziemann lung der Kulturen gekommen sei. Seine Fehleranalyse Interesse der wissenschaftlichen Hygiene und des aka- (1865-1939), am pathologischen Museum der Charité war ausführlich: ein Korrektiv von Seiten des Staates demischen Nachwuchses notwendig ist“22. neben zwei Veranstaltungen von Professor Martin Fi- fehle, ebenso geeignetes, aufmerksames, kooperatives Seine Bemühungen zeitigten Erfolg, das Hygiene- cker (1868-1950) in Dahlem zur „Einführung in die Personal, geeignete Räumlichkeiten, Überwachung Institut wurde an den gesundheitspolizeilichen bakte- Methoden der Immunitätsforschung“ genannt. Die und Kontrolle. Hahn forderte indirekt mehr Staat und riologischen Untersuchungen in Berlin beteiligt. Dass Vielzahl und Diversität von auswärtigen Dozenten, die mehr zentrale Kontrolle, welche in der Freien Hanse- diese Beteiligung überhaupt in Frage stand, scheint ein- mit ihrer Expertise die Lehre am Hygiene-Institut be- stadt strukturell nicht angelegt waren. Überhaupt hin- zigartig für ein Hygiene-Institut in Deutschland zu sein, reicherten macht deutlich, dass es die Funktion eines terfragte er, warum der Impfstoff in Lübeck produziert, waren doch andernorts die Medizinaluntersuchungs- Sammelbeckens übernahm und keinen Alleinvertre- und nicht von den etablierten Einrichtungen in Berlin ämter an die Hygiene-Institute angegliedert und also tungsanspruch erhob. Auch was die Bakteriologie an- oder Paris bezogen wurde. die gesammelte Expertise in hygienischen und bakte- geht, scheint sich unter Hahn die Auffassung durchge- riologischen Fragen an den Instituten versammelt. In setzt zu haben, dass sie in ihrer Vielschichtigkeit besser Berlin bestand jedoch mit dem Robert Koch-Institut, von Mehreren unterrichtet werde. Abschied Hahns 1933 dem dort angegliederten Medizinaluntersuchungsamt Die große Reputation, die das Institut seit der Be- und dem Reichsgesundheitsamt eine starke Diversität rufung Kochs insgesamt erworben und bewahrt hatte, Hahn, der das Hissen der Hakenkreuzflagge auf dem und institutionelle Konkurrenz. lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass Hahn Dach des Hygiene-Instituts duldete, wurde aufgrund Hahn führte die breite Basis, die Flügge den ver- 1930/1931 im Prozess, der auf die Lübecker Impfkata- seiner jüdischen Abstammung aus seinen leitenden schiedenen Teilgebieten der Hygiene eingeräumt hat, strophe folgte, als Gutachter bestellt wurde. In Lübeck Positionen gedrängt. Nach dem Erlass des „Gesetzes weiter fort. So wurden während seiner Ordinariatszeit waren in der Folge einer mit Tuberkulosebakterien zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ am im Vorlesungsverzeichnung auch Vorlesungen über kontaminierten Bacille Calmette-Guérin-Impfung von 7. April 1933, mit dessen Hilfe jüdische und politisch Blutgruppen und deren biologische und forensische 256 geimpften Neugeborenen über 200 an Tuberku- unerwünschte Personen aus dem öffentlichen Dienst Bedeutung, über männliche Sexualhygiene, über Tu- lose erkrankt, von denen 77 starben. Die Ursachen entfernt wurden, bat Hahn um seine Beurlaubung und berkulose, und über Krankheiten in den warmen Län- dieses Unglücks, welches die bis nach dem Zweiten wurde schließlich zum 1. Oktober 1933 ordentlich dern neben Veranstaltungen zur Wohnungs-, Schul-, Weltkrieg hinausgezögerte Einführung der Tuberku- emeritiert. Er verstarb im November 1934, neueste Gewerbe-, Arbeits- und Trinkwasserhygiene gehalten. loseschutzimpfung in Deutschland zur Folge hatte, Veröffentlichungen schließen ein direktes Einwirken Im Abschnitt Bakteriologie, Parasitologie, Infektions- wurden in einem groß angelegten Prozess gegen die der Nationalsozialisten als Todesursache aus, gleich- krankheiten und experimentelle Therapie werden im für den Impfstoff und dessen Verimpfung verantwort- wohl kann die psychische Komponente durch die ra- Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1926 lichen Ärzte gesucht. Hahn, als ältester hinzugezogener sche Emeritierung und die veränderten politischen Ver- neben dem „Bakteriologischen Anfängerkurs“ von Gutachter, veröffentlichte seine Stellungnahme in der hältnisse nicht ganz von der Hand gewiesen werden.23 27 Hygiene im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg

Nationalsozialistische Umformung des Instituts – Entlassungen und Austausch des Personals

Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Januar 1933 änderte sich die Ausrichtung der For- schung und Lehre an den Universitäten im gesamten Reich grundlegend. Systematisch wurden „nichtari- sche“ Mitarbeiter gekündigt, Strukturen gemäß dem „Führerprinzip“ verändert und neue Schwerpunkte etabliert. Zum 1. November 1933 wurde Heinz Zeiss (1888-1949) die Leitung des Hygiene-Instituts der Friedrich-Wilhelms-Universität übertragen, mit einem planmäßigen Extraordinariat und einem Grundgehalt von jährlich 8.000 RM. Über den Umgang mit weite- ren Mitarbeitern des Instituts während der Zeit des Nationalsozialismus liegen unterschiedliche Informa- tionen vor. So wurde 1933 nicht das gesamte Personal ausgewechselt, allerdings wurde im Institut, wie vie- lerorts, denunziert.24 Wer genau entlassen wurde, ist noch nicht abschließend untersucht worden. Soviel ist bekannt: Chajes hatte Berlin bereits vor der Ver- abschiedung des Berufsbeamtengesetzes in Richtung Schweiz verlassen. Hingegen verblieb Bruno Hey- Karte über die Ausdehnung des geplanten nationalsozialistischen „Großgermanischen Reiches“ mann trotz jüdischer „Abstammung“ noch bis 1935 am Institut. Enge Mitarbeiter von Zeiss wurden unter anderem Otfried Ehrismann (1898-1945), Friedrich Weigmann (1890–1939) sowie Franz Schütz (1887- 1955), die ebenfalls bereits vor 1933 am Institut tätig waren. Zwar wurde der Personalstamm des Instituts im Zuge der Umgestaltung verkleinert, doch wie zuvor übernahmen auch Wissenschaftler anderer Gesund- 28 heitseinrichtungen Berlins Lehraufträge. Ziemann las weiterhin die Tropenhygiene. Der Bakteriologe und chen Positionen zwischen Erregerlehre und Milieuthe- Hygieniker Karl-Wilhelm Clauberg (1893-1985), der orie, die einst von Pettenkofer vehement vertreten und ab 1935 gleichzeitig eine außerordentliche Professur von Rubner noch gestützt wurde, unter der Ägide von für Hygiene an der Technischen Universität Berlin in- Flügge und Hahn in einer beide Ansätze verbindenden nehatte, unterrichtete die Allgemeine Hygiene. Er lei- Sichtweise zum Ausgleich gekommen waren, gewann tete auch das Hygiene-Institut der Reichshauptstadt, die Bodentheorie im modernen Kleid der „Geomedi- welches der Abteilung für Allgemeine Hygiene, Seu- zin“ wieder an Bedeutung. Zeiss hatte diesen Begriff chenbekämpfung und Badewesen des Hauptgesund- 1931 geprägt und in die wissenschaftliche Diskussion heitsamtes der Stadt Berlin zugeordnet war. Dieses eingeführt. Unter Geomedizin wollte er eine raumbe- war in der Spanischen Allee in Berlin-Schlachtensee zogene Medizin verstanden wissen und damit die loka- untergebracht. Möglicherweise gab Clauberg Joachim listische Theorie Pettenkofers wiederbeleben. Gemein- Mrugowsky (1905-1948), dem späteren Obersten Hy- sam mit dem Heidelberger Hygiene-Ordinarius Ernst gieniker der SS, der ab 1937 dem Hygiene-Institut an- Rodenwaldt (1878-1965) gab er eine Einführung in gehörte, den Hinweis auf ein leerstehendes geeignetes die Hygiene und Seuchenlehre heraus, welche bis 1943 Gebäude für die Unterbringung des SS-Hygiene-Insti- in fünf Auflagen erschien. Gepaart mit den rassischen tuts, da er vis-à-vis arbeitete.25 bzw. biologistischen Grundsätzen des Nationalsozialis- Im Hygiene-Institut übernahmen Mitarbeiter neben mus und der Ideologie vom „Volk ohne Raum“, fügte der Lehre zunehmend auch verschiedene Gutachten sich dieser Ansatz nicht nur problemlos in die Erobe- für Firmen und Behörden, die eine rentable Einnah- rungs- und Siedlungsplanungen des „Dritten Reiches“ mequelle darstellten. Neben der Wirksamkeit von Arz- in Osteuropa. Zeiss trug mit seinen Interessen und neimitteln, deren Toxizität, Reinheit bzw. Unreinheit Kenntnissen als Wissenschaftler aktiv zur Umsetzung und der hygienischen Qualität von Salben, wurden dieser mörderischen Politik bei. eine chemische Methode, um Trinkwasser aufzuberei- Heinz bzw. Heinrich Zeiss stammte aus einer cal- Heinz (Heinrich) Zeiss (1888-1949) ten und auch Nahrungsergänzungsmittel wie Maggi vinistisch geprägten Familie und wuchs in Frankfurt Suppenwürze hinsichtlich der Ungefährlichkeit begut- am Main auf. Sein Examenszeugnis, das er 1913 in achtet. Freiburg im Breisgau erhielt, trägt die Unterschrift von Alfred Hoche (1865-1943), dem Verfasser des die eugenische Bewegung prägenden Werks von der Neuausrichtung des Instituts unter Zeiss Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens (1920). Im Ersten Weltkrieg hatte er erstmals Kon- Heinz Zeiss verfolgte bei der Neuausrichtung der Hy- takt mit Rodenwaldt, der als Beratender Hygieniker giene ein eigenes Programm. Nachdem die gegensätzli- der V. Türkischen Armee sein Vorgesetzter war. Nach 29 Ende des Krieges nahm Zeiss eine Assistentenstelle am als auch Rodenwaldt stellten wissenschaftspolitisch stuhl für Rassenhygiene bekleidet hatte, nach Berlin Hamburger Institut für Schiffs- und Tropenmedizin einflussreiche Personen dar. wechselte. Gemeinsam mit Erwin Baur (1875-1933) bei Martin Mayer an und publizierte mit diesem u. a. und Eugen Fischer (1874-1967) hatte er das grundle- über die Schlafkrankheit. Von Hamburg erhielt Zeiss gende Werk „Grundriss der menschlichen Erblichkeits- 1924 eine Venia legendi für Tropenmedizin, „in Aner- Umgang mit der Sozialhygiene am Hygiene-Institut lehre und Rassenhygiene“ veröffentlicht, welches die kennung seiner wichtigen kulturpolitischen und wis- theoretische Grundlage für Euthanasie-Krankenmorde senschaftlichen Leistungen“26. Zu diesem Zeitpunkt Das sozialhygienische Seminar wurde 1933 geschlos- und die Ermordung der europäischen Juden während war er bereits in Russland tätig, als Abteilungsleiter sen. Nachdem dessen Leiter Chajes über die Schweiz des Dritten Reiches legte. In Berlin sollte er zwei Funk- am Tarassewitsch-Institut für experimentelle Therapie nach Palästina emigriert war, hielt Fritz Rott (1878- tionen wahrnehmen: Als Abteilungsleiter am Kaiser- und Serumkontrolle in Moskau und als wissenschaft- 1959), der sich noch unter Grotjahn habilitiert hatte, Wilhelm-Institut für Anthropologie, Menschliche Erb- licher Leiter verschiedener Expeditionen zu Infekti- weiterhin bis 1940 sozialhygienische Vorlesungen. lichkeitslehre und Eugenik in Berlin-Dahlem, welches onskrankheiten. Bereits ein Jahr später durfte Zeiss Daneben gab es zumindest in der Person von Hans unter dem Direktor Eugen Fischer seit 1927 prospe- den Professorentitel tragen. Seine wissenschaftlichen Harmsen (1899–1989) eine weitere sozialhygienische rierte, wurde er der Nachfolger von Hermann Mu- Titel erhielt er als Ehrung und Auszeichnung für seine Kontinuität am Institut. Harmsen hatte sich 1924 ckermann (1877-1962), der aus politischen Gründen, deutsche Kulturpropaganda in der Sowjetunion. Eine unter Grotjahn promoviert, ein Habilitationsversuch streng katholisch und der Zentrumspartei nahestehend, Habilitationsschrift oder den Nachweis eines ordentli- im Frühjahr 1933 wurde von der Fakultät abgelehnt. seinen Posten verlassen musste. Daneben wurde Lenz chen Habilitationsverfahrens findet sich weder in den 1939 gelang es ihm dann mit einem arbeitshygienischen am 1. November 1933 vom Wissenschaftsministerium Publikationen über Zeiss noch in seiner Personalakte Thema zu habilitieren, unter der schützenden Hand auf ein ordentliches Ordinariat für Rassenhygiene an im Archiv der Humboldt Universität Berlin. Es scheint, von Zeiss. Hierzu ist allerdings zu bemerken, dass der der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms- als habe er den Professorentitel vor allem erhalten, um bekannte Rassenhygieniker Fritz Lenz (1887-1976) als Universität berufen – gegen den Willen der Fakultät. im fernen Russland ein höheres Ansehen zu genießen. Mitglied der medizinischen Fakultät Harmsens Arbeit Lenz war juristisch und politisch an der praktischen 1931 kehrte Zeiss nach Deutschland zurück und methodisch bemängelte, aus Rücksicht auf Zeiss dem Umsetzung der rassehygienischen Denkungsart betei- wurde in Berlin von Paul Diepgen (1878-1966), dem Verfahren jedoch nicht im Weg stehen wollte.28 Harm- ligt, so auch an der Formulierung eines Kommentars Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der sen gründete in der Nachkriegszeit pro familia und war zum „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuch- Berliner Universität, als Gast an dessen Institut auf- der Ehrenpräsident dieser Organisation, bis seine NS- ses“ (1933), das die Sterilisation vermeintlich „Erb- genommen. Zeiss arbeitete hier seine Materialien zu Vergangheit aufgearbeitet wurde.29 kranker“ vorsah. den Bakteriologen Emil von Behring und Ilja Ilitsch Immer wieder ist in der Literatur zu lesen, dass das Das Institut für Rassenhygiene war auf die Lehre Metschnikow (1845-1916) auf, die er während des sozialhygienische Seminar zum Lehrstuhl für Rassen- hin ausgerichtet, nicht auf die Forschung. Die Lehran- Zweiten Weltkrieges veröffentlichte.27 Dass Zeiss nur hygiene umgewandelt wurde. Dies ist jedoch eine ver- gebote, die im Vorlesungsverzeichnis nicht unter dem zwei Jahre nach seiner Rückkehr zum Leiter des Hy- kürzte Darstellung. Als nationalsozialistische Leitwis- Fachgebiet der Hygiene aufgelistet wurden, sollten ei- giene-Instituts berufen wurde, war seiner politischen senschaft wurde der Rassenhygiene eine Sonderrolle genständig sein. Ab Sommersemester 1934 las dort der Zustimmung zum nationalsozialistischen Regime zu- und weit über die universitäre Lehre hinaus weisende, frisch ernannte Honorarprofessor der Friedrich-Wil- zuschreiben. Nachdem er lange der deutschnationalen politische Bedeutung zugewiesen. Das neue Institut für helms-Universität und Leiter des Reichsgesundheits- Volkspartei angehört hatte, trat er am 1. Dezember Rassenhygiene wurde lediglich in den ehemaligen Räu- amtes, Hans Reiter (1881–1969), zur „Einführung in 1931 der NSDAP bei und wurde als Professor NSDAP- men des sozialhygienischen Seminars untergebracht.30 Erbkunde und Rassenpflege mit besonderer Berück- Vertrauensmann der medizinischen Fakultät. Zudem Sein Leiter wurde der genannte Fritz Lenz, der im Jahr sichtigung Deutschlands“31. Anders als zuvor mit der 30 war er persönlich gut vernetzt, denn sowohl Diepgen 1933 von München, wo er den ersten deutschen Lehr- Sozialhygiene praktiziert, fanden Staatsexamensprü- fungen am Hygiene-Institut nicht in Kooperation mit Biologe und Mediziner, 1934 hatte er an der Univer- der Rassenhygiene statt. sität Halle einen Lehrauftrag für „Menschliche Erb- lichkeitslehre und Rassenhygiene“, 1935 einen ähnlich benannten Lehrauftrag an der Universität Hannover Militarisierung des Hygiene-Instituts erhalten. Im Jahr 1937 habilitierte er in Halle. Seine Venia legendi wurde sogleich nach Berlin verlegt, wo Ein weiteres Charakteristikum des Lehrbetriebes am er noch selben Jahr zum Leiter des im Aufbau be- Hygiene-Institut während der Zeit des Nationalsozi- findlichen SS-Hygiene-Instituts und Standartenarzt alismus und in zunehmendem Maße in der Zeit des der Leibstandarte Adolf Hitler eingesetzt wurde. Was Krieges, stellte der enge Austausch mit Militärmedi- seine weitere Tätigkeit am Hygiene-Institut von Zeiss zinern dar. Diese Entwicklung setzte spürbar nach angeht, so sind nicht zuletzt die Umstände seiner Er- der Neugründung der militärärztlichen Akademie in nennung zum Professor erwähnenswert. Im Juli 1939 Berlin 1935 ein. Zeiss wurde zu Kriegsbeginn zum wurde er vom Reichsminister für Wissenschaft, Erzie- Beratenden Hygieniker beim Heeressanitätsinspek- hung und Volksbildung in das Beamtenverhältnis er- teur ernannt. Früher schon hatte er, wie bereits Koch, hoben und zum Dozenten für Hygiene an der Berliner Rubner und Flügge vor ihm, an der Militärärztlichen Universität ernannt. Im Jahre 1942 wurde die Idee an Akademie die Hygiene in Theorie und Praxis unter- Zeiss herangetragen, Mrugowsky in Anerkennung sei- richtet. Das universitäre Hygiene-Institut stellte wieder, ner Verdienste um die Eindämmung des Fleckfiebers im Joachim Mrugowsky (1905-1948) als wie bereits bis 1919, vom Militär besoldete Sanitäts- großdeutschen Raum zum Honorarprofessor oder zum Angeklagter im Nürnberger Ärzteprozess, offiziere als Assistenten an. Die Beziehungen zur Aka- außerplanmäßigen Professor zu ernennen. Doch dies 1946/47 demie beruhten auf Gegenseitigkeit, die Leiter und wurde vor allem auf Betreiben von Zeiss abgelehnt, Mitarbeiter der dort angesiedelten Forschungsinstitute der argumentierte, dass Mrugowsky aufgrund seiner absolvierten ihre Lehrverpflichtung am Hygiene-Insti- wissenschaftlichen Leistungen und Publikationen eine tut der Universität. Entsprechend wurde verstärkt über akademische Laufbahn sicher sei, diese würde durch Luftfahrthygiene und Wehrhygiene gelesen. So absol- eine Ernennung zum Honorarprofessor eher gehemmt vierte der Physiologe und Luftfahrtmediziner Huber- denn befördert.32 Schließlich wurde Mrugwosky dann tus Strughold (1898–1986), der 1935 die Leitung des wie üblich fünf Jahre nach Erhalt der Dozentur im Juli neu gegründeten medizinischen Forschungsinstituts im 1944 zum außerordentlichen Professor ernannt. Reichsluftfahrtministerium übernahm, am Hygiene- Als Leiter des Hygiene-Instituts der Waffen-SS war Institut seine Pflichtlehre. Und auch die Militärärzte Mrugowsky maßgeblich an verbrecherischen Men- und späteren Leiter der Hygiene-Institute in Ost- und schenexperimenten beteiligt, insbesondere seien hier Westberlin, Paul Oesterle (1900-1971) und Bernhard die Fleckfieberversuche an Häftlingen im Konzentra- Schmidt (1906-2003) unterrichteten hier. tionslager Buchenwald genannt.33 Als einer von weni- Enge Beziehungen bestanden daneben zur SS, nament- gen Medizinern, die sich nach 1945 für ihr Handeln lich zu dem bereits erwähnten Joachim Mrugowsky, vor Gericht rechtfertigen mussten, wurde Mrugowsky der seinerseits mit dem Robert Koch-Institut und mit 1946/47 im so genannten Nürnberger Ärzteprozess Herstellung von Fleckfieber-Impfstoff nach der Wehrmachtsinstituten kooperierte. Mrugowsky war zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet. Weigl-Methode 31 Mrugowsky und Zeiss arbeiteten eng zusammen. Was einer Reduzierung des Hygiene-Unterrichts. Zeiss be- die fachlichen Gemeinsamkeiten angeht, so hatte sich klagte in mehreren Briefen an den Dekan der Medizi- Zeiss schon in seiner Hamburger Zeit für die Fleckfie- nischen Fakultät und an seinen Protektor Diepgen die berforschung interessiert. Dort hatte er die fachliche Ex- schlechte Lernleistung und die ungenügenden Kennt- pertise von Hilde Sikora (1889-1974) schätzen gelernt. nisse seiner Prüflinge. Zeiss holte sie 1935 an das Berliner Hygiene-Institut für Neben Veränderungen in der Lehre wurde als di- „Experimentelle Untersuchungen an Fleckfieber-Impf- rekte Folge des Krieges bald schon ein Mangel an stoffen“, welche von der Deutschen Forschungsgemein- Materialien am Institut spürbar. Waren wurden rati- schaft finanziert wurden. Mit ihren Arbeiten wollte Si- oniert und mussten zunächst beim Bezirksamt Berlin kora gemeinsam mit Zeiss ein Referenzinsekt aus der Mitte, dann bei der Kriegswirtschaftsstelle, dem allei- Klasse der Arthropoden finden, um eine einfachere und nigen „Bedarfsträger für alle Zwecke der deutschen billigere Form der Impfstoffproduktion zu finden als Forschung“, beantragt werden. Wie aus überlieferten die nach dem Biologen Rudolf Weigl (1883-1957) be- Anträgen hervorgeht, beantragte das Hygiene-Institut nannte „Weigl-Methode“, die auf einem langwierigen monatlich Eier und mageres Kalbfleisch sowie Agar- und komplizierten Verfahren der Züchtung in Läuse- Agar für die Herstellung der Nährböden. Daneben war därmen beruhte. Militärisch gutachtete Zeiss über die Futter für die im Institut vorhandenen Versuchstiere zu Fleckfiebergefahr im Osten und setzte sein Institutsper- beschaffen. Laut Unterlagen gab es dort im März 1941 Zerstörter Arbeitsraum im Pharmakologischen Institut, sonal auch bei der Erstellung geomedizinischer Karten 4 Schafe, 1 Ziege, 12 Kaninchen, 170 Meerschwein- Dorotheenstraße 94, 13.9.1940 über die Verbreitung von Infektionskrankheiten ein. chen, 4 weiße Ratten, 60 weiße Mäuse, 1 Huhn und Mit dem Bakteriologen Horst Habs (1902-1987), der 1 Taube. Auch Seife und Waschmittel waren eigens zu Zeiss als Institutsleiter vertrat, gehörte ein weiterer Mit- bestellen. Jede Forderung war zu begründen. arbeiter der SS an. Anders als Mrugowsky setzte Habs Das Hygiene-Institut blieb auch von den Folgen seine Karriere nach dem Krieg fort und wurde nach sei- des Bombenkrieges nicht verschont. In einem Brief an ner zweiten „Entnazifizierung“ 1950 zum Nachfolger Zeiss, der sich im Felde befand, schrieb Habs bereits Rodenwaldts auf dem Lehrstuhl in Heidelberg. am 11. September 1940 über einen Bombenschaden am Institut. Personen seien nicht zu Schaden gekom- men, wohl aber das Dachgeschoß des benachbarten Das Hygiene-Institut bis zum Ende des Zweiten Pharmakologischen Instituts. Vor dem Haupteingang Weltkriegs befände sich noch ein Blindgänger, der gesprengt wer- den müsse. Bis dies geschehen sei, werde das Institut Bereits ab dem 1. April 1939 führte die Verkürzung des drei Tage Zwangsurlaub einlegen müssen. Auf der Hof- 32 Medizinstudiums auf 10 Semester im ganzen Reich zu seite waren sämtliche, an der Frontseite nur ein Teil der Die Nachkriegszeit in Berlin bis in die 1950er Jahre

Fenster geborsten. Im kleinen Kurssaal sei es zu einem erheblichen Wasserschaden gekommen. Dieser Bom- bentreffer war erst der Anfang. Zu Kriegsende waren Neuordnung der Hochschullandschaft große Teile des Gebäudes zerstört und nur ein behelfs- mäßiger Institutsbetrieb möglich. Nach der Besetzung Berlins wurde zunächst der Gene- Die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin wurde of- Im Wintersemester 1944/45 wurden für Medizin- raloberst Nikolai Erastowitsch Bersarin (1904-1945), fiziell am 29. Januar 1946 wieder eröffnet, zunächst studenten insgesamt noch 13 Lehrveranstaltungen im dessen Stoßarmee als erster sowjetischer Verband den unter dem Namen Berliner Universität oder Universität Bereich der Hygiene und Bakteriologie, Epidemiolo- östlichen Berliner Stadtrand bei Marzahn erreicht unter den Linden. Nach der doppelten Staatsgründung gie und Parasitologie im Hygienischen Institut in der hatte, Stadtkommandant und Chef der Sowjetischen 1949 in der DDR gelegen, wurde sie in Humboldt-Uni- Dorotheenstraße angeboten. Zu diesen kamen weitere Garnison in Berlin. Sein Befehl Nummer 1 verlagerte versität Berlin umbenannt. Wie erwähnt, unterstand Veranstaltungen an anderen Lehrstätten wie beispiels- die gesamte verwaltungsmäßige und politische Macht sie zunächst der Sowjetischen Militäradministration weise im Hygienischen Institut der Reichshauptstadt in in Berlin auf die Sowjetische Stadtkommandantur, die (SMAD), die 1946 eine juristische Neugründung an- der Fischerstraße 39-42, im Institut für Wasser, Boden- deutschen Verwaltungen in allen Berliner Bezirken strebte, um die alleinige Kontrolle zu behalten, selbst und Lufthygiene in Berlin-Dahlem sowie im Hygiene- waren damit abgeschafft. Bersarin setzte sich zunächst wenn das den Verzicht auf Gebäude in West-Berlin be- Institut der Waffen-SS in Berlin-Zehlendorf. für die Wiederherstellung der Ordnung ein, unter ande- deutete. Die SMAD und die neu gegründete Sozialis- Die letzte Schlacht um Berlin wurde vom 16. April rem ließ er die Gas-, Wasser- und Stromversorgung in tische Einheitspartei Deutschlands griffen zunehmend bis zum 2. Mai 1945 gekämpft. Am 30. April beging Stand setzen und die Versorgung der Bevölkerung neu politisch in die Lehre und die Verwaltung der Univer- Adolf Hitler im so genannten Führerbunker Suizid, da- organisieren. Bereits vor Eintreffen der übrigen alliier- sität ein, was am 16. April 1948 zur Exmatrikulierung nach gaben auch die letzten deutschen Verbände den ten Truppen in Berlin und der Aufteilung der Stadt in von drei Studenten führte. Dieser Vorgang rief in der Kampf auf. Berlin wurde durch die Rote Armee besetzt vier Besatzungszonen, setzte er im Mai 1945 einen Ber- Studentenschaft heftige Proteste hervor und hatte die und eine Woche später, am 8./9. Mai 1945, kapitu- liner Nachkriegs-Magistrat ein, der bis zu den ersten konkrete Forderung nach einer von politischer Ein- lierte die Wehrmacht bedingungslos. Damit endete der freien Wahlen und dem Inkrafttreten einer vorläufigen flussnahme freien Universität zur Folge. Insbeson- Zweite Weltkrieg und mit diesem die Ära des „Dritten Verfassung für Groß-Berlin 1946 im Amt blieb. Nach dere die amerikanische Militärverwaltung unter dem Reichs“. Zeiss wurde 1945 in der Nähe des Hygiene- diesen Wahlen und bis zur Spaltung der Stadt im Ok- Gouverneur Lucius D. Clay (1897-1978) unterstützte Instituts unter doppeltem Verdacht verhaftet: Ihm tober 1948 verfügte Berlin über eine Gesamtberliner die Idee der Studenten und stellte finanzielle Hilfe in wurde einerseits eine Spionagetätigkeit während seines Stadtregierung. Bei der Einteilung der Besatzungszonen Aussicht. Der sich 1948 verschärfende Kalte Krieg langen Russlandaufenthaltes zwischen 1921 und 1931 fiel West-Berlin an die englischen, französischen und mit Währungsreform, Berlin-Blockade und „Luftbrü- vorgeworfen. Dazu kam die Anschuldigung, Zeiss hätte US-amerikanischen Militärverwaltungen.34 Das öst- cke“ beschleunigte die Umsetzung des Vorhabens. Als einen bakteriologischen Krieg gegen die Sowjetunion liche Berlin und das Zentrum blieben in sowjetischer Standort wurde Berlin-Dahlem gewählt, nicht zuletzt, geplant. Geschwächt von einer Parkinsonerkrankung, Hand. Die Unter den Linden zentral gelegene Fried- weil dort bereits wissenschaftliche Einrichtungen der starb Zeiss im März 1949 im Gefängnishospital von rich-Wilhelms-Universität unterstand der sowjetischen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und der Friedrich-Wil- Vladimir. Militärverwaltung. helms-Universität existierten. Trotz erheblichen Man- 33 Der Hörsaal im Robert Koch-Institut, 1935 Otto Lentz (1873-1952)

gels an Lehrkräften, Büchern und Versorgungsgütern Stadt von Dahlem in den Wedding fahren. Das Robert Ministerium für Volkswohlfahrt. Zwischen 1935 und wurden ab November 1948 an der Freien Universität Koch-Institut war zwar von Bombentreffern beschä- 1945 legte er diese Ämter nieder und arbeitete in einem Berlin erste Lehrveranstaltungen angeboten, am 4. De- digt worden, doch der Hörsaal war funktionsfähig und bakteriologischen Institut. Ab 1945 wurde Lentz zum zember 1948 erfolgte im Steglitzer Titania Palast die das Personal sorgte für Kontinuität im Lehrbetrieb. Im Leiter aller hygienischen Institute im Zuständigkeits- feierliche Eröffnung der Freien Universität Berlin. Im Robert Koch-Institut befanden sich neben der Instituts- bereich des Berliner Magistrates ernannt und blieb in Ostteil der Stadt wurde die Neugründung als Kampf- leitung auch verschiedene Abteilungen mit Laborato- dieser Position bis zu seiner Pensionierung im März ansage begriffen: Der Senat der Friedrich-Wilhelms- rium sowie eine Nährboden- und eine Spülküche. Die 1949. Die Leitung des Hygiene-Instituts der Freien Universität beurteilte den 1948 seitens der Berliner bis Kriegsende praktizierte enge Zusammenarbeit des Universität Berlin führte er darüber hinaus bis zu sei- Stadtverordnetenversammlung gefassten Beschluss zur Robert Koch-Instituts mit der Universität wurde damit nem Tod fort. Lentz begann seine Arbeit unter extrem Errichtung einer Freien Universität als „Konfrontati- in bewährter Tradition ab 1948 mit der neu gegründe- schwierigen Bedingungen. Er genoss zwar das Gast- onsbeschluß.“35 ten Freien Universität Berlin fortgeführt. Bis zur Einset- recht am Robert Koch-Institut, doch musste er dort zung eines ordentlichen Professors für Hygiene an der sogar sein Arbeitszimmer verteidigen; zwar konnte er Freien Universität Berlin 1954, übernahmen die jewei- von amerikanischen Bücherspenden profitieren, doch Der Aufbau der Universitätshygiene im Westteil Berlins ligen Direktoren des Robert Koch-Instituts in Personal- musste er um einfachste Arbeitsmittel wie Mikroskope union auch die Leitung der Universitätshygiene. Der und den eigenen Telefonanschluss für das Hygiene- Der Aufbau eines Instituts und der Lehre im Fach Hy- erste, mit dem Aufbau der Universitätshygiene befasste Institut kämpfen. Wissenschaftlich wurde unter Lentz giene war im Westteil Berlins für alle Beteiligten müh- Leiter des Robert Koch-Instituts, war der Hygieniker zu Themen wie der Ausdifferenzierung von Bakterien sam. Veranstaltungen fanden zunächst in den Räumen und Bakteriologe Otto Lentz (1873-1952). Seit 1913 der Corynegruppe mit Hilfe von Bakteriennährböden des Robert Koch-Instituts, Föhrer Straße 2, statt. Medi- in der bakteriologischen Abteilung im Reichsgesund- und die Behandlung von Diphterie-Dauerausscheidern zinstudenten mussten damit für den Unterricht in Hy- heitsamt beschäftigt, wurde Lentz 1915 vortragender geforscht. Zudem wurden Desinfektionsversuche mit 34 giene ab dem Wintersemester 1948/49 quer durch die Rat im Preußischen Innenministerium und 1920 im der antiseptischen Seife Falkosept durchgeführt, Au- Georg Henneberg (1908- Das Hygiene-Institut in der Dorotheenstraße 96, Eingang Wilhelmstraße Paul Oesterle (1900-1971) 1996)

tovaccine bei Rheumatikern hergestellt und zu Agglu- Approbation erhalten. Bei der Berliner Schering AG Kontinuitäten im Hygiene-Institut an der Ost-Berliner tinationen mit Mikrokokken, Staphylokokken und leitete Henneberg im Zweiten Weltkrieg die Bakterio- Universität ab 1945 Streptokokken sowie zur Zuckervergärung von Mik- logische Abteilung. Am 1. August 1945 wechselte er an rokokkenstämmen gearbeitet. Hinzu kamen Wachs- das Robert Koch-Institut, habilitierte sich 1950 an der In Bezug auf den Standort des Hygiene-Instituts und tumshemmversuche von Mikrokokken mit Tuberku- Freien Universität und wurde 1952 Direktor des Ro- die Leitung spielten in Ost-Berlin zunächst Kontinui- losebazillen, Sterilisationsversuche im Autoklaven und bert Koch-Instituts. täten eine größere Rolle als Neuanfänge. Das Instituts- Scharlachstreptokokken Züchtungsversuche. Bis 1954 fand die universitäre Lehre in Hygiene am gebäude in der Dorotheenstraße 96, die zwischen 1951 Im Wintersemester 1948/49 wurden Vorlesungen in Robert Koch-Institut statt und wurde kontinuierlich und 1995 in Clara-Zetkin-Straße umbenannt wurde, Hygiene, ein bakteriologischer Kurs sowie ein Impf- ausgedehnt. Bereits unter Henneberg wurde neben all- blieb der Standort der Universitätshygiene, auch wenn kurs von Heinrich A. Gins (1883-1968) angeboten. Der gemeiner Hygiene auch ein bakteriologischer- sowie Bombentreffer den spreeseitigen Teil des Gebäudes zer- Bakteriologe Gins steht für die personelle Kontinuität ein Impfkurs angeboten und Betriebsbesichtigungen stört hatten und nur die Kellerräume und der Hörsaal des Faches, denn seit 1917 war er sowohl Leiter der durchgeführt. Zudem wurden Medizinische Statistik, voll funktionsfähig waren. Die erste Aufgabe nach dem Staatlichen Impfanstalt zu Berlin als auch der Abteilung Sozialhygiene, Arbeitsmedizin, hygienische Zoologie, Krieg bestand im Wiederaufbau des Gebäudes. Mit der für Pockenforschung am Robert Koch-Institut gewesen Epidemiologie und Tropenkrankheiten gelehrt. Insge- Aufnahme des Lehrbetriebs und der kommissarischen und er behielt bis 1949 diese beiden Ämter. Nach dem samt wird damit für die Anfangszeit der entstehenden Leitung des Instituts wurde 1945 der bereits erwähnte Tod von Lentz übernahm der amtierende Leiter des West-Berliner Universitätshygiene deutlich, dass neben stellvertretende Leiter seit 1941, Paul Oesterle, beauf- Robert Koch-Instituts, Georg Henneberg (1908-1996), dem traditionell mikrobiologischen Schwerpunkt – tragt. Als weitere Kontinuität ist erwähnenswert, dass für fast zwei Jahre die Leitung des Hygiene-Instituts durch die Nähe zum Robert Koch-Institut eine Selbst- es trotz der Teilung der Stadt und der Hochschulland- der Freien Universität. Henneberg hatte wegen seiner verständlichkeit –, ebenso viel Wert auf jene Bereiche schaft sowie der doppelten Staatsgründung im Jahr Ehefrau im Nationalsozialismus als „jüdisch versippt“ der Hygiene gelegt wurde, die traditionell der Allge- 1949 nicht zu einer strikten Trennung von Menschen gegolten und erst nach größten Schwierigkeiten seine meinen und der Sozialen Hygiene zugeordnet werden. und Institutionen in Ost- und West-Berlin kam. Kolle- 35 giale Kontakte bestanden zunächst fort und die 1933 anderer Berufungskandidat für die Professur, der Di- Beispielsweise wurden zur Bekämpfung von Lues vi- abgeschnittenen Traditionen wurden teilweise wieder- rektor des Hygienischen Institutes der Universität Jena, rulente Stämme der Spirochaeta pallida gezüchtet und belebt. Medizinstudenten wurden im Fach Hygiene an- Stefan Winkle (1911-2006), hatte sich in den Westen Spirochaeten-Vaccine hergestellt. Zudem fanden For- fangs sowohl an der West-Berliner Freien Universität abgesetzt. Winkle, der zwischen 1940 und 1945 am schungen der Differenzierung der Ruhr und des Ty- als auch an der Berliner Universität von Mitarbeitern Robert Koch-Institut38 sowie am Zentralhygienischen phus, zur keimfreien Filtration von Injektionslösungen des Robert Koch-Instituts unterrichtet. An der Berliner und bakteriologischen Institut in Belgrad gearbeitet und über Sterilisationsmethoden statt. Heißluftsterili- Universität bot im Wintersemester 1948/49 der Bak- hatte, zog es vor, statt an die Humboldt-Universität satoren mit Umluftverfahren, die entwickelt, serienmä- teriologe Georg Richard Blumenthal (1888-1964) den Berlin, nach Hamburg zu gehen. ßig hergestellt und exportiert wurden, stellten Ende der bakteriologisch-serologischen sowie den Impfkurs an. Oesterle leitete das Hygiene-Institut bis Ende 1958. 1950er Jahre einen großen Erfolg dar. Daneben wurde Blumenthal hatte bis 1933 am Robert Koch-Institut ge- Ab 1. Januar 1959 und bis zu seiner Emeritierung im auf den Gebieten der Parasitologie, der Serologie und arbeitet, war im Nationalsozialismus als Jude verfolgt Herbst 1965 wurde er Direktor des ausgegründeten In- der allgemeinen Hygiene geforscht. Hinzu kamen Un- worden und hatte in der Illegalität überlebt. Nach 1945 stituts für Medizinische Mikrobiologie und Epidemio- tersuchungen von Krankenmaterial für die Charité, das wurde er wieder am Robert Koch-Institut angestellt. logie der Humboldt-Universität Berlin. Regierungs-, das Polizei- sowie das Hedwig-Kranken- An der Humboldt-Universität Berlin ist Paul Oester- haus. Die Lehre war an praktischen Themen orientiert. les fortgesetzte Tätigkeit über Jahre hinweg politisch Betriebsbesichtigungen in Brauereien, Krematorien umstritten gewesen. Anfang Januar 1946 wurde er Arbeitsschwerpunkte am Ost-Berliner Hygiene- oder Wasserwerken gehörten zum festen Bestandteil wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft fristlos entlassen, Institut unter der Leitung von Oesterle der Ausbildung von Studenten. zwei Tage später die Entlassung zurückgenommen und Das Hygiene-Institut kooperierte mit der Hygiene- der Fall Oesterle eingehend geprüft. Erst 1949 erhielt Die medizinische Fakultät der Humboldt-Universität Inspektion beim Ost-Berliner Magistrat und der phar- Oesterle die Professur für Hygiene und 1951 das Di- Berlin und die Charité fusionierten in den 1950er mazeutischen Industrie. Oesterle war auch Sachver- rektorat des Hygiene-Instituts. Jahren unter dem Namen der Charité. Das Hygiene- ständiger für Gerichte, erarbeitete Stellungnahmen für Der Apotheker und Mediziner Oesterle war bereits Institut wurde, wie andere medizinische Einrichtungen Probleme der Wasserversorgung, der Abwässerbesei- seit 1937 als Dozent und ab August 1941 als planmä- auch, in das Gesundheitswesen der DDR eingegliedert. tigung und der Seuchenabwehr innerhalb Berlins und ßiger außerordentlicher Professor für Hygiene, Bak- An allen Medizinischen Fakultäten im Gebiet der DDR der angrenzenden Gebiete. Daneben wurden auch Gut- teriologie und Immunitätslehre am Hygiene-Institut wurden Institute für Mikrobiologie und Epidemiolo- achten für forensische Zwecke und für die Volkspolizei beschäftigt gewesen.36 Die Begründung dafür, Oesterle gie gegründet, um „die dringlichen Aufgaben der Hy- Berlin, Blutgruppenbestimmungen sowie Wassermann- zum vorläufigen Direktor des Hygiene-Instituts zu ma- giene-Institute in ihren Disziplinen der Arbeitshygiene, Reaktionen durchgeführt. chen, lautete, dass „ein anderer Hygieniker von auch der Kommunal- und Sozialhygiene, auf dem prophy- Neben seiner Mitgliedschaft in der Arzneibuch- nur annähernd gleichen Qualitäten wie Oesterle z. Z. in laktischen Sektor der Medizin zu lösen.“39 Diese Ent- kommission und einer Anzahl weiterer Gesellschaften Berlin nicht zur Verfügung steht.“37 Die Entscheidung wicklung schlug sich auch auf das Hygiene-Institut war Oesterle Mitherausgeber der Zeitschrift für die für Oesterle fiel wohl nicht zuletzt wegen fehlender per- der Humboldt-Universität nieder. Die Forschungsauf- gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete und der Zeit- 36 soneller Alternativen, denn mindestens ein möglicher träge und Gutachten umfassten viele Themengebiete. schrift für die ärztliche Fortbildung. Die Neugründung der Sozialhygiene an der Ost- als Dozent an der Lessing Hochschule Berlin. 1933 Berliner Universität ab 1947 wurde Beyer wegen seiner Mitgliedschaft im sozialis- tischen Ärzteverein fristlos entlassen und erhielt bis Bereits vor der Einsetzung Oesterles als Inhaber des 1939 Arbeitsverbot. Erst 1939 konnte er eine eigene Lehrstuhls für Hygiene 1951, war 1947 der 1933 ab- Arztpraxis betreiben. Im Berufungsverfahren um den geschaffte Lehrstuhl für Sozialhygiene innerhalb des Lehrstuhl für Sozialhygiene setzte sich mit Beyer 1947 Hygiene-Instituts neu gegründet und mit Alfred Beyer ein erfahrener Verwaltungsmediziner gegenüber den (1885-1961)40 besetzt worden. Damit wurde ein deut- praktisch orientierten Mitbewerbern durch, unter die- licher Akzent gesetzt. Dem Berliner Beispiel folgend, sen der in die USA emigrierte Sozialmediziner Ludwig wurden nach und nach an allen medizinischen Fa- Teleky (1872-1957), der 1948 auch für eine Gastpro- kultäten in der DDR Lehrstühle für Sozialhygiene ge- fessur an der Freien Universität Berlin im Gespräch schaffen. Die Sozialhygiene hatte innerhalb der DDR war.42 Beyer war bereits ab September 1945 in der einen hohen politischen Stellenwert, 1951 wurde sie ostdeutschen Zentralverwaltung für Arbeit und Sozi- zum Examensfach. Sie knüpfte an die Weimarer Tra- alfürsorge erst als Abteilungsleiter, später und bis Ende ditionen an, klammerte jedoch deren eugenische Ele- 1948 als Vizepräsident tätig. Als Professor für Sozial- mente aus. Dieser Ansatz grenzte sich von der west- hygiene verstand er es, sich eine wissenschaftspolitisch deutschen Entwicklung ab, wo bundesrepublikanische starke Position aufzubauen.1948 war Alfred Beyer Vertreter des Faches noch immer sozialbiologische Dekan der Humboldt-Universität Berlin, 1949 deren Ansätze weiterführten; er kann als selbstständige Prorektor. Unter seiner Leitung wurden die klinischen Neuerung der Disziplin gewertet werden, denn er war und nicht-kIinischen Institute der Berliner Universität weitgehend „nicht auf Einflüsse der sowjetischen Me- mit der Charité, die bis dahin ein städtisches Kran- dizin zurückzuführen.“41 Beyer selbst sah sich in der kenhaus war, unter dem Namen Charité vereinigt. Im Tradition von Alfred Grotjahn. Der gebürtige Bran- September 1952 verlegte er wegen der Einführung der Alfred Beyer (1885-1961) denburger, der als Student am Hygienischen Institut Westmark seinen Wohnsitz von West- nach Ost-Berlin. in Greifswald beschäftigt gewesen war, entwickelte 1956 wurde Beyer emeritiert, blieb jedoch bis Ende sich in der Weimarer Republik zu einem fortschritt- 1958 der Ärztliche Direktor der Medizinischen Fakul- lichen Verwaltungsmediziner, dessen Schwerpunkt die tät der Humboldt-Universität Berlin. Gewerbehygiene war. Seit 1919 war Beyer wissen- schaftlicher Mitarbeiter in der Gesundheitsabteilung des Preußischen Innenministeriums sowie Mitglied des Preußischen Landtages bis 1924. 1927 begründete er die Zeitschrift Die medizinische Welt und wirkte 37 Das Hygiene-Institut der Humboldt-Universität in Ost-Berlin

Die hygienischen Disziplinen an der Humboldt- als prominentester Zweig 1986 das Institut für Allge- wurde Facharzt für Hygiene und Epidemiologie und Universität Berlin meine und Kommunale Hygiene. Weitere Umwandlun- habilitierte sich zur Lärmproblematik, einem zentra- gen von Abteilungen in Institute fanden 1986 statt. So len umwelthygienischen Thema. 1961 kam er als Do- In den 1950er Jahren wurde aufgrund der nationa- wurde in diesem Jahr die zwischenzeitlich gegründete zent für Hygiene an die Humboldt-Universität Berlin, len und internationalen Entwicklung der Hygiene, Abteilung für Krankenhaushygiene zu einem eigenen zwischen 1975 und 1993 wurde er hier Direktor des insbesondere der zunehmenden Spezialisierung in den Institut. Aus den sozial- und arbeitshygienischen Ab- Hygiene-Instituts, das ab 1986 Institut für Allgemeine Teildisziplinen, eine erste Neuorganisation aller sechs teilungen, die sich immer weiter von der allgemeinen und Kommunale Hygiene an der Charité genannt Universitäts-Institute in der DDR für notwendig be- Hygiene entfernt hatten, entstanden im selben Jahr In- wurde. funden. Das Hygiene-Institut an der Humboldt-Uni- stitute für Sozialhygiene und für Arbeitshygiene. Die Seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse in Polnisch, versität Berlin wurde 1958/1959 entsprechend den Abteilung für Hygiene des Kindes- und Jugendalters Russisch, Englisch und Spanisch nutzte Horn unter Vorbildern in Rostock und Halle neu gegliedert. Mit blieb eine selbständige Einheit. anderem für Übersetzungen, wie beispielsweise des Wirkung vom 1. Januar 1959 gingen aus dem Hygie- russischen Standardwerks von Boris Michailowitsch ne-Institut der Humboldt-Universität Berlin zwei Ins- Potulow: W. I. Lenin und der Gesundheitsschutz (Ber- titute hervor: Zum einen das Institut für Medizinische Die Abteilung und das Institut für Allgemeine und lin 1970) oder für das Wörterbuch der Hygiene in Mikrobiologie und Epidemiologie und zum anderen Kommunale Hygiene russisch-deutsch und deutsch-russisch (Leipzig 1967). das Hygiene-Institut. Für das Hygiene-Institut waren Zudem vernetzte Horn die Aktivitäten des Hygiene- im August 1958 drei Lehrstühle vorgesehen, die ei- Die Aufgaben der Allgemeinen und Kommunalen Hy- Instituts, insbesondere nach Polen, Tschechien, Frank- gene Abteilungen bildeten: eine Abteilung für Allge- giene hatten sich in den ersten Nachkriegsjahren auf reich, Spanien und Großbritannien. Seit 1962 bestand meine Hygiene, eine zweite für Arbeitshygiene und die aktuellen Probleme der Seuchenbekämpfung, dar- außerdem eine vertraglich geregelte Zusammenarbeit eine dritte für Sozialhygiene43, etwas später kam noch unter die Beschaffung von Impfstoffen gegen Typhus mit Ländern, die dem Rat für gegenseitige wirtschaft- der Lehrstuhl und die Abteilung für die Hygiene des konzentriert. Mit der Abnahme dieser Problematik liche Zusammenarbeit angehörten. In diesem Rahmen Kindes- und Jugendalters dazu.44 Ein eigenes Institut wandte sich die Aufmerksamkeit zunehmend der Be- wurden Studienaufenthalte sowie wissenschaftliche für Virologie war bereits 1958 ausgegründet worden. deutung umweltbedingter Probleme zu, insbesondere Tagungen zu gemeinsam zu bearbeitenden Forschungs- Das Direktorat des Hygiene-Instituts wurde Kurt der Luft-, Boden- und Wasserqualität. themen der Umweltmedizin organisiert. Auftakt war Winter (1910-1987) übertragen, der bereits 1957 den Direktor der Abteilung und des späteren Insti- 1962 das I. Internationale Symposium zu Fragen Lehrstuhl für Sozialhygiene von Beyer übernommen tuts für Allgemeine und Kommunale Hygiene wurde des hygienischen Schutzes der atmosphärischen Luft hatte. Kurt Winter leitete das Institut bis 1975. Die 1961 Karlwilhelm Horn (*1928).45 Er prägte die unter Leitung von Karlwilhelm Horn. Die Schwer- weitere Entwicklung der hygienischen Disziplinen Arbeit des Instituts vielfältig. Horn, der sich in der punktsetzung des Instituts auf lufthygienische Fragen führte in den 1980er Jahren zu einer neuen Schwer- Pettenkofer’schen Tradition sieht, hatte in Leipzig Me- lag darin begründet, dass die Bevölkerung in der DDR punktsetzung der Universitätshygiene an der Hum- dizin studiert. Bei dem Hygieniker und Bakteriologen wesentlich stärker als im Westen unter massiver Luft- boldt-Universität Berlin. Aus den Abteilungen des Georg Wildführ (1904-1984) promovierte er mit einer verschmutzung durch Industrie, Hausbrand und Ver- 38 Hygiene-Instituts gingen selbständige Institute hervor, Arbeit zur Epidemiologie des Typhus und Paratyphus, kehr zu leiden hatte. Besondere Probleme bereiteten Betriebe der Energie- und Brennstoffindustrie sowie gemeine und Kommunale Hygiene war außerdem für der chemischen Industrie im mitteldeutschen Raum die Weiterbildung von Fachärzten und Naturwissen- und im Grenzgebiet zum heutigen Tschechien. Horn schaftlern zuständig, insbesondere auf dem Gebiet der war für die Durchführung lufthygienischer Messun- Krankenhaushygiene. Die Forschungsschwerpunkte gen in der gesamten DDR verantwortlich; unter seiner des Hygiene-Instituts mit der Abteilung Allgemeine Leitung wurde ein lufthygienisches Überwachungssys- und Kommunale Hygiene konzentrierten sich auf tem aufgebaut. Zudem publizierte er eine große An- Fragen des medizinischen Umweltschutzes, der heu- zahl von Lehr- und Fachbüchern wie etwa das Lehr- tigen Umweltmedizin. Neue, vom Institut entwickelte buch Allgemeine und Kommunale Hygiene (Berlin Bewertungsverfahren zur Luftreinhaltung erlaubten 1964), zusammen mit Heinz Grahneis (1915-2007) mittlerweile eine exakte Einschätzung des zu berück- das Taschenbuch der Hygiene (Berlin 1967, 3. überar- sichtigenden Gesundheitsrisikos für einzelne Bevölke- beitete Aufl. 1979), das Lehrbuch Kommunalhygiene rungsgruppen, zudem waren Grenzwerte festgelegt, (Berlin 1969, 3. Aufl. 1981), das Studentenlehrbuch Messverfahren in der Umweltanalytik sowie epidemio- Grundlagen der Hygiene (1974, 5. Aufl. 1988), das logische Untersuchungsverfahren eingeführt worden. Grundlagenwerk Lufthygiene. Medizinische Aspekte Die Abteilung der angewandten Hygiene konzentrierte des Umweltschutzes (Berlin 1979) oder das Fachbuch sich auf die Erfassung, Bewertung und Bekämpfung Grundlagen der Lufthygiene (Berlin 1989). Unter nosokomialer Infektionen. Die Arbeitsgruppe Spu- Horn entstanden zwischen 1960 und 1992 insgesamt renelemente arbeitete zur hygienischen Bewertung Karlwilhelm Horn (*1928), 2009 202 Graduierungsarbeiten für Ärzte und Naturwis- anorganischer Spurenelemente, in der Abteilung Ar- senschaftler. 1982 übernahm er zudem die Chefredak- beitshygiene wurden so genannte Frauenarbeitsplätze tion der Zeitschrift für die Gesamte Hygiene und ihre in der Elektroindustrie untersucht und die Abteilung Grenzgebiete. Seit 1979 initiierte Horn jährliche Ordi- Sozialhygiene entwickelte Kriterien zur Beurteilung narienkonferenzen aller in der DDR bestehenden Hy- der Effektivität des Gesundheitsschutzes in der DDR. giene-Lehrstühle an den Universitäten.1985 empfahl Nach Aussage Horns nahm die materielle Ausstattung diese, das Lehrgebiet künftig als Hygiene zu bezeich- des Hygiene-Instituts mit Geräten und Chemikalien nen, da die Bezeichnung Allgemeine und Kommunale kontinuierlich ab. Konnte diese in den 1950er und Hygiene das Fach zu sehr einenge und vor allem nicht 1960er Jahren noch als gut bezeichnet werden, so der deutschen Tradition entspräche. verschlechterte sich die Situation in den 1970ern und Die Lehrveranstaltungen galten der Ausbildung von wurde in den 1980er Jahren katastrophal. Stellver- Human- und Zahnmedizinern, ebenso den Studenten treterin Horns war Ingeborg Dahm(*1936), als wei- der Medizinpädagogik, der Diplomkrankenpflege tere Hochschullehrer beschäftigte das Institut Peter- sowie den Architekturstudenten. Das Institut für All- Jürgen Großer (*1933), Reimer Schorr (1926-1999) 39 haushygiene wurde bis 1990 Peter-Jürgen Großer, sein Stellvertreter Peter Lüderitz. Das Institut bestand zum einen aus der Abteilung Umwelthygiene, die Lüderitz leitete und der ein chemisches Labor für Spurenelemen- Zum Abschied schenkten Mitarbeiter Peter-Jürgen Großer (*1933) tanalyse sowie die Arbeitsgruppen Medizintechnik, Horn eine Luftmessstation, die er in Sterilisation, Desinfektion und Lüftungstechnik unter- seinem Garten aufgestellt hat, 2009 standen, zum anderen aus den Bereichen der Sanitären Mikrobiologie unter der Oberärztin Bärbel Baumann sowie der Operativen Krankenhaushygiene, geleitet vom Oberarzt Wolfgang Kaufhold und unterstützt und Klaus Wettig. Daneben gehörten die Honorar- nale Hygiene der Humboldt-Universität nachzugehen, durch zwei Hygienefachschwestern. professoren Friedrich Oberdoerster (1915-1984) und doch kann festgehalten werden, dass die im wiederver- Großer, ein in Pathologie promovierter Internist, Anneliese Sälzler sowie die Honorardozenten Sieg- einigten Berlin entstandene Doppelstruktur der Hoch- kam 1961 zunächst als Chef der Hauptabteilung für hard Dittmann, Klaus Fiedler und Renate Walter dem schullandschaft vor allem als Belastung der städtischen Hygiene und Hygieneinspektion im Ministerium für Institut an. Finanzen wahrgenommen wurde. Das Ost-Berliner das Gesundheitswesen der DDR nach Berlin. Ab 1969 Der langjährige Direktor Horn wurde 1993 emeri- Hygiene-Institut scheint vor diesem Hintergrund in war er als Hochschuldozent, von 1979 bis 1989 als tiert. Nach seinem Weggang im inzwischen wiederver- erster Linie aus ökonomischen Erwägungen aufgelöst Prorektor der Medizin und ärztlicher Direktor der einigten Berlin und Deutschland wurde sein Institut worden zu sein, obwohl noch 1991 zwischen diesem Charité tätig. Zum 1. November 1989 wurde Großer aufgelöst. Dessen Aufgaben übernahm das Institut für und dem Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene als ordentlicher Professor für Hygiene und Epidemio- Hygiene und Umweltmedizin der Freien Universität des Bundesgesundheitsamtes eine Kooperationsver- logie an die Akademie für Ärztliche Fortbildung der Berlin, das heute zum Institut der unter dem Namen einbarung geschlossen worden war. DDR umberufen. Bereits im Oktober 1982 hatte er Charité zusammengefassten Hochschulmedizin der den Internisten und Mikrobiologen Wolfgang Kauf- Humboldt- wie der Freien Universität Berlin gewor- hold zum leitenden Hygienearzt der Charité ernannt. den ist. Da Horn in der DDR die Umwelthygiene Die Abteilung und das Institut für Krankenhaushygiene Kaufhold erhob umfangreiche Daten in Bezug auf die etablierte, wurde er auf Kongressen scherzend als der Effektivität der Antibiotikatherapie und die durch An- „Schlipköter des Ostens“ vorgestellt. Dieser Ausdruck Neben den übrigen Abteilungen des Hygiene-Instituts tibiotika hervorgerufenen Resistenzen. Die Ergebnisse bezieht sich auf Hans-Werner Schlipköter (1924- wurde 1980 eine neue Abteilung Angewandte Hygiene der Studie wurden am 6. Juni 1986 im Internationa- 2010) aus Düsseldorf, der als einer der Gründer der gegründet, die dem Direktor Karlwilhelm Horn un- len Handelszentrum in Ost-Berlin auf dem Symposium Umweltmedizin gilt. terstand. 1986 ging aus der Abteilung ein eigenstän- zur Krankenhaushygiene und Krankenhausinfektionen Aufgabe der Festschrift ist es nicht, den Folgen der diges Institut für Krankenhaushygiene hervor. Leiter vorgestellt. Hier referierte auch der westdeutsche Hy- 40 Auflösung des Instituts für Allgemeine und Kommu- der Abteilung und Direktor des Instituts für Kranken- gieniker Franz Daschner (*1940) zum Stand und der Entwicklung der Krankenhaushygiene in der Bundes- er nach Deutschland zurück und arbeitete als Kreisarzt Inhaltlich war die Arbeit im Institut am Betriebsge- republik. Daschner war seit 1976 Leiter der Zentra- in Teltow, als Leiter des Landesgesundheitsamtes im sundheitswesen, am Gesundheitsschutz der Frau, dem len Einrichtung Krankenhaushygiene am Albert-Lud- Land Brandenburg bis 1949 sowie als Vizepräsident der Krankenstand und an Fragen der Rehabilitation aus- wigs-Universität Freiburg und wurde später Direktor Deutschen Zentralverwaltung für Gesundheitswesen. gerichtet. Neben soziologischen Methoden wurden des dort ansässigen Instituts für Umweltmedizin und 1952 kam Winter als Assistent an das Institut für Sozi- zunehmend epidemiologische Fragestellungen bear- Krankenhaushygiene. Das Institut für Krankenhaus- alhygiene der Humboldt-Universität, wurde Professor beitet. Darüber hinaus wurden unter Winter zahl- hygiene der Charité wurde zum Referenzlaboratorium für Sozialhygiene und Direktor des Hygiene-Instituts reiche Gutachten verfasst und Mitarbeiter des Insti- für nosokomiale Infektionen der DDR, lange vor der und blieb dort bis 1975. Anschließend übernahm er tuts berieten politische Einrichtungen wie etwa das 1996 bundesweit eingeführten Erfassung nosokomi- das Rektorat der Akademie für Ärztliche Fortbildung Ministerium für Gesundheitswesen oder den Freien aler Infektionen durch das Krankenhaus-Infektions- und hatte zudem zwischen 1967 und 1979 den Vorsitz Deutschen Gewerkschaftsbund. Im Rahmen der Surveillance-System. der Gesellschaft für Sozialhygiene. Zwischen 1975 und Selbstdarstellung der DDR-Gesundheitspolitik war 1980 war Winter außerdem Mitglied des europäischen die Expertise des Instituts auch bei der Gestaltung Regionalbüros der World Health Organisation. des Abschnitts Gesundheitswesen der Ausstellung Die Abteilung und das Institut für Sozialhygiene Dass Winter als Sozialhygieniker die Direktion des 10 Jahre DDR gefragt. Ebenso lag für den populär- gesamten Hygiene-Instituts übertragen wurde, kann wissenschaftlichen DEFA-Film über Robert Koch die Kurt Winter wurde 1957 als Nachfolger von Alfred als Ausdruck des hohen Stellenwertes der Sozialhygi- gesamte wissenschaftliche Leitung beim Institut für Beyer auf den Lehrstuhl für Sozialhygiene im Hygiene- ene in der DDR gedeutet werden. Gemeinsam verfass- Sozialhygiene der Humboldt-Universität Berlin. Institut berufen und übernahm die Abteilung Sozial- ten Beyer und Winter das erste marxistisch fundierte Kurt Winter gab 1975 den Lehrstuhl für Sozialhy- hygiene im Institut. Zwei Jahre später wurde ihm in Lehrbuch der Sozialhygiene, in dem die Aufgaben der giene auf. Seine Nachfolge trat Ingeborg Dahm an, Personalunion auch das Direktorat des gesamten und Sozialhygiene sehr weit gefasst wurden. In der 4. neu die 1977 eine ordentliche Professur für Sozialhygi- neu strukturierten Hygiene-Instituts übertragen. In der bearbeiteten Auflage von 1967 bezeichnete Winter ene erhielt. Dahm war bereits 1961 als Mitarbeiterin DDR gehörte Winter zu den einflussreichen Gesund- folgende Gebiete als Gegenstand sozialhygienischer Winters an die Abteilung gekommen. 1965 wurde sie heitspolitikern und zu den wichtigsten Verfechtern Arbeit: Die Arbeitskraft der Menschen, insbesondere Fachärztin für Sozialhygiene. Als die Abteilung 1986 des Poliklinikgedankens. Unter seiner Führung wurde Fragen der Normierung der Leistung, die Anpassung zum eigenständigen Institut für Sozialhygiene erhoben „eine Integration epidemiologischer und soziologischer der Leistungsfähigkeit an das Lebensalter, die Erar- wurde, erhielt Dahm die Direktion übertragen. Neben Methoden und Konzepte“ angestrebt.46 Winter hatte beitung arbeitshygienischer Normen, der Angleichung ihrem Stellvertreter Reimer Schorr arbeiteten dort in München und Bonn Medizin studiert und in Bern körperlicher und geistiger Arbeit, Fragen der Psycho- mittlerweile die Dozenten Jens-Uwe Niehoff und Mi- promoviert. Als Kommunist kämpfte er 1937/1938 hygiene, Angleichung der Lebensbedingungen in Stadt chael Radoschewski. Zu den Arbeitsschwerpunkten bei den Internationalen Brigaden im Spanischen Bür- und Land, der Gesundheits- und Arbeitsschutz der des Instituts gehörten bis 1990 unter anderem Unter- gerkrieg, zwischen 1938 und 1945 emigrierte er nach Frau sowie Fragen des späten Lebensalters, Probleme suchungen über tabuisierte gesellschaftliche Probleme, Schweden. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte der Ehe, Familie und Frau. wie etwa die Folgen von Alkoholmissbrauch und Sui- 41 geleitet wird, hat seinen Standort in der Luisenstraße ein Jahr später die Leitung der Abteilung für Hygiene 57 – und damit in dem Gebäude des ehemaligen Kai- des Kindes- und Jugendalters. 1961 erhielt Schmidt- serlichen Gesundheitsamtes, in dem Robert Koch den Kolmer eine Professur mit Lehrauftrag. Unter ihrer Erreger für Tuberkulose entdeckte. Leitung entstanden im Auftrag der Ministerien für Eva Schmidt-Kolmer (1913- Volksbildung und Gesundheitswesen beispielsweise 1991) Gutachten für Typenpläne zu Krippenbauten, Kin- Die Abteilung für Hygiene des Kindes- und Jugendalters dergärten und Schulen sowie Gutachten zu Spielzeug und Beschäftigungsmaterial. Schmidt-Kolmer führte Die 1959 gegründete Abteilung für Hygiene des Kin- hierzu Normenmessungen bei Kleinkindern durch. des- und Jugendalters des Hygiene-Instituts stand Das Datenmaterial wurde tabellarisch aufgelistet und unter der Leitung von Eva Schmidt-Kolmer (1913- ausgewertet. Dabei arbeitete sie eng mit Schulen und ziden in hohem Alter. Die politische Stagnation der 1991). Die Wiener Medizinerin war während der Kinderheimen zusammen, 1962 beispielsweise mit DDR und die damit einhergehenden Repressionen Zeit des Nationalsozialismus aus politischen Grün- zwei Tagesschulen im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg der eigenen Bevölkerung wurden öffentlich verdrängt. den verfolgt worden und nach Großbritannien emi- und dem Kinderheim Königsheide in Johannisthal. Bestenfalls wurde verklausuliert umschrieben, welche griert. Nach Kriegsende entschied sie sich gemeinsam Wissenschaftlich befasste sich die Abteilung auch mit sozialen Folgen dieses politische Klima unter an- mit ihrem Mann zu einer Rückkehr nach Ost-Berlin. Auswirkungen des Säuglingsturnens auf die motori- derem hatte. So gab es Analysen über die Ursachen Dort wurde sie Mitarbeiterin der Deutschen Zentral- sche Entwicklung. Die Ergebnisse wurden teilweise im von Krankheitsdauer bei ausgewählten chronischen verwaltung für Gesundheitswesen. Daneben arbeitete Film festgehalten und für Weiterbildungen verwandt. Krankheiten oder Untersuchungen zur Akzeptanz sie bis 1950 als Bundessekretärin des Demokratischen Neben Veröffentlichungen brachte die Abteilung zwei chronischer Krankheiten und Behinderungen sowie Frauenbundes Deutschlands und leitete bis 1952 bzw. internationale Arbeitstagungen zur Hygiene des Kin- zu Problemen im Umfeld der Multiplen Sklerose. In- bis 1954 die Abteilung für den Gesundheitsschutz von des- und Jugendalters und zur Rehabilitation, Dispen- geborg Dahm blieb bis 1990 Direktorin des Instituts. Mutter und Kind im Ministerium für Gesundheits- sairebetreuung und Prämorbidität hervor. Ihr Nachfolger wurde im selben Jahr der langjährige wesen des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Mitarbeiter Jens-Uwe Niehoff, unter dessen Leitung beim Rat des Bezirks Schwerin. Ihre wissenschaftli- die Umbenennung in Institut für Sozialmedizin und che Ausbildung setzte Eva Schmidt-Kolmer an der Die Abteilung und Ausgliederung der Arbeitshygiene Epidemiologie erfolgte. 1993 kam es zur Eingliede- Humboldt-Universität Berlin fort. Nach ihrer Promo- rung in das Institut für Arbeitsmedizin, dem bereits tion 1952 wechselte sie zwischen 1954 und 1956 als Die Entwicklung der 1959 gegründeten Abteilung für 1987 die Abteilung für Arbeitshygiene des Hygiene- Assistentin an das Institut für Sozialhygiene der Uni- Arbeitshygiene am Hygiene-Institut der Humboldt- Instituts angegliedert worden war. Das heutige Ins- versität Leipzig und kehrte zur Habilitation 1958 an Universität Berlin ist eng mit der sich parallel entwi- titut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesund- die Humboldt-Universität zurück. Hier übernahm sie ckelnden Arbeitsmedizin verknüpft. Mit der Ernen- 42 heitsökonomie, das seit 1995 von Stefan Willich eine Dozentur in der Abteilung für Sozialhygiene und nung des Berliner Arbeitsmediziners Ernst Holstein (1901-1985) zum Professor für Hygiene und Berufs- der Humboldt-Universität. 1987 wurde die Abteilung krankheiten an der Humboldt-Universität 1955, war dann in das Institut für Arbeitsmedizin unter Klaus die Arbeitshygiene zunächst außerhalb des Hygiene- Ruppe (*1936) überführt und schied damit aus dem Instituts angesiedelt.47 Holstein, auch „Nestor der Ar- Hygiene-Institut aus. beitsmedizin in der DDR“48 genannt, war seit 1946 Christoph Brückner (*1929) als Leiter der Abteilung VII für Soziale Medizin der Deutschen Zentralverwaltung für Gesundheitswesen Das Institut für Medizinische Mikrobiologie und und in der Deutschen Verwaltung für Arbeitsschutz Epidemiologie der Humboldt-Universität Berlin und Sozialfürsorge tätig, in der er die Abteilung Ar- beitsschutz und Unfallverhütung leitete. Zudem baute Direktor des 1959 aus dem Hygiene-Institut ausge- Holstein das Zentralinstitut für Sozial- und Gewer- gründeten Instituts für Medizinische Mikrobiologie behygiene mit auf, den Vorgänger der Akademie für und Epidemiologie wurde Paul Oesterle, der bisherige Als Oesterle im Herbst 1965 emeritiert wurde, war er Ärztliche Fortbildung der DDR. 1961 wurde Hol- Direktor des Hygiene-Instituts, welches nun von Win- rund zwei Jahre lang seinen Lehrverpflichtungen nicht stein Gründungsdirektor eines eigenen Zentralins- ter geleitet wurde. Für sein neues Amt wurde Oesterle mehr nachgekommen. Nach einem Urlaub im Sommer tituts für Arbeitsmedizin in der DDR49, in das dann offiziell von der Hygiene zur Medizinischen Mikro- 1963 in seiner Heimat in Hechingen kehrte er nicht 1987 auch die Abteilung für Arbeitshygiene über- biologie umhabilitiert. Das Institut für Medizinische nach Berlin zurück. 1965 wurde er in Abwesenheit in führt werden sollte. 1962 übernahm Siegfried Eitner Mikrobiologie und Epidemiologie verfügte über die den Ruhestand versetzt. Während der Zeit des Interreg- (*1915) die Leitung der Abteilung für Arbeitshygiene Abteilungen Bakteriologie und Immunologie, Epide- nums bis 1965 übernahmen die Mitarbeiter des mikro- am Hygiene-Institut. Eitner habilitierte sich hier mit miologie, Tropenhygiene und Parasitologie. Geforscht biologischen und des virologischen Instituts, Herwarth einer Arbeit zur Hygiene des späten Lebensalters, für wurde im Institut für Medizinische Mikrobiologie und Horn, Friedrich Oberdoerster, Herbert Sinnecker und die in der DDR die Bezeichnung „Gerohygiene“ ge- Epidemiologie zu Fragen der Heißluft- und Dampfs- Hans-Alfred Rosenthal (1924-2009) die anfallenden prägt wurde. Er lehrte und forschte auf dem Gebiet terilisation und zu verschiedenen Erkrankungen, etwa Geschäfte.50 der Gerontologie, suchte nach adäquaten Arbeits- der Tuberkulose, Syphilis, Hepatitis, Diphterie und Mit der Ernennung Georg Schabinskis (1924-1979) möglichkeiten älterer „Werktätiger“, erarbeitete die Ruhr. Zudem wurden Probleme der Trinkwasserver- zum Ordinarius für Medizinische Mikrobiologie Betreuungsmöglichkeiten älterer Menschen durch so sorgung, beispielsweise das Problem von Salmonellen wurde 1965 der Lehrstuhl wieder besetzt. Der in Jena genannte Dispensairs, ambulante Behandlungszent- in Vorflutern von Klärwerken, der Bodenqualität – geborene Schabinski war Facharzt für Bakteriologie ren zur Früherfassung, Behandlung und Nachsorge, hier wurden Prüfverfahren für die Sterilisation von und Serologie sowie für Hygiene und Epidemiologie. die Teil der damaligen Polikliniken waren. Als Eitner sporenhaltiger Erde entwickelt – sowie lufthygieni- Seit März 1969 war Schabinski zudem Direktor des 1980 emeritierte, betreute der Jenaer Arbeitsmediziner sche Fragen bearbeitet. Forschungen fanden darüber Instituts für Medizinische und Allgemeine Mikro- Christoph Brückner (*1929) auch den Lehrstuhl für hinaus zur Poliomyelitis, über Typhus, Listeriose, Sta- biologie, Virologie und Epidemiologie. Schabinskis Arbeitsmedizin in der Abteilung für Arbeitshygiene an phylokokken sowie zu Masern statt. Schwerpunkt lag auf der Erforschung der Mykoplas- 43 Die Etablierung der Virologie als eigenständiges Fachgebiet

Bereits seit den 1930er Jahren wurden experimen- Gerhard Schmidt Wolfgang Presber (*1948), 2001 telle Zell- und Gewebezuchtversuche unternommen, die eine wesentliche Voraussetzung für die spätere Virusforschung darstellten. Durch die Arbeiten des Internisten und Mikrobiologen Helmut Ruska (1908- 1973)52 waren die weltweit ersten Aufnahmen von Viruspartikeln möglich. Ruska publizierte 1939 erst- men, insbesondere suchte er diagnostische Verfahren rheumatischer Erkrankungen. Innerhalb der Virologie malig zusammenfassend zur Struktur von Viren, habi- des Mykoplasmennachweises, arbeitete zur Ätiologie standen die Hepatitis-, Influenza- und Herpesviren litierte sich 1943 in Berlin über die Morphologie von bei Urogenitalinfektionen sowie zur Herstellung eines sowie Untersuchungen über virusinduzierte Leukämien Bakteriophagen und war zwischen 1948 und 1951 Standardantigens. Nach dem frühen Tod Schabinskis im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten. Als die Vi- Professor mit Lehrauftrag an der Berliner Universität, im Jahr 1979 war der Lehrstuhl erneut vakant. Erst rologie 1984 aus dem Institut ausgegliedert wurde, anschließend in New York und in Düsseldorf tätig. 1981 wurde dieser mit der Berufung von Gerhard hieß dieses wieder Institut für Mikrobiologie und Die Aufnahmen der Viruspartikel gelangen Ruska an Schmidt wieder besetzt. Neben Schmidts Stellvertreter befasste sich hauptsächlich mit der Entwicklung von einem von seinem Bruder Ernst Ruska (1906-1988)53 Günther Richter arbeiteten die Hochschullehrer Kon- Nachweismethoden für Virulenzfaktoren.51 Schmidt und Bodo von Borries (1905-1956) entwickeltem stantin Spies (1922-2005) und Hans-Alfred Rosenthal blieb bis 1989 Leiter des Instituts und wechselte dann Elektronenmikroskop. (1924-2009) am Institut, als leitende Medizinisch- nach Köln. Die kommissarische Leitung übernahm der Seit 1956 existierte an der medizinischen Fakultät Technische Fachassistentinnen Evamarie Günther in langjährige Mitarbeiter des Instituts, Wolfgang Presber der Humboldt-Universität Berlin eine kleine Abtei- der Mikrobiologie, Rita Kotschate in der Virologie und (*1948). Marianne Korzendorfer, die leitende Medi- lung für Virologie. Dieser standen zwei Kellerräume Karin Adrian in der Biochemie. zinisch-Technische Fachassistentin, und Monika Ge- für das Laboratorium im Pharmakologischen Institut Der Lehre wurde hier, wie an den übrigen Instituten schinsky, die Verwaltungsleiterin, blieben am Institut. in der Clara-Zetkin-Straße 94, ehemals Dorotheen- der DDR auch, ein sehr großer Stellenwert eingeräumt, Mit der Berufung von Ulf Göbel (*1948) erfolgte straße, zur Verfügung; auch organisatorisch war sie was nicht zuletzt mit der mangelhaften materiellen 1993 die Wiederbesetzung des Lehrstuhls für Mik- 1956 der Pharmakologie angegliedert worden. 1958 Ausstattung der Institute für Forschungszwecke zu- robiologie. Heute unterstehen Göbel die unter dem wurde aus der Abteilung ein eigenständiges Institut sammenhing. Im Mittelpunkt der Forschungsaktivitä- Namen Charité Universitätsmedizin zusammenge- für Virologie. Zum ersten Direktor wurde Ewald ten der Mikrobiologie standen Untersuchungen über fassten Institute für Mikrobiologie sowohl der Hum- Edlinger (1920-2000)54 berufen. Edlinger kam vom Ätiologie, Pathogenese und Epidemiologie der Infek- boldt- als auch der Freien Universität Berlin an zwei Pasteur Institut in Paris, hatte seit 1956 die expe- 44 tionen der Atemwege und des Urogenitaltraktes sowie Standorten. rimentelle Zellzucht an der Humboldt-Universität Berlin vorangetrieben und führte die dort bis dahin unbekannte Methode der Züchtung tierischer Zel- len in Glasgefäßen ein, die eine Viruspassage im Ver- suchstier weitgehend überflüssig machte. Die - For schungsschwerpunkte des Instituts lagen im Bereich Konstantin Spies (1922-2005) Hans-Alfred Rosenthal (1924-2009) der Grundlagenforschung zu Fragen des Virus-Zell- Verhälltnisses, zur Zellgenetik sowie zur Zellphysio- logie. Im Bereich der angewandten Forschung stan- den die Poliomyelitis, respiratorische Infektionen und die infektiöse Gelbsucht (Hepatitis) im Mittelpunkt. Ausstattung und Arbeitsbedingungen waren in der des Instituts. Sein im selben Jahr berufener Nachfol- Leitung von Rosenthal und die Abteilung Molekulare Anfangsphase des Instituts befriedigend, wenn auch ger wurde Konstantin Spies, der ab Oktober 1965 die Virologie und Chemotherapie unter der Leitung von eher bescheiden. So fehlten beispielsweise sterile Professur mit Lehrauftrag für das Fachgebiet Virologie Detlev H. Krüger (*1950). Es bot Lehrveranstaltun- Räume oder Boxen, was jedoch nicht bedeutete, dass übernahm. Spies gliederte das Institut wieder als Ab- gen für Studenten der Humanmedizin, der Stoma- bakteriologische Verunreinigungen die Arbeit behin- teilung Virologie in das Institut für Medizinische und tologie, der Medizinpädagogik und der Biologie an. derten. Das Vakzinevirus, das Rous’sche Hühnersar- Allgemeine Mikrobiologie, Virologie und Epidemio- Die Forschungsschwerpunkte lagen auf den Gebieten komvirus und das Virus Motol wurden erforscht und logie ein. Der Grund lag darin, dass Spies zusätzlich der Hepatitisviren, der RNA-Tumorviren, der antivi- konnten mit dem damals wichtigsten und teuersten das Amt des stellvertretenden Gesundheitsministers ralen Chemotherapeutika (insbesondere der Herpes-, Gerät, der Ultrazentrifuge, untersucht werden. Edlin- der DDR ausübte. Ab 1968 übernahm sein Stellver- Ortho- und Paramyxoviren) sowie der Molekularen ger konnte erstmalig anhand des Rous-Sarkom-Virus, treter, Hans-Alfred Rosenthal, die kommissarische Biologie der Bakterienviren T3 und T7. Neben Lehr- einem Tumorvirus, eine genaue Quantifizierung des Leitung der Abteilung für Virologie im Institut für verpflichtungen und Forschungsaktivitäten übernahm Virus durchführen. Hospitanten aus dem befreunde- Mikrobiologie. In den 1970er Jahren profitierte das das Institut für Virologie die Funktion eines DDR Re- ten Ausland wie Ägypten oder China unterstützten Institut für Virologie nach Aussage Rosenthals vom ferenzlaboratoriums für Hepatitisviren, bot weitere die Arbeitsvorhaben, zudem wurde mit den Virologen Engagement kreativer medizinischer und naturwis- diagnostische Untersuchungen an und brachte eine der Forschungsanstalt für Tierseuchen auf der Insel senschaftlicher Forschungsstudenten, die dem Institut Vielzahl an wissenschaftlichen Publikationen her- Riems kooperiert. Die wichtigste Leistung des Berli- zu internationaler Bekanntheit verhalfen. Nach dem vor, darunter umfangreiches vorlesungsbegleitendes ner Instituts für Virologie lag in den ersten Jahren in Weggang von Spies im Jahr 1984 wurde das Institut Lehrmaterial für die Studenten. Rosenthal emeritierte der Etablierung der Zellzüchtung und in der Haltung für Virologie erneut ausgegründet und der langjährige 1989. Als neuer Leiter folgte ihm sein Stellvertreter wichtiger Virusstämme sowie in der Vermittlung die- kommissarische Leiter Rosenthal zu dessen Direktor Detlev H. Krüger, der das Direktorat am Institut für ses neuartigen Wissens in Kursen für Human- und ernannt. Das Institut gliederte sich in die Abteilungen Medizinische Virologie (Helmuth Ruska Haus) am Veterinärmediziner. Edlinger blieb bis 1961 Direktor Allgemeine Virologie und Virusdiagnostik unter der Charité Campus Mitte heute noch ausübt. 45 Das Hygiene-Institut der Freien Universität in West-Berlin

Ausbau und Ausrichtung des Instituts unter Universität, fand dann jedoch im selben Jahr eine Stelle Bernhard Schmidt als stellvertretender Direktor am Hygiene-Institut der Stadt und Universität Frankfurt am Main. Im August Nachdem andere Berufsverfahren gescheitert waren55, 1947 meldete die Frankfurter Rundschau, Schmidt sei übernahm Bernhard Schmidt (1906-2003) zum 15. nach einer Suspendierung wegen des Verdachts der Oktober 1953 die Leitung des Hygiene-Instituts der Beteiligung an Fleck- und Gelbfieberimpfungen im Freien Universität und die Leitung des Medizinalun- Konzentrationslager Buchenwald entlastet worden. tersuchungsamtes I von Berlin-Wedding. Mit seiner 1948 wurde Schmidt außerplanmäßiger Professor am Berufung erfolgte in West-Berlin erstmals eine ordent- Hygiene-Institut der Universität Frankfurt am Main liche Besetzung des Lehrstuhls und des Instituts, das und ab Dezember 1951 Beamter auf Lebenszeit. Nach auf Schmidts Antrag hin in Institut für Hygiene und seiner Berufung nach Berlin wurde er wegen seiner Mikrobiologie an der Freien Universität Berlin umbe- militärärztlichen Vergangenheit von Studenten und nannt wurde.56 Mitarbeitern Kanonen-Schmidt genannt. Wovon diese Der aus Magdeburg stammende Schmidt hatte Che- allerdings nichts erfuhren war der Umstand, dass ein mie und Medizin studiert, war Bakteriologe und Hy- erneutes Ermittlungsverfahren in West-Deutschland gieniker. Er hatte 1939 in Göttingen habilitiert, wurde wegen einer Beteiligung oder Mitwisserschaft an töd- danach an die Militärische Akademie in Berlin beru- lichen Fleckfieberversuchen im Konzentrationslager fen und an die Friedrich-Wilhelms-Universität umha- Buchenwald gegen ihn anhängig war, erst 1965 wurde bilitiert, woraufhin er im Hygiene-Institut lehrte. Im dieses Verfahren eingestellt. In seiner langjährigen Zweiten Weltkrieg Wehrhygieniker und Oberstabsarzt Amtszeit als Institutsdirektor bis 1974 prägte Schmidt im Oberkommando der Wehrmacht, hatte Schmidt das West-Berliner Hygiene-Institut maßgeblich. Als er 1943 auch die Fleckfieber-Versuchsstation im Kon- 1953 nach Berlin kam, fand er nur das Provisorium zentrationslager Buchenwald besucht und damit un- eines Instituts vor, das er auf- und ausbaute. Bernhard Schmidt (1906-2003) mittelbar Kenntnis von Medizinverbrechen erhalten. Als eine der ersten größeren Maßnahmen fand 1955 Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte er zunächst in der Umzug aus den Räumen des Robert Koch-Instituts Berlin Fuß fassen und erkundigte sich 1946 nach der in die Föhrer Straße 14, das heutige Gästehaus des 46 Personalsituation am Hygiene-Institut an der Berliner Deutschen Herzzentrums, statt. Das Institut erhielt Institutsgebäude auf dem Gelände des Rudolf-Virchow-Krankenhauses, Gruppenbild der MitarbeiterInnen des Hygiene-Instituts, Föhrer Föhrer Straße 14, heute Gästehaus des Deutschen Herzzentrums, 1963 Straße 14, um 1960

Labor- und Büroräume im damals so genannten Blut- bankgebäude auf dem Gelände des Rudolf-Virchow Krankenhauses. Das Gebäude, eine frühere Direkto- renvilla, war im Krieg stark beschädigt und ausge- brannt. Das erste Stockwerk und das Dachgeschoß nutzte die Berliner Blutbank mit Laboratorien und sonstigen Räumen, das Erdgeschoss stand dem Hygie- ne-Institut zur Verfügung. Damit verfügte die Univer- sitätshygiene zwar endlich über eigene Institutsräume, diese lagen aber immer noch weit entfernt von den übrigen Einrichtungen der Freien Universität Berlin in Dahlem und Steglitz. Wenn auch die Arbeitsbedingun- gen schwierig waren und Schmidt den lange geplanten Neubau des Instituts in Steglitz 1974 nicht mehr als Institutsdirektor beziehen konnte, erreichte er für das Institut an der Föhrer Straße 14 doch beständig kleine Labor im Institutsgebäude, Föhrer Straß 14, 1963 47 Kursgebäude des Hygiene-Instituts auf dem Gelände des Rudolf- Exkursion zu einem Klärwerk, 1958 Virchow-Krankenhauses, um 1960

räumliche Erweiterungen. Zuerst kamen ein neues tät Berlin mit seinen insgesamt sechs Standorten der des neuen Instituts lag bereits im Juni 1965 vor. De- Labor dazu, ein kleines Sekretariat und ein Keller- Lehre und Forschung waren für alle Beteiligten unbe- tailliert wurden darin die Art der Räume und deren raum. 1957 erhielt das Institut dann ein Kursgebäude friedigend. Darüber hinaus hatte sich in den 1960er künftige Nutzung beschrieben; ebenso die nötigen auf dem Gelände des Rudolf-Virchow Krankenhauses und 1970er Jahren die Anzahl der Studierenden ver- bautechnischen Anforderungen, die gewünschten fes- für rund 160 Studenten. In den Jahren 1962/63 folgten vielfacht. Von großzügigen Spenden aus den USA ten Betriebseinrichtungen, die apparative Ausstattung ein kleines Isotopenlabor und 1967 einige Räume in profitierte in dieser Zeit die gesamte Freie Universi- und die zukünftige Möblierung. Neben einem Hörsaal den oberen Stockwerken des Institutsgebäudes. tät Berlin. Um die zunehmende Zahl an Studenten zu für rund 400 Studenten und einem Kurssaal waren Schmidt war bei seinen Mitarbeitern und den Stu- unterrichten, wurde auch die Anzahl der Dozenten zahlreiche Labors geplant. Da im Verlauf der langjäh- denten sehr beliebt. Als Facharzt für Arbeitsmedizin erhöht. Bereits 1953 war Bernhard Schmidt der Neu- rigen Bauarbeiten immer wieder zum Sparen gemahnt legte er großen Wert auf Betriebsbegehungen, bei- bau eines Hygiene-Instituts versprochen worden. Seit wurde, fielen die sonst für Entwürfe von Fehling und spielsweise bei den Berliner Wasserwerken, wo er die 1965 gab es konkrete Planungen hierfür, die Kon- Gogel so typischen Kommunikationsräume, also in den vorangegangenen Vorlesungen vorgetragenen kretisierung des Vorhabens zog sich jedoch jahrelang großzügige Flurbereiche anstelle abgetrennter Bespre- mikrobiologischen und hygienischen Probleme erläu- hin, so dass der Umzug nach Steglitz an den Hinden- chungsräume, in diesem Gebäude fort. Das Richtfest terte. burgdamm 27, Ecke Krahmerstraße, erst 1974 statt- konnte am 25. November 1970 gefeiert werden. Den finden konnte. Die Architektengemeinschaft Fehling Mitarbeitern des Hygiene-Instituts standen im Neu- und Gogel erhielt den Auftrag für die Planungen und bau statt 500 stolze 8.225 Quadratmeter Nutzfläche Die Planung des neuen Hygiene-Instituts am den Bau des neuen Gebäudes. Seitens des Hygiene- zu Verfügung. Zudem verfügte das Institut über zahl- Hindenburgdamm Instituts war Volker Lenk, Schmidts langjähriger Stell- reiche hochwertige Geräte, wie eine Isotopen-Abwas- vertreter, für die Zusammenarbeit mit den Architekten ser-Anlage, Elektronenmikroskope, Gaschromatogra- Die Arbeitsbedingungen am Institut für Hygiene und zuständig, wobei ihn seine Mitarbeiterin Erika Brandt phen, Dünnschichtchromatographieanlagen und vieles 48 Medizinische Mikrobiologie an der Freien Universi- unterstützte. Ein 100-seitiges Ausstattungsprogramm andere mehr. Besonders gelobt wurde die automati- MTAs auf dem Balkon des Hygiene-Instituts, Föhrer Str. 14, um 1960, v.l.n.r: Fr. Brandt, Fr. Becker und Fr. Tabeau

Hörsaal des neuen Hygiene-Instituts, sche Rohrpostanlage, die mit 18 Stationen des benach- Hindenburgdamm 27, 1974 barten Universitätsklinikums verbunden wurde. Fünf Jahre nach der Grundsteinlegung, am 12. Dezember 1974, wurde das Hygiene-Institut eingeweiht. Über die gelungene Architektur äußerte sich der Präsident der Freien Universität Berlin begeistert und nannte das Institut ein städtebauliches Juwel.

Seminar und Institut für Sozialhygiene an der Freien Universität Berlin

Seit dem Wintersemester 1952/53 wurden für Medi- zinstudenten Vorlesungen in Sozialhygiene von Erich Schröder angeboten; ein Sozialhygienisches Seminar war ebenso Teil der Ausbildung. Über dessen Inhalt und den Umfang dieser Veranstaltungen konnten im Rahmen der vorliegenden Untersuchung allerdings keine Informationen gefunden werden. Im Januar 1959 beschloss die Medizinische Fakultät der Freien Laborraum im neuen Hygiene-Institut, Kurssaal des neuen Hygiene-Instituts, Universität Berlin die Einrichtung eines Seminars für Hindenburgdamm 27, 1974 Hindenburgdamm 27, 1974 49 Grundsteinlegung des Hygiene-Instituts am Hindenburgdamm 27 am 9. Mai 1969. In den Grundstein wird eine Büchse eingemauert. Darin befinden sich unter anderem Pläne des Neubaus, Fotos des alten Instituts, einer Samonella typhi- Kultur (Lysotyp „A“), einer Escherichia coli-Phage und eines Sporenerdepäck- chens. Daneben liegt eine Liste der am Institut angefertigten Habilitations- und Promotionsarbeiten bei, außerdem eine vollständige Liste aller MitarbeiterInnen und Angestellten am Institut. Neubau des Hygiene-Institutes der Freien Universität Berlin, 1974

Sozialhygiene und öffentliches Gesundheitswesen. Se- Aufteilung in vier Institute mit vier neu eingerichteten und Heike Langmaack betreut, befand sich in den Kli- natsdirektor Erich Schröder bot weiterhin Lehrveran- Lehrstühlen vergrößert. niken Steglitz und Westend. staltungen an, die Räume des Seminars für Sozialhygi- Im Untergeschoß des Hygiene-Instituts der Freien Die erste ordentliche Berufung erfolgte mit Karl- ene lagen in der Soorstraße am Krankenhaus Westend. Universität Berlin befanden sich der Hörsaal, der Otto Habermehl (1927-2005) 1975 auf den Lehrstuhl Im November 1964 kam es zur Umbenennung in In- Kurssaal sowie Laborräume, im ersten Obergeschoß für Virologie. 1976 wurde Knut-Olaf Gundermann stitut für Sozialhygiene und öffentliches Gesundheits- richtete sich das Institut für Medizinische Mikrobio- (*1933) auf den Lehrstuhl für Allgemeine Hygiene be- wesen. Seit Anfang 1967 war Bernhard Schmidt zeich- logie ein, im zweiten Obergeschoß das Institut für rufen und im gleichen Jahr Gustav Schäcke (*1937) nungsberechtigt für die Haushaltführung des Instituts Allgemeine Hygiene und das Institut für Arbeits- und auf den Lehrstuhl des Instituts für Arbeits- und Sozi- für Sozialhygiene, Herbert Genz leitete das Institut Sozialmedizin, das nach einigen Jahren einen ande- almedizin, den er bis 2005 besetzte. Am 1. Dezember kommissarisch. Genz wurde 1986 emeritiert und das ren Standort erhielt und dessen weitere Entwicklung 1977 übernahm Helmut Hahn (*1933) aus Bochum Institut in das Hygiene-Institut unter der Leitung von daher im Rahmen der vorliegenden Untersuchung den Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie. Die Henning Rüden überführt. nicht verfolgt wird. Das dritte Obergeschoß beher- Vergrößerung des Hygiene-Instituts war zum einen bergte das Institut für Virologie. Bis zur Besetzung der dem deutlich gestiegenen Bedarf an universitärer neuen Lehrstühle wurden die Aufgaben der Institute Lehre in West-Berlin geschuldet, zum anderen spie- Die Aufteilung des Hygiene-Instituts nach der von den Professoren Volker Lenk, Dieter Hartmann, gelt sich hierin die finanzielle Sorgenfreiheit wider, die Emeritierung Schmidts Klaus Großgebauer und Wolfgang-Dietrich Kampf in durch eine massive Berlin-Förderung, der so genann- den jeweiligen Institutsbereichen wahrgenommen. Ge- ten Insel-Zulage, möglich wurde. Letztlich war der Nach Ende der Amtszeit Bernhard Schmidts, der das meinsam wurden auch die Vorlesungen und Praktika wirtschaftliche Aufschwung des Westens untrennbar neue Institutsgebäude 1974 als Emeritus bezog, wurde versorgt. Je ein Laboratoriumsbereich des Instituts, verbunden mit einem enormen Zuwachs wissenschaft- 50 das Hygiene-Institut am Hindenburgdamm durch die von den wissenschaftlichen Assistenten Heinz Kerner licher Arbeiten. Volker Lenk im Kursgebäude, Betriebsausflug nach Glienicke, um 1960, v. l. n. r: Wolfgang Ackermann, Wolfgang-Dietrich Kampf in seinem Büro, um 1960 Dieter Hartmann, Herta Kolbe, Dieter Pröse, Klaus Großgebauer um 1990

Die Entwicklung des Instituts für Allgemeine Hygiene achtung medizinischer Geräte. Zu diesen Aufgaben Individualhygiene und öffentliches Gesundheitswesen, an der Freien Universität Berlin kamen umfangreiche Lehrverpflichtungen mit Vorle- Epidemiologie (Stuttgart 1991). Zudem war Gunder- sungen, der Betreuung von Praktika und Exkursionen. mann als Schriftleiter und Herausgeber des Zentral- In der Zeit zwischen der Emeritierung Schmidts im Letztere wurden teilweise von Firmen wie Schering, blatts für Hygiene und Umweltmedizin aktiv. Gunder- Jahr 1974 bis zur Berufung von Knut-Olaf Gunder- Volkswagen oder den Zeiss Werken in Jena gefördert mann verließ das Institut 1980, um an die Universität mann im Jahr 1976 wurden die Aufgaben im Hygiene- und stellten eine beliebten Unterbrechung des Studien- nach Kiel zu wechseln. Mit seinem Weggang entstand Institut von Wolfgang-Dietrich Kampf wahrgenom- alltags dar. Ziele der Exkursionen waren in der Regel in Bezug auf die Lehrverpflichtungen ein Vakuum. men, der sich 1970 in Hygiene und Mikrobiologie städtische Versorgungsbetriebe in Berlin wie die Berli- Da Wolfgang-Dietrich Kampf als „Nicht-Mediziner“ habilitiert hatte. Der Biologe Kampf war bereits seit ner Wasserwerke. Zwischen 1979 und 1981 gehörte es den obligatorischen Impfkurs nicht anbieten durfte, 1959 am Hygiene-Institut tätig, zunächst als Assis- zudem zu den Pflichten von Kampf, die universitären wurde der langjährige wissenschaftliche Assistent am tent in der Nährbodenküche und dem Tierstall mit Klinika der Studenten zu betreuen. Institut und Facharzt für Hygiene, Klaus-Dieter Zast- Mäusen, Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen, Unter Gundermann wurde die Krankenhaushygiene row mit einem Lehrauftrag betraut, den er bis 1992 ab 1970 als Professor. Bis zu seiner Emeritierung im ein neuer Schwerpunkt des Hygiene-Instituts. Insge- wahrnahm. Nachfolger Gundermanns als ordentli- Jahr 1994 blieb Kampf am Hygiene-Institut der Freien samt galt das wissenschaftliche Interesse Gundermanns cher Professor für Allgemeine Hygiene wurde 1982 Universität Berlin. Seine Aufgabenbereiche waren die der angewandten Hygiene und der Mikrobiologie, so Henning Rüden (*1942). Rüden war bereits seit 1978 Trink-, Badewasser- und Abwasserhygiene sowie die dass er sich neben der Krankenhaushygiene auch mit Professor für Umwelt-, Krankenhaus- und Bauhygiene Lufthygiene in West-Berlin, außerdem die Einhaltung der Wasserhygiene beschäftigte und zahlreiche wissen- an der Technischen Universität Berlin im Fachbereich hygienischer Qualitätsanforderungen an medizinische schaftliche Publikationen hierzu produzierte. Als Her- Umwelttechnik und -wissenschaften gewesen. Seine Einmalartikel aus Kunstoffen, wie Spritzen, Blutbeutel ausgeber veröffentliche er beispielsweise das Lehrbuch Berufung an die Freie Universität Berlin hatte eine und Dosiereinrichtungen sowie die hygienische Begut- der Hygiene: Umwelthygiene, Krankenhaushygiene, enge Zusammenarbeit mit der Technischen Univer- 51 Henning Rüden (*1942) Helmut Hahn (*1933)

sität sowie die Fortsetzung der Krankenhaushygiene haushygiene der Humboldt-Universität. Rüden blieb Das Institut für Medizinische Mikrobiologie der zur Folge. Rüden, der aus einem „nationalsozialistisch bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2007 Direktor des Freien Universität Berlin geprägten Vaterhaus“57 stammt und sich selbst als po- Hygiene-Instituts, das aufgrund seiner Initiative im litisch linksstehend charakterisiert, konnte durch seine Jahr 1990 in Institut für Hygiene und Umweltmedizin Der Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie am Ins- Tätigkeit an der Technischen Universität Berlin wich- umbenannt wurde. Zudem blieb er Professor für Um- titut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der tige Erfahrungen vorweisen. Die angehenden Ingeni- welthygiene am Institut für Technischen Umweltschutz Freien Universität Berlin wurde am 1. Dezember 1977 eure der Technischen Universität Berlin hinterfragten der Technischen Universität Berlin. Als Direktor des mit Helmut Hahn (*1933) besetzt. Der aus Bochum die Lehrmeinungen Rüdens und bewegten ihn so zur Hygiene-Instituts leitete er auch das dort eingerichtete berufene Hahn konnte bei seinem Amtsantritt bereits intensivieren Auseinandersetzung mit der Entwicklung Nationale Referenzzentrum für Krankenhausinfekti- auf eine langjährige Forschungstätigkeit in den USA, der aus hygienischer Sicht notwendigen technischen onen mit dem deutschlandweit errichteten Kranken- Mainz und Bochum zurückblicken. Seine Forschun- Standards bei Krankenhausneubauten. haus-Infektions-Surveillance-System. 2008 wurde die gen zu Tuberkulose, Pyrogenen, Interleukin I, das er Die Jahre nach der „Wende“ waren für ihn entschei- derzeitige Direktorin des Instituts, Petra Gastmeier, als als erster Wissenschaftler beschrieb, zu spezifischen, dend: Als Krankenhaushygieniker für die Kliniken in Nachfolgerin Henning Rüdens berufen und mit dem bizellulären Leukozyten sowie zur Rolle der Lympho- Steglitz, Charlottenburg und Wedding, insbesondere Lehrstuhl und der Leitung des Instituts für Hygiene zyten qualifizierten ihn für die Leitung des Instituts das Rudolf-Virchow-Krankenhaus, zuständig, beauf- und Umweltmedizin der Charité betraut. Als ehe- für Medizinische Mikrobiologie in Berlin-Steglitz. sichtigte Rüden nun auch die Krankenhaushygiene malige Assistentin Rüdens und frühere Doktorandin Die Forschungsschwerpunkte des Instituts waren die der Charité im Osten Berlins und war damit für rund Karlwilhelm Horns, steht sie für die Kontinuität der Zelluläre Immunologie, anaerobe Diagnostik und die dreieinhalbtausend Patientenbetten verantwortlich. In Hygiene-Institute sowohl der Humboldt- als auch der Chemotherapie. Hahn führte seiner Meinung nach das diesem Kontext unterstand ihm Wolfgang Kaufhold, Freien Universität. Heute sind unter dem Dach der „patriarchalische Prinzip“ am Mikrobiologie-Institut der langjährige Leiter der Krankenhaushygiene an der Charite-Universitätsmedizin die Hygiene-Institute im der Freien Universität Berlin wieder ein. Der Ruf, 52 Charité und Mitarbeiter des Instituts für Kranken- Ost- und Westteil Berlins zusammengefasst. Hahn lege größten Wert auf Pünktlichkeit und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Mikrobiologie beim Karl-Otto Habermehl (1927- Betriebsausflug im Spreewald, 8.7.1980 2005)

preußische Tugenden wie Diensteifer, war ihm voraus- stitute für Mikrobiologie sowohl der Humboldt- als angewandten Forschung des Instituts standen. Zudem geeilt. Er wurde diesem Ruf gerecht: Um einen pünkt- auch der Freien Universität Berlin an zwei Standorten. war Habermehl an der Entwicklung von standardi- lichen Dienstbeginn aller angestellten Mitarbeiter des sierten Testverfahren sowie an der Entwicklung einer Instituts zu erreichen, stand er morgens an der Pforte automatisierten Virus-Diagnostik beteiligt. Die Ergeb- und begrüßte die Eintreffenden per Handschlag mit Das Institut für Klinische und Experimentelle nisse flossen in die Arbeit der Transfusionsmedizin ein: einem freundlichen „Guten Morgen!“ Da viele Medi- Virologie Habermehl testete erstmalig in Berlin Blutspender auf zinstudenten die Lehrveranstaltungen im Bereich der eine HIV-Infektion; durch die Ergebnisse seiner Arbeit Medizinischen Mikrobiologie schwänzten, führte er so 1975 wurde Karl-Otto Habermehl (1927-2005) auf konnten die Transfusionsrisiken bei Blutspendeemp- genannte Initiativgespräche ein. Dies waren de facto den Lehrstuhl für Virologie an der Freien Universität fängern gesenkt werden. Habermehl blieb bis zu seiner Prüfungen. Studenten, die ihren benötigten Schein mit berufen. Habermehl trug wegen seiner Verdienste in Emeritierung 1997 Leiter des Instituts. Im selben Jahr Hilfe von Rechtsanwälten einzuklagen versuchten Bezug auf die AIDS-Forschung die Bezeichnung Aids- wurde Regine Heilbronn (*1954) sowohl Professo- ohne die geforderten Leistungen erbracht zu haben, Professor. Der Internist, der zudem eine Facharztausbil- rin für Klinische und Experimentelle Virologie an der liefen hierdurch ins Leere. Die Initiativgespräche dung in Laboratoriumsmedizin absolviert hatte, hatte Freien Universität Berlin als auch Direktorin der Ab- fanden morgens um 7.30 Uhr statt, Gegenstand war sich 1964 habilitiert. Nach Forschungsaufenthalten in teilung Virologie am Institut für Infektionsmedizin der regelmäßig der Stoff der vergangenen Vorlesung, der den USA kam Habermehl 1970 nach Deutschland. Die Freien Universität zwischen 1997 und 2003. Seit 2003 nun individuell abgefragt wurde. Bis zu seiner Emeri- Arbeitsschwerpunkte des Instituts lagen in der Aufklä- ist Regine Heilbronn Direktorin des Instituts für Viro- tierung 2006 leitete Hahn das Institut. rung der molekularbiologischen Grundlagen der Viren logie am Campus Benjamin Franklin Charité – Uni- Mit Ulf Göbel (*1948) wurde 1993 der Lehrstuhl und deren pathogene Funktionen. Diese Grundlagen- versitätsmedizin Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte für Mikrobiologie in der Dorotheenstraße wiederbe- forschung war eng verbunden mit Fragestellungen der liegen zum einen auf der Gentherapie mit adeno-as- setzt. Heute unterstehen diesem die unter dem Namen Klinik, so dass die Pathogenese der Pocken, der Polio- soziierten-Viren zum anderen auf Untersuchungen zu Charité – Universitätsmedizin zusammengefassten In- myelitis sowie der Herpes-Infektionen im Zentrum der Virus-Wirts-Interaktionen. 53 Abschließende Bemerkungen

Bei einem abschließenden Rückblick auf die 125 Jahre sondern eben auch mit der besonderen Wettbewerbs- keinen Vergleich fand. Die Jahre nach der politischen Hygiene-Institute an Berliner Universitäten fallen drei situation in Berlin. Was in der wilhelminischen Ära das Wiedervereinigung führten zu einem Abbau der uni- Dinge ins Auge. Die Sonderstellung, die sich bisweilen Kaiserliche Gesundheitsamt, war später das Bundesge- versitären Doppelstruktur, in deren Folge Abteilungen in einer bevorzugten Behandlung, bisweilen in der Ver- sundheitsamt und ist heute das Robert Koch-Institut. und Institute weniger aus inhaltlichen, sondern eher nachlässigung der Hygiene-Institute in Berlin äußerte, Die Hygiene pflegte überdies bis zum Ende des Zwei- aus ökonomischen Gründen geschlossen wurden. ist bis heute bestehen geblieben. Zudem fand beson- ten Weltkriegs immer eine enge Verbindung zum Mili- Heute sind universitäre Institute einem deutschland- ders nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine starke tär, dessen Personal in der ebenfalls konkurrierenden weiten und internationalen Konkurrenzkampf ausge- Untergliederung des bzw. der Institute sowie häufige Militärärztlichen Akademie ausgebildet wurde. Mit setzt, in dem viel stärker als zuvor eine Profilierung Ausgliederungen von Abteilungen zu neuen Instituten der Etablierung der Sozialhygiene setzte das Berliner erforderlich ist. Ein besonderer Schwerpunkt, der in statt, die teilweise eine Entfernung vom Kern hygie- Hygiene-Institut jedoch auch einen eigenen Akzent. Ost- wie West-Berlin bereits eine längere Tradition nischer Aufgaben, teilweise auch eine Zusammen- Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kam es mit der hat, liegt in der Krankenhaushygiene. Mikrobiologi- führung in größere Einheiten bedeuteten. Schließlich Teilung Deutschlands zu einer doppelten, aber nicht sche Forschung findet am Interdisziplinären Zentrum ist anhand der Standorte eine zunehmend enge An- parallelen Entwicklung zweier universitärer Hygiene- für Infektionsbiologie und Immunität sowie am Ro- knüpfung von drei zentralen Bereichen der Hygiene, Institute in Berlin. Dies zeigt sich in einer unterschiedli- bert Koch-Institut statt, die Epidemiologie wird vom nämlich der Allgemeinen Hygiene, der Mikrobiologie chen Schwerpunktsetzung, die aufgrund der jeweiligen Institut für Sozialmedizin übernommen, ebenso hat und der Virologie an die Universitätskliniken, heute politischen und ökonomischen Prämissen vollzogen die Arbeitsmedizin einen unabhängigen Verlauf ge- die Charité, feststellbar. In der Reichshauptstadt, der wurde. Die Fokussierung auf sozialhygienische The- nommen. Inwieweit die Berliner Universitätshygiene Hauptstadt der DDR, der „Frontstadt des Kalten men im Ostteil der Stadt fand kein ebenbürtiges Pen- für die Probleme der Gegenwart und Zukunft gerüs- Krieges“, wie auch in der Bundeshauptstadt gleicher- dant im Westen. Hier spielte der Berlinstatus für den tet ist – man denke an bioterroristische Bedrohungen maßen, existierten immer wissenschaftliche Einrich- Ausbau und die Untergliederung des einen Hygiene- oder Grippeepidemien –, wird sich zeigen. Soviel lässt tungen, die mit der Universitätshygiene um Aufgaben Lehrstuhles in Institute für Hygiene, Virologie und sich allerdings heute schon sagen: In ihrer zentralen konkurrierten. So dauerte es beinahe 30 Jahre, bis sich Mikrobiologie eine maßgebliche Rolle. Die Virologie Funktion, der akademischen Ausbildung zukünftiger das Hygiene-Institut in Berlin überhaupt akademisch wurde im Osten schon früh ein selbständiges Institut. Ärzte und Naturwissenschaftler in hygienischen Fra- etabliert hatte. Dies hing nicht nur mit dem Wechsel Im Westen erlangte sie vor allem durch die HIV-For- gestellungen, bleiben die Hygiene-Institute auch in Zu- 54 der Institutsleiter an andere Institutionen zusammen, schung einen enormen Schub, der wiederum im Osten kunft so wichtig wie vor 125 Jahren. Anhang

Anmerkungen

1 Hardy: Ärzte, Ingenieure und städtische Gesundheit. 21 Schulz: Martin Hahn, 1984, S. 76. 37 Archiv der Humboldt Universität Berlin: PA F. Oesterle. 2005. 22 Schulz: Martin Hahn, 1984, S. 92. 38 Hinz-Wessels: Das Robert Koch-Institut im Nationalsozi- 2 Labisch; Tennstedt: Homo hygienicus. 1992. 23 Neumann-Redlin von Meding: Martin Hahn, Leiter des alismus. Berlin 2008, S. 169. 3 Heinicke; Heinicke: Geschichte des Lehrstuhles für Hygi- Berliner Hygiene-Instituts von 1922–1933. Berlin Medi- 39 Horn: Kommunalhygiene. 3. Aufl. (1981), S. 24. ene. 1979, S. 62. cal 5 (2008) 1. 40 Kraatz: Nachruf für Alfred Beyer. Das Deutsche Gesund- 4 Heymann: Shibasaburo Kitasato zum Gedächtnis. Klini- 24 Schleiermacher: Grenzüberschreitungen der Medizin heitswesen 16 (1961), S. 2232. sche Wochenschrift 10 1931, S. 1430-31. 2008. 41 Baader: Von der Sozialen Medizin, 2005, S. 34. 5 Zitiert nach Eschenhagen: 1983, S. 80. 25 Für diesen Hinweis danken wir Hans H. Lembke von der 42 Wulf: Sozialmediziner Ludwig Teleky. 2001, S. 448. 6 Zitiert nach Eschenhagen: 1983, S. 100. FH Brandenburg. 43 Archiv der Humboldt Universität Berlin: PA F. Oesterle: 7 Gradmann: Robert Koch. 2001. 26 Wulf: Hamburger Tropeninstitut. 1994, S. 24. Schreiben vom 4.8.1948. 8 Zitiert nach Wildt/Wildt: Max Rubner. 1978, S. 56. 27 Zeiss: Elias Metschnikov. Leben und Werk. Jena 1932; 44 Archiv der Humboldt Universität Berlin: PA F. Oesterle: 9 Zitiert nach Wildt/Wildt: Max Rubner. 1978, S. 67. Ders. gemeinsam mit Richard Bieling: Emil von Behring. Schreiben vom 25.11.1958. 10 Rodenwaldt: Ein Tropenarzt erzählt sein Leben. 1957, S. Gestalt und Werk. Berlin 1940. 45 Bundesarchiv: DR3/B 372. PA: Horn. 23. 28 Schleiermacher: Sozialethik im Spannungsfeld. Husum 46 Zitiert bei Baader: Von der Sozialen Medizin, 2005, S. 11 Vgl. Horn/Thom: 1992, S. 38, die aus den Akten des Ge- 1998, S. 65. 35. heimen Staatsarchivs zitieren. 29 Schleiermacher: Sozialethik im Spannungsfeld. Husum 47 Moser: Im Interesse der Volksgesundheit. 2002, S. 370. 12 Flügge: Das hygienische Institut. Berliner Klinische Wo- 1998. 48 Großer; Schmidt; Horn: 100 Jahre Institut für Hygiene. chenschrift 47 1910, Nr. 41, S. 1890-1891. 30 Schleiermacher: Rassenhygiene und Rassenanthropolo- 1985, S. 351. 13 Bernhard Möllers: Robert Koch – Persönlichkeit und Le- gie. In: Die Berliner Universität in der NS-Zeit, Bd. 1, Hg. 49 Moser: Im Interesse der Volksgesundheit. 2002, S. 370. benswerk. 1950, S. 344. vom Bruch: 2005, S. 71-88. 50 Großer; Schmidt; Horn: 100 Jahre Institut für Hygiene. 14 http://www.sammlungen.hu-berlin.de/schlag- 31 Vorlesungsverzeichnis der Friedrich-Wilhelms-Universität 1985, S. 354. worte/10491/ hier ist auch ein Portrait hinterlegt. Vgl.: zu Berlin, Sommersemester 1934, S. 28. 51 Großer; Schmidt; Horn: 100 Jahre Institut für Hygiene. Aufsatz von Uwe Fraunholz: Von der medizinischen 32 Universitätsarchiv der HU:PA_M259_Band III: Zeiss an 1985, S. 354. Kritik zur psychotechnischen Disziplinierung: Arzt und den Dekan der Medizinischen Fakultät am 13. Juli 1942. 52 Caesar: Erinnerungen an Helmut Ruska (1908-1973). In: Kraftfahrzeug am Beginn des Automobilzeitalters, in: 33 Werther: Fleckfieberforschung im Deutschen Reich www.charite.de/virologie/bericht2008. NTM 13 (2005), S. 65-78. 1914–1945. Marburg 2004. 53 Vgl.: Hinz-Wessels, Annette: Das Robert Koch-Institut im 15 Horn/Thom: Flügge. 1992, S. 49. 34 Rürup (Hg.), Berlin 1945. Eine Dokumentation, Berlin Nationalsozialismus. Berlin 2008, S. 53. 16 Winau: Medizin in Berlin. 1987, S. 307. 1995. 54 Edlinger, Ewald: Erinnerungen an die Institutsgründung. 17 Horn/Thom: Flügge. 1992, S. 41. 35 Autorenkollektiv: Die antifaschistisch-demokratische Er- In: Charité-Annalen. 1994, S. 133-134. 18 Zitiert nach Horn/Thom: Flügge. 1992, S. 40. neuerung der Universität 1985. Neudruck in: Prell; Wil- 55 Archiv der Freien Universität Berlin: Protokolle der Sit- 19 Kaspari. Alfred Grotjahn. 1989. ker: Die Freie Universität Berlin. 1989, S. 48. zungen des Akademischen Senats. 20 Zitiert nach: Winter: 75 Jahre Hygiene in Berlin. Berlin 36 Archiv der Humboldt Universität Berlin: PA F. Oesterle. 56 Archiv der Freien Universität Berlin: Rektorat 505. 1960. Lebenslauf vom 5.Juni 1946. 57 Interview Henning Rüden. März 2010. 55 1885-1890 Leiter des Hygiene-Instituts ist Robert Koch 1891-1909 Leiter des Der Arbeitshygieniker Entwicklung der Hygiene-Institute als Grafik Hygiene-Instituts ist Max Ernst Wilhelm Baader Rubner wird Dozent am Institut 1909-1921 Leiter des 1920 Alfred Grotjahn Hygiene-Instituts ist Carl erhält einen Lehrstuhl für Flügge Sozialhygiene 1922-1933 Leiter des Hygiene-Instituts ist Martin Hahn Am Institut arbeiten Paul 1933-1945 Leiter des Oesterle als stellvertreten- Hygiene-Instituts ist Heinz der Direktor seit 1941 Zeiss und Bernhard Schmidt als Dozent seit 1942 1948 Gründung der Paul Oesterle übernimmt 1947 wird der Lehrstuhl Freien Universität 1945 kommissarisch die für Sozialhygiene wieder Leitung des Instituts und gegründet und ist bis 1948 bis 1953 wird die organisiert den Wieder- 1956 mit Alfred Beyer Organisation und Lehre aufbau. 1951 bis 1958 besetzt der Universitätshygiene wird er ordentlicher von den beiden Leitern Professor und Leiter des des Robert Koch-Instituts, Instituts Otto Lentz und Georg Henneberg, übernommen und findet im RKI statt 1953 bis 1974 erhält 1957 bis 1977 über- Bernhard Schmidt den nimmt Kurt Winter diesen Lehrstuhl für Hygiene Lehrstuhl der FU 1959 beschließt die 1956 wird unter Schmidt Die 1956 gegründete Paul Oesterle übernimmt 1959 wird die Abteilung 1959 bis 1975 über- 1959 wird eine Abtei- 1959 wird eine Abtei- Medizinische Fakultät der eine Abteilung für Virolo- Abteilung für Virologie von 1959 bis 1965 die für Allgemeine, später für nimmt Kurt Winter die lung für Arbeitshygiene lung für die Hygiene des Freien Universität Berlin gie gegründet wird 1958 Institut für Leitung des Instituts für Allgemeine und Kommu- Leitung des Instituts für eingerichtet Kindes- und Jugendalters ein Sozialhygienisches Virologie Mikrobiologie und wird nale Hygiene gegründet Hygiene und behält eingerichtet Seminar zu gründen. 1959 zur Mikrobiologie dabei den Lehrstuhl für Leiter wird Erich Schröder umhabilitiert. Sozialhygiene Schmidt ist der erste Leiter, erst der Abteilung Ab 1963 nimmt Oesterle 1961 kommt Karlwilhelm Wenn auch nicht am Von 1959 bis 1965 steht ordentliche Leiter des und von 1958 bis 1961 seine Aufgaben de facto Horn als Dozent an das Hygiene-Institut ange- die Abteilung Hygiene-Instituts der des Instituts, ist Ewald nicht mehr wahr Institut, wird 1965 zum siedelt, spielt dennoch unter der Leitung von FU und maßgeblich für Edlinger Professor berufen der Baader-Schüler Ernst Eva Schmidt-Kolmer. dessen Auf- und Ausbau Holstein als Nestor des Ab 1961 ist Kolmer verantwortlich Faches eine Rolle Prof. mit Lehrauftrag 1964 wird das Seminar Die Arbeitshygiene wird Nach der Emeritierung 1961 bis 1984 über- 1965 bis 1979 über- 1962 bis 1980 über- Bis 1990 folgen als zum Institut fur Sozialhy- mit der Überführung in Schmidts findet die nimmt Konstantin Spies nimmt Georg Schabinski nimmt Siegfried Eitner die Leiterinnen der Abteilung giene und offentliches die Arbeitsmedizin unter Aufteilung des Lehrstuhls die Leitung und gliedert die Leitung des Instituts. Leitung der Abteilung Anneliese Sälzler und Gesundheitswesen unter Sckäcke ausgegliedert in drei Institute statt. Über- das Institut wieder als Von 1979 bis 1981 Gerda Niebsch den Leitern Herbert Genz gangsweise übernehmen Abteilung in das Instituts besteht eine Vakanz in und Bernhard Schmidt Mitarbeiter die Leitung für Mikrobiologie ein der Leitung. 1976 bis 1980 ist Knut- 1977 bis 2006 leitet 1975 bis 1997 wird das 1981 bis 1989 wird 1980 Gründung der 1975 bis 1993 wird erst 1977 übernimmt Inge- 1980 bis 1987 über- Olaf Gundermann Leiter Helmut Hahn das Institut Institut für Klinische und Gerhard Schmidt Leiter Abteilung fur angewandte die Abteilung, dann das borg Dahm den Lehrstuhl nimmt Christoph Brückner des Instituts für Allgemeine für Medizinische Mikro- Experimentelle Virologie des Instituts, in seiner Hygiene unter Peter- Institut für Allgemeine und für Sozialhygiene die Leitung der Abteilung Hygiene. Gundermann biologie von Karl-Otto Habermehl Amtszeit wird die Viro- Jurgen Großer, ab 1982 Kommunale Hygiene von ist Spezialist für Kranken- geleitet logie erneut ausgegliedert Abteilung fur Kranken- Horn geleitet haushygiene haushygiene Genz wird 1986 eme- 1982 bis 2007 über- 1984 bis 1989 wird 1986 wird die Abteilung 1986 wird die Abt. zum 1987 scheidet die Abt. ritiert und das Institut für nimmt Henning Rüden Hans-Alfred Rosenthal zum Institut für Kranken- Institut für Sozialhygiene. aus dem Hygiene-Institut Sozialhygiene Teil des die Leitung des Instituts, Leiter der Abteilung und haushygiene. Von 1986 Dahm wird Direktorin und aus und wird zum Institut Hygiene-Instituts unter seit 1978 ist er bereits die Virologie wird wieder bis 1989 unter der behält diese Position bis für Arbeitsmedizin unter Henning Rüden Prof. an der Technischen zum eigenständigen Leitung von Großer 1990. der Leitung von Klaus Die Abteilung wird Ende Universität Berlin Institut Ruppe 1990 abgewickelt Rüden organisiert etwa Die Institute der FU und Das Institut der FU bleibt 1989 über nimmt Detlev Das Institut der HU Das Institut an der HU Das Institut an der HU 1990 wird Jens- Uwe ab 2005 auch die der HU fusionieren zum parallel zum Institut der H. Krüger die Leitung des fusioniert mit dem Institut wird ab 1993 unter wird nach der Emeritie- Niehoff neuer Leiter, Krankenhaushygiene Institut für Mikrobiologie HU bestehen, beides Instituts der FU Göbel teilweise und bis rung Horns aufgelöst Umbenennung in Institut am Standort Mitte, ehe- und Hygiene der Charité werden Institute für Virolo- zu seiner Auflösung ins fur Sozialmedizin und mals HU gie der Charité Institut für Mikrobiologie Epidemiologie. 1993 integriert Fusion mit dem Institut fur Arbeitsmedizin Seit 2008 leitet Petra 1997 übernimmt Regine Krüger leitet das Institut für 1993 ubernimmt Ulf Gastmeier das Institut, Heilbronn die Nachfolge Virologie der Charité Gobel die Institutsleitung das heutige Institut fur von Habermehl. Seit beider Standorte, heute Hygiene und Umweltme- 2003 ist sie Direktorin gehoren FU und HU dizin der Charite des Instituts für Virologie gemeinsam zur Charite Ereignisse im Überblick

1863-1866 Cholera-Pandemie 1891 Gründung des Königlich Preußischen Instituts für Infektionskrankheiten 1865 Erster Lehrstuhl für Hygiene in München eingerichtet und mit Max von als extrauniversitäre Forschungseinrichtung unter Robert Koch Pettenkofer (1818-1901) besetzt 1891 Max Rubner (1854-1932) wird neuer Direktor des Hygiene-Instituts der 1870/71 Deutsch-Französischer Krieg und Reichsgründung Berliner Universität 1876 Kaiserliches Gesundheitsamt in Berlin gegründet 1892 Cholera-Epidemie in Hamburg 1876 Robert Koch (1843–1910) veröffentlicht „Zur Aetiologie der 1896-1917 Max Rubner führt die hygienische Aufsicht über den Neubau des Charité- Milzbrandes“ Krankenhauses 1876 I. Internationaler Hygienischer Congress in Brüssel 1898 Friedrich Loeffler (1852-1915) und Paul Frosch (1860-1928) führen erst- 1882 am 24. März hält Robert Koch seinen bahnbrechenden Vortrag über die mals den Nachweis des Erregers von Maul- und Klauenseuche bakterielle Ätiologie der Tuberkulose im Hörsaal des physiologischen 1900 Gründung des Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg Instituts in der Dorotheenstr. 96, Berlin durch den ehemaligen Marineassistenten am Berliner Hygiene-Institut 1883 Hygiene wird Prüfungsfach im Deutschen Reich, als Teil des medizini- Bernhard Nocht (1857-1945) schen Staatsexamen 1900 Inkrafttreten des Reichsseuchengesetzes, welches maßgeblich vom ehe- 1883 Hygiene-Ausstellung in Berlin eröffnet maligen Militärassistenten des Hygiene-Instituts Martin Kirchner (1854- 1883 „Archiv für Hygiene“ erscheint erstmals als Organ der Pettenkofer’schen 1925) formuliert wurde Schule 1901 Gründung der Königlichen Versuchs- und Prüfungsanstalt für 1884 durch die von Hans Christian Gram (1853-1938), einem Mitarbeiter Carl Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung in Preußen, 1923 umbenannt Friedländers (1847-1887) in Berlin, entwickelte Färbemethode, können in Preußische Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene Bakterien sichtbar gemacht und unterschieden werden 1904 Neubau des Berliner Hygiene-Instituts in der Hessischen Straße 3-4 wird 1885 Louis Pasteurs (1822-1895) Tollwut-Schutzimpfung in Paris sorgt in ganz eröffnet. Mit dem darin ab 1905 untergebrachten klinisch-bakteriologi- Europa für Furore schen Laboratorium der Charité erfolgt erstmalig die Anbindung an ein 1885 Gründung einer Städtischen Impfanstalt in Berlin zur Versorgung mit Krankenhaus Pockenimpfstoff 1906 August von Wassermann (1866-1925) entwickelt mit seinen Mitarbeitern 1885 Robert Koch wird Professor für Hygiene und Direktor des Instituts in Berlin ein serologisches Nachweisverfahren für die Syphilis für Hygiene an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms- 1909 Max Rubner wechselt auf den Lehrstuhl für Physiologie der Berliner Universität Universität 1886 „Zeitschrift für Hygiene“, später „Zeitschrift für Hygiene und 1909 Carl Flügge (1847-1923) übernimmt die Leitung des Hygiene-Instituts, Infektionskrankheiten“, herausgegeben von Carl Flügge und Robert Koch, welches nun in der Dorotheenstraße 96 untergebracht wird erscheint erstmals als Organ der Koch‘schen Schule 1910 100-jähriges Jubiläum der Berliner Universität 1887 Institut Pasteur in Paris gegründet 1911 Hygiene-Ausstellung in Dresden, die zur Gründung des Dresdner Hygiene- 1888 Wilhelm II. wird Deutscher Kaiser Museums führt 1890 Robert Koch stellt das Tuberkulin der Öffentlichkeit als ein 1912 Alfred Grotjahn (1869-1931) wird im Fach Sozialer Hygiene in Berlin Therapeutikum vor, die hohen Erwartungen erfüllen sich nicht, es folgt ein habilitiert großer Aufruhr in der Presse 1914-18 Erster Weltkrieg. Die Mehrzahl der Studierenden und Lehrenden der 1890 Shibasaburo Kitasato und Emil von Behring zeigen die Wirkung von Berliner Universität zieht in den Krieg, die Mitarbeiter des Hygiene- Antitoxinen gegen Diphtherie und Tetanus Instituts engagieren sich an der Militärärztlichen Akademie 57 1917 Heinrich A. Gins (1883-1968) übernimmt die Leitung der Berliner 1940 Horst Habs (1902-1987) vertritt Zeiss als Direktor des Instituts in dessen Impfanstalt kriegsbedingten Abwesenheiten 1919 Versailler Vertrag, der die Entmilitarisierung Deutschlands, auch der wis- 1941 Überfall auf die Sowjetunion. Paul Oesterle (1900-1971) wird stellvertre- senschaftlichen und medizinischen Einrichtungen festschreibt tender Direktor des Hygiene-Instituts 1919 Mit der Verkündung der Weimarer Verfassung wird Deutschland eine 1942 Bernhard Schmidt (1906-2003) wird Dozent am Hygiene-Institut Republik 1943 Schlacht um Stalingrad 1920 Grotjahn erhält den neu eingerichteten Lehrstuhl für Soziale Hygiene am 1944 Landung der alliierten Truppen in der Normandie Hygiene-Institut Berlin 1945 Ende des Zweiten Weltkrieges, Befreiung Berlins durch die Rote Armee 1922 Martin Hahn (1865-1934) übernimmt die Leitung des Berliner Hygiene- unter Generaloberst Nikolaij Erastowitsch Bersarin (1904-1945) Instituts 1946 Vorläufige Verfassung für Groß-Berlin tritt in Kraft, erste freie Wahlen in 1923 Hyperinflation und Besetzung des Ruhrgebietes Berlin führen bis 1948 zu einer Gesamtberliner Stadtregierung 1926 Gründung des Preußischen Forschungsinstituts für Hygiene und 1946 Wiedereröffnung der Universität Unter den Linden Immunitätslehre in Berlin-Dahlem unter der Leitung von Ernst 1947 Alfred Beyer (1885-1961) übernimmt die Leitung des wiedererrichte- Friedberger (1875-1932), es besteht bis zu Friedbergers Tod ten Lehrstuhls für Sozialhygiene am Institut für Hygiene der Berliner 1927 Nach langen Verhandlungen wird das Gesetz zur Bekämpfung der Universität Geschlechtskrankheiten verabschiedet 1948 Gründung der Freien Universität Berlin mit Medizinischer Fakultät, die 1929 Weltwirtschaftskrise, die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ihre Lehre im Fach Hygiene und Mikrobiologie im Robert Koch-Institut beginnt sich bis 1933 zur Massenpartei zu entwickeln durchführt 1930 Lübecker Impfkatastrophe mit einem Tuberkuloseimpfstoff, in deren 1948 Währungsreform, Einführung der Deutschen Mark in den westlichen Folge 97 Kinder sterben Besatzungszonen 1931 Martin Hahn wird Prozessgutachter für den Lübecker Prozess 1948/49 Berlin Blockade und „Luftbrücke“ 1933 Adolf Hitler wird Reichskanzler, das Gesetz zur Wiederherstellung des 1949 Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Berufsbeamtentums wird erlassen, Martin Hahn reicht 68-jährig sein Demokratischen Republik Emeritierungsgesuch ein 1951 Oesterle wird Direktor des Hygiene-Instituts der Humboldt-Universität 1933 Heinz Zeiss (1888-1949) übernimmt die Leitung des Hygiene-Instituts Berlin, welches er bislang interimsmäßig geführt hatte 1934 Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses wird erlassen 1951 Sozialhygiene wird Staatsexamensfach im Medizinstudium der DDR 1935 Wiedereröffnung der Militärärztlichen Akademie in Berlin 1953 Volksaufstand in der DDR am 17. Juni. An der Freien Universität Berlin 1936 Verkündung des Vierjahresplans zur Ausrichtung von Wissenschaft und wird im Fach Hygiene der Lehrbereich „Öffentliches Gesundheitswesen“ Industrie auf den Krieg eingeführt 1937 Heinz Zeiss erhält das Ordinariat für Hygiene 1953 Bernhard Schmidt (1906-2003) übernimmt die Leitung des Hygiene- 1938 Reichspogromnacht Instituts der Freien Universität Berlin 1939 Beginn des Zweiten Weltkrieges, der SS-Arzt Joachim Mrugowsky (1905- 1955 das Hygiene-Institut der Freien Universität Berlin zieht in die Föhrer 1948) wird Dozent am Hygiene-Institut, er gründet die hygienisch-bakte- Straße 14 auf das Gelände des Rudolf-Virchow-Krankenhauses um riologische Untersuchungsstelle der Waffen-SS, die 1940 umbenannt wird 1955 Ernst Holstein (1901-1985) wird Professor für Hygiene und 58 in Hygiene-Institut der Waffen-SS Berufskrankheiten an der Humboldt- Universität Berlin 1957 die medizinisch-theoretischen Einrichtungen der Humboldt Universität 1981 Gerhard Schmidt wird Direktor des Instituts für Medizinische werden in die Charité eingegliedert, womit der Zusammenschluss der Mikrobiologie an der Humboldt-Universität Berlin Charité mit den Instituten der Humboldt-Universität Berlin vollendet wird 1982 Henning Rüden (*1942) übernimmt die Leitung des Instituts für 1957 Kurt Winter (1910-1987) übernimmt den Lehrstuhl für Sozialhygiene an Allgemeine Hygiene an der Freien Universität Berlin der Humboldt-Universität Berlin 1986 Einrichtung eines eigenen Institutes für Sozialhygiene an der Humboldt- 1959 Neustrukturierung des Instituts für Hygiene: Kurt Winter wird Direktor, Universität Berlin, die Abteilung für Krankenhaushygiene wird zum Eva Schmidt-Kolmer (1913-1991) leitet die neu gegründete Abteilung Institut unter Peter-Jürgen Großer (*1933) für Hygiene des Kindes- und Jugendalters, Oesterle wird umhabilitiert 1986 für das AIDS auslösende Virus wird der Name Humanes zum Professor für Mikrobiologie und zum Direktor des ausgegründeten Immunschwächevirus (HIV) etabliert Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Humboldt-Universität 1989 Mauerfall 1960 Impfprogramm für Kinder und Jugendliche in der DDR gegen Poliomye- 1989 Detlev H. Krüger (*1950) übernimmt die Leitung des Instituts für litis wird im sozialistischen System zentral organisiert, weitere Reihen- Virologie der Humboldt- Universität Berlin impfungen gegen Diphtherie, Pertussis, Masern, Tollwut, Tetanus folgen 1990 Deutsche Wiedervereinigung 1961 Mauerbau, Oesterle weigert sich, in den Ostteil der Stadt umzuziehen 1990 Das Institut für Sozialhygiene an der Humboldt-Universität Berlin wird 1962 Kubakrise unter der Leitung von Jens-Uwe Niehoff in Institut für Sozialmedizin und 1962 Siegfried Eitner (*1915) übernimmt die Leitung der Abteilung für Epidemiologie umbenannt, das Institut für Kinder- und Jugendhygiene Arbeitshygiene an der Humboldt Universität Berlin wird abgewickelt 1965 Karlwilhelm Horn (*1928) erhält eine Professur mit Lehrauftrag 1993 dem Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie wird die Arbeitsmedizin für Allgemeine und Kommunale Hygiene, Georg Schabinski (1924- angegliedert 1979) übernimmt die Leitung des Instituts für Mikrobiologie an der 1993 Ulf Göbel (*1948) wird Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Hygiene Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin an der Medizinischen Fakultät der Charité, Humboldt-Universität Berlin 1967/68 Studentenproteste an der Freien Universität in West-Berlin 1995 Stefan Willich wird Professor für Sozialmedizin und Epidemiologie und 1970 Willy Brandts Kniefall in Warschau Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozialmedizin und Epidemiologie an 1973 Ölkrise der Charité 1974 Eröffnung des Neubaus des Hygiene-Instituts der Freie Universität am 1997 Regine Heilbronn (*1954) wird als Nachfolgerin von Habermehl Hindenburgdamm 27, Emeritierung Bernhard Schmidts Professorin für Klinische und Experimentelle Virologie an der Freien 1975 Karl-Otto Habermehl (1927-2005) erhält den neu errichteten Lehrstuhl Universität und Direktorin der Abteilung Virologie am Institut für für Virologie an der Freien Universität Berlin Infektionsmedizin der Freien Universität 1976 Knut-Olaf Gundermann (*1923) erhält den Lehrstuhl für Allgemeine 2003 Fusion der Charité mit dem Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Hygiene der Freien Universität Berlin Freien Universität unter dem Dach Charité – Universitätsmedizin Berlin 1977 Helmut Hahn (*1937) übernimmt den Lehrstuhl für Mikrobiologie an der 2005 Gründung des Interdisziplinären Zentrum für Infektionsbiologie und Freien Universität Berlin Immunität an der Humboldt Universität zur Bündelung der Expertise in 1977 Ingeborg Dahm (*1936) übernimmt den Lehrstuhl für Sozialhygiene an Berlin der Humboldt-Universität Berlin 2008 Petra Gastmeier (*1957) übernimmt die Leitung des Instituts für Hygiene 1980 Die WHO erklärt die Pocken für ausgerottet und Umweltmedizin an der Charité, Universitätsmedizin Berlin 59 Ausgewählte Literatur

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Wir haben uns bemüht, die Urheber aller Abbildungen S. 18 rechts, 19 links und Mitte: Max Rubner, Das Hy- Archiv der Humboldt Universität Berlin. ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Wer Rechte an gienische Institut der Universität Berlin. In: Medizini- Archiv der Freien Universität Berlin. einer Abbildung besitzt, wird gebeten, sich zu melden. sche Anstalten auf dem Gebiete der Volksgesundheits- Interviews von 2009 und 2010 mit: Erika Brandt, Helmut pflege in Preußen. Festschrift, dargeboten von dem Hahn, Karlwilhelm Horn, Wolfgang Kaufhold, Wolf- Preußischen Minister, der geistlichen, Unterrichts- und gang-Dietrich Kampf, Detlev H. Krüger, Heike Mar- Umschlag vorn: Büste von Robert Koch im Gebäude des Medizinal-Angelegenheiten, Jena 1907, S. 1-22. tiny, Wolfgang Presber, Henning Rüden, Klaus-Dieter Hygiene-Instituts in der Dorotheenstraße 96, Fotogra- S. 20 rechts: Zeitschrift für Hygiene und Infektions- Zastrow. fin Katja Baumgärtner, Berlin. krankheiten. Herausgegeben von Robert Koch und Vorlesungsverzeichnisse der Friedrich-Wilhelms-Universi- Umschlag hinten: Institutsgebäude der Universitätshygi- Carl Flügge. Leipzig 1899. tät, der Humboldt-Universität, der Freien Universität ene in Berlin, v.o.n.u.: Ansicht des ersten Instituts in S. 24: Alfred Grotjahn: Soziale Pathologie. Versuch einer Berlin. der Klosterstraße 32-36, Archiv Robert Koch-Institut, Lehre von den sozialen Beziehungen der menschlichen Berlin; Eingang des Instituts in der Dorotheenstr. 96, Krankheiten als Grundlage der sozialen Medizin. Ber- Katja Baumgärtner; Ansicht des Instituts am Hinden- lin 1912. burgdamm 27, Fotograf Rainer Gollmer. S. 28: Heinrich Himmler: Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen. Mit 243 zum Teil unbekann- S. 2, 8, 10, 12 rechts, 13, 14, 16, 34, 35 links: Archiv ten Bild- und Textdokumenten. Herausgegeben von Robert Koch-Institut, Berlin. Bradley F. Smith und Agnes F. Peterson. Mit einer S. 3 links, 9, 12 links, 19 rechts, 21 links, 23, 25, 29, Einführung von Joachim C. Fest. Berlin 1974. 35 Mitte und rechts, 37, 40 rechts, 42, 43, 45, 46, S. 31 oben: Stadtarchiv Nürnberg, Bestand A 80. 47 links und rechts oben, 48 rechts, 50 links, 51, 53 S. 31 unten: CIOS-Report, IG Farbenindustrie AG, Abtei- links: Bildarchiv Institut für Geschichte der Medizin, lung: Behring Werke A.D., Lahn, Germany, Item No. Charité – Universitätsmedizin Berlin, z.T. aus: Album 24, File No. XXII-13, 1945. Erika Brandt; Wolfgang-Dietrich Kampf. S. 39, 40 links: Judith Hahn, Berlin. S. 3 rechts, 5, 6, 11, 32: bpk - Bildagentur für Kunst, Kul- S. 44 links: Charité Annalen 1981, S. 62. tur und Geschichte, Bilder Nr. 10001762, 10007726, S. 47 unten, 49 links: Frau Becker; Dem Institut für Hy- 20006592, 40008860, 30023590. giene und Umweltmedizin, Charité – Universitätsme- S. 4: Anne Berghöfer, Institut für Sozialmedizin, Charité – dizin Berlin überlassene Fotografien. Universitätsmedizin Berlin. S. 48 links: Freie Universität Berlin, Universitätsarchiv, S. 15, 17, 21 Mitte und rechts: Katja Baumgärtner, Ber- Fotosammlung: Fotograf Max Krajewsky. lin. S. 49 rechts und unten: Freie Universität Berlin, Uni- S. 18 links, 20 links, 44 rechts: Bildarchiv der Humboldt- versitätsarchiv, Fotosammlung: Fotograf Reinhard Universität zu Berlin. Friedrich. S. 18 Mitte: Max Rubner: Die Kalorimetrie. In: Hand- S. 50 rechts: Foto Kessler. buch der physiologischen Methodik, Erster Band: S. 52 links: Henning Rüden, Berlin. Allgemeine Methodik. Protisten, wirbellose Tiere, S. 52 rechts: Freie Universität Berlin, Universitätsarchiv, physikalische Chemie. Stoff- und Energiewechsel, Fotosammlung: Fotografin Inge Kundel-Saro. Dritte Abteilung: Stoffwechsel - Respirationslehre - S. 53 rechts: Freie Universität Berlin, Universitätsarchiv, Kalorimetrie, herausgegeben von RobertTigerstedt, Fotosammlung. S.150-228. Leipzig 1911, S. 207. S. 63: Rainer Gollmer. 62 Die vorliegende Broschüre entstand im Auftrag von Prof. Dr. med. Petra Gastmeier Institut für Hygiene und Umweltmedizin Charité - Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 27, 12203 Berlin

Berlin 2010, 1000 Exemplare, Gestaltung: Ariane Sept, Berlin

ISBN: 978-3-00-031393-6 63 Am 1. Juli 1885 wurde das Hygiene-Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin eröffnet. Ers- ter Direktor war Robert Koch (1843-1910). Seitdem sind 125 Jahre vergangen, in denen sich das bzw. die zwischenzeitlich aus- und neugegründeten Hygiene- Institute als universitäre Einrichtungen und die Hy- giene als wissenschaftliche Fachdisziplin beständig verändert haben. Die vorliegende Broschüre zeichnet die Entwick- lung der Universitäts-Hygiene-Institute von den An- fängen an der Friedrich-Wilhelms-Universität über die Einrichtung je eigener Institute an den beiden Berliner Universitäten während der Zeit des Kalten Krieges bis zu jüngsten Umstrukturierungen seit der Wiederver- einigung nach. Ausgehend vom Standort, den jewei- ligen Institutsleitern und Assistenten, deren wissen- schaftlichem Profil und der (hochschul-)politischen Gesamtlage, gibt sie einen Überblick über Kontinui- täten und Veränderungen in Lehre und Forschung der Berliner Universitätshygiene während der vergange- 64 nen 125 Jahre.