Fehlpaarungen Von Sympecma Fusca Und S. Paedisca (Odonata: Lestidae)
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Band 12 Mercuriale - LIBE ll EN IN BADEN -WÜRTTEMBERG 2012 Fehlpaarungen von Sympecma fusca und Beobachtungen S. paedisca (Odonata: Lestidae) Während einer Libellenexkursion am 04.05.2012 Heterospecific connections between in einem ehemaligen Torfabbaugebiet bei Bad Sympecma fusca and S. paedisca Waldsee in Oberschwaben, (MTB 8024, ca. 47° (Odonata: Lestidae) 55’ 15’’ N, 9° 42’ 57’’ O, 575 m ü.NN), beobach- tete ich eine Kopula zwischen einem Männ- Von Franz Schmid chen von S. fusca und einem Weibchen von S. paedisca, sowie die darauf folgende Eiabla- Graben 23, 72525 Münsingen ge (Abb. 1, 2). Um der Frage möglicher weite- [email protected] rer Fehlpaarungen nachzugehen, erfolgten am 08.05. und am 11.05.2012 nochmals Begehun- Abstract gen des Gebiets. Die wenigen bestimmbaren Tiere, drei Tandems und vier Männchen, waren In 2011 and 2012, four heterospecific connec- S. fus ca. Weitere vereinzelte Tiere konnten zwar tions between S. fusca and S. paedisca were ob- mit dem Fernglas in größerer Entfernung aus- served in the prealpine region of the German gemacht, jedoch nicht bestimmt werden. Das Land of Baden-Württemberg. One heterospecif- für diese Arten geeignete Gebiet ist größten- ic copulation, observed at 04-v-2012, lead sub- teils nicht begehbar. Das ganze Areal besteht sequently to an interspecific oviposition and aus mehreren fast hektargroßen Abbaumulden, was documented by photographs. von denen einige ganz wassergefüllt sind, ande- re nur teilweise mit allen Sukzessionsstufen bis Zusammenfassung zum Trockenbiotop. Weitere Beobachtungen stammen von F.-J. In den Jahren 2011 und 2012 wurden vier Fehl- Schiel (pers. Mitt), der am 20.04.2011 an einem paarungen von Sympecma fusca und S. paedisca Weiher südlich Gebrazhofen (MTB 8225, ca. 47° im baden-württembergischen Alpenvorland be- 46’ 48’’ N, 9° 56’ 49’’ O, 681 m ü.NN) ebenfalls obachtet. Eine Fehlpaarung mit anschließender drei gemischte Tandems mit je einem S. fusca- Eiablage im heterospezifischen Tandem wurde Männchen und einem S. paedisca-Weibchen be- am 04.05.2012 fotografisch dokumentiert. obachtete. Einleitung Diskussion Bei Libellen treten Fehlpaarungen zwischen Während Sympecma fusca mit Ausnahme des Männchen und Weibchen verschiedener Arten Schwarzwalds alle Naturräume Baden-Würt- regelmäßig auf und wurden auch in dieser Zeit- tembergs mit räumlichen Schwerpunkten ent- schrift mehrfach dokumentiert (CUVELIER 2003, lang des Oberrheins, des nordöstlichen Neckar- DRIEMEYER 2004, FEL D WIESER 2002, HUNGER 2005, Tauberlands und des Alpenvorlandes besiedelt, KO ch 2002, KUNZ 2003, 2005, Sch NEI D ER 2005, kommt S. paedisca ausschließlich im Alpenvor- SEGGEWISSE 2008). Von 215 Fällen, die bei CORBET land vor (HUNGER et al. 2006), wo die Art den (1999: 490 ff.) dokumentiert sind, fanden Fehl- Südwesten ihres Gesamtverbreitungsgebiets paarungen zu 60 % innerhalb derselben Gat- erreicht (Sch MI D T & STERNBERG 1999). Die geringe tung, zu 30 % innerhalb derselben Familie und Überlappung ihrer Verbreitungsgebiete ist mög- zu 10 % zwischen Arten verschiedener Famili- licherweise ein Grund dafür, weshalb eine Fehl- en derselben Unterordnung statt (Corbet 1999: paarung bislang erst ein einziges Mal publiziert 490 ff.). Erstaunlicherweise liegt bislang ledig- ist: BILE K (1963) beobachtete ebenfalls ein Männ- lich eine publizierte Fehlpaarung zwischen den chen von S. fusca in Präkopula mit einem Weib- sehr ähnlichen Winterlibellen-Arten Sympecma chen von S. paedisca. Ein weiterer Grund mag fusca und S. paedisca vor (BILE K 1963), über eine die Ähnlichkeit beider Arten sein, so dass be- weitere wird im Folgenden berichtet. obachtete Fehlpaarungen dem Beobachter erst 33 Band 12 Mercuriale - LIBE ll EN IN BADEN -WÜRTTEMBERG 2012 INTERLIBELLE W ER ch IBIRIS S D UN EMEINER G VON LPAARUNG H E : F EITRÄGE B Abb. 1: Fehlpaarung zwischen einem Männchen von Sympecma fusca und einem Weibchen von S. paedisca. Ehemaliges Torfabbaugebiet bei Bad Waldsee in Oberschwaben, 04.05. 2012. - Foto F. Schmid. auffallen, wenn die Tiere gefangen worden sind rungen zu einer Hybridisierung kommen kann oder – wie in diesem Fall – Belegfotos angefer- und – falls ja – durch welche Merkmale sich tigt wurden. Sch MI D T & STERNBERG (1999) prokla- Hybriden auszeichnen. Tatsächlich werden Ei- mieren eine zeitliche Einnischung beider Arten ablagen von Tandems aus verschiedenen Arten sowie eine räumliche Einnischung anhand un- (z.B. KUNZ 2010) nach CORBET (1999) wesentlich terschiedlicher bevorzugter Kleinhabitate. Wie seltener beobachtet als Paarungen. Auch Hybri- die Phänogramme beider Arten bei HUNGER et de zwischen verschiedenen Libellenarten sind al. (2006) zeigen, beginnt die Flugzeit von S. fus- nach CORBET (1999: 490 ff.) bekannt; sie sind je- ca landesweit betrachtet drei bis vier Wochen doch extrem selten und waren nach der Auflis- eher als die von S. paedisca, aber die Flugzeiten tung bei CORBET (1999: 660) bei Lestiden bislang überlappen sich in einem breiten Bereich und nicht dokumentiert. Auch bei Fehlpaarungen erreichen bei beiden Arten ihre Höhepunkte mit anschließender Eiablage könnte es sein, ungefähr Mitte Mai. Da beide Arten in größeren dass entweder keine Spermien übertragen wer- Stillgewässern des Alpenvorlands häufig syntop den oder – falls die Spermienübertragung er- vorkommen (F.-J. Schiel, pers. Mitt.), ist zu ver- folgreich war – keine Befruchtung erfolgt. Die muten, dass Fehlpaarungen regelmäßig auftre- von einem Weibchen mit angekoppeltem art- ten. Es stellt sich die Frage, ob es bei Fehlpaa- fremdem Männchen abgelegten Eier könnten 34 Band 12 Mercuriale - LIBE ll EN IN BADEN -WÜRTTEMBERG 2012 B EITRÄGE : F E H LPAARUNG VON G EMEINER UN D S IBIRIS ch ER W INTERLIBELLE Abb. 2: Tandem eines Männchens von Sympecma fusca und eines Weibchens von S. paedisca bei der Eiablage. Ehemali-Ehemali- ges Torfabbaugebiet bei Bad Waldsee in Oberschwaben, 04.05. 2012. - Foto F. Schmid. trotz vorausgegangener Paarung mit Spermien wäre S. fusca. Weil es sich aber direkt vor mei- eines arteigenen Männchens von einer frühe- nen Füßen abgesetzt hatte, wurde der Fotogra- ren Paarung befruchtet werden. Selbst bei ei- fier-Nerv gereizt. Also Kamera raus, ein Bild mit ner erfolgreichen Befruchtung könnten weite- Kopula gelang gerade noch, dann begann schon re Isolationsmechanismen bewirken, dass sich die Eiablage. Aber gleichzeitig bemerkte ich wie die Eier nicht weiter entwickeln. Ob es also tat- ich mit dem linken Bein langsam aber stetig sächlich zu einer Hybri disierung zwischen bei- im Schlamm versank. Die Konzentration war den Sympecma-Arten kommt, ist keineswegs si- dahin, doch ein Bild wollte ich auf jeden Fall cher. Es wird sich also lohnen, sich Winterlibel- noch und drückte eben drauf ohne das Motiv len im Alpenvorland zukünftig etwas genauer richtig zu sehen. Das Wasser füllte bereits den auf mögliche Hybride anzuschauen. Gummistiefel, ich drohte das Gleichgewicht zu verlieren und brach ab. Trotzdem ist noch ein Zum Schluss noch eine kleine Story zum Foto- brauchbares Bild entstanden, dank Autofokus. grafenglück Doch die größte und schönste Überraschung kam später, denn dass ich zwei verschiedene Das Paarungsrad hätte ich normalerweise Arten fotografiert habe, bemerkte ich erst zu- nicht besonders beachtet, in der Annahme es hause beim abendlichen Bildbetrachten. 35 Band 12 Mercuriale - LIBE ll EN IN BADEN -WÜRTTEMBERG 2012 Literatur Dank INTERLIBELLE BILE K , A. (1963): Ein Freiland-Hybrid der Gattung Ich danke Franz- Josef Schiel für die Überarbei- W Agrion Leach (=Coenagrion Kirby) (Odonata, tung des Artikels, die Literatur-Recherchen so- ER Agrionidae). Nachrichtenblatt der bayerischen wie die Erstellung der Diskussion. Entomologen 12: 56-58. ch CORBET , P. (1999): Dragonflies – Behaviour and Ecology of Odonata: 490-493. Colchester. IBIRIS S CUVELIER, J. (2003): Die Falsche geangelt - Teil I. - D Mercuriale 3: 39. UN DRIEMEYER, J. 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