Grubenbefunde in Campo (Südkamerun)
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Grubenbefunde in Campo (Südkamerun) Dirk Seidensticker Magisterarbeit Universität Tübingen 2010 (Prof. M. Bartelheim/Prof. M. K. H. Eggert)1 Zusammenfassung – Die erste Besiedlung des zentralafrikanischen Regenwaldes durch sesshafte und keramikführende Gruppen erfolgte in der zweiten Hälfte des 1. Jtsd. v. Chr. Der dieser frühen Besiedlung zugrunde liegende Prozess kann bisher nur ansatzweise nachvollzogen werden. Zwei tiefe Gruben von der Fundstelle Campo, Église catholique (Südkamerun), werfen Licht auf diesen Prozess. Die Befunde, die vor allem Keramik enthielten, wurden 2007 ausgegraben. Sie enthielten zudem auch einige Schlacken, was die Eisenproduktion der damaligen Bevölkerung anzeigt. Vor allem die Keramik aus der älteren Grube CAM 07/11 belegt die starken Beziehungen der Fundstellen im südlichen Kamerun zu jenen im nördlichen Gabun im 1. Jtsd. v. Chr. Schlüsselwörter – Zentralafrika, Südkamerun, Nordgabun, Regenwald, Gruben Abstract –During the second half of the first millennium BC, the Central African rainforest was first settled by sedentary and pottery- producing people. The underlying settlement process is still not very well understood. Two pit features from the site of Campo, Église catholique (South Cameroon), throw some light on this process. The pits, which contained mostly ceramics, were excavated in 2007. They also yielded some iron slag, which indicate the production of iron by the people in question. Especially the ceramics of the older pit show a strong relationship between the sites in southern Cameroon and those in northern Gabon in the latter half of the first millennium BC. Keywords – Central Africa, South Cameroon, North Gabon, rainforest, pits Einführung der Grube beträgt 1,7 m. Sie wurde im Nordwesten von einem weiteren Befund (CAM 07/12) – zwei Im äußersten Südwesten der Republik Kamerun sich überlagernde Bestattungen – geschnitten. Zu- liegt das kleine Verwaltungszentrum Campo, mit dem griff im Süden ein weiterer, nicht ausgegra- dem Status einer Sous prefecture (Abb. 1). Im Jahr bener Befund in die Grube ein, der aufgrund von 2000 wurde der Ort bei einer großräumigen Pro- Eisen- und Keramikfunden ebenfalls als Grab ange- spektion in der Region Kribi–Ebolowa–Ambam– sprochen werden muss. Die ausgegrabenen Gräber Campo durch eine Arbeitsgruppe um Richard Os- an der Kirche in Campo datieren nach 14C-Analysen lisly und Christophe Mbida Mindzié als archäologi- ausnahmslos in die erste Hälfte des 1. Jtsd. n. Chr. sche Fundstelle entdeckt (OSLISLY 2006)2. An der Ég- (MEISTER 2010). Die Verfüllung der Grube zeigte ei- lise catholique konnten bei Grabungen3 im Jahr 2007 nen dunkel verfärbten, fundreichen Zentralbereich mehrere Grabbefunde sowie zwei tiefe, gemeinhin (Schicht 1a), der von einem kaum verfärbten und als Abfall- oder Vorratsgruben gedeutete Befunde sehr fundarmen Außenbereich (Schicht 1b–c) um- ausgegraben werden (Abb. 2). Für die Grabbefunde schlossen wurde (Abb. 2). Neben den fast 8 kg Ke- stehen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur sehr ramik enthielt die Grube zudem Eisenschlacke, wel- wenige Vergleichsbefunde zur Verfügung (MEISTER che die Produktion und Verwendung von Eisen in 2010). Anders sieht die Situation bei den tiefen Gru- der zweiten Hälfte des 1. Jtsd. v. Chr. belegt. An der ben aus, sie stellen in der Archäologie Zentralafrikas Sohle der Grube wurde eine graue, leicht lehmige die typische Befundkategorie dar4. Schicht angetroffen. Sie enthielt ein einzelnes Gefäß. Die beiden untersuchten Grubenbefunde in Cam- Zudem zeigten Sedimentproben aus dieser Schicht po liegen auf dem südlichen Vorplatz (CAM 07/11) in der geochemischen Analyse einen erhöhten Phos- beziehungsweise direkt vor dem Westportal (CAM phatwert. 07/13) der katholischen Kirche (Abb. 2). Der ältere, Die zweite untersuchte Grube CAM 07/13 da- nach 14C-Datierungen ins 4.–2. Jhd. v. Chr. datieren- tiert nach der Analyse der 14C-Daten ins 1.–3. Jhd. de Befund CAM 07/11 fiel bereits an der Oberflä- n. Chr. und ist bei einer erhaltenen Tiefe von 1,8 m che des abgeschobenen Vorplatzes durch Keramik, mit einem Durchmesser von gerade einmal 0,9 m Schlackefunde sowie eine dunkle Färbung des Sedi- sehr schmal. Ihre Verfüllung ließ deutlich mehrere ments auf. Insgesamt war die Grube noch bis zu ei- aufeinander folgende Verfüllpakete erkennen (Abb. ner Tiefe von 1,4 m unter dem Niveau der heutigen 2). In der Grube fanden sich insgesamt fast 7 kg Kera- Oberfläche erhalten. Aufgrund von Beobachtungen mik, wobei etwa 5 kg allein aus der obersten Schicht an Grabbefunden in der unmittelbaren Umgebung, 1a stammen. Leider konnte aufgrund einer ebenfalls die bereits teilweise vollständig erodiert waren, ist vorhandenen, teilweisen Erosion des Befundes nicht jedoch davon auszugehen, dass ein Teil des Befun- geklärt werden, ob die Scherben in dieser Schicht des ebenfalls bereits erodiert ist. Der Durchmesser bereits als solche in die Grube gelangten, oder ob es Archäologische Informationen 33/1, 2010, 159-164 159 Dissertationen & Magisterarbeiten Dirk Seidensticker funde entdeckt (MBIDA MINDZIÉ 1998; MBIDA MINDZIÉ u. a. 2008; MEISTER/EGGERT 2008, 198 ff.). Keramik Die Keramik aus den beiden Gruben unterscheidet sich deutlich voneinander. Die beiden am besten erhaltenen Gefäße bzw. Gefäßfragmente aus der älteren Grube CAM 07/11 sind charakteristische sogenannte Bilobé-Gefäße6 (Abb. 3, 3 - 4), eine hohe, doppelt gewölbte Topfform mit einer Einziehung an der Schulter sowie einem einbiegenden Rand. Diese Form ist vor allem für die Keramikgruppen des 1. Jtsd. v. Chr. in Gabun als Leitform anzusehen (siehe unten). Zudem lassen sich in der Grube CAM 07/11 große, hohe Gefäße mit Eindruckverzierung und sehr kurz ausbiegenden, schräg abgestrichenen oder auch gerillten Rändern im Material identifizieren Abb. 1 Karte Südkameruns und Nordgabuns mit den im Text (Abb. 3, 1-2). Vergleichbare Formen sind vor allem genannten Fundstellen. 1) Campo; 2) Mouanko-Lobethal; Yatou; von der Fundstelle Bwambé, zirka 60 km nördlich 3) Nkang; 4) Ndindan; 5) Obobogo; 6) Bwambé; 7) Malongo; 8) Akonétye; 9) Okala; 10) Oveng; 11) Epona; 12) Okanda; A) von Campo, bekannt (EGGERT u. a. 2006, Abb. 3, 1-2). Nyabessan-Sumpf. Das ins 4.–2. Jhd. v. Chr. datierende Keramikspekt- rum ist sehr charakteristisch und dokumentiert die Verbindung solcher Inventare des südlichen Kame- sich um Reste ehemaliger Gefäße handelt. Letzte- run mit denen aus dem nördlichen Gabun. Dazu res konnte bei einem Survey nördlich der Kirche an gehört nicht zuletzt die charakteristische Wiege- einem ähnlichen Befund (CAM 07/95) beobachtet bandverzierung auf der Keramik beider Regionen. werden. Auch die Grube CAM 07/13 zeigte in der Bei dieser Technik wird mittels einer Klinge, eines untersten Schicht 1e (Abb. 2) die bereits im Befund weiches Stäbchens oder eines Kammes in ‚wiegend’ CAM 07/11 festgestellte Erhöhung des Phophat- fortschreitender Bewegung ein meist horizontales wertes. Dies ist jedoch kein auf Campo beschränk- Band aus vertikalen Eindrücken auf das Gefäß auf- tes Phänomen. Vielmehr wurden bisher bei allen gebracht. Diese Verzierung kann an vielen Fund- geochemisch untersuchten Gruben5 vergleichbare plätzen aus der letzten Hälfte des 1. Jtsd. v. Chr. be- Akkumulationen von Phosphor an der Sohle der Be- obachtet werden. Abb. 2 Der Stadtplan Campos mit den ausgegrabenen und den während des Surveys im Sommer 2007 im Stadtgebiet gefundenen archäologische Befunden sowie die Profile der untersuchten Gruben CAM 07/11 und CAM 07/13 (Stadtplan nach GoogleEarth, Stand: November 2009). Dissertationen & Magisterarbeiten 160 Grubenbefunde in Campo (Südkamerun) Abb. 3 Keramikauswahl aus den Grubenbefunden in Campo (Südkamerun): 1-4: CAM 07/11; 5 - 10: CAM 07/13. Die Keramik aus der jüngeren, ins 1.–3. Jhd. n. vertreten sind. Diese Formen sind wesentlich weni- Chr. datierenden Grube CAM 07/13 zeigt andere ger gut mit dem Fundmaterial von anderen Fund- und wesentlich heterogenere Merkmale. So kom- plätzen der Region in Zusammenhang zu bringen. men Schalenformen vor, die in der frühesten Phase So unterscheidet sich das etwa gleichzeitige Mate- der Besiedlung der Region im 1. Jtsd. v. Chr. kaum rial beispielsweise aus Akonétye in Südkamerun 161 Dissertationen & Magisterarbeiten Dirk Seidensticker (MEISTER/EGGERT 2008, Abb. 5, Abb. 10) oder Oveng CAM 07/11. Anders als in Gabun ist nur ein einzi- und Okanda in Nordgabun (CLIST 2004/2005) deut- ges Bilobé-Gefäße in den Fundstellen um Yaoundé lich von der Keramik der Grube CAM 07/13 aus bekannt. Es handelt sich um ein in einer Grube von Campo. Im keramischen Material aus dem zirka Ndindan gefundenes Gefäß (MBIDA MINDZIÉ 2002, 150 km östlich gelegenen Akonétye gibt es sehr 166 Abb. 3, F11). charakteristische Gefäße mit ausgeprägtem Schul- Entlang der Atlantikküste Südkameruns werden terknick, die in der Grube CAM 07/13 aus Campo von verschiedenen Bearbeitern weitere sogenannte nicht einmal in Ansätzen zu finden sind. Hier haben ‚Traditionen’ verortet. So definiert Oslisly nach ei- wir es offenbar mit verschiedenen regional gepräg- nem Fundplatz zirka 40 km nördlich von Campo eine ten Keramikgruppen zu tun. Eine deutliche Paral- „Malongo-Tradition“. Die Keramik dieser ins 6.–4. lele zeigen die Funde aus der Grube hingegen zum Jhd. v. Chr. datierenden Fundstelle sei durch hohe Material der etwa 130 km nördlich an der Mündung Gefäße mit Eindruckverzierung und kurzen, umkni- des Sanaga-Flusses gelegenen Fundstellen Mouan- ckenden und schräg abgestrichenen oder gerillten ko-Lobethal und Yatou. An beiden Fundstellen wur- Rändern charakterisiert (OSLISLY u. a. 2006, 131).