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ZOOLOGIE 2007 ZOOLOGIE 2007 Herausgegeben von Mitteilungen Rudolf Alexander Steinbrecht der Deutschen Zoologischen Gesellschaft . Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft

99. Jahresversammlung Münster 16. – 20. September 2006

Biohistoricum · Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig · Bonn Basilisken-Presse · Marburg an der Lahn ZOOLOGIE 2007 Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft

Herausgegeben von Rudolf Alexander Steinbrecht

99. Jahresversammlung Münster 16.-20. September 2007

Basilisken-Presse Marburg an der Lahn 2007 Umschlagbild Gedächtnisspuren im Fliegengehirn. Markante Nervenzellen im Zentralkomplex, die sich in zwei etwa waagerechten Schichten verzweigen, speichern Gedächtnisspuren aus einem Lernversuch (vgl. Beitrag Heisenberg, Abb. 4). Werte für die Höhe der Muster sind in den rot dargestellten, Werte für die Neigung der Musterkanten in den grün gezeigten Zellen gespeichert. Vermutlich durch diese Verzweigungen können Fliegen visuelle Muster, die sie an einer Stelle gelernt haben, an jeder Stelle des Sehfeldes wieder erkennen (Bild: Arnim Jenett und Martin Heisenberg).

Die Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft erscheinen einmal jährlich. Einzelhefte sind bei der Geschäftsstelle (Corneliusstr. 6, 80469 München), zum Preis von 7,00 € erhältlich.

Gesamtherstellung Danuvia Druckhaus Neuburg GmbH, Nördliche Grünauer Str. 53 86633 Neuburg an der Donau

Copyright 2007 by Basilisken-Presse Marburg an der Lahn Printed in Bundesrepublik Deutschland ISSN 0070-4342 ISBN 978-3-925347-92-4 Inhalt

Diethard Tautz 5 Ansprache des Präsidenten der Deutschen Zoologischen Gesellschaft Franz Huber 9 Laudatio zur Verleihung der Ehrenmit- gliedschaft in der Deutschen Zoologi- schen Gesellschaft an Dr.rer.nat.Dr. h.c. mult. Rüdiger Wehner, Professor Emeritus und vormals Direktor am Zoologischen Institut der Universität Zürich Klaus Peter Sauer 13 Laudatio zur Verleihung der Ehrenmit- gliedschaft in der Deutschen Zoologi- schen Gesellschaft an Dr. Dr. h. c. Günther Osche, Professor Emeritus und vormals Direktor am Zoologischen Institut der Universität Freiburg Alexander Borst 17 Laudatio für Martin Heisenberg zur Ver- leihung des Karl Ritter von Frisch-Preises Martin Heisenberg 25 Wie das Gehirn funktioniert – Verhaltens- genetik an Drosophila Sabine Gießler und 37 Zur Historie der DZG: wie der Karl Ritter Rudolf Alexander Steinbrecht von Frisch-Preis entstand 43 Die bisherigen Träger der Karl Ritter von Frisch-Medaille 47 Werner-Rathmayer-Preis der Deutschen Zoologischen Gesellschaft Caitlin Lyman 49 My RISE scholarship at Konstanz University Gerald Moritz 51 Nachruf auf Rolf Gattermann 10. 7. 1949 – 30. 6. 2006 Adriaan Dorresteijn 55 Nachruf auf Armin Wessing und Dieter Eichelberg 10. 10. 1924 – 12. 7. 2006 Peter Ladurner, Erwin Meyer 59 Nachruf auf Reinhard Rieger und Bert Hobmayer 10. 5. 1943 – 11. 10. 2006 Bernd Ulrich Budelmann 65 Nachruf auf Herrmann Schöne 22. 6. 1921 – 29. 11. 2006 Armin Geus 71 Das Biohistoricum zieht um

Ansprache des Präsidenten der Deutschen Zoologischen Gesellschaft anlässlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Prof. Dr. Günther Osche und Prof. Dr. Rüdiger Wehner

Diethard Tautz

Liebe Zoologinnen und Zoologen! Wägele hat dazu die Initiative übernom- Sehr verehrte Damen und Herren! men und wir hoffen, dass wir Ihnen an- lässlich der 100. Jahrestagung in Köln im Wie viele von Ihnen wissen, ist Herr Pro- nächsten Jahr eine Weiterführung dieser fessor Osche kürzlich 80 Jahre alt gewor- Bestandsaufnahme vorlegen können. den und wir gratulieren ihm von dieser Herr Osche promovierte 1951 bei Pro- Stelle nochmals herzlich dazu. fessor Stammer an der Universität Erlan- Angesichts seiner Lebensleistung gen zur Phylogenie einer Nematoden- kommt die Verleihung der Ehrenmitglied- gruppe. 50 Jahre später erhielt er die schaft der DZG spät – aber doch noch Ehrendoktorwürde der Universität Bonn. rechtzeitig. Herr Osche ist zunehmend Ebenfalls in Bonn begann er quasi seine durch seine Kriegsverletzung beeinträch- öffentliche wissenschaftliche Karriere. Als tigt und kann daher nicht mehr gut reisen. 34jähriger hielt er seinen ersten Haupt- Er hat mir aber in einem Brief geschrie- vortrag während der Jahrestagung der ben, dass er sich über diese Auszeich- Deutschen Zoologischen Gesellschaft zu nung sehr gefreut hat und sich sehr ge- dem Thema „Aufgaben und Probleme der ehrt fühlt. Auch richtet er den Teilnehmern Systematik am Beispiel der Nematoden“ in der Tagung seinen Dank und seine Grüße dem er grundsätzliche Prinzipien der his- aus. torischen Evolutionsforschung darlegte. Herr Osche gehört der DZG seit über Diesem Thema blieb er sein Leben lang 50 Jahren an und war von 1973 – 1976 de- treu, was sich auch in zahllosen, legendä- ren Vizepräsident und Präsident. In seine ren Diskursen, z. B. im Rahmen der „Phy- Amtszeit fielen die ersten „Orientierungs- logenetischen Symposien“ und vor allem gespräche über die Lage der Zoologie“, in seinen Vorlesungen und Vorträgen nie- von der DFG mitfinanziert und 1975 unter dergeschlagen hat. Im Jahr 1966 erschien dem Titel „Zoologie heute“ publiziert. Ich sein Hauptwerk „Grundzüge der allge- erwähne dies, weil sein Vorwort in diesem meinen Phylogenetik“ und im gleichen Buch mit dem Titel „Allgemeine Zoologie Jahr trat er auch den neu eingerichteten und spezielle zoologische Forschung“ Lehrstuhl für Zoologie in Freiburg an. immer noch von großer Relevanz ist. Zu- Günther Osche ist ein Evolutionsbio- dem hat das Vorbild dieses Buchs auch loge von außergewöhnlichem Rang. Er hat den heutigen Vorstand angeregt die Lage den wissenschaftlichen Diskurs in der his- der Zoologie erneut zu beleuchten. Herr torischen Evolutionsforschung im deutsch-

5 sprachigen Raum und über die nationalen wie vor sehr aktiv ist. Er ist ja den meisten Grenzen hinaus über Jahrzehnte maßgeb- Mitgliedern der DZG sehr gut bekannt – lich bestimmt. Er ist einer der prominen- allein schon durch die 1994 an ihn verlie- ten Anwälte der „Modernen Synthese“ in hene Karl Ritter von Frisch Medaille – Deutschland. Sein Einfluß auf die Entwick- aber auch den Studenten durch das lung des Faches Evolutionsbiologie in Standard Lehrbuch der Zoologie – den Deutschland kann nicht hoch genug ein- früheren Hadorn/Wehner und jetzigen geschätzt werden. Die DZG ist daher sehr Wehner/Gehring. stolz ihn in die Reihe der Ehrenmitglieder Rüdiger Wehner hat wie kaum ein aufnehmen zu dürfen. anderer zeitgenössischer Zoologe eine Es ist mir eine besondere Freude auch fruchtbare Kombination von experimentel- Herrn Professor Wehner aus Zürich die ler Verhaltensforschung im Freiland und Ehrenmitgliedschaft in der DZG verleihen Sinnes- und Neurobiologie im Labo- zu können. Leider kann auch er heute ratorium angestrebt und zum Erfolg ge- nicht hier sein, da er bereits seit langem führt. Am Beispiel der Orientierungsleis- eine Cataglyphis Sammelreise organisiert tungen sozialer Insekten, insbesondere hat, die sich jetzt nicht mehr verschieben der von ihm als Tiermodell gewählten lässt. Er bedankt sich aber herzlich für die Wüstenameise Cataglyphis, hat er aus der ihm übertragene Ehre, und er fühlt sich Kenntnis der jeweiligen Anpassungen an damit auch für die kommenden Tagungen den Lebensraum die relevanten Fragen an und Aktivitäten noch enger an die DZG ihre Sinnesorgane und Nervensysteme gebunden. gestellt. Er ist stets von den beobachteten Herr Wehner hat 1967 bei Martin Verhaltensleistungen der Ameisen ausge- Lindauer in Frankfurt promoviert zum gangen und hat nach den hierfür verant- Thema „Physiologie des Formensehens wortlichen sensorischen und neuronalen bei der Biene“. Noch im gleichen Jahr Mechanismen gesucht. Schließlich hat er ging er als Assistent zu Ernst Hadorn nach die Analyse auch auf die ökologischen Zürich und hat dort auch seine weitere und evolutiven Aspekte ausgedehnt. Karriere verbracht – unterbrochen durch Rüdiger Wehner gehört zur Weltspitze zwei Aufenthalte in Yale und Cornell. Von der Verhaltensbiologen und hat es ver- 1986 bis 2005 war er Direktor am Zoolo- standen, trotz fachlicher Spezialisierung, gischen Institut in Zürich, wo er letztes den Überblick über die gesamte Biologie Jahr emeritiert wurde. zu behalten. Seine Leistungen für die Zoo- Dass er heute wegen einer Sammel- logie werden unvergessen sein und er ist reise nicht hier sein kann, zeigt aber be- damit auch ein willkommenes Mitglied in reits dass er zwar emeritiert, aber nach der Reihe der Ehrenmitglieder der DZG. Prof. Dr. Diethard Tautz Universität zu Köln ab 1. 9. 2007 Abt. Evolutionsgenetik Max-Planck Institut Zülpicherstraße 47 für Evolutionsbiologie 50674 Köln 24306 Plön

6 7 8 Laudatio zur Verleihung der Ehrenmitgliedschaft in der Deutsche Zoologischen Gesellschaft an Dr.rer.nat.Dr.h.c.mult.Rüdiger Wehner, Professor Emeritus und vormals Direktor am Zoologischen Institut der Universität Zürich

Franz Huber

Als Motto für den national wie internatio- Orientierungsleistungen der Wüsten- nal höchst angesehenen Zoologen ameise Cataglyphis weitgehend zu klä- Rüdiger Wehner sei ein Zitat des Evolu- ren. tionsbiologen John Tyler Bonner voran- Rüdiger Wehner ist nicht nur ein hoch- gestellt: karätiger Forscher im Freiland und im “ What is utterly baffling to me is why Labor, zugleich Vogelliebhaber, er ist one cannot be a reductionst and a holist auch ein ausgezeichneter Lehrer. Dies at the same time”. wird dokumentiert durch die stets auf Wie kaum ein anderer zeitgenössi- den neuesten Wissensstand gebrachten scher Biologe relativiert Rüdiger Wehner durch seinen multidisziplinären Ansatz den Satz von Bonner, denn er ist Reduk- tionist und Holist bei der Erforschung des Navigationsinstrumentariums sozialer Insekten. Als Reduktionist interessiert er sich für die neuralen Strategien, welche die Miniaturgehirne dieser Tiere mit nur einigen hunderttausend Nervenzellen für die komplexen Orientierungsaufgaben entwickelt haben und als Holist sucht er nach dem situationsgerechten öko- logischen Kontext und den Selektions- drucken, die diese kleinen Gehirne form- ten um solche Leistungen zu vollbringen. Mit einem kombinierten Einsatz von Kon- zepten und Methoden der Neuro- und Verhaltensbiologie, ergänzt durch Modell- rechnungen und Robotiksimulation ge- lingt es Rüdiger Wehner die erstaunlichen

9 Auflagen des berühmten Zoologielehr- Wüstensonne erlegen sind und kehrt buches im deutschsprachigen Raum, des nach geglücktem Beutefang schnell und ehemals “kleinen Kühn”. Er hat zusam- geradlinig zur unscheinbaren Nestöffnung men mit seinem kongenialen Partner zurück. Eine schnelle Rückkehr ist not- Walter Gehring das Buch von Alfred Kühn wendig, damit sie nicht selbst der Hitze und Ernst Hadorn nicht nur fortgeführt zum Opfer fällt. Das sind die selektiven sondern völlig neu bearbeitet. In Vorle- Randbedingungen, die dieses Verhalten sungen und Vorträgen, gestützt auf ein formten. vorzüglich ausgewähltes Bildmaterial und In mehr als 30-jähriger Forschungsar- eine exzellente Rhetorik, macht er Fach- beit, die über das Emeritum hinaus un- kollegen und einer breiteren Öffentlich- vermindert andauert, hat Rüdiger Wehner keit seine Forschung zugänglich. mit zahlreichen Schülern und Mitarbei- Wehner ist Schüler von Martin tern, wichtige Aspekte der Orientierungs- Lindauer und nun einer der profiliertes- leistungen von Cataglyphis geklärt und ten geistigen Enkel von Karl von Frisch. Einblicke gewonnen in die zugrunde lie- Kurz nach seiner Promotion 1967 in gende sensorische und neuronale Ma- Frankfurt holte ihn Ernst Hadorn nach schinerie. Er hat den Kompass studiert, Zürich. Dort habilitierte sich Rüdiger der das Muster der Richtungen des pola- Wehner mit 30 Jahren und wurde mit risierten Himmelslichtes auswertet; den 34 Jahren Nachfolger von Hadorn auf Entfernungsmesser untersucht, der nicht dem Lehrstuhl für Zoologie der Univer- nur auf ebenem Gelände funktioniert, sität Zürich. einen Bildkomparator, der Panorama- Wehner’s frühe Arbeiten zur Muster- bilder speichert und mit einander ver- erkennung bei der Honigbiene zeigten, gleicht, alles um der Effizienz des Such- daß diese eine einfache Strategie benutzt mechanismus dieser Ameise auf die Spur um zwischen erlernten und neuen zu kommen. Mustern zu unterscheiden. Sein wissen- Die Navigation verlangt, daß die schaftlich weltweiter Bekanntheitsgrad Ameise ständig Richtungen und Entfer- und seine im In- und Ausland gleicher- nungen mißt und die anfallenden Daten maßen vorhandene Reputation begann so zu integrieren hat, daß nach einem mit dem Wechsel von der Honigbiene zur windungsreichen Suchlauf ein gerader schlanken, hochbeinigen und schnellen Rücklauf vorgenommen werden kann. Zur Ameise Cataglyphis und der Analyse Messung der Richtung hat Rüdiger ihrer Navigation bei der Futtersuche. Wehner die Entdeckung von Karl von Was macht diese Ameise zu einem Frisch, wonach Bienen sich nach dem idealen Versuchstier? Sie verläßt das küh- linear polarisierten Himmelslicht orientie- lere Nest bei sehr hohen Bodentempera- ren, auf die Wüstenameise übertragen turen, dann wenn es ihren Freßfeinden zu und durch ausgeklügelte Verhaltensexpe- heiß ist, jagt Hunderte von Metern weit rimente und neurobiologische Untersu- und windungsreich über strukturloses chungen eine weitgehende Klärung ihres Wüstengelände nach Beutetieren, die der “Himmelskompasses” erreicht. Dabei ist

10 die “hardware” für eine vereinfachte Pol- richtungen mit der gleichen Präzision Karte des Himmelslichtes in der geome- bestimmen kann. trischen Anordnung und Anatomie der Auch zur Frage der Wegintegration, UV-Rezeptoren in der kleinen dorsalen das heißt zur Messung der Winkel und Randzone des Auges eingebaut und lie- Distanzen, die notwendig ist um den fert die e-Vektor-Information für die Rich- Rücklauf zu bestimmen, steuert Rüdiger tungsfindung. Diese Information wird von Wehner neue Befunde bei: Bei ihrem den UV-Sensoren an neuronale Zwischen- Suchlauf bestimmt die Ameise ständig, instanzen weitergeleitet, die nur auf die gewissermaßen nach jedem Schritt, den Variation der POL-Richtung reagieren. zum Ausgangs- oder Nestpunkt zurück- Kurzum: Rüdiger Wehner findet ein “mat- führenden Vektor und speichert nur die- ched filter” das in seinen räumlichen sen Vektor in den Wegintegrator ein. Das Eigenschaften an die Hauptrichtungen nächste Wegstück wird dann mit dem des e-Vektors am Himmel angepaßt ist. zuvor gültigen Vektor verrechnet. Mit Das heißt: Die Ameise muß keine kompli- anderen Worten: Die Vektorlänge am Ort zierten Rechnungen anstellen, sie muß der Beute, ist das Tier beim Hinlauf nicht den Kopf nur so weit drehen, bis die gelaufen, dieser “Heimvektor” ist eine Summe der UV-Rezeptor-Signale maximal errechnete Größe, die auf Schritt-für- ist. Sie besitzt somit keine allumfassende Schritt-Messungen von Richtung und Ent- Himmelskenntnis sondern verwendet ein fernung und deren ständiger Integration Näherungsverfahren, das immer wieder beruhen. Durch Experimente, bei denen neu an die jeweils herrschenden Aussen- den Tieren die Länge der Laufbeine weltbedingungen angepaßt wird. Die von durch Stelzen vergrößert oder durch den Ameisen bei ihren Läufen ausgeführ- Amputation verkürzt worden ist, konnte in ten grazilen Drehbewegungen scheinen jüngster Zeit ein Hinweis gefunden wer- der Kalibrierung des Kompasses an die den, wonach die Ameisen Distanzen jeweilige Himmelssituation zu dienen. durch einen “Schrittzähler” besser Dieses “matched filter” ist zwar nicht per- “Schrittintegrator” messen. Freilich, wie fekt aber hinreichend um erfolgreich Vektor- und Schrittdaten neural verrech- navigieren zu können. net und eingespeichert werden, bleibt Eine Krönung und gleichzeitig eine noch Gegenstand weiterer Forschung. Bestätigung des in der Ameise gefunde- Wehners Befunde erschließen neue nen Verhaltensschemas war in Zusam- Konzepte über das Funktionieren des menarbeit mit Technikern und Informa- Ameisengehirnes. Sie zeigen, daß tikern die Entwicklung eines navigieren- Cataglyphis in ihrem kleinen Hirn keine den Computers, des “Sahabot” (Sahara- einheitliche Repräsentation des Raumes Roboter), ausgestattet mit Polaro-Senso- besitzt; sie operiert mit verschiedenen ren und einer der Cataglyphis nachemp- Navigationsmodulen, von denen jedes auf fundenen Software, der im Wüstenbiotop eine eigene Hirnregion beschränkt und allein anhand des dort vorhandenen für einen jeweils anderen Aspekt der natürlichen Pol-Musters die Kompass- Außenwelt zuständig ist. Jede Region

11 erhält die Information von einer eigenen Dieses herausragende und besonders Rezeptorpopulation und verfügt über originelle wissenschaftliche Werk von ihren eigenen Datenspeicher, d.h. ihr Rüdiger Wehner wurde durch Preise eigenes Gedächtnis. Die Strategie liegt (Karl von Frisch Preis – Marcel Benoist darin die Gesamtaufgabe in Teilaufgaben Preis), durch Akademiemitgliedschaften, zu zerlegen und für jede dieser Teilauf- Ehrendoktorate und herausgehobene gaben die jeweilige Lösung zu finden. Ein “Lectureships” vielfach ausgezeichnet solches Prinzip scheint auch in den Ge- und wird nun auch durch die Verleihung hirnen der Wirbeltiere verwirklicht zu der Ehrenmitgliedschaft der Deutschen sein. Auch dort herrscht eine modulare Zoologischen Gesellschaft in besonderer Differenzierung, sind also die vielen Weise gewürdigt. Funktionen auf einer Vielzahl eng mitei- nander vernetzter Areale verteilt.

Prof. Dr. Franz Huber Watzmannstraße 16 82319 Starnberg

12 Laudatio zur Verleihung der Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Zoologischen Gesellschaft an Dr. Dr. h. c. Günther Osche, Professor Emeritus und vormals Direktor am Zoologischen Institut der Universität Freiburg

Klaus Peter Sauer

Der Vorstand der Deutschen Zoologi- schungsgegenstand der Zoologie. Diese schen Gesellschaft verleiht dem hochge- Variationen sind nicht aufgesetzte Arabes- schätzten sowie langjährigen Mitglied ken am Rande – sie sind eine essentielle und ehemaligem Präsidenten (1973 bis Eigenschaft, ohne die Leben auf dieser 1974) unserer Gesellschaft die Ehrenmit- Erde auf Dauer weder existieren noch sich gliedschaft. weiterentwickeln ... kann. Die Zoologie Während seiner Präsidentschaft kam steht daher auch in Zukunft vor einer Fülle vom 19. bis 21. Februar 1974 in Bad Wild- eigener, spezifischer Fragestellungen,“ bad ein Orientierungsgespräch „Über die Situation der Zoologie“ zustande. Faszi- niert von den beeindruckenden Fort- schritten der Molekularbiologie glaubten manche von uns, in einer „allgemeinen Biologie“ die „moderne Biologie“ schlechthin sehen zu müssen. Die spe- ziesbezogene, die vergleichende Biologie wurde als „klassisch“, d. h. altbacken, bezeichnet. Die in Bad Wildbad vorgetra- genen Standpunkte fanden ihren schriftli- chen Niederschlag in „Zoologie heute“, einer Veröffentlichung unserer Gesell- schaft. Dort hat Günther Osche nach- drücklich davor gewarnt, von einer Krise der Zoologie zu sprechen, sondern gefor- dert, sich der spezifischen Forschungs- gegenstände der Zoologie bewusst zu werden: „Die Variationen des Grund- themas <>, soweit sie von Tieren vorgeführt werden, sind spezifischer For-

13 Die Tatsache, dass seit dieser Be- kenblüten belegt. Zwischen diesen frühen standsaufnahme 32 Jahrestagungen statt- und späten Arbeiten erscheint 1966 sein gefunden haben und wir 2007 unsere Artikel im Handbuch für Biologie „Grund- 100. Tagung abhalten, bezeugt beeindru- züge der allgemeinen Phylogenetik“, eine ckend, wie recht Günther Osche hatte großartige, von seiner synthetischen und hat; uns sind die Fragestellungen Denkweise geprägte Standortbestim- nicht ausgegangen. mung der Evolutionsbiologie, die noch Günther Osche hat wie kein anderer heute in weiten Teilen Bestand hat. nach dem zweiten Weltkrieg die Entwick- Zu dieser Zeit war dieses Werk die lung der Evolutionsbiologie in Deutsch- einzige umfassende deutschsprachige land beeinflusst und befördert. Seine Zusammenfassung unseres evolutionsbio- hohe synthetische Begabung ließ ihn nie logischen Wissens, die von einem Mann die kausale Evolutionsforschung aus dem geschrieben war. Seine starke Bindung Auge verlieren, wenn er sich mit systema- an die Gestalt der Organismen fordert tischen Fragestellungen beschäftigte und aber auch ihren Tribut. Ich bin sicher, die historische Evolutionsforschung nicht, Günther Osche ist misstrauisch gegen- wenn er nach den Ursachen und Mecha- über allzu weitgehenden Reduktionen nismen der Evolution fragte. Diese Eigen- in der Theorieentwicklung. Das wird da- schaft ist sowohl unter Systematikern als durch belegt, dass an keiner Stelle seines auch unter Evolutionsökologen und -ge- zentralen Werkes „Grundzüge der allge- netikern keinesfalls verbreitet, sind doch meinen Phylogenetik“ oder an anderer die einen dem vergleichend formenkund- Stelle seines reichen Opus z. B. ein Hin- lichen Frageansatz und die anderen vor- weis auf Fishers fundamentales Theorem wiegend dem Experiment verpflichtet. der natürlichen Selektion zu finden ist. Er Günther Osches wissenschaftliches Opus ist bis heute der Gestalt der Organismen ist ohne jeden Zweifel von der verglei- verpflichtet. chend formenkundlichen Methodik ge- Günther Osche gehört jener geschun- prägt. Schon seine frühen Untersuchun- denen Generation an, die 1939 erst gen zur Evolution des Parasitismus bei 13 Jahre alt, 1943 jedoch schon 17 Jahre Nematoden belegen eindrucksvoll, wie alt war und ihre Hochschulreife zwischen es ihm gelingt, mit der vergleichenden Arbeitsdienst und Fronteinsatz erwerben Methode, die nicht ohne weiteres den musste. So erging es auch Günther kausalanalytischen Frageansatz enthält, Osche, der diesen Wirrnissen auch nur die Basis desselben zu erweitern. Nie ist gezeichnet entkommen konnte. Günther Osche das Gefühl für den Orga- Nach einem Studium der Zoologie, nismus abhanden gekommen, immer hat Botanik, Geologie, Chemie und Geogra- er seine fitnessbeeinflussende Gestalt phie an der Universität Erlangen, wurde gesehen. Dies wird nachdrücklich durch Günther Osche mit einer bei Prof. Dr. H. J. seine späteren Arbeiten zur Evolution Stammer angefertigten und mit summa optischer Signale bei Blütenpflanzen und cum laude bewerteten Dissertation zu zur unabhängigen Entstehung der Mas- dem Thema „Systematik, Phylogenie und

14 Ökologie der Gattung Rhabditis (Nema- riet. In solchem Klima gedieh ein akade- toda)“ 1951 zum Dr. rer. nat. promoviert. mischer Bürgersinn, wie er nur selten Nach seiner Assistentenzeit hat er sich erfahrbar ist. Wir, die dies erfahren durf- 1963 mit einer richtungsweisenden Arbeit ten, danken es dem Meister. „Zur systematischen Stellung und Phylo- Und immer wieder erschienen ent- genie der Pentastomida“ ebenfalls an der scheidende Stellungnahmen zu strittigen Universität Erlangen im Fach Zoologie Fragestellungen in der Evolutionsbiolo- habilitiert. In der Zeit zwischen Promotion gie, ein Beitrag zur Theorie des Pluri- und Habilitation meldet sich Günther potenzphänomens oder eine Richtigstel- Osche in zahlreichen umfassenden Stu- lung zum Homologiebegriff oder zum dien zu wichtigen und theoretisch an- biogenetischen Grundgesetz von E. spruchsvollen evolutionsbiologischen Haeckel. In seiner Freiburger Zeit er- Fragestellungen zu Wort. Diese brillant schienen auch Günther Osches Bücher geschriebenen Analysen reichen vom zur Evolution und zur Ökologie, die fast Präadaptationsproblem und seiner Be- jeder Biologiestudent oder Gymnasiast, deutung für die Evolution über die biolo- der einen Leistungskurs in Biologie be- gisch-ökologischen Faktoren, welche die legt hatte, gelesen hat. Über diese Bücher Wirtskreiserweiterung bei parasitischen hat Günther Osche einen nicht zu überse- Nematoden bedingen, bis zur Evolution henden Einfluss auf die weite Verbreitung des Parasitismus und der Symbiose. evolutionsbiologischen Wissens genom- Nachdem er einen ehrenvollen Ruf an men. Seine Vorlesungen und Vorträge die Universität Kiel, wo er Nachfolger von waren Kabinettstücke und gedanklich Adolf Remane werden sollte, abgelehnt geschliffen wie Edelsteine. hatte, folgte er schließlich 1967 einem Ruf Seiner ersten Veröffentlichung zur Evo- an die Universität Freiburg, wo er viele lution optischer Signale bei Blütenpflan- Jahre zahlreiche Schüler und Studenten in zen hat Günther Osche ein Goethe-Wort die Evolutionsbiologie, Morphologie, phy- aus „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ logenetische Systematik und Ökologie vorangestellt; einführte. Dort entwickelte er eine seiner bemerkenswertesten Fähigkeiten zur vol- „Gewöhnliches Anschauen, len Blüte. Gedanken und Ideen wurden in richtige Ansicht der irdischen Dinge Gesprächen mit Mitarbeitern und Studen- ist ein Erbteil ten erprobt. Im Gespräch wurde geschlif- des allgemeinen Menschenverstandes“. fen, gespiegelt und gewendet, wieder verworfen, neu aufgegriffen, bis der Ge- Damit vertrat der reife Gelehrte be- danke glänzte, oder, was auch vorkam, wusst eine Einsicht, die er vorher mehr als unfruchtbar oder falsch durchschaut spielerisch und intuitiv richtig angewandt war. Dieses geistige Miteinander schuf hatte. Die Einsicht wurde zum Programm eine ungemein befruchtende und frucht- und an Stilleben holländischer Meister bare Atmosphäre, der sich kaum einer ebenso erprobt, wie an romanischen entziehen konnte, der in ihren Bann ge- Basiliken, an Papiersorten des 18. Jahr-

15 hunderts, wie an der Zeichentechnik Günther Osche hat auch mühsame Roesel von Rosenhofs. Verpflichtungen immer freudig übernom- Seit 1969 ist Günther Osche korres- men. So war er lange Jahre Fachgutachter pondierendes Mitglied der Akademie der der Deutschen Forschungsgemeinschaft Wissenschaften und der Literatur in und – wie bereits gesagt – Präsident der Mainz. Die ehrenvolle Berufung in die Deutschen Zoologischen Gesellschaft. Deutsche Akademie der Naturforscher Wir sind unserem Freund, Lehrer und „Leopoldina“, der Günther Osche seit Kollegen Günther Osche für alles, was er 1979 angehört, war das Ergebnis wissen- uns gegeben hat, zu tiefstem Dank ver- schaftlicher Breite, zugleich aber auch pflichtet und wünschen ihm Gesundheit der Beginn, neue Bereiche zu erschlie- und Schaffenskraft und freuen uns mit ihm ßen. 2001 verlieh ihm die Mathematisch- über seine Ehrenmitgliedschaft in unserer Naturwissenchaftliche Fakultät der Uni- Gesellschaft. versität Bonn die Ehrendoktorwürde.

Prof. Dr. Klaus Peter Sauer Institut für Evolutionsbiologie und Ökologie der Universität Bonn An der Immenburg 1 53121 Bonn

16 Laudatio für Martin Heisenberg zur Verleihung des Karl Ritter von Frisch-Preises

Alexander Borst

Meine sehr verehrten Damen und Seine hervorragenden wissenschaftlichen Herren, lieber Herr Heisenberg! Leistungen spiegeln sich in einer Vielzahl von richtungweisenden, originellen und Es ist eine große Freude und Ehre für exzellenten Veröffentlichungen wider.’ mich, heute die Laudatio für Sie halten zu Diese Kurzfassung seiner Vita und vor dürfen. Will man heutzutage etwas über allem die beeindruckenden Aussagen einen bestimmten Fachbegriff oder über über die Bedeutung seiner Arbeit möchte einen prominenten Menschen wissen, ich im Folgenden näher ausführen. Zu- geht man in die Internet-Enzyklopädie Wikipedia. Unter ,Martin Heisenberg’ fin- det man dort folgenden Eintrag: ‚Als Sohn des Physikers Werner Heisen- berg und seiner Frau Elisabeth (geb. Schu- macher) kam Heisenberg früh mit natur- wissenschaftlichen Fragen in Berührung. Nach dem Studium der Chemie und mole- kularen Biologie in München, Tübingen und Pasadena (unter anderem bei Max Delbrück) wurde er 1975 Professor an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Ordinarius für Genetik und Neurobiologie im Biozentrum der Univer- sität Würzburg. Martin Heisenberg gilt als einer der wenigen deutschen Universalgelehrten, die das Wissen und Denken eines Natur- wissenschaftlers mit umfassendem Wissen und Verstehen der Geisteswissenschaften vereinen und auch in der Lehre vertreten können. Heisenberg war einer der Ersten, der die Bedeutung der Gehirnentwick- lungsmutanten in Drosophila für die Er- forschung neuroethologischer Frage- stellungen erkannt hat. Er hat damit in Deutschland die Neurogenetik begründet. Martin Heisenberg

17 nächst zu Martin Heisenbergs wissen- Drosophila mit neurogenetischen Metho- schaftlichem Werdegang: den zu untersuchen. Das war genau die Martin Heisenberg wuchs in Göttingen Kombination, die das Labor für Martin auf, zog dann nach München um; dort Heisenberg so attraktiv machte. Dort ge- ging er auf das Maximilians-Gymnasium, lang es ihm, in einem Verhaltens-Essay machte 1959 das Abitur, und studierte die berühmte Optomotorik Mutante omb anschließend, von 1960 bis 1964, in zu isolieren. Es dauerte nicht lange, und Tübingen Chemie. Obwohl er zu diesem Martin Heisenberg erhielt nach einigen Zeitpunkt bereits entschlossen war, das weiteren Arbeiten im Alter von 35 Jahren Geheimnis des Gehirns zu entschlüsseln, ein Angebot, nach Würzburg auf den denke ich, war der Entschluss, Chemie zu Genetik-Lehrstuhl zu gehen. Dieses An- studieren, geprägt von der Erkenntnis, gebot nahm er 1975 an, ging nach Würz- sich zunächst eine solide naturwissen- burg und ist der Julius-Maximilans Univer- schaftliche Grundlage anzueignen. Das sität seitdem treu geblieben. In den ver- passt auch zu dem Faktum, dass Martin gangenen 30 Jahren hielt er sich mehr- Heisenberg mehr als zügig studierte und mals als Gastprofessor in den USA auf, bereits 1966, also im Alter von 26 Jahren, wurde Mitglied in zahlreichen wissen- seine Doktorarbeit über ein Thema zur schaftlichen Gesellschaften, Mitheraus- Genetik von Bakteriophagen abschloss. geber von vielen Zeitschriften, und ist Anschließend ging er als Postdoc in das Mitglied der wichtigsten Akademien wie Labor des legendären Molekularbiologen z.B. der Deutschen Akademie der Natur- Max Delbrück ans CalTech. Er studierte forscher Leopoldina, der Academia Euro- dort das Verhalten von Phycomyces, eines paea, der Akademie der Wissenschaften Einzellers, welcher ein lichtgerichtetes zu Göttingen, und der Berlin-Brandenbur- Wachstum zeigt. Dort konnte er sich in gischen Akademie der Wissenschaften. die molekularbiologische Methodik ein- Er ist Autor von über 130 wissenschaftli- arbeiten, gleichzeitig reifte aber auch in chen Veröffentlichungen, darunter sieben ihm die Erkenntnis, dass diese Organis- Veröffentlichungen in Nature, drei in men kein Gehirn haben, und er wollte Science. Gemeinsam mit Reinhard Wolf doch das Gehirn verstehen. Wahrschein- hat er das Buch ‚Vision in Drosophila’ lich inspiriert von den verschiedenen geschrieben, die Bibel vieler Kollegen Gruppen, die am CalTech an Drosophila und Studenten. Diese Vita, dieser Veröf- arbeiteten, ging er deshalb anschließend fentlichungs-Record, wird dem Anspruch 1968 als Assistent zu Karl-Georg Goetz eines Preisträgers sicherlich mehr als an das Max-Planck-Institut für biologische gerecht. Kybernetik nach Tübingen. Dieses Institut, Für mich und sicherlich auch für Sie gegründet von Werner Reichardt, war gibt es da natürlich viele interessante damals weltweit einmalig das Mekka für Fragen, von denen ich zwei herausgreifen das visuell gesteuerte Verhalten von Flie- möchte. Zunächst die Frage, wie es kam, gen, und Karl-Georg Goetz hatte damals dass sich Martin Heisenberg für die Neu- als erster die Idee, die Optomotorik an rowissenschaften interessierte. Dazu be-

18 richtete er in einem Interview von folgen- den Seminarraum und schlug die Tür kra- dem Schlüsselerlebnis: chend hinter sich zu. Ich war begeistert zu ‚Mit 17 hatte ich die Chance, an einem sehen, dass hier offensichtlich wissen- der legendären ‚Leib-Seele Seminare’ in schaftliche Fragen waren, die unser ganzes Seewiesen teilzunehmen. Eines Abends Selbstverständnis im Fundament betrafen, war Carl-Friedrich von Weizsäcker als und fand, dass sich solche Fragen wirklich Gastredner eingeladen. Er sprach über die lohnen, den Rest eines Lebens untersucht Bedeutung der Quanten-Mechanik für die zu werden.’ Neurowissenschaften. Er versuchte zu er- Ich würde sagen: da hatten wir und klären, warum es keinen Sinn macht, von die Neurowissenschaften wirklich Glück, einem Elektron zu denken, unabhängig dass Sie seinerzeit die 30 km auf sich von der Existenz eines Beobachters. genommen haben und von München Lorenz mochte diese Anschauung von heraus nach Seewiesen gefahren sind. Weizsäcker’s nicht besonders und versuch- Eine andere hochinteressante Frage ist te, immer weitere Gegenargumente zu fin- die nach der für Ihre wissenschaftliche den. Von Weizsäcker konnte diese jedoch Laufbahn einflussreichsten Person. In dem eines nach dem anderen entkräften, und gleichen Interview, welchem ich die eben am Ende verließ wütend erzählte Anekdote entnommen habe,

Diethardt Tautz, Präsident der DZG, überreicht Martin Heisenberg die Urkunde im Schloß zu Münster

19 antworten Sie auf diese Frage ohne von Drosophila für die Gehirnforschung Zögern: Max Delbrück. Ihren Aussagen zu nutzen. Die folgenden Beispiele sollen nach gab es bei Max Delbrück drei Prin- belegen, wie zukunftsweisend und origi- zipien: nell seine Ansätze dabei jeweils waren. 1. Wissenschaft muss Spaß machen. 1. Bei Karl Goetz entwarf er ein gestaf- 2. Erzähle mir nichts, was ich nicht weiter- feltes Y-Maze, bei dem sich an all den sagen darf. Und 3. Stell solange Fragen, Entscheidungspunkten je eine Trommel bis du verstanden hast, oder weißt, dass in ein und dieselbe Richtung drehte. es momentan keine Antwort gibt. Am Ende des Labyrinths befanden sich Jeder, der Martin Heisenberg kennt, 32 Gläser, und alle Wildtyp-Fliegen, die würde sofort unterschreiben, dass diese eine normale optomotorische Folgereak- Aussagen, ohne Einschränkung, auch auf tion zeigten, fanden sich am Ende in den ihn zutreffen. Ich selbst hatte das große am weitesten links liegenden wieder. Glück, Herrn Heisenberg als junger Stu- Eine mit EMS zufällig erzeugte Mutanten- dent in Würzburg in die Arme zu laufen, Linie jedoch zeigte eine statistische Ver- und diese Art von Aufgeschlossenheit, teilung. Offensichtlich besaßen diese diese Art, sich nicht zu scheuen, dauernd Tiere keine optomotorische Folgereak- Fragen zu stellen, diese Art der intellektu- tion. Bei der anschließenden anatomi- ellen Atmosphäre, die dadurch geschaf- schen Untersuchung ergab sich, dass die- fen wurde, machten Martin Heisenberg sen Fliegen die Großfeld-Neurone in der und seine Mitarbeiter so attraktiv für Lobulaplatte fehlten. Dieser Befund gilt einen jungen, hungrigen Studenten wie bis heute als der klassische Nachweis, mich. Ich selbst hatte leider nicht mehr dass eben diese Zellen für die Optomo- das Privileg, Max Delbrück persönlich torik und die visuelle Kurssteuerung im kennen zu lernen, aber als ich Jahre spä- Fliegengehirn zuständig sind. ter einiges biographisches Material über 2. Wenige Jahre später, kaum in Würz- ihn las, wusste ich, wer bei Martin burg angekommen, startete Heisenberg Heisenberg stilprägend war. einen umgekehrten Ansatz für die Etab- Nach diesen Punkten zu der Laufbahn lierung von Struktur-Funktionsbeziehung unseres Preisträgers möchte ich jetzt auf im Fliegengehirn: Statt nach einem Ver- seine wissenschaftlichen Leistungen zu haltensdefizit zu selektieren und anschlie- sprechen kommen. Was bedeutet es, dass ßend die Gehirnstruktur zu untersuchen, es heißt, Martin Heisenberg habe die selektierten er und sein Assistent Karl- Neurogenetik begründet, was bedeutet Friedrich Fischbach nach anatomischen es, dass er als Universalgelehrter die Kriterien, schauten also, welche Fliegen naturwissenschaftliche Vorgehensweise veränderte Gehirnstruktur zeigten, und mit den Geisteswissenschaften vereint? prüften anschließend, in welchem Verhal- Zunächst zur Neurogenetik: Ich würde ten die Fliegen gestört waren. Besondere ohne Umschweife sagen, dass Martin Aufmerksamkeit widmete Heisenberg Heisenberg als einer der ersten die dabei den Pilzkörpern, einer sehr promi- Möglichkeiten gesehen hat, die Genetik nenten Zentralhirn-Struktur von Insekten.

20 21 Dies führte zu der mittlerweile ebenfalls einem Neurowissenschaftler genannt klassischen Erkenntnis, dass die Pilzkör- haben, sind sie verbessert worden, dass per beim olfaktorischen Lernen die zen- es richtig ‚Fruchtkörper’ heißen muss. trale Rolle spielen. Dass die Pilzkörper mittlerweile als Logo 3. Waren diese ersten Erfolge noch eines internationalen Kongresses dienen, geprägt von der Kombination klassischer dass sie zum zentralen Thema einer Un- Genetik, Verhaltensanalyse und Anatomie, zahl von Forschergruppen weltweit ge- machte sich Heisenberg in den letzten worden sind, dass sich die Untersuchun- Jahren zunehmend molekulare Methoden gen zu den zellulären Grundlagen von zunutze. Auch hier wieder auffallend, wie Lernen und Gedächtnis bei Invertebraten originell dabei sein Ansatz war. Während auf eben diese Strukturen konzentrieren, die allermeisten Labors damit beschäftigt das ist einzig Martin Heisenbergs Ver- waren, bestimmte Neurone im Gehirn von dienst. Drosophila zu blockieren oder auszu- Soviel zu der Aussage, Martin Heisen- schalten, und dann entsprechende Ver- berg hat die Neurogenetik mit begründet. haltensleistungen zu testen, hat Martin Was aber hat es mit der Aussage auf sich, Heisenberg die Methode der genetischen Martin Heisenberg sei einer der wenigen Rekonstitution erfunden. Er fragte: wenn Universal-Gelehrten? ich ein bestimmtes Protein, welches für Nun, wir haben ja bereits gehört, dass neuronale Plastizität notwendig ist, aus die Fragen an der Schnittstelle zwischen allen Neuronen von Drosophila entferne, Natur- und Geisteswissenschaft Martin in welche Neurone muss ich es mindes- Heisenberg von Anfang an fasziniert tens zurückgeben, damit die Verhaltens- haben und ihn letztlich bewogen haben, leistung ‚olfaktorisches Lernen’ wieder da sich dem Studium des Gehirns zu wid- ist. Die Antwort lautete: in die Zellen, die men. Von etwas fasziniert zu sein, bedeu- den Pilzkörper formen. tet aber noch lange nicht, auch grundle- Diese und zahlreiche Arbeiten zum gende Beiträge geliefert zu haben. Dies visuellen System und zum Lern-Vermö- aber hat Martin Heisenberg ohne Zweifel gen von Drosophila erklären, warum getan. Und auch hier half der unvoreinge- Martin Heisenberg tatsächlich die ‚lead- nommene Blick, die Position des einfa- ing figure’ der Neurogenetik geworden chen Beobachters: ist. Ich war vor 2 Wochen bei dem wich- Gemeinsam mit seinem langjährigen tigsten Meeting der Drosophila-Neuro- Mitstreiter Reinhard Wolf sahen sie der Gemeinde in Leuven, Belgien, und mir Fliege im fixierten Flug am sogenannten sind zwei Dinge dabei aufgefallen: bei Drehmoment-Kompensator zu, und das jedem zweiten Vortrag stand eine Arbeit erste, was ihnen auffiel, war, dass die von Martin Heisenberg als Zitat auf den Fliege außer dem kontinuierlichen Dreh- Powerpoint-Folien, und zweitens, das moment auch distinkte Drehmoment- Logo der Veranstaltung waren die Pilz- Peaks erzeugte, das Äquivalent von Flug- körper. Wenn Sie vor 30 Jahren das Wort Sakkaden, wie wir mittlerweile wissen. ‚Pilzkörper’ in einer Unterhaltung mit Waren die Tiere im Closed-Loop mit ihrer

22 Umgebung, konnten sie sie also mit dem durchgesetzt, dass man sich kaum noch Drehmoment kontrollieren, steuerten sie andere Experimente ausdenken kann, es dabei offensichtlich für sie interessante sei denn, man heißt Heisenberg. Moder- Gegenstände des Panoramas in ihrem ne Theorien zur visuellen Objekterken- Flug an. Eine der interessantesten Be- nung gehen aber mittlerweile stark von obachtungen war dabei, dass die Tiere in einem Prior im Bayes’schen Sinne aus, der Lage waren, einmal dies und einmal was nichts anderes heißt, als dass das, jenen Gegenstand anzufliegen. Ganz im was man sieht, sehr stark von der Erwar- Gegensatz zu einer statistischen Theorie tung geprägt ist. Sie sehen also: das der visuellen Kurzkontrolle konnten Gehirn nimmt dadurch eine sehr viel akti- Heisenberg und Wolf nachweisen, dass vere Rolle an, als das ein noch so gewief- selbst so kleine Gehirne wie Drosophila ter Filter jemals könnte. dazu in der Lage sind, ihre visuelle Auf- 2. Diese und andere Überlegungen merksamkeit zu steuern. führten auch dazu, dass Martin Heisen- Diese und andere Beobachtungen berg in den vergangenen Jahren zuneh- führten Heisenberg zu einer Anschauung mend an den Diskussionen teilnahm, wel- über das Gehirn, welche den meisten che zum Thema ‚Neurobiologie und freier heute gängigen Anschauungen diametral Wille’ die Aufmerksamkeit einer großen entgegenläuft, nämlich die der initialen Öffentlichkeit erregten. Hier liegt sein Aktivität. Statt das Gehirn als eine Art Beitrag darin, Begriffe wie ‚Initiale Aktivi- hoch elaborierte, aber im Grunde doch tät’ und ‚Reportability’ eingeführt zu passive Reiz-Reaktions-Maschine zu be- haben, und ich denke, dass sich diese trachten, geht nach Heisenbergs An- Begriffe als extrem nützlich erweisen wer- schauung die Aktivität vom Gehirn aus, den bei der Diskussion der Geistes- mit und nicht vom Reiz. Dies hat weitreichen- den Naturwissenschaften zu diesem de Implikationen: 1. Zum einen unmittel- äußerst schwierigen Themenkomplex. bar für die Neurowissenschaften – wis- Was soll ich noch weiter sagen? senschaftshistorisch gesehen sitzen die Ich denke, es gibt keinen würdigeren Neurowissenschaften in der sogenannten Preisträger für die Auszeichnung als Sie, ‚Reflex-Falle’ (dies ein Zitat aus Glimchers lieber Herr Heisenberg, und es gibt kei- Buch ‚Neuro-Economics’): Seit Sherring- nen, der sich mehr darüber freut als ich. ton’s Reflex-Theorie hat sich das Reiz- Meine herzlichsten Glückwünsche! Reaktions-Paradigma als so erfolgreich

Prof. Dr. Alexander Borst MPI für Neurobiologie Am Klopferspitz 18a D-82152 Martinsried

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Wie das Gehirn funktioniert – Verhaltensgenetik an Drosophila

Martin Heisenberg

Die Genetik hat sich der Gehirnfor- auf die allgemeine Erkenntnis, daß die schung in zwei Stufen angedient. In den Vielzeller ein genetisches Zell-Adressie- 70er- und 80er-Jahren wurden die Gene rungs-System besitzen, das – ähnlich der molekular zugänglich. Damit hat man Schließanlage eines großen Gebäudes – einerseits viel über die Entwicklung des bestimmt, in welchen Zellen die Gene je- Gehirns gelernt und andererseits ganz weils an- und abgestellt sein müssen. Das allgemein verstanden, was Gene für das System hat man sich zunutze gemacht um Gehirn und Verhalten im Prinzip leisten. Gene der eigenen Wahl in kleinen Zell- Sie codieren die Proteinbausteine der gruppen oder einzelnen Zellen des Ge- Gehirnzellen, die Enzyme des Stoffwech- hirns zu manipulieren. Diese neue Inter- sels, die Stufen der Signalkaskaden in ventionsmethode erweist sich als außer- diesen Zellen, sowie die Botenstoffe für ordentlich potent und eröffnet der Ver- die Kommunikation zwischen den Zellen. haltensbiologie ein großes, fruchtbares Ohne Frage können bestimmte Verände- Betätigungsfeld in der Gehirnforschung. rungen an Genen gelegentlich bestimmte Ein Beispiel dafür weiter unten. Verhaltensleistungen sehr spezifisch be- Nimmt man die beiden Stufen zusam- einflussen. Aber in der Regel haben die men, hat die Genetik die funktionelle Ge- Gene vielerlei Eigenschaften, auch sol- hirnforschung zumindest in den wenigen che, die sich in ganz unterschiedlichen etablierten genetischen Modellorganis- Zusammenhängen auswirken, wofür es men (C. elegans, Drosophila, Zebrafisch, schon lange den Begriff Pleiotropie gibt. Maus) revolutioniert. Man kann sich heute Das Intelligenz-Gen, das Homosexuali- vorstellen, daß die Kluft zwischen der tätsgen und das Kriminalitäts-Gen, ja die molekularen / zellulären Ebene und dem Verhaltensgene allgemein sind ein veral- Verhalten eines Tages überbrückt und tetes Konzept, auch wenn die Medien sich die Frage ‘Wie funktioniert ein Gehirn?’ noch nicht ganz daran gewöhnt haben, wissenschaftlich beantwortet werden wie der Rummel um das sogenannte kann. Die allgemeine Antwort darauf lau- Sprachgen vor ein paar Jahren gezeigt tet: Gehirne regulieren das Verhalten, so hat. daß die Tiere ihr Leben lang meistens Auf der zweiten Stufe, 20 Jahre später, das richtige tun. Aber wie machen sie hilft die Genetik inzwischen im Gehirn das? Netzwerke zu identifizieren, die bestimm- Fangen wir klein an: wie funktioniert ten Verhaltensleistungen zugrunde lie- das winzige Gehirn der Fliege gen. Der methodische Zugang stützt sich Drosophila? Schon seit geraumer Zeit ist

25 bekannt, daß Verhalten aus Bausteinen wir von der Antwort noch weit entfernt aufgebaut ist, die im rechten Moment sind. Ich will im folgenden einige Beob- aktiviert, ggf. modifiziert, fortgesetzt, achtungen und Experimente zum ‘Innen- abgebrochen oder unterdrückt werden leben’ der Fliege referieren, auf dem Weg müssen. Jahrzehnte lang wurde die Vor- zu einem solchen Modell. stellung verfolgt, das Gehirn “errechne” Eines der ersten Experimente in unse- das richtige Verhalten aus den Sinnes- rem Labor dazu ging auf Beobachtungen daten. Wie sollte es auch anders sein? von T. Collett und M. Land (1975) zurück, Was außer den Sinnesreizen steht einem die beschrieben hatten, daß Fliegen Organismus für die Auseinandersetzung mancher Arten ihre Flugrichtung ruckar- mit der Außenwelt zur Verfügung? Der tig, d.h. durch plötzliche, schnelle Körper- zeitliche Vergleich der Erregung der Seh- Drehungen, sogenannte Saccaden zellen im Auge z.B. sagt dem Gehirn: Da ändern. R. Wolf (Heisenberg und Wolf, ist Bewegung. Aufs Ganze gesehen leitet 1979) entdeckte in den Flugspuren von sich daraus ein Forschungsprogramm ab, Drosophila am Drehmoment-Kompensa- mit dem versucht wird das Gehirn als tor (Götz, 1964) solche abrupten Wende- Schaltplan darzustellen, der die Kontrolle manöver (Abb. 1). Was ihm dabei auffiel des Verhaltens durch die Wechselwirkun- war, daß die Saccaden in der Regel nicht gen der Sinnesdaten im Gehirn vollstän- durch Sinnesreize ausgelöst zu sein dig beschreibt. schienen. Wie genau auch immer man Aber mit der Genetik beginnen sich alle erdenklichen Reize im Flugsimulator die Gewichte im Verständnis von Gehir- ausschaltete oder veränderte, die Sacca- nen zu verschieben. Was ist mit den den waren dadurch nicht unter Kontrolle gigantischen Informationsmengen über zu bringen. Aber durch was sonst wurden die Außenwelt, die sich im Lauf der sie ausgelöst? Gab es denn zu Reizen Stammesgeschichte der Fliege in ihrem überhaupt eine Alternative? Von nichts Erbgut angesammelt haben? Wie groß kommt nichts. Wir waren uns bewußt, daß ist der Abstand zwischen Sinnesreizen das Fehlen von Reizen kaum zu beweisen und Verhalten? Tut sich z.B. etwas im Kopf war. Und so folgenreiche und aufwendige einer Fliege, wenn sie da reglos vor mir Verhaltensmuster überläßt man nicht sitzt? Leistet sie Gehirnarbeit? Geht es ihr dem Zufall. Wir verfielen immer wieder in so wie dem Farmer in Georgia, der mit die Sprechweise, daß die Fliegen die seiner Pfeife in der Hand im Abendlicht Urheber der Saccaden waren, aber das auf der Veranda vor seinem Haus sitzt durfte man nicht sagen. Was sollte das und auf die Frage eines Nachbarn, was er Aktiv im Verhalten bedeuten? gerade tue, antwortet: “I am rearranging Manchmal hilft nur einfach weiter my prejudices”? Die Frage, wie das Ge- machen. Wenn man links von der Fliege, hirn funktioniert, die Frage nach einem die wieder starr an ihrem Meßgerät allgemeinen Verhaltensmodell des Ge- hängt, einen schwarzen Balken hin und hirns beginnt sich heute dank der Gene- her bewegt, beantwortet die Fliege diese tik bei Drosophila zu stellen, auch wenn Bewegung mit charakteristischen Dreh-

26 moment-Manövern, die sich für die bei- trisch zeigt. Im entscheidenden Versuch den Bewegungsrichtungen – einerseits präsentiert man der Fliege zwei Balken, mit, andererseits gegen die Flugrichtung einen links, einen rechts, und bewegt sie – im zeitlichen Muster unterscheiden. im Gleichtakt hin und her, immer zusam- Wiederholt man das Experiment auf der men nach vorne und nach hinten. Was anderen Seite, beobachtet man das ent- macht die Fliege? Sie verfolgt mit ihren sprechende Verhalten, was sich im Dreh- Flugmanövern für eine Weile den linken moment nun natürlich spiegelsymme- Balken, dann wechselt sie zum rechten,

Abbildung 1: Mitte: Flugsimulator mit Drehmomentkompensator. Aus dem Drehmoment der Fliege errechnet der Computer, wie schnell sich die Fliege dadurch drehen würde und läßt das Panorama mit dieser Geschwindigkeit in entgegen gesetzte Richtung drehen. Einschub links oben: Fliege mit Drahtbügel, der zwischen Kopf und Thorax angeklebt wurde. Mit dem Draht- bügel wird die Fliege am Meßgerät befestigt. Unten rechts: Rekonstruierte Flugspur einer Fliege im Flugsimulator bei angenommener gleichmäßiger Vorwärtsbewegung. Man erkennt die ruckartigen Wendemanöver, sog. Körpersakkaden, mit denen die Fliege ihre Flugrichtung ändert. Sowohl der Flug wie die Sakkaden sind diskrete Verhaltensmodule (R. Wolf und M.H.).

27 um diesen eine Zeit lang zu verfolgen Lage ist gefährliche Manöver zu vermei- (Wolf und Heisenberg, 1980). Wir können den. Man stelle sich vor man trüge eine also direkt beobachten, wie die Fliege solche Brille. Man sähe einen Gegenstand ihre Aufmerksamkeit hin und her lenkt rechts von einem statt dessen auf der lin- oder, vorsichtiger formuliert, wie das ken Seite und wenn man versuchte sich Gehirn die Verhaltensantworten auf ihm nach links zuzuwenden, verschwände wechselnde Teile des Sehfelds begrenzt er nach links aus dem Blickfeld. Wie man (Abb. 2). Das Gehirn ist von sich aus als älterer Mensch weiß, gewöhnt man aktiv, es probiert einmal dies und einmal sich an seine Brille. So auch an eine Um- jenes (Heisenberg, 1983). kehrbrille. Nach ein paar Tagen mit sehr Das wird in einem Experiment beson- unangenehmen Erlebnissen hört man auf ders deutlich, das ursprünglich in der sich daran zu stören, bald merkt man Psychologie entwickelt worden ist. Viele nicht mehr, daß rechts und links ver- von Ihnen werden es kennen: das Um- tauscht sind, außer, wenn man danach kehrbrillen-Experiment (Kohler, 1956). gefragt wird, und schließlich, nach einer Der Proband muß eine Brille tragen, die Woche, ist links wieder links und rechts z.B. rechts und links vertauscht und muß rechts, selbst wenn man auf die Brille auf- damit zu leben lernen. Am Anfang wird er merksam gemacht wird. Was lehrt uns von einem Helfer geführt, bis er in der dieses Experiment? Z.B. eine gewisse Reserve gegenüber der sog. objektiven Außenwelt. Die Wahrnehmung ist ein ganzheitlicher Vorgang. Der Sehsinn unterwirft sich im Streben nach geglück- ter Orientierung im Raum dem Erfolg und der Summe der anderen Erfahrungen. R. Wolf hat schon in den 70er-Jahren das oben erwähnte Meßgerät zu einem Flugsimulator ausgebaut (Abb. 1; Heisen- berg und Wolf, 1979, 1984). Ein Compu- ter errechnet aus den Meßwerten, wie schnell sich die Fliege drehen würde, wenn sie frei wäre und bewegt das Pano- rama, in dem die Fliege hängt, entspre- chend in die andere Richtung. Normaler- Abbildung 2: Selektive visuelle Aufmerksam- weise führt also ein Drehversuch nach keit. Sieht sich die Fliege gleichzeitig zwei Landmarken in Flug-relevantem Abstand rechts zu einer Drehung des Panoramas gegenüber, versucht sie abwechselnd eine nach links und umgekehrt. Wenn die von ihnen anzusteuern. Auch wenn im Flug- Fliege sich also zu einer Landmarke simulator sich die beiden Balken genau sym- rechts im Sehfeld hinwenden wollte, metrisch zur Körperachse bewegen, richtet sich das Verhalten der Fliege nur jeweils auf würde diese sich im Sehfeld nach links einen von ihnen (R. Wolf und M.H.). verschieben. Im Flugsimulator kann man

28 der Fliege leicht eine elektronische zieht sich ihr, indem sie auf der gleichen „Umkehrbrille“ aufsetzen. Das geht mit Seite nach hinten aus dem Blickfeld ver- einem einfachen Schalter in der Steuer- schwindet. elektronik. Jetzt führt plötzlich ein Dreh- Auch die Fliege lernt, sich mit ihrer versuch der Fliege nach rechts zu einer neuen Situation zu arrangieren und nach Drehung des Panoramas ebenfalls nach 40 Minuten angestrengter Gehirnarbeit rechts und damit erlebt die Fliege diesel- ist sie wieder Herr der Lage (Abb. 3). Sie be Katastrophe wie vorhin die Versuchs- hat gelernt, daß sie sich der Landmarke person. Die Fliege möchte sich zu einer zuwenden kann, wenn sie das entgegen Landmarke hinwenden aber diese ent- gesetzte Flugmanöver macht, das sie nor-

Abbildung 3: Umkehrbrillen-Experiment: Eine Umkehrbrille, die für uns rechts und links ver- tauscht, würde eine Bewegung nach rechts als nach links gerichtet erscheinen lassen. Diese Situation kann im Flugsimulator für die Fliege durch eine einfache Vorzeichen-Umkehr in der Steuerelektronik für das Panorama hergestellt werden. Ein Drehmoment nach rechts bewirkt dann eine Drehung des Panoramas nach rechts und ein Drehmoment nach links entsprechend eine Drehung nach links. Obwohl eine solche Situation noch nie in der Stammesgeschichte eines Tieres aufgetreten sein kann, vermag die Fliege durch Ausprobieren zu lernen sich im Flugsimulator mit umgekehrter Kopplung zwischen Drehmoment und Panorama-Drehung zu orientieren (siehe Text; aus Heisenberg und Wolf, 1984).

29 malerweise machen würde. Das konnte repräsentiert, aktualisiert, verglichen und sie nur durch Ausprobieren herausfinden. bewertet werden und daß die initiale Setzt man ihr nach ergiebiger Gewöh- Aktivierung des Verhaltens von dieser nung die ‘Umkehrbrille’ ab, ist sie kurz Abwägung abhängig gemacht wird. wieder verwirrt, kehrt dann aber rasch Es gibt verschiedene Hinweise, daß zu ihrer normalen Verhaltensweise zu- Fliegen die Folgen ihrer Verhaltensoptio- rück. Das Gehirn der Fliege, wie das des nen bewerten. B. Gerber und T. Hendel Menschen, ist in erstaunlichem Maß zur (2006) haben gefunden, daß ein Geruch, Selbstorganisation befähigt. Dafür benöti- bei dem Fliegenlarven auf Grund einer gen beide initiale Aktivität. vorangegangenen Konditionierung Futter Initiale Aktivität ist die Basis von Urhe- erwarten, sie nur dann anlockt, wenn berschaft. In der Urheberschaft drückt ihnen das Futter nicht schon zur Verfü- sich die Autonomie der Organismen aus. gung steht. Entsprechend haben erwach- Urheberschaft bedeutet u.a., daß fast alle sene Fliegen in dunklen Röhren die Ten- Ursachen für ein Verhalten aus dem Tier denz auf eine Lichtquelle zuzulaufen, ver- selbst stammen. Naturwissenschaftlich mutlich, um dort wegfliegen zu können. betrachtet ist Urheberschaft nicht ohne Denn wenn das Flugvermögen des Tieres den Zufall zu haben. Wir wissen nicht, aus irgendeinem Grund eingeschränkt woher der Fliege einfällt das umgekehrte ist, zeigt es auch diese Fluchtreaktion Flugmanöver auszuprobieren. Die Flie- zum Licht nicht (zitiert in Heisenberg und gen benötigen zu diesem Lernprozess Wolf, 1984). Ob man die Berücksichti- sehr unterschiedlich lang. K. Götz (pers. gung der möglichen Folgen des eigenen Mitteilung) hat einmal eine Mutante mit Verhaltens schon “denken” nennen soll, verkleinerten Sehzentren in diesem Ver- sei dahingestellt. Ohne unsere anthropo- such getestet und gefunden, daß die sich morphen mentalen Begriffe kommen wir mit der ‘Umkehrbrille’ nicht arrangieren in der vergleichenden Gehirnforschung konnte. Nur einmal hat ein Tier das Pro- nicht aus (sehen, schlafen, Schmerz, blem gemeistert, nach sieben Stunden Angst, usw.). Aber was sie im Verhalten (zitiert in Heisenberg und Wolf, 1984). Da der Tiere genau bedeuten (und ob sie schließlich ist der Groschen gefallen. (Ob überhaupt zutreffen), muß dann jeweils solche Problemlösungen nach langem erst geklärt werden. Bemühen auch bei der Fliege ein Glücks- Wie reagiert eine Fliege, der man die gefühl auslösen, wie beim Menschen, Entscheidung erschwert? Das wurde von wissen wir nicht.) S. Tang und A. Guo (2001) untersucht Gibt es bei Fliegen so etwas wie (Abb. 4). Fliegen können im Flugsimulator ‘Entscheidungen’? Entscheidungen sind konditioniert werden, bestimmte Flug- dadurch gekennzeichnet, daß dem Tier richtungen relativ zu Landmarken zu ver- Verhaltensoptionen offen stehen, zwi- meiden (Wolf und Heisenberg, 1991). schen denen es abwägen muß. Abwägen Tang und Guo verwendeten Landmarken, zwischen Verhaltensoptionen bedeutet, die sich in zwei Merkmalen unterschie- daß die möglichen Folgen im Gehirn den, ihrer Höhe im Panorama und ihrer

30 Farbe. Die etwas höheren, grünen Muster reichten aus, der Fliege die sichere Flug- waren z.B. gefährlich, die niedrigeren richtung zu zeigen. Nun kombinierten die blauen sicher. Das konnten die Fliegen Autoren aber für den Test die Höhen und rasch lernen und jeder der beiden Hin- Farben umgekehrt. Auf einmal waren die weise für sich allein, Höhe oder Farbe, hohen Muster blau und die tieferen grün. Was würden die Fliegen tun? Sie ent- schieden sich einmal so, einmal so. Das Experiment war so eingerichtet, daß im Mittel alle Fliegen zusammen in ihrem Verhalten die erwartete Patt-Situation widerspiegelten. Das eigentlich Interes- sante an diesem Experiment zeigte sich, als die Autoren den Sättigungsgrad der Farben oder den Höhenunterschied der Muster im Test variierten. Sobald die Farben auch nur eine Nuance weniger gesättigt waren, richteten sich die Fliegen nach den Höhen, wenn dagegen die Höhen auch nur geringfügig weniger unterschiedlich waren, richteten sich die Fliegen nach den Farben. Beim Patt der beiden Gedächtnis-Hinweise zogen die Fliegen auf einmal die Zuverlässigkeit der Reize im Test – ein Kriterium, das ohne diese Patt-Situation kaum eine Rolle spielt Abbildung 4: Entscheidung in einer Pattsitua- – für ihre Entscheidung mit heran. Das tion. Oben: Die Fliege wird im Flugsimulator trainiert bestimmte Flugrichtungen relativ zu Experiment legt nah, daß Entscheidungs- Landmarken zu vermeiden, um einer gefährli- prozesse schon bei niederen Tieren ähn- chen Erwärmung zu entgehen. Die Landmar- lich wie bei uns organisiert sein könnten. ken unterscheiden sich durch zwei Merkmale, Das Beispiel zeigt aber auch, wie schwie- ihre Höhe im Panorama und ihre Farbe. In diesem speziellen Versuch z.B. sind die hohen rig die naturwissenschaftliche Untersu- grünen Landmarken gefährlich, die niedrigen chung der biologischen Grundlagen der blauen nicht. Im entscheidenden Gedächtnis- Entscheidung werden könnte. test werden der Fliege niedrige grüne und Entscheidungen sind offenbar auch für hohe blaue Landmarken geboten. Unten: In dieser Pattsituation läßt sich die Wahl der Fliegen gelegentlich Schwerarbeit. Aber Fliege durch kleinste Veränderungen in der wie steht es mit der Wahrnehmung? Ist es Reizstärke wie der Sättigung der Farben (hier gerechtfertigt zu sagen: sie können rie- gezeigt) oder dem Höhenabstand der Balken chen und sehen? Und was meinen wir (Daten nicht gezeigt) beeinflussen. Diese damit? E. Kramer (1976) hatte gefunden, spielen im Gedächtnistest des normalen Lernexperiments fast keine Rolle (nach Tang daß Honigbienen in seinen Experimenten und Guo, 2001). unterschiedliche Konzentrationen von

31 Gerüchen genau so behandelten wie wendete er Gemische aus zwei chemi- unterschiedliche Geruchsqualitäten und schen Verbindungen, nennen wir sie O deswegen vorgeschlagen, daß Insekten und M. Das gab ihm die Möglichkeit vielleicht generell nicht zwischen Ge- entweder das Mischungsverhältnis der ruchsqualität und -quantität unterscheiden beiden Substanzen oder die Konzen- könnten. Es wäre höchst bemerkenswert, tration des Gemischs zu variieren. Wür- wenn den Insekten im Geruchssinn eine den die Fliegen eine Veränderung des so fundamentale Unterscheidung nicht Mischungsverhältnisses anders bewerte- zur Verfügung stünde. A. Borst (1983) hat ten als eine Veränderung der Konzentra- sich deswegen ein Experiment ausge- tion? Zunächst trainierte er die Fliegen dacht um diese Frage zu prüfen (Abb. 5). also mit dem Gemisch aus .2%O und Er hat Gruppen von hungrigen Fliegen .2%M. Im anschließenden Test hatten die konditioniert bei bestimmten Gerüchen Fliegen die Wahl zwischen diesem Ge- Zucker zu erwarten. Als Gerüche ver- misch und demselben Gemisch bei dop-

Abbildung 5: Wie nehmen Fliegen Gerüche wahr? Ein Versuch von A. Borst (1983) zeigt, daß sie die Qualität und Stärke eines Geruchs getrennt verarbeiten. Die Veränderung eines gelern- ten Geruchs in der Qualität wurde im Gedächtnistest von der Fliege viel empfindlicher bewer- tet als eine Veränderung in der Intensität.

32 pelter Konzentration (.4%M/.4%O). Die Dabei bewährte sich die eingangs er- Fliegen erwarteten den Zucker eher bei wähnte neue genetische Interventions- der Originalkonzentration als bei einer methode (Brandt und Perrimon, 1993), höheren oder niedrigeren. Im entschei- bei der man Fliegen züchtet, in deren denden Versuch führte er dieselbe Kon- Gehirn man einzelne Neuronen oder ditionierung durch, die Fliegen mußten Neuronen-Gruppen ohne operativen sich im Test jedoch zwischen der doppel- Eingriff weitgehend nach Wunsch mani- ten Konzentration (.4%M/.4%O) und pulieren kann. Ein solches System gibt es einem Gemisch entscheiden, bei dem in dieser Effizienz und Vielseitigkeit bis- nur die Konzentration einer der beiden her nur bei Drosophila. Es besteht aus Komponenten verdoppelt war (.4%M/. einem Treiber- und einem Effektor-Ele- 2%O oder .2%M/.4%O). Dieses Gemisch ment, die man durch Kreuzung zweier war also näher am Original, wenn man Fliegenstämme zusammen in ein Erbgut nur die Moleküle zählte, jedoch weiter bringt. Es nützt aus, daß das Erbgut von von ihm entfernt, wenn dem Mischungs- Vielzellern von vielen tausend Regulator- verhältnis besondere Bedeutung zukam. Sequenzen durchsetzt ist, die, abhängig Die Fliegen bevorzugten den Geruch mit von sog. Transkriptionsfaktoren, bewirken, dem gleichen Mischungsverhältnis. Bei daß das jeweils benachbarte Gen zu Veränderung der Intensität erschien der bestimmten Zeiten und in ganz bestimm- Geruch den Fliegen also ähnlicher als bei ten Zellen an- oder abgestellt ist. Auch Veränderung der Qualität (Mischungs- wenn man künstlich ein Gen in ihre Nähe verhältnis). Die kleinere Veränderung – bringt, regulieren sie dieses entspre- nur eine Komponente – wurde als ein chend. Das künstliche Gen in unserem größerer Unterschied zum Original wahr- Fall stammt aus der Hefe und codiert genommen. Fliegen unterscheiden dem- selbst für einen Transkriptionsfaktor, für nach die Qualität und Intensität von Ge- den es in Hefe auch wieder eine spezifi- rüchen wie wir. In jüngster Zeit hat P. sche Regulator-Sequenz gibt. Damit ist Masek (2005) dieses Thema wieder auf- die Methode eigentlich schon komplett. genommen und gezeigt, daß die Fliege Denn so werden diese Zellen, die das für die Intensität und Qualität eines Ge- Treiber-Element exprimieren manipulier- ruchs getrennte Gedächtnisspuren anlegt. bar. In ihnen werden alle Gene aktiviert, Wahrscheinlich nur deswegen ist es über- die man mit der Regulator-Sequenz des haupt sinnvoll zu sagen, daß es beides, Hefe-Transkriptionsfaktors ausstattet. Intensität und Qualität für die Fliege gibt. Weltweit wurden in den letzten 10 Jahren In einem Gehirnmodell des Verhaltens Tausende von Treiber-Linien gezüchtet, werden Gedächtnisspuren in ihrem jewei- bei denen das Treiber-Element jeweils an ligen Verhaltenskontext und mit ihrer spe- irgendeiner Stelle im Erbgut sitzt und zifischen Dynamik wesentliche Funktions- dort lokal reguliert wird, so daß es in be- elemente sein. In jüngster Zeit konnten stimmten Zellen der Fliege zu bestimm- solche Gedächtnisspuren im Gehirn der ten Zeiten abgelesen wird. Mit der Trei- Fliege identifiziert und lokalisiert werden. berlinie wählt man sich also Ort und Zeit

33 der Genaktivierung, mit der Effektorlinie dung angestellt werden muß. Wenn jede das Gen, das dort aktiviert werden soll. Gedächtnisspur im Fliegengehirn weit Mit jeder Komponente allein ist die Fliege verteilt wäre, hätte man mit der Methode weitgehend unbehelligt. Erst wenn kaum eine Chance gerade die Treiber- Treiber und Effektor in derselben Fliege linie zu finden, die das Effektor-Gen an zusammen kommen, tritt die Wirkung ein. allen diesen Stellen und nur an diesen Mit diesem System, das z.Z. in vielen aktiviert. Es zeigt sich, daß für die Erinne- Laboratorien erweitert und verfeinert rung an Gerüche das Enzym nur in den wird, konnten erstmals Gedächtnisspuren Zellen der Pilzkörper, für die Erinnerung im Fliegengehirn kartiert werden (Zars et an die Höhe und die Konturen von Land- al., 2000a,b; Liu et al, 2006). Das assoziati- marken jeweils nur in einer von zwei klei- ve Gedächtnis beruht darauf, daß abhän- nen Zellgruppen des Zentralkomplexes gig von spezifischen Erfahrungen (z.B. A (Abb. auf dem Umschlag) und für die sagt B voraus) Nervenzellen im Gehirn Erinnerung an einen Ort in einem dunk- ihre Eigenschaften verändern, z.B. ihre len Raum vermutlich nur im medianen Erregung stärker an eine andere Zelle Bündel gebraucht wird. weitergeben. Die Frage ist nun: kann man Gedächtnis ist also sowohl lokal, wie diese Nervenzellen finden? Sind Gedäch- auch im Gehirn verteilt. Lokal, wenn man tnisspuren überhaupt an einem Ort loka- zu den kleinsten Einheiten von Gedächt- lisiert oder sind sie im Gehirn verteilt? nisleistungen geht. Die findet man in be- Das Experiment beginnt mit einer stimmten, kleinen Gruppen von Zellen Fliegenmutante, die einen genetischen lokalisiert. Verteilt, weil die unterschiedli- Defekt in einem Enzym (Adenylatzyklase) chen Gedächtnisspuren an verschiede- hat, das für die Veränderung der Übertra- nen Orten im Gehirn liegen. Die Nerven- gungsstärke der Erregung von einer Ner- zellen, die durch die jeweiligen Erfahrun- venzelle auf andere benötigt wird. Diese gen verändert werden, sind vermutlich Fliegen sind also in dieser Form des Ler- Teile der Netzwerke, die den entspre- nens generell gestört, können sich somit chenden Verhaltensleistungen zugrunde weder die Qualität eines gefährlichen liegen. oder viel versprechenden Geruchs, noch Leider muß ich viele andere Experi- eine visuelle Landmarke, noch einen Ort mente zum ,Innenleben’ der Fliege uner- in einem Raum merken. Die jeweiligen wähnt lassen. Die Autoren mögen mir das guten oder schlechten Erfahrungen hal- nachsehen. Auch eine umfassendere Dar- ten nur kurz vor, weil sich wegen des stellung dieses Themas müßte zum Fazit Gendefekts die entsprechenden Nerven- gelangen: Wie Gehirne funktionieren, zellen nicht nachhaltig verändern. wissen wir noch nicht. Meine Beispiele Nun setzen wir in der Mutante das haben eher gezeigt, wie weit wir noch funktionierende Gen für das Enzym im von einem basalen Gehirnmodell des obigen Zwei-Komponenten-System als Verhaltens entfernt sind. Aber erste An- Effektor-Gen ein und fragen, wo im Ge- satzpunkte sind geschaffen. Das Modell hirn es für die jeweilige Gedächtnisbil- müßte darauf aufgebaut sein, daß Fliegen

34 aus sich heraus aktiv sind, daß sie aus- Collett TS & Land MF: Visual control of probieren können, selektive Aufmerk- flight behaviour in the hoverfly Syritta pipiens. J Comp Physiol A 99, 1-66 (1975) samkeit haben und Entscheidungen tref- Gerber B & Hendel T: Outcome expectati- fen. Auch die Gedächtnislandschaft des ons drive learned behaviour in larval Droso- Gehirns wird ein wesentliches Element phila. Proc R Soc B. doi: 10.1098/rspb. des Modells sein. Und haben Fliegen 20063673 (2006) Götz K: Optomotorische Untersuchungen nicht vielleicht auch Gefühle, z.B., wenn des visuellen Systems einiger Augenmutanten ein Männchen mit seinem Balzgesang das der Fruchtfliege Drosophila. Kybernetik 2, 77- Weibchen umwirbt oder einen Rivalen 92 (1964) rüde aufs Kreuz legt? Obwohl einige die- Heisenberg M & Wolf R: On the fine struc- ture of yaw torque in visual flight orientation of ser sozialen Interaktionen bei Drosophila Drosophila melanogaster. J Comp Physiol A schon seit einem Jahrhundert studiert 130, 113-130 (1979) werden, ist die Frage offen geblieben, ob Heisenberg M: Initiale Aktivität und Will- diesen Verhaltensäußerungen Emotionen kürverhalten bei Tieren. Naturwissenschaften unterliegen, wie bei Säugern. Aus den 70, 70-78 (1983) Heisenberg M & Wolf R: Vision in Droso- obigen Beispielen geht hervor, daß die phila. Vol. XII, of: Studies of Brain Function, V. allgemeine Organisation des Verhaltens, Braitenberg, Ed., Springer-Verlag Berlin, wie sie sich bisher zeigt, gut mit einer Heidelberg, New York (1984) solchen Annahme verträglich ist. Kohler I: Brillenversuche in der Wahrneh- mungspsychologie mit Bemerkungen zur Auch wenn es in der Naturwissen- Lehre von der Adaptation. Z Exp Angew schaft nur darum geht, wie das Gehirn Psychol 3, 381-417 (1956) das akute und zukünftige Verhalten der Kramer E: The orientation of walking Fliege reguliert, darf man sich die Frage honeybees in odor fields with small concen- tration gradients. Physiol Entomol 1, 27-37 stellen, ob die Fliege ein ‘Innenleben’ nur (1976) in Anführungszeichen hat, oder auch in Liu G, Seiler H, Wen A, Zars T, Ito K, Wolf R, dem Sinn, daß Gefühle und Wahrneh- Heisenberg M & Liu L: Distinct memory traces mung irgendwo ankommen, eine Fliege for two visual features in the Drosophila brain. Nature 439, 551-556 (2006) also eine Art Subjekt ist. Obwohl dieser Masek P: Odor intensity learning in Droso- Gedanke außerhalb der Naturwissen- phila. Doctoral thesis; Julius-Maximilians-Uni- schaft liegt, könnte ein Gehirnmodell des versität Würzburg (2005) Verhaltens ihn nahelegen. Tang S & Guo A: Choice behavior of Drosophila facing contradictory visual cues. Science 294, 1543-1547 (2001) Wolf R & Heisenberg M: On the fine structure of yaw torque in visual flight Literatur: orientation of Drosophila melanogaster II. Visual Attention. J. comp. Physiol. 140, 69-80 Borst A: Computation of olfactory signals in (1980) Drosophila melanogaster. J Comp Physiol A Wolf R & Heisenberg M: Basic organization 152, 373-383 (1983) of operant behavior as revealed in Drosophila Brand AH & Perrimon N: Targeted gene flight orientation. J. Comp. Physiol. A 169, 699- expression as a means of altering cell fates 705 (1991) and generating dominant phenotypes. Zars T,Wolf R, Davis R & Heisenberg M: Development 118, 401-15 (1993) Tissue-specific expression of a type I adenylyl

35 cyclase rescues the rutabaga mutant memory Zars T, Fischer M, Schulz R & Heisenberg defect: In search of the engram. Learning & M: Localization of a short-term memory in Memory 7, 18-31 (2000) Drosophila. Science 288, 672-675 (2000)

Prof. Dr. Martin Heisenberg Biozentrum Am Hubland 97074 Würzburg

36 Zur Historie der DZG: wie der Karl Ritter von Frisch-Preis entstand

Sabine Gießler und Rudolf Alexander Steinbrecht

„Lieber Herr Kollege! Ihre Mitteilung von der bringen möchten. Wenn wir uns mit der kriti- beabsichtigten Stiftung eines Preises, der von schen Ehrlichkeit prüfen, die manche unter uns der Deutschen Zoologischen Gesellschaft ver- von Ihnen gelernt haben, so ist zuzugeben, daß liehen werden und meinen Namen tragen soll sich die Zoologen mit der Berufung auf Ihren hat mich ebenso überrascht wie tief erfreut. Namen auch selbst ehren. Aber es überwiegt Letzteres besonders wegen der Zielsetzung, doch ganz stark die Absicht, Bemühungen zur Arbeiten besonders zu fördern, die dem Integration unserer in Teilfächer zerfallenden Brückenschlag zwischen verschiedenen Einzel- Wissenschaft durch die Verleihung eines „Rit- fächern dienen. Die zunehmende Spezialisie- ter-Karl-von-Frisch-Preises“ zu ermutigen.... rung und gegenseitige Abkapselung im Ge- Wir hoffen, auf der diesjährigen Versamm- samtbereich der Zoologie habe auch ich mit lung der Deutschen Zoologen, zu Pfingsten in Sorge verfolgt. Ich gebe dem Vorhaben gern Regensburg, die Stiftung des Preises bekannt- meine Zustimmung und bin natürlich auch gern geben zu können. bereit, den Wortlaut der Ausschreibung zu Mit dem Ausdruck tiefer Verehrung verblei- lesen.... be ich Die Wertschätzung meiner Arbeiten, die Ihr sehr ergebener J. Schwartzkopff“. dem Ganzen zugrunde liegt, nehme ich dank- bar zur Kenntnis. Aus dem angesprochenen Brief von Mit herzlichen Grüßen Ihr K. v. Frisch“. Martin Lindauer vom 30. 1. 1979 : „Lieber Karl! So antwortete am 9. 2. 1979 der 93jäh- Der Vorstand der Deutschen Zoologischen rige Karl von Frisch auf folgendes offiziel- Gesellschaft hat mich gebeten, Dich über einen les Anschreiben des damaligen Präsiden- Plan zu informieren, der Dir sicher Freude ten der DZG, Johannes Schwartzkopff, machen wird. Ehe er aber konkrete Formen annimmt, möchten wir gerne Deine Zustim- vom 6. 2. 1979: mung einholen. „Hochverehrter Herr v. Frisch! Mit der Wir machen uns Sorgen darüber, dass die Übernahme des Vorsitzes in der Deutschen Zoologie zunehmend in Teildisziplinen zerfällt, Zoologischen Gesellschaft ist mir die ehrenvol- die sich gegeneinander abkapseln und damit le Aufgabe zugefallen, Sie um Ihre Zustimmung die grossen Zusammenhänge aus den Augen zur Stiftung eines Wissenschaftspreises der verlieren. Durch die Stiftung eines „Karl-Ritter- Deutschen Zoologischen Gesellschaft zu bitten, von-Frisch-Preises“ möchten wir solchen Ent- welcher Ihren Namen tragen soll. Der beige- wicklungen entgegentreten und Arbeiten, die fügte Brief von Herrn Lindauer unterrichtet Sie eine Synthese über die Einzelgebiete hinweg über den Plan, durch welchen der Vorstand der vollziehen und die Beziehung zu den Nachbar- DZG und die an der Ausarbeitung von Einzel- disziplinen herausstellen, prämieren“... heiten des Vorhabens beteiligten Kollegen ihre tiefe Verehrung für Ihre unermüdliche For- schungsarbeit und Ihren Beitrag zum Ansehen Dieser Brief unterstreicht die Intention, unseres Faches und der gesamten Biologie als durch die Auslobung eines Preises ein naturwissenschaftliche Disziplin zum Ausdruck wesentliches Ziel der DZG in den Focus

37 zu stellen. Die Initiative zu diesem ersten Der ersten Preisjury unter dem Vorsitz Wissenschaftspreis der Deutschen Zoolo- von Martin Lindauer gehörten neben gischen Gesellschaft ergriff seinerzeit die den Professoren G. Osche (Freiburg), B. damalige Schriftführerin der DZG, Frau Rensch (Münster), D. Starck (Frankfurt), Dr. Gabriele Peters, Institut für Hydrobio- Frau Dr. G. Peters, Dr. R. Georgi (vom logie, Hamburg. Sowohl die Ausarbeitung Verlag Parey für die Stifter) und Dr. R. der Satzung dieses Preises, als auch die Flöhl (von der Frankfurter Allgemeinen Suche nach Sponsoren geschah unter Zeitung als Wissenschaftsjournalist) an. ihrer Federführung. So trug sie maßgeb- Die Wahl fiel einstimmig auf Franz Huber, lich dazu bei, dass vier führende deut- Seewiesen, als ersten Preisträger. Diese sche Wissenschaftsverlage, Gustav allererste Preisverleihung sollte mit ge- Fischer, Paul Parey, Julius Springer und bührendem Glanz gefeiert und gleichzei- Georg Thieme, sich zur Finanzierung tig des Namensgebers in angemessener dieses damals mit DM 10.000 (heute Weise gedacht werden. Aus den zitierten € 10.000) und einer Platinmedaille dotier- Briefen geht ja hervor, wie sehr Karl von ten Preises bereit erklärten. Plangemäß Frisch zur Vaterfigur in der deutschen konnte auf der Jahrestagung in Regens- Zoologie geworden war. Ein Film (Regie burg der Beschluss zu diesem Preis ver- Dr. Schulz-Kampfhenkel) sollte gedreht kündet und die erste Preisverleihung für und eine Ausstellung über das Werk und die folgende Jahrestagung der DZG in die Persönlichkeit Karl von Frischs gestal- Berlin 1980 angekündigt werden. tet werden (Abb. 1 und 2). Organisatoren

Abbildung 1: Karl von Frisch im Gespräch mit Martin Lindauer. Ein Bild aus dem Jahre 1963 (Foto: Archiv Karl Daumer)

38 dieser Ausstellung „Karl von Frisch – über das veranschlagte Budget hinausge- Schlaglichter auf ein Forscherleben“ waren schossen. dessen Schüler Karl Daumer und Max Die Preisverleihung (Abb. 3) fand am Renner, beide München, und Burkhard 28. Mai 1980 in der Neuen Staatsbiblio- Schricker, Berlin (wissenschaftlich ein thek statt, da die Kongresshalle zu diesem „Enkel“ von Frischs). Termin bereits ausgebucht war – glückli- Die Ausstellung hatte alle Besucher cherweise, denn eine Woche vorher wa- der Tagung begeistert. Anschließend ren Teile der frei tragenden Stahlbeton- wurde sie noch im gleichen Jahr anläss- konstruktion der legendären „Schwange- lich eines Festakts zum 94. Geburtstag ren Auster“ eingestürzt. Die gerade in von Karl von Frisch im Lenbachhaus in ihrer Kürze sehr eindrucksvolle Anspra- München und später noch in Würzburg che des Präsidenten anläßlich der ersten gezeigt. Diese Wiederholungen hatten Preisverleihung sei hier noch einmal wie- auch einen finanziellen Grund, denn trotz dergegeben. allem Enthusiasmus der ehrenamtlichen „Herr Senatsdirektor Prof. Dr. Jäckel, lieber Organisatoren waren die Kosten weit Herr Huber, liebe Frau Huber! Hochansehnliche

Abbildung 2: Die Ausstellung „Karl von Frisch – Schlaglichter auf ein Forscherleben“ auf der Jahrestagung der DZG 1980 im Pflanzenphysiologischen Institut der FU Berlin.. Karl Daumer erläutert Besuchern einige Details, daneben von der Filmkamera etwas verdeckt, Martin Lindauer, sitzend Herr Schulz-Kampfhenkel (Foto: Archiv Karl Daumer)

39 Festversammlung! Die erstmalige Verleihung Enthusiasmus für die Idee eingesetzt hat, auf des Wissenschaftspreises der Deutschen diese Weise ein Vorbild für alle Biologen zu Zoologischen Gesellschaft gibt Anlaß zur ehren. Der Dank gilt den Kollegen der Jury, die Freude, zu Dank und zum Nachdenken. sich redlich und erfolgreich um die Wahl eines Die Freude ist vielgestaltig: Wir empfinden würdigen Preisträgers bemüht haben. Und er Genugtuung darüber, daß Karl von Frisch im gilt, nicht zuletzt, den Stiftern des Preises und 94. Lebensjahr die Stiftung und Verleihung des der Karl Ritter von Frisch-Medaille für die nach ihm benannten Preises erlebt, auch wenn Sicherung der materiellen Voraussetzungen. er nicht mehr in Berlin anwesend sein kann. Mit Das Nachdenken zielt auf das Wirken der den Kollegen, die sich in vielfältiger Weise um Deutschen Zoologischen Gesellschaft, die sich die ideellen Grundlagen bemüht haben, ist die als die Vereinigung von Wissenschaftlern des Gesamtheit der 1200 Mitglieder der Deutschen deutschen Sprach- und Kulturkreises verstehen. Zoologischen Gesellschaft hochgestimmt darü- Die beiden Nobelpreisträger aus der Deut- ber, daß wir die Gemeinsamkeit unserer wis- schen Zoologie, Hans Spemann und Karl von senschaftlichen Bemühungen auf diese würdige Frisch, haben an der gleichen Universität ihr Weise zum Ausdruck bringen können. erstes Ordinariat übernommen, nämlich Auch der Dank gilt zunächst Karl von Frisch Rostock, einer der ältesten heute noch beste- für ein beispielhaftes, drei Generationen füllen- henden deutschen Hochschulen. Ich bin zu- des Leben als Forscher und Lehrer. Er gilt Frau versichtlich, daß die Benennung unseres Wis- Gabriele Peters, die sich mit dem ihr eigenen senschaftspreises, wie die Wahl des ersten

Abbildung 3: Johannes Schwartzkopff, Präsident der DZG, überreicht die Medaille an den ersten Preisträger Franz Huber (rechts). (Foto: Archiv Karl Daumer)

40 Preisträgers, auch von denjenigen Kollegen scher aus den politisch getrennten Gebieten nachvollzogen wird, denen die Anwesenheit deutscher Sprache (und der übrigen Welt). hier nicht möglich ist. Zugleich erinnere ich Sowohl Karl von Frisch, wie der Preisträger aber daran, daß die älteste naturwissenschaft- Franz Huber und auch Martin Lindauer als Vor- liche Akademie, die „Deutsche Akademie der sitzender der Jury sind Mitglieder der Leopol- Naturforscher, Leopoldina“, gegründet 1652, dina. So verbindet uns zumindest der Name noch vor der Royal Society, zunächst in des ansonsten in den Staub der Geschichtsfor- Schweinfurt und heute in Halle beheimatet ist. schung zurückgefallenen Habsburgers Leopold Gestützt auf ihr hohes internationales Ansehen des I.“ vereint die Leopoldina auch heute noch For-

Abbildung 4: Schreiben Karl von Frischs an den Präsidenten vom 11.6.1980. (Archiv von Karl Daumer)

41 Es folgte die Festansprache des „Sehr bedauere ich es, daß meine nichts- Senatsdirektors Jäckel mit einer ausführ- nutzigen Ohren eine weitere Teilnahme an den lichen Würdigung Karl von Frischs, die Sitzungen und anderen Veranstaltungen der Akademie sinnlos machen.“ Laudatio von Martin Lindauer auf den Preisträger und der Vortrag von Franz Aber Anteil hat er auch an dieser Huber mit dem Thema: „Zoologische Veranstaltung genommen. Darum schlie- Grundlagenforschung aus der Sicht eines ßen wir diese kleine „Akteneinsicht“ mit Insektenbiologen“ (veröffentlicht in Verh. seinem Schreiben vom 11.6.1980 an den Dtsch. Zool. Ges. 1980, 12-37). Karl von Präsidenten Schwartzkopff, das wie viele Frisch konnte in Berlin nicht teilnehmen. andere seiner Äußerungen Zeugnis von Schon zwanzig Jahre früher hatte er eine der großen Bescheidenheit dieses Einladung der Bayerischen Akademie der Gelehrten gibt (s. Faksimile Abb. 4). Wissenschaften, der er seit 1926 als Mit- glied angehörte, abgesagt mit den Zeilen:

Dr. Sabine Gießler Geschäftsstelle der DZG Corneliusstr. 12 D-80469 München

Prof. Dr. Rudolf Alexander Steinbrecht MPI f. Ornithologie 82319 Seewiesen

42 Die bisherigen Träger der Karl Ritter von Frisch-Medaille

Preisträger 1980: Professor Dr. rer. nat. seine bedeutenden Untersuchungen und Franz Huber, Seewiesen, für seine vielsei- Publikationen auf dem Gebiete der tigen Untersuchungen zur Kommunikation Sinnes- und Verhaltensbiologie, die sich von Insekten durch Lautäußerungen und insbesondere mit Temperaturwahrneh- Lautwahrnehmung, womit zugleich ein mung und -regulation, mit Orientierung in einfaches Modell für die Verständigung Zeit, Raum und Schwerefeld sowie mit der höherer Tiere gegeben ist. Kommunikation bei Bienen befassten. Preisträger 1982: Professor Dr. rer. nat. Durch seine Forschungen über Lernen Werner Nachtigall, Saarbrücken, für seine und über Magnetfeldwahrnehmung hat er vielseitigen Untersuchungen zur Physio- wissenschaftliches Neuland erschlossen. logie der tierischen Lokomotion, insbe- Als Herausgeber und Mitherausgeber sondere der Biophysik des Fluges und bedeutender Publikationsorgane hat er des Schwimmens. Diese Arbeiten haben entscheidend zur Verbreitung wichtiger das international bedeutende For- Forschungsergebnisse beigetragen. schungsgebiet der Biomechanik ent- Preisträger 1988: Professor Drs. h. c. scheidend bestimmt. Gewürdigt wird ins- Thomas Eisner Ph. D., Ithaca, N.Y. USA, für besondere auch seine Fähigkeit, die For- seine bahnbrechenden Untersuchungen schungsergebnisse weiten Kreisen in ver- und Publikationen auf dem Gebiet der ständlicher und zugleich präziser Spra- Chemischen Ökologie. Er hat dieses Ge- che nahezubringen. biet durch interdisziplinäre Zusammen- Preisträger 1984: Professor Dr. rer. nat. arbeit erschlossen und in das wissen- Otto Kinne, Hamburg, für seine umfassen- schaftliche und öffentliche Bewußtsein den Untersuchungen und Publikationen gerückt. Über dieses Hauptarbeitsgebiet auf dem Gebiet der Meeresökologie. Er hinaus hat er sich besondere Verdienste hat als Herausgeber und Mitverfasser bei der Vermittlung biologischer Erkennt- grundlegender enzyklopädischer Werke nisse und Gedanken weit über die Zoolo- über Meeresökologie und die Krankhei- gie hinaus erworben. Sein unermüdlicher ten mariner Tiere und als Herausgeber Einsatz gilt nicht nur der beobachtenden der führenden wissenschaftlichen For- und experimentellen Wissenschaft, son- schungszeitschrift auf diesem Gebiet dern immer stärker der Erhaltung der auch für die internationale Öffentlichkeit bedrohten Natur ebenso wie der Erhal- erkennbar gemacht, welche Konsequen- tung der geistigen Freiheit des Menschen zen der unbegrenzte Eingriff des Men- in aller Welt. schen in das Ökosystem der Meere aus- Preisträger 1990: Professor Dr. rer. nat. lösen kann. Gerhard Neuweiler, für seine bahnbre- Preisträger 1986: Professor Dr. rer. nat. chenden Untersuchungen und Beiträge Drs. h. c. Martin Lindauer, Würzburg, für zur Sinnesphysiologie, Neurobiologie und

43 Verhaltensökologie von Fledermäusen. In zu Verrechnungsstrategien im Nerven- exemplarischer Weise ist es ihm gelun- system der Tiere ergänzt. Sie wirken da- gen, scharfsinnige analytische Methoden durch weit über den Bereich der Insek- zur Deutung des im Freiland erkannten tenorientierung hinaus. Schließlich hat er Verhaltens der Tiere einzusetzen. Seine es meisterhaft verstanden, komplexe bio- Analyse der akustischen Abbildung der logische Sachverhalte in verständlicher in nervösen Strukturen hat der Darstellung zu vermitteln. psychoakustischen Forschung neue Im- Preisträger 1996: Professor Dr. rer. nat. pulse verliehen. Bert Hölldobler, Würzburg, für seine her- Preisträger 1992: Professor Dr. rer. nat. ausragenden verhaltensökologischen Herbert Jäckle, Göttingen, für seine her- Untersuchungen an sozialen Insekten. ausragenden molekularbiologischen Sein wissenschaftliches Werk spiegelt die Untersuchungen zur embryonalen Mus- Begeisterung wider, mit der er den Ur- terbildung bei Insekten. Er konnte ein sachen des ökologischen und evolutiven Netz von molekularen Wechselwirkungen Erfolgs der Ameisen nachspürt. Seine aufdecken, durch welche diese ersten im experimentellen Analysen der Verhaltens- Embryo aktiven Segmentierungsgene mechanismen, durch welche Kommuni- das einfache Determinantenmuster der kation, Arbeitsteilung, Reproduktion, Nah- Eizelle in die periodischen räumlichen rungserwerb und Territorialität in den Expressionsmuster nachgeordneter Gen- Ameisenstaaten reguliert werden, sind klassen überführen. Im Hinblick auf die beispielhaft. Seine mit E. O. Wilson verfas- Struktur der beteiligten Moleküle, auf die sten Bücher sind großartige Beispiele, Wirkmechanismen und auf evolutionsbio- wie komplizierte Zusammenhänge einem logische Zusammenhänge weisen diese allgemeinen Verständnis zugänglich wer- Arbeiten weit über den Bereich der den. Insektenentwicklung hinaus. Preisträger 1998: Professor Dr. rer. nat. Preisträger 1994: Professor Dr. phil. Peter Berthold, Radolfzell, für seine origi- Rüdiger Wehner, Zürich, für seine heraus- nellen und bahnbrechenden Arbeiten auf ragenden sinnes- und verhaltensphysiolo- dem Gebiet der Ornithologie, vor allem gischen Untersuchungen zur optischen der Vogelzugforschung. Der experimen- Orientierung von Insekten. Durch die telle Nachweis, dass der Menge an Zug- Kombination zellulärer Untersuchungs- aktivität eine additive genetische Varianz methoden mit anspruchsvollen Verhal- zugrunde liegt, die bei gerichteter Selek- tensanalysen und Freilandbeobachtungen tion eine schnelle Evolution des Zugver- gelangen ihm grundlegende neue Ent- haltens erlaubt, sowie die Analyse der deckungen zur Bedeutung von Land- und genetischen Determinanten von Zugrich- Himmelsmarken für das Heimfindungs- tung und -strecke sind herausragende vermögen sozialer Insekten. Seine höchst Ergebnisse seiner Forschungstätigkeit. einfallsreichen experimentellen Analysen Beeindruckend ist die Breite seiner For- wurden durch theoretische Konzepte schung. Sie reicht von der Analyse der über Wege des Informationstransfers und circannualen Rhythmik und des Vogel-

44 zuges, über experimentelle Evolutionsfor- schaftliche Arbeit. Als Autor von Büchern, schung bis hin zu Untersuchungen der zahlreichen Zeitschriftenartikeln und Populationsdynamik. Vorträgen hat er seine berufliche zoolo- Preisträger 2000: Professor Dr. rer. nat. gische Wissenschaft einem breiten, inter- Walter J. Gehring, Basel, für seine bedeu- nationalen Publikum nahe gebracht. tenden Untersuchungen zur embryonalen Preisträger 2004: Professor Dr. rer. nat. Musterbildung bei Insekten und die Ent- Randolf Menzel, Berlin, für seine originel- deckung, dass entwicklungsrelevante len und herausragenden Erkenntnisse Schlüsselgene in der Evolution konser- über die neuronalen Grundlagen des viert sind. Seine wegweisenden Arbeiten Lernens und der Gedächtnisbildung, die haben entwicklungsbiologische Unter- er am Modellsystem der Honigbiene suchungen mit biomedizinischem Poten- erarbeitete. Dieser wissenschaftliche zial eröffnet und neue Forschungsgebiete Durchbruch gelang ihm durch eine vor- begründet. Als Buchautor hat er entschei- bildliche Integration von systemischer dend zur Verbreitung von grundlegenden Neurobiologie und Verhaltensökologie Forschungsergebnissen und zur Begeis- mit den Methoden der Molekularbiologie. terung junger Menschen für die Zellbio- Durch seine wegweisenden Arbeiten logie beigetragen. konnten die Mechanismen von Kurz- und Preisträger 2002: Professor Dr. rer. nat. Langzeitgedächtnis entschlüsselt werden Friedrich G. Barth, für seine einzigartigen und diese Gedächtnisphasen als evolutive Untersuchungen zur Sinnenphysiologie, Anpassung an spezifische ökologische Neurobiologie und Verhaltensökologie Bedingungen verstanden werden. In zahl- von Spinnen. Mit seinen beispielhaften reichen wissenschaftlichen und populär- Arbeiten zur Aufklärung differenzierter wissenschaftlichen Veröffentlichungen Sinnesadaptationen leistete er wichtige und als Mitherausgeber des Lehrbuches Beiträge zur Erfassung spezieller organis- Neurowissenschaft hat er die Erkennt- mischer Lebenswelten, ihrer evolutiven nisse seiner Fachdisziplin Studierenden Prozesse, Mechanismen und ökologi- und einem zoologisch interessierten schen Lebensbedingungen. Exakte expe- Fachpublikum verständlich und begei- rimentelle Analyse unter ganzheitlicher sternd vermittelt. Zielsetzung kennzeichnet seine wissen-

(Wortlaut der Würdigungen aus den Preisverleihungsurkunden)

45

Werner-Rathmayer-Preis der Deutschen Zoologischen Gesellschaft

Der diesjährige Werner-Rathmayer-Preis Kein Vogel bleibt unbekannt – Die „Jugend forscht“ für eine originelle Ar- Brutvögel des Botanischen Gartens beit aus dem Bereich der Zoologie wurde Chemnitz 2004-2006 und Herrn Wieland Heim aus Chemnitz zuge- Untersuchungen zur Nistkastennutzung. sprochen. Wieland Heim ist 18 Jahre alt und Schüler am Dr. Wilhelm André Gym- Die ermittelte Populationsdichte stellte nasium in Chemnitz. Schon als kleiner er Ergebnissen aus ähnlichen Lebensräu- Junge interessierte er sich für Vögel. Als men gegenüber. Zusätzlich betreute der Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft des junge Ornithologe die Nistkästen des Ge- Naturschutzbunds im Botanischen Garten biets und untersuchte, welche Nisthilfen Chemnitz lernte er die Methodik der die jeweiligen Vogelarten bevorzugen Brutvogelkartierung kennen. In seiner und wo und in welcher Höhe sie ange- ,Jugend-forscht-Arbeit’ hat Wieland Heim bracht werden sollten. Die Ergebnisse alle Vogelarten im Botanischen Garten seiner Forschungsarbeit sollen die Effi- erfaßt. Seine Arbeit hatte den Titel: zienz der bereits geleisteten Naturschutz-

Hans-Joachim Pflüger überreicht am 19. Mai 2007 beim 42. Bundeswettbewerb der Stiftung ,Jugend forscht’ in Hamburg den Preis der DZG an Wieland Heim

47 arbeiten bestätigen und allgemeingültige Jahren schon eine ornithologische Ar- Anregungen zu Verbesserungen geben. beitsgemeinschaft gegründet hat. Ich Zu dem Kuriosum, daß auch der glaube, Herr Rathmayer hätte seine 2. Preisträger des Werner-Rathmayer- Freude an ihm. Übrigens belohnen wir in Preises aus Chemnitz kommt, äußerte der Jury eher eigenständige und mehr sich Prof. Pflüger: „Das ist reiner Zufall schülergerechte Arbeiten, als Projektar- (wenn Sie es nicht geschrieben hätten, beiten, die mit großem Mitteleinsatz und hätte ich es nicht einmal gemerkt!!). Wir technischem Aufwand an Universitäten machen das jedesmal völlig ohne „Vor- oder gar Max-Planck-Instituten gemacht wissen“ und entscheiden in gemeinsa- worden sind. Ich hoffe, das ist auch im mer Diskussion. Herr Heim ist so ein rich- Sinne der DZG.“ tiger Vollblutornithologe, der in jungen

48 My RISE scholarship at Konstanz University

Caitlin Lyman

This summer, I was lucky enough to liminary results suggest that the burbot receive a scholarship from the DZG larvae migrate vertically in order to follow through the DAAD program called their preferred prey, copepods of the Research Internships in Science and order Cyclopoida. Another observation Engineering (RISE). I am an American of our fishing campaigns was that the student and study both Biology and Music perch larvae stayed in the pelagic zone of at Emory University in Atlanta, Georgia. the lake longer than usual, rather than For ten weeks, I have been in Konstanz to migrating to the littoral zone. We hypo- conduct fish ecology research under the thesize that this may be a result of the supervision of Reiner Eckmann and long period of hot weather or the effect of Wolfgang N. Probst at the Limnology recent re-oligotrophication of the Boden- Institute, University of Konstanz. see, but further studies on the density For our research, we have assessed and growth of the larvae must be done. the juvenile fish population of the Boden- Konstanz is a beautiful city, and see using hydroacoustic surveys, pelagic through my internship I have had a won- larvae nets, and littoral beach seine nets. derful time becoming familiar with the The pelagic catches were mostly Eurasian culture of Germany, while also gaining perch (Perca fluviatilis) and burbot (Lota priceless research experience. This sum- lota). On a few occasions we also found three-spined stickleback (Gasterosteus aculeatus), ruffe (Gymnocephalus cernu- us), and bleak (Alburnus alburnus). With echo-sounding, it has been observed that larval burbot engage in a daily vertical migration from a depth of approximately 40 meters during the day up towards the surface at night. To understand this, our team has used a 1600 micrometer net at several depths for day and night catches. In addition, we used a 250 micrometer zooplankton net to characterize the zoo- plankton population at different depths during night and day. In the lab, I con- ducted zooplankton counts and stomach analyses of the larvae in order to find a correlation between the two. Some pre-

49 mer has been a great supplement to my you again to the DZG for the funding of biology studies at Emory University, and my student exchange and research the lab and fieldwork has been valuable internship! insight for my future endeavours. Thank

Caitlyn Lyman Emory University Atlanta, USA

50 Nachruf auf Rolf Gattermann 10.7.1949 – 30.6.2006

Gerald Moritz

Für uns alle unfassbar verstarb am wird, aber er ließ sich dies in keiner 30. Juni 2006 nach kurzer und schwerer Form anmerken. Das Bewusstsein der Krankheit Prof. Dr. Rolf Gattermann, lang- Endlichkeit des Lebens trat plötzlich jähriger Dekan des Fachbereichs Biologie neben überaus wichtigen Projekten, Plä- und Direktor des damaligen Institutes für nen und Hoffnungen mit einer unerbittli- Zoologie. Mehr als 30 Jahre kannten wir chen Klarheit in den Vordergrund und uns, eine Zeit in der wir Höhen und Tiefen ließ nur noch die Frage offen „Wie viel durchlebten, in der wir teilweise gemein- Zeit bleibt mir noch?“ Ich versuchte mit sam an Hochschuleinrichtungen arbeite- ihm im Krankenhaus Kontakt zu halten, ten und in der wir die Entwicklung unse- aber die Krankheit schritt so schnell vor- rer Kinder vom ersten Monat an gemein- wärts, dass sie ihm Kraft und Stimme sam miterlebten. Nun stehen sie bereits nahm, so dass wir uns nicht mehr unter- als Erwachsene mitten im Leben und halten konnten und so am Ende nur noch müssen dieses mit all seinen positiven Ohnmacht und Leere übrig blieb. Die und negativen Seiten meistern. Denn wie Nachricht von seinem Tod, wenige Tage sagt man so schön: „Das Leben muss vor seinem 57. Geburtstag, erschütterte doch weiter gehen.“ Nur im Moment alle Kolleginnen und Kollegen in seinem spürt man eine Ohnmacht, die auch ich verspüre und die dazu führt, dass man den Tod von Rolf Gattermann noch nicht verinnerlicht hat und dass dies Zeit, sehr viel Zeit brauchen wird. Ich erinnere mich an unser Treffen in meinem Dienstzim- mer, bei dem er mir Mitte Mai 2006 in äußerst sachlicher Form mitteilte, dass man bei ihm ein fortgeschrittenes Pan- kreaskarzinom diagnostiziert und er nur noch wenige Wochen zu leben hätte. Seine Hoffnung konzentrierte sich auf die Medikation und er plante mit mir, vormit- tags gehe ich zur „Chemo“ und nachmit- tags lasse ich mich dann im Institut sehen. Er wusste, dass die Diagnose Krebs eine tiefe Zäsur in seinem Leben bedeuten

51 geliebten Zoologischen Institut. Bis zu- Sein beruflicher Werdegang begann letzt hatte er an seinem Notebook gear- bereits während seiner Oberschulzeit, die beitet, Manuskripte fertig gestellt, univer- er neben dem Abitur mit einem Fachar- sitätsinterne bürokratische Dinge erledigt beiterzeugnis als Imker abschloss. Da- und wichtige Emails versandt. nach folgte ein Studium der Biologie an Er hatte zahlreiche Funktionen über- der Martin-Luther-Universität Halle-Wit- nommen und war Mitglied in mehr als tenberg und lückenlos die Promotion zum 10 wissenschaftlichen Gesellschaften. Dr. rer. nat. im Jahre 1976. Während sei- Besonders hervorzuheben ist seine vor ner Assistentenzeit an der Pädagogischen 3 Jahren erfolgreiche Wahl zum ordentli- Hochschule Köthen widmete er sich dem chen Mitglied der Sächsischen Akademie Syrischen Goldhamster und unternahm der Wissenschaften zu Leipzig. Mit viel umfangreiche Untersuchungen zur Chro- Herzblut und Engagement kümmerte er nobiologie und zum Verhalten dieses ihn sich um die Belegschaft des Institutes und außerordentlich faszinierenden Labor- des Fachbereiches und setzte sich für die tieres. Die Resultate dieser Arbeiten legte Rettung der aus der DDR-Zeit ererbten er 1981 in seiner Habilschrift vor und maroden Bausubstanz des über 250 Jahre erhielt dafür den seinerzeit DDR-spezifi- alten Institutes und den Erhalt der Biologi- schen Titel eines Dr. sc. nat. sowie die schen Station in Boek, den Botanischen Facultas docenti, die ihm juristisch die Garten und die Zoologischen Sammlun- eigenständige Durchführung von For- gen ein. schung und Lehre gestatteten. Vier Jahre

Rolf Gattermann mit einem Syrischen Goldhamster

52 später kehrte er als Hochschuldozent an mit Mitarbeitern des Hauses verfasst die Alma mater Halensis zurück. hatte. Ich höre noch, wie er mir sagte Die gesellschaftlichen Veränderungen „Dies sind die Dinge, die zählen und die während der Wende 1989/90 führten an uns erinnern werden“. Erst ein Jahr natürlich auch am Institut für Zoologie zuvor hatte er mit Dr. Volker Neumann und den Zoologischen Sammlungen zu gemeinsam die Geschichte der Zoologie Aufbruchstimmung, aber auch zu Ver- und der Zoologischen Sammlungen von wirrung. Rolf Gattermann haben wir es zu 1769 an in den Abhandlungen der Säch- verdanken, dass auch diese Zeit durch sischen Akademie der Wissenschaften zu seine Umsicht und sein beharrliches Leipzig veröffentlicht. Es mag eine Ironie Herangehen an die Dinge gemeistert des Schicksals oder die vermeintliche werden konnte. 1994 wurde er nach poli- Weitsicht der Landesherren Sachsen-An- tischen und wissenschaftlichen Evaluie- halts sein, dass mit der Gattermann’schen rungsverfahren zum Universitätsprofessor Geschichte der Zoologie in Halle auch für Allgemeine Zoologie berufen. Durch die Existenz eines Institutes für Zoologie seine begeisternde Art gelang es ihm an der Universität Halle enden wird. schnell eine funktionierende Arbeitsgrup- Rolf Gattermann hinterlässt seine Frau pe aufzubauen. Es war ihm immer ein Eva sowie seine beiden Töchter Ulrike wichtiges Anliegen, diese Begeisterung und Ines, die ihm in seiner Arbeit uner- zu transferieren, weshalb er auf zahlrei- müdlich unterstützten und ein liebevolles chen Tagungen seine wissenschaftlichen Heim schafften. Resultate vorstellte sowie im Rahmen der Am 17. November 2006 fand ein Ge- Lehrerweiterbildung die Verhaltensbiolo- denkkolloquium an der Universität Halle gie immer stärker etablierte. Ein Höhe- statt, auf dem Freunde aus den USA, punkt war für ihn und das gesamte Institut Kanada, den Niederlanden sowie Russ- die Durchführung der 95. Jahrestagung land neben Kollegen aus dem Institut für der Deutschen Zoologischen Gesellschaft Zoologie ihre wissenschaftlichen For- am Institut für Zoologie in Halle an der schungsresultate vorstellten. Die Reden Saale. zu dieser Festveranstaltung sowie die In- Rolf Gattermann hat mehr als 100 Arti- halte des wissenschaftlichen Kolloquiums kel für Zeitschriften, Bücher und Tagungs- werden in den Abhandlungen der Sächsi- bände veröffentlicht. Wenige Wochen vor schen Akademie der Wissenschaften zu seinem Tod überreichte er mir sein neu Leipzig in einem der nächsten Bände von erschienenes Nachschlagewerk „Wörter- Prof. Dr. E. Peschke und mir herausgege- buch zur Verhaltensbiologie“, welches er ben werden.

Prof. Dr. Gerald Moritz Zoologisches Institut der Universität Domplatz 4 D-06108 Halle/Saale

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Nachruf auf Armin Wessing 10.10.1924 – 12. 7. 2006

Adriaan Dorresteijn und Dieter Eichelberg

Die Zoologen – weit über Gießen hinaus Bonn hat er seine Habilitation mit einer – trauern um den Verlust eines allseits Arbeit über „Die plurivalente Struktur der geschätzten Kollegen. Am 12. Juli 2006 Nematodenchromosomen“ durchgeführt. verstarb im 82. Lebensjahr Prof. Dr. Armin Seine Lehrtätigkeit begann er am 1. Juni Wessing im Kreise seiner Familie. 1960 mit der Antrittsvorlesung „Unsere Als zweiter Sohn wurde er am 10. Ok- heutige Vorstellung über den Bau und die tober 1924 in Essen-Katernberg geboren. Vermehrung der Chromosomen“. Wahrscheinlich wurde in ihm durch sei- Sein beruflicher Werdegang beginnt nen Vater, der Arzt war, ein starkes Inter- 1952 mit der Anstellung als Assistent. In esse für Medizin und Biologie geweckt. der späteren Phase dieser Assistenzzeit Sein Vater starb, als er erst 11 Jahre alt begann er bei Prof. Dr. Rolf Danneel seine war, und nun zog die Mutter mit den bei- Studien über die Exkretionsorgane der den Söhnen nach Bonn. Dort besuchte er das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium. Zu Ende seiner Schulzeit wurde er noch in den Kriegsdienst einberufen. Während des Russlandfeldzuges erlitt er nahe Smolensk im September 1943 eine schwere Kriegsverletzung, die eine Amputation eines Unterschenkels zur Folge hatte – ein bleibend schmerzliches Erlebnis, das sein gesamtes Leben fortan prägte. Nichtsdestotrotz war er voller Lebensmut und begann nach Kriegsende das Studium der Biologie an der Universität zu Bonn. Seine Promotionsarbeit „Histologische Studien zu den Problemen der Zellkon- stanz – Untersuchungen an Rhabditis ano- mala P.Hertwig“ fertigte er in der parasi- tologischen Abteilung unter der Leitung des Bonner Zoologen und Mediziners Prof. Dr. Rudolf Lehmensick an und pro- movierte in Februar 1952. Ebenfalls in

55 Insekten. Mit den Bonner Kollegen organi- Seine Vorlesungen – mit fantastischen sierte er 1960 die 54. Jahrestagung der Skizzen an der Tafel – und Praktika wur- Deutschen Zoologischen Gesellschaft. Ab den mit großem Interesse besucht. Viele 1962 übernimmt er das Amt des Kustos Kandidaten bearbeiteten die Thematik und wird am 24. Januar 1966 zum Ober- ihrer Diplom- und Doktorarbeiten unter kustos ernannt. Im Jahr 1967 erhält er als der verantwortungsvollen Obhut von Prof. Nachfolger von Prof. Dr. Wulf Emmo Wessing. Ankel den Ruf auf den Lehrstuhl für Zoo- Als Institutsleiter war er engagiert und logie in der Fakultät Biologie der Justus- setzte sich sehr für seine Mitarbeiter und Liebig-Universität zu Gießen. Zunächst Studierenden ein. Unter seinen Verdiens- vertrat er sich ab dem 01. Dezember ten darf nicht unerwähnt bleiben, dass es 1967 als kommissarischer Leiter selbst ihm gelang, die Zoologie weitestgehend und erhielt seine Ernennungsurkunde am in einem größeren Institutsgebäude an 16. Januar 1968. der Stephanstraße unterzubringen und In Gießen baute er seine Arbeitsgrup- damit lang bestehende Raumprobleme pe „Funktionsmorphologie von Exkre- zu lösen. Im Jahre 1976 übernahm er das tionsorganen der Tiere“ auf. Obgleich es Amt des Dekans im Fachbereich Biologie sicher schwer war, Studierende für die und wurde 1977 Prodekan. Exkretion der Tiere zu begeistern, ent- Seine Erfahrung in der Organisation standen in dieser Zeit viele interessante von Tagungen war bei vielen gut bekannt. Publikationen über transepitheliale Stoff- Im Auftrag der DZG organisierte er 1974 transporte, deren Ergebnisse auch in der in Mainz eine Tagung über Exkretion im heutigen Zeit noch Bestand haben und Rahmen des 3. Internationalen Sympo- in viele Lehrbücher Einzug gefunden siums der Akademie der Wissenschaften haben. War der Blick zunächst auf struk- und der Literatur. Im Jahre 1984 gelang turelle Details und Speicherprozesse in es ihm mit Herrn Prof. Dr. Günter Cleff- den Malpighischen Gefäßen von mann im Rahmen der 375-Jahresfeier der Drosophila fokussiert, so interessierten JLU Gießen, die 77. Jahrestagung der ihn zunehmend die physiologischen DZG nach Gießen zu holen und erfolg- Aspekte des Ionentransports und der reich zu gestalten. Harnbereitung. Daran arbeitete er u.a. mit Trotz all dieser Anstrengungen in For- Röntgenmikroanalyse in Kooperation mit schung, Lehre, Organisation und Verwal- Dr. Karl Zierold am Max-Planck-Institut für tung blieb doch auch Zeit für die Familie. Molekulare Physiologie in Dortmund. Be- Zusammen mit seiner Frau Ingeborg war kannt sind aber auch seine Studien über er stolz, dass beide Söhne – Roland und die Rektalpapillen der Insekten und die Gundo – im Medizinstudium erfolgreich Protonephridien der Rotatorien. waren und als Fachärzte Anerkennung Seine Begeisterung für die Zoologie genießen. Durch den Tod haben seine übertrug er auch auf die Studierenden. Frau und Kinder, aber auch die Kollegen Hierzu fertigte er vorbildhafte Skripte der einen lieben Menschen verloren, nicht Zoologie und Entwicklungsbiologie an. aber die Erinnerung an ihn. Um es in

56 Anlehnung an Antoine de Saint-Exupéry überwunden haben, werden wir froh sein, auszudrücken: „Wenn wir den Schmerz ihn gekannt zu haben“.

Prof. Dr. Adriaan Dorresteijn Prof. Dr. Dieter Eichelberg Institut f. Allgemeine und Spezielle Zoologie der Justus-Liebig-Universität Stephanstr. 24 D-35390 Gießen

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Nachruf auf Reinhard Rieger 10.5.1943 - 11.10.2006

Peter Ladurner, Erwin Meyer und Bert Hobmayer

Am 11. Oktober 2006 starb Reinhard Im Jahre 1985 nahm er den Ruf als Rieger völlig unerwartet. Sein Leben als Professor für Zoologie in Innsbruck an, Zoologe war geprägt von der Leiden- wo er sich bis zu seinem Tod auch lang- schaft, seine Studienobjekte, v.a. ur- jährig als Vorstand des Instituts für Zoolo- sprüngliche Plathelminthen und oftmals gie und Limnologie engagierte. Im Fach- rätselhafte Arten, bis in die kleinsten bereich Biologie stand damals die Über- Details zu studieren und zu beschreiben siedlung des Instituts für Zoologie an, was und gleichermaßen die großen Zusam- die Einrichtung eines neuen histologi- menhänge der Stammesgeschichte der schen und elektronenoptischen Labors Tiere zu begreifen. ermöglichte. Angetrieben durch die stür- Nach seinem Studium der Fächer Zoo- mische Entwicklung der Studentenzahlen logie und Botanik promovierte er an der gelangen ihm mit selbstlosem Einsatz Universität Wien mit einer morpholo- und Überzeugungskraft die Planung und gisch-taxonomischen Dissertation über die Einrichtung von großzügigeren macrostomide Plathelminthen aus der Sandlückenfauna. Als Research Associate folgte er seinem Doktorvater Rupert Riedl daraufhin an die University of North Carolina nach Chapel Hill, wo die Arbeits- gruppe Riedls ab 1969 umfassende fau- nistische und ökologische Untersuchun- gen an den Sandstränden und “mudflats” der US-Atlantikküste durchführte. Er ar- beitete dort weiter an basalen Gruppen der Meiofauna und begann ab 1970 seine akademische Laufbahn im Department of Zoology in Chapel Hill zunächst als Fakultätsmitglied und von 1981 bis 1985 schließlich als Full Professor in Zoology and Marine Sciences. Das akademische Jahr 1981-1982 konnte er als Humboldt- Stipendiat zu einem sehr fruchtbringen- den Aufenthalt am Institut von Prof. Peter Ax in Göttingen nutzen.

59 Übungsräumen für die Biologie. In glei- over...” Charles Darwin schrieb diesen cher Weise engagierte er sich bei der Satz vor fast 150 Jahren, am 18. Feb. 1860, fortwährenden Anpassung der Studien- in einem Brief an Charles Lyell. Seitdem pläne und der Umsetzung und Koordinie- haben sich sicher nur wenige Biologen rung des zoologischen Grundunterrichts. mehr Gedanken über Existenz, Morpho- Welche Begeisterung er auf Studierende logie und den Ursprung von “still living übertragen hat, vermittelt ein Zitat aus simple forms” gemacht als Reinhard der Innsbrucker Universitäts-Bio-page Rieger. Sein wissenschaftliches Œuvre der Studierenden anlässlich seines Todes: umfasst ca. 120 Originalarbeiten mit „Er hat sich immer und ohne Zögern für einem breiten Spektrum an Themen über seine Leute eingesetzt, und dazu hat er ursprüngliche, wirbellose Tiere. Ein alle Biologen gezählt. Sein einzigartiger Großteil dieser Arbeiten beschäftigt sich Humor in seinen Vorlesungen, fast schon mit dem ultrastrukturellen Feinbau und philosophisch anmutende Fachdiskussio- der Entwicklungsbiologie basaler Platt- nen mit ihm und seine Hingabe für die würmer. Darauf basierend konnte Rein- Biologie werden uns immer in Erinnerung hard Rieger Hypothesen zum Ursprung bleiben“. Für Generationen von Studie- von vielzelligen Tieren und von deren renden werden die Lehrbücher „Speziel- Geweben ableiten. Einige Meilensteine le Zoologie: Band 1 Einzeller und Wirbel- seien hier genannt. Im Rahmen seiner lose Tiere“ (Neuauflage November 2006) Dissertation hat Reinhard Rieger die und Band 2 „Schädel- oder Wirbeltiere“ Grundlage für die bemerkenswerten (2004), bei denen er als Autor und Her- Publikationen zur Familie der Dolichoma- ausgeber zusammen mit Wilfried West- crostomiden (1971) gelegt. Mit diesen heide tätig war, den Namen von Reinhard außerordentlich detaillierten Beschrei- Rieger als Hochschullehrer weitertragen. bungen neuer Arten hatte er sich sofort Reinhard Rieger förderte in herausra- im Gebiet der Taxonomie von Turbella- gender Weise auch die Forschung seiner rien international positioniert. In Zusam- Schüler und Assistenten. Beispielhaft menarbeit mit seinem ehemaligen Stu- seien hier Ed Ruppert, Seth Tyler und dienkollegen Wolfgang Sterrer hat er die Julian Smith genannt, die ihre Dissertatio- neue Familie der Retronectiden – Mitglie- nen unter seiner Anleitung in Chapel Hill der der Catenulida, einer der basalsten durchführten und hierauf sehr erfolgreich Plattwurmgruppen – beschrieben. Mitte ihre Karrieren aufbauten. Aus der Inns- der 70er Jahre folgten, mehrmals in Zu- brucker Zeit gelangten zwei seiner sammenarbeit mit seiner Frau Dr. Gunde Assistenten, Gerhard Haszprunar und Rieger, eine Reihe von Feinstruktur-Unter- Christian Sturmbauer, auf die zoologi- suchungen an Gastrotrichen, Macrostomi- schen Lehrstühle der Universitäten Mün- den, Kalyptorhynchia und Anneliden, die chen und Graz. jeweils zu neuen evolutionären Erkennt- “...(The) multitude of still living simple nissen geführt haben. Die einzigartige forms, I have not discussed it anywhere in Stellung acoeler Plattwürmer wurde 1975 the Origin, though I have often thought it in einem Artikel in „Science“ mit ultra-

60 Zeichnungen zur Erstbeschreibung der Dolichomacrostomidenart Myozonaria bistylifera aus der ersten Originalarbeit Reinhard Riegers zeigen seine Genauigkeit in der Rekonstruktion selbst kleinster Details (R. Rieger, Zoologischer Anzeiger Bd. 180, 1-22, 1968). strukturellen Daten untermauert und führ- einer Larve, die unterschiedlichen Selek- te zu phylogenetischen Betrachtungswei- tionsdrücken ausgesetzt sind, wurde von sen, die derzeit höchst aktuell sind und ihm als Ursprung für die Entwicklung international – und auch in der Arbeits- höherer Organismen gesehen. Sein enor- gruppe von Reinhard Rieger – mit mole- mes Wissen über freilebende Plathelmin- kular-phylogenetischen Methoden weiter then kondensierten Reinhard Rieger und analysiert werden. Wegweisende Arbei- seine Co-Autoren im Kapitel “Platyhel- ten seiner Studenten folgten über das minthes: Turbellaria” der “ Microscopic Zwei-Drüsen Klebeorgan (Seth Tyler, Anatomy of Invertebrates” (1991). 1975), den Pharynx simplex in Turbella- Seit Mitte der 90er Jahre konzentrierte rien (David Doe, 1978), den Polychaeten sich die Forschungsarbeit Reinhard Owenia fusiformis (Steven Gardiner 1979), Riegers verstärkt auf evolutionär-entwick- Gnathostomuliden (Beth Knauss, 1979), lungsbiologische Aspekte, und er ver- der Coelomorganisation von Polychaeten suchte erfolgreich, die Entwicklungsbio- (Margret Franzen, 1980), der Verbreitung logie wieder in Innsbruck zu verankern. der Meiofauna (George Hagerman, Vor allem mit zwei Problemkreisen be- 1981), der Morphologie acoeler Turbella- fasste sich seine Arbeitsgruppe: (1) Wie rier (Julian Smith, 1981), Bodenbearbei- kann der Übergang von diploblastischen tung durch Enteropneusten (Bruce zu bilateral-symmetrischen, triploblasti- Duncan, 1984), Macrofauna-Meiofauna schen Organisationsformen während der Interaktionen (Steven Fegley, 1985), frühen Evolution der vielzelligen Tiere Coelomauskleidung von Echinodermen- erklärt werden? (2) Welche Eigenschaften Podien (Julian Lombardi, 1984) und die zeichnen das totipotente Stammzell- Körperwandauskleidung von Acoeloma- system der basalen acoelen und macro- ten (Peter R. Smith, 1983). stomiden Plathelminthen aus? Das einzig- Reinhard Rieger hatte sich durch diese artige Stammzellsystem dieser Tiere dif- Arbeiten einen weltweiten Ruf erworben. ferenziert alle somatischen Zelltypen Die Bestrebungen von Rupert Riedl, ihn während des normalen Gewebeumsatzes wieder nach Wien zurückzuholen, waren der Würmer und ist gleichermaßen ver- ebenso fruchtlos wie das Angebot von antwortlich für die enorme Regenera- Ernst Mayr für eine Anstellung in Har- tionsfähigkeit, die diesen Tierstamm aus- vard. Er zog es vor, seine produktive Zeit zeichnet. Reinhard Rieger war der Über- in Chapel Hill fortzusetzen. In einer Reihe zeugung, dass ein Verständnis der Regu- von Review-Arbeiten formulierte er seine lationsmechanismen in diesen basalen Hypothesen über den Ursprung der Stammzellsystemen grundlegende Ein- Metazoen und Bilateria (1976, 1980, 1986, sicht in das Funktionieren von Stamm- 1991, 1994, 1998, 2001, 2003, 2005) be- zellsystemen in allen höher organisierten gleitet von zahlreichen Einladungen zu Tieren erlauben würde. Beide Themen- entsprechenden Konferenzen. Besonders komplexe wurden mit ultrastrukturellen, das Konzept des bi-phasischen Lebens- zellulären und molekulargenetischen Me- zyklus (1994) mit einem Adultus und thoden in Angriff genommen und sind in

62 der Innsbrucker Forschungslandschaft Reinhard Riegers Leistungen und weiterhin fest verankert. seine publizierten Arbeiten waren und Grundlage für den Erfolg dieser Be- sind einflussreich und wurden mit zahlrei- mühungen war in Reinhard Riegers Labor chen Anerkennungen und Ehrungen aus- die Etablierung einer Kulturhaltung für gezeichnet. Wir verabschieden uns von diese basalen Turbellarier, die Züchtun- einem Wissenschaftler, der uns nicht nur gen auch im großen Maßstab für bioche- seine Begeisterung für die Natur und all mische und molekularbiologische Ansät- ihr Leben vermittelt hat, sondern der uns ze erlaubt. Aufbauend auf diese Vorar- in gleicher Weise väterlicher Lehrer, beiten wurden die Tiere mittlerweile in Wegbegleiter und Freund war. anderen Forschungsgruppen etabliert Die Autoren danken Frau Dr. Gunde und werden z.B. für Fragestellungen in Rieger für die Bereitstellung von Materia- der evolutionären Ökologie und Repro- lien und für die kritische Durchsicht des duktion (Lukas Schärer, Universität Basel) Textes. oder der Entwicklung und Evolution von einfachen Nervensystemen (Volker Hartenstein, UCLA) verwendet.

Peter Ladurner, Erwin Meyer, Bert Hobmayer Institut für Zoologie Universität Innsbruck Technikerstr. 25 A-6020 Innsbruck

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Nachruf auf Hermann Schöne 22. 6. 1921 – 29. 11. 2006

Bernd Ulrich Budelmann

Ende November letzten Jahres verstarb Wolfgang Luther fertigte er seine Disser- Prof. Dr. Hermann Schöne in seinem Haus tation „Die Lichtorientierung der Larven in Tutzing am Starnberger See. Mit ihm von Acilius sulcatus L. und Dytiscus margi- hat die vergleichende Verhaltensfor- nalis L“. an, mit der er 1949 an der Uni- schung nicht nur in Deutschland, sondern versität Marburg promoviert wurde. Noch weltweit, einen ihrer letzten großen Ver- ein Jahr blieb Hermann Schöne als Sti- treter verloren, die das Gebiet der Raum- pendiat und wissenschaftlicher Assistent orientierung bei Tier und Mensch noch in am Zoologischen Institut in Marburg, be- seiner Gesamtheit überblickten. vor ihn dann 1951 an das Hermann Schöne wurde am 22. Juni Max-Planck-Institut für Meeresbiologie 1921 in Fürstenwalde bei Berlin geboren. nach Wilhelmshaven holte. Drei Jahre spä- Zusammen mit zwei Brüdern wuchs er in ter bekam er dort eine planmäßige wis- einem Pfarrhaushalt in Schwenningdorf senschaftliche Assistentenstelle. bei Bielefeld auf. Dort besuchte er von 1928-1932 die Volksschule und anschlie- ßend das Gymnasium im benachbarten Bünde, wo er 1940 das Abitur ablegte. Sein Studium der Chemie begann er noch im selben Jahr an der Universität Marburg. Er mußte es aber bereits ein Jahr später abbrechen, da er, gänzlich gegen seinen Willen, zum Kriegsdienst nach Italien und später Rußland einberu- fen wurde. In Rußland verlor er infolge einer schweren Kriegsverletzung 1943 seinen linken Arm und schied dann 1944 aus dem Wehrdienst aus. Schon 1945 konnte er sein Studium an der Universität Marburg wieder aufnehmen, diesmal mit der Hauptrichtung Zoologie. Es waren möglicherweise seine Lehrer Alverdes und von Buddenbrock, die sein frühes Interesse an der Raumorientierung bei Tieren weckten. Unter der Anleitung von

65 Als Erich von Holst, zusammen mit tete, daß er nicht zusammen mit seiner Konrad Lorenz, zum Gründungsdirektor Frau, Dr. Hedwig Schöne, wissenschaftlich des Max-Planck-Institutes für Verhaltens- weiter experimentierte, sei es in seinem physiologie berufen wurde, siedelte Her- eigenen Haus in Tutzing oder mit Kolle- mann Schöne 1957 mit Erich von Holst gen in Skandinavien. nach Seewiesen in Oberbayern um. Nach Schon seine Dissertation zum Licht- von Holst’s Tod (1962) fand er eine neue rückenreflex bei Wasserkäfer-Larven, be- Bleibe in der Abteilung von Dietrich sonders aber das Zusammentreffen mit Schneider am selbigen Institut. Sicherlich Erich von Holst bestimmten Schöne’s zu seiner Freude und zu seinem Stolz Forschungsrichtung für die kommenden wurde das große Kaminzimmer der von fast 50 Jahre: die Mechanismen der Holst’schen Wohnung nun sein Arbeits- Raumorientierung bei Tier und Mensch, zimmer. 1963 habilitierte sich Hermann immer mit Schwerpunkt auf eine system- Schöne an der Universität München für analytische und kybernetische Betrach- das Fach Zoologie und 1969 wurde er tung des gesamten Orientierungsverhal- zum außerplanmäßigen Professor an der tens. Bereits in Wilhelmshaven begann er Universität München ernannt. 1986 trat er seine klassischen Untersuchungen zur in den Ruhestand, was aber nicht bedeu- Statozystenfunktion und Lageorientierung bei dekapoden Krebsen und zur Arbeits- weise der Statolithenapparate bei Platt- fischen. Der Umzug mit von Holst in das neue Max-Planck-Institut in Seewiesen brachte dann nicht nur ausgezeichnete praktische Arbeitsbedingungen, sondern darüber hinaus auch die überaus frucht- baren, wenngleich nicht immer span- nungsfreien, Diskussionen mit seinen Seewiesener Kollegen, vor allem mit Horst und Marie-Luise Mittelstaedt, Norbert Bischof, Ernst Kramer, und Gernot Wendler. Erst in Seewiesen begann Hermann Schöne seine Untersuchungen zur Raumorientie- rung beim Menschen, speziell zur Wahr- nehmung der subjektiven Vertikalen. Die Arbeitsbedingungen am neuen Max-Planck-Institut in Seewiesen waren optimal. Vor allem die Möglichkeit, Unter- suchungen am Menschen auch unter Hermann Schöne beim Bau einer komplizier- Wasser (aufgrund hoher Salzkonzentra- ten Versuchsanordnung tion für die Versuchsperson „frei-schwe-

66 bend“, zur Ausschaltung von Propriore- men mit seinem Seewiesener Kollegen zeptoren) und unter erhöhter Schwerkraft Eibl-Eibesfeldt, „Technik der Verhaltens- (in einer großen Zentrifuge) durchführen forschung“; daneben veranstaltete er den zu können, waren zu damaliger Zeit ein- immer gutbesuchten experimentellen malig (wenn man von amerikanischen Kurs„Übungen zur Orientierungs- und NASA- und Militär-Instituten absieht) und Verhaltensphysiologie“. sie veranlaßten Wissenschaftler aus aller Zweimal verbrachte Hermann Schöne Welt nicht nur zum Gedankenaustausch Forschungsaufenthalte an der Biologi- sondern auch zu wissenschaftlicher Zu- schen Station auf den Bermudas, wo er sammenarbeit nach Seewiesen zu kom- – zusammen mit seiner Frau – Versuche men, unter anderem Donald Parker, zum Lernverhalten und zur Raumorien- Nicholas Wade, Douglas Neil, und Felicita tierung bei Langusten unternahm. Scapini (mit denen er auch zusammen Die wissenschaftliche Laufbahn von publizierte), sowie David Hughes und Hermann Schöne fand ihre Krönung in Helmuth Nyborg. Diese Situation war seinem Buch natürlich auch für uns Studenten äußerst Orientierung im Raum: Formen und stimulierend. Auf der anderen Seite konn- Mechanismen der Lenkung des Verhaltens te es keiner von uns „umgehen“, als Ver- suchsperson in den nicht gerade beque- men Bedingungen unter Wasser oder in der Zentrifuge unter erhöhter Schwerkraft eingesetzt zu werden (in letzterer in ver- schiedenen Raumlagen mit Kopf und Körper in eine Sarg-ähnliche Konstruktion fest eingeklemmt). Schon bald nach seiner Habilitation konnte Hermann Schöne insgesamt fünf Doktoranden für seine Arbeitsrichtung gewinnen: den Verfasser (mit Untersu- chungen zur Statozystenfunktion bei Cephalopoden), Helias Udo de Haes, Cornelia Fitger und Silvia Lechner-Stein- leitner (mit Untersuchungen zur Raum- orientierung beim Menschen), und Armin Stein (mit Untersuchungen zur Lageorien- tierung bei Flußkrebsen). Vorlesungen hielt er am Zoologischen Institut der Universität München über „Allgemeine Raumorientierung“, „Biologie der Krebs- tiere“, „Arbeitsweise und Leistungen der .... und bei Freilandversuchen (mit umgehäng- Sinnesorgane im Verhalten“ und, zusam- tem „Notizbrett“)

67 im Raum bei Tier und Mensch, erschienen wird es wohl auch für immer bleiben). 1980 bei der Wissenschaftlichen Verlags- Schon bald nach dem Erscheinen hat gesellschaft in Stuttgart. Dieses Buch, das Camilla Strausfeld das Buch ins Englische er dem Andenken an seinen Lehrer Erich übertragen (Spatial Orientation: The von Holst gewidmet hat, entstand in jahre- Spatial Control of Behavior in Animals and langer, mühevoller Kleinarbeit und nach Man, Princeton University Press, 1984) unzähligen, vorwiegend schriftlichen (und und sie hat es damit dem breiten Leser- damit umständlichen) Diskussionen mit kreis zugänglich gemacht, den es ver- Wissenschaftlern in aller Welt (wohlge- dient. Ganz ohne Zweifel ist das Buch merkt, damals war das internationale eine würdige Nachfolge von Alfred Kühn’s Telephonieren noch sehr teuer und eine „Die Orientierung der Tiere im Raum “ schnelle Kommunikation via E-Mail noch (1919) und Fraenkel & Gunn’s “The etwas völlig Unbekanntes). Unvergeßlich Orientation of Animals” (1940). sind uns Doktoranden nicht nur die ge- Für Hermann Schöne war wissen- waltigen Berge von Sonderdrucken in sei- schaftliches Arbeiten kein Beruf sondern nem Arbeitszimmer und die immer wie- eine Passion, und die optimalen Arbeits- der akribisch veränderten Fassungen ein- bedingungen am Seewiesener Institut zelner Buchkapitel, die er uns bat durch- erlaubten es ihm, diese Passion täglich zu zusehen, sondern vor allem auch die zu leben. Hinzu kam, daß er – wie viele sei- damaliger Zeit ungewöhnlichen, am ner Seewiesener Kollegen – mit seiner Rande ausgestanzten Lochkarten seiner Familie auf dem Institutsgelände wohnte Sonderdruck-Datei. Diese Karten ermög- (erst 1968 zog er in sein Haus an der lichten es ihm, mit einer langen Metall- Kustermannstrasse in Tutzing). Für uns stange Literaturhinweise zu einem be- Doktoranden bedeutete das einerseits, stimmten Themenkreis aus einem großen daß wir uns daran gewöhnen mußten, Kartenstapel herauszuziehen. Fast 1000 daß er uns zu jeder Tages- und gelegent- Literaturhinweise haben den Eingang in lich Nachtzeit bei der Arbeit über die sein Buch gefunden. Im Vorwort zu ihm Schulter schauen konnte. Andererseits sagt er, daß es “eine Übersicht über das hatte es den großen Vorteil, daß er für Gesamtgebiet der Orientierung geben uns täglich und zu jeder Zeit – und dazu soll, mit Schwerpunkt auf der Analyse des auch noch immer gut gelaunt – zu Dis- ganzen Systems, das heißt, der Physiologie kussionen zur Verfügung stand; die Tür zu des Orientierungsverhaltens”. Dieses seinem Arbeitszimmer verschlossen zu hochgesteckte Ziel war schon damals, sehen, war äußerst selten. und ist erst recht heute, eine fast nicht zu Hermann Schöne war ein begeisterter bewältigende Herausforderung für einen Experimentator und fast grenzenlos erfin- einzelnen Autor. Hermann Schöne hat es derisch mit dem Aufbau seiner Versuchs- dennoch geschafft und, nicht verwunder- apparaturen. Trotz des Verlustes seines lich, bis heute ist es die letzte große Zu- linken Armes war er unglaublich ge- sammenfassung der Raumorientierung schickt und nicht selten sah man seine bei Tier und Mensch geblieben (und sie Zähne im Einsatz anstelle der verlorenen

68 Hand. Seine Versuchsapparaturen, wo Hermann Schöne’s Name wird für immer es ging, mit allen möglichen (und immer mit der Raumorientierung bei Tier gelegentlich unmöglichen) Hilfsmitteln und Mensch verbunden sein. Wissen- selber zusammenzubauen, war für ihn schaftler in aller Welt haben nicht nur selbstverständlich und eine Herausfor- einen kompetenten Kollegen, sondern derung, die er gerne annahm. Ganz viele auch einen guten Freund verloren. sicherlich (und zu Recht) erfüllte ihn ein Sie alle trauern mit seiner Frau Hedwig gelungener Versuchsaufbau mit großem Schöne und deren vier Kindern, Monika, Stolz. Heide, Klaus und Renate.

Prof. Dr. Bernd U. Budelmann Department of Neuroscience & Cell Biology The University of Texas Medical Branch 301 University Boulevard Galveston, TX 77555-1069, USA

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Das Biohistoricum zieht um

Armin Geus

Als das Biohistoricum in Neuburg an Gesprächen erklärten sich Prof. Dr. der Donau nach mehrjährigen Vorberei- Johann Wolfgang Wägele und das Direk- tungen am 11. September 1998 eröffnet torium des Zoologischen Forschungsmu- werden konnte, betonte der damalige seums Alexander Koenig in Bonn bereit, Oberbürgermeister Günter Huniar, das das Biohistoricum aufzunehmen und neue Museum sei ein „echter Glücksfall“ Möglichkeiten zur Fortsetzung seiner für die Stadt und bereichere die ganze Arbeit zu gewähren. Alle Beteiligten hal- Region mit dem Jura-Museum in Eichstätt ten dies für die denkbar beste Lösung und dem Deutschen Medizinhistorischen des Problems. Zuvor musste der Neu- Museum in Ingolstadt um eine weitere, burger Trägerverein aufgelöst und das außeruniversitäre Institution, die, wie Eigentum des Biohistoricums der Deut- Ernst Mayr in der kleinen, zur Eröffnung schen Gesellschaft für Geschichte und erschienen Festschrift schrieb, „in ihrer Theorie der Biologie e.V. übergeben wer- doppelten Funktion als Museum und For- den. Dies ist inzwischen geschehen, so schungsarchiv das Werden der biologi- dass dem Umzug nach Bonn nichts mehr schen Gedankenwelt untersucht und im Wege steht. durch Gegenstände vermittelt“. Prof. Dr. Karl Peter Sauer (Institut für Der Nachfolger im Amt des Oberbür- Evolutionsbiologie und Ökologie, An germeisters dachte aber ganz anders; der Immenburg 1, 53121 Bonn, Tel. sein kultureller Horizont reicht nicht über 0228 · 735122), der sich sehr für den die Abmessungen eines Fußballfeldes Fortbestand des Biohistoricums einsetzte, hinaus. Er bezeichnete das Biohistoricum wurde von der Mitgliederversammlung als akademischen Fremdkörper; Biblio- im Juni diesen Jahres im Amt des 1. Vor- thek und Sammlungen seien nur Müll und sitzenden der Deutschen Gesellschaft für Altpapier, erklärten einige Mitglieder sei- Geschichte und Theorie der Biologie e.V. ner Fraktion. Der populistischen Stim- bestätigt; als neuer Geschäftsführer mungsmache folgten bald Beschlüsse, mit wurde Dr. Hauke Bietz (Bremerstraße 9d, denen räumliche Zusagen aufgehoben 26215 Wiefelstede, Tel. 04402 · 597528) und Mittel zur Besoldung einer Schreib- gewählt. Gleichzeitig wurde bekannt kraft, der einzigen nicht ehrenamtlich gegeben, dass der bisherige Geschäfts- Beschäftigten des Biohistoricums gestri- führer Prof. Dr. Volker Wissemann (Institut chen wurden. für Allgemeine Botanik und Pflanzenphy- Weil auch die besten Argumente be- siologie, AG Spezielle Botanik, Sencken- kanntlich nichts gegen Dummheit und bergstraße 17, 35390 Gießen, Tel. Ignoranz ausrichten, war es höchste Zeit 0641 · 9935250), ab sofort die ehrenamt- eine neue Bleibe zu suchen. Nach ersten

71 liche Leitung des Biohistoricums über- Sparkasse Märkischoderland, Strausberg, nommen hat. BLZ 170 540 40, Konto-Nr. 30001 33 932). In Anbetracht der enormen Spedi- Alle Spender erhalten unaufgefordert ent- tionskosten, die der Umzug verursacht, sprechende Quittungen zur Vorlage beim möchten wir sehr herzlich bitten, uns Finanzamt. noch einmal zu helfen (DGGTB e.V. ,

Prof. Dr. Armin Geus Hirschberg 5 35037 Marburg an der Lahn Tel. 06421 · 151 88

72 NEUERSCHEINUNGEN

KATHARINA SCHMIDT-LOSKE

DIE TIERWELT DER MARIA SIBYLLA MERIAN Arten, Beschreibungen und Illustrationen

Marburg an der Lahn 2007

240 S., 78 Farbtafeln, 29 x 24 cm, Gb. ISBN 978-3-925347-79-5 Preis: 96,00 €

EVOLUTION DURCH KOOPERATION UND INTEGRATION Zur Entstehung der Endosymbiosetheorie in der Zellbiologie. Faksimiles, Kommentare und Essays.

Hrsg. Armin Geus und Ekkehard Höxtermann Marburg an der Lahn 2007 Acta Biohistorica Band 11

751 S., 111 Abb., 17 x 25 cm, Gb. ISBN 978-3-925347-83-2 Preis: 96,00 €

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