Schriftenreihe Des Sophie Drinker Instituts
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Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts Herausgegeben von Freia Hoffmann Michaela Krucsay Zwischen Aufklärung und barocker Prachtentfaltung Anna Bon di Venezia und ihre Familie von „Operisten“ Die Publikation wurde mit Mitteln des Landes Steiermark, Referat Wissenschaft und Forschung, gefördert. Oldenburg, 2015 Verlag/Druck/Vertrieb BIS-Verlag der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Postfach 2541 26015 Oldenburg E-Mail: [email protected] Internet: www.bis-verlag.de ISBN 978-3-8142-2320-9 Meinen Großeltern Friederike Sofie und Alois Dreschnig sowie Andreas Krucsay in Liebe und Dankbarkeit Inhaltsverzeichnis Vorworte und Danksagung 9 Einleitung 13 1 Politische und soziale Rahmenbedingungen kulturellen Handelns für Frauen im Europa zur Zeit der Aufklärung und des frühen Bürgertums 17 1.1 Ideale weiblicher Bildung 21 1.2 Die Frau als Musikerin 24 2 Reisewege zwischen Musik und Bildender Kunst. Zu den Wirkungsstätten des Operisten-Ehepaars Bon 27 2.1 Kaiserliche Spektakel: Die italienischen Künstler am russischen Zarenhof 27 2.2 Die Opera buffa und Friedrich II. Dresden, Potsdam und Berlin 39 2.3 La cittella ingannata. Antwerpen 1752 42 2.4 Vom Reichstag zu Regensburg und einstürzenden Bretterbuden 44 3 Anna Bon di Venezia 51 3.1 Geburt in Bologna 51 3.2 Zur Aufnahme Anna Bons am Ospedale della Pietà 56 3.2.1 Kultur/Politik. Die Bedeutung des Ospedale della Pietà innerhalb der venezianischen ospedali 61 3.2.2 Inservienti della musica: Ausbildung und Organisation am Ospedale 70 3.2.3 Exkurs I: Maddalena Laura Lombardini Sirmen und Regina Strinasacchi- Schlick. Fallbeispiele prominenter Zeitgenossinnen 78 3.2.4 Exkurs II: Zur Rezeption der venezianischen ospedali in Literatur und Film 81 3.3 Wilhelmines „Musenhof“. Bayreuth 87 3.4 In Habsburger Landen 94 3.4.1 Wien: „Demoiselle Bonn“ am Clavecin 94 3.4.2 Pressburg: Intervention durch die Kaiserin 97 3.4.3 Eisenstadt: Letzte Station einer Musikerkarriere? 101 3.5 Ein neues „Rätsel von Hildburghausen“ 117 4 Werke 121 5 Zusammenfassung und Conclusio 123 6 Abbildungsverzeichnis 127 7 Bibliographie 129 8 Anhang 145 Leucippo. Favola pastorale/Leucippo ein Schäfergedichte 146 Don Calandrano. Opera bernesca 149 Il Demetrio. Dramma per musica 151 Der von Girolamo [Hieronymus] Bon eigenhändig unterzeichnete Anstellungsvertrag (1762) 153 Il Ciro riconosciuto. Dramma per musica 154 Il filosofo di campagna. Dramma giocoso per musica 155 Vorworte und Danksagung Wer sich mit einer Musikerin wie Anna Bon di Venezia befassen will, muss mit dem „viel- beschworenen ‚Mut zum Fragment‘ agieren“. So schreibt die Musikwissenschaftlerin Michaela Krucsay im Vorwort zu ihrer Dissertation, die der vorliegenden Publikation zu- grunde liegt. Nicht nur diesen Mut zum Fragment hat die engagierte Forscherin überzeu- gend bewiesen: Aus den in der Tat nur sehr spärlich vorliegenden Informationen zu Leben und Werk von Anna Bon di Venezia, zu ihrer Familie und ihrem Umfeld, ist es Michaela Krucsay hervorragend gelungen, eine erste faszinierende Biographie dieser Musikerin des 18. Jahrhunderts zu konzipieren. Dies ist angesichts des Faktums, dass die Quellenlage für musizierende Frauen des 18. Jahr- hunderts nach wie vor als eher dürftig und noch nicht ausreichend aufgearbeitet zu bezeich- nen ist – wenngleich auch die musikbezogene Frauenforschung mittlerweile zahlreiche überzeugende exemplarische Forschungsergebnisse vorlegen konnte – das besondere Ver- dienst der vorliegenden „soziologisch-kulturhistorischen Annäherung“ an eine Musikerin, über die bislang nur punktuelle, oftmals zudem auch unkorrekte Informationen vorlagen. Umso wertvoller für die musikwissenschaftliche Genderforschung ist es, dass nunmehr auch Geburtsort und Geburtsdatum von Anna Bon di Venezia nach mühevoller akribischer Recherche verifiziert werden konnten. Anna Bon di Venezia und ihre Familie von Operisten wirkten international: So lässt sich deren mit ihren kulturellen Präsentationen in zahlreichen Städten und an verschiedenen europäischen Höfen verbundene intensive Reisetätigkeit im Nachvollzug mitunter auch als nicht unwesentlicher Beitrag zur Kulturgeschichte des strapaziösen Reisens im 18. Jahr- hundert interpretieren. Als interdisziplinär faszinierende Ergänzung liest sich der Exkurs zur Rezeption der vene- zianischen Ospedali in Literatur und Film. Elena Ostleitner 9 Fällt das Schlagwort „Musiker und Komponisten der Aufklärung“1, so denkt man – auch und gerade in musikwissenschaftlichen Fachkreisen – im Allgemeinen zunächst an Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart. Beide nehmen hier, nicht nur aufgrund ihrer Le- bensdaten, sondern insbesondere wegen ihrer Kontakte zu zahlreichen wichtigen Vertretern aufklärerischen Gedankenguts eine zweifellos berechtigte Sonderposition ein. Erst danach mögen Namen von außerhalb des eng umrissenen Feldes der Wiener Klassik fallen oder auch jener von Jean-Jacques Rousseau, der nicht nur die philosophische Strömung durch seine Schriften maßgeblich geprägt, sondern darüber hinaus mit Kompositionen wie seinem Intermezzo Le devin du village (1752) und dem Melodram Pygmalion (1770) durchaus die Musikwelt bis hinein ins 19. Jahrhundert nicht unbedeutend beeinflusst hat. Nicht nur unser Alltag, auch die geisteswissenschaftliche Forschung unterliegt Trends und Modeerscheinungen. So ist auch die Erforschung der Biographien jener unzähligen soge- nannten „KleinmeisterInnen“, die das musikalische Leben ihrer Zeit und ihres Umfelds si- cherlich zum weitaus größten Teil gestalteten und beeinflussten, nach einem vergleichs- weise eher kurz aufflackernden Interesse an diesem so vielgestaltigen Gebiet zum Zeit- punkt, als diese Zeilen niedergeschrieben werden, bereits wieder weitgehend aus der Mode gekommen. Zu Unrecht, wie so mancher mit dem wissenschaftlichen Kanon Befasster kri- tisch feststellen wird, bieten doch gerade die Biographien dieser Fülle von längst mehr oder minder in Vergessenheit geratenen MusikerInnen und KomponistInnen einen weit reprä- sentativeren und umfassenderen Einblick in die kulturelle Realität einer Epoche, als es bei den wenigen großen Idolen der Musikgeschichtsschreibung naturgemäß je der Fall sein kann. Erst die Kenntnis von Leben und Alltag jener „KleinmeisterInnen“ ist es, die vertief- ten Erkenntnisgewinn ermöglicht. Sie lässt scheinbar in Dogmen erstarrte historische wie soziale Fakten miteinander in Interaktion treten und erlaubt uns Gegenwärtigen einen ob- gleich noch immer vagen, so doch wenigstens etwas schärferen Blick zurück in die Ver- gangenheit. „KleinmeisterInnen-Forschung“ ist Grundlagenforschung. Sie bietet unserer Wahrnehmung eine Linse, auf die wir nicht verzichten können. Anna Bon di Venezia ist ein Teil jener Welt. Ihre Biographie weist nahezu mehr Lücken als Fakten auf. Und doch: Was von dieser Künstlerin bereits bekannt ist, reicht völlig aus, um das Interesse an ihr zu wecken ‒ an einer Sängerin, Komponistin und Cembalistin, die im Laufe ihres Lebens viel gereist ist und an verschiedenen Fürstenhöfen ob ihres Talentes offenbar sehr geschätzt wurde. Auch Anna Bons Zusammenarbeit mit Joseph Haydn in Eisenstadt bietet eine Anzahl vielversprechender Optionen, bei denen es sich zweifellos lohnte, einen näheren Blick zu riskieren, selbst wenn zahlreiche erschwerende Umstände die Entstehung einer lückenlosen Biographie dieser Musikerin vorerst noch verhindern. Sicherlich werden künftig noch weitere Eckdaten, vielleicht sogar weitere Kompositionen, zu Anna Bon ent- deckt werden. Forschung ist immer ein Prozess, der kaum je als abgeschlossen betrachtet wer- den kann, was in besonderem Maße für die komplexe Biographie Anna Bon di Venezias gilt. Die vorliegende Publikation2 mag jedoch zumindest eine Basis bilden, getreu den Worten des aphoristischen Miniaturdialogs des Bon-Zeitgenossen Friedrich Schlegel: „A. Fragmente, sagen Sie, wären die eigentliche Form der Universalphilosophie. An der Form liegt nichts. Was können aber solche Fragmente für die größeste und ernsthafteste Angelegenheit der Menschheit, für die Vervollkommnung der Wissenschaft, leisten und 1 Die ausdrücklich männliche Schreibweise dieser Berufszeichnungen wurde in diesem Zusammenhang ab- sichtlich gewählt, um dem Einfluss des musikhistorischen Kanons gerecht zu werden. 2 Es handelt sich hierbei um die für den Druck gekürzte und leicht adaptierte, im Herbst 2012 approbierte Dissertation der Autorin, eingereicht am Institut für Musikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz. 11 sein? ‒ B. Nichts als ein Lessingsches Salz gegen die geistige Fäulnis, vielleicht eine zynische lanx satura im Styl des alten Lucilius oder Horaz, oder gar fermenta cognitionis zur kritischen Philosophie, Randglossen zu dem Text des Zeitalters.“3 Was demjenigen bleibt, der sich mit Anna Bon di Venezia zu beschäftigen trachtet, ist also, mit dem viel beschworenen „Mut zum Fragment“ zu agieren und darauf zu bauen, dass Er- kenntnisgewinn auch über Umwege möglich ist: Die äußeren Umstände, die Anna Bons Lebensweg durch halb Europa hindurch und über eine Phase politischer wie sozialer Um- wälzungen hinweg begleiten, sind jedoch nicht dazu angetan, die Suche selbst nach dem Fragmentarischen zu erleichtern. Glücklicherweise war es mir vergönnt, bei meinen nicht immer befriedigend verlaufenden Recherchen auf die Unterstützung einer großen Zahl kompetenter WissenschafterInnen und ArchivarInnen zurückzugreifen, denen ich an dieser Stelle von ganzem Herzen meinen Dank aussprechen möchte (sollte jemand hier unerwähnt bleiben, so geschieht dies gewiss nicht aus Undank, und ich möchte mich präventiv für ein solches Versehen