INSECTA

Naturschutz Spezial 09002/0898/0,750’ ISSN 1431-9721 • Insecta • Berlin • 5/1997 • S. 1-104 5/1997

INSECTA Naturschutzbund Deutschland e.V. Bundesfachausschuß Entomologie

5/1997 Impressum © 1998 NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) Herausgeber: NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) Bundesfachausschuß Entomologie Schriftleiter: Dr. JÜRGEN DECKERT Museum für Naturkunde der Humbolt-Universität zu Berlin Institut für Systematische Zoologie Invaliedenstraße 43 10115 Berlin eMail: [email protected] Redaktion: Dr. JÜRGEN DECKERT, Berlin Dr. REINHARD GAEDIKE, Eberswalde JOACHIM SCHULZE, Berlin Verlag: NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) Bundesgeschäftsstelle Herbert-Rabius-Straße 26 D-53225 Bonn Telefon: 0228/97561-0 Fax: 0228/97561-90 Bezug und Abonnentenverwaltung: NABU Versand Postfach 41 03 51 53025 Bonn Fax: 0228/55580-33 Erscheinungsweise und Preis: Jährlich ein Heft, Preis je Heft 15,- DM zuzüglich 3,-DM Versandkosten Satz und Bildbearbeitung: Satz- und Druckprojekte TEXTART Verlag, ERIK PIECK, Wolfsfeld 12, 42659 Solingen, Telefon 0212/43343 Druck: Printwerkstatt RAMBOW, Auguststraße 12, 53229 Bonn, Telefon 0228/462214 eMail: [email protected] Umschlag und Innenteil: Gedruckt auf RecyMago (aus 100 % Altpapier)

ISSN 1431-9721 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Inhalt

MÜLLER-MOTZFELD, G. : Biodiversität und Landschaft 5

WITTKE, U.: Untersuchungen zur Populationsentwicklung und zum Areal- erweiterungsverhalten von Polyommatus icarus (Lepidoptera, Lycaenidae) in einem Kalksteinbruch im Raum Mettmann 16

Pohris V., Zehner, Th., & Bäuker, E.: Die Grüne Zikade, Tetigella viridis L., ein Schädling der Buchenverjüngungen? 25

Steffan, A. W. : Schutz und Wiederansiedlung der Dunklen Europäischen Honigbiene in Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten Deutschlands 33

Hennicke, S., Martschei, Th., Müller-Motzfeld, G.: Erste Ergebnisse der Erfassung ausgewählter Arthropoden- gruppen der Stadt Greifswald (Aranea, Coleoptera, Diptera, Hymenoptera, Saltatoria) 48

Buchbesprechungen 50, 98

In Memorandum 102 Redaktionelle Hinweise

Manuskripte für Tagungsberichte, wissenschaftliche Beiträge, Tätigkeitsberichte, Kurzmeldungen usw. sind bitte an die Redaktion zu richten. Die Manuskripte sind 1 1/2-zeilig abzufassen (DIN-A-4-Seiten mit 30 Zeilen und durch- schnittlich 60 Anschlägen pro Zeile) und zu numerieren. Alle Namen, auch Autorennamen sind in GROSSBUCHSTABEN zu schreiben. Wissenschaftliche Namen von Orga- nismen – nicht die syntaxonomischen Einheiten – werden kursiv gedruckt und sollen im Manuskript mit einer Wel- lenlinie unterstrichen werden. Hervorzuhebenes kann fett gedruckt werden, dies muß durch Unterstreichen mit ei- ner einfachen durchgezogenen Linie im Text ausgezeichnet werden. Die Beiträge beginnen mit dem Titel der Arbeit, dem folgt die Angabe von Vor- und Zunamen sowie Wohnort des Autors. Der Titel der Arbeit ist so kurz wie möglich abzufassen. Bei längeren Beiträgen ist je eine englische und ei- ne deutsche Zusammenfassung erwünscht. Das Literaturverzeichnis wird nach Monographien und Zeitschriftenartikeln unterschieden. In dieses Verzeichnis wird nur die im Text mit Autor und Jahreszahl zitierte Literatur aufgenommen. Bei den Literaturangaben ist folgen- de Reihenfolge einzuhalten: Autor(en), Jahreszahl, Titel, Band, Seiten von bis, Ort. Beispiele sind in diesem Heft zu finden. Auf gesondertem Bogen sind beigefügte Strichzeichnungen, Karten etc. (mit schwarzer Tusche auf rein- weißem Karton oder auf Transparentpapier), Abbildungslegenden, Fußnoten und Tabellen zu vermerken. Die zusätzliche Abgabe einer Computer-Diskette mit den abgespeicherten Texten ist sehr erwünscht. Die Autoren verantworten den Inhalt ihrer Beiträge selbst. Die Schriftleitung und der Herausgeber behalten sich ei- ne redaktionelle Bearbeitung vor. Honorare werden nicht gezahlt. Von jeder Arbeit werden den Autoren 30 Seperatdrucke kostenlos zugestellt. Darüber hinausgehende Heftbestel- lungen sind gebührenpflichtig. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – bedarf der Zustimmung des Herausgebers. Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 5-15

GERD MÜLLER-MOTZFELD, Greifswald

Biodiversität und Landwirtschaft

1. Artenschutz als Naturschutzziel oder in den dazugehörigen Durchlaufstadien der entsprechenden Sukzessionen. Bei der Darstellung aktueller Entwicklun- gen im Naturschutz findet sich häufig die Bezogen auf unseren Diskussionsrahmen Trendangabe: Landwirtschaft wäre es aber eine unsinnige Artenschutz ➙ Biotopschutz ➙ Prozeß- Forderung, auf dem Acker ausgeglichene schutz. Stoffkreisläufe herstellen zu wollen. Der Das wird allgemein so interpretiert, daß Mensch will ja aus dem System ernten, d.h. „Artenschutz“ etwas Veraltetes sei und einen möglichst großen Teil des Stoffstroms „Biotopschutz“ und besonders „Prozeß- über sich leiten, dies gelingt am besten in ei- schutz“ offenbar höherentwickelte Formen nem labilen Systemzustand. Das heißt, er des Naturschutz seien. Hier gilt es ein muß optimieren, wieviel er an regulierender grundsätzliches Mißverständnis aufzuklären. Energie einsetzen will, um einen möglichst Die Erhaltung und der Schutz der Arten hohen Ertrag zu erzielen; mit zu viel Fremd- sind ohne allen Zweifel weiterhin aktuelles steuerung schwächt er auch die „Gratislei- Ziel aller Naturschutzbemühungen. Nur wis- stungen“ des Systems und muß immer mehr sen wir heute, daß es neuere, wissenschaft- aufwenden, um immer weniger zusätzlichen lich besser fundierte Wege zum Erreichen Ertrag zu gewinnen. Es ist auch eine wenig dieses Zieles: Artenschutz, gibt. Der in vielen überzeugende Vorstellung, daß „natürliche Fällen erfolgreiche Schutz einzelner hoch- Systeme“ (also ohne Menschen) immer in gradig gefährdeter Vogel- und Säugetierar- geschlossenen Stoffkreisläufen arbeiten; das ten, der als Schutz jener letzten noch überle- geschlossene System existiert allenfalls als benden Individuen (Individuenschutz) be- theoretischer Grenzfall der Thermodynamik. trieben werden mußte, war eher als letzte Alle bekannten Ökosysteme sind offene Sy- Notbremse (Sterbehilfe) zu verstehen und ist steme, sie empfangen Stoffe und Energie an seine Grenzen gestoßen. So erwiesen sich und sie geben Stoffe und Energie ab, in wel- viele auf den Individualschutz fokussierte chen Dimensionen dies geschieht, wird dann Methoden des Wirbeltierschutzes als nicht klar, wenn wir an die Ablagerung (Entsor- auf Wirbellose übertragbar. Die dauerhafte gung) von Humus, Torf, Kohle, Erdöl/Erdgas Sicherung der Bestände aller heute lebenden denken. Arten gelingt nur durch die Erhaltung kom- Die Duldung und Sicherung des Ablaufs plexer Lebensgemeinschaften (Geobiozöno- natürlicher Prozesse (Prozeßschutz), der sen), einschließlich der Duldung des Ablaufs Schutz der geoökologischen und edaphi- natürlicher Prozesse (Prozeßschutz). Dazu schen Voraussetzungen, sowie der Lebens- rechnen wir auch jene vom Menschen oft als stätten von ganzen Biozönosen (Biotop- Störungen verteufelten Prozesse, wie Abtra- schutz) sind moderne Wege zum Schutz der gung, Anlandung, Überflutung, Absterben Organismenarten in ihrer gesamten Vielfalt. von Bäumen, Wald- und Moorbrand. De- Der Begriff Biotopschutz ist dabei eigentlich struktion und Rückführung von Stoffen sehr unglücklich gewählt, denn den Biotop gehören ebenso zum Kreislauf der Natur wie (im Sinne von Steinhaufen, Sandfläche und Wachstum. Viele Organismen sind gerade Totholz) will nun wirklich niemand um seiner an jenen Prozessen unmittelbar beteiligt selbst willen schützen, er wird erst schüt- (Destruenten/Reduzenten) oder leben von zenswert durch die an ihn gekoppelte Le- 6 Insecta, Berlin, 5 (1997) bensgemeinschaft und vor allem durch die 2. Biodiversität an ihn speziell angepaßten exklusiven Arten. Wir meinen eigentlich Geo-Biozönose- Durch die Internationale Konvention zum Schutz, in dem nicht nur die einzelne Art, Schutze der biologischen Vielfalt (UNCED, sondern die gesamte überorganismische Rio 1992) ist der Artenschutz wieder salon- Vergesellschaftung samt Lebensstätte in den fähig geworden (Abb.1). Dabei wurde Schutz einbezogen wird. gleichzeitig erkannt, daß es auf der Ebene Dabei sind z. Z. kaum exakte Zahlen be- der Elemente nicht genügt, die heute leben- kannt, wie groß eigentlich das Territorium den Arten zu erhalten, sondern daß dies nur sein sollte, um so eine empirische Geobiozö- durch den Schutz der genetische Vielfalt in nose, als ein im Fließgleichgewicht der auf- ihrer Gesamtheit zu realisieren ist. Das be- und abbauenden Prozesse befindliches Öko- deutet, daß auch möglichst alle genetisch system, dauerhaft stabil zu halten. Im Sinne abweichenden Rassen und infrasubspezifi- der Mosaik-Zyklus-Theorie (REMMERT 1985) sche Formen und Varietäten in ihrem Be- müßten wir für die bekannten desynchronen stand zu sichern sind, einschließlich der Zyklen jener großen mitteleuropäischen Ge- durch den Menschen gezüchteten Haustier- obiozönosen nur die Durchlaufzeiten in %- und Nutzpflanzenformen. Der allgemeinen Anteile umrechnen und die dafür nötigen Generosion entgegenzuwirken bedeutet Flächengrößen bestimmen, um eine dem auch, Nutzungspotenzen für die Zukunft zu Minimalareal entsprechende Größe für eine erhalten. Dieser Teil der Rio-Konvention dauerhaft existierende Geobiozönose zu er- wurde inzwischen in vielen Ländern als für mitteln, in der dann zeitgleich alle wichtigen die gesamte Landnutzung bedeutsam er- Durchlaufstadien des Gesamt-Zyklus existie- kannt, das Erhalten alter Haustierrassen und ren. Alle weiteren Differenzierungen: lokale Nutzpflanzen-Sippen sollte durch entspre- Ausprägungsstufen, Hanglagen, Randwir- chende Förderprogramme auch stärker als kungen, Zerschneidungen z.B. durch Flüsse, bisher direkt gestützt werden. machen weitere Flächenvergrößerungen Viel weniger allgemein bekannt scheint nötig. aber die Tatsache zu sein, daß Biodiversität Wir hoffen, daß wenigstens in den soge- gemessen werden kann und daß die Ver- nannten „Großschutzgebieten“ die dafür gleichbarkeit der Messungen von der Größe nötigen Flächengrößen erreicht werden. des Territoriums abhängt; dies gilt sowohl

Biodiversität:

Element-Ebene System-Ebene (Arten) (Vergesellschaftung) globale (chorische) regionale Fauna Biom (Region) topische (Landesfauna) (Landschaft) (Kreisfauna) Biogeo-Zönose ökische Abundanz Ökosystem

Artenreichtum Strukturreichtum Je mehr Elemente, je zahlreicher die Vernetzung: Stabilität Je weniger Elemente, je enger die Vernetzung: Chaos

Abb. 1. Biodiversitäts-Ebenen (Quelle: UNCED, Rio 1992) GERD MÜLLER-MOTZFELD, Biodiversität und Landwirtschaft 7 für die Ebene der Elemente als auch für die Alle diese Prozesse der Umverteilung von Ebene der Vergesellschaftungen (System- Arten oder ganzen Ökosystemen verändern Ebene). Die unterste (basale) Stufe der Bi- die Biodiversität auf globaler Ebene nicht, odiversität ist die ökische, sie ist unmittelbar wohl aber auf unterer topischer Stufe. durch die jeweilige Habitatstruktur geprägt. Bei der allen Staaten auferlegten Pflicht Je nischen- und strukturreicher, desto arten- zur Sicherung der globalen Biodiversität muß reicher ist das System. Gemessen wird die es allgemeines Bestreben sein, die Quell- Diversität auf ökischer Stufe ganz allgemein strukturen für Biodiversität zu erkennen und als Artendichte (Artenzahl bezogen auf eine in erster Linie die Elemente und Systeme zu Flächen- oder Raumeinheit) oder als struku- sichern, für die im jeweiligen Territorium ei- relle Diversität als Verteilung der Individu- ne besondere Verantwortung besteht. Das enmenge einer Fläche (Probe) auf die dort heißt in erster Linie gilt die Aufmerksamkeit enthaltene Artenzahl, z.B. nach SHANNON & jenen Arten (oder Rassen), die endemisch WEAVER (1949): sind, also überhaupt nur in dem betreffen- s den Gebiet als „Weltunikate“ existieren. ∑ Hs = - pi . ln pi . Dazu rechnen auch jene Formen, die hier lo- i=1 kale oder regionale Rassen, Ökotypen u.a. In einer homogenen Struktur (z.B. Feucht- ausbilden oder wo die einheimischen Be- grünland) genügender Flächengröße würde stände gemessen am jeweiligen Gesamtareal dann auf ökischer Ebene irgendwann ein von ganz entscheidender Bedeutung für die Sättigungsbereich der Artenzahl erreicht, Zukunftssicherung dieser betreffenden Form der mehr oder weniger durch die MAC AR- ist. Das heißt: Die globale Dimension hat in THUR-WILSON (1971)-Gleichung beschrieben jedem Fall Vorrang vor der lokalen Bedeut- wird: samkeit (MÜLLER-MOTZFELD & SCHULTZ 1996). z S = C * A . Dabei soll nicht verkannt werden, daß die Das heißt: es gibt für jede Struktur ein hochentwickelten Länder Mitteleuropas mehr oder weniger definierbares Maß der auch Verantwortung für die Erhaltung der Biodiversität, das oberhalb einer bestimmten Biodiversität in anderen Erdteilen zu über- minimalen Flächengröße konstant ist. nehmen haben, da ja der mit dem Raubbau Je mehr solcher Strukturen auf irgendeiner an Ressourcen (z.B. tropischer Regenwald in höheren territorialen Stufe (topisch: lokal, Südamerika) einhergehende Artenschwund national) dann zusammengeführt werden, ganz wesentlich durch das Konsumverhalten desto größer wird die als Gesamt-Inventar in den hochindustrialisierten Staaten be- dann gemessene Anzahl von Arten pro Terri- stimmt und nicht etwa durch die im Regen- torium (Kreis-, Landes-, Regionalfauna). Ent- wald lebende Bevölkerung hervorgerufen scheidend für die Erhaltung der Biodiversität wird. in globaler Dimension sind nur die evolutiven Prozesse: Neuentstehung und Aussterben Überhaupt ist es sehr fragwürdig, ob hohe von Arten. Evolution dauert aber in der Regel Biodiversität auf niedrigerer als globaler Ebe- Jahrmillionen, d.h. es müssen langfristig sta- ne ein naturschutzfachlich begründbares Ziel bile Verhältnisse herrschen, damit sich Orga- sein kann. Abgesehen von dem mehr oder nismen daran anpassen können, um Diver- weniger ethisch oder kulturell begründbaren sität zu erhöhen, z.B.: tropischer Regenwald Verlangen des Menschen nach Vielfalt in (WILSON 1992). Erst für kleinere Territorien seiner unmittelbaren Umgebung, macht die kommen dann andere Prozesse hinzu (Klima- Forderung nach höchster Biodiversität auf schwankungen, anthropogene Eingriffe ökischer Ebene überhaupt keinen Sinn. So ist u.a.), die Biodiversität auf topischer Ebene die Kombination von Gülleloch und wilder verändern (Arealgrenzenverschiebung, loka- Müllablage am Feldrain hinsichtlich der Ar- les Erlöschen von Beständen, Einschleppen tenzahl an Blütenpflanzen und Laufkäfern fremdländischer Arten etc.). kaum zu übertreffen, doch sicherlich nicht 8 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Ziel von Naturschutzbemühungen. Anderer- 3. Landnutzung und Naturschutz seits sind oft gerade ausgesprochen artenar- me Extrembiotope (Regenmoore, Salzstel- Natur und Umweltschutz werden oft aus- len, Felsenkuppen u.a.) von höchster Bedeu- einanderdiskutiert, das ist für beide nicht tung für den Naturschutz als Quellstruktur gut. Für das, was im modernen Sinn beide für Biodiversität auf einer höheren topischen zum Ziel haben: Zukunftssicherung aller Ebene, da sie Lebensstätte für einige wenige wichtigen Ressourcen (wie Boden, Wasser, extrem angepaßte Arten sind, die als „exklu- Luft, Pflanzen, Tiere) für den Menschen, sive Elemente“ eben nur hier vorkommen. gibt es eigentlich noch keinen Terminus. Fehlen jene artenarmen Strukturen, sinkt so- Auch der Begriff „Ressourcenschutz“ macht fort die Artenzahl je nach territorialem Ver- nicht so richtig deutlich, daß es eigentlich oft teilungsmuster dieser Habitate auf niedriger darum geht, die Menschen vor sich selbst zu oder auch höherer topischer Stufe. Dagegen schützen, und das hat viel mit Planung oder bringt das geschickte Umverteilen von Aller- planvollem Handeln zu tun und dieses hat weltsarten auf ökischer Ebene zwar eine ho- allgemein Akzeptanzprobleme. Jede an den he Biodiversität auf dieser niedrigen Stufe, Hauptflächen-Nutzern vorbeigedachte beeinflußt aber die höheren territorialen Stu- Schutzkonzeption, jedes Zuwiderhandeln fen nicht. Das Streben nach hoher Diversität der einzelnen Nutzer auf Kosten der ge- auf ökischer Stufe ist aber dann sinnvoll, meinsamen Umwelt führt uns nicht weiter. wenn durch Wegfall von Störfaktoren (z.B. Der Grad der Nutzungs-Koordinierung zwi- Biozideinsatz) die srukturbedingte Vielfalt schen den in Abb. 2 genannten Haupt- wieder hergestellt werden kann. Die auf die- flächen-Nutzern ist Maßstab für die Lebens- sem Wege wieder renaturierten Habitate qualität der Menschen und auch für die werden dann auch wieder ihrer Funktion als Qualität der Naturschutzarbeit. „Quellstruktur“ für exklusive Elemente ge- Es ist ein Gebot der Vernunft, keinen wei- recht. teren Leistungsanstieg in der Landwirtschaft auf Kosten von Natur und Umwelt zuzulas- Unsere Kenntnis-Defizite in der Er- sen. Eine intensive, durch hohen Einsatz von schließung der Biosphäre liegen vor allem Energie, Agrochemikalien und industrieller auch auf dem Gebiet der Systematik und Ta- Technik geprägte Landwirtschaft wird dem xonomie. Dies ist seit langem bekannt; seit nicht gerecht, weder hier in Mitteleuropa Jahren übersteigt z.B. die Zahl der im tropi- noch in anderen Ländern der Erde. schen Regenwald ausgerotteten Arthropo- Die z. Z. in Mecklenburg-Vorpommern den-Arten (die nicht einmal mehr entdeckt praktizierten Formen landwirtschaftlicher und beschrieben werden können) die Zahl Nutzung sind so verschieden gestaltig, daß der Neubeschreibungen wahrscheinlich um eine pauschale Verurteilung der Landwirt- ein Vielfaches. Mit der deutschsprachigen schaft als „Hauptumweltbelaster“ genau so Bearbeitung der „Agenda Systematik 2000“ schief gewichtet erscheint, wie die Gegen- (STEINIGER 1996) haben namhafte Vertreter darstellung, daß der Landwirt der beste der Deutschen Zoologischen Gesellschaft Landschaftspfleger und Naturschützer sei. auf die Misere der systematischen Biologie Wenn unsere Landschaften in Mecklenburg- und unseren mangelhaften Kenntnisstand Vorpommern alle in Ordnung und für künf- um Biodiversität in globaler Dimension auf- tige Funktionen gerüstet wären, dann merksam gemacht. brauchte es keiner speziellen Pflege – hier Trotz aller Appelle ist Abhilfe nicht in Aus- stimmt irgendwie unser Denkansatz nicht. sicht. Als vermeintliche Nutznießer dieses in Auch die oft erhobene Forderung nach ge- Aussicht gestellten besseren Wissens über neralisierten Pflege- und Entwicklungs-Zie- unser Inventar werden u. a. auch Land- und len für ganze Landschaften birgt die Gefahr Forstwirtschaft und der Naturschutz ge- des Biodiversitäts-Verlustes durch Normie- nannt. rung und Gleichmacherei. Naturwissen- GERD MÜLLER-MOTZFELD, Biodiversität und Landwirtschaft 9 schaftlich begründete Normen lassen sich auch in der Kulturlandschaft. Das setzt oft für Kulturlandschaften nicht so einfach fin- voraus, daß diese Landschaften in der Weise den, all unsere schönen Landschaftsziele weiter bewirtschaftet werden, die diesen Ar- sind doch vom Zeitgeist geprägt, sie ent- ten bisher die Existenz gewährte. Das sind in sprechen einem uns nicht mehr bewußten der Regel arbeitsintensive (aber bezüglich Bildungs- und Erziehungsprozeß, wo oft aus des Material- und Energieeinsatz auf der romantisch-verklärter Sicht einfach Schön- Fläche extensive) Bewirtschaftungsmetho- heit, Eigenständigkeit, ja sogar Bizarres als den, wie sie z. B. in Großschutzgebiets-Kon- höchstes Erfahrungsgut eingestuft wurde. zepten des Landes Mecklenburg-Vorpom- Diese schöne heile Märchenwelt (Walt-Dis- mern (WEIGELT 1995) für die Zone 3 gefor- ney-Land läßt grüßen) ist natürlich auch frei dert werden. Damit werden gleichzeitig ei- von Zerstörungen (Überflutung, Waldbrand, ner größeren Zahl von Landwirten über das Bodenerosion, Totholz usw.) und die Bäume ökologisch orientierte Wirtschaften dauer- entsprechen der DIN-Norm. hafte Existenzchancen eingeräumt. Wir müssen es uns leisten, einen noch zu bestimmenden Umfang (ca. 5 %) unserer 4. Landnutzungsgeschichte Landschaft in abgestufter Weise einfach in und Biodiversität Ruhe zu lassen. Nicht mit Stacheldraht und Verbotsschild, sondern auf nicht befestigten Über die Auswirkung von Ackerbau und Wegen begehbar, aber frei von Motoren- Viehzucht auf die Biodiversität gehen die lärm, Agrochemie, Bebauung und ohne ge- Vorstellungen weit auseinander. Einige Eck- lenkten Massentourismus. Wir können es daten sollen uns helfen, eine objektive Be- uns nicht mehr leisten, lange darüber zu grü- wertung zu versuchen. Zunächst wird die beln, was Natur ist, wir müssen Vielfalt ret- Herkunft der heutigen Agrozönose-Elemen- ten, wo wir sie heute noch haben, das heißt te zu klären sein. Offenbar wurde nur ein auch, die betreffenden Organismen dort kleiner Teil der Arten aus den ehemals in schützen, wo wir sie heute antreffen, also Mitteleuropa postglazial vorherrschenden

Natur- und Umweltschutz als integraler Bestandteil der Landnutzungs-Konzeption !

Hauptflächen-Nutzer: Landwirtschaft Forstwirtschaft Wasserwirtschaft (Siedlungen/urbane Systeme)

Der Grad der Nutzungs-Koordinierung zwischen den Hauptflächen-Nutzern ist Maßstab für die Lebensqualität der Menschen und die Qualität des Naturschutzes

Die übergreifende und integrierende Funktion (Klammerfunktion) des Natur- und Um- weltschutzes ergibt sich aus diesem gezwungenermaßen „An Alles Denken Müssen“

Klassischer Naturschutz Umwelt-Kosmetik unterstützende Maßnahmen : Nistkästen/Krötenzäune Ausgleichsmaßnahmen: Baumpflanzen/Biotoppflege Schutzmaßnahmen: Ausweisen von NSG und NP

Abb. 2. Natur- und Umweltschutz als integraler Bestandteil der Landnutzungs-Konzeption 10 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Waldökosystemen übernommen: einige Bo- TREPL 1987). So bereichernd dies zweifelsoh- dentiere, wie verschiedene Regenwurmar- ne für die Faunen- und Florenlisten Mitte- ten, Haustiere wie Schwein, Rind und Hund. leuropas war, sollte dabei nicht vergessen Ein Großteil stammt aus den sog. Litorea- werden, daß damit die globale Inventarliste Zönosen (semiterrestrisches Gelände, Ufer, der Erde nicht aufgebessert wurde. Das Ein- Moore u.a.): zahlreiche Arthropoden der Bo- schleppen von Arten ist nur eine Umvertei- denoberfläche von Äckern, Grünland und lung von schon Vorhandenem. Global be- Gärten, sowie eine Reihe von Nutzpflanzen deutsam war dagegen das Ausrotten einhei- (TISCHLER 1965). Die typischen Agrarelemen- mischer Tierarten (z. B. Auerochse und te sind aber zweifelsohne als Steppen-, Waldrapp), sowie das Verdrängen anderer Wald- und Gebirgssteppen-Elemente anzu- ehemals in Mitteleuropa einheimischer Ar- sehen: Getreidearten, Pferd, Esel, Ziege, ten (Wolf, Braunbär u. a.). Möglicherweise Schaf, Ziesel, Hamster, Großtrappe u. a. war diese Auflichtung Mitteleuropäischer Mit dem Eindringen des Ackerbaus nach Landschaften und das „Nachrüsten“ mit Mitteleuropa wurden die Landschaften Steppenelementen schon weit vorher an- durch den Menschen sehr stark verändert. thropogen induziert. Unsere Vorfahren als Es lassen sich vier deutliche Etappen der In- Jägernomaden könnten die Großwildfauna tensivierung der Landnutzung klassifizieren in den Refugialgebieten der letzten Verei- (Abb.3). Zunächst erfolgte durch den Einfluß sung so drastisch dezimiert haben („overkill- des Menschen eine Öffnung der Landschaft, Hypothese“), daß im Gegensatz zu den da- womit ein deutlicher Anstieg der Artenman- vor liegenden Vereisungsperioden nur noch nigfaltigkeit in Mitteleuropa bis etwa zur ein außerordentlich reduziertes Artenspek- Mitte des 11. Jahrhunderts verbunden war. trum an Weidetieren postglazial verfügbar war und somit Waldentwicklung eine kurz- Die Abb. 4 zeigt dies anhand der Zahl der fristige Chance hatte (BUNZEL-DRÜKE et al. Gefäßpflanzen (FUKAREK nach SUKOPP & 1993).

Landnutzung in Mecklenburg-Vorpommern

Epochen (E.) Charakteristik

vor ca. 6000 Jahren Beginn des Ackerbaus: Urlandschaft ➙ Kulturlandschaft * frühgeschichtliche E. Rodung/Auflassung (Völkerwanderung) erste Bodenerosionen (Auenlehmbildung) * vorindustrielle E. Öffnen der Wälder, Waldweide, Dreifelderwirtschaft (8.-19.Jhdt.) (Nährstoffentzug, Versumpfung) * industrielle E. rationellere Bodennutzung, Düngung, Aufforstung, (m.19.-m.20.Jhdt.) Entwässerung v. Mooren, Torfabbau (Artenschwund) * Hochenergie-E. Pferd durch Traktor ersetzt, Pestizide, Mineraldünger (ab m.20.Jhdt.) (Eutrophierung der Landschaft, Biodiversitätsverlust)

Naturschutz organisiert sich am Ende des 19.Jhdts. ursprüngliche Ziele: * Bewahrung der Vielfalt der heimischen Tiere und Pflanzen und der landschaftlichen Schönheit * Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter

Abb. 3. Landnutzung in Mecklenburg-Vorpommern GERD MÜLLER-MOTZFELD, Biodiversität und Landwirtschaft 11

In seriösen Erhebungen zum Arten- schwund wildlebender Pflanzen in Mitteleu- ropa wird nun aber seit Mitte des vorigen Jahrhunderts ein drastischer Rückgang in der Artenzahl belegt (KAULE 1986), für den in er- ster Linie die Landwirtschaft als der Haupt- verursacher verantwortlich gemacht wird (Abb. 5), ähnliche Ergebnisse liegen auch für zahlreiche andere Organismen vor (MÜLLER- MOTZFELD 1987). Genaue Untersuchungen zu den quantita- tiven Effekten einzelner landwirtschaftlicher Methoden (Mahd, Beweidung, Düngemitte- leinsatz, Biozidausbringung, Schlaggröße, Randstreifenprogramme etc.) auf Vegetati- on und Fauna gibt es in unübersehbarer Fül- le. Eine typische Darstellung (Abb. 6) zeigt den Rückgang der Artenzahl der Ge- fäßpflanzen und Schmetterlinge in Abhän- gigkeit von der Intensität der Düngung (ER- Abb. 4. Entwicklung der Artenzahlen höherer Pflanzen in Mitteleuropa zwischen 5000 v.Z. und 1975 (nach SU- HARDT 1985 aus BLAB 1993). KOPP & TREPL 1987 ; Werte nach FUKAREK 1980) Bei aller Bedeutung die solchen Untersu- chungen zukommt, muß aber auch klar fest- Als im Sinne der Biodiversität positive Lei- gestellt werden, daß sie in der überwiegen- stung ist das Züchten von Nutzpflanzen- den Mehrzahl der Fälle nur auf die ökische und Nutztierrassen zu werten, damit wurde oder unterste topische Stufen zu beziehen zumindest genetische Diversität erhöht, sind, also Individuendichte und Artenzahlen wenngleich dies wie bei Hund und Honig- betreffen, nicht aber die Auswirkungen auf biene schließlich auf Kosten der Existenz der das Inventar höherer topischer Stufen. in Mitteleuropa einheimischen Ausgangsras- Unsere Ökosysteme sind aber so struktu- sen geschah. riert, daß sie einmalige (selbst katastrophale)

Anzahl der Nennungen als Verursacher von Artenschwund bei Gefäßpflanzen

Wissenschaft 7

Verkehr & Transport 19

Militär 32

Teichwirtschaft 37

Abfall- u.Abwasserbeseitigung 67

Jagd- u.Forstwirtschaft 84

Wasserwirtschaft 93

städt.-industr.Nutzung 99

Rohstoffgewinnung 106

Tourismus 112

Landwirtschafttft 397

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Anzahl

Abb. 5. Verursacher des Artenschwunds in Mitteleuropa (nach Kaule 1986) am Beispiel der Gefäßpflanzen (Mehr- fachnennungen waren möglich!) 12 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Ereignisse in kürzester Zeit kompensieren flächen zu gering war (LITZBARSKI et al. können, das bedeutet, daß viele der oben 1987). genannten Eingriffe des Menschen nur kurz- Mit dem Niedergang der intensiven land- fristige Umverteilung von Biodiversität be- wirtschaftlichen Produktion Anfang der 90er wirken, ohne Auswirkungen auf die globale Jahre in weiten Teilen Brandenburgs Dimension. Bedenklich wird es für die Syste- (Flächenstillegung, Einführung extensiver me erst, wenn kohärente (also gleichgerich- Nutzungsformen, Minderung des PSM-Ein- tete) Wirkungen im System kanalisiert wer- satzes u.a.) war eine auffallende Zunahme den. So können vermeintlich ganz geringfü- zahlreicher ehemals dort vom Aussterben gige, aber stetige Einwirkungen dann z. B. bedrohter bzw. lokal bereits erloschenen Ar- auf Endglieder von Nahrungsketten gerich- thropodenarten der Agrozönosen (z. B. die tet sein (sog. Richtwirkung). Ein bekanntes Laufkäfer Calosoma auropunctata, Opho- Beispiel dafür ist der großflächige Rückgang nus signaticornis, Diachromus germanus, echter Agrozönose-Elemente der Makrofau- Poecilus punctulatus u.a.) verbunden. na (Regenwürmer, Laufkäfer etc.) infolge des zu engen zeitlichen und räumlichen Zu- Auch für Mecklenburg-Vorpommern kam sammenwirkens zahlreicher einzelner agro- es zunächst bedingt durch die von der EG technischer Maßnahmen jener intensiven in- gesetzten Rahmenbedingungen der Land- dustriemäßigen Agrarpraktiken der 80er wirtschaftsförderung zu drastischen Verän- Jahre in NO-Deutschland, so daß Schutz- derungen in der Flächennutzung: bemühungen um Elemente der Megafauna – Reduzierung der Basisanbaufläche, (z.B. Großtrappe, Rebhuhn) erfolglos blei- – Reduzierung der Zahl der in der Lan- ben mußten, weil für die Jungtiere das spezi- wirtschaft Beschäftigten (von 13 auf 2,6 fische Nahrungsangebot auf den Agrar- AK/100 ha) innerhalb von 3 Jahren;

Abb. 6. Vergleich der Artenzahlen von Pflanzen und Schmetterlingen in verschiedenen Grünland-Biotopen mit un- terschiedlichem Düngestreß (aus BLAB 1993 nach ERHARDT 1985) GERD MÜLLER-MOTZFELD, Biodiversität und Landwirtschaft 13

Krise der Landnutzung

Flächenstillegung: – historisch gewachsene Relationen von Wald/Acker/Grünland/Siedlungen werden verschoben – komplexe Auswirkungen auf Landschafts-Wasserhaushalt und Böden – Werteverlust des Bodens als Produktionsgrundlage (sozialökonomische Probleme ➙ Akzeptanz von Naturschutzzielen sinkt) – traditioneller Ansatz des konservierenden Naturschutzes hinsichtlich Zielstellung und Lösungswegen überfordert

Krise der Landnutzung = Krise des Naturschutzes

Abb. 7. Krise der Landnutzung

Übergreifendes Ziel von Landwirtschaft und Naturschutz:

Entwicklungsprogramme zur Flächenseparierung (Intensiv-, Extensiv-, Natur-/Erholungs-Landschaften)

Wege: * Intensiv-Landwirtschaftsbetriebe (umweltfreundlich) auf ertragsstarken Standorten Extensiv-Betriebe in den benachteiligten Gebieten * Schaffung regionaler Arbeitskreise oder Ämter für „Ländliche Entwicklung“ als Organe gemeinsamer räumlicher Planung von Landwirtschaft, Naturschutz und der sozialen Bereiche * Veränderte Förderpolitik auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene Prinzip: Abkehr von betriebswirtschaftlich orientierter Förderung zugunsten standortangepaßter Forderung!

Abb. 8. Übergreifendes Ziel von Landwirtschaft und Naturschutz

Naturschutz nicht im Kielwasser der Landnutzung – sondern am Steuer !

Wege für „sustainable use“ in der Landnutzung :

wirtschaftsliberaler Ansatz kulturlandschaftlicher Ansatz Märkte vergrößern komplexe sozialökonomische Landschaftsregionale Spezialisierung Systeme, lokale Diversität der Wirtschaft Bedingung: Mobilität wird gestützt Bedingung: Ökonomie wird gestützt; Zeit

unbegrenzte Mobilität als Hauptfeind erkannt favorisierte Variante

Abb. 9. Wege für „sustainable use“ in der Landnutzung 14 Insecta, Berlin, 5 (1997)

bei Umsetzung der EG-Norm für rentable bildung und Nährstoff-Entsorgung und mi- Landwirtschaft: 1,5 AK/100 ha nimieren damit das Altern der Landschaft wären in Mecklenburg-Vorpommern dann (BAIER et al. 1994). Wie Abb. 7 zeigt, ist die noch ca. 1200 Menschen in der Krise der Landnutzung auch eine Krise des Landwirtschaft tätig, (selbst mit der Zahl Naturschutzes. Ein ganz entscheidendes An- 0,7 AK/100 ha wurde schon geplant!). liegen ist dabei die Veränderung der Förder- – Umnutzung der stillgelegten Flächen politik. Im Prinzip wäre es wahrscheinlich (Aufforstung). möglich, innerhalb des derzeitigen Gesamt- – ungeklärte Eigentumsverhältnisse – kei- rahmens der landwirtschaftlichen Förde- ne Kreditwürdigkeit rung, die gesamte deutsche Landwirtschaft (aber Investitionen in Millionenhöhe auf ökologischen Anbau umzustellen. nötig) Der Vorwurf, der dem Naturschutz zu- – kaum Eigenproduktvermarktung u. a. recht gemacht wird, daß er immer nur im Kielwasser der Landnutzung segelt, also rea- Dazu muß klar gesagt werden, über diese giert anstatt offensiv zu agieren, sollte in die Krise des Bauernstandes kann sich der Na- Forderung umgemünzt werden, daß der Na- turschutz nicht freuen, denn die Stillegung turschutz zusammen mit den Landwirten in guter Ackerflächen ist keine Naturschutz- das selbe Boot gehört und dann auch mit maßnahme, zumal, wenn dann gleichzeitig ans Steuer muß (Abb. 9). auf Grenzertragsstandorten, wie tiefgründi- Unter den möglichen Wegen für dauerhaft gem Niedermoor, weiter gewirtschaftet stabiles umweltgerechtes Wirtschaften muß wird. der kulturlandschaftliche Ansatz, als der mit Lösungsansätze könnten aus dem land- den besseren Zukunftschancen (K-Strategie) schaftsökologischen Ansatz als übergreifen- gesehen werden. Zur Zeit steht dem als de Ziele von Landwirtschaft und Natur- Hauptstörgröße die ungebremste Förderung schutz definiert werden (Abb. 8) der Mobilität, wider alle Vernunft land- schaftökologischer Entwicklung, entgegen. Das ist nicht nur volkswirtschaftlich sehr bedenklich, sondern mit dem Abbau von Die Chancen für eine aufgeklärte Land- Niedermoortorf werden jährlich solch ge- nutzungspolitik (Konzeption Umweltscho- waltige Mengen klimawirksamer Gase frei nende Landbewirtschaftung 1995) sind in gesetzt, daß hier auch aus Gründen des Kli- Mecklenburg-Vorpommern, wo Landwirt- maschutzes Einhalt geboten werden muß schaft, Forstwirtschaft und Naturschutz in (HOLZ et al. 1996). Diese Grenzertragsstan- einem Ministerium vereint sind, sehr gut, dorte (40 % der Nutzfläche) könnten das solange die Belange des wirtschaftlich ökologische Rückgrat der Landschaft sein, schwächsten Gliedes: Naturschutz, auch von sie regulieren die Wasser-Rückhaltung, die den Hauptlandnutzern als ihr ureigenes An- Grundwasserneubildung, Torf- und Humus- liegen erkannt werden. GERD MÜLLER-MOTZFELD, Biodiversität und Landwirtschaft 15

5. Literatur

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Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. GERD MÜLLER-MOTZFELD, Zoologisches Institut u. Museum, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Bachstr. 11/12, D-17489 Greifswald Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 16-24

UDO WITTKE, Bonn

Untersuchung zur Populationsentwicklung und zum Arealerwei- terungsverhalten von Polyommatus icarus (Lepidoptera, Lycaenidae) in einem Kalksteinbruch im Raum Mettmann

Zusammenfassung maßnahmen zugunsten von größeren, gehölzlosen (Grünland-) Flächen verändert. In einem unter Naturschutz stehenden Nähere Informationen zur Lage und Austat- stillgelegten Kalksteinbruch im Kreis Mett- tung des Naturschutzgebietes siehe GERß mann wurde 1993 von Mai bis September (1995). Die Untersuchung an Polyommatus eine Population des Gemeinen Bläulings icarus sollte sowohl eine Populationsgrößen- (Polyommatus icarus) untersucht. Mit Hilfe abschätzung als auch Hinweise zum der Transektzählung/Linientaxierung und Arealerweiterungsverhalten der untersuch- der Wiederfangmethode (mark-recapture) ten Art liefern. Aufgrund der bereits vorlie- wurden die Entwicklung und die Stärke der genden Informationen zum Gebiet (NIPPEL Population abgeschätzt. Darüber hinaus 1991) konnte von einer individuenstarken wurde das Arealerweiterungsverhalten mit Population ausgegangen werden. Hilfe der vorgenommenen Markierungen untersucht. 2. Ökologie der Art

Nach EBERT (1991) treffen die beiden deut- Summary schen Namen des Falters (Gemeiner oder From May to September 1993 a populati- Hauhechel-Bläuling) nur sehr bedingt zu; on of the Common Blue (Polyommatus diese Art legt ihre Eier nur ausnahmsweise icarus) was investigated in a shut-down li- auf Hauhechel (Ononis) ab und von einem mestone quarry situated in a nature reserve „gemeinen“ Vorkommen kann heutzutage in the district of Mettmann. Number and de- nicht mehr die Rede sein. velopment of the population were estimated Dennoch gilt Polyommatus icarus immer by using transect counts and the mark-re- noch als häufigster Bläuling mit typischen Ei- capture method. Moreover the trend of ex- genschaften von „Allerweltsarten“ wie zum pansion was investigated by using marked Beispiel Toleranz gegen Hitze, Kälte und individuals. Feuchte, hohe Reproduktionsraten, sowie Wanderfähigkeit der Falter (WEIDEMANN 1995). Korrespondierend mit diesen Eigen- 1. Einleitung schaften besitzt diese euryöke Art ein riesi- In der Zeit zwischen Anfang Mai und An- ges Verbreitungsgebiet (Westeuropa ost- fang September 1993 fand eine lepidoptero- wärts durch die klimatisch gemäßigte Zone logische Untersuchung an der Population bis Ostasien, vom Nordkap bis Nordafrika). von Polyommatus icarus (Gemeiner oder Trotzdem ist P. icarus in Deutschland kei- Hauhechel-Bläuling) des Naturschutzgebie- neswegs mehr häufig und kann in flurberei- tes „Steinbruch Hofermühle-Süd“ statt. Bei nigten Gebieten mit intensiver Landwirt- dem NSG handelt es sich um einen 1945 schaft fehlen (EBERT 1991, WEIDEMANN stillgelegten Kalksteinbruch. Die Vegetation, 1995). die sich aufgrund der natürlichen Sukzession P. icarus fliegt in zwei Generationen, in entwickelt hat, wird seit 1988 durch Pflege- günstigen Jahren kommt noch eine unvoll- UDO WITTKE, Populationsentwicklung und Arealerweiterungsverhalten von Polyommatus icarus 17 ständige dritte auf, wobei sich die Genera- strauchlosen Flächen des NSG, die durch tionen nach KOCH (1991) überschneiden. verschiedene Grünlandgesellschaften cha- Die Flugzeit der ersten Generation beginnt rakterisiert sind (DÜLL 1992). Eine im Nordo- im Mai und endet im Juni, wobei in der Re- sten gelegene Fläche mit einer Ausdehnung gel die höchsten Individuenzahlen von An- von ca. 7150 m2 ist durch einen größeren fang bis Mitte Juni erreicht werden. Die Gehölzbestand von zwei Flächen im Südwe- zweite, meist wesentlich individuenstärkere sten getrennt. Diese beiden Flächen, die Generation erscheint zwischen Mitte und durch eine Abbruchkante von ca. 15 m Ende Juli und fliegt bis maximal Anfang Sep- Höhe getrennt sind, weisen eine Fläche von tember (EBERT 1991). insgesamt ca. 5900 m2 auf. Die Gesamt- Als Eiablage- bzw. Raupenfutterpflanzen größe des Untersuchungsgebietes betrug sind in der Hauptsache der Gewöhnliche somit innerhalb des NSG ca. 1,3 ha. Hornklee (Lotus corniculatus) und Hopfen- klee (Medicago lupulina) zu nennen. Die Ei- 3. 2.Untersuchungsflächen außerhalb ablage erfolgt in der Regel auf der Blattober- des NSG seite oder ins Blütenköpfchen gut zugängli- cher, oft kümmerlicher Pflanzen (EBERT 1991). Zur Untersuchung einer etwaigen Arealer- Larval- und Imaginalhabitat sind bei der weiterung der Bläulingspopulation des NSG Art weitgehend identisch. Bevorzugt werden wurden außerhalb des ehemaligen Stein- magere, niedrigwüchsige, ein- bis zwei- bruchs vier Flächen untersucht. Dabei han- schürige Arrhenathereten (Glatthaferwie- delte es sich um einen weiteren stillgelegten sen), wogegen fetteres Arrhenatherion, Kalksteinbruch (Entfernung 400 m Luftlinie), auch wenn Futterpflanzen vorhanden sind, sowie um drei agrarisch genutzte Flächen wahrscheinlich als Larvalhabitat ausfällt. (1. Klee- und Brassicaceen-Einsaat, 2. Weiß- Grundsätzlich sind geschlossene Vegetati- klee-Einsaat, 3. Rotklee-Einsaat) in Entfer- onsbestände von durchweg mehr als 20- nungen zwischen 1,75 km und 2,75 km 30 cm Höhe völlig ungeeignet (EBERT 1991). (Luftlinie). Während der Kalksteinbruch für Die Überwinterung des Falters erfolgt als die untersuchte Art als Lebensraum in Frage Jungraupe (WEIDEMANN 1995). JACOBS & REN- kam, waren die übrigen Flächen als Nektar- NER (1988) bezeichnen Polyommatus icarus quelle bedeutsam. Die ausgewählten als Art mit myrmecophilen Raupen, wobei Flächen liegen allesamt in einer von intensi- diese nach SEIFERT (1996) nicht immer von ver Landwirtschaft geprägten Umgebung. Ameisen besucht werden. 3. 3.Transekt-Zählung/Linientaxierung 3. Material und Methoden Zur Festlegung der Transekt-Strecken als Zwischen dem 8. 5. 1993 und dem 7. 9. auch zur Durchführung der Methode siehe 1993 wurde das NSG „Steinbruch Hofer- folgende Autoren: FRAZER (1973), KUDRNA & mühle-Süd“ und die Umgebung des NSG MAYER (1991), MÜHLENBERG (1989), OWEN untersucht. Es fanden 18 Transekt-Bege- (1975), POLLARD (1977 u. 1982), THOMAS hungen entlang vorab festgelegter Routen (1983). statt. An 8 Tagen, in den Phasen der beiden Auf den drei Untersuchungsflächen wur- Populationsmaxima, wurden Fänge und den Transekte mit einer Streckensumme von Markierungen bzw. Wiederfänge und Mar- ca. 1100 m festgelegt. Anhand der oben be- kierungen vorgenommen. schriebenen Ökologie von Polyommatus icarus waren seine potentiellen Flugbereiche auch zu Beginn der Untersuchungsperiode, 3. 1. Untersuchungsflächen innerhalb obwohl keine Imagines beobachtet werden des NSG konnten, relativ exakt vorherbestimmbar. Untersucht wurden die baum- und Als noch gerade erfaßbare Transekt-Breite 18 Insecta, Berlin, 5 (1997) erwies sich ein 5 m-Streifen, so daß von dem Jeder gefangene Schmetterling wurde mit Beobachter während des Abgehens der je einem Punkt gekennzeichnet. Je nach Strecke ein Quadrat von 5x5 m im Auge be- Fangdatum und Untersuchungsfläche wur- halten werden mußte. den unterschiedliche Farben verwendet. Be- Da der Hauhechelbläuling, bis auf den nur reits markierte Falter (Wiederfänge) erhiel- ausnahmsweise gefundenen und deutlich ten eine weitere Markierung. Auf eine indi- unterscheidbaren Faulbaumbläuling (Cela- viduelle Markierung – dazu hätten an jedem strina argiolus), die einzige im Gebiet festge- Tier mehrere Punkte angebracht werden stellte Bläulingsart darstellte, war eine ein- müssen – wurde im Sinne einer minimalen deutige Artdiagnose im Flug gewährleistet. Beeinträchtigung der relativ kleinen und Auch eine Unterscheidung der Geschlechter empfindlichen Tiere verzichtet. Aufgrund ih- war aufgrund der unterschiedlichen Färbung rer Empfindlichkeit wurden die Falter einge- ohne Probleme vorzunehmen. engt in einer Ecke des Fangnetzes, ohne sie in die Hand zu nehmen, gekennzeichnet. Diese Methode kann als ausgesprochen 3.4. Wiederfangmethode (mark-recapture) schonend und somit erfolgreich bezeichnet Diese Methode wurde gemäß FRAZER werden. Es wurden über 600 Markierungen (1973), KUDRNA & MAYER (1991) und vorgenommen; nicht ein Bläuling zeigte MÜHLENBERG (1989) angewandt. nach dem Fang und der Markierung ein an- Die Markierung erfolgte aufgrund der ty- deres Flugverhalten als vor dem Fang. Vor- pischen Ruhehaltung der Tiere mit zusam- versuche, bei denen die zu markierenden In- mengeklappten Flügeln auf der Flügelunter- dividuen in die Hand genommen wurden, seite. Als Markierungswerkzeug wurden die konnten bei weitem nicht so schonend von MÜHLENBERG (1989) empfohlenen was- durchgeführt werden. serfesten Folienschreiber Lumocolor 318, Außer der Farbkennzeichnung wurden das Stärke F der Firma Staedtler verwendet. Geschlecht und der Alterungszustand der

156 150

111 102 89 100 82 83 62 65 52 54 50 36

Individuenzahl 21 0 3 2 1 0 0 0 1.5.93 1.6.93 2.7.93 2.8.93 2.9.93 3.10.93

Abb. 1. Transektzählergebnisse UDO WITTKE, Populationsentwicklung und Arealerweiterungsverhalten von Polyommatus icarus 19

Tiere (3 Kategorien: frisch, ± abgeschuppt, samt 1110 m Transektlänge (5 m Breite) 919 stark abgeschuppt) notiert, wodurch einige Individuen von P. icarus gezählt. Tiere durchaus individuell erkennbar wur- Wie aus den Abbildungen 1 und 2 sowie den. Der jeweilige Fangtag wurde beendet, Tabelle 1 hervorgeht, wurden die ersten Tie- wenn folgende Bedingungen erfüllt waren: re am 20. 5. 1993, die letzten am 16. 8. 1993 festgestellt. Größere Spannen zwi- 1. Anzahl der gefangenen Individuen schen den einzelnen Untersuchungstagen größer als 50 Prozent der durch die ergaben sich witterungsbedingt, da die Zäh- Transektzählung erfaßten Tiere auf der lungen möglichst unter gleichen Bedingun- entsprechenden Fläche gen stattfinden sollten (trockenes, möglichst 2. Doppelfangquote, d. h. Anzahl der sonniges Wetter, über 20°C). frisch markierten Bläulinge, die Das Minimum in der Populationsentwick- während des Fangdurchganges wieder- lung ist am 11. 7. 1993 festzustellen; offen- gefangen wurden, größer als 25 Pro- sichtlich gibt es hier eine scharfe Grenze zwi- zent schen 1. und 2. Generation. Eine Überlap- pung der beiden Generationen, wie sie KOCH 4. Ergebnisse (1991) formuliert, ist nicht erkennbar. Das Maximum der 1. Generation liegt um den 25. 5. 1993 und somit um ein bis zwei 4.1. Transekt-Zählungen/Linientaxierung Wochen früher als in der Literatur (EBERT Zwischen dem 8. 5. 1993 und 7. 9. 1993 1991) für „normale“ Jahre angegeben. Die wurden auf drei mehr oder weniger vonein- Erklärung hierfür ist wahrscheinlich der sehr ander getrennten Untersuchungsflächen mit warme Frühling 1993. einer Gesamtfläche von ca. 1,3 ha auf insge- Die größte festgestellte Abundanz

150

Weibchen 100 Männchen

50 Individuenzahl

0 1.5.93 1.6.93 2.7.93 2.8.93 2.9.93 3.10.93

Abb. 2. Erfaßte Weibchen und Männchen (Transektzählmethode)

Tabelle 1 (zu Abb. 2): Erfaßte Weibchen (W.) und Männchen (M.) (Transektzählmethode)

Mai Juni Juli August Sep 8. 20. 25. 4. 6. 7. 10. 18. 27. 1. 11. 24. 30. 1. 3. 11. 16. 7.9.

W. 0263225222310100032 92434120 M. 06379376029262 2 1 018637413268420 20 Insecta, Berlin, 5 (1997) während der Untersuchungsperiode ist mit muß für P. icarus im Untersuchungsgebiet 156 gezählten Individuen am 3. 8. 1993 do- von einem erschwerten Austausch zwischen kumentiert. Dieser Tag dürfte entsprechend den Tieren der beiden Untersuchungs- des Kurvenverlaufes in Abb. 1 der Tag mit flächen im Südwesten und denen der Fläche der maximalen Individuenzahl sowohl für im Nordosten ausgegangen werden. Inso- die 2. Generation, als auch für die Art im fern müßte korrekterweise von zwei Teilpo- Untersuchungsjahr überhaupt sein. Erkenn- pulationen im Gebiet gesprochen werden. bar ist weiterhin, daß das Maximum der 2. Im Sinne der Nachvollziehbarkeit wird hier Generation deutlich höher liegt als das der 1. aber auf eine Darstellung der einzelnen Generation. Flächen verzichtet und die drei Flächen als Die Geschlechterverhältnisse sind der Ab- ein „Gesamtgebiet“ beschrieben. bildung 2 und Tabelle 1 zu entnehmen. Im folgenden soll eine vollständige Auf- In Abbildung 2 und Tabelle 1 wird deut- stellung der Fänge erfolgen. Abbildung 3 lich, daß die Männchen zahlenmäßig deut- gibt die errechneten Werte für die Tage wie- lich überwiegen; Verhältnis Männ- der, an denen vollständige Werte für das chen : Weibchen (696:223) = 3,1:1. Ein Gesamtgebiet vorlagen. Überwiegen der männlichen Tiere ist auch Berechnungsgrundlagen waren der LIN- bei der Anwendung der Wiederfangmetho- COLN-Index und die Berechnung nach JOLLY de zu verzeichnen. Ein Grund dafür kann in (MÜHLENBERG, 1989). einem systematischen Zählfehler liegen, da N m mc• die Männchen deutlich mehr Aktivität zei- LINCOLN-Index:= daraus folgt N = r gen und durch ihre leuchtenden Farben bes- c r ser wahrnehmbar sind, als die eher gedeckt gefärbten Weibchen. N: Geschätzte Zahl der Individuen der Ge- Vergleicht man die Geschlechterverhält- samtpopulation nisse der 1. mit der 2. Generation so fällt m:Gesamtzahl der markierten Tiere nach auf, daß die Dominanz der Männchen in der dem 1. Fang 2. Generation stark ansteigt (Abb. 2, Tab.1); c: Gesamtzahl der gefangenen Tiere bei der 2. Probe 1. Generation: 299:139 = 2,1:1 r: Zahl der markiert wiedergefangenen 2. Generation: 397: 84 = 4,7:1 Tiere bei der 2. Probe Die Fehlerrechnung erfolgt nach: In der 2. Generation zeigen die männli- 2 chen und die weiblichen Tiere der Populati- m• c (c− r) varN== s2 on eine unterschiedliche Phänologie. Die r 3 höchste Abundanz wurde für die Weibchen am 11.8.1993, für die Männchen bereits am Daraus ergibt sich die Standardabwei- 3.8.1993 festgestellt. chung sN= var 4. 2. Wiederfangmethode (mark-recapture) Formel nach JOLLY : Während der Untersuchungsperiode wur- den an 8 Arbeitstagen im NSG 605 Fänge   a i • Zi bzw. Wiederfänge und Markierungen (dar- P =   n / r d  R + r  i i unter 492 einmalig markierte Tiere) vorge- i i  nommen. Da es einige Male zu witterungs- bedingten Störungen kam, konnte an diesen ni:Gesamtzahl der gefangenen Tiere am Tagen nur in Teilbereichen des Gebietes ge- Tag i keschert werden. ai: Gesamtzahl der entlassenen Tiere am Aufgrund der erzielten Fangergebnisse Tag i UDO WITTKE, Populationsentwicklung und Arealerweiterungsverhalten von Polyommatus icarus 21

Zi:Summe aller der Tiere, die vor dem Tag 25. 5. 93: i markiert und nach dem Tag i wieder- 111 Individuen (Transekt-Zählung) mal gefangen wurden, also nicht in der Pro- 2,8 = 310 Individuen be vom Tag i sind 111 Individuen (Transekt-Zählung) mal Ri:Summe aller Tiere aus ai, die am Tag i 4,2 = 466 Individuen markiert und freigelassen und nach Es ergibt sich eine abgeschätzte Populati- dem Tag i zuletzt wiedergefangen wur- onsgröße der 1. Generation im Maximum den von 310 bis 466 Tieren. ri: Zahl der markiert wiedergefangenen Tiere am Tag i 2. Generation Zur Fehlerrechnung siehe BEGON (1979). 30. 7. 93: Begonnen wurde mit der Markierung am 24 Individuen markiert, Abbruch wegen 6.6.1993, da aufgrund von Literatur- Regens angaben in dieser Zeit das Populationsmaxi- 1. 8. 93: mum erwartet worden war. Der Vergleich LINCOLN: der Werte der Transektzählungen (Abb. 1) m = 69, c = 78, r = 11 =>N = 489 (s = 137) zeigt jedoch schon Ende Mai (25. 5. 1993) 3. 8. 93: einen höheren Wert, so daß im folgenden LINCOLN: keine Berechnung für die maximale Indivi- m=117, c=120, r = 23 => N = 610 (s=114) duenzahl der 1. Generation erfolgen kann; JOLLY: diese kann nur mit Hilfe von Vergleichswer- a = n = 120, Z = 11, R = 18, r = 27 =>P = 446 ten hochgerechnet werden. 11. 8. 93: LINCOLN: 1. Generation m = 76, c = 65, r = 19 =>N = 260 (s = 50) 6. 6. 93: JOLLY: 69 Individuen markiert; Abbruch wegen Re- a = n = 123, Z = 7, R = 18, r = 22 =>P = 390 gens 16. 8. 93: 7. 6. 93 LINCOLN: LINCOLN: m = 50, c = 42, r = 10 => N = 210 (s = 58) m = 69, c = 38, r = 18 =>N = 146 (s = 25) Es wurden an der 2. Generation insgesamt JOLLY: 466 Markierungen vorgenommen, darunter a = n = 38, Z = 7, R = 8, r = 18 => P = 108 386 einmalig und 80 mehrfach markierte In- 10. 6. 93: dividuen. Es ergibt sich ein abgeschätztes LINCOLN: Populationsmaximum der 2. Generation m = 38, c = 32, r = 8 => N = 152 (s = 46) nach LINCOLN von 610 Tieren mit einer Stan- Insgesamt wurden 139 Markierungen vor- dardabweichung von s = 114, nach JOLLY genommen, bei 106 einmalig und 33 mehr- von 446 Tieren. fach markierten Tieren. Geht man davon Vergleiche zu den Berechnungen der Po- aus, daß das Zahlenverhältnis von durch pulationsgrößen auch Abb. 3. Transekt-Zählung ermittelten Individuen zu Die Formel von JOLLY beinhaltet eine po- dem von errechneten Populationsgrößen in pulationsdynamische Komponente. So läßt etwa konstant bleibt, läßt sich rückblickend sich mit das Populationsmaximum der 1. Generation aZii• abschätzen. M =+r i R i 7. 6. 93: i 52 Individuen (Transekt-Zählung) zu 146 die geschätzte Anzahl aller in der Population (LINCOLN-Index) = 1:2,8 markierten Tiere am Tag i bestimmen. 10. 6. 93: 36 Individuen (Transekt-Zählung) zu 152 M3.8. = 100 (LINCOLN-Index) = 1:4,2 M11.8. = 70 22 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Daraus läßt sich mit den pro Untersuchungstag maximal 10 Tiere gezählt. Obwohl dieser Steinbruch sowohl Μ + Eiablage- bzw. Raupenfutterpflanzen bietet Θ = i 1 i und in Teilen ähnliche Strukturen (Vegetati- Μ ii−+ra i on, Gestein) und ein ähnliches Klima (ge- der Anteil der Population bestimmen, der schützte Lage, Sonnenexposition) aufweist vom Tag i bis zum Tag i+1 überlebt. wie das NSG „Steinbruch Hofermühle-Süd“, Θ Für die Überlebensrate 3.8. ergibt sich wird er offenbar kaum von der untersuchten der Wert 0,36, d.h. von der Population am Art angenommen. Eventuell spielt hier das 3. 8. 1993 überleben 36 % bis zum 11. 8. Angebot an Nektarpflanzen eine Rolle. So ist 1993. Zur Überlebenrate läßt sich weiter z.B. der von P. icarus gern besuchte und im feststellen, daß am 16. 8. 1993 von 111 am NSG häufige Dost (Origanum vulgare) hier 1. 8. 1993 erstmals markierten Tieren noch 3 bei weitem seltener. Exemplare wiedergefangen wurden. Die Tiere in diesem teilweise als Koppel genutzten Steinbruch wurden ebenfalls mar- kiert, um ihren Aktionsradius überprüfen zu 4. 3. Untersuchungen zur Arealerweiterung können. Auch hier zeigten sich keine Aus- An fünf Untersuchungstagen wurden die breitungstendenzen. oben beschriebenen Untersuchungsflächen Zum Vergleich sollte man das Verhalten außerhalb des NSG auf markierte Bläulinge der Art im NSG in den Vordergrund rücken. aus dem NSG untersucht. Hier zeigte sich durch die gesamte Untersu- Auf den Einsaaten der Agrarflächen wur- chungsperiode hindurch, daß die Tiere der den als einzige Tagfalterarten der Große und südwestlichen Flächen sich nur spärlich mit der Kleine Kohlweißling (Pieris brassicae L. denen der Fläche im Nordosten (und umge- und Pieris rapae L., Fam. Pieridae), ange- kehrt) vermischten. Es handelte sich um ma- troffen. ximal 3 Individuen pro Fangtag. In dem stillgelegten Kalksteinbruch kommt Der erschwerte Austausch läßt sich durch Polyommatus icarus zwar vor, die Populati- Verhaltensbeobachtungen an den Tieren er- on ist aber von sehr geringer Größe; es wur- klären. Die kleinen Falter fliegen in der Regel

800

600 nach Lincoln-Index T = Standardabweichung 400 nach Jolly

200

0 01.06.1993 01.07.1993 31.07.1993 30.08.1993 Geschätzte Individuenzahl

Abb. 3. Populationsabschätzung nach der Wiederfangmethode UDO WITTKE, Populationsentwicklung und Arealerweiterungsverhalten von Polyommatus icarus 23 sehr flach über die niedrige Vegetation, die Eine Gefährdung für P. icarus besteht nach Weibchen neigen offenbar noch deutlicher EBERT (1991) nur dort, wo im landwirtschaft- zu diesem Verhalten als die Männchen, ver- lich intensiv genutzten Bereich Standorte, meiden es über höhere, freistehende Struk- wie nicht überdüngte Glatthaferwiesen, Ma- turen und durch geschlossene Vegetation zu gerrasen, Sandfluren, Brachen (feuchte, wie fliegen. Der geschlossene Baumbestand zwi- trockene) o. ä., auch kleinflächig nicht mehr schen den Flächen im Südwesten und der vorhanden sind. Fläche im Nordosten wird daher von den In der vorliegenden Untersuchung handelt Tieren kaum überwunden. Die Tiere, die an es sich um eine relativ isolierte Population ei- einem Austausch zwischen den Flächen teil- ner Art von geringer Vagilität. Eine derartig nehmen, fliegen vermutlich entlang der auf ein inselartiges Gebiet zurückgedrängte lückig bewachsenen Abbruchkanten und ve- Art (regressives Arealverhalten) ist in jedem getationslosen Steilwände. Diese stellen, wie Fall stark gefährdet. Da die meisten Schmet- durch markierte Wiederfänge auf den bei- terlingsarten nicht nur auf einen intakten Le- den durch eine 15 m hohen Steilwand ge- bensraum und dessen Flora angewiesen sind, trennten Flächen im Südwesten nachgewie- sondern auch sehr empfindlich auf geringe sen wurde, offenbar kein Hindernis dar. klimatische Veränderungen reagieren, liegt Diese Untersuchungsergebnisse legen den ihre Gefährdung auf der Hand, wenn eine Schluß nahe, daß es sich bei den Hauhechel- Genauffrischung aus einem intakten Umfeld bläulingen des NSG „Steinbruch Hofermüh- nicht möglich ist (ARBEITSGEM. RHEIN.-WESTFÄL. le-Süd“ um eine recht isolierte, wenn auch LEPIDOPTEROLOGEN et al., 1986; FRIEBE, 1989). individuenreiche Population handelt, deren Um den Standort NSG „Steinbruch Hofer- Ausbreitung durch ihre geringe Tendenz zur mühle-Süd“ für die Population der Art zu er- Arealerweiterung und dem Mangel an ge- halten, muß dafür Sorge getragen werden, eigneten Strukturen in der nahen Umge- daß die Vegetation mager, lückig und nied- bung erschwert ist. rigwüchsig bleibt. Dieses Ziel ist mit Mahden im August, also außerhalb der Raupen- bzw. Puppenzeiten (Raupenzeiten nach KOCH, 5. Naturschutzaspekte/Entwicklungs- 1991: 1. Gen. Sept.-Winter-Juli, 2. Gen. Ju- möglichkeiten ni-Juli) zu erreichen. Das Mähgut sollte, wie Die Ursachen der Gefährdung unserer auch im Untersuchungsjahr (Mahd am Schmetterlingsfauna resultieren fast aus- 24. 7. 1993) entfernt werden (siehe auch schließlich aus anthropogen bedingten Ver- EBERT, 1991). änderungen und der Zerstörung von Le- Der ehemalige Kalksteinbruch im Nordwe- bensräumen. Zu erwähnen sind hier beson- sten des NSG sollte als Trittsteinbiotop un- ders folgende Eingriffe (ARBEITSGEM. RHEIN.- bedingt erhalten werden und, wenn mög- WESTFÄL. LEPIDOPTEROLOGEN et al. 1986): lich, in seiner Entwicklung an den Zustand 1) Lebensraumverluste durch menschliche des NSG „Steinbruch Hofermühle-Süd“ her- Besiedlung, Straßenbau, Flurbereini- angeführt werden. Bei weiterer Nutzung des gung, Müllkippen, Abgrabungen und Areals als Pferdekoppel o.ä. führt die damit Ausweitung des Freizeitbetriebes. verbundene Eutrophierung zu einer Vegeta- 2) Direkte Dezimierung durch Einsatz von tionsausbildung, die P. icarus meidet. Die- Bioziden in der Land- und Forstwirt- sem Gebiet kommt eine große Bedeutung schaft. zu, da in der sonst stark agrarisch genutzten 3) Indirekt wirkende Intensivierungsmaß- Landschaft um das NSG keine geeigneten nahmen auf dem land- und forstwirt- Biotope existieren. schaftlichen Sektor. Als „Verbindungsstücke“ wären aufgrund 4) Durch Emissionen hervorgerufene Luft- der geringen Vagilität der Spezies und der verschmutzungen und Klimaverände- Distanz von 400 m (Luftlinie) zwischen den rungen. beiden ehemaligen Steinbrüchen z. B. Bra- 24 Insecta, Berlin, 5 (1997) chen und Säume geeignet, wobei die Bra- dae, Libytheidae, Lycaenidae, Hesperiidae.– Ul- chen möglichst niederwüchsige Pflanzen mer, Stuttgart, 535 S. FRAZER, J. F. D. (1973): Estimating butterfly numbers. – aufweisen sollten. Biological Conservation, Vol. 5, No. 4, 271-276. FRIEBE, U. (1989): Einige Aspekte zur Diskussion des Wanderphänomens von Macrolepidopteren. – 6. Danksagung Atalanta 19, 13-16. GERß, W. (HRSG.) (1995): Naturschutzorientierte biolo- Mein Dank gilt dem Heiligenhauser Verein gische Arbeiten im Naturschutzgebiet „Stein- für wissenschaftliche Naturschutzpaten- bruch Hofermühle-Süd“ (Gemeinde Heiligen- schaften e.V., vertreten durch Prof. Dr. haus, Kreis Mettmann, Nordrhein-Westfalen) – ACTA BIOLOGICA BENRODIS (Mitteilungen WOLFGANG GERß und Priv.-Doz. Dr. ALFRED aus dem Naturkundlichen Heimatmuseum Ben- BRUCKHAUS für die Beauftragung mit der vor- rath), Supplementband 2 (1995), 129 S. liegenden Untersuchung und dem Kreis JACOBS, W., & RENNER, M. (1988): Biologie und Ökolo- Mettmann, vertreten durch Herrn KLAUS gie der Insekten. Ein Taschenlexikon. G. Fischer, Stuttgart, 2. überarb. Aufl., 690 S. ADOLPHY, für die finanzielle Unterstützung KOCH, M. (1991): Wir bestimmen Schmetterlinge.– der Arbeit. Herrn Priv.-Doz. Dr. ALFRED Neumann, Radebeul, 3. Aufl., 792 S. BRUCKHAUS gebührt darüber hinaus mein be- KUDRNA, O., & MAYER, L. (1991): Tagfalter: Leben, Ge- sonderer Dank für sein persönliches Engage- fährdung, Schutz..– Maier, Ravensburg, 128 S. MÜHLENBERG, M. (1989): Freilandökologie. – Quelle & ment in der Sache. Bei Herrn Dipl.-Biol. UL- Mayer, Heidelberg, Wiesbaden, 2. neu bearb. RICH HOß und Frau Dipl.-Biol. BIRGIT KRANZ Aufl., 431 S. bedanke ich mich für die kritische Durchsicht NIPPEL, F. (1991): Lepidopterologische Erfassung der des Manuskriptes. Großschmetterlinge (Macrolepidoptera) im NSG „Hofermühle“/Heiligenhaus (Kreis Mett- mann) (unveröffentlicht). OWEN, D. F. (1975): Estimating the abundance and di- Literatur versity of butterflies. – Biological Conservation 8, 173-183. ARBEITSGEMEINSCHAFT RHEINISCH-WESTFÄLISCHER LEPIDOPTE- POLLARD, E. (1977): A method for assessing changes in ROLOGEN, ARBEITSGEMEINSCHAFT OSTWESTFÄLISCH- the abundance of butterflies. – Biological Con- LIPPISCHER ENTOMOLOGEN & ARBEITSKREIS SCHMET- servation 12, 115-134. TERLINGE IN WESTFALEN (1986): Rote Liste der in – (1982): Monitoring butterfly abundance in Nordrhein-Westfalen gefährdeten Schmetterlin- relation to the management of a nature reser- ge (Lepidoptera) (Stand: 1.10.1986). – Schrif- ve. Biological Conservation 24, 317-328. tenreihe der LÖLF 4, 170-190. SEIFERT, B. (1996): Ameisen: beobachten, bestimmen.– BEGON, M. (1979): Investigating abundance: Naturbuch-Verlag, Augsburg, 352 S. capture-recapture for biologists. – E. Arnold THOMAS, J. A. (1983): A quick method for estimating (Publishers) Limited, London. 97 S. butterfly numbers during surveys. – Biological DÜLL, B. (1992): Pflanzensoziologische Kartierung des Conservation 27, 195-211. NSG „Hofermühle-Süd“ (unveröffentlicht). WEIDEMANN, H. J. (1995): Tagfalter: beobachten, be- EBERT, G. (Hrsg.) (1991): Die Schmetterlinge Baden- stimmen.- Naturbuch-Verlag, Augsburg, 2., Württembergs, Bd. 2 – 2. Spezieller Teil: Satyri- völlig neu bearbeitete Aufl., 659 S.

Anschrift des Verfassers: Dipl.-Biol. Udo Wittke, Brückenstraße 1, D-53127 Bonn, Tel.: 0228/250385, Fax: 0228/250394 Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 25-32

VERONIKA POHRIS, THOMAS ZEHNER & ERNST BÄUKER, Dresden

Die Grüne Zikade, Tettigella viridis L., ein Schädling der Buchenverjüngungen?

1. Einleitung renspektrum in Beziehung zu insektenbürti- gen Pflanzenschädigungen an Jungbuchen Die Waldfläche, die 27 % der Gesamt- auf immissionsbeeinflußten Flächen im Erz- fläche des Freistaates Sachsen einnimmt, be- gebirge (Tharandt) und Harz (Göttingen) zu steht derzeit, wie auch in zahlreichen ande- untersuchen. ren Bundesländern, im Mittelgebirge weit- gehend aus monotonen, instabilen Fichten- 2. Untersuchungsobjekte und -methodik forsten. Diese, meist standortswidrigen Be- stockungen, sind zwar zur Erfüllung der In zwei Forstämtern des Erzgebirges (Al- Nutzfunktion bedingt geeignet, lassen aber tenberg und Olbernhau, Rauchschadzone II) in der Funktion als Schutz- und Erholungs- wurden 4 Untersuchungsflächen ausgewählt wälder sehr zu wünschen übrig. Dieser Man- mit je 2 Naturverjüngungen und 2 Voran- gel läßt sich langfristig am besten durch den bauflächen unter Fichtenschirm (vgl. Tab. Aufbau naturnaher, standortsgerechter, ge- 1). Um gesicherte Aussagen bezüglich der mischter und ertragreicher Wälder beheben. Erfüllung der gesetzten Zielstellung des Pro- Aus diesen Gründen entschloß sich die Lan- jektes treffen zu können, wurden auf jeder desforstverwaltung zu einem ehrgeizigen, Untersuchungsfläche 10 Parzellen angelegt. langfristig orientierten Waldumbaupro- Die Abmessungen betrugen in den Natur- gramm. verjüngungen 5 x 5 m, in den Voranbauf- In den Immissionsgebieten des Erzgebir- lächen 10 x 10 m, um, bedingt durch den ges, mit Ausnahme der oberen Kammlagen Pflanzverband der Buchenjungpflanzen, eine und extremer Standorte, bildet die Rotbu- repräsentative Pflanzenzahl für jede Parzelle che, Fagus sylvatica L., größtenteils die zu erhalten. Pro Parzelle wurden 20 Pflanzen Hauptbaumart. Sie wird hier großflächig für die Untersuchungen zufällig ausgewählt. durch Pflanzung (vor allem durch Voranbau) Zusätzlich wurde jede Parzelle mit einer Bo- wieder eingebracht. Infolge ungünstiger denfalle nach BARBER (1931) bestückt. Standortverhältnisse (Bodenversauerung, Tabelle 1 zeigt die standörtlichen und Calamagrostis villosa-Decken, starke Roh- waldbaulichen Daten der Untersuchungs- humusauflagen) und dem natürlichen flächen des Forstamtes Altenberg (Osterz- Pflanzstock, sind die Jungpflanzen besonde- gebirge), die hier näher vorgestellt werden ren Belastungen ausgesetzt. Biotische sollen. Die Untersuchungen im Forstamt Ol- Schadfaktoren (Insekten, Pilze, Wild, Mäu- bernhau (Westerzgebirge) und im Harz blei- se) und abiotische Einflüsse (z. B. Frost), ben dabei unberücksichtigt. können weitere Streß-, Erkrankungs- und Von 1992 bis 1994 wurden alle 14 Tage Destruktionsprozesse an den Jungpflanzen während der Vegetationsperiode von An- auslösen. fang Mai bis Ende September/Anfang Okto- In den Jahren 1992 bis 1994 wurde von ber, in Abhängigkeit von der Witterung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft dem Pflanzenaustrieb, der Klopffang phyto- (DFG) in Zusammenarbeit mit der Univer- phager Insekten, Parasiten und Prädatoren sität Göttingen, Institut für Forstzoologie, durchgeführt und die Bodenfallen geleert. ein Projekt finanziert mit der Zielstellung, Auf diese Untersuchungen wird hier nicht das Phytophagen-, Parasiten- und Prädato- eingegangen. 26 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Um detaillierte Aussagen über das Auftre- 3. Untersuchungsergebnisse ten, die Wirkung und das Ausmaß biotischer und abiotischer Schäden machen zu können, 3.1. Erforschung der Ursache aufgetretener wurden jährlich die markierten Pflanzen Rindenschäden nach allen sichtbaren Schädigungen boni- Im ersten Jahr der Untersuchungen, 1992, tiert. Während dieser Bonituren konnten in konnten die festgestellten Rindenverletzun- den Naturverjüngungsflächen N1 und N2 gen bzw. -wucherungen an den Buchen- gehäuft Rindenverletzungen (Risse, Wuche- jungpflanzen der Naturverjüngungsflächen rungen) an den Stämmchen und an den noch nicht eindeutig diagnostiziert werden. Ästen festgestellt werden (vgl. Abb. 1). Auf der Suche nach Verursachern wurde Um diese Schäden durch eine meßbare zunächst die Buchenkrebs-Baumlaus, Schi- Größe erfassen zu können, wurden die Län- zodryobius pallipes HARTIG, als möglicher gen der Rindenverletzungen am Stämmchen Erreger angesehen. auf cm-Genauigkeit vermessen und für die An den besonders stark geschädigten Einzelpflanze summiert. Die Verletzungen Pflanzen (großflächige krebsartige Wuche- an den Ästen und Zweigen wurden dabei rungen) vermuteten wir Mykosen. nicht mit erfaßt. Um die unterschiedlichen Auf Grund ihrer Lebensweise ist die Bu- Pflanzengrößen zu berücksichtigen, ist der chenkrebs-Baumlaus im Mai/Juni in mehr ermittelte Wert (Länge der Rindenverlet- oder weniger großen Kolonien auf ihren zung) zur gemessenen Pflanzenhöhe ins Wirtspflanzen anzutreffen. Intensive Kon- Verhältnis gesetzt worden. trollen während der Vegetationsperiode

Tabelle 1. Lage der Untersuchungsflächen im Forstamt Altenberg (Erzgebirge) (standörtliche und waldbauliche Daten), (ZEHNER 1995)

N 1N 2V 1V 2

Revier Bärenstein Bärenstein Hirschsprung Hirschsprung Abt. / Uabt. / Tfl. 308 b2 ; 309 b 309 a1 413 a7 413 a8 413 a6 Höhe ü. NN [m] 570 - 600 590 - 620 630 - 660 610 - 640 Geländeform Unterhang Mittelhang Mittel -/ Unterhang Unterhang Exposition SE N SW N Grundgestein Granitporphyr Granitporphyr Quarzporphyr Quarzporphyr Bodenform Hirschsprunger Granitporphyr- Altenberger Georgenfelder Braunerde ( Hi Gp ) Quarzporphyr- Quarzporphyr- Braunerde ( Al P ) Braunerde ( Ge P ) Standortsgruppe Hf - K 2 Hf - K 1 Hf - Z 2 Hf - M 1 Immi. -schadstufe 2222 Oberstand Bestandestypen RBu - Reinbestand RBu - Reinbestand GFi - Reinbestand GFi - Reinbestand Alter [a] * 127 138 79 48 62 Oberhöhe [m] * 32 34 22 18 20 B ˚ * 0,8 1,0 0,7 0,7 Bonität 2,1 1,9 3,3 2,4 2,8 Unterstand Entstehung Naturverjüngung Naturverjüngung Pflanzung Pflanzung Herkunft Osterzgebirge ostbayrisches Mittelgebirge Pflanzung --April 1992 April 1992 Nachpflanzung - - Oktober 1993 Oktober 1993 Pflanzensortiment - - 2.0 2.0 Höhe [m] * 1,09 1,46 0,36 0,40 * ...... Stand 1994 VERONIKA POHRIS, THOMAS ZEHNER & ERNST BÄUKER, Die Grüne Zikade, Tettigella viridis L. 27 brachten keinen Hinweis auf dieses Insekt. Gebilde oder Kringel festgestellt, in die die Gleichzeitig wurden an den Pflanzen neue Gallmilben zum Teil eingebettet waren und Rindenrisse registriert, ohne daß sich sicht- die wir als „Wachsabsonderungen“ der bare Hinweise eines Verursachers zeigten. Gallmilben deuteten (Abb. 2 und 3). Abiotische Schadfaktoren, wie z. B. Hagel Es verdichtete sich zunächst die Vermu- und Frost, konnten ausgeschaltet werden, tung, daß diese Gallmilben ursächlich am ebenso Pilze, da Untersuchungen von Herrn Aufreißen der Rindenpartien beteiligt sind. Dr. P. HEYDECK (Landesforstanstalt Eberswal- Umfangreiche Literaturrecherchen im Insti- de), keine Hinweise auf phytopathologisch tut für Angewandte Botanik an der Univer- relevante Pilzarten ergaben. sität Hamburg ergaben, daß derartige Der Beginn des Aufreißens der Stämm- Schadsymptome an Rotbuche oder anderen chen lag zwischen dem 15. und 17. Juni. Baumarten, hervorgerufen durch Arten der Im Untersuchungsjahr 1994 entnahmen Familie Eriophyidae, bisher nicht bekannt wir Proben verletzter Stämmchen und Zwei- sind. Auch die gefundene Art wurde bisher ge vor Beginn der Vegetationsperiode im Fe- noch nicht beschrieben (SCHLIESSKE, 1994). bruar, Mitte Juni und Anfang August, um Nach wiederholten intensiven Literatur- diese mittels Rasterelektronenmikroskopie studien fanden wir bei SCHMUTTERER (1953) zu untersuchen. In allen Proben fanden wir Hinweise auf die Zikade, Tettigella viridis L., Gallmilben der Familie Eriophyidae, beson- deren Schadbild annähernd dem unseren ders zahlreich in den August-Proben. Unter- entsprach, auch konnte eine Übereinstim- schiedliche Größen und äußere Merkmale mung der zeitlichen Entstehung sowie des ließen auf verschiedene Entwicklungsstadien für diese Art typischen Lebensraumes fest- schließen, regelmäßig wurden fadenförmige gestellt werden. Obwohl die Baumart Buche

Abb. 1. Rindenschäden an Fagus sylvatica L. (ALTENBERG 1992 bis 1994) 28 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Abb. 2. Wachsähnliche Absonderungen der Gallmilben (Eriophyidae) in den Rindenrissen von Fagus sylvatica L.

Abb. 3. Gallmilben der Familie Eriophyidae in Rindenrissen von Fagus sylvatica L. VERONIKA POHRIS, THOMAS ZEHNER & ERNST BÄUKER, Die Grüne Zikade, Tettigella viridis L. 29 als Wirt keine Erwähnung fand, verdichtete Die Abbildung 4 verdeutlicht eine Abhän- sich die Vermutung, daß T. viridis die Rin- gigkeit des Befalls (evtl. Orte der Eiablage) denverletzungen an den Buchenpflanzen von der Stärke der Stämmchen, was wahr- der Naturverjüngung verursacht. scheinlich auf den physiologischen Zustand Die Grüne Zikade, T. viridis, die taxono- der Rinde dieser Abschnitte zurückzuführen misch zur Familie Jassidae, Klein- oder ist. Es konnte ein Befall bis ca. 1,5 m Höhe Zwergzikaden, gehört, bevorzugt die niedri- über dem Erdboden registriert werden. Ver- ge Vegetation (Krautschicht) feuchter, offe- letzungen in unmittelbarer Bodennähe, im ner Biotope und befällt vor allem monokoty- Bereich von ≤ 0,1 m, konnten nicht festge- le Pflanzen (Juncus, Scirpus, Phragmites), stellt werden. Kräuter, Büsche, Jungwüchse sowie niedri- Von den aufgetretenen Verletzungen ge, herabhängende Äste und Zweige von wurden die Rißlängen (vertikal) in cm-Ge- Laubhölzern, an denen sowohl die Larven nauigkeit gemessen (Abb. 5). Die Rißbreiten als auch die Imagines saugen. Die Saugtätig- variieren nur minimal, sie korrelieren mit der keit selbst ist wirtschaftlich unbedeutend, jeweiligen Länge der Verletzung. die Schäden entstehen durch das Einschnei- Die Abbildung 5 zeigt sehr gut, daß Rißlän- den von halbmondförmigen Eiablageschlit- gen von ca. 1 cm am häufigsten auftraten. zen (2 bis 8 mm) in die junge Rinde von Erstaunlicherweise konnten gegen Ende Laubhölzern. Beim Schlüpfen der Larven im September die ersten vollständig überwall- Frühjahr reißt die Rinde an dieser Stelle auf ten Verletzungen beobachtet werden. Die und stirbt ab. Buchenjungpflanzen sind somit in der Lage, die Risse innerhalb der Vegetationsperiode wieder vollkommen zu schließen. Gleichzei- 3.2. Pflanzenbonitur tig zeichnete sich gegen Ende der Vegetati- Im Rahmen der Pflanzenbonitur fand die onsperiode ab, daß nicht alle Wunden über- Aufnahme der Rindenrisse statt. Gleichzeitig wallt wurden (Abb. 6). wurde der Durchmesser der befallenen Die Boniturergebnisse verdeutlichen, daß Stämmchen ermittelt. die Dauer des Überwallungsvorganges unter

absolute Häufigkeit [ St. ]

60

50

40

30

20

10 N1 0 N2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 Durchmesser [ mm ]

Abb. 4. Absolute Häufigkeit [St.] der Rindenrisse in Abhängigkeit vom Durchmesser (Untersuchungsfläche N1 und N2, Altenberg 1994) 30 Insecta, Berlin, 5 (1997) anderem von der Größe der Rindenrisse ab- 2. Es ist einzuschätzen, daß die an den hängig ist. Anhand der Rißlängen wird die- Jungbuchen aufgetretenen Rindenrisse zu ser Zusammenhang deutlich (Abb. 7). erheblichen Zuwachsverlusten führen, da Bedeutend höher ist der prozentuale An- die Pflanzen einen Teil ihrer Assimilations- teil von Rindenverletzungen mit einer produkte für den Überwallungsvorgang Rißlänge > 1 cm auf beiden Untersuchungs- benötigen. Der Grad dieser Auswirkungen flächen, die nicht überwallt werden konn- auf die Vitalität der Pflanze wird dabei von ten, gegenüber denen, die geschlossen wur- der Intensität des Befalls und dem gleichzei- den. Die Überwallung innerhalb der Vegeta- tigen Einfluß anderer Schadfaktoren be- tionsperiode hängt demzufolge von der Riß- stimmt. Ein starkes Auftreten dieser Rinden- größe bzw. der flächenmäßigen Ausdeh- risse führte zu Kümmerwuchs der Pflanzen. nung der Verletzung ab. Andere Faktoren, Kritisch zu bewerten ist ebenfalls das mögli- die die Vitalität der Pflanze beeinträchtigen, che sekundäre Eindringen von Krankheiten, wie z. B. Fraßschäden, Pflanzenernährung, wie z. B. Mykosen, in die offenen Wunden. Trockenheit/Dürre usw., beeinträchtigen Als weiterer sekundärer Schadfaktor werden ebenfalls den Überwallungsvorgang. eventuell extrem tiefe Temperaturen (Frost- perioden) angesehen, durch dessen Einwir- ken möglicherweise weitere Bast- bzw. Zusammenfassung Kambiumpartien absterben und damit die 1. Die aufgetretenen Rindenschäden an Risse vergrößert bzw. die Überwallungsvor- den Jungbuchen der Naturverjüngungen gänge verzögert werden können konnten noch nicht eindeutig zugeordnet 3. Welche Rolle die in den Rindenrissen werden. Die Grüne Zikade, Tettigella viridis gefundene Gallmilbenart der Familie Erio- L., wurde zunächst als Verursacher ange- phyidae spielt, konnte bisher noch nicht ge- nommen. Die von ihr verursachten halb- klärt werden. Falls diese nicht ursächlich am mondartigen Rindenrisse entsprechen je- Schadgeschehen beteiligt sein sollte, kann doch nicht genau denen der Buchenjung- doch eingeschätzt werden, daß ihr Vorhan- pflanzen. densein negative Auswirkungen auf die

absolute Häufigkeit [ St. ]

300

200

100 N 1 0 N 2 1234567 Rißlänge [ cm ]

Abb. 5. Absolute Häufigkeit [St.] der Rindenrisse in Abhängigkeit von der Rißlänge (Untersuchungsfläche N1 und N2, Altenberg 1994). VERONIKA POHRIS, THOMAS ZEHNER & ERNST BÄUKER, Die Grüne Zikade, Tettigella viridis L. 31

überwallt überwallt 71,1% 80,0% N 1 N 2

offen 20,0% offen 28,9%

Abb. 6. Überwallungsrate der Rindenverletzungen innerhalb der Vegetationsperiode 1994 (Altenberg, Untersu- chungsflächen N1 und N2)

29,2% > 1 cm N 1 überwallt offen 80,0% 20,0% 70,8% = 1 cm

Rißlänge

6,9% > 1 cm N 1 offen überwallt 20,0% 80,0% 93,1% = 1 cm

Rißlänge

24,2% > 1 cm N 2 überwallt offen 71,1% 28,9% 75,8% = 1 cm

Rißlänge

Abb. 7. Überwallung der Rindenrisse in Abhängigkeit von der Rißlänge (Untersuchungsfläche N1 und N2, Alten- berg 1994) 32 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Konstitution der Buchenpflanzen hat. Auf dary injurious factor, the impact of which Grund der rein phytophagen Ernährungs- could possibly cause that more bast and weise der Eriophyidae scheidet die Art als cambium sections, respectively, will die off. eventueller Parasit der Zikadeneier aus. Un- Hence, the cracks will enlarge and processes klar ist bisher auch noch, ob es sich um eine of occlusion slow down, respectively. gallenerregende, inquiline, oder frei auf den 3. The role plaid by the gall-mite species Pflanzen lebende Art handelt. Möglich wäre of the Eriophyidae familys, that was found einerseits, daß sie an freiliegenden Paren- in the bark cracks, could not be defined by chymzellen saugt oder andererseits die Rin- now. In case of their non-causative involve- denrisse nur als Überwinterungsquartier ment in the damaging process one may con- aufsucht. clude that their presence has negative con- sequences for the constitution of the young beech plants. Due to the solely phytophagic Summary mode of feeding of the Eriophyidae this spe- 1. The bark damage on young beech in cies can be excluded as a possible parasite of natural regeneration could not yet be cicada eggs. Until now it is not clear unambiguously allocated. Tettigella viridis whether a gall-inducing, inquiline species, or L. (Grüne Zikade, green cicada) has one that lives freely on plants is concerned been assumed as causal agent in the first here. On the one hand that species could be place. The crescent bark cracks assumed sucking on uncovered parenchyma induced by it do not exactly correspond to cells, or inhabiting the bark cracks only as a those observed on the young beech plants. place for overwintering on the other. 2. Bark cracks which occurred on the yo- ung beeches apparently led to a considera- ble loss of increment, as a vast proportion of Literaturverzeichnis assimilates is needed by the plants for the process of occlusion. The degree to which BARBER, H. (1931): Trabs for cave-inhabiting insects. J. Elisha Mitchell Sci. Soc. 46, 256-266. the vitality of plants is thus affected is deter- SCHMUTTERER, H. (1953): Die Zikade Cicadella viridis mined in this context by the intensity of in- (L.) als Roterlenschädling. Forstw. Centralbl. 72, festation and the simultaneous impact of 247-254. other injurious factors. Stunted growth is ZEHNER, TH. (1995): Untersuchungen über Schadsym- ptome und deren Erreger an Buchenjungpflan- one result of an enhanced occurrence of the zen, Fagus sylvatica L., auf immissionsbeein- cracks. The possible secondary penetration flußten Naturverjüngungs- und Voranbauf- of diseases into the open wounds such as lächen des Erzgebirges unter besonderer mycoses should also be given critical consi- Berücksichtigung phytophager Insekten. Di- plomarbeit, TU Dresden, Fak. f. Forst-, Geo- deration. Extreme low temperatures (peri- und Hydrowissenschaften, Fachrichtung Forst- ods of frost) are regarded as another secon- wissenschaft.

Anschrift der Verfasser: Dr. V. POHRIS, DFI TH. ZEHNER, DFI E. BÄUKER: TU Dresden, Fakultät f. Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften, FR Forstwissenschaft, Institut für Waldbau und Forstschutz, Pienner Straße 8, 01737 Tharandt Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 33-47

AUGUST WILHELM STEFFAN, Bochum & Biebergemünd

Schutz und Wiederansiedlung der Dunklen Europäischen Honigbiene in Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten Deutschlands

1. Taxonomische terrassen und Ökotypen das gesamte eu- und geographische Grundlagen ropäische Gebiet nördlich der Pyrenäen, der Alpen und der Karpathen bis nach Mittel- Die „Westliche Honigbiene“, die Art Apis skandinavien und von Irland bis zum Ural mellifera Linnaeus, 1758, ist mit zahlreichen hin und wahrscheinlich darüber hinaus bis geographischen Rassen oder Unterarten nach Sibirien. Aufgrund ihrer Verbreitung über fast ganz Europa, weite Teile Vorder- wird sie allgemein als Europäische, Nor- und Nordasiens und die gesamte afrikani- dische oder auch als Deutsche Honigbiene sche Region verbreitet. Eine dieser Rassen, bezeichnet, und aufgrund ihrer charakteri- die namensgebende oder Nominatrasse ist stischen Färbung als Dunkle, Braune oder Apis mellifera mellifera (Abb. 1). Ihre Ab- Schwarze Honigbiene. spaltung von den übrigen ausschließlich In ihrem ursprünglichen und natürlichen weiter südlich und südöstlich beheimateten Verbreitungsgebiet wurden die Eigenschaf- Rassen mag irgendwann im Laufe des Dilu- ten und Eigenheiten dieser Honigbienen- vium oder sogar bereits zum Ende des Ter- Rasse seit vielen Jahrtausenden bzw seit ih- tiär erfolgt sein. Seit dem Ende der letzten rer nacheiszeitlichen Siedlungsnahme und Eiszeit jedenfalls besiedelt sie mit vielen Un- der sich daran anschließenden Phase der

Abb. 1. Nominatform der Honigbiene Apis mellifera mellifera, sowie die geografischen Subspecies A. m. ligustica und a. m. carnica (von links nach rechts. 34 Insecta, Berlin, 5 (1997) natürlichen Auslese, Anpassung und Ausein- Unterrassen-Namen Apis mellifera mellifera anderentwicklung bewahrt. Hervorzuheben nigra KRAMER, 1898 geführt. Als weitere mit ist, daß dies nicht nur die Rasse Apis melli- Namen belegte Unterrassen sind zu nennen: fera mellifera als Rasse insgesamt betrifft, (d) die nordwestliche „Insel-Honigbiene“, sondern auch ihre geographischen Unterras- A. m. m. domestica ((Ray 1663)), als Be- sen und Ökotypen oder Standortformen. wohnerin der britischen und irischen Inseln, Die ursprüngliche Anzahl der zumindest (e) die nordrussische „Taiga-Honigbiene“, noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts exi- A. m. m. silvarum ALPATOV, 1935, deren stierenden Unterrassen läßt sich heute nicht Verbreitung westwärts bis in die baltischen mehr feststellen. Neuere Schätzungen (PE- Länder und nach Polen reicht, (f) die südrus- DERSEN 1996) gehen von bis zu 150 Unter- sische „Steppen-Honigbiene“, A. m. m. rassen aus. Benannt und mehr oder weniger acervorum ALPATOV, 1935, und (g) die genau beschrieben wurden jedoch lediglich „Ural-Honigbiene“, A. m. m. uralica DULKIN, deren sieben: (a) A. m. m. lehzeni, die 1953. ‘Haidbiene’. Nach VON BERLEPSCH (1869) „bewohnt (sie) das Lüneburgische, Olden- 2. Verdrängungsmaßnahmen der Imkerei burgische, Holstein und Schleswig“. Anzu- nehmen ist, daß sie nordwärts auch über Diese Bodenständigkeit und Reinerbigkeit Dänemark sowie das südliche bis mittlere der einzelnen Rassen und ebenso der Unter- Norwegen und Schweden verbreitet war rassen wurde auch in den Jahrtausenden der (und in weiten Teilen noch ist). (b) Von die- Raub- oder Sammelbewirtschaftung durch ser Haidbiene wurde frühzeitig die „Gemei- den Menschen und in Mitteleuropa selbst in ne Dunkle oder Deutsche Biene“ vor allem den vergangenen Jahrhunderten durch das aufgrund geringerer Drohnen-Produktion Zeidlertum nur unwesentlich gestört. Dies und geringerer Schwarmlust unterschieden. änderte sich erst allmählich mit den zunächst Sie wurde häufig A. mellifica germanica ge- vereinzelten und dann zunehmenden züch- nannt (POLLMANN 1889), und als „die durch terischen Versuchen gegen Mitte des vori- den größten Theil von Mittel- und Süd- gen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts. Nach deutschland verbreitete Honigbiene“ (DZIER- VON BUTTEL-REEPEN (1906) begann diese Ak- ZON 1878) bezeichnet. Nach heutigem Ver- tion mit der Einfuhr der Italienischen Honig- ständnis handelt es sich um die Unterrasse biene, Apis mellifera ligustica SPINOLA, A. m. m. germanica POLLMANN, 1875. (Zu 1806, zuerst durch VON BALDENSTEIN in die prüfen wäre, Vertreter welcher der beiden Schweiz (1843), dann durch JOHANNES DZIER- Unterrassen dem Erstbeschreiber dieser Art, ZON aus dem Gebiet von Venedig nach LINNAEUS, 1758, zugrundelegen haben. Je Carlsmarkt in Oberschlesien (1853), weiter- nachdem würde nämlich die eine oder ande- hin durch WOODBURY und NEIGHBOR nach re als Nominat-Unterrasse zu betrachten England (1859) sowie durch HAMET nach und als A. m. m. mellifera zu benennen Frankreich (1859). sein). (c) Als südlichstes Glied des mellifera- Zunächst war es also die A. m. ligustica, Unterrassenkreises ist die „Alpen-Honigbie- die aus Italien importiert die mitteleuropäi- ne“ zu betrachten. Sie bewohnte zumindest schen Imker vor allem aufgrund ihrer bunte- vormals als einzige Honigbienen-Form die ren Färbung faszinierte, die aber auch als nördlichen Alpen-Quertäler und auch die Al- weniger stechlustig galt. Wenn auch frühe pen-Längstäler nördlich des Alpen-Haupt- Warner (VON BERLEPSCH 1869, POLLMANN kammes bis hinauf in 1.200 und sogar 2.000 1879, 1889) kein Gehör fanden, so ging mNN. Diese Gebirgs- und Hochgebirgspo- doch mit Beginn des 20. Jahrhunderts die pulationen der Alpen wurden in der älteren Einfuhr und Zucht italienischer Bienen in Literatur unter dem Rassen-Namen Apis Mitteleuropa immer stärker zurück. Dafür mellifera nigra erwähnt und werden auch nahm zunächst allmählich, mit dem An- noch bei GOETZE (1964) (richtiger) unter dem schluß Österreichs an das Deutsche Reich AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 35 ab 1939 aber verstärkt und seit den fünfzi- 3. Derzeitige Verbreitungslage ger Jahren im immer größeren Umfang die Einfuhr der Krainer Biene und ihre Zucht in Im natürlichen mitteleuropäischen Ver- Mitteleuropa zu, zum Schaden für die vor- breitungsgebiet der Apis mellifera mellifera, mals hier allein heimische Dunkle Biene: ihrem eigentlichen Verbreitungszentrum, „Schon um die Jahrhundertwende war die gibt es wildlebend wahrscheinlich nur noch Honigbiene in Deutschland durch Einfuhr sehr wenige reinerbige Völker dieser einhei- fremdrassiger Bienenköniginnen so stark mischen Rasse. In imkerlicher Obhut befin- hybridisiert, daß die autochthone geogra- den sich in Deutschland derzeit nur noch phische Rasse Apis mellifera mellifera als wenige hundert Völker, die als reinrassige ausgestorben galt“ (KAUHAUSEN-KELLER & Dunkle Honigbienen deklariert werden, die KELLER 1994). aber wahrscheinlich überwiegend unbe- Eine solche Durchmischung oder gar Ver- dacht wahllos aus Bereichen verschiedener nichtung traf zwar nicht überall in Mitteleu- außer-mitteleuropäischer Unterrassen dieser ropa im gleichen Maße zu und noch viel we- Rasse eingeführt worden sind. Nur bei ei- niger in West-, Nord- und Osteuropa. Aber nem einzigen Züchter in der Bundesrepublik die konsequenten Zucht- und Verdrän- Deutschland ist aufgrund langjähriger wis- gungsmaßnahmen aufgrund vorwiegend senschaftlich exakter Zuchtmaßnahmen wirtschaftlicher und von Imkerverbänden (künstliche Besamung und Körung unter gesteuerter Bestrebungen mit der aus Öster- Multivarianz-Analyse) von einem garantier- reich und Slowenien eingeführten Krainer ten Reinbestand auszugehen. Honigbiene, Apis mellifera carnica POLL- Umfangreichere Reinbestände der Apis MANN, 1879, haben jedenfalls in den vergan- mellifera mellifera gibt es auch noch bei genen fünf Jahrzehnten zu einem vorläufig Züchtern und Imkern in Tirol und in der nicht mehr umkehrbaren, beschämenden Schweiz, und zwar in mehreren unterscheid- ‘Erfolg’ geführt: „Unser Verein ist nigra- baren Linien. Allerdings steht bei den frei!“ „Wir sind carnica-reinrassig !“ Schweizer Völkern nicht immer fest, ob die Andere fremdländische Rassen, die nach von den dortigen Zuchtverbänden als brun- Mitteleuropa – wenn auch weniger häufig – ella bzw als nigra bezeichneten Zuchtlinien eingeführt wurden, sind z. B. die folgenden: nicht doch bereits durch carnica-Einkreu- Vom südlichen Balkan A. m. cecropia KIESEN- zungen beeinträchtigt worden sind. Be- WETTER, 1860, und aus dem Kaukasus-Gebiet stimmt aber existieren in isolierten abgelege- mehrere Unterrassen der A. m. caucasica nen Alpentälern auch derzeit noch reine GORBATSCHEV, 1910. Hinzu kommt noch die Kleinpopulationen der Apis mellifera melli- ebenfalls aus kommerziellen Gründen einge- fera nigra; und diese gilt es zu schützen und führte Buckfast-Biene, die Mehrfach- zu erhalten. Hybridrasse mellifera (England) x ligustica Ähnlich ungewiß, aber bei strenger züch- (Italien) x mellifera (Frankreich) x cecropia terischer Kontrolle durch Multivarianz-Ana- (Griechenland). In jüngster Zeit wird diese lyse durchaus erfolgversprechend, ist die Si- Importsucht sogar auf afrikanische Rassen tuation auf den Britischen Inseln, in Däne- ausgeweitet: Nicht nur die Tell-Biene, A. in- mark, Norwegen, Schweden, Polen und termissa BUTTEL-REEPEN, 1906, aus Lybien wahrscheinlich im Baltikum. In allen diesen wurde eingeführt, sondern sogar die Kili- Ländern sind noch immer umfangreiche mandscharo-Biene, Apis mellifera monticola Restbestände der Dunklen Europäischen SMITH, 1961. Letztere ist in den Hochgebir- Honigbiene, und zwar verschiedener Unter- gen vor allem Ostafrikas beheimatet und rassen, vorhanden. Sie werden als „Dark wird nun ebenfalls sowohl in die Buckfast- Bees“, „Bruna Bia“, „Nordisk Brune Bia“ Mehrfachhybrid-Rasse als auch in die ei- oder sogenannte Landrassenbienen gehal- gentlich doch „in Reinform“ imkerlich so ge- ten und auch gezüchtet. Und was wün- schätzte Krainer Rasse eingekreuzt. schenswert hinzukommt: Es gibt vielerorts 36 Insecta, Berlin, 5 (1997) noch Wildpopulationen der Dunklen Eu- der Westlichen Honigbiene wirklich einfach ropäischen Honigbiene bzw. der dortigen je- austauschbar?“ „Bleibt die Verdrängung der weiligen Unterrassen. Von Anfang an gün- einen Rasse und ihr Ersatz durch eine andere stiger, da mehr traditionsgebunden, ist die ohne nachteiligen Einfluß auf die übrigen reinrassige Erhaltung ausgedehnter Bestän- Glieder der jeweiligen Lebensgemein- de der Apis mellifera mellifera in Frankreich schaft?“ und wahrscheinlich auch in Rußland. 5. Wechselbeziehungen zu blüten- 4. Artenschutz-Bezugnahmen bestäubenden Wildbienen-Arten

FRIEDRICH RUTTNER (1992) schreibt in seiner Die Honigbiene ist polylektisch; sie vermag „Naturgeschichte der Honigbiene“: „Die al- also Pollen und Nektar von vielen verschie- te `braune deutsche Biene ist ausgestor- denen Blüten-Arten einzutragen und zu ver- ben`“. – Als Wildpopulation müßte die werten. Viele der im jeweiligen Gebiet der Dunkle Biene deshalb in den Roten Listen einzelnen Honigbienen-Rassen ebenfalls der gefährdeten Planzen- und Tierarten un- heimischen Wildbienen-Arten dagegen sind ter der Gefährdungskategorie 0: „Ausge- oligolektisch; d.h. sie sind jeweils auf eine storben oder verschollen“ geführt werden. oder einige wenige Blütenpflanzen-Arten „Als Nutztierrasse (domestizierte Honigbie- spezialisiert, welche nur während ihrer jah- ne) ist ihr tatsächlicher Bestand in der Bun- reszeitlich häufig eng beschränkten Vermeh- desrepublik Deutschland weit unter die rungsphase blühen. Auf den jahreszeitlich überlebensfähige Populationsgrenze von jeweils wenigen gemeinsamen Trachtpflan- 200 Reinzucht-Völkern zusammenge- zen werden sie von der stärkeren Honigbie- schmolzen und deshalb vom Aussterben be- ne gestört und verdrängt; sie besitzen also droht“. keine alternativen Nahrungsquellen, auf die Doch was wurde bisher in Europa und be- sie ausweichen könnten. sonders auch in der Bundesrepublik Daß eine solche Konkurrenz tatsächlich Deutschland zum Schutz, zur Förderung und vorliegen kann, wurde in Nordamerika zur vielleicht notwendigen Wiedereinbürge- nachgewiesen: Dort erfolgte vor Einfuhr der rung unternommen? Und darüber hinaus: Honigbiene aus Europa die Blütenbestäu- Geht es eigentlich nur um den Erhalt der Ho- bung ausschließlich durch Hummeln und an- nigbienen-Rasse Apis mellifera mellifera dere Wildbienen-Arten (sowie durch andere und ihrer noch überlebenden Unterrassen, Insekten). Mit der Honigbienen-Einfuhr aus oder geht es nicht vielmehr um den Schutz Europa wurden jedoch in Nordamerika meh- eines biozönotischen Wirkungsgefüges ins- rere Wildbienen-Arten verdrängt und im Be- gesamt? Wie jede andere Pflanzen- und stand gefährdet. Tierart, so steht auch die Honigbiene mit Eine gleichgerichtete Nahrungskonkurrenz ihren Rassen und Unterrassen in den jeweili- zwischen Honigbienen und Wildbienen wur- gen Verbreitungsgebieten derselben in Be- de auch für mitteleuropäische Verhältnisse ziehung zu den dort heimischen Pollen und vermutet, aber bisher nicht nachgewiesen. Nektar liefernden Blütenpflanzen einerseits Imker und Bienenwissenschaftler wehren und zu den ebenfalls auf diese als Nahrungs- sich gegen diese Unterstellung zwar mit dem quellen angewiesenen blüten-besuchenden Argument, daß in Mitteleuropa „Honigbie- und -bestäubenden weiteren Insektenarten ne“ und „Wildbienen“-Arten schon seit vie- andererseits. len Jahrtausenden koexistieren. Das ist je- Unsere Frage muß also lauten: „Sind in doch nur die halbe Wahrheit: Es ist nämlich diesem vielfältig verwobenen ökologischen entgegenzuhalten, daß in Mitteleuropa zwar Beziehungsgefüge die einzelnen in Verhal- eine gegenseitige Anpassung zwischen den ten, Nahrungserwerb und Volksentwicklung heimischen Wildbienen-Arten und der hier so unterschiedlichen Rassen oder Unterarten ursprünglich allein heimischen Honigbienen- AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 37

Rasse Apis mellifera mellifera vorauszuset- Aufgrund ihrer ökologisch-geographischen zen ist, aber keinesfalls zwischen jenen und Herkunft und im Hinblick auf die natür- der später eingeführten fremdländischen lich(?)-klimatischen und die nutzungsbe- Rasse Apis mellifera carnica. Diese Vermu- dingt-biozönotischen Änderungen in Mittel- tung wird vor allem dadurch gestützt, daß europa ist sie an die damit geschaffene beide Honigbienen-Rassen völlig unter- Agrarsteppe besser angepaßt als die hier ur- schiedliche Verhaltens- und Vermehrungs- sprünglich beheimatete Waldbiene, A. m. weisen besitzen: Im zeitigen Frühjahr sind mellifera. Außerdem ist sie durch züchteri- viele Wildbienen-Arten auf das zur Fütte- sche Auslese bestgeeignet, außerhalb von rung ihres (meist nur) zu dieser Jahreszeit Natur- und Landschaftsschutzgebieten zur hervorgebrachten Nachwuchses auf das be- Fremdbestäubung derzeitiger landwirt- schränkte Pollenangebot der wenigen und schaftlicher, vor allem frühblühender und nur kurzzeitig nahrungsspendenden Früh- großflächig angebauter Massenkulturen, blüher angewiesen. Im gleichen Zeitraum wie z.B. des Rapses, eingesetzt zu werden. tragen die Arbeiterinnen der als Spätent- Im Rahmen des Schutzes einheimischer wickler bekannten einheimischen Rasse Apis Tierarten und Tierrassen ist jedoch anzustre- mellifera mellifera kaum Pollen ein, die Völ- ben, die ehemals auch in Mitteleuropa aus- ker der fremdländischen Rasse Apis melli- schließlich vertretene Honigbienenrasse Apis fera carnica, die als Frühentwickler gelten, mellifera mellifera, die Dunkle Europäische benötigen dagegen um so mehr! Biene, hier ebenfalls wieder in Reinbestän- Dies ist nur einer von mehreren möglichen den anzusiedeln: Wildlebende oder imker- Konkurrenzfaktoren, der zumindest in Na- lich betreute Restbestände sind aufzu- tur- und Landschaftsschutzgebieten zu be- spüren, zu fördern und zu vermehren. Eine achten ist. Eingehende Vergleichsuntersu- dauerhafte Wiederansiedlung jedoch kann chungen an allen zur Erörterung anstehen- kurzfristig nur inselartig in abgegrenzten Re- den Rassen sind notwendig; die mit einer servaten erfolgen, in denen dann die Zucht Rasse erlangten Ergebnisse müssen nicht und Haltung aller fremdländischen Rassen gleicherweise für die anderen Rassen Gültig- zu unterbleiben hat. Territorien, die hierfür keit haben. Bevor nicht durch vergleichende in Frage kommen, sind großflächige Natur- und experimentelle Untersuchungen das schutzgebiete und Biosphärenreservate. Gegenteil bewiesen ist, muß im Interesse des Dem Schutz und der Förderung dieser Ho- Natur- und Artenschutzes davon ausgegan- nigbienenrasse hat sich in der Bundesrepu- gen werden, daß von der allochthonen Ho- blik Deutschland ein Interessentenverband nigbienenrasse A. m. carnica störende Ein- von Imkern und Bienenkundlern verschrie- wirkungen auf die autochthonen Wildbie- ben, die vor mehr als zwei Jahren eine „Ge- nen-Populationen und damit auf die betref- meinschaft zum Erhalt der Dunklen Biene fende Lebensgemeinschaft insgesamt aus- e.V.“ gegründet haben. Aus der Anzahl der gehen (In einer besonderen Veröffentli- Mitglieder ist zu entnehmen, daß sich mehr chung sollen diese Überlegungen unter Ein- als 120 Personen an dieser Maßnahme be- beziehung des vorliegenden Schrifttums teiligen möchten. Allerdings handelt es sich ausführlicher dargestellt werden). nicht ausschließlich um natur- und arten- schutz-beflissene Imker. Vielmehr erfolgte in den vergangenen Jahren vor allem durch die 6. Schutz- und Fördermaßnahmen unbedachten Bemühungen des früheren in Deutschland Vorsitzenden eine wahl- und ziellose Einfuhr Es kann zwar zunächst als nicht sinnvoll von mellifera-mellifera-Bienenköniginnen betrachtet werden, die eingeführte fremd- aus den verschiedensten Randbereichen des ländische Rasse Apis mellifera carnica aus ehemals geschlossenen Verbreitungsgebie- der mitteleuropäischen Kulturlandschaft tes der Dunklen Europäischen Honigbiene wieder vollständig verdrängen zu wollen: nach Mitteleuropa. Die dabei vorgenomme- 38 Insecta, Berlin, 5 (1997) nen Streu-Einweiselungen jedoch garantie- „Konferenz der Vereinten Nationen über ren keinen Dauerbestand, machen zumin- Umwelt und Entwicklung (UNCED), Rio de dest alle zwei Jahre einen Neuzukauf not- Janeiro 1992“ unterzeichnete UN-Biodiver- wendig und führen unweigerlich zur Bastar- sitätskonvention wurde vermerkt, daß aus- dierung mit benachbarten mellifera-carnica- gerechnet in Deutschland als einem der Populationen und zur Wiederbegründung reichsten europäischen Länder imkerliches von aus imkerlichen Grundsätzen abzuleh- Handeln und Imkerverbands-Maßnahmen nenden Mischbeständen. Sie dürften auch – allein durch kommerziell-opportunistische vor allem von Seiten der Carnica-Imkerschaft Interessen gelenkt werden, und daß dabei – zu dem wohl nicht immer unberechtigten massiv gegen das internationale Arten- Vorwurf führen, „... aus Eigensinn, Nostalgie schutz-Abkommen verstoßen wird. oder Geschäftssinn ...“ zu handeln. Alle Länder, die im Bereich des natürlichen Darüber hinaus aber wirken solche ziello- jetzigen und ehemaligen Verbreitungsgebie- sen Einfuhren und Streu-Einweiselungen tes der Honigbienen-Unterart Apis mellifera dem eigentlichen Natur- und Artenschutz- mellifera liegen, wurden aufgerufen, vor al- Gedanken genau entgegen: Bedenkenlose lem durch die Einrichtung von Schutzgebie- „Kreuz- und Quer-Einweiselungen“ tragen ten zum Erhalt und zur Wiederausbreitung zur Vermischung und zur Vernichtung der der örtlichen Unterrassen und Populationen letzten noch überlebenden Unterrassen der dieser vom Aussterben bedrohten Rasse bei- Dunklen Europäischen Honigbiene bei: zutragen. Entsprechende Bemühungen und Dänische lehzeni-Königinnen gehören Antragstellungen des Verfassers wurden bis- nicht nach Unterfranken, polnische her durch örtliche Imkervereine, durch Ver- silvarum-Königinnen nicht nach Holstein treter des Deutschen Imkerbundes, durch und Tiroler nigra-Königinnen nicht in die Lü- politische Gremien und durch der Carnica- neburger Heide! Eine Wiedereinbürgerung Imkerschaft verbundene deutsche Bienen- darf jeweils nur aus dem nächstgelegenen forschungsinstitute erfolgreich behindert: Unterrassen-Restbestand, also aus Popula- unter Zuhilfenahme öffentlicher Medien, mit tionen mit einem Erbgut erfolgen, das wei- unfeinen und zum Teil gesetzwidrigen Maß- testgehend mit dem am Einbürgerungsort nahmen. Als Krönung dieser Anfeindungen teilweise oder völlig verlorengegangenen und Mellifera-Unterdrückungsbestrebungen übereinstimmt. kann die neuerdings seitens dieser Institutio- Vom 08. – 11. September 1995 fand in nen unternommene Beantragung von Na- Flekkefjord / Norwegen eine Internationale tur- und Artenschutz-Mitteln zur entgegen- Konferenz zum Schutz und zur Förderung gesetzten Förderung der fremdländischen der europäischen Honigbienen-Unterart Rasse Apis mellifera carnica im angestamm- Apis mellifera mellifera statt. Der Verfasser ten Verbreitungsbereich der Apis mellifer dieser Mitteilung hat als einziger Vertreter mellifera und zu deren weiterer Vernichtung der GEDB an dieser von etwa 40 weiteren betrachtet werden. Bienenkundlern und Imkerei-Interessenten aus verschiedenen Ländern Europas besuch- 7. Internationale Anstrengungen zum ten Veranstaltung teilgenommen. Schutz und zur Förderung Aus den Berichten der einzelnen Länder- vertreter ging hervor, daß im Gegensatz zu Im Gegensatz zu den in der Bundesrepu- den in Deutschland bisher weitgehend er- blik Deutschland allein auf die Förderung der gebnislosen Anstrengungen andernorts fremdländischen Rasse Apis mellifera carni- Schutz, Förderung, Wiedereinbürgerung, ca ausgerichteten Verhältnisse sind in ande- Zucht und imkerliche Nutzung der Dunklen ren europäischen Ländern die Bestrebungen Europäischen Honigbiene viel weiter gedie- zum Schutz der einst allein hier heimischen hen sind. Unter Hinweis auf die auch von Apis mellifera mellifera viel weiter gedie- der Bundesrepublik Deutschland auf der hen. So wurde auf Anregung des Leiters des AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 39 von den südnorwegischen Gemeinden Flek- in vielen Teilen ihres ursprünglichen Verbrei- kefjord, Lund, Sirdal und Sokndal getra- tungsgebietes nicht mehr vorkommt. genen Projekts zur Einrichtung des A. m. *** mellifera-Schutz- und Reinzuchtgebietes Dieser Verlust ist nicht auf natürliche Vor- ‘Flekkefjord’ im Jahre 1995 eine Konferenz gänge zurückzuführen. Er ist das Ergebnis ei- abgehalten, deren Grundsätze und Absich- ner von Imkern und Imkerverbänden aus ten den nachfolgend wiedergegebenen Do- vorwiegend wirtschaftlichen Gründen vor- kumenten zu entnehmen sind: genommenen und oft staatlich unterstütz- ten Einfuhr fremdländischer Honigbienen- Erste Internationale Konferenz zum Schutz Rassen. In Mitteleuropa, aber auch in Län- der Dunklen Europäischen Honigbiene, dern West-, Nord- und Osteuropas wurde Apis mellifera mellifera, die ehedem hier allein heimische Dunkle Ho- Flekkefjord/Norge : 1995-09-08 / -11 nigbiene, Apis mellifera mellifera, vor allem durch die in den letzten Jahrzehnten vom Erklärung nördlichen Balkan importierte Krainer Ho- Im Interesse europäischer Kultur, aus Ver- nigbiene, Apis mellifera carnica, verdrängt. antwortung zur Bewahrung einer größt- *** möglichen genetischen Vielfalt für nach- In Kenntnis dieser Situation fühlen wir uns kommende Generationen, im Dienste des verpflichtet, alles zu unternehmen und zu Natur- und Artenschutzes sowie aus land- veranlassen, die in meist kleinräumigen Po- wirtschaftlich-ökonomischen Gründen be- pulationen noch verbliebenen Unterrassen trachten wir die Erhaltung der Dunklen Eu- der Dunklen Honigbiene, die ebenfalls durch ropäischen Biene, der geographischen Rasse gewinnorientierte imkerliche Maßnahmen Apis mellifera mellifera, als eine Aufgabe gefährdet sind, zu schützen, zu erhalten und von nationaler und internationaler Bedeu- wieder zu fördern. Hierzu geben wir folgen- tung. de Empfehlungen und Hinweise: *** (1) Alle Bemühungen zur Erforschung, zur Nach der letzten Glazialperiode ist die Erhaltung und zur Wiederansiedlung sowie Dunkle Honigbiene von ihrem eiszeitlichen zur Zucht und imkerlichen Betreuung der Refugium aus nordwärts gewandert und hat Dunklen Honigbiene sind zu fördern. Sie das gesamte Gebiet nördlich der Pyrenäen, verdienen der öffentlichen Obhut und finan- der Alpen, der Karpathen und des Kaukasus ziellen Unterstützung. lückenlos besiedelt. Ihr Verbreitungsgebiet (a) Alle im Bereich des ursprünglichen Ver- reichte im Westen bis nach Irland, im Osten breitungsgebietes der Dunklen Biene gele- bis zum Ural und im Norden bis in das mitt- genen Staaten sollten ihrer Verantwortung lere Skandinavien. In Anpassung an die un- zur Erhaltung der Dunklen Biene vor allem terschiedlichen geographischen und klimati- derart nachkommen, daß sie Pläne und Pro- schen Bedingungen dieses weitflächigen Ge- jekte fördern oder entwickeln, um geschütz- bietes hat sie eine ganze Reihe von Unter- te Gebiete zur ausschließlichen Zucht und rassen gebildet. Haltung der Dunklen Biene einzurichten und *** als solche auf Dauer auszuweisen. Ausgehend von wissenschaftlichen Veröf- (b) Staaten, welche die UN-Biodiversitäts- fentlichungen und von Verlautbarungen konvention* unterzeichnet haben und damit verschiedener Imkerverbände müssen wir verpflichtet sind, die Erhaltung bedrohter feststellen, daß manche der geographischen Arten und Rassen zu gewährleisten, tragen Unterrassen und ökologischen Varianten der Dunklen Europäischen Honigbiene inzwi- schen ausgestorben sind, und daß die Dunk- * Konferenz der Vereinten Nationen über Um- le Honigbiene als die früher in Europa am welt und Entwicklung, UNCED, Rio de Janeiro weitesten verbreitete geographische Rasse 1992-06-03/-14 40 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Verantwortung, gleicherweise auch die vom nannter Vorhaben und Maßnahmen und zur Aussterben bedrohte Dunkle Europäische Unterstützung der mit diesen Aufgaben be- Honigbiene, die Rasse Apis mellifera melli- faßten nationalen und regionalen Vereine, fera, mit möglichst vielen ihrer noch überle- Verbände und Institutionen haben die Teil- benden Unterrassen zu erhalten. nehmer an der Ersten Internationalen Konfe- (c) Imker, Imkervereine, Imkerverbände renz zur Erhaltung der Dunklen Europäi- und andere Institutionen, die sich mit Zucht- schen Honigbiene beschlossen, einen Inter- programmen zur Erhaltung der Dunklen Bie- nationalen Verband zu gründen. Als Se- ne und ihrer verschiedenen Unterrassen be- kretär dieses Internationalen Verbandes fassen und bedacht sind deren ursprüngliche zum Schutz der Dunklen Europäischen Ho- Eigenschaften zu bewahren, verdienen nigbiene wurde für die erste Amtsperiode staatliche Förderung und finanzielle Unter- einstimmig gewählt: Herr Nils Drivdal, Flek- stützung durch Behörden und dem Natur- kefjord / Norwegen. Beteiligt an dieser Be- schutz verpflichtete Stiftungen. schlußfassung und Zielsetzung der Ver- (d) Imker, die bisher innerhalb und im Puf- sammlung waren 45 Bienenwissenschaftler ferbereich von Naturschutzgebieten oder in und Imkerei-Repräsentanten aus den Län- zur Zucht und Haltung der Dunklen Biene dern Dänemark, Deutschland, Großbritanni- neu ausgewiesenen und damit gleicherweise en, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden geschützten Gebieten Bienenvölker einer und der Schweiz. anderen (fremdländischen oder künstlichen) Flekkefjord: 1995-09-10 Rasse halten oder züchten und deren Zucht Gezeichnet: Nils Drivdal, Sekretär, Landbruks- und Haltung mit der Wiederansiedlung der kontoret, Kirkegata 52, N-4400 Flekkefjord Nor- Dunklen Biene einstellen, haben Anspruch ge auf finanzielle Entschädigung. Für die deutschsprachige Fassung des englisch- (e) Staatliche und private Forschungsein- sprachigen Originalwortlauts verantwortlich: richtungen, die sich mit bienenkundlichen Professor Dr. A. Wilhelm Steffan, Ruhr-Univer- und imkereilichen Untersuchungen befas- sität Bochum; D-44780 Bochum/B R Deutsch- sen, sollten angehalten sein, sich bevorzugt land. der Erforschung der Dunklen Europäischen Honigbiene zuzuwenden und vor allem die Dachverband zum Schutz dringend erforderliche Erfassung der speziel- der Dunklen Europäischen Honigbiene, len Eigenheiten und Merkmale der vom Aus- Apis mellifera mellifera, sterben bedrohten geographischen Unter- Sitz: Flekkefjord/Norge rassen und ökologischen Varianten vorzu- nehmen. Vorläufige Satzung (f) Staatliche und private Fördereinrichtun- Entsprechend der von den Teilnehmern an gen und Stiftungen, deren Aufgabe es ist, der Ersten Internationalen Konferenz zur Er- natur- und landwirtschaftswissenschaftliche haltung der Dunklen Europäischen Biene in Forschungsarbeiten oder Naturschutzprojek- Flekkefjord / Norwegen am 10. September te zu finanzieren, sollten angehalten sein, 1995 verabschiedeten Erklärung gibt sich verstärkt Untersuchungen zu unterstützen, der dort gegründete Dachverband zum die sich mit Fragen der geographischen und Schutz der Dunklen Europäischen Honig- ökologischen Verbreitung, der soziologi- biene, Apis mellifera mellifera, folgende schen und ökologischen Beziehungen, des vorläufige Satzung: Schutzes, der Wiedereinbürgerung, der Aufgabe des Dachverbandes zum Schutz Zucht und Haltung sowie der Verhaltens- der Dunklen Europäischen Honigbiene (DS- und Merkmalsdiagnostik der Dunklen Eu- DEH) sind Erforschung, Erhaltung, Schutz, ropäischen Honigbiene und ihrer Unterras- Förderung und Zucht der ehemals in Europa sen befassen. weitverbreiteten und jetzt bestandsgefähr- Zur Veranlassung und Förderung vorge- deten Dunklen Europäischen Honigbiene, AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 41 der geographischen Rasse Apis mellifera wie an internationale und – in Absprache mit mellifera Linnaeus 1758, mit allen ihren den betreffenden Mitgliederverbänden – noch überlebenden geographischen Unter- auch an nationale politische, gesellschaftli- rassen und ökologischen Varianten. che und wissenschaftliche Organisationen, Die Wahrnehmung dieser uns selbst aufer- um Verständnis und Förderung für seine legten Aufgabe erfolgt (a) im Interesse eu- Aufgaben und Ziele zu erreichen. ropäischer Kultur, aus Verantwortung zur (4) Bezugnehmend auf die UN-Konventi- Bewahrung einer größtmöglichen geneti- on zur Wahrung der Biologischen Diver- schen Vielfalt für nachkommende Genera- sität* bemüht er sich um politische und fi- tionen sowie im Dienste des Natur- und Ar- nanzielle Unterstützung zur Durchführung tenschutzes, (b) aus kulturhistorischen und der verschiedenen Projekte seiner Mitglie- landwirtschaftlich-ökonomischen Gründen: der, die sich mit der Erforschung, Erhaltung, Zu a: Apis mellifera mellifera ist eine Förderung, Wiederansiedlung und Zucht der Wildbienen-Form, die mannigfaltig in die Dunklen Biene befassen. Lebensgemeinschaften vieler europäischer (5) Er unterstützt auf Anforderung die Vor- Landschaften eingebunden ist und nicht haben seiner Mitglieder durch wissenschaftli- ausgerottet werden darf. che und technische Beratung. Im Bedarfsfalle Zu b: Sie stellt gleichzeitig eine alte eu- organisiert er internationale Experten-Konfe- ropäische Nutztierrasse mit mehr als tau- renzen oder vermittelt die Unterstützung sendjähriger Tradition dar und gehört damit durch wissenschaftliche Institutionen. zum europäischen Kulturerbe. (6) Die vorgesehene Beratung und Unter- Der DSDEH betrachtet sich seiner Na- stützung wird allen Mitgliedern des DEDEH mensgebung entsprechend als Internationa- unabhängig von Landeszugehörigkeit und ler Dachverband für bereits bestehende und geographischer Herkunft gleichermaßen zu- künftig zu gründende nationale und regio- teil. Auf diese Weise sind Erhaltung und im- nale Vereine, Verbände, Institutionen und kerliche Nutzung möglichst aller geographi- Interessengruppen gleicher Zielvorstellung. schen Unterrassen und ökologischen Varian- Er gründet seine Tätigkeit auf von solchen ten im Gesamtgebiet der jetzigen und ehe- Vereinigungen bereits geleistete Arbeiten maligen Verbreitung der Dunklen Europäi- und in die Wege geleitete Vorhaben sowie schen Biene zu gewährleisten. auf die Kenntnisse und Erkenntnisse ihrer (B) Der Dachverband zum Schutz der Mitglieder. Dunklen Europäischen Honigbiene besitzt zunächst folgende Organisationsstruktur: (A) Der Dachverband zum Schutz der (7) Zentrale des DSDEH ist der Amtssitz Dunklen Europäischen Honigbiene befaßt des gewählten derzeitigen Sekretärs Nils sich zunächst mit folgenden Einzelaufgaben: Drivdal: Landbrukskontoret, Kirkegata 52, (1) Er fördert und unterstützt die interna- N-4400 Flekkefjord / Norwegen. Der Se- tionale Zusammenarbeit zwischen wissen- kretär wird in den Ländern, die bei der Kon- schaftlichen Institutionen und Imker-Orga- ferenz 1995 vertreten waren, durch die be- nisationen, die sich mit Projekten zur Erhal- reits dort tätigen Landessprecher unter- tung der Dunklen Biene befassen. stützt. (2) Er beschafft für die Erhaltung der (8) Jeder Vereinigung und jeder Einzelper- Dunklen Biene wichtige Kenntnisse und Er- son, die sich zu den Zielvorstellungen und kenntnisse und leitet diese an die ihm ange- Aufgaben des Dachverbandes bekennt, schlossenen Vereinigungen weiter. Die Un- steht es frei, die Mitgliedschaft zu beantra- terrichtung ihrer Einzelmitglieder bleibt Auf- gen. Der Vorstand befindet über die Auf- gabe der einzelnen Vereine, Verbände und nahme des Bewerbers. Vereinigungen und Institutionen. Institutionen sowie Funktionäre von Vereini- (3) Er wendet sich durch Aufklärungs- und gungen und Institutionen, die sich aus- Werbemaßnahmen an die Öffentlichkeit so- schließlich oder überwiegend mit der Erfor- 42 Insecta, Berlin, 5 (1997) schung, Förderung und Zucht anderer barungen werden in diesen drei Sprachen natürlicher oder künstlicher Honigbienen- und auf Verlangen anderssprachiger Mit- Rassen befassen, sind von der Mitgliedschaft glieder auch in weiteren Sprachen verab- ausgeschlossen. schiedet. (9) Der Vorstand des DSDEH bemüht sich (17) Die endgültige Organisationsstruktur um eine Finanzierung seiner organisatori- des DSDEH wird anläßlich einer im Septem- schen Aufgaben aus internationalen Förder- ber 1996 stattfindenden Versammlung fest- mitteln. Daneben entrichtet jeder Mitglieds- gelegt. Die endgültige Satzung des DEDEH verein einen Jahresbeitrag, dessen Höhe der wird auf dieser Versammlung beraten und Anzahl seiner Einzelmitglieder entspricht verabschiedet. Vorschläge für Änderungen und auf der Jahresversammlung 1996 fest- und Ergänzungen dieser Vorläufigen Sat- gelegt wird. Weitere finanzielle Belastungen zung müssen dem Sekretär und den jeweili- kommen auf die Mitgliedsvereine nicht zu. gen Landessprechern bis Anfang Januar (10) Der DSDEH wird alle zwei Jahre eine 1996 zugehen. Konferenz abhalten: (a) als internationales Flekkefjord: 1995-10-10 Forum für wissenschaftliche, praxisnahe und Gezeichnet: Nils Drivdal, Sekretär, Landbruks- organisatorische Vorträge und Erörterungen, kontoret, Kirkegata 52; N-4400 Flekkefjord/Nor- (b) als Begegnungsmöglichkeit zur Initiie- ge rung und Koordinierung von Forschungs-, Für die deutschsprachige Fassung des englisch- Schutz- und Zuchtvorhaben. sprachigen Originalwortlauts verantwortlich: (11) Die im zweijährigen Wechsel stattfin- Professor Dr. A. Wilhelm Steffan, Ruhr-Univer- denden Konferenzen werden von jeweils ei- sität Bochum; D-44780 Bochum/B R Deutsch- nem anderen Mitgliedsverband oder Mit- land. gliedsland ausgerichtet und finanziert. *** (12) Vorschläge für auf diesen Konferen- Ein Entwurf der deutschsprachigen Fassungen zen zu behandelnde Fragen sowie Anmel- dieser internationalen Verlautbarungen wurde dungen von Vorträgen müssen dem Se- am 28. Oktober 1995 anläßlich der Jahresver- kretär spätestens drei Monate vor Konfe- sammlung der GEDB, der deutschen Gemein- renzbeginn zugeleitet werden. schaft zum Erhalt der Dunklen Biene e.V. in D- (13) Der Vorstand des DSDEH wird auf 98634 Erbenhausen/Thüringen verlesen, erörtert der alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz und nach Einfügung von Ergänzungen in der vor- für eine Amtszeit von zwei Jahren neu ge- liegenden Ausführung vom Vorstand und den wählt. Jeder Mitgliedsverband kann zur anwesenden Mitgliedern gebilligt. Anwesende Wahl jedes Vorstandsmitgliedes zwei Stim- Vorstandsmitglieder des SLB, des schweizeri- men abgeben. schen Vereins zur Erhaltung der Schweizerischen (14) Der Engere Vorstand besteht aus dem Landrassenbiene, stimmten dieser Fassung eben- Ersten Vorsitzenden, dem Zweiten Vorsit- falls zu. zenden, dem Schriftführer, dem Kassenwart und drei Beiräten (für: a Forschung, b Natur- 8. Eingerichtete und vorgesehene schutz, c Zuchtfragen). Schutzgebiete außerhalb Deutschlands (15) Der Engere Vorstand kann durch ei- nen Erweiterten Vorstand ergänzt werden. Bereits vor Verabschiedung vorstehender Ihm gehören neben den Mitgliedern des En- Satzung wurden in mehreren Ländern Euro- geren Vorstandes je ein Sprecher aller im pas Schutz- und Reinzuchtgebiete für die DEDEH vertretenen Länder an. Dunkle Europäische Honigbiene eingerich- (16) Konferenzsprachen des DSDEH sind tet. Das bekannteste derselben ist das unter entsprechend der Anzahl der anteilig vertre- Leitung von Nils Drivdal stehende Gebiet tenen Länder ´Skandinavisch´, Englisch und von Flekkefjord in Südnorwegen (DRIVDAL Deutsch. Die Satzung des DEDEH sowie 1995). Ein weiteres Reinzuchtgebiet besteht Rundschreiben und alle offiziellen Verlaut- auf der Insel Læsø in Dänemark; hier aller- AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 43 dings gab es bis zur Flekkefjord-Konferenz „Eine neue Natur- oder Kunstrasse der noch Widerstreit mit Imkern, die andere Honigbiene läßt sich nur seßhaft machen Rassen bevorzugten. Bei den in beiden und halten, wenn es im Rahmen eines Rein- Schutzgebieten geförderten Dunklen Bienen zuchtgebietes von etwa 25 km Durchmesser dürfte es sich um die Unterrasse A. m. m. geschieht, in dessen Zentrum natürliche lehzeni handeln. Beide Gebiete erscheinen Reinpaarungen möglich sind. Nur mit in- für den vorgesehenen Zweck hervorragend strumenteller oder Inselpaarung im bisheri- geeignet, das eine durch seine von hohen gen Umfang läßt sich eine Inzuchtdepressi- Bergen umgebene Tallage und das andere on nicht vermeiden. Es muß ein Auslese- durch seine Insellage. Ähnlich wie in Südnor- reservoir von Hunderten gleichrassiger Völ- wegen werden derzeit auch in Tirol zwei Al- ker zur Verfügung stehen.“ pentäler als mellifera-Schutz und -Rein- Ein Gebiet, das aufgrund seiner inselarti- zuchtgebiete in Aussicht genommen. Sie gen Gebirgslage mit den damit verbundenen werden der dort noch immer in größeren klimatischen und naturnahen biozönoti- Reinbeständen vorhandenen Alpenrasse der schen Verhältnissen hierfür in Frage kommt, Dunklen Europäischen Honigbiene, A. m. m. ist das Internationale Biosphärenreservat nigra, eine weitere Überlebenschance bie- Hochrhön. Aufgrund heftiger Widerstände ten. seitens der benachbarten carnica-Imker- Vom Landschaftscharakter her vielleicht schaft, der auf carnica-Förderung eingestell- weniger günstig, da ohne natürliche abschir- ten Imkerverbände und Bienenforschungsin- mende Begrenzungen, dürften die beiden in stitute sowie der durch diese zum Wider- Polen bestehenden mellifera-Schutz- und spruch aufgeforderten Behörden ist dieses Zuchtgebiete sein. Im weiter östlich gelege- Vorhaben zwar vorerst zum Erliegen gekom- nen dürfte es sich um Bestände der auch men, aber keinesfalls aufgegeben worden. zum Baltikum und nach Rußland hin verbrei- Ebenso wie das ebenfalls in Betracht gezo- teten Taiga-Biene, A. m. m. silvarum, han- gene Internationale Biosphärenreservat deln. Die eines westlich gelegenen Schutz- Schorfheide bietet es nicht nur landschaft- gebietes wird als ‘Pomorska’ oder Pommer- lich, sondern auch naturschutz-rechtlich ge- sche Landrasse bezeichnet; ob es sich um sehen die besten Voraussetzungen. Angehörige der A. m. m. lehzeni oder der A. In einem Protokoll über eine Konferenz m. m. germanica (=A. m. m. mellifera ?) (1995) zu diesem Vorhaben faßt der Refe- handelt, sollte geprüft werden. Ebensolche rent für Naturschutzfragen beim zuständi- Gebiete werden derzeit auch in Schweden gen Hessischen Regierungspräsidium Kassel, angelegt. Über die Gebiete mit ausschließli- Herr Dr. JOCHEN TAMM, zusammen: cher A. m. m.-Verbreitung oder -Haltung (a) „Aus der Sicht des Artenschutzes sollte auf den Britischen Inseln und in Frankreich der Dunklen Honigbiene ein Heimatgebiet liegen noch keine genauen Angaben vor. in ihrem alten Verbreitungsgebiet bereitge- stellt werden, wo sie langfristig überleben kann. In diesen Gebieten sollte die Carnica 9. Schutzgebiets-Bemühungen in zurückgenommen werden.“ Deutschland (b) „Die Vorteile der Rhön für die Ansied- Im Bestreben, den anderen europäischen lung der Dunklen Honigbiene sind die Ländern bei den Bemühungen zum Schutz Hochlage und die geringe Besiedlung im der Dunklen Europäischen Honigbiene nicht Zentrum. Außerdem stellt die Rhön ein nachzustehen, wurden auch in der Bundes- Großschutzgebiet dar, das formalrechtliche republik Deutschland gleichgerichtete Über- Vereinfachungen für die Ansiedlung bietet. legungen und Vorbereitungen angestellt. Gleichzeitig können über die EU finanzielle Richtlinie für ein solches Vorhaben auch in Fördermöglichkeiten gewährt werden.“ Deutschland sollte dabei die z.B. von KARL DREHER (1995) gestellte Forderung sein: 44 Insecta, Berlin, 5 (1997)

10. Rechtliche Voraussetzungen Rhön würde dieses Verbot nicht nur für die in Schutzzone 1 gelegenen Naturschutzge- Bei der imkerlichen Nutzung von naturna- biete gelten, sondern darüber hinaus auch hen Bereichen und Naturschutzgebieten für Schutzzone 2, also geschützte Land- müssen in Deutschland nach den geltenden schaftsteile einschließen. Rechtsverordnungen des Bundes und der Nicht zutreffen dagegen würden diese Be- Länder folgende Maßstäbe angelegt wer- stimmungen für das Einbringen, für die An- den: siedlung oder Wiederansiedlung der ehe- Vor allem greift § 20 d, Absatz (2) des mals hier überall heimischen und verbreite- Bundesnaturschutzgesetzes, in dem gesagt ten Dunklen Deutschen Biene, der Apis mel- wird: „Gebietsfremde Tiere und Pflanzen lifera mellifera. (Allerdings sollte dies auch wildlebender und nicht wildlebender Arten nur insoweit gelten, als es sich nicht um dürfen nur mit Genehmigung der nach Lan- Massen-Ansiedlungen handelt, um keine desrecht zuständigen Behörde ausgesetzt gehäufte Aufstellung von mellifera-melli- oder in der freien Natur angesiedelt werden. fera-Völkern, die gleicherweise, weil un- Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die natürlich, zur Störung des Gleichgewichts in Gefahr einer Verfälschung der heimischen der Biozönose zu führen vermöchten). Darü- Tier- und Pflanzenwelt besteht oder eine ber hinaus fordern die gesetzlichen Bestim- Gefährdung des Bestandes oder der Verbrei- mungen sogar die Wiederansiedlung dieser tung heimischer wildlebender Tier- und vom Aussterben bedrohten Rasse. So heißt Pflanzenarten nicht auszuschließen ist“. Im es im 5. Abschnitt des Hessischen Natur- Bayerischen Naturschutzgesetz heißt es in schutzgesetzes in ‘§ 21. Allgemeine Vor- Artikel 16, Absatz (3): „Nichteinheimische schriften’: „Der Artenschutz schließt auch Tiere dürfen nicht ausgesetzt oder in der die Ansiedlung verdrängter oder in ihrem freien Natur angesiedelt werden“. Im Hessi- Bestand bedrohter Pflanzen- und Tierarten schen Naturschutzgesetz heißt es in § 27 an geeigneten Lebensstätten innerhalb ihres Satz (1): „Es ist verboten, gebietsfremde natürlichen Verbreitungsgebietes ein.“ Glei- Pflanzenarten auszusähen oder anzupflan- cherweise wird im 5. Abschnitt des Natur- zen sowie gebietsfremde Tierarten auszuset- schutzgesetzes von Baden-Württemberg in zen oder anzusiedeln“. Und in der Thüringi- § 27 Satz (2) gefordert: „Seltene, in ihrem schen Verordnung über die Festsetzung von Bestand bedrohte, für den Naturhaushalt Naturschutzgebieten und einem Land- besonders bedeutsame oder aus wissen- schaftsschutzgebiet von zentraler Bedeu- schaftlichen Gründen wichtige Pflanzen- tung mit der Gesamtbezeichnung ‘Bio- und Tierarten sind an ihren Lebensstätten zu sphärenreservat Rhön’ heißt es in § 6 Verbo- erhalten, zu pflegen und gegen Beeinträchti- te, Absatz (2): „Für die Schutzzone II gelten gungen zu schützen.“ „Die Wiederansied- die in Absatz 1 aufgeführten Verbote. Wei- lung verdrängter oder in ihrem Bestand be- terhin ist es verboten (Satz 7), Nichtheimi- drohter Pflanzen- und Tierarten soll an ge- sche Tier- und Pflanzenarten und -rassen eigneten Lebensstätten innerhalb ihres auszubringen.“ Weiterhin in Absatz (3): natürlichen Verbreitungsgebietes gefördert „Für die Schutzzone I gelten die in Absätzen werden.“ 1 und 2 aufgeführten Verbote.“ Sicher könnte entgegengehalten werden, Nach diesen Gesetzen ist es verboten, Völ- (a) daß alle diese Naturschutz-Verordnun- ker der gebietsfremden Krainer Honigbiene, gen nur für Wildtiere, aber nicht für Haustie- Apis mellifera carnica, in Naturschutzgebie- re gelten, und (b), daß die Imkerei zur Land- te einzubringen, die im natürlichen Verbrei- wirtschaft gehört und Landwirte hinsichtlich tungsbereich der hier ehemals allein heimi- der Landschaftsnutzung privilegiert seien. schen und noch in Restbeständen vorhande- Somit ist Haustierhaltung bzw. Weidetier- nen Honigbienen-Unterart Apis mellifera haltung auch in Landschaftsschutzgebieten mellifera liegen. Im Biosphärenreservat statthaft. Und die Einfuhr und Haltung AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 45 fremdländischer Tiere nach Deutschland und nica-Haltung ausschließlich und fort- in Deutschland unterliegt ebenfalls keiner während auf die mellifera-Haltung überzu- absoluten Beschränkung. wechseln, sollte aus Naturschutzmitteln des Allerdings ist einzuwenden: Die Honigbie- Landes, des Bundes oder internationaler Or- ne und alle ihre Rassen sind keine echten ganisationen entsprechende Umstellungs- Haustiere: Honigbienen sind Haustiere und beihilfen erhalten. Wildtiere zugleich; sie können als Nutztiere Daneben ist jedoch zu fordern, daß die bezeichnet werden. Honigbienen lassen sich Imkerei – zumindest so weit sie sich um Hal- nicht einsperren oder hüten; sie können tung und Zucht nicht-autochthoner Honig- nicht wie andere eingefangene Wildtiere in bienen-Rassen bemüht – keinesfalls im Na- Gehegen gehalten werden. Honigbienen turschutzgesetz des Bundes und der Länder gehen ohne jede Beaufsichtigung auf Futter- verankert werden darf: Imkerei mit fremd- suche und konkurrieren dabei mit anderen ländischen (weil vielleicht ertragsreicheren Insekten. Honigbienen paaren sich in der Rassen) ist keine Naturschutz-Arbeit, son- freien Natur ohne Auswahl und Lenkung dern auf Erwerb und Wirtschaftlichkeit aus- durch den Menschen. gerichtete Naturausbeutung. Ein entspre- Honigbienen sind – so weit sie von Imkern chender Antrag des Deutschen Imkerbundes betreut werden – zwar Nutztiere. Außerhalb e.V. vom 30. Juli 1996 (KULL 1996) ist ent- der ihnen von Imkern gebotenen Behausung schieden zurückzuweisen. Honigbienen sind verhalten sie sich jedoch wie nicht-gezähm- im Gegensatz zu Haus- und Weidetieren so- te, also echte Wildtiere. Sie werden daher wie eingegatterten Wildtieren außerhalb ih- nicht durch die vom Gesetzgeber für land- res Stockes der imkerlichen Aufsicht und Ein- wirtschaftliche Privilegien vorgesehenen Be- wirkung entzogen. In der vom Menschen griffskategorien „Haustiere“, „Weidetiere“, ohnehin biozönotisch umgestalteten Kultur- „in Gehegen gehaltene Tiere“ erfaßt. landschaft ist das hinzunehmen und bedarf Naturschutz-rechtlich sind Honigbienen in keiner naturschutzrechtlichen Verankerung. allen ihren Rassen daher wie Wildtiere zu In der Naturlandschaft (Naturschutzgebie- behandeln: Die Einbringung aller nicht ur- ten, Biosphärenreservaten) jedoch ist der auf sprünglich im Gebiet heimischen Rassen ist Erwerb ausgerichteten Imkerei jegliches Vor- somit zu untersagen. Die Wiederansiedlung recht zu untersagen. einer ursprünglich im Gebiet beheimateten In diesem Sinne ist es keinesfalls vertret- und in ihrem Bestand bedrohten Rasse ist bar, daß die Imkerei als landwirtschaftlicher dagegen zu fördern. Erwerbs- und Nebenerwerbszweig, der eine fremdländische Nutztierrasse fördert und dabei eine einheimische Rasse verdrängt 11. Weitere naturschutz-rechtliche und vernichtet, zum Beispiel durch das Um- Überlegungen weltministerium von Mecklenburg-Vorpom- Im Interesse der Carnica-Imker, die ihre mern im Jahre „1993 erstmalig aus Arten- Völker im guten Glauben oder bereits vor schutzmitteln 250.000 DM zur Verfügung“ Verabschiedung der vorgenannten Arten- (EFFENBERGER 1993) gestellt bekommt. Er- schutz-Vorschriften in Natur- und Land- staunlich ist, daß dies trotz des Einspruches schaftsschutzgebiete eingebracht haben, ist des Bundesfachausschusses Entomologie im vorzusehen, daß diese durch die Einrichtung Naturschutzbund Deutschland geschah: eines mellifera-mellifera-Schutzgebietes „Ziel des Naturschutzes ist es, wildlebende nicht benachteiligt oder geschädigt werden. Organismenarten in ihrer spezifischen Geo- Jeder Carnica-Imker der bereit ist, seine Völ- biozönose dauerhaft für die Nachwelt zu er- ker aus einem ausgewiesenen mellifera- halten und dies gegebenenfalls durch ent- mellifera-Schutzgebiet und dessen näherem sprechende Schutzmaßnahmen zu fördern. Umkreis zurückzunehmen, oder aber unter Die Förderung der Imkerei entspricht nicht Beibehaltung seines Standortes von der car- diesem Ziel“ (MÜLLER-MOTZFELD 1992). 46 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Es muß leider unterstellt werden, daß die lige Bezugsmöglichkeit bieten. Denn Privat- deutschen Naturschutzverbände und Natur- Reinzüchter und selbst Insel-Belegstellen schutzbehörden nicht wissen, daß zwischen könnten das aufgrund nicht auszuschließen- Honigbiene (einheimische fast ausgerottete der Inzuchtprobleme nicht leisten. Apis mellifera mellifera) und Honigbiene Das Internationale Biosphärenreservat (fremdländische, eingeführte und wirt- Hochrhön würde mit einem sich über die schaftlich genutzte Apis mellifera carnica) Länder Bayern, Hessen und Thüringen er- streng zu unterscheiden ist, daß sie in dieser streckenden Kern- und Hochflächenbereich 2 Beziehung jedoch ständig durch Imkerei und von mehr als 100 km hierfür gute Möglich- Imkerverbände hinters Licht geführt wer- keiten bieten. Geographisch-ökologische den. und naturschutz-rechtliche Voraussetzun- Deutlich gemacht wird diese Situation in gen wurden bereits eingehend geprüft, erör- einer weiteren Verlautbarung von MÜLLER- tert und für gut befunden (KOMMALLEIN & MOTZFELD (1992): „Als förderungswürdig TAMM 1995). Nach erfolgreicher Einbürge- könnte ev. ein Projekt zur gezielten Auswil- rung in Einzelaufstellung von ständig zu be- derung von geeigneten, dem ‘Wildtyp’ der treuenden Völkern ist vorzusehen, auch eine Honigbiene nahekommenden Rassen gel- Auswilderung unter wissenschaftlicher Be- ten. Dabei wäre zu prüfen, ob eine geneti- gleitkontrolle durchzuführen. Das Biosphä- sche Näherung an die ehemaligen einheimi- renreservat Hochrhön mit dünner menschli- schen Rassen lehzeni, mellifera s.str. u. nigra cher Besiedlung, mit weitflächigen naturna- möglich ist und wie die schrittweise Auswil- hen Gebieten und auch natürlichen Nist- derung erfolgen soll.“ „Die finanzielle Stüt- möglichkeiten in hohlen Baumstämmen und zung des Wirtschaftszweiges Imkerei und Felsnischen erscheint auch für dieses Vorha- der damit verbundenen Zuchtformen der ben geeignet. Diese Maßnahmen würden Honigbiene ist eindeutig eine Aufgabe der einer „daeurhaft umweltgerechten Entwick- Landwirtschaft. (Um es deutlich zu machen: lung“, wie sie vom UNESCO-Programm Das Erhalten oder Wiedereinbürgern des ‘Der Mensch und die Biosphäre’ vorgesehen Wolfes in geeigneten Gebieten Nordeuropas sind (ERDMANN & NAUBER 1996), dienlich wäre aus Naturschutzsicht förderbar, aber sein. nicht die Hundezucht.)“ Mit der vorgesehenen Einbeziehung der örtlichen Imkerschaft würde außerdem im primären Wirtschaftssektor ein integriertes 12. Ausblick Konzept „einer dauerhaft-umweltgerechten Aus den letztangeführten Darlegungen Landnutzung zu entwickeln und umzuset- mag hervorgehen, daß die vom Verfasser zen“ sein, wie sie das MAB-Programm vorgeschlagene Einrichtung eines Schutz- ebenfalls vorsieht. Es ist nämlich durchaus und Reinzuchtgebietes für eine der Unter- beabsichtigt, mit den im Gebiet ansässigen rassen der ehedem ausschließlich in Mitte- Imkern übereinzukommen und ihnen bei fi- leuropa heimischen Rasse Apis mellifera nanzieller Unterstützung zu ermöglichen, mellifera nichts Neues ist. Ebenso wie in an- anstelle der fremdländischen Krainer Biene deren europäischen Ländern sollte das auch wieder die ehemals heimische Dunkle Eu- umgehend in Deutschland erfolgen. Ein un- ropäische Biene, die auch eine alte deutsche ter wissenschaftlicher Betreuung stehendes Nutztierrasse darstellt, in Zucht zu nehmen großflächiges Schutz- und Reinzuchtgebiet und imkerlich zu bewirtschaften. würde nicht nur der Erhaltung einer gefähr- Vorerst jedoch scheitert die sinnvolle und deten Tierform dienen, und nicht nur eine großflächige Durchführung dieses Vorha- Gen-Resource dieser Tierform für künftige bens am unbegreiflich heftigen Widerstand Generationen darstellen, sondern würde zu- eines Großteils der örtlichen Imkerschaft und gleich für an der Haltung der Dunklen Eu- der mit ihnen verbundenen Institutionen: ropäischen Biene interessierte Imker eine bil- Nur die slowenisch-krainische Rasse Apis AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 47 mellifera carnica wird derzeit als die bestge- ser vorgeschlagenen neutralsprachigen Na- eignete betrachtet – so, wie vor etwa 120 mensgebung dieser Vereinigung deren eu- Jahren die italienische Rasse Apis mellifera ropaweit gültiges Anliegen zum Ausdruck ligustica. gebracht: Societas Internationalis pro Con- Es ist nur zu hoffen, daß der ‘deutsche En- servatione Apis Melliferae Melliferae [SI- thusiasmus’ für diese und weitere Importfor- CAMM]. – Allerdings wird in jüngster Zeit men im Laufe der Jahre ebenso schwindet, immer deutlicher offenbar, daß es (vor allem wie der für jene andere ja bereits vor vielen im einstigen Kerngebiet ihres natürlichen Jahrzehnten restlos aufgegeben worden ist. Vorkommens) nicht allen Befürwortern, Hal- In diesem Sinne sollte man sich vorerst mit tern und Züchtern dieser Rasse um deren den Erfahrungen und Erkenntnissen eines Rettung im Dienste des Arten- und Umwelt- Bienenzüchters und Bienenwissenschaftlers schutzes geht. Vielmehr stehen bei manchen jener Zeit (POLLMANN 1889) trösten: Vertretern nicht gemeinnützige, sondern of- „Als die Race 1853 nach Deutschland kam fensichtlich eigenwirtschaftliche oder andere und ... auf das Emphatischste empfohlen eigennützige Gesichtspunkte im Vorder- und gepriesen wurde, ließ auch ich mich grund: (a) Wiedereinfuhr und Haltung der durch diese Novität des schmucken Kleides Dunklen Biene erfolgen gezielt, um durch dieser Welschländerin blenden ... Aber sehr deren Kreuzung mit anderen Rassen (A. bald erkannte ich, daß ich mich getäuscht mellifera carnica, A. mellifera carpathica) hatte, bekannte frank und frei meinen Irr- trachtfreudigere oder auf bestimmte Tracht- thum und gab den Handel auf. Doch bereits quellen besser eingestellte Bastardvölker zu lag die deutsche Imkerschaft im heftigsten erhalten. (b) Kauf, Einfuhr und Streueinwei- Fieberparoxismus, und es war bereits unan- selung von Königinnen der Dunklen Biene tastbares Dogma, daß in der italienischen dienen lediglich der ‚eigenen Erbauung‘, Biene der honiggesalbte Immenheiland end- nämlich um eine andere (heute in Mitteleu- lich erschienen sei, der den Honig in den ropa sogar als „exotisch“ zu bezeichnende) Stöcken nimmer versiegen, sondern immer- Bienenrasse zu besitzen als der Nachbarim- dar sprudeln und sprudeln lassen werde. ker, oder um jenen Carnica-Imker zu ärgern Von einem Gehörverschaffen war keine Re- und zu schädigen, indem man dessen stand- de mehr und v. Berlepsch büßte einen zubegattenden Jungköniginnen eigene großen Theil seiner Glorie ein, weil er nicht ‚schwarze Drohnen‘ andient. Solche Maß- Apostel des neuen Heils sein wollte. Ergreift nahmen sind verwerflich und keinesfalls mit einmal eine, wenn auch noch so falsche und Artenschutz-Bemühungen zu rechtfertigen. absurde Idee die Geister in Massen, so ist je- (c) Gleicherweise kritisch allerdings sind des besonnene Remonstrieren vergeblich, auch die grenzüberschreitenden Vertriebs- der Menschenkundige schweigt und läßt die bestrebungen mancher Züchter der Dunklen Geister sich austoben.“ Biene in Ländern zu beurteilen, wo diese noch weitgehend reinrassig vorkommt. Un- 13. Nachtrag (im Mai 1998) ter Nutzung ihrer ‚Monopolstellung‘ lassen auch sie sich von wirtschaftlichen Gesichts- Seit Abfassung des vorstehenden Aufsat- punkten leiten: Ihre Königinnen-Bezieher zes vor fast zwei Jahren ist die allgemeine nämlich, welche diese in Carnica-Gebieten Zielsetzung zum Erhalt der Dunklen Europäi- ‚streueinweiseln‘, und die dort selbst keine schen Honigbiene gleichgeblieben. Dazu ha- reinrassige Nachzucht betreiben können, ben sich die Teilnehmer an der 2. Konferenz sind mindestens jedes zweite Jahr auf den des Internationalen Dachverbandes, der am Nachkauf von Königinnen angewiesen: ein 27.-30. August 1997 in See im Paznauntal in lohnendes Geschäft für erstere, ein teures Tirol stattfand, nachdrücklich bekannt. Vergnügen für letztere und außerdem durch [TRENKWALDER 1998, STEFFAN 1998a]. unvermeidbare Bastardbildung (auf den Nochmals wurde auch mit der vom Verfas- Ständen benachbarter carnica-Imker) zu- 48 Insecta, Berlin, 5 (1997) sätzlicher Schaden für diese. Noch weniger zeit unter dem Deckmantel des Arten- duldbar sind die Ansichten und Maßnahmen schutzes betriebenen unkontrollierten Wie- solcher Züchter und Vertreiber der Dunklen dereinfuhren und Streueinweiselungen Europäischen Honigbiene, die in Unkenntnis führen zu weiterer Vermischung und oder bei Außerachtlassung der Vererbungs- wecken berechtigte Widerstände. Verant- gesetze eine einseitige Merkmalsauslese ih- wortungsvolle Bestrebungen müssen sich rer Zuchtstämme betreiben, etwa nach dem von solchen Maßnahmen distanzieren: Wie- Grundsatz „Der Cubitalindex meiner deransiedlungen können und dürfen nur im schwarzen Bienen liegt so niedrig, daß ich Zusammenhang mit der Einrichtung ge- andere Merkmale nicht zu beachten brau- schlossener und festumrissener Reinzucht- che“. Gewiß ist eine derart einseitige Zucht- und Auswilderungsbereiche im Rahmen von kontrolle einfacher und wirtschaftlicher. Wer Naturschutzgebieten und Biosphärenreser- aber nach solchem Grundsatz züchtet und vaten vorgenommen werden. Leichtfertige, dunkle Königinnen als reinrassig anpreist, mutwillige oder dümmliche Streueinweise- handelt zumindest leichtfertig; er betrügt lungen sind zu verurteilen; sie entbehren (vielleicht) sich selbst, bestimmt aber (unbe- jeglicher mit Arten- und Naturschutzabsich- wußt oder bewußt) seine Kunden. Vor allem ten begründeter Berechtigung. In dieser aber: Mit der Vermehrung und Verbreitung Hinsicht hat die eigens zur Einrichtung von solcher extremen Merkmalsträger und mög- Schutzgebieten gegründete „Gemeinschaft licher Bastarde verstößt er gegen Arten- zum Erhalt der Dunklen Biene“ einen bedau- schutz-Grundsätze, und er ignoriert (unbe- ernswerten Wandel vollzogen: Wenn der wußt oder bewußt) die eigentliche Zielset- frühere (Erste) Vorsitzende sich auch rühm- zung der SICAMM.- Aus diesem Grunde ist te, jährlich hunderte Dunkler Bienen-Köni- folgende Forderung zu erheben, die für alle ginnen aus West-, Nord- und Osteuropa SICAMM-Mitglieder und alle Mitglieder al- (zur Streueinweiselung) nach Deutschland ler der SICAMM angeschlossenen Vereine importiert zu haben, so setzte er sich wenig- verpflichtend sein sollte [STEFFAN 1998b]: stens durch Lippenbekenntnis für die Ein- Schutz der Dunklen Honigbiene bedeutet: richtung von Schutzgebieten ein. Heute in (a) Durchführung umfassender (von einem der GEDB tonangebende Mitglieder aber SICAMM-Zuchtausschuß festzulegender) betreiben die Einfuhr ‘Dunkler Königinnen’ Merkmalsanalysen; (b) Weitergabe und Ver- ausschließlich zur eigennützigen Streuein- kauf von Königinnen nur solcher Völker, die weiselung, wobei ihnen Herkunftsgebiet diesen umfassenden Merkmalsanalysen un- und Unterrassen-Zugehörigkeit, die Begün- terzogen und für rasserein befunden worden stigung extremer Merkmalsträger und mög- sind; (c) Erwerb und Förderung nur von Kö- licher Bastarde sowie die Verkreuzung ver- niginnen solcher Herkünfte, für die der schiedener Unterrassen meist nebensächlich Nachweis ihrer Rassereinheit aufgrund um- zu sein scheint. Diese Maßnahmen sind mit fassender Merkmalsanalysen erbracht wird; Wiederansiedelungs-, Arten- und Natur- (d) Erwerb und Verbreitung nur von Köni- schutz-Bestrebungen nicht zu rechtfertigen; ginnen solcher Herkünfte, die einer durch sie verstoßen gegen diese. Derlei Angaben die SICAMM zur (Wieder)besiedlung eines und Begründungen sind entweder aus Un- bestimmten Gebietes empfohlenen Unter- wissenheit geboren oder als Irreführungen rasse angehören; (e) die Unterlassung von zu betrachten. Die ursprüngliche, allein Streueinweiselungen und zur Nutzung des durch Arten- und Naturschutz begründete Heterosis-Effekts beabsichtigte Kreuzungen Zielsetzung zum Erhalt der Dunklen Honig- mit anderen M-Rassen oder zwischen ver- biene’ in Deutschland hat die neue „Ge- schiedenen MM-Unterrassen; (f) vorrangi- meinschaft zur Einrichtung von Bienenras- ges Bemühen um Genehmigung und Ein- sen-Schutzgebieten“, die GEDBS, übernom- richtung fest umrissener MM-Reinzuchtbe- men. reiche und MM-Schutzgebiete.“- Alle der- AUGUST WILHELM STEFFAN, Schutz und Förderung der Dunklen Europäischen Honigbiene 49

14. Schrifttum MÜLLER-MOTZFELD , G. (1992): Rückgang der Imkerei in BERLEPSCH, A. VON (1869): Die Biene und ihre Zucht mit Mecklenburg-Vorpommern.- In Litteris beweglichen Waben. 2.Aufl.- Mannheim / 18.06.1992; Greifswald / Deutschland. Deutschland. PEDERSEN, B. V. (1996): On the phylogenetic position of BUTTEL-REEPEN, H. VON (1906): Apistica. Beiträge zur Sy- the Danish strain of the black honeybee (the stematik, Biologie sowie zur geschichtlichen und Læsø bee) Apis mellifera mellifera L. (Hymeno- geographischen Verbreitung der Honigbiene ptera: Apidae) inferred from mitochondria DNA (Apis mellifica L.), ihrer Varietäten und der übri- sequences.- Entomologica Scandinavica 27 (3), gen Apis-Arten.- Mitteilungen aus dem Zoologi- 241-250, Købnhavn / Danmark. schen Museum in Berlin 3(2), 117-201, Fried- POLLMANN, A. (1889): Werth der verschiedenen Bienen- länder & Sohn (Kommiss-Vlg), Berlin. rassen und deren Varietäten, bestimmt durch DREHER, K. (1995): In Litteris. Urtheile namhafter Bienenzüchter (Zweite ver- DRIVDAL, N. J. (1995): Den Brune Bia. Sluttrapport for mehrte Auflage).- Verlag Hugo Voigt, Leipzig / Prosjektet 15.5.-92 – 31.3.-95.- Flekkefjord / Deutsches Reich. Norge. RUTTNER, F. (1988): Biogeography and of EFFENBERGER , M. (1993): Umweltministerium fördert die Honeybees.- Springer-Vlg, Berlin-Heidelberg- Erhaltung der Bienenvölker.- Presseinformation. London-Paris. Umweltministerium Mecklenburg-Vorpom- STEFFAN, A. W. (1995): Verbreitung, Verdrängung und mern; Schwerin / Deutschland. Förderung der Alpen-Honigbiene, Apis melli- ERDMANN, K.-H., & NAUBER , J. (1996): Das UNESCO- fera mellifera nigra (Hymenoptera: Apidae).- Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ Apis. Die einheimische Bienenzeitung 1995, 04- (MAB).- Biologie in unserer Zeit 26(2), 96-103, 08, SLB Zürich / Schweiz. Weinheim / B R Deutschland. STEFFAN, A. W. (1998a): Zielsetzungen der Internationa- GOETZE, G. K. L. (1964): Die Honigbiene in natürlicher len Vereinigung zum Schutz der Dunklen Honig- und künstlicher Auslese. Teil I: Systematik, Zeu- biene und deren Bedeutung für die Imkerei in Ti- gung und Vererbung.- Monographien zur An- rol.- Bienenwelt 40(3), 90-92; Graz / Österreich. gewandten Entomologie. Beiheft Zschr. angew. STEFFAN, A. W. (1998b): Weitere Forderungen für Rein- Entomol. 19, 1-120, Hamburg-Berlin. zucht, Wiedereinbürgerung und Bestandserhal- KAUHAUSEN-KELLER, D. & KELLER, R. (1994): Morphome- tung der Dunklen Honigbiene in Deutschland.- In: trische Kontrolle der Rassereinzucht bei der Ho- DRIVDAL N. J. (edit): Bericht über die Internationa- nigbiene (Apis mellifera L).- Apidologie 25(2), le Konferenz der SICAMM am 27.-30. August 133-143; Paris / France. 1997 in See / Tirol (im Druck); Flekkefjord / Nor- KOMMALLEIN & TAMM, J. (1995): Ansiedlung der Dunklen Honigbiene im Biosphärenreservat Rhön.- Ver- ge. merk, Regierungspräsidium Kassel, Dezernat 74, TRENKWALDER, J. (1998): Erfolgreiche Konferenz zur Er- 01-11; Kassel / Deutschland. haltung der dunklen Biene.- Alpenländische Bie- KULL, D. (1996): Imkerei und Bundesnaturschutzge- nenzeitung. Südtiroler Imkerbote 86(4), 121; setz.- Imkerfreund 1996 (12), 26. Graz / Österreich.

Anschriften des Verfassers: Professor Dr. AUGUST WILHELM STEFFAN, Abteilung Zoologie & Ökologie, Ruhr-Universität Bochum; D-44780 Bochum & Ökologi- sche Forschungsstation Lützelgrund, Am Bergborn 1, D-63599 Biebergemünd (Lützel) 50 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Buchbesprechung

WOLFGANG HOCH, HELMUT KINKLER, RAINER In sogenannten „Hilfstabellen“ werden LECHNER, FRIEDHELM NIPPEL, RUDOLF PAHLER, die Charakterarten für die verschiedenen HANS RETZLAFF, HINRICH VON DER SCHULEN- Biotope noch einmal aufgelistet und ihre BURG, WERNER SCHULZE, HEINZ SCHUMACHER, Verteilung auf die einzelnen Lebensräume WOLFGANG VORBRÜCKEN, ULLRICH WASNER, tabellarisch dargestellt. ANDREAS WEIDNER, WOLFGANG WITTLAND Ein Register der Fachexperten und der täti- (1997): Praxishandbuch Schmetterlings- gen Fachgruppen der Schmetterlingskunde schutz LÖBF-Reihe Artenschutz Band 1. befindet sich ebenfalls im Anhang. Herausgegeben von der Landesanstalt für Obwohl dieses hervorragende Buch Ökologie, Bodenordnung und Forsten/Lan- primär „nur“ für den internen fachlichen desamt für Agrarordnung Nordrhein-West- Gebrauch im Land Nordrhein-Westfalen ge- falen Recklinghausen, 286 Seiten. dacht war, wird es sicher nicht nur bei den Ein mit ausgezeichneten Farbabbildungen Lepidopterologen und in den Naturschutz- reichlich ausgestattetes repräsentatives verwaltungen vor Ort, sondern in ganz Mit- Buch, das obwohl von einer großen Zahl von teleuropa begeisterte Aufnahme finden und Fachleuten geschrieben, aus einem Guß ist. die Entomologen anregen für andere Bun- Man kann erahnen, welch ungeheure redak- desländer und andere Insektengruppen ähn- tionelle Detailarbeit hier zu leisten war, um liche Standard-Werke in Angriff zu nehmen. das Fachwissen so vieler ehrenamtlicher Man kann allen Beteiligten nur zu diesem Schmetterlingsforscher und Fachexperten im wirklich beispielhaften „Teamwork“ gratu- Dienste der Zielsetzung: Schmetterlings- lieren und das Praxishandbuch Schmetter- schutz, zu bündeln. Dabei ist es jetzt, wo das lingsschutz allen Fachleuten und Behörden, Ergebnis vorliegt, doch so klar und einfach, aber auch dem entomologischen Nach- so und nicht anders geht es. wuchs (Schüler, Studenten) bestens emp- Nach einer Einführung zum Thema fehlen. Schmetterlinge: Lebensweise, Gefährdung, GERD MÜLLER-MOTZFELD (Greifswald) Schutz, werden die Lebensräume der Schmetterlinge vorgestellt, die in einer für den Nutzer überschaubaren Weise geglie- dert werden in: 1. Natürliche Feuchtbiotope; 2. Gehölzarme Trockenbiotope; 3. Wälder und Gebüsche und 4. Sonstige Lebensräume und Sonderbiotope. Ausgehend von der Genese und Verbrei- tung der jeweiligen Standorte werden die charakteristischen Arten in ihrer Beziehung zum jeweiligen Habitat dargestellt und die Gefährdung von Lebensräumen und Faltern, sowie nötige Pflege- und Erhaltungsmaß- nahmen kritisch diskutiert. Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 51-100

SONJA HENNICKE, THOMAS MARTSCHEI, GERD MÜLLER-MOTZFELD, Greifswald

Erste Ergebnisse der Erfassung ausgewählter Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Araneae, Coleoptera, Diptera, Hymenoptera, Saltatoria)

1. Einleitung nungsgrundlagen und Entscheidungshilfen für die gezielte Entwicklung eines neuen Deutschland gehört zu den am dichtesten Typs „urbanen Systems mit Naturnähe“ be- besiedelten Gebieten der Erde. Infolge der darf wissenschaftlicher Untersuchungen auf sprunghaft gestiegenen Anforderungen an unterschiedlichen Ebenen. Um u. a. die Be- die Lebensbedingungen (-qualität?) ist der- deutung innerstädtischer Biotope für die zeit ein erheblicher Landschaftsverbrauch Stadtplanung herauszuarbeiten, ist die Han- für die Besiedelung immer neuerer Flächen sestadt Greifswald mit dem Projekt „Stadt- zu verzeichnen. So nimmt in den urbanen landschaftsentwicklung Greifswald“ in das Ökosystemen der Anteil der relativ naturna- Förderprogramm „Erprobungs- und Ent- hen innerstädtischen Flächen gegenüber wicklungsvorhaben im Bereich Naturschutz den versiegelten Flächen stetig ab. Zahlrei- und Landschaftspflege“ des BfN integriert. che ökofaunistische Untersuchungen, die Die Untersuchungen schließen folgende sich auf urbane Systeme beziehen, haben Teilbereiche ein: Nutztypen-Kartierung, Bo- Großstädte wie Berlin (SUKOPP et al. 1974), denuntersuchungen, floristische Zustands- Leipzig (KLAUSNITZER 1993), Wien (KÜHNELT beschreibungen sowie faunistische Erhebun- 1955) u. a. zum Inhalt. Erwartungsgemäß gen ausgewählter Tiergruppen auf selektier- zeigen kleinere Städte (SCHULDTE et al. 1990) ten Probeflächen. Im Folgenden soll auf die eine größere Abhängigkeit vom Umland und faunistische Zustandsanalyse ausgewählter damit eine weitaus stärkere regionale Spezi- Flächen anhand der Auswertung der terre- fität. So sind für die Hansestadt Greifswald strischen Evertebraten (s. BROZIO et al. 1997) die aus der Lage innerhalb der Vorpommer- eingegangen werden. Generell ist innerhalb schen Boddenlandschaft resultierenden Be- der Siedlungsbereiche aufgrund der unter- sonderheiten bestimmend: schiedlichsten Nutzungsintensitäten und der – Übergang zwischen einer stärker und ei- daraus resultierenden Strukturvielfalt auf ner schwächer maritim geprägten Klimazone engstem Raum eine hohe Artenvielfalt an der Ostseeküste Insektenarten zu erwarten. Neben solchen – hoher Anteil naturschutzrelevanter bekannten Indikatorgruppen der Boden- Flächen im Stadtterritorium (NSG (ca. 16 oberfläche wie Laufkäfer (Carabidae) und %), ND, 20c-Biotope etc.) Kurzflügler (Staphylinidae) oder der Kraut- – Nachbarschaftslage zum Feuchtgebiet von schicht wie Spinnen (Araneae) und Heu- nationaler Bedeutung „Greifswalder Bod- schrecken (Saltatoria) wurden zusätzlich in den“, zum Biosphärenreservat „Südostrü- den Trockenstandorten bestimmte Hymen- gen“, im weiteren Sinne zu Großschutzge- opteren-Gruppen (Apoidea, Sphecoidea, bieten wie NP „Vorpommersche Bodden- Vespoidea) ausgewählt. Desweiteren sind landschaft“, zahlreichen NSG und LSG. die saumreichen Übergangsbereiche an Das Erkennen erhaltenswerter Lebensräu- Gehölzstandorten und Gärten und den zu me, die Erforschung ihres Inventars, die Ent- schaffenden Vernetzungsstrukturen (Grün- wicklung von Pflege- und Renaturierungs- länder) mittels einer Erfassung der Trauer- konzepten sowie das Bereitstellen von Pla- mücken (Sciariden) näher charakterisiert 52 Insecta, Berlin, 5 (1997) worden. Für diese oft kleinflächigen Saum- Ausführliche Angaben sind in dem Zwi- zönosen dürfte kaum eine andere Gruppe schenbericht (BROZIO et al. 1997) zu finden. solch gute Eignung besitzen. Hauptaugenmerk lag auf der Erfassung in- 3. Bestandserfassung nerstädtischer Quellstrukturen, die die ei- gentlichen Lebensstätten bzw. Rückzugsge- 3.1. Erfassungsmethoden biete für die von einer ständigen Verände- rung beeinflußten Lebewesen darstellen a) BARBER-Fallen (MÜLLER-MOTZFELD 1996). Als Hauptinstrument zur Erfassung epi- gäisch lebender Arthropoden diente die Bo- denfalle nach BARBER (1931). Als modifizierte 2. Untersuchungsflächen im Stadtgebiet Variante kam ein 9 cm hohes Glasgefäß mit (Abb. 1) einem Durchmesser von 6,5 cm zum Einsatz. Entlang eines Transektes, das fast alle Um die Fallenumgebung durch das wieder- wichtigen Nutzungsstrukturen der Stadt holte Ausbringen nicht unnötig stark zu ver- enthält, wurden die Untersuchungen kon- ändern, wurden die Fallen mit Plastikeinsät- zentriert. Es erfolgte eine Auswahl stadttypi- zen gleicher Größe bestückt. Nur diese wur- scher Biotope in Stadtvierteln mit verschie- den dann gewechselt. Als Fangflüssigkeit denem Bebauungsgrad. Berücksichtigung diente Ethylenglykol. Um eine Verwässe- fanden verschiedenartige urbane Habitate, rung der Fangflüssigkeit durch Niederschlag wie Schurrasen, Hausgärten mit altem und damit eine Beeinträchtigung der Fangei- Baumbestand, wenig gepflegte Gehölze, genschaften der Falle zu verhindern, wurden Parks, ruderale Staudenfluren und xerother- die BARBER-Fallen mit Glasdächern versehen. me Standorte. In Tabelle 1 ist eine kurze Nur an Standorten mit hohem Publikums- Kennzeichnung der Flächen aufgelistet. verkehr und auf den Schurrasen wurde auf

Abb. 1. Untersuchungsflächen des Projektes „Stadtlandschaftsentwicklung Greifswald“ SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 53

Tabelle 1. Kurze Kennzeichnung der Standortgruppen

Bezeichnung Standortbezeichnung Nutzungsmerkmale Wiesen WS 1 Mähwiese am Mahlbusen seit 1993 ohne Nutzung WS 2 Rehwiese, südl. Bereich zweischürige Mahd , keinerlei Beschattung WS 3 Stadtpark Ruderalfläche einschürige Mahd, von Erlen umstanden WS 4 Stadtpark Mähwiese vierschürige Mahd, Frischwiese WS 5 Pionierpark (Petershagenallee) vierschürige Mahd, Innenhof eines Zeilenbebau- ungskomplexes WS 6 Ruderalgrünland Pappelallee im Winter 1993 einmalige Mahd Weiden WD 1 Intensivgrünland, Neuer Friedhof Mahdweide, zwei- bis dreischürig WD 2 Deichwiese, nördl. Neuer Friedhof schmaler beweideter Streifen, Mai 1993 Ausbrin- gen von Gülle WD 3 Rinderweide, Fleischerwiese von Juni bis Oktober in verschiedenen Teilberei- chen beweidet WD 4 Rinderweide, Am Grünland Mahdweide, kaum beschattet, feucht, gewalzt Schurrasen RS 1 Grünfläche am Tierpark zwölfschürige Mahd RS 2 Innenhof der Institute Jahnstraße von Gebäuden umgeben, 6-8schürige Mahd RS 3 Rasenfläche, Anklamer Straße Grünstreifen, sechsschürige Mahd, starke Austrock- nung RS 4 Am Schießwall Komplex „Innerstädtisches Grün“ IG Innenhof Zoologie, Bachstr. 11/12 vollständig von Gebäuden umgeben, vierschürige Handmahd, Gebüsche IG Eingang zum Ryckwäldchen Rasenstreifen,6-8malige jährliche Mahd, starke Sonneneinstrahlung IG Sportamt, Vorgarten sechs- bis achtschürige Mahd, artenarm, randlich Gebüsche IG Steinbecker Brücke neben stark befahrener Straße, kleinflächig, volle Sonneneinstrahlung IG Stadtwall, Goethestraße 16 schürige Mahd, teilweise beschattet IG Hansering 10 schürige Mahd, ungehinderte Sonnenbestrahlung

Gärten GÄ 1 Garten am Bahnhof aufgelassen, ruderaler Charakter, ehemaliges Blumenbeet GÄ 2 Garten Falladastraße strukturreicher, naturnaher Garten GÄ 3 Pfarrgarten Domstraße Zierpflanzenrabatte, Rasenfläche, von Mauern eingegrenzt GÄ 4 Gartenanlage Kleinbahndamm intensiv genutztes Grabeland GÄ 5 Garten Kirschenweg Schurrasen mit Blumenrabatte, randlich Hecken GÄ 6 Garten Helfritzstraße intensiv gepflegter Gemüse- und Blumengarten GÄ 7 Garten St. Georgsfeld Rasenfläche mit Blumenrabatte, wenig Sträucher GÄ 8 Garten Gesterdingstraße artenreich, sowohl Baum-, Strauch- als auch Kraut- schicht GÄ 9 Garten Mehringstraße Hecke in unmittelbarer Nachbarschaft zu Gärten GÄ 10 Botanischer Garten hoher Anteil fremdländischer Gehölze Gehölze GH 1 Neuer Friedhof, Gehölz Laubgehölzstreifen ohne Nutzung GH 2 Gehölz am Tierpark Gehölzstreifen, Pflegemaßnahmen GH 3 Stadtwall Alleebäume mit geringem Jungaufwuchs GH 4 Alter Friedhof Anpflanzung Nadelhölzer und Sträucher, kaum Krautschicht GH 5 Arboretum Nadelbäume, 4-6malig jährlich gemähter Ansaat- grasnarbe GH 6 Ryckwäldchen Niedermoorstandort, Erlen-Eschen-Bestand, Mäde- süß-Staudenflur 54 Insecta, Berlin, 5 (1997)

GH 7 Gehölz an der Pappelallee stark verunreinigt, Eichen bestimmend GH 8 Gehölz am Dubnaring kleinflächige Anpflanzung von Ziersträuchern, Trittschäden Ruderalflächen RD 1 Industriegebiet NEG trockene, nitrophile Staudenflur RD 2 Ruderalflur Loitzer Str. frische bis feuchte, nitrophile Stauden und Gräser RD 3 Ruderalflur am Möbelhaus Gorzberg feuchte, nitrophile Hochstaudenflur, aufgelassene ehemalige Ackerfläche RD 4 Feldstraße verwahrloste Fläche mit Bauschutt und Hoch- stauden RD 5 Ruderalfläche am Klinikum nitrophile Stauden, durch Auflassung Strauch- aufwuchs RD 6 Hecken Ludwigsburger Wende angepflanzte Ziersträucher, kaum Krautschicht RD 7 Rigaer Straße nitrophile Staudenflur, artenarm RD 8 Stadtpark Mähwiese einschürige Mahd, Dominanz von oberständigen Gräsern, feucht RD 9 Ruderalflur St. Georgsfeld ehemaliger aufgelassener Garten, sporadische Pfle- ge durch Anwohner RD 10 Am St. Georgsfeld nitrophile Staudenflur, stark reliefiert RD 11 Ruderalgrünland Pappelallee aufgelassene Frischwiese, ausdauernde Gräser dominieren RD 12 Ruderalflur Kuhstr. brachliegende Baulücke, Müllablagerungen, stark reliefiert RD 13 Ruderalfläche am Neuen Friedhof ehemalige Lagerfläche von Friedhofsabfällen, spärlicher Bewuchs RD 14 Ruderalfläche Pappelallee seit 2 Jahren aufgelassene Fläche homo- gener Struktur RD 15 Ruderalflur östl. Strandbad Eldena strukturreiche, artenarme, nitrophile Hochstauden- flur, von Schilf und Baumreihe eingefaßt RD 16 Rodelberg südexponierter, relativ xerothermer Ruderalhang RD 17 Industriebahndamm Brandteichstraße schüttere Vegetation, Hochstauden, Lagerplatz für Betonelemente RD 18 Ruderalflur Fischerschule nitrophile Staudenflur, strukturiert RD 19 Ruderalflur an der Hauptstr. Koitenhagen artenarme Ruderalflur RD 20 Bahnhof Süd relativ xerotherme Ruderalstelle RD 21 Gebrüder-Witte-Straße ruderalisierter Garten RD 22 Innenhof Pestalozzistr. nitrophile Hochstauden, randliche Gebüsche, Müllablagerung RD 23 Brandteichgraben nitrophile Staudenflur, stark reliefiert RD 24 Bahngleise Am Grünland nitrophile Staudenflur, stark nährstoffreich die Dächer verzichtet, da die Gefahr der Zer- tenlänge (25 cm und 50 cm) verwendet. störung der Falle durch Neugierige zu groß Diese Rahmen wurden in den Untergrund war. Die Bodenfallen wurden alle 14 Tage gedrückt und dann die Bodenstreu innerhalb über einen Zeitraum von März bis Oktober der Rahmen aufgenommen und luftdicht geleert. Insgesamt erfolgten 15 Leerungen verpackt. Um die Aussagefähigkeit der Be- pro Jahr. Eine Fallgruppe umfaßte 5 Boden- probung zu gewährleisten, wurden jeweils fallen. Ausnahmen waren die Standorte IG 15 Proben mit dem großen Quadratrahmen mit nur einer Bodenfalle, da aufgrund der (entspricht 3,75 m2) bzw. 40 Proben mit Kleinflächigkeit der Standorte ein Aufstellen dem kleinen Quadratrahmen (entspricht 2,5 von mehreren Fallen wenig sinnvoll gewe- m2) genommen. sen wäre. c) Sichtfang b) Quadratrahmenbeprobung Bei den Untersuchungen der Hymenop- Die Quadratrahmenmethode kam bei der tera wurde der Sicht- bzw. Zeitfang ange- Ermittlung stationärer Dichten bei den Cara- wendet. Dabei wurde ein Insektennetz (ø 40 biden zum Einsatz. Dabei wurden massive cm) verwendet und damit wichtige Nah- Messingrahmen mit unterschiedlicher Kan- rungs- und Niststrukturen (Blüten, Böschun- SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 55 gen, vegetationsfreie Fläche, sonnenbe- dort ausgebracht. Die Gelbschalen wurden schienene Blätter u. ä.) innerhalb eines be- von April bis Oktober 1994 sowie von Mai grenzten Zeitraums abgesucht. Die Untersu- bis September 1995 in verschiedenen Inter- chungsgebiete wurden im Zeitraum von vallen ausgebracht. April bis August 1995 in Abhängigkeit von der Witterung mehr oder minder regelmäßig e) MALAISE-Falle aufgesucht, da die Flugfähigkeit der helio- Zur Erfassung weiterer Sciaridenarten wur- und thermophilen Wespen und Bienen stark de je eine MALAISE-Falle an zwei stadttypi- vom Wetter abhängig ist. schen Standorten - GH 5 und GÄ 1 - in der Zeit von Mai bis September 1996 betrieben. d) Farbschalenfänge Die eingesetzten MALAISE-Fallen bestanden Bei den Untersuchungen der Hymenopte- aus schwarzer Gaze mit weißem Dach. Sie ren wurden Plastikschalen in den Farben En- hatten eine Länge von 2 m, eine von 1,4 m zianblau, Kadmiumgelb bzw. Weiß mit 17,5 auf 1,8 m ansteigende Höhe und eine Breite cm Durchmesser und 2,5 cm Tiefe ausge- von 1 m. Die aufgesetzte Fangschale wurde bracht. Als Fangflüssigkeit diente mit Tensi- mit 2%igem Formalinwasser unter Zusatz den versetztes Wasser. Als Schutz vor Ver- von 1 ml Detergent/Liter gefüllt. Die Stand- blasung wurde jede Falle, die aus jeweils ei- zeit der Fallen betrug 6 Tage. Die Fangzeiten ner Blau-, Gelb- und Weißschale bestand, waren diskontinuierlich und wurden so ori- mit einem Stein beschwert. Die Farbschalen entiert, daß pro Sommermonat mindestens wurden in einem Zeitraum von Juni bis Sep- zwei Fänge zur Auswertung kamen. tember 1995 jeweils Montag, Mittwoch und Freitag geleert. f) Schwemmen Bei den Untersuchungen zu den Sciariden Diese Methode wurde verwendet, um die wurden nur Gelbschalen (ø 18 cm) verwen- coprophagen Coleopteren quantitativ zu er- det. Als Fangflüssigkeit diente Wasser mit fassen. Dabei wurden die Rinder- bzw. Pfer- wenigen Tropfen Detergenszusatz (Ge- deexkremente mit der Schaufel abgetragen schirrspülmittel) und etwa 1% Formalin. Die und mit Wasser aufgeschwemmt, so daß die Standzeit betrug 3 Tage. Die Schalen wur- Tiere an die Wasseroberfläche kamen und den in Gruppen von 2-6 Schalen pro Stan- eingesammelt werden konnten. Desweite-

3000 Aktivitätsabundanzsummen 1993 Carabidae 2500 St ap h ylinidae Rest-Coleoptera Restl. Insekten 2000 Holomet. Larven Hymenoptera 1500 Diptera Homoptera Akt.-Abundanz 1000 Heteroptera Myriopoda Isopoda 500

0 WD 1WD 2WD 3WD 4WS 1WS 2WS 3 WS 4 WS 5 WS 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG

Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 2. Anteil der Athropodengruppen an den Aktivitätsabundanzsummen der Grünlandstandorte 56 Insecta, Berlin, 5 (1997) ren wurde die darunterliegende Boden- Während auf der Fläche WD 4 die Coleopte- schicht mit Harke und Exhaustor bis auf 5- ren und dort vor allem die Carabiden (s. 10 cm Tiefe abgesucht. Es wurde die maxi- MÜLLER-MOTZFELD 1996) die größte Gruppe mal mögliche Probenzahl gewählt (4 Stck.), des Epedaphons stellten, dominierte auf obwohl Artsättigung bereits vorher auftrat. dem Standort WS 1 der Anteil der Ameisen (Hymenoptera: Formicidae). g) Nachweis mittels Bat-Detektor Ein Hauptaugenmerk lag bei den Untersu- Diese Methode kam 1996 zum Verhören chungen auf den Carabiden. Auf den unter- der Heuschrecken zur Anwendung. Benutzt suchten Grünländern wurden 11464 Cara- wurde ein Bat-Detektor der Firma Pettersson biden nachgewiesen (LIEBSCHER 1994, (Modell D 200). QUASCHNING 1994), die 84 Arten zugeord- net werden konnten (s. Anhang). Das Bild 3. 2. Faunistische Ergebnisse der Verteilung der Arthropodengruppen zeigte sich auch bei den Carabiden: Die Rin- 3. 2. 1. Grünland derweide WD 4 erreichte die höchsten Wer- Die Erhebungen auf den Grünländern der te, während die Schurrasen durchschnittlich Stadt Greifswald beinhalteten folgende Tier- geringere Abundanzen und Artenzahlen gruppen: s. Tabelle 2. aufwiesen (s. Abb. 3). Für die mit BARBER-Fallen erbeuteten Ar- Bei der weiteren Auswertung der Barber- thropoden erfolgte zunächst eine getrennte Fallen erfolgte der Nachweis von insgesamt Aufnahme und Quantifizierung nach Tier- 10366 Staphyliniden aus 161 Arten (s. An- gruppen (s. Abb. 2). hang) (MEDEL 1996). Auffällig hohe Werte Die geringsten Gesamtabundanzsummen erreichte hier die Fläche WS 1 (s. Abb. 4). aller Arthropoden erreichten erwartungs- Die Schurrasenstandorte wiesen erwar- gemäß die Schurrasenstandorte sowie die tungsgemäß nur geringe Artenzahlen auf. kleinflächigen innerstädtischen Flächen. Die- Eine Ausnahme ist der Komplex „Innerstäd- se Flächen zeichneten sich durch sehr hohe tisches Grün (IG)“, der durch seine hohe He- Mahdfrequenzen (6-12x jährlich) und ande- terogenität eine beträchtliche Artenzahl er- re starke anthropogene Einflüsse (z. B. hohe reichte. Die relativ hohen Abundanzsummen Belastungen durch Verkehr und Tritt) aus. der Schurrasen könnten ihre Ursache in dem Die Fläche WS 5, die ähnlich geringe Abun- durch die häufige Mahd verringerten Raum- danzwerte aufwies, stellt mit der Häufigkeit widerstand haben, der zu einer erhöhten der Mahd (4x) einen Übergang zwischen Aktivität der laufaktiven Arten führen kann den Wiesen (1-2x) und den Schurrasen (SCHUSTER 1984). (>4x) dar. Die höchsten Jahresaktivitätsa- In den Bodenfallenfängen konnten 24 217 bundanzen erreichten die relativ feuchte Spinnen und Weberknechte aus 94 Arten Rinderweide (WD 4) sowie eine im Untersu- und einer Varietät (s. Anhang) ausgewertet chungsjahr aus der Bewirtschaftung genom- werden (BROEN 1993). Auch in dieser Tier- mene eher trockenere Wiese (WS 1). Des- gruppe wurden auf den Schurrasenflächen weiteren wurde dabei festgestellt, daß sich geringere Artenzahlen und Abundanzen er- die Aktivitätsabundanzsummen beider Stan- mittelt. Höchste Abundanzsummen konnten dorte unterschiedlich zusammensetzten. auf den Weiden, insbesondere auf der

Tabelle 2. Untersuchungsumfang in den innerstädtischen Grünländern

Tiergruppe Anzahl der Untersuchungsflächen Erfassungsmethode coprophage Coleoptera 2 Schwemmethode Carabidae 19 Bodenfallen Staphylinidae 19 Bodenfallen Araneae & Opilionidae 19 Bodenfallen Saltatoria 8 Bat-Detektor SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 57

Fläche WD 4, festgestellt werden (s. Abb. 5). WD 4 aus dem Jahre 1993 überein. Insge- Die hinsichtlich der coprophagen Käfer im samt wurden 1195 Coleopteren ausgewer- Herbst 1992 untersuchten Flächen stimmten tet (AHRENS 1993). Davon konnten 1119 mit mit den BARBER-Fallenstandorten WD 1 und der Schwemmethode erfaßt werden, die

Carabidae 800 45

40 700 Akt.-Abundanzsumme Akt.-Artenzahl 35 600

30 500 25 400 20 Abundanz Artenzahl 300 15

200 10

100 5

0 0 WD 1 WD 2 WD 3 WD 4 WS 1 WS 2 WS 3 WS 4 WS 5 WS 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 3. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Carabiden auf den Grünländern

Staphylinidae 450 70

400 Akt.-Abundanzsumme 60 Akt.-Artenzahl 350 50 300

250 40

200 30 Abundanz Artenzahl

150 20 100 10 50

0 0 WD 1 WD 2 WD 3 WD 4 WS 1 WS 2 WS 3 WS 4 WS 5 WS 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 4. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Staphyliniden auf den Grün- ländern 58 Insecta, Berlin, 5 (1997)

übrigen Tiere entstammten Handaufsamm- kommen innerhalb der sieben untersuchten lungen am bzw. im Kot. Außer einer Probe Grünlandflächen nachgewiesen werden vom Standort WD 1 (Rinderkot) stammten (s. Anhang). Im direkten Vergleich der un- alle anderen Proben von Pferdekot. Die fol- tersuchten Flächen zeigt sich, daß die Stan- genden Coleopterenfamilien konnten mit dorte WD 3 aufgrund der teilweise großen ihren prozentualen Anteilen am Gesamtfang Trittschäden in der spärlichen Vegetation nachgewiesen werden: Aphodiidae und RS 4 infolge ihrer relativen Uniformität (97,05%), Staphylinidae (2,5%) sowie Hy- für Saltatorien weniger günstige Lebens- drophilidae (0,45%) (s. Anhang). raumbedingungen bieten als die reicher Im Rahmen der Untersuchungen der Heu- strukturierten Standorte WS 3 und die un- schrecken konnte 7 Arten ein rezentes Vor- tersuchte Fläche aus dem Komplex „IG“.

Araneae 700 60

Akt.-Abundanzsumme 600 Akt.-Artenzahl 50

500 40

400 30 300 Abundanz Artenzahl 20 200

10 100

0 0 W D 1 W D 2 W D 3 W D 4 W S 1 W S 2 W S 3 W S 4 W S 5 WS 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 5. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Araneae auf den Grünländern

200 7 180 Individuenzahl 6 160 Artenzahl 140 5 120 4 100 3 80

60 2 Akt.-Artenzahl Akt.-Individuenzahl 40 1 20 0 0 WD 3 WS 3 WS 4 RS 1 RS 2 RS 4 IG W e ide n W ie s e n Schurras e n Standorte

Abb. 6. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Saltatoria auf den Standorten SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 59

Dies wird in den geringen Arten- und Indivi- men der Gärten auf. Auch die Zusammen- duendichten deutlich. Die eindeutig arten- setzung der Werte war unterschiedlich. reichste Fläche RS 2 nimmt eine Sonderstel- Während in den Gärten kaum Spinnen auf- lung ein (s. Abb. 6). Durch eingestreute traten, war der Anteil der Isopoden erhöht. Gehölzstrukturen erweitert sich das Ni- Auch die Zahl der Coleopteren nahm in den schenangebot, was positive Einflüsse auf Ar- Gärten ab. tenzahl und Abundanzen der Heuschrecken Auf den untersuchten Gehölz- und Gar- hat. tenstandorten wurden insgesamt 5960 Ca- rabiden mit Bodenfallen erfaßt. Dabei ge- 3. 2. 1. Gehölz- und Gartenflächen lang der Nachweis von 88 Arten (s. Anhang) In ausgewählten Gehölzen der Stadt (JESKE 1996, RINGEL 1997). Unter den Carabi- Greifswald erfolgten Erfassungen zu den fol- den ist im Vergleich der Absolutwerte der genden Tiergruppen: s.Tabelle 3. Abundanzen und Artenzahlen kein wesentli- Die Jahresabundanzsummen der Arthro- cher Unterschied zwischen Gärten und podengruppen erwiesen sich als durch- Gehölzen erkennbar (s. Abb. 8). Als zusätzli- schnittlich niedriger als auf den Grünland- che Methode kam auf den Gehölzstandor- flächen (s. Abb. 7). Im Vergleich zwischen ten GH 6 und GH 7 die Quadratrahmenme- den Gehölzen und den Gärten fallen die thode in Anwendung. Auf beiden Standor- durchschnittlich niedrigeren Abundanzsum- ten wurden jeweils 11 Arten mit 66 Individu- Tabelle 3. Untersuchungsumfang in den innerstädtischen Gehölz- und Gartenflächen Tiergruppe Anzahl der Untersuchungsflächen Erfassungsmethode Coleoptera (excl. Staphyl. & Carabidae) 8 Bodenfallen Carabidae 16 Bodenfallen Araneae & Opilionidae 16 Bodenfallen Sciaridae 9 Malaise-Falle, Farbschalen aculeate Hymenoptera 5 Sichtfang, Farbschalen

2500 Aktivitätsabundanzsummen 1994

Carabidae 2000 St aphylinidae Rest-Coleoptera Restl. Insecta Holomet. Larven 1500 Hymenoptera Diptera Homoptera Heteroptera

Akt.-Abundanz 1000 Myriopoda Isopoda Chelicerata

500

0 GH GH GH GH GH GH GH GH GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8 Gehölze Gärten

Abb. 7. Anteil der Arthropodengruppen an den Aktivitätsabundanzsummen der Gehölz- und Gartenstandorte 60 Insecta, Berlin, 5 (1997) en (GH 6) bzw. 22 Individuen (GH 7) gefan- werden nur sehr niedrige Abundanzen er- gen. Ein Vergleich mit der Bodenfallenlee- reicht; viele Arten wurden nur in einem oder rung vom 12.07.1994 ergab bei beiden wenigen Exemplaren nachgewiesen (Zufalls- Standorten nur eine Übereinstimmung von fänge). Bei den aufgrund der Erfassungsme- jeweils zwei Arten. Obwohl die Proben in ei- thode statistisch aussagefähigeren Arten der nem homogenen Pflanzenbestand genom- Bodenoberfläche erreichten die relativ struk- men wurden, deckten sich die Artenspektren turreichen Gärten (GÄ 5, GÄ 7 und GÄ 8) kaum. Eine mögliche Erklärung dafür ist, daß die höchsten Artenzahlen und Abundanzen. trotz der hohen Probenzahl eine Sättigung Von den Gehölz- und Gartenflächen wur- der Artenzahl nicht erreicht wurde, worauf den aus den BARBER-Fallen 3500 bestimmba- auch die geringe Übereinstimmung mit der re Spinnen und Weberknechte von 119 Ar- Bodenfallenleerung hinweist (JESKE 1996). ten (s. Anhang) in die Auswertung einbezo- Eine komplette Auswertung übriger Cole- gen (BROEN 1994). Auffällig hohe Werte er- opteren (excl. Staphylinidae und Carabidae) reichte der Standort GH 1. Ansonsten sind erfolgte ausschließlich von den Garten- auch hier in den Absolutwerten kaum we- flächen. So konnten insgesamt 3736 Cole- sentliche Unterschiede erkennbar (s. Abb. opteren aus 157 Arten (s. Anhang) nachge- 11), was in der Homogenität der Flächen be- wiesen werden (RINGEL 1997). Diese wurden gründet sein könnte. getrennt in Arten der Bodenoberfläche In zwei ausgewählten Gehölzflächen er- (3398 Exemplare aus 92 Arten) und Arten folgte die Untersuchung der aculeaten Hym- der Krautschicht (338 Exemplare aus 65 Ar- enopterenfauna anhand von Farbschalen- ten) ausgewertet. Diese Trennung erfolgte, fängen (WAGNER 1995). Insgesamt konnten da die Arten der Krautschicht nur zufällig 95 Arten (14 Faltenwespen, 35 Grabwespen und sehr vereinzelt mit Bodenfallen erfaßt und 46 Bienen) (s. Anhang) mit 1764 Indivi- werden und demzufolge keine repräsentati- duen nachgewiesen werden. Wie aus Abb. ven Ergebnisse vorlagen. Das spiegelte sich 12 ersichtlich wird, wies der Standort GÄ 10 auch in dem Verhältnis von Aktivitätsabun- in allen Familien höhere Arten- und auch In- danzsummen und Aktivitätsartenzahlen wi- dividuenzahlen auf. Weiterhin erfolgten der (s. Abb. 9 und 10). Trotz der relativ ho- Sichtfänge auf zwei weiteren Flächen. Mit hen Artenzahl der Arten der Krautschicht 84 Stechimmenarten erreichte der Stadtwall

Carabidae 250 40

Abundanzsumme 35 200 Artenzahl 30

25 150

20

100 15 Akt.-Abundanz Akt.-Artenzahl

10 50 5

0 0 GH GH GH GH GH GH GH GH GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8 Gehölze Gärten

Abb. 8. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Carabiden auf den Gehölz- und Gartenstandorten SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 61

Übrige Coleopteren (Arten der Bodenoberfläche) 160 60 Akt.-Abundanz 140 Akt.-Artenzahl 50 120 40 100

80 30

60

Akt.-Abundanz 20 Akt.-Artenzahl 40 10 20

0 0 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8

Abb. 9. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der übrigen Coleopteren (Arten der Bodenoberfläche) auf den Gartenstandorten

Übrige Coleopteren (Arten der Krautschicht) 160 60 Akt.-Abundanz 140 Akt.-Artenzahl 50 120 40 100

80 30

60 Akt.-Abundanz 20 Akt.-Artenzahl 40 10 20

0 0 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8

Abb. 10. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der übrigen Coleopteren (Arten der Krautschicht) auf den Gartenstandorten 62 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Araneae 200 60

180 Akt.-Abundanzsumme Akt.-Artenzahl 50 160

140 40 120

100 30

Abundanz 80 Artenzahl 20 60

40 10 20

0 0 GH 1 GH 2 GH 3 GH 4 GH 5 GH 6 GH 7 GH 8 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8 Gehölze Gärten

Abb. 11. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Araneae auf den Gehölz- und Gartenstandorten

Hymenoptera

800 40 700 35 600 30 500 25 400 20

300 15 Artenzahl

Individuenzahl 200 10 100 5 0 0 Sphecidae Apidae Vespidae

Akt.-Individuenzahl GH 5 Akt.-Individuenzahl GÄ 10 Akt.-Artenzahl GH 5 Akt.-Artenzahl GÄ 10

Abb. 12. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsindividuenzahlen der Hymenopterenfamilien auf den Standorten GH 5 und GÄ 10 (Methode: Farbschalenfang) SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 63

(GH 3 und GH 9) auffallend hohe Artenzah- wald wurden Erfassungen zu folgenden len. Gruppen durchgeführt: siehe Tabelle 4. Mit Hilfe von Gelbschalen wurden die Auf den Untersuchungsflächen zeigte sich Sciariden auf 11 Flächen untersucht. Zusätz- sowohl in Höhe als auch in Zusammenset- lich wurden das Arboretum (GH 5) und ein zung der Arthropodenaktivitätsabundanzen Garten (GÄ 1) mit MALAISE-Fallen beprobt, der einzelnen Standorte ein recht heteroge- wodurch das aktive Artenspektrum der Tier- nes Bild (s. Abb. 14 und 15). gruppe erfaßt werden konnte (MOHRIG Die außergewöhnlich hohe Aktivitäts- 1994, 1995, 1996). Das mit Gelbschalen er- Abundanzsumme auf dem Standort RD 10 faßte Artenspektrum enthielt in beiden Jah- verursachten vor allem durch die hohen ren insgesamt 3580 Individuen aus 71 Arten Abundanzen der Asseln (Isopoda) und (s. Anhang). Mittels MALAISE-Fallen wurden Ameisen (Hymenoptera: Formicidae). Zur an den zwei Standorten 10 Fänge durchge- besseren Unterscheidung der anderen führt. Dabei konnten insgesamt 1070 Sciari- Flächen wurde in Abbildung 14 dieser Stan- den aus 38 Arten (s. Anhang) nachgewiesen dort ausgeklammert. Wie aus dieser Abbil- werden. Damit erhöhte sich das Artenspek- dung ersichtlich, hatten die Standorte mit trum um 9 Arten. Die Abundanzsummen, den nächsthöheren Abundanzwerten eben- auf denen die Abbildung 12 beruht, wurden falls einen überdurchschnittlichen Anteil an durch die Berechnung auf eine Gelbschale Isopoden. Weitere Gemeinsamkeiten sind in ermittelt. Auffällig hohe Werte erreichte der Zusammensetzung der Abundanzsum- auch hier der Standort GH 1 (s. Abb. 13). men der Arthropoden kaum erkennbar. Auf den Ruderalstandorten wurden insge- 3. 2. 1. Ruderalstandorte samt 11275 Carabiden aus 96 Arten (s. An- Auf den Ruderalflächen der Stadt Greifs- hang) (SCHULTZ 1996) nachgewiesen. Die

Tabelle 4. Untersuchungsumfang auf den innerstädtischen Ruderalfluren und Brachen Tiergruppe Anzahl der Untersuchungsflächen Erfassungsmethode Carabidae 10 Bodenfallen Araneae & Opilionidae 10 Bodenfallen aculeate Hymenoptera 4 Sichtfang, Farbschalen Saltatoria 14 Bat-Detektor

Sciaridae 250 30 Akt.-Abundanzsumme Akt.-Artenzahl 25 200

20 150

15

Abundanz 100 Artenzahl 10

50 5

0 0 GH 1 GH 2 GH 3 GH 5 GH 8 (94) GH 8 (95) GÄ 1 (94) GÄ 1 (95) GÄ 9 ( 9 4 ) GÄ 9 ( 9 5 ) GÄ 1 0 RD 21 WS 3 IG Standorte

Abb. 13. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzen der Sciariden auf den Standorten (Me- thode: Gelbschale) 64 Insecta, Berlin, 5 (1997) feuchten Ruderalfluren RD 2 und RD 3 er- hang) in die Auswertung ein (BROEN 1995). reichten die höchsten Abundanzen und Ar- Die Standorte RD 7, RD 2 und RD 1 wiesen tenzahlen. Auffällig geringe Werte wurden die überdurchschnittlich hohe Werte auf (s. auf der Fläche RD 7 ermittelt (s. Abb. 16). Abb.17). Bei diesen Standorten zeigte sich Dies mag auf die Isolierung der Fläche in der zumeist das klassische Auftreten von Arten, Großblockbebauung zurückzuführen sein. die ausdauernde Rudereten mit geringer me- Von den Ruderalflächen gingen 6054 be- chanischer (Tritt- u.a.) Beeinträchtigung be- stimmbare Spinnen von 95 Arten (s. An- vorzugen. Bei den ruderalisierten Grünlän-

15000 14000 Aktivitätsabundanzsummen 1995 13000 Carabidae 12000 St aphylinidae 11000 Rest-Coleoptera 10000 Restl.Insekten 9000 Holomet. Larven 8000 Hymenoptera 7000 Diptera 6000 Homoptera Akt.-Abundanz 5000 Heteroptera 4000 Myriopoda 3000 Isopoda 2000 Chelicerata 1000 0 RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Ruderalstandorte

Abb. 14. Anteil der Arthropodengruppen an den Aktivitätsabundanzsummen der Ruderalstandorte

4500 Aktivitätsabundanzsummen 1995 (excl. RD 10) 4000 Carabidae 3500 St aphylinidae

3000 Rest-Coleoptera Restl.Insekten 2500 Holomet. Larven Hymenoptera 2000 Diptera

Akt.-Abundanz 1500 Homoptera Heteroptera 1000 Myriopoda

500 Isopoda Chelicerata 0 RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 11 12 Ruderalstandorte

Abb. 15. Anteil der Arthropodengruppen an den Aktivitätsabundanzsummen der Ruderalstandorte (exl. RD 10) SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 65 dern, die ebenfalls in die Untersuchung ein- ten von Feucht- und Frischwiesen unter den bezogen wurden, zeigte sich ein etwas ande- Lycosiden auf den vergleichbaren Flächen res Bild. Auf dem Grünland der Fläche RD 4 am deutlichsten. Die Wolfspinnen nahmen wurde die dominierende Stellung der Leitar- die ersten 6 Dominanzstufen ein, gefolgt von

Carabidae 600 50 Akt.-Abundanzsumme 45 500 Akt.-Artenzahl 40 35 400 30 300 25 20 Abundanz Artenzahl 200 15 10 100 5 0 0 RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Ruderalstandorte

Abb. 16. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Carabiden auf den Ruderal- standorten

Araneae 300 50 Akt.-Abundanzsumme 45 Akt.-Artenzahl 250 40

35 200 30

150 25

Abundanz 20 Artenzahl 100 15

10 50 5

0 0 RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Ruderalstandorte

Abb. 17. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzsummen der Araneae auf den Ruderal- standorten 66 Insecta, Berlin, 5 (1997) den Linyphiiden (Zwerg- und Baldachinspin- flächen innerhalb der Stadt Greifswald wur- nen), die ebenfalls zur Grundausstattung des de auf 17 Flächen untersucht (s. Karte). Für feuchten bis mäßig feuchten Grünlandes eine größere Stadt konnten auf den Ruderal- gehören. Dagegen traten die Spinnen der flächen Greifswalds mit 13 Arten (s. An- Gärten und Gehölze völlig in den Hinter- hang) eine wertvolle, arten- und individuen- grund. Auf der Fläche RD 8 schien die Acker- reiche Heuschreckenfauna nachgewiesen wolfspinne Pardosa palustris (Dominanzwert werden, obwohl anspruchsvolle Arten fehl- 21,9%) hingegen von der Störung der Habi- ten (RÖBBELEN 1995). Herausragend ist der tatstruktur zu profitieren (BROEN 1995). an der Peripherie der Stadt liegende Stan- Im Rahmen der Bestandserfassungen der dort RD 15, der mit 10 Arten das bisher ar- aculeaten Hymenopteren auf 4 Ruderal- tenreichste und zugleich individuenreichste flächen konnten durch Sichtfang 112 Arten Heuschreckenhabitat der Stadt darstellte (s. (12 Faltenwespen, 30 Grabwespen und 70 Abb. 19). Weiterhin ist ebenfalls der Stan- Bienen) (s. Anhang) nachgewiesen werden dort RD 2 aufgrund der höchsten Individu- (WAGNER 1995). Die Flächen RD 5 und RD en- und der zweithöchsten Artenzahl er- 16 wiesen aufgrund randlicher und einge- wähnenswert. Die aus der randlichen Lage streuter Strukturen, wie Gehölzaufwuchs zur Bachaue und der räumlich unterschiedli- und damit einem umfangreicheren Ni- chen Vegetationsbedeckung resultierenden schenangebot einen relativen Artenreichtum mikroklimatischen Unterschiede auf Teilbe- auf, während der Standort RD 17 die mit reichen der Fläche bedingen wohl das reiche Abstand höchste Abundanzsumme aufwies Artenspektrum. Eine Sonderstellung nimmt (s. Abb. 18). Auf dieser nur selten begange- die Fläche RD 22 ein. Bei dieser Fläche han- nen Untersuchungsfläche setzt sich die vor- delte es sich um eine kleinflächige Baulücke gefundene Fauna vornehmlich aus Ubiqui- inmitten bebauter Bereiche. Der offene Bo- sten und Synanthropen zusammen, deren den war zum Untersuchungszeitpunkt mit Individuenzahlen jedoch erhebliche Werte Schutt und Industriestaub bedeckt, während aufwiesen (WAGNER 1995). sich randlich lockere Grasbestände und von Die Heuschreckenfauna der Ruderal- Brennessel dominierte Hochstauden zeigten.

Hymenoptera 250 60 Akt.-Abundanz 50 200 Akt.-Artenzahl

40 150 30 100 Abundanz Artenzahl 20

50 10

0 0 RD 5 RD 9 RD 16 RD 20 Ruderalstandorte

Abb. 18. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzen der Hymenoptera auf den Ruderalstan- dorten (Methode: Handfang) SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 67

4. Bemerkenswerte Arten, Neu-, Wieder- gelegenen Küste in die Stadt verdriftet wur- bzw. Einzelfunde de (MEDEL 1996). An faunistisch interessanten Nachweisen 4. 1. Coleoptera weiterer Coleopterenarten konnten weiter- Auf den untersuchten Flächen traten eini- hin Abraeus granulum, Calosirus ge gefährdete Laufkäferarten auf. Die Art terminatus, Ceutorhynchus napi, C. pollina- Amara ingenua (Rote Liste Mecklenburg- rius, Clambus pubescens, C. punctulum, Vorpommern [RL M-V]: 3) konnte auf den Cryptophagus cellaris, Enicmus testaceus, Flächen WS 1, WS 2, GÄ 2 und RD 4 nach- Liodes rugosa, L. calcaratus, Rhizophagus gewiesen werden. Weiterhin traten die Ar- parallelocollis, Tropiphorus tomentosus und ten Bembidion transparens, Masoreus wet- Scydmaenus tarsatus erfaßt werden (RINGEL terhallii, Panageus bipustulatus sowie Tre- 1997). choblemos micros (alle RL M-V: 4) in Einzel- exemplaren auf den untersuchten Grünlän- 4. 2.Araneae dern auf. Der Grünlandbewohner Trecho- Bemerkenswert ist das Auftreten der blemos micros (RL M-V: 4) konnte weiterhin Zwergspinne diceros auf dem mit 5 Exemplaren auf drei Gehölz- und ei- Gehölzstandort GH 6 (BROEN 1994), da diese nem Gartenstandort sowie zwei Ruderal- Art in Mecklenburg-Vorpommern mit weni- flächen nachgewiesen werden (MÜLLER- gen Nachweisen als potentiell hochgradig MOTZFELD 1992, LIEBSCHER 1994, QUASCHNING gefährdet einzuschätzen ist (MARTIN 1993). 1994, JESKE 1996, RINGEL 1997). Zu den bemerkenswerten Arten innerhalb 4. 3. Hymenoptera der Staphylinidae zählen Atheta scotica, A. Eine Grabwespe (Gorytes fallax) und eine deformis, A. orphana, Encephalus compli- Faltenwespe (Symmorphus debilitatus) wur- cans, Oxypoda vicina und O. filiformis. den im Rahmen der Untersuchungen erst- Weiterhin trat die erst 1996 beschriebene mals in Mecklenburg-Vorpommern nachge- Art Calodera cochlearis als Erstnachweis wiesen. Als weitere bemerkenswerte Arten nach der Beschreibung auf. Als ein weiterer konnten die Faltenwespe Polites dominulus, interessanter Fakt stellte sich das Auftreten die Grabwespen Mimumesa dahlbomi, Pse- der halobionten Art Brundinia marina her- nulus concolor, P. schencki, Pemphredon aus, die jedoch sicherlich nur von der nahe- mortifera, Astata boops, Trypoxylon minus,

200 11 180 Individuenzahl 9 160 Artenzahl 140 7 120 100 5 80 3 60 Akt.-Artenzahl Akt.-Individuenzahl 40 1 20 0 -1 RD 1 RD 2 RD 3 RD 5 RD 9 RD 10 RD 11 RD 12 RD 13 RD 15 RD 17 RD 18 RD 19 RD 20 RD 22 RD 23 RD24 Ruderalflächen Standorte

Abb. 19. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsabundanzen der Saltatoria auf den Standorten 68 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Oxybelus variegatus, Lindenius pygmaeus 5. Auswertung armatus, Ectemnius lituratus, Nysson dimi- diatus, N. maculosus, N. trimaculatus und In den vorliegenden Untersuchungen wur- die Wildbienen Colletes similis, Lasioglos- den in einem außergewöhnlichen Umfang sum nitidulum, L. pauxillum, Sphecodes zahlreiche Arthropodengruppen unter zu puncticeps, S. spinulosus, Andrena gelriae Hilfenahme verschiedenster Methoden ana- und Andrena nycthemera nachgewiesen lysiert. Im Ergebnis dessen sollte festgestellt werden. Für alle Arten lagen bisher nur sehr werden, ob und weshalb sich für die ver- sporadische Fundmeldungen aus Mecklen- schiedenen Tiergruppen gleiche Standorte burg-Vorpommern vor (WAGNER 1995). als wertvoll und damit erhaltenswert heraus- stellen. 4. 3. Sciaridae Drei Arten konnten aufgrund der Untersu- 5. 1. Grünland chungen in der Stadt Greifswald erstmals er- Zur differenzierten Bewertung der nach- faßt werden (Caenosciara gryphiswaldenis, gewiesenen Insektenpopulationen wurde Corynoptera spec. nov., Merianina spec. die Äktivitätsartendichte herangezogen, um nov.). Sechs Erstnachweise für Deutschland den Anteil permigrierender bzw. indigener (Bradysia cellarum, Corynoptera bulgarica, Arten zu ermitteln. Korreliert die Artendichte C. melanochaeta, C. sedulaformis, Leptosci- nicht mit der Artenzahl, ist von einem hohen rella truncatula, Trichosia quadristrigata) Anteil permigrierender Arten auszugehen sowie weitere vier Neufunde für Mecklen- (MÜLLER-MOTZFELD 1990). Wie die Ergebnis- burg/Vorpommern (Mouffetina pulchricor- se nach Auswertung der erfaßten Carabiden nis, Pnyxia scabiei, Bradysia strenua, Sca- zeigen, besaßen die Schurrasenflächen sehr topsciara fritzi) stellen eindeutig die Bedeu- niedrige Artendichten bei gleichzeitig recht tung eines städtischen Lebensraums für die- hohen Artenzahlen; der Anteil permigrieren- se derzeit wenig beachtete Insektengruppe der Arten ist also relativ hoch. Die gleichzei- heraus. Desweiteren gilt Trichosia glabra als tige Präsenz vieler Arten auf den Flächen seltene Art, die nach der Erstbeschreibung WD 4, WS 2, WS 4 und WS 6 weist hinge- im Jahre 1830 nur in ganz wenigen Exem- gen auf einen hohen Anteil indigener Arten plaren in Westeuropa nachgewiesen wurde. hin (s. Abb. 20). Die Untersuchungen zur Die neun gefangenen Exemplare weisen Artendichte der Staphyliniden ergaben, daß darauf hin, daß die Art wohl häufiger als bis- wiederum die Schurrasen (außer RS 1) einen her angenommen ist (MOHRIG 1994, 1995, hohen Anteil permigrierender Arten be- 1996). saßen. Eine auffällig hohe Artendichte ge- koppelt mit hohen Artenzahlen hatte die 4. 3. Saltatoria Fläche WS 1 (s. Abb. 21). Auf einer (zusätzlich untersuchten) größe- Die Artendichte ist ein wichtiges Argu- ren Trockenfläche in Nachbarschaft des ment zur Ermittlung von „Quellstrukturen“. Klärwerks konnte Oedipoda caerulescens in Als „Quellstrukturen“ werden Winterquar- einigen Exemplaren nachgewiesen werden. tiere, Brutstätten, Nahrungsquellen und Auf der Ruderalfläche RD 15 befindet sich Plätze mit diversen anderen Nachbarschafts- das derzeit einzige innerstädtische Vorkom- angeboten, zwischen denen nicht immer ge- men von Mecostethus grossus, die hier eine nau differenziert werden kann, bezeichnet. offensichtlich kleine, aber beständige Popu- Außer der Artendichte sind noch die Exklusi- lation bildet (RÖBBELEN 1996). Zur Zeit exi- vität der Habitatbindung der nachgewiese- stieren noch zwei aktuelle Fundorte inner- nen Arten, die Standorttreue, die Autoch- halb Greifswalds von Conocephalus dorsa- thonie und die Indigenität der Fauna wichti- tus. Bei den Nachweisen scheint es sich um ge Argumente bei der Bestimmung von unstete Bestände von vagierenden Tieren zu „Quellstrukturen“. Mit der Ermittlung soll handeln (RÖBBELEN 1996). zwischen jenen Habitaten differenziert wer- SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 69 den, die nur aufgrund zeitweiliger Attrakti- auf die Indigenität der Arten erlauben, zu- vität für bestimmte Arten relativ hohe Arten- sammen. Ein grundlegendes Argument ist und Individuenzahlen erreichen (bzw. durch dabei der Nachweis von Larvalstadien der hohe Aktivitäts-Dichten vortäuschen) und Arten, wobei der Nachweis flugunfähiger denen, die wirkliche Lebens- bzw. Brutstät- Larven die eindeutigste Begründung liefert. ten der betreffenden Arten darstellen (MÜL- Unter den Carabiden und Staphyliniden LER-MOTZFELD 1996). Die Klärung der Indige- wurden als Hilfe bei der weiteren Klärung, nität der Fauna ist ein wichtiges, wie schwie- welche Flächen einen hohen Anteil indige- riges Kapitel. KACHE & ZUCCHI (1993) stellten ner Arten aufweisen, die Abundanzsummen die wichtigsten Argumente, die den Schluß der holometabolen Larven mit einbezogen

Carabidae 45 5

4,5 40 Akt.-Artenzahl

Akt.-Artendichte 4 35

3,5 30 3 25 2,5 20 Artenzahl

2 Artendichte 15 1,5 10 1

5 0,5

0 0 WD 1WD 2WD 3WD 4WS 1 WS 2 WS 3 WS 4 WS 5 W S 6 RS 1 RS 2 RS 3 I G Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 20. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsartendichten der Carabiden auf den Grünländern

Staphylinidae 70 4,5 Akt.-Artenzahl 4,0 60 Akt.-Artendichte 3,5 50 3,0

40 2,5

30 2,0 Artenzahl Artendichte 1,5 20 1,0 10 0,5

0 0,0 WD 1 WD 2 WD 3 WD 4 WS 1 WS 2 WS 3 WS 4 WS 5 WS 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 21. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen und der Aktivitätsartendichten der Staphyliniden auf den Grünländern 70 Insecta, Berlin, 5 (1997)

(s. Abb. 22 und 23). Nach diesen Untersu- Stadt heraus. Vor allem die feuchte Rinder- chungen kristallisierten sich die Standorte weide WD 4 scheint ein geeignetes Habitat WD 4, WS 2, WS 4 und WS 6 als „Quell- für Carabiden zu sein. Für die Staphyliniden- strukturen“ für die Carabidenfauna der fauna der Stadt hingegen wurden die Stan-

Carabidae 800 5

4,5 700 Akt.-Abundanzsumme der Carabiden Akt.-Abundanzsummen der 4 600 holomet. Larven Akt.-Artendichte der 3,5 Carabiden 500 3

400 2,5

2 Akt.-Abundanz

300 Akt.-Artendichte

1,5 200 1

100 0,5

0 0 W D 1 W D 2 W D 3 W D 4 W S 1 W S 2 W S 3 W S 4 WS 5 WS 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG

Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 22. Vergleich der Aktivitätsabundanzsummen der Carabiden und der holometabolen Larven mit den Akti- vitätsartendichten der Carabiden auf den Grünländern

Staphylinidae 450 4,5

Akt.-Abundanzsumme der 400 St aphyliniden 4,0 Akt.-Abundanzsumme der holomet. Larven 350 Akt.-Artendichte der 3,5 St aphyliniden

300 3,0

250 2,5

Abundanz 200 2,0 Artendichte

150 1,5

100 1,0

50 0,5

0 0,0 WD 1 WD 2 WD 3 WD 4 WS 1 WS 2 WS 3 WS 4 WS 5 W S 6 RS 1 RS 2 RS 3 IG Weiden Wiesen Schurrasen

Abb. 23. Vergleich der Aktivitätsabundanzsummen der Staphyliniden und der holometabolen Larven mit den Akti- vitätsartendichten der Staphyliniden auf den Grünlandstandorten SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 71 dorte WD 2, WS 1 und WS 6 als „Quell- nanz auf allen Grünlandstandorten fällt auf, strukturen“ ermittelt. Eine Besonderheit aller daß eine eudominante Art (Pardosa palust- dieser Flächen bestand in der geringen oder ris) allein rund ein Drittel der erfaßten Indivi- fehlenden Nutzung im Untersuchungsjahr. duen stellte (BROEN 1993). Dies scheint sich vorteilhaft auf die Staphyli- Der individuenreichste Standort WD 4 nidenreproduktion auszuwirken. Hier war nahm eine Sonderstellung ein. Hier traten die herausragende Fläche die aus der Nut- die Lycosiden (Wolfspinnen) Pardosa palust- zung genommene Wiese WS 1. Eine Auffäl- ris, P. amentata, P. prativaga, P. pullata und ligkeit bestand darin, daß die jeweils interes- Alopecosa pulverulenta mit Verbreitungs- santeste Fläche unter den Carabiden bzw. schwerpunkt auf Feucht- und Naßwiesen, in Staphyliniden bei der jeweils anderen Grup- einer für intraurbane Bedingungen erstaunli- pe keine bedeutende Rolle spielte. chen Aktivitätsdichte auf. Die Zahl der Be- Erwartungsgemäß setzte sich das festge- gleitarten war allerdings relativ gering. Als stellte Spektrum an Spinnenarten mit weni- „ärmster“ Standort hinsichtlich des Spinnen- gen Ausnahmen aus Arten zusammen, de- besatzes erwies sich das Grünland WS 5. Das ren Vorzugslebensräume belichtete natürli- Artenmuster an diesem Standort ist mit dem che oder kultivierte Grünflächen sind. Spinnenspektrum isolierter Kleinflächen im Waldarten gelangten allenfalls als Irrgäste innerstädtischen Bereich der Fallengruppe IG durch Fadenflug oder Windverdriftung auf sowie des Standortes RS 3 vergleichbar die Probeflächen. Neben Spinnen der (BROEN 1993). Feuchtwiesen und -weiden wurde das Ar- Der Naturreichtum des Stadtgebiets von teninventar auf einigen der Probeflächen Greifswald lag aus arachnologischer Sicht im durch Spezies bereichert, die hinsichtlich ih- Hinblick auf die erzielten Ergebnisse in den rer ökologischen Ansprüche eher auf wech- suburbanen reich strukturierten und mosaik- selfeuchtem bis trockenem Rasen bzw. auf artig verzahnten Grünlandflächen. Prägnan- Ruderalflächen siedeln. Sie traten jedoch te Beispiele dafür bieten die unterschiedlich hinsichtlich der Aktivitätsabundanz deutlich genutzten Wiesenareale WD 1, WD 2 und zurück. Bei Betrachtung der Gesamtdomi- WS 1, die Koppelflächen WD 3 und WD 4

Carabidae 45 4 Akt.-Artenzahl 40 Akt.-Artendichte 3,5 35 3 30 2,5 25 2 20 Artenzahl

1,5 Artendichte 15 1 10

5 0,5

0 0 GH 1 GH 2 GH 3 GH 4 GH 5 GH 6 GH 7 GH 8 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8 Gehölze Gärten

Abb. 24. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen mit den Aktivitätsartendichten der Carabiden auf den Gehölz- und Gartenstandorten 72 Insecta, Berlin, 5 (1997) sowie die Areale der alten und neuen Stadt- den, die das Artenspektrum wesentlich be- parkanlagen WS 3 und WS 4 (BROEN 1993). reichern. Da die im Gebiet vorkommenden Aphodi- Da die unbeschatteten Flächen der Unter- en coprophag und demnach streng substrat- suchungsfläche aus der Gruppe „IG“ relativ gebunden sind, haben auf die Dominanz- viel Raum einnehmen, können sich hier rela- struktur hauptsächlich das Substrat und erst tiv große Populationen eurytoper Heu- mittelbar Standortfaktoren Einfluß. Dies läßt schrecken halten. Da hier nur singende sich mit der relativen Abgeschlossenheit in Männchen erfaßt wurden, liegt die ohnehin bezug auf Stoff- und Energiefluß erklären, schon höchste Gesamtabundanz sicherlich wodurch der Indikatorwert der Taxa erheb- erheblich höher. Aufgrund der geringen Ar- lich leidet. Hinzu kommt die Artenarmut der ten- und der geringsten Individuenzahl muß Taxocoenose, die unter dem atlantischen die Heuschreckenfauna der Fläche RS 1 als Einfluß im Gebiet noch verstärkt wird. So stark verarmt eingestuft werden. Das Arten- sind Unterschiede nur mit Vorsicht zu inter- muster an diesem Standort ist mit dem Spek- pretieren, zumal eine gleiche Probenbe- trum kurzrasiger Kleinflächen im innerstädti- schaffenheit nicht gegeben war (Ein anderer schen Bereich, wie z. B. den Fallenstandor- Sukzessionszustand im untersuchten Ko- ten RS 4, am ehesten vergleichbar. Das glei- thaufen wäre beim Vergleich ein ebenso che Bild eines verarmten Artenspektrums mit großer Fehler, wie eine fälschlicherweise in geringen Individuendichten bietet der Un- einem anderen Habitattyp aufgestellte BAR- tersuchungsstandort WD 3, der wahrschein- BER-Falle einer Serie). Demnach ist jeglicher lich schon wegen seiner hohen Beweidungs- ökologischer Vergleich unter diesen Voraus- intensität kaum Vorraussetzungen für eine setzungen nur formal und ohne Grundlage hohe Artendichte bietet. In diesen Flächen (AHRENS 1993). Nicht zuletzt sind diese Fau- macht sich das Fehlen eines breiten Ni- nenelemente durch die enge Substratgebun- schenangebots deutlich bemerkbar. Im Er- denheit aber exklusive Elemente auf Wei- gebnis der Untersuchungen zeigte sich, daß

Übrige Coleopteren (Arten der Bodenoberfläche) 60 3,5 Akt.-Artenzahl Artendichte 3 50

2,5 40

2 30 1,5 Artenzahl Artendichte 20 1

10 0,5

0 0 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8

Abb. 25. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen mit den Aktivitätsartendichten der übrigen Coleopteren (Arten der Bo- denoberfläche) auf den Gartenstandorten SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 73 die Artenzusammensetzung der innerstädti- hingegen traten Spezies auf, die empfindlich schen Grünlandflächen durch ihre Struktur- auf mechanischen Beeinträchtigungen rea- vielfalt bestimmt wird. Dies ist insbesondere gieren. So konnten hier vorwiegend Arten in den suburbanen reich strukturierten und mit einer Präferenz für zeitweilig ungestörte, mosaikartig mit randlich gelegenen Gehölz- offene Lebensräume nachgewiesen werden. strukturen verzahnten Grünlandflächen in- Unterschiede zwischen den Flächen beruh- nerhalb der alten und neuen Stadtparkanla- ten vor allem auf Randeffekten sowie auf gen (WS 3, WS 4) sowie z. B. dem Wiesena- Abweichungen in der Bodenfeuchte. Die real des Komplexes „IG“ anhand der vorge- Schurrasen spielen gegenüber den anderen fundenen Artenspektren deutlich ersichtlich. städtischen Grünlandtypen höchstens als Im Ergebnis der Auswertung kristallisieren Rast- und Besonnungsplätze eine Rolle. Da sich die reich strukturierten Grünlandflächen sich der Artenbesatz auf den Schurrasen- mit nicht zu hohen Bewirtschaftungsgrad als flächen eher durch die Strukturvielfalt der faunistisch interessanteste Flächen innerhalb Flächen, ihre Ausdehnung und das vorlie- der Stadt heraus. Monotone Grünflächen, gende Nahrungsangebot als durch ihre Ver- die der üblichen intensiven „Grünlandpfle- zahnung oder räumliche Distanz bestimmt ge“ unterliegen, wiesen ein eindeutig ärme- wurde, muß der Schluß gezogen werden, res Artenspektrum als extensiv gepflegte daß die anthropogen verfremdeten Schurra- oder zeitweilig ungestörte Standorte auf. senflächen der Innenstadt als „Trittsteine“ Die extensiv genutzten Weiden zeichneten für die Ausbreitung vieler Arten bzw. für die sich durch einen hohen Anteil exklusiver Ar- Wiederbesiedlung neugestalteter Grün- ten aus, die sich aufgrund vorhandener tem- flächen kaum eine Rolle spielen dürften. So- porärer Kleinsthabitate („Kuhfladen“) sowie wohl flugaktive Carabiden- und Staphyli- durch Änderung der Struktur und des Mi- nidenarten als auch zahlreiche Spinnen kön- kroklimas infolge Tritt etablieren konnten. nen nach vorliegenden Erfahrungen aus an- Auf den nur geringfügig genutzten Wiesen deren urbanökologischen Untersuchungen

Übrige Coleopteren (Arten der Krautschicht)

60 3,5 Akt.-Artenzahl 3 50 Artendichte

2,5 40 2 30 1,5 Artenzahl Artendichte 20 1

10 0,5

0 0 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8

Abb. 26. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen mit den Aktivitätsartendichten der übrigen Coleopteren (Arten der Krautschicht) auf den Gartenstandorten 74 Insecta, Berlin, 5 (1997) geeignete Biotope über große Entfernungen von Artenzahl und Artendichte. Ausnahmen erreichen und bei störungsfreier Entwicklung bildeten die strukturreichen Standorte GÄ 5, des Lebensraumes selbst innerhalb städti- GÄ 7 und GÄ 8, die höhere Artendichten er- scher Ballungszentren stabile Populationen reichten (s. Abb. 25). Bei den Arten der aufbauen. Weiterhin war bemerkenswert, Krautschicht korrelierten außer auf der daß sich in der Präferenz für bestimmte Fläche GÄ 5 ebenfalls Artenzahl und -dichte, Flächen doch deutliche Unterschiede zwi- wenn die geringen Werte diese Aussage schen den Tiergruppen ergaben (z. B. überhaupt zulassen (s. Abb. 26). Das Un- „Quellstrukturen“ der Carabiden und Sta- gleichgewicht auf der Fläche GÄ 5 war auch phyliniden). schon bei den Carabiden zu beobachten (s. Abb. 23), der Anteil permigrierender Arten 5. 2. Gehölze und Gärten scheint hier besonders hoch zu sein. Die Ar- Auch bei der Betrachtung der Artenzahlen tendichten bei den Arten der Bodenober- der Gehölze und Gärten muß wiederum das fläche bei den übrigen Coleopteren korre- Verhältnis von Artendichte und Artenzahl lierten im wesentlichen mit den Artenzahlen berücksichtigt werden. Unter den Carabiden (s. Abb. 20). korrelierte auf Standort GÄ 5 die Artendich- Die Artendichte wurde ebenso wie die te nicht mit der relativ hohen Artenzahl; der Abundanzsummen der holometabolen Lar- Anteil permigrierender Arten war also wahr- ven als ein wichtiges Argument bei der Er- scheinlich relativ hoch. Eine gleichzeitige mittlung der „Quellstrukturen“ berücksich- Präsenz vieler Arten war nur auf den Stan- tigt. Wie aus Abbildung 27 ersichtlich, wies dorten GH 1 und GH 8 gegeben. Das weist der Standort GH 6 die höchste Abundanz bei auf einen hohen Anteil indigener Arten hin den holometabolen Larven auf. Damit kri- (s. Abb. 24). Bei den übrigen Käfern in den stallisierte er sich wie die Standorte GH 1 Gärten zeigte sich bei den Arten der Bode- und GH 8 als „Quellstruktur“ für die Carabi- noberfläche eine weitgehende Korrelation denfauna der Gehölzflächen Greifswalds

Carabidae 250 4 Akt.-Abundanzsumme der Carabiden 3,5 Akt.-Abundanzsumme der 200 holomet. Larven 3 Akt.-Artendichte der Carabiden 2,5 150

2 Abundanz

100 Artendichte 1,5

1 50 0,5

0 0 GH GH GH GH GH GH GH GH GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ GÄ 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8

Gehölze Gärten

Abb. 27. Vergleich der Aktivitätsabundanzsummen der Carabiden und der holometabolen Larven mit den Akti- vitätsartendichten der Carabiden auf den Gehölz- und Gartenstandorten SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 75 heraus. Letzterer stellt eine kleinflächige sich die drei strukturreichen Gärten GÄ 5, Zierholzanpflanzung inmitten eines Neubau- GÄ 7 und GÄ 8 als „Quellstrukturen“ heraus gebietes dar, in der die Immigration aus den (s. Abb. 28). Der Strukturreichtum unter- anliegenden Nachbarflächen eine wesentli- scheidet diese Flächen von den vorwiegend che Rolle zu spielen scheint. Weiterhin als Grabeland genutzten restlichen Standor- konnte festgestellt werden, daß die Garten- ten sowie vom stark isolierten Standort GÄ3. standorte nur sehr geringe Abundanzen bei Die in auf den Grünländern dominieren- den holometabolen Larven aufwiesen und den Lycosiden fehlten in den Gehölzen und folglich als „Quellstrukturen“ eine unterge- Gärten gänzlich bzw. treten kaum in Erschei- ordnete Bedeutung besitzen (s. Abb. 27). Bei nung. Statt dessen nahmen mit wenigen einem Vergleich der Standorte fällt auf, daß Ausnahmen Vertreter der Linyphiiden die die innerstädtischen Gehölzstandorte von oberen Ränge der Aktivitätsabundanz ein wenigen Arten, wie vor allem Nebria brevi- (BROEN 1994). Auffallend innerhalb des fest- collis und Carabus nemoralis, dazu auch gestellten Spinnenspektrums war die starke Pterostichus niger, Pt. melanarius, Carabus Heterogenität der Artenassoziationen hin- auratus, Calathus rotundicollis und Harpa- sichtlich der ökologischen Anspruchsbreite lus rufibarbis geprägt waren. Diese zumeist der einzelnen Spezies. Das geht wahrschein- feuchteliebenden Arten traten auf fast allen lich auf die enge Verzahnung sehr verschie- Gehölzflächen mit erhöhten Abundanzen den strukturierter Offenflächen des Stadta- auf. reals mit den untersuchten Gehölzen und Da eine „Quellstrukturen“-Analyse für die Gärten zurück, die zu starken Randeinflüs- Arten der Krautschicht auf der Basis von Bo- sen und zur Vermischung der typischen Ar- denfallenfängen wenig sinnvoll ist, wurde tengruppen mit Spinnen führt, die ihr darauf verzichtet. Bei der Analyse der Schwerpunktvorkommen in anderen Bioto- „Quellstrukturen“ für die Coleopterenfauna pen, vor allem auf Grünlandflächen, haben. des Bodens der städtischen kristallisierten Das festgestellte Faunenbild wurde ferner

Übrige Cole opte re n (Arte n de r Bode nobe rfläche ) 160 3,5 Akt .-Abundanzsumme der übrigen Coleoptera (Arten der Bodenoberfläche) 140 Akt .-Abundanzsumme der holomet . Larven 3 Akt.-Artendichte der übrigen Coleoptera (Arten der Bodenoberfläche) 120 2,5

100 2

80 Abundanz

1,5 Artendichte 60

1 40

0,5 20

0 0 GÄ 1 GÄ 2 GÄ 3 GÄ 4 GÄ 5 GÄ 6 GÄ 7 GÄ 8

Abb. 28. Vergleich der Aktivitätsabundanzsummen der übrigen Coleopteren (Arten der Bodenoberfläche) und der holometabolen Larven mit den Aktivitätsartendichten der übrigen Coleopteren (Arten der Bodenoberflächen) auf den Gartenstandorten 76 Insecta, Berlin, 5 (1997) durch eine Anzahl synanthroper Arten diver- (Leitart des Buchenwaldes) folgende Arten sifiziert, die an menschliche Behausungen zu nennen: Dicymbium tibiale, Gonatium oder unbewohnte Nutzbauten gebunden rubellum, Diplocephalus picinus, Ceratinel- sind, aber auch regelmäßig in deren Nähe la brevis, Lepthyphantes tenebricola und angetroffen werden können (BROEN 1994). Diplocephalus latifrons. Neben diesen rund Innerhalb der Untersuchung traten dabei 77% der gefangenen Individuen stellenden zwei faunistisch auffällig reich ausgestattete Waldarten traten die in einem oder wenigen Standorte, der Standort GH 1 und die als Er- Exemplaren gefundenen Spinnenarten völlig len-Eschenbruch definierbare Fläche GH 6, in den Hintergrund (BROEN 1994). Die unter- hervor. Beide Biotope können als „Quell- suchten Gärten boten hinsichtlich der Spin- strukturen“ für die städtische Spinnenfauna nenfauna ein recht uneinheitliches Bild. der Gehölze aufgefaßt werden (BROEN Während an den Standorten GÄ 2, GÄ 3, 1994). Die strukturellen Besonderheiten des GÄ 4, GÄ 7 und GÄ 8 typische Gartenarten Fläche GH 1 (Habitatvielfalt auf engstem prägend für das Faunenbild waren, domi- Raum) mit seiner räumlichen Nähe zu Wie- nierten am Standort GÄ 1 mit Erigone atra sen und Gehölzen bieten offenbar Nischen und E. dentipalpis zwei grünlandpräferiern- für eine Vielzahl von Araneen, die aus den de Zwergspinnen. Der Standort GÄ 6 war benachbarten Lebensräumen einstrahlen. insgesamt so individuenarm, daß keine Das drückte sich sowohl in der großen Ar- nähere Bewertung möglich war (BROEN tenzahl von 56 Spezies als auch in der von 1994). den anderen 15 Flächen abweichenden Zu- Der Vergleich der beiden Untersuchungs- sammensetzung des Spinnenspektrums aus. flächen (GÄ 10 und GH 1) anhand ihres ge- Der Standort GH 6 nahm insofern eine Son- meinsamen Artenspektrums an aculeaten derstellung ein, als er in auffälliger Häufung Hymenopteren zeigte eine große Ähnlich- Arten beherbergte, die charakteristisch für keit. Dies wird durch eine Artenidentität die Buchenwälder und/oder bodenfeuchten (Mengenquotient) von 38% und einer Do- Laubmischwälder des Greifswalder Gebietes minantenidentität (Renkonen-Zahl) von sind. Darunter sind neben 73% dokumentiert. Der Reichtum an Arten

Carabidae 50 7 Akt.-Artenzahl 45 Akt.-Artendichte 6 40

35 5

30 4 25 3

Artenzahl 20 Artendichte

15 2 10 1 5

0 0 RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Ruderalstandorte

Abb. 29. Vergleich der Aktivitätsartenzahlen mit den Aktivitätsartendichten der Carabiden auf den Ruderalstand- orten SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 77 am Stadtwall (GH 2) läßt hier auf eine große dern (Leitart Epidapus flabellatus) drangen und nutzbare Strukturvielfalt schließen. Der bis in die ausschließlich aus Laubbäumen mit in nahezu jeder Gruppe hohe Singularitätsin- dichtem Strauchwerk bestehenden Wallan- dex belegt die Exklusivität dieser Fauna, lagen (GH 2) vor. Am Beispiel von E. flabel- weshalb der Artenbesatz durchaus als wert- latus und Zygoneura sciarina zeigt sich, daß voll einzuschätzen war. Insgesamt wurden der Standort GH 1 mit seinen Altholzbestän- zwei Faltenwespen-, drei Grabwespen- und den aufgrund seiner relativen Natürlichkeit acht Bienenarten als Erstnachweise für ein Massenauftreten dieser Arten erlaubt. Mecklenburg-Vorpommern registriert. Wei- Von dort strahlten sie über extensiv genutz- tere Spezies sind derzeit von weniger als fünf te, mit älteren Obstbäumen bestandene Fundorten bekannt. Infolgedessen muß der Stadtrandgärten bis in die Wallanlagen mit Stadtwall als zumindest „regional bedeutsa- ihrem Altbaumbestand im Stadtkern ein, me” Fläche eingestuft werden (WAGNER dieserlaubteineCharakterisierungdes Stand- 1995). ortes GH 1 als „Quellstruktur“. Bewohner Erwartungsgemäß dominierten bei den von Agrozönosen (Leitart Bradysia strenua, Untersuchungen zur Sciariden-Fauna Arten auch B. angustipennis) hingegen haben die der Bodenstreu. Von den Totholzverwertern rasenfreien Rabatten und intensiv bearbeite- konnten nur zwei Arten an den Standorten ten Gemüsegärten bis in den Stadtkernbe- WS 3 (Trichosia morio), GÄ 10 (Xylosciara reich hinein erobert (Fallenstandorte GÄ 9, heptacantha) und GH 2 (beide) nachgewie- IG und GH 8) (MOHRIG 1994, 1995, 1995). sen werden. Die bodenbewohnenden Arten Das vielfältige Mosaik stadttypischer lassen sich dabei in Bewohner der Boden- Gehölzflächen, wie Zierstrauchstreifen, streu von Laub- und Nadelwäldern sowie in Parks und Friedhöfe mit Altholzbeständen, Bewohner der oberen wurzelreichen Boden- Obst- und Gemüsegärten, in räumlich be- schicht von Freiflächen, wie Wiesen/Weiden nachbarter, oft eng verflochtener Lage bie- und Ackerflächen, einteilen. tet einer Vielzahl von Arten Entwicklungs- Streuschichtbewohner von Laubmischwäl- möglichkeiten, wie sie in naturnahen Stan-

Carabidae 600 6,5 Akt.-Abundanzsumme der Carabiden 6,0 Akt.-Abundanzsumme der 5,5 500 holomet. Larven Akt.-Artendichte der 5,0 Carabiden 4,5 400 4,0 3,5 300 3,0 Abundanz 2,5 Artendichte 200 2,0 1,5 100 1,0 0,5 0 0,0 RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD RD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Ruderalstandorte

Abb. 30. Vergleich der Aktivitätsabundanzsummen der Carabiden und der holometabolen Larven mit den Akti- vitätsartendichten der Carabiden auf den Ruderalstandorten 78 Insecta, Berlin, 5 (1997) dorten vergleichbarer Ausdehnung nicht an- 5. 3. Ruderalstandorte zutreffen sind. Unterstützt wird dieser Die Bewertung der innerstädtischen Ru- Saumzönoseneffekt auf kleinstem Raum deralflächen erforderte wiederum eine Be- noch durch ein schnell wechselndes Beson- stimmung der „Quellstrukturen“. Bei den nungs- und Schattenmosaik mit entspre- Carabiden korrelierte auf dem Standort RD 3 chendem Einfluß auf Bodentemperatur und die Artendichte nicht mit der relativ hohen Bodenfeuchte. Die Artenspektren innerhalb Artenzahl, der Anteil permigrierender Arten der naturnahen Gehölzstrukturen setzten war also wahrscheinlich relativ hoch. Eine sich vorwiegend aus indigenen Spezies zu- gleichzeitige Präsenz vieler Arten war hinge- sammen, während innerhalb der kleinflächi- gen auf den Flächen RD 2, RD 4, RD 5, und geren Strukturen der Siedlungsflächen, ins- RD 6 gegeben. Das weist auf einen hohen besondere der Neubaugebiete, ein hoher Anteil indigener Arten auf diesen Standorten Anteil permigrierender Arten auftrat. Die in- hin (s. Abb. 29). Bei der „Quellstrukturen“- tensiv bearbeiteten Gärten waren durch feh- Analyse fällt der Standort RD 3 infolge der lende Bodenstreu, eine nur lückenhafte mit Abstand höchsten Abundanz unter den Pflanzendecke mit den bekannten Auswir- holometabolen Larven auf. Damit muß er als kungen auf das Mikroklima sowie durch er- eine „Quellstruktur“ der Carabidenfauna höhten Insektizideinsatz gekennzeichnet. angesehen werden. Außerdem kristallisier- Dieser Faktorenkomplex stellte sicherlich ein ten sich die Standorte RD 2, RD 4 und RD 5 Grund für die relative Artenarmut innerhalb aufgrund ihrer überdurchschnittlich hohen der beprobten Strukturen dar. Desweiteren Werte ebenfalls als „Quellstrukturen“ der kam erschwerend hinzu, daß die Heteroge- Carabidenfauna der Ruderalflächen Greifs- nität der Kleingärten und die hohe Intensität walds heraus (s. Abb. 30). der Bearbeitung während des Beprobungs- Im Ergebnis der Analyse der Spinnenfauna zeitraumes eine detaillierte Auswertung stellte sich die überdurchschnittliche Bedeu- kaum zuließ. Eine Ausnahme bildeten dabei tung der Standorte RD 1 und RD 2 heraus. die Flächen GÄ 10 und GH 1, auf den hohen Die Untersuchungsfläche RD 2 nahm hin- Wert Botanischer Gärten und Arboreta wur- sichtlich des Araneeninventars eine Sonder- de auch schon von anderer Seite verschie- stellung ein. Im Gegensatz zu allen anderen dentlich hingewiesen (DORN 1977, BISCHOFF Untersuchungsflächen trat auf dieser ehe- 1994). Diese Flächen erfüllen eine wichtige maligen Ackerfläche mit Oedothorax retu- Funktion als Rückzugs- sowie Ausbreitungs- sus eine Zwergspinne eudominant (24,5%) gebiete und damit als „Quellstrukturen“ in Erscheinung, die an Pionierstandorten als vornehmlich für arboricole Arthropodenar- typischer r-Stratege rasch starke Populatio- ten (WAGNER 1995). nen aufbauen kann. Die Begleitart Erigone Der Vergleich der aus allen Gruppen ge- atra zeigte auf dieser Fläche mit 8,6% eben- wonnenen Ergebnisse zeigt sich ein sehr in- falls einen beachtlichen Dominanzwert, der teressantes Bild: Während die Gärten eine auf keiner der anderen Flächen erreicht wur- eher untergeordnete Rolle als „Quellstruk- de. Innerhalb der Untersuchungsfläche RD 1 turen“ der innerstädtischen, an Gehölzstruk- traten vor allem Spinnen auf, die eher dürfti- turen gebundenen Faunenelemente spielen, ge und stark belichtete Ruderalflächen prä- zeichnen sich für die epigäisch und für die ferieren und infolgedessen auf den anderen hypergäische lebende Fauna unterschiedli- Arealen schwächer vertreten waren oder che Präferenzen ab. Während die Spinnen gänzlich fehlten (BROEN 1995). und Laufkäfer ihre „Quellstrukturen“ vor al- Von den vier Ruderalflächen, auf denen lem in relativ naturnahen, etwas großflächi- die aculeaten Hymenopteren untersucht geren Gehölzen haben, bildet für die inner- wurden, stellte sich nur die Fläche RD 5 als städtischen aculeaten Hymenopteren und bemerkenswert heraus. Drei Grabwespen- Sciariden der innerstädtische Stadtwall die und drei Bienenarten wurden ausschließlich wichtigste „Quellstruktur“. auf dieser Fläche gefunden. Damit muß sie SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald 79 als sehr wertvoll für die innerstädtische, acu- strukturen“ für die innerstädtische Fauna ei- leate Hymenopterenfauna interpretiert wer- ne wichtige Rolle spielen. den. Auf den restlichen Untersuchungs- flächen setzt sich das Arteninventar vor- 6. Zusammenfassung nehmlich aus Ubiquisten und synanthropen Arten zusammen (WAGNER 1995). Auf der Grundlage mehrjähriger Untersu- Die auf ihre Heuschreckenfauna unter- chungen auf ausgewählten Repräsentanz- suchten innerstädtischen Ruderalstandorte flächen entlang eines West-Ost-Transsekts unterscheiden sich in ihrer Artenausstattung wurden in größtmöglichem Umfang Biotop- erwartungsgemäß gravierend von den rei- kartierungen innerstädtischer Bereiche ver- nen Grünlandflächen, obwohl letztere nicht schiedener Nutzungsstruktur durchgeführt. selten räumlich eng benachbart sind. Mit O. Die Bestandserhebungen beinhalteten Un- viridulus, Tetrix undulata, T. subulata, C. tersuchungen innerhalb der Coleoptera (Ca- dorsalis und Tettigonia viridissima konnten rabidae, Staphylinidae, coprophage und 5 der insgesamt nachgewiesenen 13 Spezies übrige Coleoptera), Hymenoptera (Ves- ausschließlich hier erfaßt werden. Die wert- poidea, Sphecoidea, Apoidea), Diptera vollsten Heuschreckenhabitate liegen, wie (Sciaridae), Araneae und Saltatoria. zu erwarten, am Rand des Stadtgebiets. Die untersuchten Strukturen unterschiedli- Herausragend ist die an der Peripherie der cher Nutzungsart bzw. -intensität wurden Stadt liegende Fläche RD 15. Sie bietet nicht hinsichtlich ihrer Bedeutung im Sinne einer nur fast allen in Greifswald vorkommenden städtischen Biotopvernetzung als Lebens- Arten einen entsprechenden Lebensraum, grundlage der einheimischen terrestrischen sondern weist zugleich den einzigen Fundort Evertebraten gekennzeichnet. Flächen, die von T. viridissima, Pholidoptera griseoptera, sich aufgrund des Nachweises der Autoch- T. undulata sowie T. subulata auf. thonie des Vorkommens faunistischer Ele- Die gewonnenen Daten deuten an, daß ei- mente oder der Einzigartigkeit der nachge- nige der Ruderalflächen aufgrund ihres spe- wiesenen Lebensgemeinschaften als „Quell- zifischen Gefüges abiotischer und biotischer strukturen“ bzw. besonders bedeutsame in- Faktoren einer erheblichen Zahl von Arten nerstädtische Biotoptypen herausstellten, günstige Daseins- und Fortpflanzungsbedin- wurden herausgearbeitet. Diesen kommt im gungen bieten und standortspezifische Ta- Sinne der Entwicklung eines Biotopverbund- xozönosen bilden. Ferner ist ersichtlich, daß konzeptes der Stadt Greifswald eine beson- urbane Brachen mit ruderalem Gepräge eine dere Bedeutung zu. zumindest temporär stabile Insektenassozia- Abschließend erfolgt eine Auflistung be- tion beherbergen. Natürlich wird sich das merkenswerter Arten (Wieder-, Neufunde Artenbild im Falle ungesteuerter Sukzessi- bzw. Nachweise gefährdeter Spezies). onsabläufe auf den einzelnen Ruderal- Die Ergebnisse der vorliegenden Auswer- flächen einem kontinuierlichen Wandel un- tung sprechen dafür, daß sich die enge Ver- terliegen, jedoch können die durch Zutun netzung von Grünland- und Ruderalflächen des Menschen entstehenden Störungen der sowie von Gehölzen und Gärten im Greifs- Biotopstrukturen und damit auch ihres bio- walder Stadtgebiet außerordentlich günstig logischen Inventars zumindest bei einigen auf die Vielfalt der wirbellosen Tiere aus- betrachteten Gruppen (z. B. den Webspin- wirkt. Durch Anlage bzw. Erhaltung von nen) rasch ausgeglichen werden. strukturreichen Grünland- und Parkanlagen In Hinblick auf alle auf den Ruderalflächen sowie naturnahen Gärten als ein Mosaik von untersuchten Tiergruppen zeigt sich, daß dichtgelagerten Mikrohabitaten etablierte sich die „echten“ Ruderalflächen doch deut- sich ein reichstrukturierter Lebensraum. Hier liche Unterschiede zu den ruderaliserten traten teilweise höhere Individuendichten Grünländern aufwiesen. So waren es auch und größere Artkonzentrationen als im Um- zumeist die ersteren Flächen, die als „Quell- land auf. 80 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Die aus den Untersuchungen gewonnenen strukturreichen Gehölzstrukturen aufgrund Erkenntnisse unterstützen nachhaltig die For- der hohen Dichten spezialisierter Arten eine derung von Stadtökologen, die Mosaikstruk- immense Bedeutung für den Erhalt der inner- turen der Stadt zu fördern, sie reichhaltiger städtischen Arthropodenfauna besitzen. Zu- zu gestalten, in vertretbarem Maße Be- sätzlich schließt die Bewahrung der Struktur- standsabfälle (Rasenschnitt, Zweigdeponie) vielfalt Greifswalds auch den Erhalt der ex- zu belassen oder unauffällig abzulagern, eine tensiv genutzten Weiden sowie der rudera- enge Vernetzung der unterschiedlichen Ha- len innerstädtischen Flächen ein. bitate zu erreichen und die Stadt in den Bio- Die Stadt ist zweifellos kein Ersatz für ein topverbund des Umfeldes einzubeziehen. geschädigtes Umfeld, aber durchaus berei- Desweiteren sollte daraufhin gewirkt wer- chernder Lebensraum für Arten, die in den, daß auf den Einsatz von Herbiziden und flächenbereinigten Wirtschaftszonen keine Rasendünger im Interesse eines artenreichen optimalen Lebensbedingungen haben. Das Wohnumfelds verzichtet wird. Die detaillier- Beispiel Greifswalds bestätigt, daß die durch ten Auswertungen anhand der Indikator- Urbanisation hervorgerufene Fragmentie- gruppen machen zudem deutlich, daß exten- rung der Landschaft nicht notwendigerweise siv genutztes bzw. brachliegendes Grünland zur drastischen Verarmung an Insekten infolge der hohen Aktivitätsdichten sowie die führen muß.

7. Literatur

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Anschriften der Verfasser: Dipl.-Biol. SONJA HENNICKE, Zoologisches Institut und Museum EMAU, Bachstraße 11/12, D-17489 Greifswald, Dipl-Biol. THOMAS MARTSCHEI, Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz Greifswald, Am St. Georgsfeld 12, D- 17489 Greifswald, Prof. Dr. GERD MÜLLER-MOTZFELD, Zoologisches Institut und Museum EMAU, Bachstraße 11/12, D-17489 Greifswald 82 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Anhang

Artenliste der Käfer, Spinnen, Hautflügler, Trauermücken, Heuschrecken, die in den vorlie- genden Untersuchungen auf den verschiedenen Biotoptypen (WD=Weide, WS=Mähwiese, RS=Schurrasen, GH=Gehölz, GÄ=Garten, RD=Ruderalflächen) in Greifswald nachgewiesen wurden (x=nachgewiesen, - = nicht nachgewiesen, =nicht untersucht).

WD WS RS IG GH GÄ RD Coleoptera Carabidae Acupalpus meridianus (LINNÉ,1761) -----x- Agonum afrum (DUFTSCHMID,1812) ----x-x Agonum muelleri (HERBST,1784) xxxx-xx Agonum sexpunctatum (LINNÉ,1758) ------x Agonum viduum (PANZER,1797) x ------Amara aenea (GEER,1774) xxxxxxx Amara apricaria (PAYKULL,1790) x - x - - x x Amara aulica (PANZER,1797) x x - - - x x Amara bifrons (GYLLENHAL,1810) -x-xxxx Amara brunnea (GYLLENHAL,1810) ----x-- Amara communis (PANZER,1797) xxxxxxx Amara consularis (DUFTSCHMID,1812) - - x ---- Amara convexior STEPHENS,1828 ------x Amara eurynota (PANZER,1797) ------x Amara familiaris (DUFTSCHMID,1812) xxxxxxx Amara fulva (MÜLLER,1776) x - x - - x x Amara fusca DEJEAN,1828 ------x Amara ingenua (DUFTSCHMID,1812) - x - - - x x Amara lunicollis SCHIÖDTE,1837 xxxx-xx Amara majuscula CHAUDOIR,1850 -----xx Amara plebeja (GYLLENHAL,1810) xxxxxxx Amara similata (GYLLENHAL,1810) x x x - x x - Amara spreta DEJEAN,1831 x x - - - x x Anchomenus dorsalis (PONTOPPIDAN,1763) - x - - x x x Anisodactylus binotatus (FABRICIUS,1787) x x - xxxx Asaphidion curtum HEYDEN,1870 ----xx- Asaphidion flavipes (LINNÉ,1761) - - x - - x x Badister bullatus (SCHRANK,1798) x x x - x x x Badister dorsiger (DUFTSCHMID,1812) ------x Badister lacertosus STURM,1815 - x - -x-x Badister peltatus (PANZER,1797) ------x Badister sodalis (DUFTSCHMID,1812) - x - - x x - Bembidion biguttatum (FABRICIUS,1779) x x - x x - x Bembidion femoratum STURM,1825 -----x- Bembidion gilvipes STURM,1825 xxxxx-x Bembidion guttula (FABRICIUS,1792) x x-x--x Bembidion lampros (HERBST,1784) - x x x - x x Bembidion mannerheimii SAHLBERG,1827 - x x-x-x Bembidion obtusum SERVILLE,1821 ------x Bembidion properans (STEPHENS,1828) - xxxx-x Bembidion quadrimaculatum (LINNÉ,1761) - - x - - x - Bembidion tetracolum s.str. SAY,1823 x x - - x x x Bembidion transparens (GEBLER,1829) x ------Bradycellus csikii LACZO,1912 - x ----x Bradycellus harpalinus (SERVILLE,1821) ------x Bradycellus verbasci (DUFTSCHMID,1812) -----xx Broscus cephalotes LINNÉ,1758) ----x-x Calathus erratus (SAHLBERG,1827) ----xxx Calathus fuscipes (GOEZE,1777) xxxxxxx Calathus melanocephalus s.str. (LINNÉ,1758) xxxxxxx Calathus mollis (MARSHAM, 1802) ------x SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 83

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Calathus rotundicollis DEJEAN,1828 ----xxx Carabus auratus LINNÉ,1761 xxxxxxx Carabus coriaceus s.str. LINNÉ,1758 x x - -x-x Carabus granulatus s.str. LINNÉ,1758 x x x - x x x Carabus hortensis LINNÉ,1758 - x - - x - - Carabus nemoralis MÜLLER,1764 xxxxxxx Cicindela campestris LINNÉ,1758 ------x Clivina collaris (HERBST,1784) - x x ---- Clivina fossor (LINNÉ,1758) xxxxx-x Cychrus caraboides (LINNÉ,1758) ----xxx Dyschirius globosus (HERBST,1784) xxxxx-x Elaphrus cupreus DUFTSCHMID,1812 ----x-x Elaphrus riparius (LINNÉ,1758) x ------Epaphius secalis (PAYKULL,1790) ----x-x Europhilus fuliginosus (PANZER,1809) - x - -x-x Harpalus affinis (SCHRANK,1781) xxxxxxx Harpalus latus (LINNÉ,1758) - x - - x x x Harpalus quadripunctatus DEJEAN,1829 ----x-- Harpalus rubripes (DUFTSCHMID,1812) x x x - - x - Harpalus rufipalpis STURM,1818 ------x Harpalus tardus (PANZER,1797) x x - - - x x Harpalus xanthopus winkleri SCHAUBERGER,1923 ----x-- Laemostenus terricola (HERBST,1783) - -x-x-x Lasiotrechus discus (FABRICIUS,1792) x x ----x Leistus ferrugineus (LINNÉ,1758) - x - - x x x Leistus rufomarginatus (DUFTSCHMID,1812) - x - - x x x Leistus terminatus (HELLWIG,1793) x x - -x-x Loricera pilicornis (FABRICIUS,1775) x x x - x x x Masoreus wetterhallii (GYLLENHAL,1813) x ------Microlestes maurus (STURM,1827) - x ----- Microlestes minutulus (GOEZE,1777) - x x - - x x Nebria brevicollis (FABRICIUS,1792) xxxxxxx Notiophilus biguttatus (FABRICIUS,1779) - - - xxxx Notiophilus germinyi FAUVEL,1863 ------x Notiophilus palustris (DUFTSCHMID,1812) - x x-x-x Oodes helopioides (FABRICIUS,1792) ------x Ophonus rufibarbis (FABRICIUS,1792) x x - - x x x Oxypselaphus obscurus (HERBST,1784) - x ----x Panagaeus bipustulatus (FABRICIUS,1775) x ------Panagaeus cruxmajor (LINNÉ,1758) ------x Patrobus atrorufus (STRÖM,1768) x x x - x x x Philorhizus melanocephalus DEJEAN,1825 - x ----x Philorhizus notatus STEPHENS,1827 x ------Philorhizus sigma (ROSSI,1790) x x - - x - - Platynus assimilis (PAYKULL,1790) ----xxx Poecilus cupreus (LINNÉ,1758) x x x - x x x Poecilus versicolor (STURM,1824) xxxxxxx Pseudoophonus rufipes (DE GEER,1774) xxxxxxx Pterostichus anthracinus (ILLIGER,1798) x x - - - x - Pterostichus brunneus (STURM,1824) x - - -x-x Pterostichus diligens (STURM,1824) x x ----x Pterostichus guentheri (DEJEAN,1828) ----x-- Pterostichus melanarius (ILLIGER,1798) xxxxxxx Pterostichus niger (SCHALLER,1783) x x x - x x x Pterostichus nigrita (PAYKULL,1790) xxxxxxx Pterostichus oblongopunctatus (FABRICIUS,1787) x - - - x x x Pterostichus rhaeticus HEER,1838 ----xxx Pterostichus strenuus (PANZER,1797) xxxxxxx Pterostichus vernalis (PANZER,1796) xxxxx-x Stenolophus mixtus (HERBST,1784) ----x-x 84 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Stomis pumicatus (PANZER,1796) - x - - x - - Syntomus truncatellus (LINNÉ,1761) x x ----x Synuchus vivalis (ILLIGER,1798) x x x - x x x Trechoblemus micros (HERBST,1784) x x x - x x x Trechus obtusus ERICHSON,1837 xxxxxxx Trechus quadristriatus (SCHRANK,1781) x x - - - x x Trichocellus placidus (GYLLENHAL,1827) ----x-x

Dytiscidae Dytiscus marginalis LINNÉ ---- x Hydroporus angustatus STURM x - - - - Hydroporus planus (F.) x x x - -

Hydraenidae Helophorus aquaticus (LINNÉ) x x - - - Helophorus flavipes (F.) x x - - - Helophorus grandis ILL. x x - - - Helophorus granularis (LINNÉ) x x - - - Helophorus griseus HERBST - - x - - Helophorus nubilus (F.) - - x x x

Hydrophilidae Cercyon analis (PAYK.) ---- x Cercyon granarius ER. x x x - - Cercyon haemorrhoidalis (F.) ---- x Cercyon impressus (STURM) ---- x Cercyon lateralis (MARSH.) x x - - x Cercyon pygmaeus (ILL.) x - - - - Cercyon terminatus (MARSH.) x - - - - Cercyon unipunctatus (LINNÉ) x - - - - Cryptopleurum minutum (F.) ---- x Hydrobius fuscipes (LINNÉ) -x-x x Hydrophilus caraboides (LINNÉ) - x - - - Megasternum obscurum (MARSH.) xxxx x

Histeridae Abraeus granulum ER. ---- x Hister cadaverinus HOFFM. ---- x Hister striola SAHLB. ---- x Hister unicolor LINNÉ x - - - x Margarinotus carbonarius (HOFFM.) x - - - - Margarinotus purpurascens (HBST.) x x - - - Margarinotus stercoarius (HOFFM.) - x - - - Onthophilus sulcatus (F.) ---- x Saprinus semistriatus (SCRIBA) ---- x

Silphidae Necrophorus investigator ZETT. ---- x Necrophorus vespillo (LINNÉ) x x - - x Phosphuga atrata (LINNÉ) - x - - x Silpha obscura LINNÉ x x x - - Silpha tristis ILL. x x x - x Thanatophilus sinuatus (F.) x - - - -

Catopidae Catops fuliginosus ER. ---- x Catops morio F. - x - - - Catops nigricans (SPENCE) ---- x Catops picipes (F.) ---- x Catops tristis (PANZ.) x x - - - SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 85

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Choleva agilis (ILL.) x - - - - Choleva elongata (PAYK.) x - - - - Choleva fagniezi JEANN. x x - - - Choleva jeanneli BRITT. - x x - - Choleva oblonga LATR. x - - - x Ptomaphagus medius REY xxxx - Ptomaphagus sericatus (CHAUD.) - - x x x Ptomaphagus variicornis (ROSH.) ---- x Sciodrepoides watsoni (SPENCE) - x - - x

Liodidae Agathidium laevigatum ER. ---- x Agathidium varians (BECK) ---- x Colenis immunda (STURM) ---- x Liodes c.f.ovalis (SCHM.) - x - - - Liodes calcarata (ER.) ---- x Liodes obesa (SCHM.) ---- x Liodes rugosa STEPH. ---- x

Clambidae Clambus armadillo (GEER) x x - - - Clambus pubescens REDT. ---- x Clambus punctulum (BECK.) ---- x

Scydmaenidae Euconnus fimetarius (CHAUD.) ---- x Scydmaenus tarsatus MÜLL.KUNZE ---- x Scydmoraphes sparshalli (DENNY) - x - - -

Orthoperidae Sericoderus lateralis (GYLL.) xxxx x

Staphylinidae Acidota cruentata MANNH. x - - - Acrotona aterrima (GRAV.) x x - - Acrotona parvula (MANNH.) x x - - Acrotona pygmaea (GRAV.) x - - - Aleochara bilineata GYLL. - x - - Aleochara bipustulata (LINNÉ) xxxx Aleochara brevipennis GRAV. x x - - Aleochara curtula (GOEZE) xxxx Aleochara verna SAY - x - - Aloconota gregaria (ER.) xxxx Amischa analis (GRAV.) xxxx Amischa decipiens SHARP. x - x x Anotylus insecatus GRAV. - - x x Anotylus rugosus (GRAV.) xxxx Anotylus tetracarinatus (BLOCK) xxxx Aploderus caelatus (GRAV.) x - - - Atheta amplicollis (MULS.) - x - - Atheta atramentaria (GYLLH.) x - - - Atheta canescens SHARP. x - - - Atheta celata (ER.) x - - - Atheta crassicornis (F.) - x - - Atheta deformis (KRAATZ) -x-x Atheta elongatula (GRAV.) x x x - Atheta fungi (GRAV.) xxxx Atheta graminicola (GRAV.) - x x - Atheta ischnocera (THOMS.) - x - - Atheta longicornis (GRAV.) x - - - 86 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Atheta macrocera (THOMS.) x x - - Atheta nigra (KR.) - x x - Atheta nigripes (KR.) - x - - Atheta oblita (ER.) -x-x Atheta orbata (ER.) xxxx Atheta orphana (ER.) - x - - Atheta ravilla (ER.) - - x - Atheta scotica ELL. x - - - Atheta sodalis (ER.) - - x - Atheta triangulum (KR.) - x - - Atheta xanthopus THOMS. - - - x Bledius longulus ER. -x-x Bolitobius castaneus (STEPH.) x x - - Brundinia marina (MULS.REY) - - - x Calodera cochlearis ASSING x - - - Carpelimus bilineatus (STEPH.) - x - - Carpelimus corticinus (GRAV.) x x - x Carpelimus elongatulus ER. - x - - Carpelimus pusillus (GRAV.) x - - x Carpelimus rivularis MOTSCH. x - - - Cordalia obscura (GRAV.) - x x - Dinaraea angustula (GYLLH.) xxxx Drusilla canaliculata (F.) - x x x Encephalus complicans WESTW. - x - - Euaesthetus laeviusculus MANNH. x - - - Falagria caesa (ER.) - x - - Gabrius pennatus SHARP. xxxx Gabrius subnigritulus (RTT.) -x-x Gabrius vernalis (GRAV.) x x - - Geostiba circellaris (GRAV.) x x x - Gyrohypnus liebei SCHEERP. x x - - Gyrohypnus scoticus JOY xxxx Heterothops dissimilis (GRAV.) x x x - Ilyobates subopacus PALM x - - - Lathrimaeum atrocephalum (GYLL.) x x - - Lathrimaeum unicolor (MARSH.) x x - - Lathrobium brunnipes (F.) - x - - Lathrobium dilutum ER. - x - - Lathrobium fulvipenne (GRAV.) xxxx Lathrobium longulum GRAV. x - - - Lathrobium ripicola CZWAL. x x - - Lathrobium volgense HOCHH. x x - - Liogluta alpestris nitidula (KRAATZ) xxxx Liogluta pagana (ER.) - - x - Megarthrus denticollis (BECK.) x - - - Metopsia similis ZERCHE - x - - Mycetoporus erichsonanus FAGEL x x x - Mycetoporus lepidus (GRAV.) x x x - Mycetoporus splendidus (GOEZE) x x - x Myllaena dubia (GRAV.) x - - - Nehemitropia lividipennis (MANNH.) - x - - Ocypus aeneocephalus (DEG.) x - - - Ocypus ater (GRAV.) -x-x Ocypus brunnipes (F.) - x - - Ocypus compressus (MARSH.) - x - - Ocypus fuscatus (GRAV.) xxxx Ocypus globulifer (GEOFFR.) x x - x Oligota pumilio KIESW. xxxx Oligota pusillima (GRAV.) xxxx Olophrum assimile (PAYK.) x x - x SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 87

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Omalium caesum GRAV. - x x - Omalium rivulare (PAYK.) - x - - Othius melanocephalus (GRAV.) x x x - Othius punctulatus (GZE.) - x - - Ousipalia caesula (ER.) x x - - Oxypoda abdominalis (MANNH.) x x - - Oxypoda brachyptera STEPH. xxxx Oxypoda brevicornis STEPH. x x - - Oxypoda exoleta ER. xxxx Oxypoda filiformis REDTENB. - x - - Oxypoda haemorrhoa (MANNH.) xxxx Oxypoda longipes MULS. REY - x x - Oxypoda praecox ER. x x - - Oxypoda procerula MANNH. x x - - Oxypoda soror THOMS. x - - - Oxypoda tarda SHARP. xxxx Oxypoda testacea ER. x x - - Oxypoda vicina KR. - x - - Philonthus carbonarius (GRAV. nec GYLL.) xxxx Philonthus cognatus STEPH. xxxx Philonthus cruentatus (GMELIN) x - - - Philonthus decorus (GRAV.) x x - x Philonthus laminatus (CREUTZ.) xxxx Philonthus mannerheimi FAUV. - x - - Philonthus marginatus (STROEM) x - - - Philonthus nitidicollis LAC. - - - x Philonthus rectangulus SHP. x - - - Philonthus sordidus (GRAV.) - x - - Philonthus spermophili GANGLB. x x - - Philonthus splendens (F.) x - - - Philonthus varians (PAYK.) x - - - Plataraea brunnea (F.) - x x x Platydracus stercorarius (OL.) - - x - Platystethus arenarius (FOURC.) x - - - Pycnota paradoxa MULS.&REY x x - - Quedius boops (GRAV.) x x - x Quedius curtipennis BERNH. xxxx Quedius fuliginosus (GRAV.) x x - x Quedius longicornis KR. x x - - Quedius molochinus (GRAV.) x x - x Quedius nigrocoeruleus FAUV. - x x - Quedius nitipennis STEPH. x x - x Quedius ochripennis (MÈN.) - - x - Quedius semiaeneus STEPH. - - x x Quedius tristis (GRAV.) xxxx Rugiles rufipes (GERM.) x x - - Rugilus erichsoni FAUV. x x - - Sepedophilus marshami (STEPH.) x x x - Sepedophilus pedicularius (GRAV.) x x - - Stenus bimaculatus GYLL. - x - - Stenus brunnipes STEPH. x x x - Stenus clavicornis (SCOP.) xxxx Stenus fulvicornis STEPH. x x - - Stenus impressus GERM.. - x - - Stenus juno (PAYK.) x x x - Stenus pusillus STEPH. x x - - Sunius bicolor (OL.) - x x - Tachinus corticinus (GRAV.) xxxx Tachinus lignorum (LINNÉ) - - x - Tachinus marginellus (F.) x x x - 88 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Tachinus signatus GRAV. xxxx Tachyporus atriceps STEPH. -x-x Tachyporus chrysomelinus (LINNÉ) xxxx Tachyporus dispar (PAYK.) xxxx Tachyporus hypnorum (LINNÉ) x x - - Tachyporus nitidulus (F.) xxxx Tachyporus pusillus GRAV. xxxx Tinotus morion (GRAV.) x - - - Trichiusa immigrata LOHSE -x-x Xantholinus laevigatus (JAC.) x x - - Xantholinus linearis (OL.) xxxx Xantholinus longiventris HEER xxxx Zyras humeralis (GRAV.) - x x x

Micropeplidae Micropeplus fulvus ER. - - x -

Cantharidae Cantharis fusca LINNÉ x x x - - Cantharis lateralis LINNÉ x - - - - Cantharis livida LINNÉ ---- x Cantharis pellucida F. - x - - - Cantharis rufa LINNÉ x x - - -

Malachiidae Charopus flavipes (PAYK.) x x - - - Malachius spinipennis GERM. x - - - - Malachius viridis F. - x x - -

Melyridae Dasytes plumbeus (MÜLL.) ---- x

Elateridae Adelocera murina (LINNÉ) - x x x x Adrastus pallens (F.) ---- x Agriotes lineatus (LINNÉ) xxxx - Agriotes obscurus (LINNÉ) ---- x Agriotes sputator (LINNÉ) - x x x - Athous haemorrhoidalis F. - x - - x Cidnopus minutus (LINNÉ) x x - - - Dicronychus asellus (ER.) ---- x Hemicrepidius hirtus (HBST.) - x - - - Hemicrepidius niger (LINNÉ) x x x - - Limonius aeneoniger (GEER) ---- x Melanotus rufipes (HBST.) ---- x

Throscidae Throscus carinifrons BONV. ---- x

Buprestidae Trachys fragariae BRISOUT x x - - -

Elmidae Dryops ernesti DES GOZIS x x x - -

Byrrhidae Byrrhus pilula (LINNÉ) xxxx - Cytilus sericeus (FORST.) - - x - - Simplocaria semistriata F. - x x - x SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 89

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Byturidae Byturus tomentosus (GEER) ---- x

Nitidulidae Brachypterus urticae (F.) ---- x Cateretes rufilabris (LATREILLE) x - - - - Epuraea limbata (F.) ---- x Glischrochilus hortensis FOURCR. x - - - x Meligethes aeneus (F.) ---- x Meligethes cf. coracinus STURM ---- x Omosita colon (LINNÉ) - x - - x Omosita discoidea (F.) - - - x x Pocadius ferrugineus (F.) ---- x

Rhizophagidae Rhizophagus parallelocollis GYLL. - - - x x Rhizophagus perforatus ER. ---- x

Cryptophagidae Atomaria atricapilla STEPH. x x x - - Atomaria cf. analis ER. ---- x Atomaria cf. ruficornis (MARSH.) ---- x Atomaria fuscata (SCHÖNH.) xxxx x Atomaria fuscicollis MANNH. ---- x Atomaria linearis STEPH. ---- x Caenoscelis subdeplanata BRIS. - x - - - Cryptophagus acutangulus GYLL. ---- x Cryptophagus cellaris (SCOP.) ---- x Cryptophagus cf. badius STURM ---- x Cryptophagus cf. postpositus SAHLB. ---- x Ephistemus globulus (PAYK.) xxxx x Ootypus globosus (WALTL.) x - - - -

Phalacridae Olibrus aeneus (F.) - x x x x Olibrus corticalis (PANZ.) ---- x Stilbus testaceus (PANZ.) - x - - x

Lathrididae Corticaria impressa (OL.) x x - - x Corticarina fuscula (GYLL.) xxxx x Corticarina gibbosa (HBST.) xxxx x Enicmus histrio JOY xxxx - Enicmus testaceus (STEPH.) ---- x Enicmus transversus (OL.) xxxx x Lathridius angusticollis GYLL. ---- x Lathridius lardarius GEER. - - - x x Lathridius nodifer WESTW. ---- x

Coccinellidae Adalia decempunctata (L.) ---- x Coccidula rufa (HBST.) x - - - - Coccinella septempunctata LINNÉ x - x x x Coccinella undecimpunctata LINNÉ - - x - - Cynegetis impunctata (LINNÉ) x x - - x Propylea quatuordecimpunctata (LINNÉ) - x - - x Rhyzobius chrysomeloides (HBST.) - x - - x Rhyzobius litura (FABR.) x x - - - Scymnus auritus THUNB. ---- x Scymnus frontalis (F.) x - x x - 90 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Scymnus limbatus STEPH. x - - - - Scymnus redtenbacheri MULS. x - - - - Scymnus rubromaculatus (GOEZE) ---- x Subcoccinella vingintiquatuorpunctata (LINNÉ) - x x - - Thea vigintiduopunctata (LINNÉ) - x - - x Tytthaspis sedecimpunctata (LINNÉ) xxxx -

Aspidiphoridae Aspidiphorus orbiculatus (GYLL.) ---- x

Anobiidae Stegobium paniceum (LINNÉ) ---- x

Oedemeridae Oedemera lurida (MARSH.) - - x - -

Anthicidae Notoxus monocerus (LINNÉ) - x - - x

Mordellidae Anaspis cf. rufilabris (GYLL.) ---- x Anaspis frontalis (LINNÉ) ---- x

Tenebrionidae Crypticus quisquilius LINNÉ x - - - - Tenebrio molitor LINNÉ ---- x

Scarabaeidae Aphodius contaminatus (HBST.) x - - - - Aphodius distinctus (MÜLL.) x - - - x Aphodius fimetarius (LINNÉ) x - x - x Aphodius fossor (LINNÉ) x - - - - Aphodius granarius (LINNÉ) - x - - - Aphodius prodromus (BRAHM) x - - - x Aphodius rufipes (LINNÉ) x - - - - Geotrupes spiniger (MARSH.) x - - - - Oxyomus silvestris (SCOP.) x - - - x Rhyssemus germanus (LINNÉ) - x - - - Serica brunnea (LINNÉ ) - - x - x

Cerambycidae Leptura livida F. - - x - -

Chrysomelidae Aphthona pygmaea (KUTSCH.) ---- x Asiorestia transversa (MARSH.) - x - - - Cassida murraea LINNÉ x - - - - Cassida nobilis LINNÉ - x - - - Cassida sanguinea SUFF. x - - - - Cassida stigmatica SUFF. x x - - - Chaetocnema aridula (GYLL.) ---- x Chaetocnema concinna (MARSH.) - x - - x Chaetocnema hortensis (GEOFFR.) xxxx x Chrysolina diversipes BED. - - - x - Chrysolina oricalcia MÜLL. -x-x - Chrysolina staphylea LINNÉ x - - x - Crepidodera ferruginea (SCOP.) xxxx x Dlochrysa fastuosa (SCOP.) x - - - - Lema erichsoni SUFF. - x x - - Longitarsus cf. pellucidus (FOUD.) ---- x SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 91

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Longitarsus ganglbaueri HBST. x - - - - Longitarsus luridus (SCOP.) x x x - x Longitarsus melanocephalus (DEG.) x x - - - Longitarsus pratensis (PANZ.) - - x x - Longitarsus rubiginosus (FOUD.) - - x - x Longitarsus succineus (FOUD.) - x x x - Oulema melanopus (LINNÉ) - x - - x Phyllotreta flexuosa (ILL.) - x - - - Phyllotreta nigripes (F.) ---- x Phyllotreta vittula (REDT.) ---- x

Scolytidae Ernoporus fagi F. - x - - - Hylastes opacus ER. ---- x

Curculionidae Acanephodus onopordi (KIRBY) x x - x x Apion aeneum (F.) - - - x - Apion frumentarium LINNÉ - x - - - Apion miniatum GERM. ---- x Apion pubescens KIRBY x-x- - Apion radiolus (MARSH.) ---- x Barynotus moerens (F.) - - x - - Barynotus obscurus (F.) xxxx x Barypeithes araneiformis (SCHRK.) - - x - - Barypeithes pellucidus (BOH.) xxxx x Barypeithes trichopterus (GAUT.) ---- x Brachysomus echinatus (BONSD.) - x - - - Calosirus terminatus (HBST.) ---- x Ceutorhynchus erysimi (F.) - x x - x Ceutorhynchus floralis (PAYK.) x x - - x Ceutorhynchus napi GYLL. ---- x Ceutorhynchus obstrictus (MARSH.) ---- x Ceutorhynchus pallidactylus MARSH. ---- x Ceutorhynchus pollinarius (FORST.) ---- x Ceutorhynchus punctiger GYLL. x x x - - Cleonis piger (SCOP.) x x - - - Coeliastes lamii (F.) x - - - - Grypus equiseti (F.) x x - - - Hadroplontus litura (F.) x - - - - Hypera arator (LINNÉ) x - - - - Hypera elongata (PAYK.) - x - - - Hypera meles (F.) x x x - x Hypera nigrirostis (F.) xxxx - Hypera pedestris (PAYK.) x x x - - Hypera postica (GYLL.) - x x - - Hypera rumicis (LINNÉ) - x - - - Hypera zoilus (SCOP.) xxxx - Ischnopterapion virens (HBST.) xxxx x Liophloeus tessulatus (MÜLL.) - x - - x Lixus iridis (OL.) - x - - - Microplonthus rugulosus (HBST.) - x - - x Nedyus quadrimaculatus (LINNÉ) x x - - x Notaris acridulus (LINNÉ) x x x - - Notaris bimaculatus (F.) x x - - - Otiorhynchus ovatus (LINNÉ) x x x - x Otiorhynchus porcatus HBST. - x x x x Otiorhynchus raucus (F.) x-x- x Otiorhynchus rugosostriatus (GOEZE) ---- x Otiorhynchus singularis (LINNÉ) - - x - x 92 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Otiorhynchus smreczinskii CMOLUCH - - - x x Otiorhynchus sulcatus (F.) ---- x Oxyostoma craccae (LINNÉ) ---- x Oxyostoma pomonae (F.) ---- x Philopedon plagiatus (SCHALL.) - - - x - Phyllobius cloropus LINNÉ - x - - - Phyllobius maculicornis GERM. - x - - - Phyllobius pyri (LINNÉ) x x - x x Phyllobius urticae (Deg.) x - - - - Phyllobius vespertinus (F.) x x - x - Phyllobius virideaeris LAICH. x x - x - Phyllobius viridicollis (F.) - x - - - Protapion assimile (KIRBY) ---- x Protapion fulvipes (FOURC.) xxxx x Protapion nigritarse KIRBY - - x - - Protapion trifolii (LINNÉ) x x x - - Rhinoncus castor (F.) - x - - - Rhinoncus inconspectus (HBST.) x x x - - Rhinoncus pericarpus (LINNÉ) xxxx x Sciaphilus asperatus (BONSD.) - x - - x Sitona crinitus (HERBST) - x - - - Sitona flavescens (MARSH.) xxxx x Sitona hispidulus (F.) xxxx x Sitona humeralis STEPH. x x x - - Sitona lineatus (LINNÉ) x x - - x Sitona suturalis STEPH. x x x - - Stenocarus fuliginosus (MARSH.) ---- x Strophosoma capitatum (DEG.) x - - - - Strophosoma melanogrammum (FORST.) ---- x Tanymecus palliatus (F.) x x - x - Tapinotus sellatus (F.) - x - - - Thamiocolus viduatus (GYLL.) - x - - - Trachyphloeus aristatus GYLL. - x x x x Trachyphloeus bifoveolatus BECKER x - x x x Trachyphloeus scabriculus (LINNÉ) ---- x Trichosirocalus troglodytes (F.) xxxx - Tropiphorus carinatus (MÜLL.) - x - - - Tropiphorus tomentosus (MARSH.) ---- x Tychius picirostris (F.) - x x x x Tychius tomentosus (HBST.) ---- x

Araneae Segestriidae Segestria senoculata (LINNÉ) -----x-

Tetragnathidae Pachygnatha clercki SUNDEVALL x x x - x x x Pachygnatha degeeri SUNDEVALL xxxxxxx Pachygnatha listeri SUNDEVALL - x - - x - -

Araneidae Araneus diadematus CLERCK ----xx- Araneus quadratus CLERCK ------x Mangora acalypha (WALCKENAER) ----x--

Mimetidae Ero furcata (VILLERS) - - - x x - x SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 93

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Linyphiidae Agyneta conigera (O.P.-CAMBRIDGE) ----x-- Allomengea scopigera (GRUBE) x x x-x-x Allomengea vidua (L.KOCH) ----x-- Araeoncus humilis (BLACKWALL) xxxxxxx Bathyphantes gracilis (BLACKWALL) xxxxxxx Bathyphantes nigrinus (WESTRING) ----x-- Bathyphantes parvulus (WESTRING) x x - - x x x Centromerita bicolor (BLACKWALL) xxxxxxx Centromerita concinna (THORELL) x - - - x - - Centromerus prudens (O.P.-CAMBRIDGE) ----x-- Centromerus sylvaticus (BLACKWALL) x x - -x-x Ceratinella brevis (WIDER) ----x-x Ceratinella scabrosa (O.P.-CAMBRIDGE) ----x-x Ceratinopsis stativa (SIMON) x ------Dicymbium nigrum (BLACKWALL) xxxxxxx Dicymbium tibiale (BLACKWALL) ----xxx Diplocephalus cristatus (BLACKWALL) ----xxx Diplocephalus latifrons (O. P. CAMBRIDGE) x x - - x x x Diplocephalus picinus (BLACKWALL) ----xxx Diplostyla concolor (WIDER) xxxxxxx Dismodicus bifrons (BLACKWALL) ----x-x Entelecara erythropus (WESTRING) ----x-- Entelecara penicillata (WESTRING) ----x-- Erigone atra (BLACKWALL) xxxxxxx Erigone dentipalpis (WIDER) xxxxxxx Erigone longipalpis (SUNDEVALL) x ------Erigonella hiemalis (BLACKWALL) - x - -x-x Floronia bucculenta (CLERCK) ------x Gonatium rubellum (BLACKWALL) ----x-- Gonatium rubens (BLACKWALL) x x - -x-x Gongylidiellum murcidum SIMON - x ----- Gongylidium rufipes (SUNDEVALL) - x - - x x x Helophora insignis (BLACKWALL) ----x-- Lepthyphantes angulipalpis (WESTRING) ----x-- Lepthyphantes cristatus (MENGE) ----x-- Lepthyphantes ericaeus (BLACKWALL) - x x - x x x Lepthyphantes flavipes (BLACKWALL) ----xx- Lepthyphantes insignis O. P. CAMBRIDGE - -x-xxx Lepthyphantes leprosus OHLERT ----x-x Lepthyphantes mengei (KULCZYNSKI) - -x-xxx Lepthyphantes nebulosus (SUNDEVALL) -----x- Lepthyphantes pallidus (O.P.-CAMBRIDGE) x x - -x-x Lepthyphantes tenebricola (WIDER) ----xx- Lepthyphantes tenuis (BLACKWALL) xxxxxxx Linyphia hortensis (SUNDEVALL) ----x-- Linyphia triangularis (CLERCK) ----x-- Macrargus rufus (WIDER) ----x-- Maso sundevalli (WESTRING) ----x-- Meioneta beata (O.P.-CAMBRIDGE) x-x---- Meioneta rurestris (C.L.KOCH) xxxx-xx Meioneta saxatilis (BLACKWALL) x - - -x-x Micrargus subaequalis (WESTRING) ----x-- Micrargus herbigradus (BLACKWALL) x x x - x x x Microlinyphia pusilla (SUNDEVALL) - x ----- Microneta viaria (BLACKWALL) ----x-x Minyriolus pusillus (WIDER) -----xx Neriene clathrata (SUNDEVALL) ----x-x Neriene montana (CLERCK) ----x-- Oedothorax apicatus (BLACKWALL) xxxxxxx 94 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Oedothorax fuscus (BLACKWALL) xxxx--x Oedothorax retusus (WESTRING) xxxxxxx Ostearius melanopygius (O.P.-CAMBRIDGE) -x-x--- Pelecopsis nemoralis BLACKWALL - - - x - - - Pelecopsis parallela (WIDER) xxxx-x- Pelecopsis radicicola (L.KOCH) ------x Pocadicnemis juncea LOCK.&MILLIDGE x x x - x x x Porrhomma errans (BLACKWALL) - -x-xxx Porrhomma lativela TRETZEL -----x- Porrhomma microphthalmum (O.P.-CAMBRIDGE x x ----- Porrhomma oblitum (O.P.-CAMBRIDGE) - x ----- Saaristoa abnormis (BLACKWALL) ------x Saloca diceros (O.P.-CAMBRIDGE) x - - - x - - Savignya frontata (BLACKWALL) xxxxxxx Silometopus reussi (THORELL) x x - - - x - Stemonyphantes lineatus (LINNÉ) x x x - - x x Centromerus expertus (O.P.-CAMBRIDGE) ----x-- Tapinocyba biscissa (O.P.-CAMBRIDGE) x x - - x x x Tapinocyba insecta (L.KOCH) ----x-- Tapinopa longidens (WIDER) ----x-x Thyreosthenius parasiticus (WESTRING) ----xx- Tiso vagans (BLACKWALL) xxxxxxx Troxochrus scabriculus (WESTRING) xxxxxxx Troxochrus scabriculus cirrifrons (WESTRING) - x ----- Walckenaeria acuminata (BLACKWALL) - x - - x x x Walckenaeria antica (WIDER) ----x-- Walckenaeria atrotibialis (O.P.-CAMBRIDGE) ------x Walckenaeria cucullata (C:L:KOCH) ----x-- Walckenaeria dysderoides (WIDER) ----x-- Walckenaeria melanocephala (O.P.-CAMBRIDGE) x x - - x x - Walckenaeria nudipalpis (WESTRING) ----x-- Walckenaeria unicornis O.P.-CAMBRIDGE ------x Walckenaeria vigilax (BLACKWALL) x x x ----

Theridiidae Enoplognatha thoracica (HAHN) x ------Episinus angulatus (BLACKWALL) ------x Neottiura bimaculata (LINNÉ) x -----x Robertus arundineti (O.P.-CAMBRIDGE) x ------Robertus lividus (BLACKWALL) x x - -x-x Steatoda bipunctata (LINNÉ) -----x- Theridion bimaculatum (LINNÉ) ------x

Lycosidae Alopecosa barbipes (SUNDEVALL) - x - - - x - Alopecosa cuneata (CLERCK) x x x-x-x Alopecosa pulverulenta (CLERCK) xxxxxxx Pardosa agrestis (WESTRING) x x x - - - x Pardosa amentata (CLERCK) x x x - x x x Pardosa lugubris (WALCKENAER) ----x-- Pardosa paludicola (CLERCK) x x x-x-x Pardosa palustris (LINNÉ) xxxx-xx Pardosa prativaga (L. KOCH) xxxxxxx Pardosa pullata (CLERCK) xxxxx-x Pirata hygrophilus (THORELL) - x - - x - - Pirata piraticus (CLERCK) x x ----- Trochosa ruricola (DE GEER) xxxxxxx Trochosa terricola (THORELL) x x - -x-x Xerolycosa miniata (C. L. KOCH) - - x - - - x Xerolycosa nemoralis (WESTRING) x x ----- SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 95

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Pisauridae Pisaura mirabilis (CLERCK) - x ----x

Agelenidae Cicurina cicur (FABRICIUS) ----x-x Coelotes terrestris (WIDER) - x - - x - - Tegenaria agrestis (WALCKENAER) -----xx Tegenaria atrica C.L.KOCH - - - xxxx Tegenaria domestica (CLERCK) -----x- Textrix denticulata (OLIVIER) ----xx-

Dictynidae Lathys humilis (BLACKWALL) ----x-- walckenaeri ROEWER ----x--

Amaurobiidae Amaurobius ferox (WALCKENAER) -----x- Amaurobius similis BLACKWALL -----x-

Liocranidae Agroeca brunnea (BLACKWALL) ------x Liocranum rupicola (WALCKENAER) ----x-- Phrurolithus festivus (C.L.KOCH) x-x---x

Clubionidae lutescens WESTRING x - - - x x x Clubiona neglecta O. P. CAMBRIDGE - x ----x Clubiona pallidula (CLERCK) ----xx- Clubiona phragmitis C.L.KOCH x ------Clubiona reclusa O. P. CAMBRIDGE - x ----x Clubiona stagnatilis KULCZYNSKI x x ----- Clubiona subtilis L.KOCH ------x Clubiona terrestris WESTRING ----xxx

Gnaphosidae Micaria pulicaria (SUNDEVALL) x x x - - x x Zelotes electus (C.L.KOCH) x x ----- Zelotes latreillei (SIMON) x x - -x-x Zelotes pusillus (C.L.KOCH) x x ----x

Zoridae Zora spinimana (SUNDEVALL) - x ----x

Philodromidae Thanatus striatus C.L.KOCH - x ----x Tibellus maritimus (MENGE) ------x

Thomisidae Oxyptila praticola (C.L.KOCH) x - - - x x x Oxyptila trux (BLACKWALL) x x - - x - - Xysticus cristatus (CLERCK) xxxxxxx Xysticus kochi (THORELL) xxxx-xx Xysticus ulmi (HAHN) x x ----x

Salticidae Euophrys frontalis (WALCKENAER) ------x Heliophanus flavipes HAHN ------x Phlegra fasciata (HAHN) x -----x 96 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Hymenoptera Vespidae Polistes dominulus (CHRIST) x - - Vespa crabro (LINNÉ) - x - Dolichovespula saxonica (F.) x x x Dolichovespula sylvestris (SCOP.) x x x Vespula germanica (F.) x x x Vespula rufa (LINNÉ) x x x Vespula vulgaris (LINNÉ) x x x Odynerus melanocephalus (GMELIN) - - x Odynerus spinipes (LINNÉ) x - x Euodynerus notatus (JURINE) x x - Ancistrocerus gazella (PANZ.) - x - Ancistrocerus nigricornis (CURT.) x - - Ancistrocerus oviventris (WESMAEL) - x - Ancistrocerus parietinus (LINNÉ) - x - Ancistrocerus parietum (LINNÉ) x - - Ancistrocerus trifasciatus (MÜLL.) - x - Symmorphus debilitatus (SAUSSURE) x - - Eumenes papillarius (CHRIST) x - -

Sphecidae Podalonia affinis (KIRBY) - - x Podalonia hirsuta (SCOP.) - x - Ammophila sabulosa (LINNÉ) - x - Mimesa equestris (F.) - - x Mimumesa dahlbomi (WESMAEL) - x - Mimumesa unicolor (LIND.) x x - Psenulus concolor (DAHLBOM) - x - Psenulus schencki (TOURNIER) - x - Diodontus minutus (F.) - - x Pemphredon lethifer (SHUCKARD) x x - Pemphredon mortifera (VALKEILA) - x - Passaloecus singularis DAHLBOHM - x - Astata boops (SCHRANK) x - - Tachysphex nitidus (SPINOLA) - - x Tachysphex pompiliformis (PANZ.) x - x Trypoxylon attenuatum SMITH x x - Trypoxylon clavicerum LEP. & SERV. x x - Trypoxylon figulus (LINNÉ) x x x Trypoxylon minus BEUMONT x - - Oxybelus bipunctatus OLIV. - - x Oxybelus quattuordecimnotatus JURINE - - x Oxybelus uniglumis (LINNÉ) x x x Oxybelus variegatus (WESMAEL) x - x Lindenius albilabris (F.) x x x Lindenius panzeri (LIND.) x - x Lindenius pygmaeus armatus (LIND.) - x x Crossocerus annulipes (LEP. & BR.) x - - Crossocerus distinguendus (MOR.) x x - Crossocerus ovalis LEP. & BR. x - - Crossocerus palmipes (LINNÉ) - - x Crossocerus quadrimaculatus (F.) - x - Crossocerus wesmaeli (LIND.) - - x Crabro peltarius (SCHREBER) - - x Ectemnius cavifrons (THOMS.) x - - Ectemnius cephalotes (OLIV.) - x - Ectemnius continuus punctatus (LEP. & BR.) x - x Ectemnius lituratus (PANZER) x - - SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 97

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Ectemnius sexcinctus (F.) x x - Mellinus arvensis (LINNÉ) x x - Mellinus crabroneus (THUNB.) x x - Nysson dimidiatus JURINE - x x Nysson maculosus (GMELIN) - x - Nysson spinosus (FORST.) x - - Harpactus lunatus (DAHLBOHM) x - x Harpactus tumidus (PANZ.) x - - Gorytes fallax HANDLIRSCH x - - Gorytes laticinctus (LEP.) x - - Gorytes quadrifasciatus (F.) - x - Philanthus triangulum (F.) - - x Cerceris arenaria (LINNÉ) x - x Cerceris quinquefasciata (ROSSI) - - x Cerceris rybyensis (LINNÉ) x x x

Apidae Hylaeus annularis (KIRBY) - - x Hylaeus brevicornis NYLANDER - - x Hylaeus communis NYLANDER x x - Hylaeus confusus NYLANDER x - - Hylaeus hyalinatus SMITH x x x Colletes daviesanus SMITH - x x Colletes similis SCHENCK - - x Colletes succinctus (LINNÉ) x - - Halictus rubicundus (CHRIST) x - - Halictus tumulorum (LINNÉ) x x x Lasioglossum albipes (F.) - - x Lasioglossum calceatum (SCOP.) x x x Lasioglossum leucopus (KIRBY) x x x Lasioglossum leucozonium (SCHRANK) x - - Lasioglossum lucidulum (SCHENCK) x x x Lasioglossum morio (F.) x x x Lasioglossum nitidiusculum (KIRBY) x x x Lasioglossum nitidulum (F.) x x - Lasioglossum parvulum (SCHENCK) x - - Lasioglossum pauxillum (SCHENCK) x x x Lasioglossum sexstrigatum (SCHENCK) x x x Lasioglossum villosulum (KIRBY) - - x Sphecodes ephippius (LINNÉ) x - x Sphecodes longulus HAGENS x x x Sphecodes miniatus HAGENS x x x Sphecodes monilicornis (KIRBY) x - x Sphecodes pellucidus SMITH - - x Sphecodes puncticeps THOMSON x - - Andrena clarkella (KIRBY) x - - Andrena flavipes PANZ. x - x Andrena florea F. x - - Andrena fucata SMITH x - - Andrena fulva (MÜLL.) - - x Andrena gelriae VECHT x - - Andrena gravida IMHOFF x - x Andrena haemorrhoa (F.) x - x Andrena jacobi PERKINS - - x Andrena labiata F. x - x Andrena minutula (KIRBY) x x x Andrena nigroaenea (KIRBY) - x x Andrena nycthemera IMHOFF x - - Andrena ovatula (KIRBY) - x x Andrena praecox (SCOP.) x - x 98 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Andrena subopaca NYLANDER x x x Andrena tibialis (KIRBY) - - x Andrena vaga PANZ. x - x Andrena varians (ROSSI) - - x Andrena wilkella (KIRBY) x - x Dasypoda hirtipes (F.) x - x Anthidium manicatum (LINNÉ) - x - Stelis breviuscula (NYLANDER) x x - Chelostoma campanularum (KIRBY) x x - Chelostoma florisomne (LINNÉ) x - x Chelostoma fuliginosum (PANZ.) - x x Osmia adunca (PANZ.) - - x Osmia aurulenta (PANZ.) x - x Osmia caerulescens (LINNÉ) - - x Osmia pilicornis SMITH x - - Osmia rufa (LINNÉ) - - x Megachile centuncularis (LINNÉ) - x x Megachile circumcincta (KIRBY) - - x Megachile ericetorum LEPELETIER x - x Megachile willughbiella (KIRBY) x x x Anthophora acervorum (LINNÉ) - - x Anthophora quadrimaculata (PANZ.) x x - Nomada alboguttata H.-S. x - - Nomada bifasciata OL. x - x Nomada flavoguttata (KIRBY) x x - Nomada leucophthalma (KIRBY) x - - Nomada lineola PANZ. x - x Nomada marshamella (KIRBY) x - x Nomada moeschleri ALFKEN x x - Nomada signata JURINE - - x Nomada striata F. x - x Nomada succincta PANZ. x - - Bombus hortorum (LINNÉ) x x x Bombus hypnorum (LINNÉ) x x - Bombus lapidarius (LINNÉ) x x x Bombus lucorum (LINNÉ) x x x Bombus pascuorum (SCOP.) x x x Bombus pratorum (LINNÉ) x x x Bombus ruderarius (MÜLL.) x x x Bombus sylvarum (LINNÉ) x - x Bombus terrestris (LINNÉ) x x x Bombus veteranus (F.) x - - Psithyrus barbutellus (KIRBY) x - - Psithyrus bohemicus (SEIDL) x - x Psithyrus campestris (PANZ.) x - - Psithyrus rupestris (F.) x - x Psithyrus vestalis (GEOFF. FOURC.) - - x

Diptera Sciaridae Bradysia angustipennis WINN. - x Bradysia brevispina TUOMIK. x - Bradysia brunnipes (MEIGEN) x - Bradysia bulbostyla MOHRIG & MENZEL x - Bradysia cellarum FREY x - Bradysia excelsa MOHRIG & KRIV. x x Bradysia fungicola (WINN.) x - Bradysia giraudi (EGGER) - x Bradysia inusitata TUOMIK. - x SONJA HENNICKE u.a., Arthropodengruppen der Stadt Greifswald (Anhang) 99

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Bradysia nitidicollis (MEIGEN) x - Bradysia pauperata (WINN.) x - Bradysia placida (WINN.) x - Bradysia polonica (LENG.) x x Bradysia procera (WINN.) - x Bradysia rufescens (ZETT.) x x Bradysia strenua (WINN.) x x Bradysia subscabricornis (MOHRIG & MENZEL) x x Bradysia trivittata (STAEGER) x x Caenasciana gryphiswaldensis MOHRIG x x Corynoptera abblanda (FREEMAN) x - Corynoptera boletiphaga (LENG.) x - Corynoptera bulgarica MOHRIG & MAMAEV - x Corynoptera cuniculata (LENG.) x x Corynoptera dentiforceps (BUK. & LENG.) x - Corynoptera spec. nov. x - Corynoptera flavicauda (ZETT.) x - Corynoptera furcata (HIPPA & VILK.) x x Corynoptera furcifera (MOHRIG & MAMAEV) x x Corynoptera globiformis (FREY) x x Corynoptera hypopygialis (LENG.) x x Corynoptera inexpectata TUOMIK. x x Corynoptera irmgardis (LENG.) x - Corynoptera melanochaeta MOHRIG & MENZEL x - Corynoptera obscuripila TUOMIK. x x Corynoptera parvula (WINN.) x x Corynoptera perpusilla WINN. x x Corynoptera praeforcipata MOHRIG & MAMAEV x x Corynoptera saccata TUOMIK. x - Corynoptera saetistyla MOHRIG & KRIV. x - Corynoptera sedulaformis MOHRIG & KRIV. - x Corynoptera sphenoptera TUOMIK. x x Corynoptera subparvula TUOMIK. x x Corynoptera tetrachaeta TUOMIK. x - Corynoptera uniformis MOHRIG & MENZEL x - Cratyna ambigua (LENG.) x - Cratyna atra WINN. x x Cratyna vagabunda (WINN.) x x Cratyna wasmanni (SCHMITZ) x x Ctenosciara hyalipennis (MEIGEN) x - Epidapus atomarius (DEGEER) x - Epidapus detriticola (KRATOCH.) x x Epidapus flabellatus (LENG.) x x Epidapus gracilis (WALKER) x - Epidapus schillei (BÖRNER) x - Leptosciarella cerifera MOHRIG & MENZEL x - Leptosciarella elongata (WINN.) - x Leptosciarella brevior (TUOMIK.) x - Leptosciarella hirtipennis (ZETT.) x - Leptosciarella quadristrigata (STROBL) x - Leptosciarella elongata (WINN.) - x Leptosciarella scutellata (STAEGER) x x Leptosciarella subpilosa (EDWARDS) x x Leptosciarella truncatula MOHRIG & MENZEL x - Lycoriella castanescens (LENG.) x x Lycoriella modesta (STAEGER) x - Lycoriella venosa (STAEGER) x - Merianina spec. nov. x x Mouffetina pulchricornis (EDWARDS) x x Phytosciara flavipes (MEIGEN) x - 100 Insecta, Berlin, 5 (1997)

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Pnyxia scabiei (HOPKINS) x - Scatopsciara atomaria (ZETT.) x x Scatopsciara calamophila FREY x x Scatopsciara fritzi MOHRIG & MENZEL x - Scatopsciara multispina (BUK. & LENG.) x x Scatopsciara pusilla (MEIGEN) x - Scatopsciara vitripennis (MEIGEN) x x Scythropochora radialis (LENG.) x x Trichosia glabra (MEIGEN) x - Trichosia morio (F.) x x Trichosia trochanterata (ZETT.) x - Xylosciara heptacantha TUOMIK. - x Zygoneura sciarina MEIGEN x x Saltatoria Ensifera (Langfühlerschrecken) Conocephalus dorsalis (LATR., 1804) ---- x Metrioptera roeseli (HAGENB., 1822) xxxx x Pholidoptera griseoaptera (DE GEER, 1773) ---- x Tettigonia cantans (FUESSLY, 1775) - x x - x Tettigonia viridissima LINNÉ, 1758 ---- x

Caelifera (Kurzfühlerschrecken) Chorthippus albomarginatus (DE GEER, 1773) - x x x x Chorthippus apricarius (LINNÉ, 1758) - - x - x Chorthippus biguttulus (LINNÉ,1758) - x x x x Chorthippus brunneus (THUNBERG, 1815) - x x x x Chorthippus parallelus ZETT., 1821) x x - x x Omocestus viridulus (LINNÉ, 1758) ---- x Tetrix undulata (SOWERBY, 1806) ---- x Tetrix subulata (LINNÉ, 1758) ---- x Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 101-104

Buchbesprechungen

EKKEHARD WACHMANN, CHRISTOPH SAURE ren Laborbestimmung wegen die Tiere in (1997): Netzflügler, Schlamm- und Kamel- der Regel schon im Feld ereilt. Um so er- halsfliegen. Beobachtung – Lebensweise. staunlicher ist es, wie viele Arten Wachmann Naturbuch Verlag, Augsburg, 159 pp. und Saure lebend vor die Kamera bekom- DM 36,-. ISBN 3-89440-222-9. men haben. Der Leser bekommt so durch zahlreiche Photos eine Übersicht über die Mut sollte belohnt werden. Und Mut ist in Formenvielgestaltigkeit dieser weitgehend der Tat nötig, um ein Buch zu verfassen und unbekannten Tiere. So machen allen schon dann schließlich zu verlegen, das Tiergrup- die Photos der Staubhaften (Coniopterygi- pen zum Inhalt hat, die den meisten Men- dae) das Buch zu einem besonderen Erleb- schen wohl unbekannt sein dürften. Wer, nis, denn es bedarf schon einiger Mühe, die- außer bereits eingehend Vorinformierte, ist se winzigen, in Vegetation und Dämmerung in der Lage, sich auch nur das Erscheinungs- verborgenen Tierchen in Lebendstellung bild des Tieres vor Augen zu führen, dessen derart vergrößert zu sehen. wohlklingender Name Staub-, Taghafte Entsprechend tritt der Text des Buches in oder Kamelhalsfliege lautet? So stehen all seiner unmittelbaren Bedeutung hinter den diese Insektengruppen im Schatten der we- ästhetischen Eindruck der Bilder zurück. Es nigen, durch ihr spektakuläres Äußeres, ihre macht einfach Spaß, das Buch durchzublät- eng mit dem Menschen verknüpfte Lebens- tern und sich von seiner optischen Wirkung weise oder einfach durch die bloße Masse beeindrucken zu lassen. Zweifellos ist dies ihrer Arten und Individuen sich förmlich auf- von den Autoren auch gewünscht, denn so- drängenden „Galionsgruppen“ wie Schmet- wohl die allgemeinen Informationen als terlinge oder Käfer. Um so begrüßenswerter auch die speziellen zu den einzelnen Arten ist es, daß Autoren und Verlag sich zu die- sind knapp, aber in der Regel informativ ge- sem Projekt der bildnerischen und beschrei- halten. Die Beschreibung des Körperbaus benden Darstellung repräsentativer Arten beschränkt sich auf einen kurzen Abriß der gleich dreier „kleiner“ Insektenordnungen Besonderheiten der behandelten Gruppen, entschlossen haben, die als Neuropteroidea in den ein knapper Überblick über die für al- (Netzflüglerartige) zusammengefaßt wer- le Netzflüglerartigen geltende Terminologie den: die Raphidioptera (Kamelhalsfliegen), eingefügt ist. Inkonsistent werden der allge- die Neuroptera (Netzflügler) und die Megal- meine Bau der Neuropteroidea und der spe- optera (Großflügler). zielle Bau der drei Teilgruppen an drei ver- Viele der Arten der Neuropteroidea sind schiedenen Stellen des Buches redundant klein und unauffällig, leben versteckt und vorgestellt. Die Lebensweise ist, wie üblich, sind dem interessierten Entomologen nur chronologisch vom Ei über Larve, Puppe, bis mit relativ großem Aufwand zugänglich. Die schließlich zur Imago dargestellt. Einige Nachtaktivität vieler Arten zwingt zum Ein- ebenso schöne wie informative Photos stel- satz von Lichtfallen oder anderen passiven len diese Entwicklungsstadien vor. Die Nah- Fangmethoden, während das Abstreifen rung von Larven und Imagines und Phä- oder -klopfen viel Glück erfordert. Die mei- nomene wie Verteidigung, Räuberdruck und sten Arten sind ihren nächsten Verwandten Parasiten werden ebenso schlaglichtartig ab- äußerlich sehr ähnlich und können nur nach gehandelt wie die Zoogeographie, der Ein- Genitalpräparation oder zumindest nach satz von Netzflüglern in der biologischen eingehender mikroskopischer Untersuchung Schädlingsbekämpfung und ihre Gefähr- bestimmt werden, so daß der Tod der späte- dung und Schutz. Ein wenig irritierend wirkt 102 Insecta, Berlin, 5 (1997) die Trennung der Kapitel „Wo und wann Größe, Vorkommen/Lebensweise) sind an- findet man Netzflüglerartige“ und „Sam- genehm knapp gehalten und übersichtlich meln von Netzflüglerartigen“. gegliedert. Manchmal werden, bei taxono- Der Betonung der Autoren auf den plaka- misch schwierigen oder in Biologie und Le- tiven Wert ihrer Bilder fällt insbesondere das bensweise ähnlichen Arten, diese summa- Kapitel „Systematische Übersicht“ zum Op- risch unter ihrer Gattung beschrieben und fer. Eine lexikalische Zusammenstellung der exemplarisch im Bild dargestellt (z.B. Libel- Rahmendaten (wer? wieviel? wo?) ist trotz loides). Ein kurzes Glossar und ein im Um- ihrer Notwendigkeit allzu mager. Der über- fang angemessenes Literaturverzeichnis, das haupt an einem solchen Werk interessierte die wichtigsten Bestimmungswerke enthält, Leser wird vergeblich nach Hinweisen su- beschließen das Buch. chen, wo diese Tiere im System der Insekten Wachmanns und Saures Buch ist zweifel- überhaupt anzusiedeln sind. Auch wenn sich los im positivsten Sinne des Wortes ein Bil- diese Frage vielleicht doch nicht so aufzu- derbuch. Ausgewogenheit von Text und Bild drängen scheint, hätte es sich für die Auto- zur Befriedigung möglichst vieler Leser zu ren gelohnt, das Problem aufzuwerfen. Im- erreichen, ist gerade bei so unbekannten merhin sind die Netzflüglerartigen eine der Tiergruppen ein schwieriges Unterfangen, zentralen Tiergruppen, um die großen und das hier geglückt ist. Das Ergebnis ist ein frühen Aufspaltungen in der Evolution der ästhetisch angenehmes Leseerlebnis, nach geflügelten Insekten zu erkennen und zu Bedarf verbunden mit einem Mindestmaß verstehen. Die Stellung der Netzflüglerarti- an Information. gen ist auch heute noch Gegenstand hefti- MICHAEL OHL (Berlin) ger und kontroverser Diskussionen der In- sektensystematiker, und so sind diese, ganz im Kontrast zu ihrem versteckten Leben, ei- NEUMANN-DENZAU, G. & DENZAU, H. (1992): ne der wichtigsten Insektengruppen über- Reiseführer Natur. Indien. – BLV Verlagsge- haupt. sellschaft mbH München. 240 Seiten. 210 Hauptabschnitt und Kernstück des Buches Farbfotos, 58 s/w-Fotos. Preis: DM 48,-. ist der Spezielle Teil. Nicht ungeschickt ist ei- ISBN 3-405-14195-8. ne kurze sogenannte Differentialdiagnose, in der die Neuropteren-Großgruppen an- Indien, dessen gigantisches Territorium hand augenfälliger Merkmale von anderen fast halb so groß ist wie Europa, umfaßt alle Insekten unterschieden werden können. So Vegetationszonen, vom tropischen Regen- werden Ameisenjungfern häufig mit Libellen wald bis zur Wüste und vom Mangroven- verwechselt, können aber anhand ihrer ge- wald bis zur alpinen Vegetation. Damit bie- keulten Fühler leicht unterschieden werden. tet dieser Subkontinent für den Naturreisen- Ein Bestimmungsschlüssel zu den Ordnun- den eine quasi unerschöpfliche Fülle von gen und Familien der mitteleuropäischen Eindrücken und Erlebnissen. Um diese enor- Neuropteroidea ermöglicht eine erste Ein- me Vielfalt, der sich bietenden Natur bereits ordnung von Larven und Imagines. Die im Vorfeld der Reise zu sondieren, trugen Merkmale der Schlüssel sind eingängig be- die beiden Autoren ihre in vielen Jahren ge- schrieben, zu wenige aber sind auch ent- sammelten Erfahrungen im vorliegenden sprechend illustriert. Einzeln abgebildet wer- Naturreiseführer zusammen. den dann immerhin etwa 60 von 140 mitte- Sehr ausführlich wird die „Kleine Landes- leuropäischen Arten der Neuropteroidea. kunde“ abgehandelt, nicht etwa, weil das Angesichts der oben beschriebenen ver- aus 25 Bundesländern bestehende Land zu steckten Lebensweise, der Seltenheit vieler den größten der Erde gehört, sondern weil Arten und den Schwierigkeiten der Bestim- einerseits Indien vor etwa 100 Millionen Jah- mung ist dies eine erstaunlich hohe Zahl. Die ren, vom Urkontinent Gondwana stam- Informationen zu den Arten (Aussehen, mend, nach Asien driftete und andererseits Buchbesprechungen 103 seine klimatischen Bedingungen, vor allem Sarawak und Sabah (Ost-Malaysia) auf Bor- geprägt durch den zyklischen Monsun, die neo, gehört zu den letzten Ländern dieser Fauna und Flora maßgeblich geprägt haben. Erde, die noch über große, zusammenhän- Diesem Reiseführer liegen insgesamt 30 gende Flächen tropischen Regenwaldes mit Hauptreiseziele zugrunde, deren geographi- zahlreichen Pflanzen- und Tierarten verfü- sche Lage in einer Übersichtskarte im Um- gen. Der Reisende ohne Regenwalderfah- schlag eingezeichnet sind. Die detaillierte rung wird jedoch enttäuscht sein, denn Beschreibung der einzelnen Reiseziele be- spektakuläre Tierbeobachtungen bleiben ginnt mit einer blau unterlegten Kurzcharak- dem Zufall überlassen und sind mit entspre- teristik. Es folgen eine schematisierte Umriß- chenden Erlebnissen in Afrika nicht ver- karte mit den wichtigsten Verkehrsverbin- gleichbar. Um eine solche Reise doch zum dungen, Unterkünften und touristischen Be- naturkundlichen Erfolg werden zu lassen, ist sonderheiten sowie wertvolle Informationen der vorliegende Naturreiseführer eine un- zur Tier- und Pflanzenwelt, zur Anreise, zum entbehrliche Hilfe. Klima und zu den Übernachtungsmöglich- Unter diesem Gesichtspunkt haben die keiten einschließlich wichtiger Adressen. beiden Autoren, die auf jahrelange Malay- Weitere 18 Nebenreiseziele werden wesent- sia-Erfahrung zurück blicken können, dieses lich kürzer abgehandelt, sind aber nicht we- Buch in 23 Haupt- und 16 Nebenreiseziele niger interessant und sollten je nach Touren- gegliedert. Vor allem die Hauptreiseziele plan Berücksichtigung finden. werden ausführlich beschrieben. Ergänzt Sehr informativ sind die insgesamt 10 Es- werden die Gebietscharakteristika mit stark say-Themen, die beispielsweise das „Tiger- schematisierten Karten sowie praktischen projekt“, den „Asiatischen Löwen“, den Reisetips wie Anreise, Klima, Unterkunft und „Indischen Elefanten“ oder das „Himalaya- wichtigen Adressen. Zahlreiche Farb- und Gebirge“ beleuchten. s/w Fotos vermitteln erste Eindrücke von der Das Buch ist mit 210, teilweise einmalig geplanten Reiseroute. schönen, Farb- und 58 s/w-Fotos illustriert. Unter der Rubrik „Essays“ werden insge- Kleine Unkorrektheiten in den Bildunter- samt 14 Themen wie „Tropische Früchte“, schriften wie auf S. 130 (bei dem Falter han- „Nasenaffen“, „Elefanten“, „Nashörner“, delt es sich um Graphium nomius) oder S. „Tropenhölzer“ usw. aufgegriffen und kurz, 160 (der dargestellte Falter gehört zur Fami- aber sehr informativ abgehandelt. Eine ein- lie der Arctiidae) schmälern den populärwis- führende „Kleine Länderkunde“ und ein senschaftlichen Wert dieses Werkes keines- „Anhang“ mit wertvollen Reisetips runden wegs. dieses Werk über die exotische Natur von Im Anhang findet der Leser ein Verzeichnis Malaysia und dem Inselstaat Singapur ab. der wichtigsten Monographien über Indien Bleibt zu hoffen, das dieses Buch dazu sowie ein Register mit den deutschen, engli- beiträgt, das Bewußtsein in den Industrie- schen und wissenschaftlichen Tier- und staaten für die natürlichen Ressourcen Ma- Pflanzennamen. laysias zu wecken, um damit vor allem den FRANK KOCH (Berlin) Bedarf an tropischen Hölzern zu stoppen. FRANK KOCH (Berlin)

HOMANN, E. & K. (1992): Reiseführer Na- tur. Malaysia. – BLV Verlagsgesellschaft JESCHKE, L. & KÖGLER, H. (1992): mbH. München. 199 Seiten. 164 Farbfotos, National- und Naturparkführer. Mecklen- 61 s/w Fotos. Preis: DM 44.-. ISBN 3-405- burg-Vorpommern. – Demmler-Verlag. 14330-6. 87 Seiten. 63 Farbfotos. Preis: DM 12,80. Malaysia, bestehend aus der Halbinsel ISBN 3-910150-11-X. (West-Malaysia) und den beiden Staaten Mecklenburg-Vorpommern besitzt 10 104 Insecta, Berlin, 5 (1997)

Großschutzgebiete, die als Natur-, National- den einzelnen Schutzgebieten vorangestell- park oder Biosphärenreservat ausgewiesen ten Übersichtskarten für den Leser wahr- sind und ca. 9 % der Gesamtfläche dieses scheinlich zu stark schematisiert sind und nur dünn besiedelten und vor allem durch Land- unzureichend Information enthalten. So sind wirtschaft geprägten Bundeslandes einneh- beispielsweise im Text benannte Ortsbe- men. zeichnungen in den Karten oft nicht auffind- Über die geographische Lage der im vor- bar (Wittow und Insel Tollow, S. 58). Die im liegenden National- und Naturparkführer Text benutzten Fachtermini werden leider abgehandelten Schutzgebiete informiert ei- nur teilweise definiert und am Ende des ne Übersichtskarte. Es folgt eine kurze Be- Buchs in einem Glossarium zusammenge- schreibung der einzelnen Gebiete anhand faßt. Die Auswahl erscheint hierbei jedoch ihrer landschaftstypischen Struktur sowie sehr willkürlich (es fehlen beispielsweise den Besonderheiten der Tier- und Pflanzen- „Reff“ und „Riege“, S. 14; „Qualmwasser“, welt. Daß hierbei nur auffällige Beispiele ge- S. 21). nannt und keinesfalls Vollständigkeit erwar- Der vorliegende Nationalparkführer ver- tet werden kann, gebietet schon der Um- steht sich als ein erster, schwieriger Versuch, fang des Buches (87 Seiten). Mehrere Farb- die Schutzgebiete Mecklenburg-Vorpom- fotos sowie wichtige Informationen zur An- merns zusammenzufassen und u.a. auf die reise und zu bestehenden Übernachtungs- vielfältigen Probleme, die teilweise aus der möglichkeiten vervollständigen die wesent- Diskrepanz zwischen Naturschutz, landwirt- lichsten Informationen. Die Aktualität der schaftlicher Nutzung, Altlastenbeseitigung angegebenen Adressen bedarf jedoch drin- und zunehmenden Tourismus entstehen, gender Überarbeitung. aufmerksam zu machen. Kritisch anzumerken ist weiterhin, daß die FRANK KOCH (Berlin) 105

In Memorian RN Dr. Ing. Milos Fassati (geboren am 13.01.1921, gestorben am 30.05.1997 in Prag)

Mit dem Tod von MILOS FASSATI verlieren die Carabidologen einen ihrer namhaften Spezialisten, der in seiner tschechischen Heimat zu den „Aktivisten der ersten Stunde“ nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte und sich vor allem den schwieri- gen Gattungen Bembidion und Amara gewidmet hatte. Sein Publikationsver- zeichnis umfaßt 48 entomologische Titel, ca. 50 % der Arbeiten befassen sich mit der Taxonomie und Faunistik der Gattung Bembidion und 25 % mit der Gattung Amara, hinzu kommen zahlreiche Arbei- ten zur Faunistik und Biologie mitteleu- ropäischer Laufkäfer u. a. Einen besonde- ren Schwerpunkt bildete die Bearbeitung der Laufkäfer von Expeditionsausbeuten aus Vorder- und Zentralasien, hier setzte FASSATI hinsichtlich der Genauigkeit seiner Artdiagnosen und der Qualität der Geni- talpräparate Maßstäbe für künftige Bear- beiter. FASSATIs naturkundliches Interesse wurde sehr früh geweckt, eine Schlüsselrolle hin- sichtlich der Entomologie kam dabei dem bekannten Coleopterologen Dr. A. FLEISCHER zu. In den schwierigen Zeiten der Besetzung der Tschechoslowakei während des Zwei- ten Weltkrieges belegte er Kurse in der Technischen Hochschule für Chemie in Prag, die er 1942 abschloß. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er an der Medizinischen Fakultät, der Technischen Universität für Chemieingenieure und extern an der Natur- wissenschaftlichen Fakultät in Prag. Seine entomologischen Lehrer waren vor allem Prof. J. OBENBERGER und Dozent Dr. J. MARAN. 1951 wurde er Leiter des Biochemischen Labors an der Klinik für Innere Medizin der Karls-Universität in Prag. Über 40 Jahre ar- beitete er auf diesem Gebiet, 110 Publikationen, Konferenz- und Kolloquiumsbeiträge etc. sind Ausdruck des den meisten Entomologen weniger bekannten Berufslebens FAS- SATIs, das auch die für uns alle auffällige Lücke in seinen entomologischen Abhandlun- gen (von 1964 bis 1990) erklärt. Als Pensionär hoffte er, sich nun wieder seiner Leidenschaft, den Laufkäfern, widmen zu können und knüpfte neue Kontakte, studierte mit der ihm eigenen Gründlichkeit Typenmaterial und begann wieder über Bembidien zu publizieren. Doch schwere Krankheit und das fortgeschrittene Alter setzten ihm immer wieder Grenzen, gegen die er sich tapfer zur Wehr setzte . Neben seinen wissenschaftlichen Leistungen darf nicht unerwähnt bleiben, daß FAS- SATI auch ein herausragender Leichtathlet und Sportfunktionär war. Allen seinen Freun- den und Kollegen wird er durch seine kulturvolle liebenswürdige Art, seine Begeiste- 106 Insecta, Berlin, 5 (1997)

rungsfähigkeit, Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft in unauslöschlicher Erinnerung bleiben.

Eine ausführliche Würdigung des Lebens und der Leistungen FASSATIs findet sich in Klapalekiana 3-4 (1997). Den Kollegen Prof. Dr. K. HURKA und Dr. J. FARKAC (Prag) danke ich für die Bereitstellung von Lebensdaten, Foto und Publikationsliste.

G. MÜLLER-MOTZFELD (Greifswald)

Franz Klima (1952-1997)

Der tragische Unfalltod von FRANZ KLIMA im Juni 1997 hat alle, die ihn kannten und mit ihm zusammengearbeitet haben, tief erschüttert. Die Berliner Entomologenschaft hat mit ihm einen aktiven und verläßlichen Mitstreiter verloren. Ich kannte Franz seit seinen Studententagen. Wir studierten etwa zur selben Zeit Bio- logie, er in Leipzig, ich in Halle. Die intensive Beschäftigung mit den Köcherfliegen (Trichoptera) hatte uns zusammengeführt. Auf Anregung von WOLFGANG JOOST (dama- liger Kustos des Zoologischen Instituts Leipzig) begann er sich in diese Insektengruppe einzuarbeiten. Den „Köcherlingen“ ist er bis zum Schluß treu geblieben. Er hat über Köcherfliegen mehr als 30 Artikel publiziert, die vornehmlich faunistische und taxono- mische Themen behandelten. Ein ausführliches Verzeichnis seiner Arbeiten ist in den „Entomologischen Nachrichten und Berichten“ 1997, Band 41 Heft 3, S. 209-211. er- schienen. Eine kürzlich auf den Philippinen entdeckte Köcherfliegenart ist nach ihm benannt worden: Hydropsyche klimai MEY, 1998. Möge dieses Insekt dazu beitragen, seinen Namen und sein Andenken zu bewahren. WOLFRAM MEY (Berlin)

INSECTA

Naturschutz Spezial 09002/0898/0,750’ ISSN 1431-9721 • Insecta • Berlin • 5/1997 • S. 1-104 5/1997