„Luxusleben in der Großraumfamilie“

Dokumentation

Wohnprojekt AllerHaus

Cluventalstr. 2-6

27283

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Danksagung

Ich danke Karin Ammon für ihren Initialvortrag und ihre geduldige Unterstützung. Leider verstarb sie vorzeitig und konnte nicht mehr ins AllerHaus einziehen.

Widmung

Gewidmet ist dieser Bericht Renate Stöver; sie träumte mit uns vom Wohnprojekt und erlebte leider ihren Einzug ebenfalls nicht.

Die Dokumentation finden Sie auch in der Deutschen Nationalbibliothek

Impressum und Bestelladresse

Rosemarie Guhl Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden Rathaus Verden Große Str. 40 27283 Verden Tel: +49 4231 12 432 Fax: +49 4231 12 231 E-Mail: [email protected] www.verden.de

Lektorat: Sonja Höstermann,

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Inhaltsverzeichnis

Grußwort Bürgermeister Lutz Brockmann 4 Vorwort Gleichstellungsbeauftragte Verden, Rosemarie Guhl 5

KURZÜBERSICHT Wohnprojekt AllerHaus 7

EINFÜHRUNG 9

Wohnprojekt AllerHaus – kommunale Quartiersentwicklung 12

Verantwortlichkeit der Kommune 13

Für welche Bedingungen sollte die Kommune sorgen, um günstigen Wohnraum vorzuhalten? 13

Welche Strukturen können die Bürgerinnen und Bürger selbst

schaffen, um unkonventionelle Wohnformen voranzutreiben? 15

Was ist das Besondere am AllerHaus-Projekt? 19

PROJEKTVERLAUF 22

Initiativ-Vortrag von Karin Ammon 22

Pressebericht Projekt Beginenhof Verden 23

Ein Stein kommt ins Rollen - Projektbeschreibung 25

Fragebogen für Initativgruppe 27

Besichtigung anderer Wohnprojekte und Austausch 29

Verwaltungsausschuss und Stadtrat über das Projekt informieren 31

Gruppenbildung im Verlauf der Projektentstehung AllerHaus 33

Materialien zur Öffentlichkeitsarbeit des AllerHaus-Projekts 40

Mittelbeschaffung über Dritte 52

Objektsuche – Wo sollte das Wohnprojekt einen Platz finden? 52

Materialien und Dokumente 55

Kooperationen 69

LESEBUCH – Gespräche über die Erfahrungen zur Entwicklung

des AllerHaus-Projektes 72

Interview mit Lutz Brockmann, Bürgermeister der Stadt Verden 72

Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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Gespräch mit Ulrich Steinmeyer (Aufsichtsrat Aller Wohnen) 73

Gespräch mit Brigitte über das Beginenhof-Modell 75

Gedanken einer Mieterin zur Gestaltung einer Wohnung (46qm) 77

Im Rückblick: Gespräch mit Frau S., Projektteilnehmerin von Beginn an 79

Interview mit einer Erstförderin – über ihre Gründe, aus der Gruppe auszuscheiden 82

Gespräch mit einer Frau, die von der Hausgeschichte Cluventalstraße erzählt 84

Eine Nachbarin über ihre Erfahrungen mit den Umbaumonaten und

Kontakt zum AllerHaus 82

Interview mit Hilde und Edward, Mitbewohnende im AllerHaus 90

Interview mit Stephan, Vorstand von Aller Wohnen Genossenschaft und

Hausmeister AllerHaus und seiner Tochter Marlene (11Jahre) 92

Gespräch mit Claudia, Mitbewohnerin im AllerHaus 95

Interview mit Katharina Midasch, Mediatorin 97

Interview Dieter Mensen, Vereinsvorstand, Fördermitglied 100

Literatur und weiterführende Adressen 102

Informationen in leichter Sprache 104

Anhang: Presseartikel 107

Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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Grußwort

Herzlichen Glückwunsch, im Namen der Stadt Verden gratuliere ich allen Beteiligten für die erfolgreiche Umsetzung des Mehrgenerationenwohnprojekts „AllerHaus“. Mein besonderer Dank gilt der Initiativgruppe mit der Gleichstellungsbeauftragten Frau Guhl und der Allerwohnen Genossenschaft.

Das AllerHaus ist ein vorbildlich nachhaltiges Wohnprojekt, das wegweisend wichtige Zukunftsanforderungen erfüllt:

- sozial: in bezahlbaren, modernen Mietwohnungen eigenständig wohnen und mit mehreren Generationen in aktiver Nachbarschaft gemeinsam leben.

- ökologisch: Altbau nachgenutzt und mit gesunden Baustoffen klimaschonend auf Passivhausstandard modernisiert.

- wirtschaftlich: Gemeinschaftseigentum und Wohnungen geschaffen, deren Miete mit einer Grundsicherung finanziert werden kann.

Das AllerHaus bereichert das innerstädtische Wohngebiet rund um die Cluventalstraße und unsere Stadt Verden.

Allen heutigen und künftigen Bewohnern im AllerHaus und der Nachbarschaft wünsche ich ein gutes Zusammenleben.

Der Stadt Verden wünsche ich, dass das Beispiel AllerHaus viele gute Anregungen, neue Ideen und gemeinsamen Mut für weitere zukunftsweisende Wohnprojekte gibt.

Bürgermeister Lutz Brockmann, Stadt Verden Aller

Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013 5

VORWORT ROSEMARIE GUHL GLEICHSTELLUNGSBEAUFTRAGTE VERDEN

Die Lebensbedingungen der Menschen sind im Wandel. Die demographische Altersstruktur zeigt, die Menschen werden älter und bleiben länger gesund als jemals zuvor. Die gesunden, alten Menschen schreckt der Gedanke, in einem Altenheim leben zu müssen. Die mitunter niedrigen Renten lassen aber oft kaum Spielraum für neue Formen des Zusammenwohnens.

Preiswerter Wohnraum ist rar. Mittlerweile muss gut die Hälfte der Rente bzw. des Einkommens für das Wohnen ausgegeben werden. Die Energie- sowie Nebenkosten steigen stetig und Sparmöglichkeiten gibt es nahezu keine.

Auch die Bedingungen für Familien werden schwieriger: Es fehlen an die Arbeitsbedingungen angepasste Betreuungseinrichtungen, sich wiedersprechende finanzielle Anreize zwischen Kindergeld und Betreuungsgeld verunsichern ebenso, wie sich verschlechternde Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. Die Arbeitswelt verlangt Flexibilität, bietet aber keine Kontinuität mehr. Eine Familie zu haben, bedeutet ein Armutsrisiko, insbesondere für Alleinerziehende.

In der täglichen Beratung wird die Spanne zwischen arm und reich immer deutlicher. Grund genug, sich zu bemühen, ein Wohnprojekt zu initiieren, worin Menschen freiheitlich ein selbstgestaltetes Leben führen können. Dass eine Nachfrage nach einer alternativen Wohnform besteht, verdeutlichten bereits die ersten Treffen in der Vorbereitungszeit für das AllerHaus. Wie schwierig die Verwirklichung eines Wohnprojekts ist, zeigt sich vor allem darin, dass die Fluktuation der Interessenten ziemlich hoch ist.

Als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden habe ich für eine Kontinuität in der Rahmenarbeit gesorgt. In vier Jahren – Januar 2009 bis April 2013 – konnte das Projekt AllerHaus realisiert werden. Als Gleichstellungsbeauftragte war es mir besonders wichtig, für Menschen in weniger optimalen Lebenssituationen ein zu Hause der unterschiedlichen Generationen zu realisieren. Ziele sind, sich zu 5

6 unterstützen, gemeinsame Unternehmungen zu ermöglichen, das Haus gemeinsam zu gestalten sowie alle Bewohner und Bewohnerinnen daran teilhaben zu lassen, soweit wie ihre Kraft es zulässt.

Erste Ausblicke

Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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KURZÜBERSICHT WOHNPROJEKT ALLERHAUS

Was  Generationsübergreifendes, selbstverwaltetes, genossenschaftliches Wohnprojekt im ökologisch sanierten Altbau, nahe Passivhausstandard, barrierearm, zu bezahlbaren Mieten

 11 Wohnungen, 1 Gemeinschaftswohnung, Garten

Wer  Initiatiorin Rosemarie Guhl, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden

 Rat Verden stimmt Erbbaupachtvertrag zu

 AllerHaus Verein als Vertretung der Mietenden

 Bauträger „Aller Wohnen Genossenschaft“ Verden

 Bauherr öcomtur Verden

 Finanzierung über KFW-Kredite

Wann  erste Ansätze Jan. 2009, Teilbezug Dez. 2012, Restbezug Mai 2013

Wo  Cluventalstr. 2-6 – Stadt Verden Aller

 zentral, nahe Bahnhof

Wie  Aus Bürgerinneninitiative entwickelt

Wozu  Leben in lebendiger, kooperativer Nachbarschaft. Gleichberechtigtes, generationsübergreifendes Miteinander in gegenseitiger Achtung

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CHRONOLOGIE ALLERHAUS

15.01.2009 Einführungsvortrag. Das Thema: „Anders leben als geWOHNT“.

2009 - 2010 Wunschsammelphase,

Besuchen von Wohnprojekten im Umkreis

Haussuche

Gruppenbildung formal und individuell

Öffentlichkeitsarbeit

04/ 2010 Verwaltungsausschuss und Rat stimmen Erbbaupachtvertrag zu

10/ 2010 Genossenschaft „Aller Wohnen“ wird Investor für das AllerHaus

06.12.2010 Schlüsselübergabe

02/ 2011 Vereinsgründung AllerHaus e.V.

15.12.2011 Richtfest

01.11.2012 Erste Mietende ziehen in die oberen Stockwerke ein

15.04. 2013 Weitere Mietende ziehen im Erdgeschoss ein

01.01.2014 Das Haus ist voll vermietet

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EINFÜHRUNG Das Haus alt, wird jung Umhüllt, gewärmt. Belebt, Luft. Schöpft neuen Atem.

Wie will ich wohnen? Was kann ich mir leisten? Was brauche ich? Diese Fragen müssen beantwortet werden, wenn eine neue Wohnung gefunden werden soll, etwa die erste Bleibe nach der Ausbildung. Die erste Wohnung ist oft klein. Wichtig ist der eigene Hausstand, das selbstständige Leben. Die preiswerte Miete.

Berufliche Veränderungen zwingen oftmals dazu ein neues Umfeld mit verlässlichen Gegebenheiten und Freunden zu schaffen. Wenn sich ein Kind ankündigt, wenn andere Veränderungen in der Familie anstehen, etwa wegen einer Scheidung oder einem Berufswechsel.

Für die Familie sind die Spielkameraden für die Kinder, der Austausch mit anderen Eltern und vielleicht die gegenseitige Hilfe bei verschiedenen Gelegenheiten wichtig. Da oft die Großeltern weiter entfernt wohnen, wären „Wahlgroßeltern“ in der Nähe eine Wunschmöglichkeit.

Bei Scheidungs- oder Patchworkfamilien spielen außerdem Mobilität im Alltag und die Erreichbarkeit des jeweiligen Elternteils eine Rolle.

Für die Frauen und Männer, die ihre Familienphase beendet haben, ist es wichtig, jemanden zum Reden zu haben, mit dem Frau oder Mann ins Kino oder spazieren gehen kann.

Auch das nahende Rentenalter erfordert oft die Suche nach einer neuen Wohnung. Im hohen Alter ist es mit Unterstützungen möglich, länger allein zu wohnen und gesund zu bleiben. Frauen ist dieser Punkt besonders wichtig.

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Neue Bedürfnisse erwachsen durch die Vielschichtigkeit der Lebensentwürfe Durch die Vielschichtigkeit der Lebensläufe wandeln sich auch die Wünsche im Zusammenleben mit den Nächsten. Gerade in größeren Städten erwacht das Bedürfnis, in kleinen Gemeinschaften zusammen zu leben, zumal die eigenen Kinder oft nicht in der nahen Umgebung wohnen. Durch die gemeinschaftliche Lebensgestaltung fallen auch für die Kinder in der nahen Umgebung weniger Unterstützungsarbeiten an. Stehen Frauen oder Männer allein da, können sich durch das Zusammenleben so genannte „Wahlverwandtschaften“ bilden, freiwillig gewählte Zugehörigkeiten.

Vorteile des Wohnens in einer Gemeinschaft Gemeinschaftliches Wohnen ist für das Leben ein Gewinn. Alle können sich in die Gruppe einbringen, so wie ihr Gesundheitszustand und ihr Können es zulassen. Selbstorganisation steigert die Eigenverantwortung und das Selbstbewusstsein, das Leben wird überschaubar. Die Menschen sind aktiv. In der Gemeinschaft erhalten sie eine unmittelbare Rückmeldung und können sich entsprechend positionieren.

Forschungsergebnisse zeigen, dass Altersprozesse, wie Altersdepressionen später oder gar nicht erst auftreten, wenn ein Austausch mit anderen Menschen stattfindet. Zusammen das Miteinander gestalten, kann die negativen Gedanken des Alters (krank, dement, teuer) zu einer Neueinschätzung verändern: Alter heißt Wachsen, an sich und mit den anderen. Lebensbejahende Menschen denken langfristig. Es muss nichts mehr bewiesen werden. Sie gehen mit den eigenen Möglichkeiten schonend um.

War es mit Kindern wichtig auf dem Lande zu wohnen, zieht es Frauen und Männer mit dem Alter wieder in die Stadt. Sie wollen kurze Wege und eine bessere Infrastruktur nutzen, um so lange wie möglich autonom leben zu können.

Das Leben soll abwechslungsreich sein, Jung und Alt wollen sich gegenseitig unterstützen. Nicht gefragt sind große Wohneinheiten mit der gleichen Altersgruppe. Gesucht werden kleine, bezahlbare Wohneinheiten, aber genau daran fehlt es (s. Kreisbau Geschäftsbericht).

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Demografische Entwicklung - sowohl Chance als auch Herausforderung Die Renten werden für die kommenden Generationen noch geringer werden. Auch in den kommenden Jahren wird das Problem der Rentenhöhe vorwiegend Frauen betreffen, da sie es sind, die immer noch zum größten Teil die Erziehungs- und Pflegeaufgaben übernehmen. Sie arbeiten teilzeitbeschäftigt, um Familie und Beruf und die umgebenden Organisationsstrukturen miteinander zu verbinden.

Das Leben und dessen Modelle wandeln sich schnell. Die Arbeitslebensläufe werden bei den meisten Menschen durch Zeitverträge, Kurzarbeit, Erziehungs- und Pflegearbeit viele Brüche aufweisen. In den nächsten Jahren wird auch für Männer zutreffen, dass Erwerbsbiografien nicht mehr durchgängig sein werden, wie noch vor Jahrzehnten. Dies kann durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Erziehungs- und Pflegezeiten, freiwillige Auszeiten bedingt sein. Damit fallen die Renten niedriger aus - ob eine private Vorsorge dies auffangen kann, ist fraglich.

„Die Lebensmodelle der Menschen sind im Wandel begriffen. Die traditionelle Reihenfolge: Geburt, Kindheit, Beruf, Familie und Rente ist aufgebrochen. Es reicht nicht mehr ein Beruf, berufliche Mobilität ist gefragt, die Familien leben nicht mehr gemeinsam auf Dauer an einem Ort. (Management des demografischen Wandels, der KGST, S 22)

Insgesamt werden die Menschen älter und bleiben dabei länger gesund als Generationen vor ihnen. Diese Entwicklung ist sowohl eine Chance als auch zugleich eine Herausforderung. Kommunen müssen umdenken und sich den demografischen Bedingungen anpassen.

Das ist kein einfacher Prozess, darauf müssen sich die Einzelnen einlassen. Geben und nehmen, achtsam mit sich und den anderen sein. Das sind Herausforderungen, die nicht zu spät in Angriff genommen werden sollten.

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WOHNPROJEKT ALLERHAUS – KOMMUNALE QUARTIERSENTWICKLUNG Das AllerHaus in der Stadtmitte ist das erste generationsübergreifende, selbstverwaltete Projekt Verdens. Das Projekt soll eine mögliche Antwort sein auf die drängenden Probleme und künftigen Aufgabenstellungen an eine Kommune.

Auf dem nationalen Kongress, 10 Jahre Quartiersentwicklung, wurden drei wichtige Punkte für eine nachhaltige Entwicklung der Quartiere genannt: Ökonomie, Ökologie und Soziales.

Das Vorhandene muss bewusst und kostenschonend eingesetzt werden. Ein pfleglicher Umgang mit den Mitteln, so wenig wie nötig, erhält die Umwelt im Gleichgewicht. Dazu kommt die gerechte Verteilung der Mittel, damit alle menschenwürdig leben können.

Quartierentwicklung durch Quartiermitwirkung Nationaler Kongress: 10 Jahre Quartierentwicklung, HSLU 27. / 28. Januar 2010 Nathalie Herren, Jörg Rothhaupt Quartierarbeit Stadtteil III, Bern

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Verantwortlichkeit der Kommune

Die Daseinsvorsorge basiert auf dem Sozialstaatprinzip des Grundgesetzes.

„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ (Artikel 20 GG, Abs. 1)

„Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. [...].“ (Art 28 GG, Abs. 2)

Zur Daseinsvorsorge gehören die Schaffung, Entwicklung und Sicherung sozialer Lebensbedingungen. Sie wird entscheidend durch die Strukturen vor Ort bestimmt. Die Kommunen haben dadurch eine Verantwortung für die Quartiersentwicklung in die auch die Wohnsituation eingebettet ist. Die Kommune erhebt Daten, um die Lebensqualität zu bestimmen. Zur Umsetzung einzelner Ziele können auch Leistungserbringer beauftragt werden.

Es stellen sich der Kommune zum Thema „Wohnen der Generationen“ und zu dem Stichwort „familienfreundliche Stadt“ folgende Fragen:

Für welche Bedingungen sollte die Kommune sorgen, um günstigen Wohnraum vorzuhalten?

Für die Kommunen gehören zu den sich verändernden Bereichen der Zukunft: Gesundheit, Integration, Bildung, Stadtentwicklung, Wirtschaft und Familie.

Da der Arbeitsmarkt eine große Flexibilität und Mobilität verlangt, leben Familien nicht selten räumlich weit auseinander. Kinder und Eltern können sich nicht gegenseitig unterstützen. Die Akzeptanz von klassischen Alteneinrichtungen wird immer geringer. Die Zahl der Alleinlebenden steigt. Es besteht die Tendenz mit dem Alter wieder in die Stadt zu ziehen. Dazu braucht es passenden, bezahlbaren Wohnraum in einem gut erschlossenen Umfeld. Das Leben soll selbst gestaltet werden. Einkaufs- und Erholungsmöglichkeiten müssen gut erreichbar sein.

Die Attraktivität des Wohnstandortes ist neben der wirtschaftlichen Entwicklung ein zunehmend wichtiger Standortfaktor. Bei allen Überlegungen ist der Erhalt

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14 bestehender Wohnungen mit einzubeziehen, da Neubauten nur einen geringen Teil des benötigten Wohnraumes abdecken.

Als Alternative bieten sich kleine Einheiten von Altenwohngemeinschaften oder Häuser an, in denen mehrere Generationen unter einem Dach leben. Dies kann etwa durch Umbauten von Gebäudebestand erreicht werden. Darüber hinaus wird diskutiert, für die Bauträger Anreize zu schaffen, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren, etwa durch preiswerte Grundstücke oder Zuschüsse zu bestimmten Wohnfeldverbesserungen.

Die Stadt Verden zeichnet sich als familienfreundliche Stadt aus In seinen Beschlüssen hat der Rat der Stadt dieses Ziel seit 2004 ausdrücklich hervorgehoben. Dazu bedarf es Möglichkeiten der Gestaltung und Begegnung für Alt und Jung. Eine aktiv gestaltete Freizeit fördert die Begegnung der Generationen. Hierzu dienen die Maßnahmen: Jugendzentrum beleben, Rahmenplan Spielplätze und Treffpunkte umsetzen, Sport- und Kulturförderung.

Das Nachnutzen von Gebäuden und nachhaltiges Bauen wird gefördert, neue Wohnformen und ergänzende Investitionen finden Eingang in die Konzepte, die Revitalisierung der Stadt und die Integration aller Bevölkerungsgruppen kann in kleinen Einheiten besser gelingen.

Umweltschutz der Stadt Verden In das Konzept der familien- und wohnfreundlichen Stadt gehört auch eine gesunde Umwelt, die intakte Natur und Landschaft.

Das AllerHaus vereint viele umweltpolitische Vorgaben des Stadtrates. Es ist ein energiesparsamer und umweltschonender Umbau eines Altbaus zu einem Haus mit Passivhausstandard. Damit kommt der Umbau den Empfehlungen des Rates von 2008 nach:

 Klimaschutz und nachhaltige Energieversorgung (RAT 2008)

 Maßnahmenplan für wirksamen Klimaschutz, sichere Energieversorgung und wettbewerbsfähige Stadtwerke abstimmen und umsetzen (bis 2020 – 30% CO-2-Ausstoss und -30% Energiebedarf; Maßnahmen Einsatz BHWK und Aufbau Nahwärmenetze, optimiertes Bauen, Energieeinsparung)

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 Klimawandel beachten in der Stadtentwicklung und ein gesundes Stadtklima fördern

Welche Strukturen können die Bürgerinnen und Bürger selbst schaffen, um unkonventionelle Wohnformen voranzutreiben?

Die jetzigen Alten haben die 68er-Jahre miterlebt. Sie realisieren, dass die bisherigen Instrumente für ein würdevolles Leben im Alter und für ein gemeinsames Miteinander nicht geeignet sind.

„Für die weiteren Planungen kann man davon ausgehen, dass sich die zukünftigen Seniorinnen und Senioren von denen der heute älteren Generation deutlich unterscheiden werden, da sie durch Bildungsexpansion, Emanzipation und Partizipation über andere Ansprüche und Potenziale verfügen. Erste Ergebnisse aus einer Pilotstudie der Großstadtregion München deuten darauf hin, dass sich zum Teil aufgrund dieser gesellschaftlichen Prozesse neue Lebensstile entwickelt haben, die für diese Altersgruppe bisher noch nicht bekannt waren. Für die verschiedenen Lebensstile finden sich in der Stadt und ihrem Umland unterschiedliche „Bühnen“, auf denen die Verwirklichung der jeweiligen Ansprüche an das Wohnen, das Wohnumfeld und die verschiedenen Infrastrukturangebote stattfinden kann. Die Palette der Lebensstile reicht von eher traditionellen Typen, die am Stadtrand oder in suburbanen Gemeinden im Eigenheim wohnen und dem Altern eher gelassen entgegen sehen, über Typen, die das moderne Bildungsbürgertum vertreten, bis hin zu zwei neuen, bisher in der Lebensstil-Forschung unbekannten Typen in dieser Altersgruppe. Diese Typen pflegen entweder einen alternativ-kreativen Lebensstil (Alt-68er) oder sind extrem körper- und fitnessbetont (Junggebliebene). Vertreter dieser beiden Lebensstiltypen finden sich vorwiegend in den innenstadtnahen Wohngebieten und zeichnen sich durch ein Verdrängen ihres Älterwerdens aus.“

(Aus: Steffen Maretzke (Hrsg.), Städte im demografischen Wandel, Wesentliche Strukturen und Trends des demografischen Wandels in den Städten Deutschlands. Dezembertagung des Arbeitskreises Städte und Regionen der Deutschen Gesellschaft für Demographie (DGD) in Kooperation mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vom 6. – 7. Dezember 2007 in Berlin)

Bis weit in die achtziger Lebensjahre sind die Menschen gesund und leben allein oder mit geringer Unterstützung, etwa durch Nachbarschaftshilfe. Sie sind fit und zufrieden, bringen sich in die Gemeinschaft ein. Ein geeignetes Umfeld ermöglicht Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

16 es, lange autark zu leben. Haben die Menschen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Umkreis bleiben sie erwiesenermaßen länger gesund (vgl. KGSt, Management des demografischen Wandels, Strategie und Organisation, Bericht Nr. 1/2009, S. 37).

Die Bürgerinnen und Bürger erhalten neue Verantwortungsrollen. Gefragt ist ihr Engagement. Auch die Akteure der Stadtgesellschaft wie zum Beispiel die Kreisbaugesellschaft sind zur Zusammenarbeit gefragt und aufgefordert sozial und generationsübergreifend zu denken.

„Die Grundidee von Corporate Citizenship [...] ist, dass sich gewinnorientierte Unternehmen als Akteure begreifen, die eine Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen. Dabei geht es darum, Interessen von Bürgergruppen und Einzelunternehmen zu identifizieren und gegebenenfalls Kooperationen zum wechselseitigen Nutzen (Win-Win-Situation) herzustellen.“ (KGSt, Nr. 1/2009, S. 37)

Die Bürger engagieren sich in ihrem Umfeld, wollen gestalten, suchen unterschiedliche Formen der Nähe. Dies stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl.

„Die Anerkennung und Wertschätzung von bürgerschaftlichem Engagement unterstützt die Entstehung sozialer Identität.“ (KGSt, Nr. 1/2009, S. 37)

Gemeinschaft schafft Gemeinsinn „Wohnungspolitik steht in enger Verbindung mit der kommunalen Sozialpolitik und ist Teil einer umfassenden Stadtentwicklung.“ (KGSt, Nr. 1/2009, S. 44)

Die AllerHaus-Gruppe ist in diesem Sinne ein auf das Quartier übergreifendes Erfolgsprojekt. Ausgehend vom Wohnprojekt werden vielfältige Formen des ehrenamtlichen Bürgerengagements angeregt und Gemeinsinn, Selbstorganisation und Mitarbeit gefördert. Die AllerHaus-Gemeinschaft strebt an, die Nachbarschaft zu beleben. Das kann durch Begegnungen realisiert werden, durch kleine gemeinsame Feste, durch Lesepatenschaften, durch das, was die Gruppe an Ressourcen bietet.

Das bürgerschaftliche Engagement zeigt sich durch das selbstverwaltete Projekt. Diese Erfahrungen der Selbstverwaltung werden sich auch auf andere Ebenen des städtischen Zusammenlebens auswirken. In Kooperation mit den gemeinnützigen Vereinen und Organisationen vor Ort wird das Engagement in Ortschaften und Stadtteilen gestärkt. Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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Es gibt neue Anfragen zu Projekten im ländlichen Gebiet und es gibt die entsprechenden Hausangebote dafür. Die Menschen sind auf der Suche und verfolgen mit Spannung den weiteren Prozess des Zusammenlebens im AllerHaus.

Bei Neubauquartieren und organisationsschwachen Stadtteilen gilt es, das Gemeinwesen zu fördern und lokales Engagement zu initiieren. Die Gemeinschaft stärkt die Einzelnen und fördert den Zusammenhalt. Dies hat zudem eine große Außenwirkung auf Besucher der Stadt, die Verden als lebenswert empfinden und in die Stadt ziehen möchten, um die besondere Lebens- und Wohnqualität in Verden und das Wohnen in der Innenstadt erleben. Familien und Alleinlebende finden eine vielschichtige Stadt mit einer Vielzahl von Möglichkeiten in den entsprechenden Lebenslagen vor.

„Der demografische Wandel zeigt seine Folgen dort, wo die Menschen leben, arbeiten, zur Schule gehen und wo sie ihre sozialen Verbindungen haben. Sozialräumliches Arbeiten als Erfolgsfaktor nimmt die sozialräumliche Orientierung kommunalen Handelns auf. Die jeweilige soziale Beschaffenheit von Räumen prägt die spezifischen sozialen Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien, von Alten oder Alleinstehenden, von Einheimischen wie Zugewanderten. Die Planung und Steuerung von Angeboten der Kommune und anderer Träger müssen sich auf dieses konkrete Lebensumfeld einlassen. Dabei sind die individuellen Ressourcen, die nachbarschaftliche Netze und die sozialen Einrichtungen produktiv zu nutzen.“ (KGSt, Nr. 1/2009, S. 89)

Gemeinschaftsbildung mit positiven Folgen „Das klassische Biografiemodell betrachtet die Berufsarbeit als zentralen Angelpunkt des menschlichen Lebens. Nach Erlangung der Rente wird das Alter nicht mehr als eigenständiges Lebensmodell gesehen, sondern eher als Negativabdruck vom Berufsmodell: die Menschen degenerieren psychisch, physisch und sozial. Vielleicht kümmern sie sich noch um die Enkel oder gönnen sich die eine oder andere Reise. Dem entspricht das moderne Bild der Individualisierung und Pluralisierung der Lebensstile nicht mehr. „Die Menschen fühlen sich auch im Rentenalter nicht alt.“ (vergl. 41/2009, 5.10.2009, bpb, Otten/Melsheimer, Lebensentwürfe „50plus“, S. 31)

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Die Menschen engagieren sich freiwillig. Sie wollen ihren Kindern im Alter nicht zur Last fallen und suchen entsprechend neue Wege, so lange wie möglich, ein autarkes Leben zu führen.

„Entsprechend gehören zur Wohnungspolitik auch Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnumfeldqualitäten, [...] sowie zur nachfragegerechten Versorgung bestimmter Zielgruppen (z.B. junge Familien oder ältere Menschen mit Bedarf an geeignetem barrierefreiem Wohnraum). (KGSt Nr. 1/2009, S. 44)

Je früher der Prozess der Gemeinschaftsbildung eingeleitet wird, umso einfacher ist das Hineinfinden in diese Form des Zusammenlebens. Die Öffentlichkeitsarbeit soll die Menschen informieren, sich frühzeitig mit anderen Wohnformen auseinanderzusetzen. Lebendige kleine Gebilde sind zu favorisieren, die Individualität zulassen und dennoch die Gemeinschaft im Blick haben.

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Was ist das Besondere am AllerHaus-Projekt?

Von der Stadt gefördert

barrierearm selbstverwaltet

Fast Passivhaus- standard Auf Mietbasis

Ökologische Mieten im ALG II Altbau- und Grundsiche- sanierung rungsbereich

Gefördert von der Stadt Verden Die Stadt Verden hat dem Verein AllerHaus das Grundstück Cluventalstr. 2-6 zu einem günstigen Erbaupachtzins überlassen mit der Auflage, dass dieser nur so lange Bestand hat, wie sich die Mieten im ALG II und Grundsicherungsbereich bewegen. Eine geringe Überschreitung der Miethöhe ist allerdings möglich, da die Mitpreise im freien Wohnungsbau sich schneller erhöhen, als Anpassungen der Versorgungsleistungen durch die Behörde erfolgen.

Der auf dem Grundstück befindliche Altbau wurde ohne weitere Kosten dem Verein überlassen, da er als nicht sanierbar eingestuft worden war.

Die Arbeitsleistung der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt, Rosemarie Guhl, kam dem Projekt ebenfalls zugute. Sie initiierte und moderierte die Interessengruppe, recherchierte, leistete Öffentlichkeitsarbeit und begleitete die Gruppe bis zum Einzug. Der Beitrag der Gleichstellungsbeauftragten zum Erfolg des AllerHaus-Projektes ist in der vorliegenden Dokumentation beschrieben.

Selbstverwaltet Sämtliche Belange der Wohngruppe und der Hausverwaltung werden von den Bewohnenden selbst geregelt. Dazu gehört unter anderem die Gartenpflege, die Pflege der Hausflächen, kleine Hausmeistertätigkeiten, die Gestaltung und Nutzung

Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

20 der gemeinschaftlichen Wohnung. Um die Angelegenheiten des gemeinsamen Wohnens zu regeln, finden in der Gemeinschaftswohnung turnusmäßige Versammlungen statt. Es wird in demokratischer, einvernehmlicher Abstimmung im Plenum der Vereinsmitglieder entschieden. Als Ansprechpartner für die „Aller Wohnen Genossenschaft“ fungiert der Verein AllerHaus.

Auf Mietbasis Und Mieten im ALG II und Grundsicherungsbereich

Beispielrechnung In Euro 50 qm 60 qm 70 qm 1 Pers. 1 Pers. 2 Pers. 2 Pers. 3 Pers. Kaltmiete, inkl, 330 396 396 462 462 Gemeinschaftswohnung Nebenkosten nach 25 27 42 44 59 Verbrauch geschätzt Indiv. Strom, 40 40 45 45 50 Warmwasser, geschätzt Vereinsbeitrag AllerHaus 5 5 5 5 5 Ev. Umlage für Betriebskosten der Gemeinschaftswohnung, 5 5 5 5 5 wenn der Verein sie nicht tragen kann Summe 405 473 498 567 597 Zinskosten für die Genossenschaftseinlage, 25 30 30 35 35 falls sie geliehen werden muss Summe 430 503 528 601 631

Dies ergibt eine Quadratmeter Kaltmiete von: 6,60 Euro

Ökologisch sanierter Altbau Es werden nur ökologisch einwandfreie Materialien zur Innenraumgestaltung genutzt. Biologische Farben, Holz- oder Linoleumböden. Die Verpflichtung zur Verwendung ökologischer Materialien besteht auch für die regelmäßigen Malerarbeiten in entsprechenden Intervallen, die im Mietvertrag ausgewiesen sind.

Energetisch fortschrittlich, dadurch geringe Heizkosten Geheizt wird mit nachwachsenden Rohstoffen: Holzpellets gelten als umweltschonend und komfortabel und sind eine Alternative zu Öl- und Gasheizungen. Moderne Pelletkessel funktionieren automatisch. Sie saugen den Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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Brennstoff aus einem Silo an. Holzpellets verbrennen nahezu klimaneutral. Das AllerHaus ist zudem mit einer Umluftanlage für Frischluft ausgestattet.

„Frische Luft im Haus“ - wie geht das? Fast 99 % aller Wohngebäude, [...] werden über die Fenster gelüftet. Dies ist ein einfaches Verfahren, das aber Nachteile hat: Mit der verbrauchten Luft geht auch die teure Heizwärme verloren. Fensterlüftung erfordert einen mehrfach täglich anfallenden Aufwand. Unverbraucht ist die Luft nur unmittelbar nach dem Lüftungsvorgang. Oftmals kann wegen Straßenlärm, Einbruchschutz etc. nicht gelüftet werden. Nachts ist die Lüftung immer nur schwerlich oder gar nicht möglich. Innen liegende Räume lassen sich nur schlecht über Fenster lüften. Je nach Wind oder Windstille wird ein Haus zu wenig oder zu viel oder falsch belüftet, Gerüche werden z. B. vom Wind durch die Wohnung gedrückt. Innenluftuntersuchungen zeigen, dass in Räumen mit Fensterlüftung viele Schadstoffe in der Raumluft verbleiben und der empfohlene Wert für den CO2- Gehalt häufig schon kurz nach dem Lüftungsvorgang wieder überschritten wird (maximaler Anteil 1 Promille CO2 in der Raumluft). Wünschenswert ist ein stetiger Frischluftzustrom von ca. 30 m³ pro Person und Stunde. Dann gibt es wahrnehmbar immer eine frische Luftqualität im Haus. Heute haben wir mit Lüftungsanlagen die technische Möglichkeit, eine dauerhaft gute Raumluftqualität sicherzustellen.“ (Vergl.: Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Kontrollierte Wohnungslüftung – Energiespar-Informationen)

Haus und Wohnungen sind barrierearm  Die Türen sind ein Meter breit, um mit einem Rollstuhl hindurchfahren zu können.  In den Bädern gibt es keine Duschwannen.

 Die Größe der Bäder ist ausreichend, um sie mit einem Rollator nutzen zu können.

 Alle Aufgänge im Haus haben einen Fahrstuhl.

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PROJEKTVERLAUF Initiativ-Vortrag von Karin Ammon

Rosemarie Guhl, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden, griff im Jahr 2008 den Vorschlag der Referentin Karin Ammon auf, das Thema „Frauenwohnprojekte“ in der Kommune zu etablieren. Am 15. Januar 2009 wurde der Einführungsvortrag im Rathaus Verden dazu gehalten. Das Thema: „Anders leben als geWOHNT“.

Pressetext für die Veranstaltung:

Überwiegend in den letzten 15 Jahren sind Frauenwohnprojekte entstanden. In ihnen werden in unterschiedlicher Ausprägung, verschiedene Lebensformen und Lebensphasen berücksichtigt sowie Eigenständigkeit und Gemeinschaft gefördert. Durch Vernetzung des Wohnens mit anderen Bereichen wie Arbeit, Kultur o.ä. wird einer lebendigen Vielfalt Ausdruck gegeben, die den Lebensrealitäten von Frauen entspricht. Frauenwohnprojekte bieten die Möglichkeit, das bisherige Rollenverständnis zu hinterfragen. An vielen Orten entstehen Initiativen. Da ein Projekt eine lange Vorlaufzeit hat, ist es nötig, zeitig mit den Planungen zu beginnen. Mit Frau Karin Ammon ist es gelungen eine erfahrene Frau in Sachen Frauenwohnprojekte nach Verden zu holen. Sie lebt selbst schon viele Jahre in einer Wohngemeinschaft. Sie wird einen Vortrag halten und steht anschließend für Fragen zur Verfügung. Finden sich genug Frauen, ist auch ein Wohnprojekt in Verden angedacht. Es zeigte sich, dass das Interesse in der Öffentlichkeit überaus groß war. So konnte im nächsten Pressetext stehen:

Anders leben als geWOHNT

Unter diesem Motto traf sich der Frauenstammtisch am 15.1. im Verdener Rathaus. Frau Karin Ammon aus Franken, viel gefragte Profifrau in Sachen neue Wohnprojekte, gab eine Einführung darüber, wie Menschen anders zusammen leben könnten. In Verden gab es schon einmal ein von engagierten Menschen weit voran getriebenes Wohnprojekt für das alte Pferdemuseum. Die Ideen und die Inspiration von damals sind noch da und sollen in neue Planungen einfließen.

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Pressebericht zum Beginenprojekt im alten Pferdemuseum19.02.2000 - VAZ

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Der Stein kommt ins Rollen – Beginn der Projektarbeit

Beim nächsten Treffen im Februar 2009 hatten sich 38 Menschen versammelt. Mit der Vorstellungsrunde wurden die Wünsche und Bedürfnisse an ein gemeinsames

Wohnen abgefragt: Bilder aus: Das neue Wörterbuch für Leichte Sprache, Juni 2008, Kassel, Mensch zuerst

Soziales Miteinander

Gemeinsam handeln

Ein Traum. Ob er bleibt oder

Einem Windhauch gleicht?

Nicht allein sein. Das Leben eigenständig führen können. Die Kinder nicht unter Druck setzen, den Eltern helfen zu müssen.

Es sollte wenige Abhängigkeiten geben, aber die Möglichkeit sich je nach den eigenen Kräften gegenseitig zu unterstützen.

Grundsätze und Regeln Traurig, da bin ich

Kann Dich umarmen. Nähe

Spendet Trost dem Menschen

Was geschieht, wenn die Einzelnen mehr als nur Zuwendung benötigen. Kann Pflege geleistet werden?

In unterschiedlichen Lebensphasen gibt es spezifische Ängste: allein sein, arm sein,

Angst vor Gewalt und die Angst, dem Leben nicht mehr gewachsen zu sein. In einem engen Rahmen kann hier eine Gruppe Trost spenden.

Ohne Regeln geht es nicht. Die Gruppe muss Grundsätzliches für ein einvernehmliches Zusammenleben festlegen, aber nicht zementieren.

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Wie soll das Objekt soll sein?

Wage ich es? Leer

Das alte Daheim. Suche

Nach neuer Fülle

Die Vorstellungen, welche Wohnform die geeignete ist, kristallisierten sich schnell heraus:  am liebsten in der Stadt,

 mit kurzen Wegen,

 in separater eigener Wohnung mit Gemeinschaftsräumen. Allen Beteiligten ist die Stadtnähe wichtig. Fahrten zur Arbeit finden durch die Bahnhofsnähe mit dem Zug statt. Von Verden aus können nach kurzer Fahrtzeit Bremen und Hannover erreicht werden. Einkaufen ist ohne ein Auto möglich. Kulturelle Veranstaltungen sind fußläufig zu erreichen.

Standpunkte

Blicke von außen.

Wird er wachsen, der Mensch

Was wird lebendig?

Es gab grundsätzliche Vorstellungen vom Zusammenleben. Mit der Natur und Ressourcen soll schonend umgegangen werden. Der Garten soll naturnah gestaltet werden. Tiere können darin und im Haus ein Zuhause finden. Für Kinder soll genug Platz vorhanden sein und alle sollen sich für die Gemeinschaft verantwortlich fühlen.

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Geld

Geld nimmt Lebenskraft

Verstellt den Blick zum Nächsten

Fordert Äußerlichkeit - Nacht

Das Geld spielt eine große Rolle, die wenigsten Interessenten haben größere Barmittel zur Verfügung. Fördermittel für Privatpersonen gibt es nicht. Kaum jemand wollte eine Wohnung kaufen. Mit Mieten im Sozialleistungsbereich benötigt die Gruppe einen solventen Investor. Um dennoch mitsprechen zu können, schälte sich die Form der Genossenschaft schnell heraus.

Fragebogen für Initiativgruppe

Was wird gebraucht? Auf die Ermittlung der Wünsche folgte in den folgenden Wochen eine Erhebung über Wohnungsgrößen, Mieten und sonstiger Wünsche. Dieser Überblick sollte die Objektsuche erleichtern.

FRAGEBOGEN Bitte helfen sie uns, Anfragen zu konkretisieren (unterstreichen Sie Zutreffendes) Ich möchte allein, zu zweit, in einer Wohngemeinschaft, in einer Hausgemeinschaft wohnen. Ich brauche 1 Zimmer, eigenes Bad, eigene Küche Ich brauche 2 Zimmer, eigenes Bad, eigene Küche Ich brauche 3 Zimmer, eigenes Bad, eigene Küche Wie viel Quadratmeter schätzen sie?? Ich brauche einen Stellplatz für das Auto, für ein Fahrrad Ich möchte nur mit „Alten“, generationsübergreifend wohnen. Ich hätte gern eine Aufgabe: Betreiben eines Cafés...... Ich kann ein Objekt kaufen, es darf bis ...... € kosten. Ich will ein Objekt mieten und kann Kaltmiete...... € zahlen, an Nebenkosten...... € Welche Gemeinschaftsräume sollten vorhanden sein: Ein Besuchsapartment Eine gemeinsame Küche Ein großer vielseitig zu verwendender Raum Ich habe noch folgende Ideen, Anliegen:

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Ergebnis der Befragung

Daraus ergab sich ein erster Überblick, was im Jahr 2009 gebraucht und nachgefragt wurde:

1. Benötigt werden kleine bis mittlere Wohngrößen.

2. Mobilität ist wichtig und so waren noch reichliche Autoparkplätze vorgesehen. Erste Ansätze die Autos stehen zu lassen, geben die Wünsche nach genügend Stellplätzen für die Fahrräder und dem Wunsch, ein stadtnahes Grundstück zu finden, damit fußläufig alle notwendigen Tätigkeiten erledigt werden können.

1 Zimmer, Küche, Bad 2 Quadratmeter 30-85 2 Zimmer, Küche, Bad 8 Stellplatz Auto 10 3 Zimmer, Küche, Bad 8 Stellplatz Fahrrad 11

3. Die Frage „Mit wem möchte ich auf welche Weise zusammenwohnen?“ ergab, dass ein altersgemischtes Wohnen favorisiert wurde. Unterschiedliche Altersstufen unter einem Dach, aber mit einem eigenen Bereich als Rückzugsort.

altersgleich 2 Wohngemeinschaft 5 Altersgemischt 10 Hausgemeinschaft 9

alleine 7

4. Einige Interesssenten wollten Eigentum erwerben. Sie hatten schon jetzt Eigentum, welches veräußert werden könnte und dann in eine Eigentumswohnung investiert werden sollte.

Kaufen 50-80000 0 80-100000 1 100-150000 2 Mieten kalt 300 7 400 4 500 2 600 0 700 0

5. Die Mietpreise werden in der Höhe gewünscht, wie sie auch im Arbeitslosengeld II oder Grundsicherungsbereich gezahlt werden.

Mieten warm 300 0 400 5 500 4 600 0 700 1

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6. Ein Raum für gemeinsame Aktivitäten und Balkone sind allen Beteiligten wichtig.

7. Für Besucher wünschen sich die Befragten ein Apartment.

Gemeinschaftsräume Aufenthaltsraum 15 Gemeinsame Küche 13 Garten 2 Besuchs-Appartement 13 Balkone 5

8. In den Gesprächen wurde deutlich, dass alle mehr miteinander zu tun haben wollten, als nur zusammen wohnen. Erste Vorschläge zur Nachbarschaftspflege:

Garten 2 Werkstatt 1 Café 5 Seminare geben 6

Zusammenfassung

Mit anderen zusammen in einem Haus wohnen und doch einen eigenen Bereich haben. Die Lebenserfahrung und die eigenen Fähigkeiten der Gemeinschaft zur Verfügung stellen und die Stadt durch das gemeinsame Engagement beleben. Einen Ort der Begegnung schaffen. Alt und Jung wollen unter einem Dach zusammen leben und Etwas unternehmen, sich gegenseitig stützen. Das sind die Ziele der Initiative die sich mit neuen Wohnformen in Verden befasst.

Besichtigung anderer Wohnprojekte und Austausch

Die Internetrecherche zeigte, dass es zahlreiche Wohnprojekte in der Umgebung gibt. Zum größten Teil Bauherrenprojekte und einige wenige Mietprojekte. Termine wurden vereinbart und im Vorfeld wurde ein Fragebogen ausgearbeitet, der gewährleisten sollte, dass die Ergebnisse vergleichbar waren.

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Fragebogen für die Besuchstour anderer Wohnprojekte in der Umgebung

1. Wer 2. Was 3. Wo 4. wie lange besteht das Projekt 5. Größenordnung 6. Welche Wohnform 7. hatten sie Einfluss auf die Planung 8. können sie bei Vermietung mitbestimmen 9. Welche Rechtsform: Verein, GBR, Genossenschaft 10. Wie hat sich Gruppe gefunden 11. Was tut die Gruppe jetzt 12. Wie werden die Gemeinschaftsflächen finanziert, wie viel werden sie genutzt 13. Wer hat mitgeholfen, Förderer 14. Finanzierung des Objektes, Miete kalt, warm, andere Nebenkosten, wie können Menschen mit wenig Geld am Projekt teilnehmen 15. Probleme a) Formale b) Persönliche (Ängste) 16. wie werden junge Menschen gefunden 17. welche Reglungen bestehen bei Pflegebedürftigkeit 18. gibt es Tiere, wie gestaltet sich der Umgang damit 19. wo werden Besucher untergebracht 20. wie gestaltet sich die Öffentlichkeitsarbeit 21. gibt es gemeinsame Projekte 22. Regeln 23. Leitbild 24. Verschiedenes

Alle Gruppen empfingen die Besucherinnen herzlichst und waren sehr offen bei der Beantwortung der Fragen. Der Fragenkatalog war sehr hilfreich, um nichts zu vergessen und den Gesprächen Struktur zu geben und Vergleiche möglich zu machen. Insgesamt wurden von unterschiedlichen Frauen der Interessierten-Gruppe sieben verschiedene Wohnmodelle besucht:  Haus im Viertel, Bremen  Beginenhof, Bremen  Gilde Karree, Hannover  Alte Zigarrenfabrik, Bremen  Haus im Fleet, Bremen  Lebensgarten, Steyerberg

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 Ökösiedlung Neumühlen, Verden Wie wird die Nachbarschaft gelebt? Was geben die Gruppen ins Quartier, was kommt wieder zurück? Besonders spannend war, zu erfahren, ob das, was im Internet zu den jeweiligen Gruppen nachzulesen war, auch realisiert wurde. Neben den Finanzen waren die Fragen zur Gruppenbildung am dringendsten. Die Themen Pflege bei Krankheit, Nähe und Distanz sind in allen Gruppen ein andauernder Prozess und wandeln sich mit wechselnden Bewohnerinnen.

Verwaltungsausschuss und Stadtrat über das Projekt informieren

Es wurde perspektivisch für das Wohnprojekt ein preiswertes Grundstück benötigt. Dazu sprach Rosemarie Guhl die politisch Gewählten und Gremien an:

Information für den Verwaltungsausschuss der Stadt Verden März 2010

Aller Haus

Unter dem Stichwort „Aller Haus“ treffen sich seit Januar 2009 regelmäßig 8 bis 10 Personen.

Die meisten leben alleine. Sind Kinder vorhanden leben sie nicht vor Ort oder haben ihre eigenen Familien. Alle engagieren für die Gemeinschaft. Der Gedanke im höheren Alter in eine Altenheim der klassischen Art zu gelangen schreckt viele ab und lässt über Alternativen nachdenken.

In der ganzen Republik wird unter finanziellen, sozialen und gesundheitlichen Aspekten über andere Wohnformen nachgedacht. Um die Möglichkeiten auszuloten hat die Gruppe sechs unterschiedliche Einrichtungen besucht und erste Erfahrung zusammengetragen. Danach wurde die Suche nach einem Grundstück und einem Investor begonnen.

Zeichnete sich erst die Kreisbaugesellschaft als Partner ab, so musste die Gruppe wegen der zu großen Wohneinheiten und keinerlei Variationsmöglichkeiten von dem Projekt Zollstr./Hohe Leuchte Abstand nehmen. Das Projekt soll Menschen mit

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Arbeitslosengeld II, Menschen mit Grundsicherungsanspruch und Behinderten Zugang bieten. Hier sind bestimmte Wohn- und Mietgrößen vorgeschrieben.

Zurzeit zeichnet sich als Standort die Cluventhalstr. ab und als Investor die „Aller Wohnen Genossenschaft“. Von der Stadt wünscht sich die Gruppe:

 Das Grundstück Cluventhalstr. in Erbbaupacht bei 3 % Zinsen auf dreißig Jahre  Eine Möglichkeit das Grundstück von der Musikschule aus zu erreichen  Einen Zuschuss zu den Gemeinschaftsräumen Zurück erhält die Stadt:

 Menschen, die die Umgebung mit ihrem ehrenamtlichen und nachbarschaftlichen Anregungen und Initiativen lebendig erhalten  Einen Imagegewinn, da die Stadt für ihre Bürgerinnen und Bürger neue Lebensumfelder erschließt  Die Auflösung von sozialen Brennpunkten durch ehrenamtliche Arbeit oder Eigenarbeit  die Entstehung sozialer Identität, durch die Anerkennung und Wertschätzung von bürgerschaftlichen Engagement

Zukünftige Wohnungsstruktur Cluventalstraße:

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Resonanz der städtischen Gremien zum Wohnprojekt AllerHaus

Die vorgenannten Informationen stießen auf Interesse und deren Beratung wurde in Aussicht gestellt. Die Gleichstellungsbeauftrage stand für Nachfragen zu Verfügung und trug die notwendigen formalen Voraussetzungen für die zielgerichtete Fortsetzung des Projekts zusammen. Sie fungierte als Schnittstelle zwischen den Gremien der Stadt und den entstehenden Vertretungsgremien des Wohnprojekts AllerHaus.

Gruppenbildung im Verlauf der Projektentstehung AllerHaus

Das Interesse an anderen Wohnformen ist groß, wenn auch für Viele unklar ist, wie dies im Detail aussehen soll. Es finden sich zahlreiche Menschen zu den Informationstreffen ein. Die Entscheidung, sich letztlich aktiv in ein Projekt einzubringen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

Ältere, Familien und Singles Sich auf ein Wohnprojekt einzulassen ist eine weitreichende Entscheidung. Meist wird das gewohnte Lebensumfeld aufgeben. Das geliebte Haus wird verkauft. Es ist völlig unklar, ob die Einzelnen mit den Mitwohnenden harmonieren, trotz vielleicht jahrelanger Vorbereitungstreffen.

Alle benötigen den Mut zur Risikobereitschaft, Kreativität und Durchhaltevermögen, außerdem Toleranz, Geduld und Bereitschaft zur Auseinandersetzung.

Miteinander zu leben, fordert ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen. Das Ideal, gerade bei älteren Mitbewohnerinnen, es soll Alles perfekt werden und alle Lebenswünsche sollen hier nun Platz finden, kann nicht erreicht werden. Es verlangt viel Kompromissbereitschaft des Einzelnen, wenn ein Projekt seinen Weg gehen soll.

Die unterschiedlichen Begabungen und Talente der Menschen bestimmen, welche Aufgaben sie in einer Gemeinschaft übernehmen: den Garten gestalten, kleine Handwerkstätigkeiten oder die Buchhaltung übernehmen, bei der Vereinsgründung- und Vereinsentwicklung helfen.

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Mit der Gruppenzusammensetzung ändern sich die Themenschwerpunkte Die Mitwohnenden der ersten einzugsbereiten Gruppe im AllerHaus waren in einem Alter von Mitte 50 bis 70 Jahren. In dieser Gruppe waren die besonderen Themen: Kontakte zu den Nachbarn aufzubauen, sich engagieren und sich unterstützen, Vertrauen in sich und die Gruppe, Harmonie, bis hin zu den Themen Krankheit und Tod. In dieser Gruppe wurde weiträumig gedacht, das Außen gleich mit einbezogen. Kontakt zum Umfeld aufgenommen, etwa zum nahegelegenen Altersheim.

Die aktuelle Einzugs-Gruppe hat eine Altersspanne von 7 bis 72 Jahren. Entsprechend verlagern sich die Themen auf gemeinsames Tun im Haus, sich unterstützen, dann in die Nachbarschaft gehen. Bei dieser Konstellation geht es vom Individuellen zum Gemeinschaftlichen, von innen nach außen.

Enge und Nähe im Miteinanderwohnen Wohngruppen sollten gemeinsam vereinbarte erste Regeln haben, aber ansonsten keine Gesinnungsrichtung. Verbindliche Termine sind wichtig, aber es müssen auch Möglichkeiten der Distanz gegeben sein.

Soll das Projekt in der Wohnphase soziale Funktionen erfüllen, wie gegenseitig Hilfen oder Angebote für die Nachbarschaft zu gewährleisten, müssen schon in der Gruppenfindung belastbare persönliche Bindungen entstehen. Das gelingt am besten, wenn sich die Mitwohnenden nicht zu nahe stehen und sie die Bedingungen mit ihnen noch fremden Personen neu aushandeln müssen.

Die Erwartung an ein Zusammenwohnen mit engen Freunden ist sehr viel weniger belastbar ist, als ein Zusammenwohnen mit neu erwählten Nachbarn. Was sonst als liebe Eigenart der Freundin hingenommen wird, kann sich beim Zusammenzug als großes Konfliktpotential herausstellen. Die innere Distanz zum Anderen soll erhalten bleiben nach dem Motto: Nähe suchen und Distanz schaffen. Jedoch gehört auch zur neuen Wohnform alte Freundschaften zu pflegen,.

Hilfe in Not In allen Initiativen ist klar, dass eine direkte medizinische Hilfe nicht geleistet werden kann. Möglich sind lediglich Hilfestellungen bei leichten kurzfristigen Erkrankungen.

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Jede kann seinen Schlüssel an eine Person des eigenen Vertrauens weitergeben, die etwa bei einem Krankenhausaufenthalt die Blumen gießt, den Postkasten leert oder die Wäsche tauscht.

Die Gruppe sollte so offen sein, dass es Allen möglich ist um Hilfe zu bitten.

In vielen Fällen ist es nur wichtig zu wissen, dass die Möglichkeit besteht, jemanden zu fragen und um Hilfe bitten zu dürfen.

Regeln für die Gruppe und Verbindlichkeit Gespräche sind wichtig. Deshalb ist ein regelmäßiger Austausch unerlässlich. Die Informationen sollten allen zugänglich sein, die Informationswege müssen aber auch von allen genutzt werden.

Demokratische Entscheidungsstrukturen und Planungsbeteiligung sind charakteristisch für Gemeinschaftliche Wohnprojekte. Die Gruppe gibt sich die entsprechenden Regeln.

Laut Satzung müssen die Entscheidungen einvernehmlich getroffen werden, oder bei Nichteinigung muss eine Moderation bestellt werden. Im AllerHaus-Projekt hat sich die Gruppe zu mehreren Terminen eine Moderatorin geholt, um das Zusammenleben und Regeln für die Gemeinschaft zu gestalten, um ein Leitbild aufzustellen und um die Erwartungen an neu hinzukommende Mitwohnende zu klären.

Neben dem geforderten Engagement der Einzelnen kommen mit einer notwendigen Moderation die ersten Kosten auf die Gruppe zu. Auch damit erhält die Gruppenentwicklung eine neue verbindliche Qualität.

Persönliches Kennenlernen Zusätzlich zu den Treffen zur inhaltlichen Absprache muss es Treffen zum persönlichen Kennenlernen geben. Dies können Spaziergänge, Spielnachmittage oder gemeinsame Arbeitseinsätze sein. Hier zeigt sich, wie die Einzelnen mit den anderen umgehen, wo sie sich einbringen und wo sie nicht mithalten wollen.

Diese Begegnungen waren intensiv und teilweise anekdotisch. Bei den Waldspaziergängen beispielsweise entstand das Bedürfnis, bei einer zukünftigen Gelegenheit im Anschluss gern Kaffee zu trinken. Da sich leider keine Örtlichkeit

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36 ergab, wurden der Kuchen und die Getränke mitgebracht und in der „Waldschule“ verzehrt. Einige Eichhörnchen nahmen an der Aktivität regen Anteil.

Eine gute Kennenlernmöglichkeit waren die Termine zur Öffentlichkeitsarbeit. Was soll gestaltet werden, wie soll es werden? Wer übernimmt die Führung? Bringen sich alle ein? Wo haben die Einzelnen ihre empfindsamen Momente?

Gruppenbildung im Vordergrund Nachteilig hatte sich beim Beginn des AllerHauses ausgewirkt, sich sofort auf die einzelnen Wohnungen und deren bauliche Gestaltung zu stürzen. So wurde viel individuelle Arbeit geleistet, die der Gruppenenergie verloren ging. Die Architekten investierten viel Zeit für Menschen, die letztlich gar nicht eingezogen sind. Im Vordergrund sollte deshalb am Anfang die Gruppe stehen.

Viele architektonische Dinge lassen sich gar nicht ändern, im AllerHaus zum Beispiel die Vorgabe der Wohnungsgröße im Erdgeschoss, die durch den Altbau vorgeben war. Es ließen sich zwar 2 Wohnungen zusammenlegen, die neue Wohnung wurde dann aber für Familien zu groß und zu teuer.

Den Neuzuwachs für das Projekt regeln Auch in schriftlicher Form sollten alle Dinge benannt werden, die neue Bewerberinnen tun müssen um sich dem Projekt anzuschließen. Das betrifft die Formalien, wie etwa Vereinsbeitritt, als auch, wer entscheidet, wer mit einziehen darf.

Für das AllerHaus wurde entschieden, dass Interessierte mindestens an drei Vereinssitzungen bzw. Aktivitäten teilnehmen müssen, z.B an einem Termin mit Interaktionsspielen. Danach entschied die Gruppe, ob sie sich ein Zusammenleben vorstellen kann. Viel hängt gerade in der Anfangsphase von der sozialen Kompetenz der Einzelnen ab. Wie bringe ich mich ein, was erwarte ich von den anderen. Wie verstehen mich die anderen?

Berufliches Engagement Arbeitende Menschen bringen sich anders in das Projekt ein als Menschen in der Nachberufsphase. Das betrifft die Zeit, die Informationen und das Engagement. Im AllerHaus gibt es beides. Da müssen einfache Dinge geklärt werden, wie: Landen alle Päckchen, wenn die anderen arbeiten, bei Frau X? Ist sie es, die für das Ablesen

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37 von Strom, Gas, Wasser, oder dem Schornsteinfeger und etwaigen Handwerkern die Türen öffnen muss?

Expertinnen und Expertinnen in der Gruppe Frauen und Männer haben unterschiedliche Fähigkeiten. Dieses Fachwissen sollte frühzeitig in die Gruppe Eingang finden. Besonders gesucht sind Fachwissende zum Thema Geld, aber auch zum Bauvorhaben selbst. Die Expertinnen können die Gruppe beraten, Vorlagen erstellen, Informationen einholen und einordnen.

Ansonsten sollten alle ihr eigenes ExpertInnenwissen in die Gruppe hineingeben, sei es zur Gartengestaltung, zu den Gruppenabenden oder ähnliches. Jede, jeder ist in der Gruppe wichtig. Für alle findet sich eine Aufgabe für die Gemeinschaft.

Fluktuationen Auch für andere Initiativen ist auffallend, dass es oft nicht diejenigen sind, die die Idee zum Projekt hatten, die dann auch als Erste einziehen. Im Laufe der Zusammenarbeit zeigt sich, ob die persönlichen Erwartungen mit den Zielen der Gruppe zusammenpassen

Beim Projekt AllerHaus führten folgende Nöte zu erheblicher Fluktuation:

 die unterschiedlichen Erwartungen an den Gruppenprozess,

 die Sorge, ob das Geld reicht, die Miete auf Dauer zu bezahlen

 die Kommunikationsstruktur zwischen den Gruppenmitgliedern, der „Aller Wohnen Genossenschaft“ und den Architekten

 schwere Erkrankungen, die einer schnelleren Änderung des Wohnungsproblems bedurften

 Schwierigkeiten, sein Eigenheim zu verkaufen oder die Wohngegend zu verlassen

 Vertragliche Unsicherheiten, Genossenschaftsanteil, Mietverträge, Vorstandsarbeit im Verein und Haftungsfragen

 Räumliche Ausstattung, es sind keine Balkone vorhanden Fluktuationen werden als anstrengend erlebt. Sie verunsichern die Verbliebenen und es erfordert hohen Einsatz, um neue Mitwohnende zu motivieren.

Viele Menschen fühlen sich für ein Wohnprojekt zu jung. Dabei sind sie oft schon über die sechzig Jahre alt, leben allein und suchen für das Alter eine Möglichkeit

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38 nicht alleine zu leben und nicht von den Kindern abhängig zu sein. Es zeigt jedoch die Erfahrung, dass ein hohes Alter es schwieriger macht, sich mit einer neuen Wohnform auseinander zu setzen. Zum anderen gilt es, die eigenen Erwartungen zu begrenzen, weil es möglicherweise die letzte Wohnstätte ist, die in diesem Fall optimal sein soll. Die Größe, das Umfeld, die finanziellen Mittel - alles soll stimmig sein.

Klare Strukturen Je klarer die Strukturen und Formalien sind, umso einfacher ist es, Vereinbarungen zu treffen. Aber da liegen auch die Schwierigkeiten, denn die Strukturen und formalen Absprachen müssen von dieser Gruppe getroffen werden.

Dazu gehören:

 Vereinsgründung

 Zusammenarbeit mit der Genossenschaft

 Zusammenarbeit mit Architekten

 Erstellung der Mietverträge, Genossenschaftsverträge

 Erstellen einer Hausordnung

 Wer vertritt wen und wann Trotz der Vergleiche mit den anderen im Vorfeld besuchten Gruppen war es nicht einfach, die einzelnen Formalien auszuhandeln. Zu viele Informationen wie bei der Vereinsgründung verunsicherten ebenso, wie portionsweise Überblicke, etwa bei den Mietpreisen.

Wirkung auf die Nachbarschaft Der Kontakt zur Nachbarschaft ist beim AllerHaus sehr gut. Das Haus wurde zuletzt als Obdachlosenunterkunft genutzt. Es wird Anteil an den Umbauten genommen und das Haus wird bei den offiziellen Besuchsterminen von außen und innen besichtigt. Auf den Informationsveranstaltungen des Vereines erscheinen regelmäßig die Nachbarinnen und fragen nach Fortschritten und wollen die Menschen die dort zukünftig wohnen kennen lernen.

Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit In der Stadt Verden wurde die Gruppenbildung von der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt gefördert durch. Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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 Öffentlichkeitsarbeit und Ideenentwicklung  Recherchen  Terminkoordination  Raum für die Treffen/Vorträge bereit halten

Da Bürgerinnen an sie herangetreten waren, konnte Rosemarie Guhl die Gruppenbildung durchgehend unterstützen und selbst bei hoher Gruppenmitglieder- Fluktuation den roten Faden des Projekts weiterweben und für Kontinuität sorgen.

Ohne diese kontinuierliche Anlaufstelle im Rathaus hätte die Gruppe die Erneuerungsphasen mit neuen Gruppenmitgliedern kaum überstanden. Nachdem eine Kerngruppe gefunden worden war, wurde die weitere Konzeption in Angriff genommen. Während der gesamten Formungsphase wechselten die Interessentinnen am Projekt häufig und so veränderten sich die Wünsche und Anforderungen an die gemeinsame Arbeit.

Regelmäßige Gruppentreffen sind unabdingbar, sowohl für Interessentinnen als auch für die bereits Integrierten. Für das AllerHaus-Projekt hieß das: jeden 1. Mittwoch ist für die bereits gefestigt Entschiedenen sowie ein Treffen mit anschließender Vereinssitzung für die Interessierten an jedem 3. Donnerstag. Solange das Haus noch nicht bezogen war, fanden die Treffen in einem Gastronomiebetrieb statt.

Kontinuierlich wurde die örtliche Presse informiert (im Anhang sind zahlreiche größere Berichte und Presseartikel zusammengestellt). Jeder Termin wurde und wird von den Pressemedien aufgenommen. Stetig erreichen die Gruppe Anfragen von Zeitungen und von den Regionalradio - und Fernsehsendern und natürlich von anderen Gruppen, die die Erfahrungen der AllerHausgruppe nutzen möchten. Öffentliche Veranstaltungen boten die Möglichkeit, das Projekt zu präsentieren. Die Gruppe muss dazu Werbemittel erstellen, Verteiler erarbeiten.

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Materialien zur Öffentlichkeitsarbeit des AllerHaus-Projekts

Öffentlichkeitsarbeit - Name und Logo Es musste ein Name gefunden werden. Es wurden die Namen anderer Gruppen verglichen und dann der Name AllerHaus gefunden.

AllerHaus beinhaltet ein Wortspiel, zum einen steht das Haus in der Stadt Verden „an der Aller“, und zum andere ist das Haus „für alle“ offen.

Dies machte dann auch der Schriftzug deutlich:

AllerHaus

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Im Laufe des Projektes und wechselnder Mitwohnenden wurde daraus schlicht: AllerHaus

Um sich besser kennen zu lernen, aber auch um ein Werbemittel für das Projekt zu haben, bastelte die Gruppe aus selbsthärtendem Ton, AllerHäuser.

Ein Haus wurde zum Symbol für das Projekt und findet sich auf Flyern, Handzetteln und in Veröffentlichungen wieder.

Die mit Liebe gestalteten Häuser fanden viel Anklang beim Tag der offenen Behörden und beim einjährigen Bestehen des Seniorenservicebüros. Sie wurden gut aufgehoben und waren Anknüpfungsgegenstand um ein Gespräch über das Wohnen zu beginnen.

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Flyer

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Lied AllerHaus

Zum einjährigen Bestehen des Seniorenservicebüros im Landkreis Verden stellte sich die Gruppe unter anderem mit einem Lied vor (Melodie: Knockin' on Heaven's Door) - Text: Dieter Mensen)

Ich will später nicht ins Heim und ich wohn nicht gern allein Einsamkeit ist mir ein Graus Drum zieh ich ins AllerHaus.

Zwischen Bahnhof und der Stadt ob zu Fuß, ob mit dem Rad bist Du hier ganz gut dabei noch dazu barrierefrei.

AllerWohnen schafft den Raum setzt ihn um, den kühnen Traum von dem Haus, das Nähe schafft vom Projekt aus eig'ner Kraft.

Ist der Weg auch noch recht lang um die Zeit ist uns nicht bang denn die Arbeit am Projekt weckt die Kraft, die in uns steckt.

Ich will später nicht ins Heim und ich wohn nicht gern allein Einsamkeit ist mir ein Graus

Drum zieh ich ins AllerHaus.

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Kalender Vernetzungsstelle Hannover 2011

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Postkarte 2012

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Plakat 2012

AllerHaus Cluventalstraße. 2 -6 Einzug Mitte 2012!!!!

Das AllerHaus ist ein Selbstverwaltetes Wohnprojekt in einem ökologisch sanierter Altbau.

Alle Wohnungen sind rollstuhlgerecht ausgebaut.

Die Mieten sind bei wenig Einkommen bezahlbar. Es ist altersübergreifend konzipiert.

Die Mit wohnenden wollen sich auf die Anderen einlassen und Verständnis und Toleranz für Menschen in anderen Lebenslagen und unterschiedlichen Lebenssituationen haben. Die ganze Bandbreite zwischen Lachen und Trauer darf hier gelebt werden.

Für das Miteinander steht eine Gemeinschaftswohnung zur Verfügung und es gibt einen großen Garten. Elf Wohnungen in unterschiedlichen Größen sind vorhanden.

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47 generationsübergreifendesselbstverwaltet esgenossenschaftlichesbarrierearmeswoh nprojektimökologischsaniertenaltbauzubez ahlbarenmieten

Postkarte Ende 2012-2013

AllerHaus

Leben in lebendiger, kooperativer Nachbarschaft. Gleichberechtigtes, generationsübergreifendes Miteinander in gegenseitiger Achtung

Infos: Tel: Kloos 042319858636 – Strzelecki 042319823758 Email:[email protected]

Ein Projekt der Gleichstellungsbeauftragten Stadt Verden, Rosemarie Guhl

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Fakten AllerHaus Verden ( Stand April 2013)

Cluventalstraße 2-6, Verden an der Aller

Präambel Die zu vermietende Wohnung befindet sich im „AllerHaus“, einem selbstverwalteten Wohnprojekt, in der Cluventalstr. 2-6, in Verden an der Aller. Das Allerhausgebäude ist ein Altbau, der ökologisch saniert wird. Er besteht aus einem Dreierkomplex, wobei jedes Haus vier Wohnungen enthält. In dem Haus Nr. 6 wird eine Gemeinschaftswohnung sein.

Gemäß den Grundsätzen der AllerWohnen e.G. und den Zielsetzungen des Hausvereins soll an diesem Ort ökologisch nachhaltiges Wohnen und Leben zu bezahlbaren Mieten ermöglicht werden. Die MieterInnen streben eine lebendige und kooperative Nachbarschaft und ein gleichberechtigtes generationenübergreifendes Miteinander in gegenseitiger Achtung an, siehe auch Beiblatt „Leitbild“.

Einzug am 01. November 2012 Am 1.11.2012 sind fünf Wohnungen bezogen worden. Zwei weitere Wohnungen sind schon vergeben, aber noch nicht bezugsfertig. Die Gemeinschaftswohnung ist ebenfalls noch nicht bezugsfertig. Drei Wohnungen sind somit noch frei; Infos siehe Beiblatt.

Verein AllerHaus e.V. Jede Mieteinheit muss Mitglied im AllerHausverein e.V. werden. Der Vereinsbeitrag, pro Erwachsenen beträgt monatlich 5 €, bzw. 60€ im Jahr.

Für Nicht-MieterInnen (Fördermitglieder), die dem Verein beitreten möchten, beträgt der Beitrag 2,50 € pro Monat.

Der Verein AllerHaus e.V. hat u.a. Mitsprache bei der Neuvermietung von den AllerHaus- Wohnungen. Es besteht die Regel, dass alle Wohninteressierten mindestens drei Mal bei den öffentlichen oder auch nicht-öffentlichen Treffen dabei sind, erst danach entscheidet die bestehende Hausgemeinschaft, ob ein neues Wohnmitglied aufgenommen wird.

Genossenschaftliches Projekt ( „Aller Wohnen Genossenschaft“): Der Verein AllerHaus e.V. kümmert sich darum, dass insgesamt 140.000€ an Genossenschaftseinlagen erbracht werden, siehe auch „Vereinbarung zwischen Verein AllerHaus e.V. und der Genossenschaft Aller Wohnen e.G. vom Oktober 2010“. Dies ist über Eigeneinlagen, als auch über Fremdeinlagen möglich.

Jede MieterIn sollte eine genossenschaftliche Eigeneinlage von 200€ pro m² zahlen oder von dem Verein überprüfen lassen, ob genügend Fremdeinlagen vorhanden sind.

Die Zinskosten für die Genossenschaftseinlage, falls diese geliehen werden muss und nicht mit eigenem Geld eingezahlt wird, beträgt monatlich 3% geteilt durch 12, der benötigten Summe.

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Alle MitWohnenden müssen eine genossenschaftlichen Mindesteinlage von 1023 €, im Sinne einer Kaution einzahlen, wobei dieser Betrag bei der Zahlung der vollen Genossenschaftseinlage inbegriffen ist.

Miete Die Kaltmiete beträgt zum Einzug 6,60€ pro m².

Die Kaltmiete steigt nach jeweils 12 Monaten um 1,5%, dies garantiert eine regelmäßige Belastung und keine Überraschung irgendwann mit 10, 20 oder 30% Mieterhöhung.

Nebenkosten / Betriebskosten - Heizung (Pelletheizung), nach dem ökologisch sanierten Hausumbau fallen sehr geringe Heizkosten an. - Wasser und Müll , nach Verbrauch geschätzt: 25-30€ pro Monat - Strom und Warmwasser werden gesondert nachgewiesen und abgerechnet. - Grundsteuer und Versicherungen für das Gebäude, sind in der Kaltmiete inbegriffen. - Die Nebenkosten werden von der Hausgruppe errechnet und verrechnet, dies ist ein Bestandteil des Selbstverwalteten Wohnens! - - Vereinsbeitrag ( siehe oben ) - - Zinskosten (siehe oben)

Weitere Informationen  Alle Wohnungen sind barrierearm, d.h. die Türöffnungen sind je 1m breit und die Duschen sind ebenerdig.  In jedem Haus wird ein Fahrstuhl konzipiert. Die Fahrstühle werden nicht bis in die Kellerräume gelangen. Durch die Garteneingänge gelangt man rollstuhlgerecht zu den Fahrstühlen.  Ein großer Garten wird gemeinschaftlich gehegt und gepflegt.  Alle Menschen sind angesprochen von 0-110 Jahren 

Weiteres siehe unter http://www.allerwohnen.de

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Plakat um die letzten Wohnungen zu besetzen August 2013 Das AllerHaus in Verden

Anders Wohnen als gewohnt. Lust auf ein gemeinsames, anderes Wohnen in Verden?

Selbstbestimmtes, solidarisch und demokratisch geregeltes Zusammenleben von Menschen verschiedener Generationen.

Im AllerHaus- Wohnprojekt in Verden sind noch

zwei schöne Wohnungen frei!

Eine 1 Zi.- Whg. (61 m²] und eine 2- Zi. Wohnung (57 m²), die Kaltmiete beträgt 6,60€ pro m².

Wir „AllerHäusler“ suchen Menschen die Lust haben, mit uns 12 Personen - von 7-73 Jahren - gemeinsam zu wohnen und zu leben.

Die kleine Putzkolonne Ein sonniges Wohnzimmer

Infos über: www.allerwohnen.de www.allerhaus.de.tl Tel: 04231 – 98 58 636 oder Tel: 04231 – 98 23 758 Broschüre Aller Wohnen Juli 2013

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Mittelbeschaffung über Dritte

1. Beteiligung der Gruppe am Wettbewerb „Wohnen für (Mehr-)Generationen – Gemeinschaft stärken, Quartier beleben

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat den Wettbewerb „Wohnen für (Mehr-)Generationen – Gemeinschaft stärken, Quartier beleben“ Projekte zur Bildung von Wohneigentum zum Zwecke des gemeinschaftlichen Wohnens ausgeschrieben - Leider wurde das Projekt nicht berücksichtigt.

2. Antrag auf Zuwendung aus Mitteln der Lätarespende der Stadt Verden.

Auch dem wurde leider nicht stattgegeben.

3. Suche nach Sponsoren, die bei der Genossenschaft Aller Wohnen Geld anlegen wollen

Jedermann und jedefrau ist es möglich Geld für das AllerHAus Projekt anzulegen und dafür eine jährliche Verzinsung zu erhalten. Diesen Zinssatz setzt die Jahreshauptversammlung der Genossenschaft fest. Zurzeit sind es 3% Verzinsung per Anno. Etwa die Hälfte des aufzubringenden Eigenanteils der Gruppe resultiert aus diesen Anlagen und kann denen zur Verfügung gestellt werden, die wenig Kapital haben.

Objektsuche – Wo sollte das Wohnprojekt einen Platz finden?

Kreisbaugesellschaft Zollstraße, Hohe Leuchte

Die erste Idee war, sich einem neu zu bauenden Wohnkomplex anzuschließen und mehrere Wohnungen für das Projekt zu nutzen. Es handelte sich um eine Zusammenarbeit mit der Kreisbaugesellschaft Zollstraße, Hohe Leuchte (das Projekt wurde Ende 2011 fertig gestellt.). Schon bei den ersten Zusammentreffen zu Beginn des AllerHaus-Projektes 2010 machte eine Frau deutlich, dass sie die Kreisbaugesellschaft in Verden angesprochen hatte, ob diese nicht ein Wohnprojekt gestalten möchte. Als alleinige Frau war es für sie schwer, Gehör zu finden. Also schlossen sich die ersten Frauen zusammen und nahmen Kontakt auf. Ende März

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2009 fand ein Gespräch mit der Kreisbaugesellschaft statt. Das Ergebnis stimmte sehr optimistisch. Die Gruppe schaute sich den Bauplatz an und nahm Kontakt zum nahe gelegenen Seniorenheim auf, die ebenfalls an einer Kooperation interessiert waren. Erste Ideen wurden entwickelt, wie die nahe gelegene Schule vom Projekt profitieren könnte.

Leider kam es nicht zur Realisierung, da sogar die kleinste Wohnung noch zu groß und zu teuer war, um sie als Arbeitslosengeld-II-Empfängerin oder Grundsicherungs- Empfängerin bezahlen zu können.

Niedersachsenring

Das nächste Objekt lag in einem sozial schwierigen Schwerpunktgebiet. Ende Oktober 2009 wurde der Gruppe der Vorschlag gemacht, im Niedersachenring ein Wohnprojekt zu gestalten. Ein Aufgang eines Wohnblocks sollte für die Wohngruppe reserviert werden. Es fand eine Besichtigung statt. Die Gruppe konnte sich nicht entschließen, dort zu wohnen. Es entstand der Eindruck, als sollte die Wohngruppe durch ihre Aktivität die Gegend aufwerten und sich für den Vermieter rentieren.

Große Str., am Anita-Augspurg-Platz

Ein wunderschönes Haus am Ende der Fußgängerzone ließ die Fantasie gleich sprießen. Ein Haus mit großem Garten und Teich. Eine im Vorderteil frühere Arztpraxis regte die Gemüter an, zu überlegen, welche möglichen Aktivitäten die Gruppe in Richtung Innenstadt durchzuführen könnte.

Doch es hätten umfassende Umbauten geleistet werden müssen, damit das Haus gruppentauglich geworden wäre, und es hätten nur wenige Menschen dort Platz gefunden. Die Gruppe lehnte letztlich das Projekt wegen der hohen Kosten ab

Cluventalstraße, dem jetzigen AllerHaus

Durch den Bürgermeister kam der Kontakt zustande zur Cluventalstraße. Die erste Besichtigung der Cluventalstraße war ernüchternd. Die Wohngegend ist nicht schön, die Wohnungen mehr als verwohnt, die sanitären Anlagen katastrophal. Doch die Lage ist zentral, wenige Minuten zur Fußgängerzone, zum Einkaufen und zum Bahnhof. Ein großer Garten spricht ebenfalls für sich. Erste Möglichkeiten wurden denkbar.

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Das Haus könnte saniert werden, dafür gab es günstige Kredite, die dann sogar die Mietkosten günstig machen.

Mit ersten kleinen Aktionen, wie eine Gartensondierung und der Übernahme der Gartenlaube wurde Nähe zum Ort geschaffen.

Die Nachbarn wurden neugierig, was dort wohl geschehe, und nehmen über die ganze Zeit hinweg großen Anteil am Gestaltungsprozess.

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Materialien und Dokumente

Selbstdarstellung Bauträgerin: Die Genossenschaft Aller Wohnen (Dieser Beitrag stammt aus „Net2“, eine Selbstdarstellung der Genossenschaft AllerWohnen)

Die Genossenschaft AllerWohnen e.G. wurde 1997 in Verden/Aller bei Bremen gegründet. Die AllerWohnen ermöglicht Hausgemeinschaften selbstbestimmt, preisgünstig und gleichzeitig ökologisch zu wohnen. Die BewohnerInnen der Wohnprojekte verwalten ihre Häuser und Wohnungen selbst, wobei das Eigentum aber bei der Genossenschaft bleibt. Sie sind damit dauerhaft jeglicher Spekulation entzogen und bleiben sozial gebundenes Eigentum.

Die AllerWohnen ist kein Wohnungsunternehmen wie jedes andere. Wir wollen mit unseren Häusern zeigen, wie wir uns Wohnen und Zusammenleben in einer zukunftsfähigen Gesellschaft vorstellen. Hinter der AllerWohnen steht unser Traum von einem anderen Leben und Arbeiten. Die AllerWohnen will gemeinschaftlich selbstbestimmte Räume schaffen, in denen Alternativen zu unserer ausbeuterischen und zerstörerischen Gesellschaft gelebt werden können.

Ökologisch Bei unseren Bauprojekten achten wir konsequent auf Ökologie. Bei Sanierungen bemühen wir uns, alte Baumaterialien durch Recycling wiederzuverwenden. Bei allen neuen Materialien achten wir konsequent auf deren Umwelt- und Gesundheitseigenschaften. Energie sparen wir zuerst durch bestmögliche Dämmstandards. Darüber hinaus fördern wir den Einsatz regenerativer Energiequellen. Wir bauen Regenwassersammelanlagen und experimentieren mit Komposttoiletten und Pflanzenkläranlagen. Auf unseren Grundstücken sorgen wir für eine naturnahe Gestaltung mit Obstbäumen, fruchttragenden Sträuchern und heimischen Gehölzen.

Sozial

Bei uns gilt:

1. Zwischen den Häusern gibt es einen Mietausgleich. Schuldenfreie Häuser zahlen in einen Solidarfonds, um mit dem Ertrag neue Hausprojekte zu ebenfalls günstigen Mieten zu finanzieren. Mit einem geringeren Betrag hat der Solidarfonds schon heute Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

56 begonnen. Der Solidarfonds dient auch der Unterstützung sozialer, ökologischer und progressiver politischer Ziele sowie der Mietsenkung für langjährige BewohnerInnen. Darüber hinaus ist die Miete für die verschiedenen Hausprojekte eine Kostenmiete.

2. Mieterinnen und Mietern können sich mit Eigenleistungen am Bau beteiligen und so ihre Miete senken oder "Extras" finanzieren.

3. Die Hausgemeinschaften entscheiden selbst, wie sie die Miete für ihr Objekt untereinander aufteilen. AllerWohnen regt sie an, den Mietpreis auch nach dem verfügbaren Einkommen auszurichten.

4. AllerWohnen schafft Wohnraum für verschiedene Lebensformen. Die Wohnungen haben etwa gleich große Zimmer, damit Alleinerziehende mit ihren Kindern, Wohngemeinschaften oder Familien gut Platz finden.

5. In den Projekten entstehen Gemeinschaftseinrichtungen wie Partybereich, Versammlungsraum, Waschküche, Garten, Werkstätten, Kinderbetreuung, usw.

Demokratisch

Alle wichtigen Entscheidungen werden in öffentlichen Sitzungen im Konsens der anwesenden Mitglieder getroffen. Für den Streitfall ist ein Schlichtungsverfahren vereinbart. Der Vorstand führt die Geschäfte und ist persönlich verantwortlich. Die Treffen des Vorstandes finden grundsätzlich gleichberechtigt im größeren Kreis statt ("Orgagruppe"), der allen BewohnerInnen unserer Projekte offen steht. Im Zusammenwirken von Mitgliederversammlung und Vorstand verbinden wir effizientes Handeln mit demokratischer Kontrolle. Das Herzstück unserer Selbstverwaltung ist die Autonomie der Hausgemeinschaften. Die BewohnerInnen kümmern sich um nahezu alle ihre Belange selbst. Insbesondere bestimmen sie selbst, wer in frei werdende Zimmer und Wohnungen einzieht. Jede/r der oder die schon einmal nervige Nachbarn hatte, weiß welchen Unterschied an Lebensqualität das macht! Die Genossenschaft beschränkt ihre Aktivität auf die Finanzierung, die rechtlichen, insbesondere eigentumsrechtlichen Fragen, die Kontrolle der ordentlichen Instandhaltung der Häuser sowie die Gestaltung der Mieten. Die Hausgemeinschaften stellen jeweils ein Mitglied im Aufsichtsrat und kontrollieren so die Arbeit des Vorstands.

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Diese Aufgabenteilung verhindert, dass die Genossenschaft ein bürokratisches Wohnungsunternehmen wird. Da die meisten Arbeiten dezentral erledigt werden, sind die Verwaltungskosten niedrig. Unser Demokratieprinzip gilt auch für die Bauplanung selbst. Grundsätzlich bauen wir keine Häuser auf Vorrat. Die zukünftigen Mieterinnen und Mieter können gemeinsam mit unserem Architekturbüro ö.contur die Planung mitbestimmen.

Ethisch investieren

Die Projekte der Aller Wohnen eG konnten mit den Einlagen der Bewohnenden, vor allem aber Dank der Einlagen von vielen Menschen aus der ganzen Republik verwirklicht werden. Mit ihrem ethischen Investment ermöglichen sie die bestehenden bzw. künftigen Wohnprojekte, ohne selbst dort einzuziehen.

Die Einlagen werden derzeit mit 3 % im Jahr verzinst. Etliche Einleger entscheiden sich auch für einen niedrigeren Zinssatz, um die Genossenschaft damit zu unterstützen. Durch den niedrigeren Zinssatz als bei einem Bankkredit eröffnen sie der Aller Wohnen damit mehr finanziellen Spielraum.

Die Kündigungsfrist der erworbenen Genossenschaftsanteile beträgt zwei Jahre.

Zudem nimmt die aller Wohnen auch Darlehen entgegen, dien wie Einlagen mit bis zu 3% verzinst werden, aber eine kürzere Kündigungsfrist haben. Darlehensanleger müssen Mitglied in der Genossenschaft Aller Wohnen sein. – und damit mindestens einen Anteil für 255,65€ erworben haben.

Genossenschaftsmitglieder haben Stimmrecht bei den Genossenschaftsversammlungen und können sich in die Leitungs- und Aufsichtsgremien der Aller Wohnen eG wählen lassen.

Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen als Ausführende – Über das Netzwerk

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fällt es manchen nicht leicht, nach vorn zu blicken – aber genau das ist nötig und auch möglich! Ökologisches und energieeffizientes Bauen und Sanieren ist nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes dringend geboten, es ist auch wirtschaftlich vernünftig.

Verden wird Vorreiter für nachhaltiges Bauen

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Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen e. V. wurde gegründet, um ökologisches und energieeffizientes Bauen auf neuestem Stand der Technik im Landkreis Verden voranzubringen – und Verden in diesem Bereich in den nächsten Jahren zum zentralen Vernetzungs- und Kompetenzknoten zu machen – mit Ausstrahlung nach ganz Norddeutschland und sogar bis nach Europa. Es soll ein Cluster von Betrieben, Innungen, Forschungs- und Weiterbildungseinrichtungen, öffentlichen Stellen und deren Netzwerken und Dachverbänden entstehen. Das „Netzwerk Nachhaltiges Bauen“ ist eines der Leuchtturm-Projekte des Regionalen Entwicklungskonzepts (REK) des Landkreis Verden. Die Europäische Union fördert den Netzwerk-Aufbau aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.

Passivhausbau - Was ist ein Passivhaus?

Angesichts der Herausforderungen von Klimawandel und steigenden Energiepreisen spielen Passivhäuser eine immer wichtigere Rolle. Passivhäuser sind so gut gedämmt, dass sie keine Heizungsanlage im klassischen Sinne mehr brauchen. Der Jahresheizwärmebedarf eines Passivhauses wird durch die sehr gute Wärmedämmung auf umgerechnet 1,5 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr gesenkt. Die Energie wird überwiegend „passiv“ bereitgestellt durch Sonneneinstrahlung und die Abwärme von Personen und im Gebäude vorhandenen Geräten wie Herd, Kühlschrank oder Waschmaschine. Die noch erforderliche geringe Nachheizung erfolgt dann in der Regel über eine kontrollierte Wohnungslüftungsanlage. Die Bauweise ist nicht auf bestimmte Gebäudetypen beschränkt. Auch Altbauten lassen sich auf Passivhausstandard optimieren.

Wohnkomfort

Die hocheffiziente Komfortlüftungsanlage in jeder Wohnung sorgt rund um die Uhr für frische Außenluft. Im Winter wird die Frischluft durch den Wärmetauscher vorerwärmt, im Sommer durch einen Erdwärmetauscher gekühlt. Die Lüftungsanlage sorgt dabei auch für eine Energiegewinnung aus der Abluft. Für 1 kWh Strom werden dabei 20 kWh Abwärme zurückgewonnen.

Forschungsprojekt zur innovativen Weiterentwicklung der Passivhausbauweise

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Im Rahmen eines von der Technischen Universität Berlin gestarteten Forschungsvorhabens wird unter maßgeblicher fachlicher Beteiligung unserer Netzwerkpartner die Passivhausbauweise weiter optimiert.

Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen erhält direkten Zugang zu den Forschungsergebnissen und kann diese für zukünftige Bauvorhaben nutzen. Interessierten steht unter www.energiecomforthaus.de ein Hausoptimierer zur Verfügung. Hier können Haustypen ausgewählt, kreativ bearbeitet und energetisch optimiert werden. Verschiedene Randbedingungen, wie beispielsweise Haustechnikkomponenten und Temperatureinstellungen, sollen ausprobiert werden. Ein Feedback zum Entwurf wird vom Hausoptimierer anhand einer Wirtschaftlichkeitsberechnung simultan erstellt. Die Nutzer können so spielerisch zu Passivhaus-Experten werden.

Ökologie und Wohngesundheit

Die Gebäude lassen sich sehr gut mit ökologischen Baustoffen errichten. Als Dämmstoff ist Zellulosedämmung technisch hervorragend geeignet und besonders wirtschaftlich. Im Innenbereich kann das Raumklima durch den Einsatz von feuchteregulierendem Lehmputz weiter verbessert werden.

Aufgaben des Netzwerkes

 Transparenz schaffen über technische Möglichkeiten und verfügbare Angebote  Forschungs- und Entwicklungsvorhaben anstoßen und begleiten  Weiterbildung von Handwerksfirmen in diesem hoch innovativen Bereich  Initiierung von Modellvorhaben, z.B. Passivhauspark Verden-Hönisch, Sanierung eines Altbaus auf Passivhausniveau  Erschließung überregionaler Märkte im Passivhausbereich (Ende Beitrag AllerWohnen Genossenschaft, Quelle Internet, 2013)

Selbstdarstellung Bauherr: Architektenbüro „Ö.contur“ Grundlagen für unser Architekturverständnis Mensch: Der Mensch steht für uns im Mittelpunkt jedes architektonischen Entwurfes. Die von uns konzipierten Häuser beziehen sich auf die individuellen Bedürfnisse der

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Bewohnerinnen und Bewohner. Dabei versuchen wir differenziert nutzbare Räume für Rückzug und Geborgenheit sowie für Aktivität und Kommunikation zu schaffen. Kurz gesagt: Die Menschen sollen sich in ihren Häusern wohl fühlen.

Dabei versuchen wir auch die verschiedenen Anforderungen der Generationen zu berücksichtigen.

Natur: Der Bezug zur Landschaft ist für uns ein grundlegender Bestandteil für die Planung. Die Gebäude nehmen Rücksicht auf die Umgebung, orientieren sich an ortsüblichen Gebäudemotiven, machen sich topographische Gegebenheiten zu nutze. So achten wir auf die Öffnung des Gebäudes zur Natur, auf Ausblicke in die Landschaft.

Form: Viele unserer Entwürfe zeichnen sich durch organische Formen aus. Diese Formen integrieren Gesten für den Gebäudeeingang oder für Rückzugsbereiche, Bewegungsabläufe oder Gestaltungselemente wie zentral gelegene Öfen als Mittelpunkt eines Hauses. Die verschiedenen Räume werden zu einer organischen Gesamtform zusammengefügt. Wir sehen darin einen notwendigen Unterschied zur heute üblichen Massenware von Häusern aus Stilvermischungen mit „angeklebten“ Erkern und Krüppelwalmdächern.

Farbe: Farbgebung ist für uns ein wichtiges Thema. Die Farbkonzeptionen reichen von natürlichen Farbtönen der Materialien, wie Holz, rote Ziegel, Lehm kombiniert mit gezielt gesetzten Farbakzenten, bis hin zu differenziert ausgearbeiteten Farbkonzepten (wie beispielsweise für den Kindergarten in Benefeld)

Konstruktion: Üblicherweise werden die von uns durchgeführten Bauvorhaben in Holzrahmenbauweise errichtet. Diese Konstruktionsart ist kostengünstig und schnell zu errichten. Durch die Konstruktion ist ein guter Wärmedämmstandard gewährleistet. Die Außenwände können mit Holz verschalt, mit Klinker verkleidet oder als geputzte Flächen ausgeführt werden. Wir bevorzugen Holzverschalung aus hochwertigem Lärchenholz, die den Vorteil hat dass sie nicht gestrichen werden muß. Die Innenwände werden in der Regel gemauert, um genügend wärmespeichernde Masse im Gebäude zu erhalten. Im Innenbereich verwenden wir gerne auch Lehmwände . Die Geschoßdecken werden als Holzbalkendecken ausgeführt.

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Material: Wir verwenden nur biologische und ökologisch verträgliche Baumaterialien für die Rohbaukonstruktion und den Ausbau. Die Holzfassaden und rote Ziegeldächer oder Grasdächer geben den Gebäuden ein angenehmes äußeres Erscheinungsbild. Der Ausbau erfolgt mit Holzfenstern und beispielsweise Fußböden aus Holz oder Kork.

Handwerk/Eigenleistungen: Als ausgebildete Handwerker im Holzbau sind wir in der Lage, zeitgemäße Holzkonstruktionen sicher zu beurteilen und deren Umsetzung unseren Kunden zu vermitteln. Hierdurch werden mannigfaltige Eigenleistungsmöglichkeiten für die Baufamlien erschlossen. Wir halten diese für einen wesentlichen Teil des persönlichen Bauprozesses, in dem sich die Baufamlie mit ihrem Haus vertraut macht und diesem ihren eigenen Ausdruck verleiht.

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Selbstdarstellung Verein AllerHaus/ Satzung Der Verein ist die Schnittstelle zwischen der Genossenschaft und den Mietenden. Zugleich verwaltet er die Gemeinschaftswohnung.

Als selbstverwaltetes Wohnprojekt müssen die Angelegenheiten der Hausgemeinschaft in der Gruppe geregelt werden. Dazu gehören die öffentlich nötigen Angelegenheiten wie das Fegen des Bürgersteiges und die Beseitigung von Schnee und Eis. Die Unterhaltung des Gartens, innerhäusliche Angelegenheiten, wie kleine Hauswarts Tätigkeiten und die Abrechnung zu den Nebenkosten.

Dazu wurde im Februar 2011 der Verein gegründet und ins Vereinsregister Walsrode am 2.3.2011 unter VR 200 620 eingetragen.

Eine Vereinsatzung wurde verabschiedet. Von einer Beantragung der Gemeinnützigkeit wurde abgesehen, da die Hürden und die Verwaltung des Vereins dann größer sind. Beim Besuch von anderen Wohnprojekten wurde dies auch nicht für erforderlich angesehen.

Gruppe AllerHaus 2013

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Leitbild der AllerHausgruppe

Das AllerHaus ist ein lebendiges Wohnprojekt im Zentrum von Verden, wo sich Menschen verschiedenen Alters und ganz unterschiedlichen Lebenskonzepten zusammengefunden haben, um miteinander zu leben und zu wohnen. In abgeschlossenen Wohnungen, aber mit viel Platz und Raum für Gemeinschaft - so gibt es einen großen gemeinsamen Garten und eine Gemeinschaftswohnung mit Platz für Aktivitäten.

Wir möchten Verständnis und Toleranz im Miteinander für unterschiedliche Alter und Lebenssituationen - hierbei spielt eine offene und lebendige Kommunikation eine große Rolle. Regelmäßige Treffen, Austausch, die Offenheit zur Konfliktlösung und immer wieder die Bereitschaft der Einzelnen, sich auseinanderzusetzen und auch wieder zusammenzufinden. Hierbei sind uns gegenseitige Wertschätzung, klare Regeln und die Gleichberechtigung von verschiedenen Standpunkten sehr wichtig. Wir bemühen uns, alle gemeinsamen Entscheidungen im Konsensprinzip zu treffen und alle Meinungen aufzunehmen.

Wir sind selbstverwaltet - das heißt auch, dass wir uns um vieles im und am Haus selber kümmern können und müssen und wollen. Hier gibt es verschiedene Aufgabenbereiche und auch verschiedene Möglichkeiten, teilzunehmen, so dass sich Menschen mit verschiedenen Kapazitäten einbringen können. Auch hier sind klare Regeln und Absprachen wichtig.

Gegenseitige Unterstützung ist eine der Grundideen des AlllerHauses.

Wir sind eine lebendige Gemeinschaft, in der eigenständig gewohnt, gemeinsam gehandelt, einander geholfen, viel kommuniziert, voneinander gelernt, miteinander gelacht und getrauert wird.

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Satzung des Vereins AllerHaus e.V. Verden

§ 1 Name, Sitz, Geschäftsjahr (01) Der Verein führt den Namen „AllerHaus e.V. Verden“. (02) Der Verein hat den Sitz in der Stadt Verden (Aller). (03) Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Das erste Geschäftsjahr beginnt mit dem Tag der Eintragung des Vereins in das Vereinsregister bei dem Amtsgericht Walsrode. Es endet am folgenden Jahresende.

§ 2 Zweck des Vereins: (01) Zweck des Vereins ist zunächst a) die Realisierung selbstbestimmten, solidarischen und demokratisch geregelten Zusammenlebens von Menschen verschiedener Generationen; b) die Schaffung eines stabilen sozialen Umfeldes zur Erhöhung der Lebensqualität; c) das Angebot bezahlbaren Zuhauses an Menschen, die von Geldern des sozialen Sicherungssystems leben müssen; d) die Berücksichtigung des Umweltschutzes durch verantwortungsbewussten Umgang mit Rohstoffen und Energien bei der Umsetzung von Bauvorhaben; e) das Angebot eines Anlaufpunktes des am gemeinschaftlichen Wohnen Interessierten zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch und zur Vermittlung von Informationen über gemeinschaftliches Wohnen und Wohnprojekte. (02) Weiterer Zweck des Vereins ist a) die Vertretung der Mieter des „AllerHauses“ gegenüber der Genossenschaft „AllerWohnen“; b) durch Regelung verbindlicher Nachbarschaft die eigenständige Lebensführung und das Verbleiben in der eigenen Wohnung im AllerHaus bis zum Lebensende zu ermöglichen.

§ 3 Mitglieder: (01) Der Verein hat a) ordentliche Mitglieder und b) fördernde Mitglieder. (02) Ordentliches Mitglied des Vereins kann jede natürliche Person werden, die an den in § 2 Ziffer 01 der Satzung genannten Zielen und Aufgaben des Vereins „AllerHaus“ mitwirken möchte und die zugleich Mieter einer Wohnung im „AllerHaus“ ist. (03) Fördernde Mitglieder des Vereins können juristische und natürliche Personen werden, die die Zwecke des Vereins ideell oder durch angemessene laufende Zuwendungen unterstützen.

§ 4 Mitgliedschaft: (01) Die Aufnahme in den Verein ist schriftlich zu beantragen. (02) Der Vorstand des Vereins entscheidet über eine vorläufige Aufnahme in den Verein. Die Mitgliederversammlung entscheidet abschließend. (03) Die Mitgliedschaft eines ordentlichen oder fördernden Mitgliedes endet durch schriftliche Kündigung gegenüber dem Vorstand mit einer Frist von sechs Wochen zum Jahresende, durch Ausschluss oder Tod. (04) Die Mitgliedschaft eines ordentlichen Mitgliedes des Vereins endet bei schriftlicher Kündigung gegenüber dem Vorstand mit einer Frist von sechs Wochen zum Jahresende, frühestens jedoch mit dem Zeitpunkt der Beendigung seines Mietverhältnisses für die Wohnung im „AllerHaus“. Im Fall des Ausschlusses aus dem Verein endet sie mit dem Wirksamwerden des Ausschlusses oder dem Auszug. Im Fall des Todes endet sie sofort. (05) Verstößt ein Mitglied gegen die Ziele und Interessen des Vereins, insbesondere gegen die getroffenen Regelungen im Sinne des § 2 Abs.02 b) der Satzung, schwerwiegend, so kann das Mitglied durch den Vorstand mit sofortiger Wirkung aus dem Verein ausgeschlossen werden. Zuvor ist dem Mitglied mit einer Frist von 14 Tagen rechtliches Gehör zu gewähren. Der Beschluss über den Ausschluss ist dem Mitglied durch eingeschriebenen Brief zu übersenden. Das Mitglied kann innerhalb von 14 Tagen ab Zugang des eingeschriebenen Briefes die Entscheidung der Mitgliederversammlung beantragen. Solche Mitgliederversammlung ist alsdann von dem Vorstand innerhalb einer Frist von 2 Monaten einzuberufen. Bis zum Abschluss der Mitgliederversammlung ruht die Mitgliedschaft des Mitglieds. Die Entscheidung der Mitgliederversammlung ist abschließend. (06) Ist das Mitglied mit der Zahlung eines Jahresbeitrages im Rückstand und zahlt auch nach Aufforderung nicht, wird das Mitglied aus dem Verein ausgeschlossen.

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(07) Bei Beendigung der Mitgliedschaft -gleich aus welchem Grunde- erlöschen alle Ansprüche aus dem Mitgliedsverhältnis. Eine Rückgewähr von Beiträgen, Spenden oder sonstigen Unterstützungs- oder Mitgliederleistungen ist ausgeschlossen.

§ 5 Mitgliedsbeitrag: (01) Der Verein erhebt zur Deckung seiner Ausgaben einen Mitgliedsbeitrag. (02) Der Mitgliedsbeitrag wird per Lastschrift eingezogen. Der Mitgliedsbeitrag ist in der Beitragsordnung festgeschrieben. (03) Die Höhe des Mitgliedbeitrags kann für ordentliche Mitglieder und fördernde Mitglieder unterschiedlich festgesetzt werden. Die Höhe des jährlichen Beitrags wird durch die Mitgliederversammlung festgesetzt. (04) Der Vorstand ist berechtigt, im Einzelfall durch begründeten Beschluss Beitragsminderung oder Beitragsbefreiung auszusprechen.

§ 6 Organe des Vereins: Organe des Vereins sind (01) die Mitgliederversammlung, (02) die Versammlung der ordentlichen Mitglieder und (03) der Vorstand.

§ 7

Mitgliederversammlung der ordentlichen und fördernden Mitglieder: (01) Teilnahmeberechtigt an dieser Mitgliederversammlung ist jedes volljährige Vereinsmitglied. Jedes Mitglied hat eine Stimme. (02) Diese Mitgliederversammlung ist durch den Vorstand mindestens einmal jährlich einzuberufen. (03) Die Einberufung zur Mitgliederversammlung ist schriftlich mit einer Frist von mindestens 14 Tagen an die letzte bekannte Anschrift jedes Mitglieds unter Angabe der vorgesehenen Tagesordnung zu übersenden. Ergänzende Anträge von Mitgliedern zur Tagesordnung oder aber zur Abänderung der Tagesordnung müssen schriftlich bis spätestens acht Tage vor Beginn der Mitgliederversammlung dem Vorstand vorliegen. (04) Jede satzungsgemäß einberufene Mitgliederversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig. (05) Es wird versucht, Beschlüsse möglichst im Konsens zu fällen. Generell gelten Beschlüsse als gefasst, wenn eine Mehrheit dafür ist und nicht mehr als 25% dagegen stimmen. Wenn der Fall eintritt, dass eine Mehrheit für einen Beschluss stimmt und mehr als 25% dagegen sind und dieses Votum auch nach intensiver Diskussion aufrecht erhalten wird, dann wird die Entscheidungsfindung verschoben. Auf der nächsten Mitgliederversammlung kann mit einfacher Mehrheit entschieden werden. Vorher wird aber ein Mediationsverfahren durchgeführt, um eine tragfähige Lösung zu finden. Der/die Mediator/in wird vom Vorstand des Vereins AllerHaus in Absprache mit beiden Parteien bestimmt. Wenn die Mehrheit die Mediation blockiert, kann keine Entscheidung gefällt werden. (06) Die Übertragung des Stimmrechts eines Mitgliedes auf ein anderes Mitglied ist zulässig, bedarf jedoch der Schriftform. Diese Vollmacht muss zu Beginn der Mitgliederversammlung dem Vorstand übergeben werden. Ein Mitglied darf jedoch nicht mehr als ein weiteres Mitglied vertreten. (07) Die Mitgliederversammlung entscheidet über a) die Aufstellung und den Inhalt einer Beitragsordnung, b) die Höhe des Mitgliedsbeitrags, c) die Aufnahme neuer Vereinsmitglieder und Ausschluss von Mitgliedern d) Wahl und Entlastung des Vorstands, e) Beschlussfassung über Anträge der Mitglieder und des Vorstands, f) Wahl und Bestellung von zwei rechnungsprüfenden Mitgliedern für die Dauer von zwei Jahren. Diese

Rechnungsprüfer dürfen nicht dem Vorstand angehören,

g) Satzungsänderungen sowie Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins. (08) Auf schriftlichen Antrag eines Viertels aller Mitglieder des Vereins sowie durch gesonderten Beschluss des Vorstandes ist unter Angabe der Gründe eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. (09) Zu Beginn jeder Mitgliederversammlung ist von den Mitgliedern ein/e Protokollführer/in zu wählen. Diese/r führt das Protokoll der Mitgliederversammlung und unterzeichnet es gemeinsam mit dem Vorstand.

§ 8 Gesonderte Versammlung der ordentlichen Mitglieder: (01) Teilnahmeberechtigt an der Versammlung der ordentlichen Mitglieder sind diejenigen Vereinsmitglieder, die Mieter/in einer Wohnung im „AllerHaus“ sind. (02) Jedes dieser Mitglieder hat eine Stimme. Auf die Mitglieder einer Wohneinheit entfällt nur eine Stimme. (03) Die Versammlung dieser ordentlichen Mitglieder entscheidet über alle nach § 2 Abs. 2 der Satzung erforderlichen Maßnahmen und Regelungen.

§ 9 Vorstand: Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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(01) Der Vorstand des Vereins besteht aus drei Mitgliedern. Zwei müssen aus der Gruppe der ordentlichen Mitglieder und eines kann aus der Gruppe der fördernden Mitglieder des Vereins stammen. (02) Vorstand im Sinne des § 26 BGB sind alle drei Vorstandsmitglieder. Sie vertreten den Verein gerichtlich und außergerichtlich, und sind jeweils allein vertretungsberechtigt. (03) Der Vorstand wird für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Zweimalige Wiederwahl ist zulässig. Am Ende der Amtszeit bleibt der Vorstand so lange geschäftsführend tätig, bis Nachfolgende gewählt sind. Die Mitgliederversammlung ist berechtigt, den gesamten Vorstand oder einzelne Mitglieder vor Ablauf deren Amtszeit ohne Angabe von Gründen durch Mehrheitsbeschluss abzuberufen, wenn gleichzeitig für das abberufene Mitglied des Vorstands ein neues Vorstandsmitglied gewählt wird. (04) Dem Vorstand obliegt die Führung der laufenden Geschäfte des Vereins. Er ist ehrenamtlich tätig. Er erhält lediglich Auslagenersatz. (05) Vorstandssitzungen finden nach Bedarf, jedoch mindestens 2 mal jährlich statt. Sie werden durch ein Vorstandsmitglied einberufen. (06) Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Über seine Sitzungen und die darin gefassten Beschlüsse ist ein Protokollbuch zu führen.

(07) Verlangt bei erstmaliger Anmeldung des Vereins zum Vereinsregister und bei dem Finanzamt das Vereinsregister und/oder das Finanzamt aus formalen Gründen eine Änderung oder Ergänzung der Satzung, so ist der Vorstand berechtigt, diese Änderung ohne vorherige Zustimmung der Mitgliederversammlung vorzunehmen und anzumelden. Bei späteren Satzungsänderungen bedarf es der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung.

§ 10 Auflösung des Vereins: (01) Für eine Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins bedarf es der Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. (02) Einziger Tagesordnungspunkt dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung darf die Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins sein. Zu dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung ist die Einladung mit einer Frist von 14 Tagen an die letzte bekannte Anschrift jedes Vereinsmitglieds abzusenden. In dieser Einladung muss der Tagesordnungspunkt „Auflösung des Vereins“ ausdrücklich angegeben sein. (03) Der Beschluss über die Auflösung des Vereins bedarf einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. (04) Mit der Auflösung des Vereins fällt dessen Vermögen an die Genossenschaft „AllerWohnen“.

Verden, 29.9.2010 Eingetragen ins Vereinsregister Walsrode am 2.3.2011 unter VR 200 620

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Vereinbarung zwischen dem AllerHaus Verein und der Aller Wohnen Genossenschaft

In dieser Vereinbarung werden die Verpflichtungen des Vereins gegenüber der Genossenschaft festgeschrieben. Unter anderem, dass der Verein für eine Gesamteinlage von 140 000 € sorgt, und was geschieht, wenn dies nicht erreicht wird.

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Kooperationen

Begleitet wurde das AllerHaus-Projekt von verschiedenen Kooperationspartnern, insbesondere von Beginn an vom „Forum gemeinschaftliches Wohnen“ Hannover. Es fanden mehrere persönliche Treffen und einige Telefonkontakte statt.

1. „Forum gemeinschaftliches Wohnen“ Hannover

„Das Niedersachsenbüro “Neues Wohnen im Alter” unterstützt Landkreise, Städte, Gemeinden und private Interessenten darin, quartiersbezogene Unterstützungsnetzwerke und Wohnangebote für das selbständige und selbstbestimmte Wohnen älterer Menschen bedarfsgerecht zu entwickeln. Das Niedersachsenbüro informiert, berät und unterstützt bei:

 der bedarfsgerechten Weiterentwicklung vorhandener Wohnviertel  dem Aufbau/der Weiterentwicklung von Wohnberatungsangeboten oder Informationsbüros, die zu allen Fragen rund um das Wohnen im Alter beraten  der Weiterentwicklung des Wohnbestands bzw. Wohnangebots  der Förderung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten und Nachbarschaften  der Förderung von Selbsthilfepotentialen und bürgerschaftlichem Engagement“ (http://www.neues-wohnen-nds.de)

2. Seniorenservicebüro Landkreis Verden

In der künftigen Gesellschaft des langen Lebens werden gerade Seniorinnen und Senioren mit ihren Kompetenzen und Erfahrungen gefragt sein. Wir können davon nur profitieren, wenn ältere Menschen ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen. Viele ältere Menschen sind bereits aktiv. Für diejenigen, die nach Möglichkeiten suchen, sich zu engagieren, bieten wir konkrete Angebote.

In den nächsten Jahren und Jahrzehnten ist durch die demographische Entwicklung davon auszugehen, dass es einen erhöhten Beratungs- und Unterstützungsbedarf älterer Menschen in den verschiedenen Lebensbereichen und Alltagssituationen gibt. Wir wollen ältere Menschen darin unterstützen, ihre Lebensqualität zu bewahren.

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An das Seniorenservicebüro können sich alle älteren Menschen mit ihren Fragen zur Lebens- und Alltagsbewältigung, aber auch alle Anbieter von Unterstützungsleistungen wenden. Als zentrale Ansprechstelle bietet das Büro Informationen und Dienstleistungen aus einer Hand, um so älteren Menschen unnötigen Aufwand zu ersparen. Was bietet das Seniorenservicebüro?

 Seniorinnen und Senioren können sich mit all ihren Fragen zur Lebens- und Alltagsbewältigung an uns wenden.  Wir arbeiten eng mit dem Pflegestützpunkt in der Seniorenberatung zusammen.  Wir bündeln die Informationen für Ratsuchende.  Wir fördern die Selbstständigkeit von Seniorinnen und Senioren.  Wer sich selbst ehrenamtlich einbringen möchte, erhält bei uns Angebote oder lokale Ansprechpartner. Dies gilt in besonderem Maße für Seniorinnen und Senioren.  Wir bringen ehrenamtliche, nachbarschaftliche und professionelle Anbieter an einen Tisch.  Wir leisten einen Beitrag dazu, Kenntnisse und Fähigkeiten älterer Menschen zu fördern und stärker zu nutzen.  Wir stärken ein lebendiges Miteinander der Generationen.

3. Seniorenbüro Stadt Verden

Das Seniorenbüro ist eine Anlaufstelle für ältere Menschen, die Hilfe anbietet oder Anregungen entgegennimmt, und die damit die Lebensqualität verbessern möchte.

 Sie haben Fragen und suchen eine Beratung oder eine Ansprechperson?  Sie suchen Angebote für Seniorenveranstaltungen oder Aktivitäten?  Sie haben Vorschläge oder Ideen, um Seniorinnen und Senioren das Leben in unserer Stadt zu erleichtern und zu verbessern?

Das Seniorenbüro hilft älteren Mitmenschen, berät sie und vermittelt gegebenenfalls an andere Institutionen weiter oder leitet ihre Anregungen weiter. Das Seniorenbüro unterstützt bestehende Einrichtungen und versteht sich auf keinen Fall als Konkurrenz zu ihnen. Das Team des Seniorenbüros der Stadt Verden besteht aus den ehrenamtlich tätigen Seniorinnen und Senioren.

4. Fachkreis Seniorenarbeit Stadt Verden

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Dies ist ein Zusammenschluss aller Institutionen in der Stadt Verden, die mit Senioren arbeiten. Zweimal im Jahr findet ein Austausch statt. Der Fachkreis versteht sich als beratende Einheit für die politischen Institutionen.

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LESEBUCH – GESPRÄCHE ÜBER DIE ERFAHRUNGEN ZUR ENTWICKLUNG DES ALLERHAUS-PROJEKTES Die Gespräche und Niederschriften führte Rosemarie Guhl. Die einzelnen Personen entschieden selbst wieweit sie sich namentlich der Öffentlichkeit vorstellen wollten.

Wohnen ist eine soziale Angelegenheit. Im Mittelpunkt stehen das Leben mit Menschen und zusammen etwas zu erleben. Im Lesebuch finden Sie Interviews mit verschiedenen Gesprächspartnern. Sie geben einen persönlichen Einblick in die Entwicklung des AllerHaus-Projektes aus der jeweiligen Perspektive.

Auch der Bürgermeister der Stadt Verden hat sich zu dem Projekt AllerHaus entschlossen.

Interview mit Lutz Brockmann,

Bürgermeister der Stadt Verden, April 2012

Guhl: Warum war Ihnen ein Wohnprojekt in Verden wichtig?

Herr Brockmann: Gern habe ich die Initiativgruppe bei der Suche nach einem geeigneten Gebäude unterstützt, weil die Idee des gemeinsamen Wohnens in einer Hausgemeinschaft für unsere Stadt eine neue Möglichkeiten ist.

Guhl: Was erhoffen Sie sich von dieser Lebensform?

Herr Brockmann: Mich überzeugt, dass mehr Miteinander in einer Hausgemeinschaft den Alltag bereichert und die gegenseitige Hilfe auch soziale Geborgenheit bringen kann.

Guhl: Was hat die Stadt Verden davon, sich für selbstbestimmtes, generationsübergreifendes Wohnen zu engagieren?

Herr Brockmann: Das Projekt AllerHaus bringt der Stadt mehrere Vorteile: 1. Mit der Hausgemeinschaft entsteht ein Beispiel für Gemeinsames und generationsübergreifendes Wohnen in unserer Stadt. 2. Die gemeinnützige Genossenschaft AllerWohnen schafft 12 bezahlbare barrierefreie Mietwohnungen. 3. Ein baufälliges Haus der Stadt wird energetisch und ökologisch modernisiert. 4. Die Cluventhalstraße wird aufgewertet.

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5. Die Stadt erhält einen Erbbauzins für das Grundstück.

Guhl: Was bewerten Sie problematisch?

Herr Brockmann: Die anstrengende Planungsphase über 2 Jahre zeigt, dass eine tatkräftige Unterstützung und praktische Begleitung für das Projekt und die Gruppenbildung sehr wichtig war.

Guhl: Haben Sie eine Idee, wie Sie im Alter leben wollen?

Herr Brockmann: Ich fange an, darüber nachzudenken. Damit wir alle im Alter wirklich eine Wahl haben, brauchen wir in Verden auf jeden Fall viel mehr bezahlbare, barrierefreie bzw. barrierearme Mietwohnungen. Deshalb wünsche ich mir hierfür mehr Engagement!

Guhl: Herr Brockmann, Danke für das Gespräch.

Gespräch mit Ulrich Steinmeyer,

Aufsichtsrat Aller Wohnen, Februar 2013

Ulrich Steinmeyer ist seit mehreren Jahren Aufsichtsratsvorsitzender und Vorstandsmitglied der AllerWohnen

Guhl: Die AllerWohnen betreut mehrere selbstverwaltete Projekte in Verden. Was ist für Sie wichtig an dieser Lebensform?

Ich bin 1999 direkt nach der Fertigstellung in eine der Wohnungen im Ökozentrum mit meiner Liebsten und unserem Sohn eingezogen. Wir arbeiteten in Verden und wollten auch in Verden leben. Möglichst in einem Wohnprojekt. Daher boten sich die Wohnungen im Ökozentrum an, wo wir zwar unsere eigene Wohnung hatten, aber sehr eng mit den Nachbarn zusammenlebten und beispielsweise häufig gemeinsam kochten und die Kinder viel gemeinsam spielten und abwechselnd betreut wurden. Da wir auch unsere Arbeit im Ökozentrum mit einem lebendigen Umfeld hatten, passte dass gut zum Lebensgefühl und ließ sich gut leben.

Nach der Geburt unseres zweiten Kindes wurde es dann in der Wohnung etwas eng und wir beteiligten uns an der Gründung des Wohnprojektes „Gemeinschaftssiedlung

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Neumühlen“, da wir gerne auch weiterhin in einem Wohnprojekt leben wollten. Die Gründung von mehreren Doppelhäusern und einem großen Gemeinschaftshaus gelang und wir konnten 2004 in unser neues Haus einziehen. Das Projekt wurde ebenfalls im Rahmen der AllerWohnen organisiert und unsere Selbstverwaltung in die Struktur der AW integriert.

In der ökologischen Gemeinschaftssiedlung hat jede/r bzw. jede Familie oder Pärchen ihre/seine eigene Wohnung und wir haben einen großen Gemeinschaftsbereich. Wenn wir wollen, können wir uns gemeinsam treffen und etwas unternehmen, müssen aber nicht. Wir leben hier mit etwa 20 Erwachsenen und 10 Kindern und es gibt viel Kontakt und viele gemeinsame Aktivitäten wie gemeinsames Essen jeden Samstag, gemeinsames Grillen, Sauna, Yoga und viel Kontakt unter den Kindern und Eltern. Selbstverständlich gibt es auch Meinungsverschiedenheiten, aber wir haben es gelernt, diese zumeist auf konstruktive Weise zu lösen. Fast alle Entscheidungen werden im Konsens getroffen. Wer Abstand braucht, muss auch nicht an Treffen teilnehmen. Insgesamt ein sehr entspannter und offener Umgang und ein angenehmes Leben.

Guhl: Warum haben Sie sich auf das Projekt eingelassen?

Weil wir so ein Projekt wollten. Wir wollten in einer Gemeinschaft oder guter Nachbarschaft leben, wo es deutlich mehr Verbindlichkeit und Kontakte gibt als üblicherweise unter Nachbarn.

Guhl: Was ist anders als in den anderen Projekten?

In der Gemeinschaftssiedlung ist es nicht so eng wie in einer Wohngemeinschaft oder Landkommune, wo das tägliche Leben deutlich stärker geteilt wird. Andererseits ist es deutlich verbindlicher oder gemeinschaftlicher als in vielen Ökosiedlungen oder Wohnprojekten mit Mietwohnungen, die über keinen oder nur einen kleinen Gemeinschaftsbereich verfügen. Durch die jeweiligen eigenen Wohnungen und Bereiche gibt es genug individuellen Freiraum und durch die relativ großen Gemeinschaftsbereiche und wie diese genutzt werden, gibt es immer wieder Anknüpfungspunkte für gelebte Gemeinschaft. Insgesamt ein Modell für ein „gutes Leben“.

Guhl: Was hat sie positiv überrascht?

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Nach ca. 20 Jahren Gemeinschaftsprojektpraxis hat uns nicht wirklich viel überrascht und auch nicht viel erstaunt was die Gruppendynamik und die gemeinsamen Prozesse anging. Bei der Gründung des Projektes fand ich allerdings erstaunlich, wie wenige ausformulierte Rechtsmodelle es für so eine Lebensform gab. Wir konnten praktisch nichts übernehmen und mussten viel selbst entwickeln. Das Spannungsfeld von individuellen Rechten und individuellem Bereich und kollektivem Bereich und Rechten ist nicht einfach, rechtlich passend zu regeln. Eigentum ist in dieser Gesellschaft sehr gut geschützt und nur schwer einschränkbar. Über ein Erbbaurechtssystem mit der AllerWohnen als Erbbaurechtsgeber haben wir das gut realisieren können.

Guhl: Welche Finanzierungsprobleme gab und gibt es?

Die Wohnungen im Ökozentrum konnten noch mit Sozialwohnungskrediten gut finanziert werden und mit fremden Genossenschaftseilagen für die es bis 2004 noch Eigenheimzulage gab. Die Wohnungen in der Gemeinschaftssiedlung konnten wir relativ günstig mit Hilfe der Eigenheimzulage und von KFW-Krediten für gut gedämmte Bauweise finanzieren. Heraus kamen Kaltmieten bzw. Belastungen von 5,5 – 6,5€/m² für ökologische und gut gedämmte Wohnungen.

Inzwischen gibt es weder die Eigenheimzulage noch Sozialwohnungskredite und die Wohnungsfinanzierung ist deutlich schwieriger geworden. Bei neuen Projekten unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen müssten die Belastungen durch Miete bei Genossenschaftswohnungen oder der Belastung durch Zins+Tilgung für die Kredite auf eine Höhe von 8-10€/m² steigen. Das ist Ausdruck des Sozialabbaus in den letzten Jahrzehnten und verschlechtert die Möglichkeiten für Wohnprojekte erheblich.

Gespräch mit Brigitte, Beginenhofinteressentin und AllerHaus- Sympathisantin und Unterstützerin, über das Beginenhof-Modell im Jahr 1988, Mai 2012

Die Idee sich zusammen zu tun und nicht mehr nur in der eigenen Wohnung zu sitzen fand in Verden früh Anhängerinnen. Es entwickelte sich eine Gruppe, die ein Beginenhofmodell bevorzugte.

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Brigitte: Im Jahr 1998 hatten mehrere Frauen vom Beginenhofmodell gehört und besonders das Projekt in Bremen verfolgt. Deren Gründerin Frau Noltenius war auch bei uns zu Gast. Zu der Zeit wurde gerade das alte Pferdemuseum frei. Mit seiner Größe und dem schönen Garten bot es viele Möglichkeiten. So sollten dort Wohnungen für Alleinlebende oder auch Paare entstehen. Daneben hätten aber auch Läden Platz gefunden, wie ein Friseur oder Kunsthandwerkerinnenladen. Ein Cafe sollte es auch geben. Wir wünschten uns noch einen Vortragsraum, der für unterschiedliche kulturelle Zwecke genutzt werden konnte. Der Garten sollte eine Sauna bekommen. Für Gäste war ein Apartment angedacht. Neben dem gemeinsamen Wohnen war die Idee, die „Tote Ecke“ Verdens zu beleben und den Besuchenden zum Beispiel einen Kinderhütesesrvice zu bieten.

Guhl: Das waren ja schon viele Ideen. Wie sollte das Projekt finanziert werden?

Brigitte: Eine Frau wollte damals ihr Haus verkaufen, 200 000 DM sollten dem Beginenmodell zur Verfügung gestellt werden. Reichte das Geld nicht, müsste zusätzlich der Rest über einen Kredit finanziert werden.

Guhl: Ihr habt einen Verein gegründet?

Brigitte: Ja, es gab die Gründung eines Beginenvereins. Jede Frau hat Geld eingezahlt. Wie viel, weiß ich nicht mehr. Wir haben uns einige Objekte angeschaut, um Ideen für die Umsetzung zu bekommen.

Guhl: Leider wurde das Projekt nicht verwirklicht. Woran lag das?

Brigitte: Das Pferdemuseum wurde an einen anderen Interessenten verkauft, der mehr Geld bot. Es hat uns sehr enttäuscht, dass unsere Idee nicht mehr Zuspruch fand.

Guhl: Ihr habt dann kein Neues Objekt gefunden?

Brigitte: Wir haben weiter gesucht, aber nichts gefunden, dass so genial war. Auch lief es untereinander nicht mehr so gut. Seit das Objekt verloren war, ging es mehr um die Menschen, und das war nicht so einfach. Irgendwie war die Luft raus. Wir haben mit einigen Vorträgen die Öffentlichkeit über unser Vorhaben informiert. Dabei ging es um ein geeignetes Objekt, die Finanzierung, die Sinnfrage, die Aufklärung über unsere Ziele und die Geschichte der Beginen.

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Doch wir hatten mit viel Ungerechtigkeit zu kämpfen. Einige Männer sahen das Projekt nicht positiv und drängten das Projekt in eine negative, sexualisierte abwertende Ecke: lauter Lesben.

Die Gelder des Vereins haben wir schließlich dem Beginenhof in Bremen zukommen lassen.

Guhl: Danke für die Informationen.

Gedanken einer Mieterin zur Gestaltung einer Wohnung (46qm),

Mai 2010

Wieder trafen sich Frauen um einen neuen Anlauf zum gemeinschaftlichen Wohnen zu unternehmen. Männer fanden sich nicht in den Anfangsgruppen. Was brauche ich um mich wohl zu fühlen und wie geht dies auch bei wenigen Quadratmetern? Dazu machte sich eine Mieterin einer kleinen Wohnung Gedanken, um Anregungen in die Gruppe zu geben:

Keller- oder Bodenraum: sind für jede Wohneinheit sind unerlässlich

Flur: Der Flur sollte so groß sein, dass er Platz bietet für eine Kommode und eine Garderobe und z. B. einen Rollator. Es sollten sich wenigstens drei Personen darin aufhalten können. Ein Einbauschrank wäre praktisch und wünschenswert. Die ausreichende Größe des Flurs könnte ruhig zulasten eines kleineren Bades sein.

Küche: Eine Küchenzeile erscheint mir ausreichend, jedoch sollte ein Abstelltisch vorgesehen werden, ggf. in Form eines Klapptisches oder einer herumgezogenen Arbeitsplatte. Zur Küche gehören muss unbedingt ein ausreichend großer Abstellraum oder Einbauschrank für Putzmittel, Vorräte, Reinigungsgeräte, gelben Sack etc. Dieser Abstellraum kann zulasten eines Essplatzes in der Küche sein – dieser könnte im Übergangsbereich zum Wohnzimmer angeordnet werden.

Es wäre schön, wenn die Höhe der Ober- und Unterschränke der Küche in rückenfreundlicher Höhe angebracht würden.

Es erscheint mir nicht nötig, Küche und Wohnzimmer durch eine Tür zu trennen, die im geöffneten Zustand entweder in der Küche oder im Wohnzimmer Stellplatz

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78 wegnimmt. So könnte man vielleicht in Form eines Rundbogens diese beiden Räume optisch trennen.

Bad: Das Bad kann klein sein und sollte keine Badewanne, sondern eine gut zu begehende Dusche mit Sitzvorrichtung haben. Die Größe des Bades kann zulasten eines ausreichend großen Flures gehen. Es wäre schön, wenn WC-Becken und Waschbecken in rückenfreundlicher Höhe geplant würden. Das kleine Bad sollte wenigstens Platz bieten für einen kleinen Badschrank für z. Handtücher. Hier wäre auch ein gemauerter und gefliester Wandabsatz über die gesamte Raumlänge, oberhalb des Waschbeckens nützlich.

Wohnzimmer: Es sollten ausreichend Steckdosen, in rückenfreundlicher Höhe vorhanden sein. Zwei Antennenanschlüsse sind wünschenswert. Über dem Essplatz sollte ein Stromanschluss vorhanden sein.

Schlafzimmer: Es sollte unbedingt eine 3m-Wand für einen ausreichend großen Kleiderschrank geplant werden. Beim nötigen Platz für ein Bett muss von einer Größe von 2x1m ausgegangen werden. Eine quadratische Form des Raumes (z.b. 3x3m) würde gewährleisten, dass man auch noch bei geöffneten Schranktüren den Raum begehen kann. Im Schlafzimmer sollte ebenfalls ein Antennenanschluss und ggf. ein Telefonanschluss vorhanden sein. Die Tür des Schlafzimmers sollte sich nicht in das Schlafzimmer

öffnen, um so Stellwand zu erhalten. Auch zwischen Wohnzimmer und Schlafzimmer könnte man auf eine Tür verzichten. Ein Rundbogen mit einem Vorhang kann hier Platz schaffen und wohnlich aussehen.

Zu viele Türen in einer kleinen Wohnung tragen optisch immer zu einer Verkleinerung der Wohnung bei, Rundbögen hingegen führen zu einer optischen Vergrößerung der Grundfläche der

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Im Rückblick: Gespräch mit Frau S.,

Projektteilnehmerin von Beginn an, April 2012

Warum will ich mit anderen zusammen wohnen und wie kann dies aussehen? Immer wieder wurden diese Fragen neu diskutiert und nach dem aktuell Erlebten umgeformt. Der Gruppenprozess verlief nicht ohne Probleme. Die Ansichten und Wünsche waren sehr verschieden und es musste ein gemeinsamer Konsens gefunden werden.

Guhl: Du bist fast von Anfang an bei dem Projekt AllerHaus dabei. In die Gruppe hast Du eine Idee, eine Vision und eine erste Projekt-Aktion eingebracht. Du hast Dich bei der Kreisbaugesellschaft nach gemeinschaftlichem Wohnen erkundigt, jedoch kaum Gehör gefunden. Diesen Impuls hast Du in die Gruppe gegeben: Ich schaffe es nicht alleine, aber zusammen ist da etwas möglich.

Frau S.: Mein Grundimpuls für ein gemeinsames Wohnen kam mit der Krankheit meines Mannes. Ich suchte eine Möglichkeit, mit anderen zusammen zu leben, um Tägliches und Neues miteinander zu teilen. Es sollte einen Freiraum entstehen, den ich für mich nutzen kann, und es sollte und einen Raum geben, den ich mit anderen Menschen gestalten kann. Das spontane Einlassen auf andere, Verpflichtungen für die Gemeinschaft übernehmen und doch eine eigene, abgeschlossene Wohnung zu bewohnen.

Guhl: Die Gruppengestaltung fand durch gemeinsame Aktionen statt: Namensfindung, Gipshäuser für die Öffentlichkeitarbeit basteln, Spaziergänge und Spieltage. Wie hast Du diese Zeit erlebt?

Frau S.: Bei den Spaziergängen war ich kaum dabei, da ich nicht so gut laufen kann.

Das Gestalten der Häuser hat viel Spaß gemacht und es war spannend zu sehen, wie die Gruppenmitglieder die Arbeiten unter sich verteilen. In Nebengesprächen gab es einige Informationen zu den Personen und der Intention zusammen zu wohnen. Es herrschte eine Gesamtstimmung zwischen Leichtigkeit, Freude und aktiver Spannung. Wir hatten Interesse an der anderen. Ich konnte mich auf die andere verlassen. Nach relativ kurzer Zeit stellte sich eine Vertrautheit ein. Es konnte Kritik

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80 gegeben, aber auch angenommen werden. Ein wichtiger Faktor war, dass ich mich in dieser Gemeinschaft zu diesem Zeitpunkt schon sehr wohl fühlte.

Guhl: Das Projekt mit der Kreisbaugesellschaft kam nicht zustande. Wie hast Du die Gruppe danach erlebt.

Frau S.: Durch das gemeinsame Gestalten des Projektes, der Dinge, die greifbar waren – der Name, das Logo, die Öffentlichkeitsarbeit – hatte die Gruppe Kräfte gewonnen, die ausreichten, um nicht zu resignieren. Jetzt erst recht, wir wissen was wir wollen.

Guhl: Schließlich hatte sich die „Aller Wohnen Genossenschaft“ entschlossen, das Wohnprojekt mit uns umzusetzen. Wie hast Du die Zusammenarbeit erlebt.

Frau S.: Im Rückblick muss ich sagen, dass die Gruppe sich zu wenig über die Genossenschaft informiert hat. Wir wussten nicht wie Du arbeiten würdest und wie konkret die anderen Projekte sich darstellten. So gingen wir mit anderen Erwartungen als die Genossenschaft an die Umsetzung. Ich hatte vorher noch nie mit Menschen zu tun, die sich in der Weise der Aller Wohnen orientieren, ökologisch und selbstverwaltet. Ich erlebte sie als sympathisch, manchmal auch etwas chaotisch. Sie gingen viel leichter an die Dinge heran, waren gewöhnt, dass sich etwas entwickelt. Der Architekt konnte die Vorstellungen zum Bau gut darlegen.

Guhl: Jede Frau konnte Einfluss auf die Wohungsgestaltung nehmen. Es gab Architektentreffen und es ging viel Zeit verloren mit der individuellen Gestaltung, wie ich finde zulasten der Gruppendynamik.

Frau S.: Ja, ich finde auch, es hat viel Zeit gekostet und den Gruppenprozess nicht voran gebracht. An manchen Stellen habe ich mich selbst zu sehr gefordert und ausgegrenzt, weil ich nicht bei allem, wie etwa die mögliche Kellerausschachtung, mithalten konnte. Die Gestaltungsmöglichkeit hätte weniger offen sein können. So wollte jede ihre Träume verwirklichen und hat das Ganze aus den Augen verloren.

Guhl: Ich erinnere mich noch gut an einen Donnerstag Ende des Jahres 2011, einem offenen Gruppentreffen. Die Stimmung war zuerst wunderbar, die ersten Verträge sollten unterschrieben werden. Ich selbst schwebte auf Wolken – alles unter Dach und Fach. Dann in einem Nebensatz der Hinweis, die Miete würde sich jährlich

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81 erhöhen – es war wie ein Taifun, der eine ganze Insel in Sekunden vernichtet. Das Projekt war einfach weg, alle Kraft verloren.

Frau S.: Für mich war die Aussage mit der Mieterhöhung das I-Tüpfelchen nach einer Reihe von Ungereimtheiten. Trotzdem ist mir immer noch nicht ganz klar wieso die Stabilität der Gruppe nicht gereicht hat, dieses Problem anzugehen, wie wir es in der Zeit nach der Enttäuschung mit der Kreisbaugesellschaft geschafft haben. Vielleicht war vieles jetzt zu fremdbestimmt.

Guhl: Du wohnst jetzt mit zwei weiteren aus der ersten Gruppe in einem anderen Haus. Wie ist der Kontakt unterreinander?

Frau S.: Leider hat sich ein engerer Kontakt noch nicht ergeben. Ich hoffe auf den Sommer, wenn man sich spontan im Garten begegnet. Vielleicht könnte eine Pinnwand im Flur Kontakt herstellen oder die Nähe zum Cura-Seniorenzentrum genutzt werden. Es gibt in diesem Haus keinen Gemeinschaftsraum, wo Treffen stattfinden können.

Guhl: Was würdest Du neuen Gruppen als Wichtigstes für ein Wohnprojekt mit auf den Weg geben?

Frau S.: Sich informieren, gerade auch über den Bauherren. Dann kommt es weniger zu Missverständnissen. Ein kleines Regelwerk erleichtert es allen, sich zu orientieren, das ist ja nicht für alle Zeiten aufgestellt und kann sich verändern.

Guhl: Ich danke für Deine Zeit und das Gespräch.

Interview mit einer Erstförderin – über ihre Gründe, aus der Gruppe auszuscheiden, Mai 2012

Guhl: Wie hast Du vom Wohnprojekt in Verden erfahren?

AllerHaus-Teilnehmerin: Eine Freundin hat mir vom Vortrag „anders wohnen als geWohnt“ erzählt und dass sich eine Wohngruppe bilden will. Die Vorstellung von einem Mehrgenerationenhaus mit Jungen und Alten begeisterte mich. Ich wünschte mir einen regen Austausch mit der Nachbarschaft. Ich wollte nicht alleine wohnen und ich wollte und will mich für neue Wohnformen einsetzen. Mit netten Menschen im

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Garten sitzen und gemeinsam etwas gestalten. Da die Mieten im AllerHaus sehr niedrig sind, konnte ich überhaupt erst konkret über ein solches Projekt nachdenken.

Guhl: Wie hast Du die damals erste Gruppe erlebt?

AllerHaus-Teilnehmerin: Es war sehr schön, mit den Frauen zusammen zu sein. Ich bin sehr vorsichtig im Umgang mit Menschen, doch hier konnte ich gleich so sein, wie ich bin. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir Ostern ein kleines Stück Garten freigeräumt hatten, um dort Kaffee zu trinken.

Ich bin stolz, dass ich zu den Ersten gehöre, die die Idee des Zusammenwohnens in Verden vorangebracht haben. Diese Entscheidung konnte ich völlig unabhängig von meinen Kindern treffen. Ich gestalte mein Leben, das gibt Sicherheit für viele andere Lebensbereiche. Ein Stück Freiheit.

Guhl: Die Gruppe hat sich mit der Zeit sehr verändert. Wie erging es Dir damit?

AllerHaus-Teilnehmerin: Die Zusammensetzung der Gruppe wechselte sehr. Eine Frau starb, es wurden Frauen krank, wieder andere schieden aus persönlichen Gründen aus der Gruppe aus. Das veränderte die Zuneigung untereinander sehr. Es kamen Menschen dazu, die andere Realitäten wollten als ich. Sie hatten eine feste Vorstellung von ihrem Dasein.

Guhl: Es kam ziemlich plötzlich, dass die Gruppe der Festentschlossenen ihr Engagement aufgab. Woran lag dies deiner Meinung nach?

AllerHaus-Teilnehmerin: Es war wie eine Implosion. Wir hatten uns zu einem normalen Treffen zusammengefunden. Alle waren bester Stimmung. Es war alles rund. Die Freude stand im Raum. In einem Nebensatz wurde dann die regelmäßige Erhöhung der Miete bekannt gegeben. Das ganze Vertrauen ging innerhalb von Sekunden verloren. Es war nichts mehr greifbar. Auch die anderen waren nicht mehr umzustimmen.

Guhl: Es gab bereits ein Objekt im Vorfeld. Das kam aus verschiedenen Gründen nicht zustande, aber die Gruppe hatte danach die Kraft, sich auf ein neues Projekt einzulassen. Wo war diese Kraft jetzt?

AllerHaus-Teilnehmerin: Wir haben schon gekämpft und auch einige Veränderungen erreicht, wie die Staffelung der Mieterhöhungen, je nach

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Einkommensart. Doch es war ein Fass ohne Boden, immer taten sich neue Arbeitsfelder auf, wie den Garten selbst entrümpeln, den Keller ausheben. Vieles war für einige auch körperlich gar nicht leistbar.

Ich wollte in eine Wohnung mit netten Menschen in ein Haus einziehen und Verantwortung für das Projekt übernehmen, aber nicht immer wieder mit Dingen konfrontiert werden, deren Folgen nicht überschaubar waren. Das Geld machte mir große Sorge, denn ich muss sehr gut haushalten und jeden Euro zusammenhalten.

Dann sind weitere Frauen, die ich sehr mochte aus dem Projekt ausgeschieden und so fehlten mir die Ansprechpartnerinnen mit gleicher Wellenlänge.

Die Missverständnisse zwischen der Genossenschaft und der Gruppe wurden immer größer. Heute würde ich sagen, beide Gruppen hätten sich im Vorfeld mehr mit der jeweiligen Vorgehensweise befassen müssen. Auch für die Genossenschaft lief es ja anders als bei den sonstigen Projekten.

Ich habe mich dann verabschiedet. Aber ich beweine immer noch meinen Traum. Vielleicht hätte ich doch einen längeren Atem haben und gelassener auf die Dinge schauen sollen. Mir mehr Zeit geben. Aber das Thema arbeitet noch sehr in mir.

Guhl: Was würdest Du Menschen, die ein Wohnprojekt gestalten wollen, mit auf den Weg geben?

AllerHaus-Teilnehmerin: Die Chemie zwischen den Menschen muss stimmen. Der Generationenmix ist mir wichtig, dass muss dann gesteuert werden, damit viele Jahrgänge vertreten sind. Es muss einen Bauherrn geben, dem klar ist, was zu tun ist und wie es umzusetzen geht, der die Formalien regeln.

Die Menschen brauchen Kraft, Fantasie und eine Vision. Ich denke, die Gesellschaft benötigt diese Form des Miteinanders. Sie ist für alle ein Gewinn. Das ist bürgerschaftliches Engagement, jede und jeder kann sich einbringen mit dem, was gekonnt wird, kann sich auf Neues einlassen und Hilfe erhalten, die nötig ist, und sie mit Freuden annehmen.

Guhl: Habe lieben Dank für das Gespräch.

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Gespräch mit einer Frau, die von der Hausgeschichte Cluventalstraße in den 1950/60er Jahren erzählt, Juni 2012

Das Haus in der Cluventalstraße steht seit den 1920er Jahren. Zunächst bewohnt von Angestellten der Post wurde es in den letzten Jahren als Unterkunft für wohnungslose Menschen genutzt. Die Wohnungen bestanden aus zwei Zimmern und einer Küche. Die Toilette befand sich im Treppenhaus.

Das Haus in der Cluventalstraße hat eine Geschichte. Leider sind wenige Informationen dazu erhalten. Umso schöner Silke kennen zu lernen, die dort geboren wurde und einen Teil ihrer Kindheit in der Cluventalstraße verbracht hat:

Ich wurde 1955 zu Hause geboren, auf einem roten Plüschsofa. Es war die Hebamme dabei. Sie betreute meine Mutter bei der Geburt und im Wochenbett. Auch mein Bruder wurde zu Hause geboren, auf dem gleichen Sofa.

Nach dem Krieg waren nicht viele Wohnungen frei und so wohnten wir bei den Großeltern in der Cluventalstraße.

Neben dem Wohnzimmer, gab es ein Schlafzimmer, das Zimmer der Eltern. Hier stand auch das Kinderbett, es gab kein Kinderzimmer.

In der Wohnküche spielte sich der Alltag ab. Außer einem Esstisch gab es dort einen Lehnstuhl und eine Chaiselongue. Wir wuschen uns in der Küche. Ich weiß gar nicht was es für ein System gab, damit wir die Intimsphäre wahren konnten, denn die Tür konnte nicht abgeschlossen werden. In der Wohnung lag immer ein Bohnerwachsgeruch, es wurde viel geputzt.Geheizt wurde mit einem Kohleofen. Gekocht wurde auf dem Gasherd. Es gab viele Eintöpfe, abends Milchsuppe mit Gries, Reis oder Nudeln und hinterher Bratkartoffeln aus rohen Kartoffeln und Zwiebeln.

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Wir wohnten unter dem Dach, überall waren Schrägen. Das Treppenhaus war eng, der Flur lang und dunkel, zum Ausgang hin ein regelrechter Schlauch. Die Toilette lag eine Treppe tiefer. Wo die Wäsche gewaschen wurde, weiß ich nicht mehr, nur dass sie im Garten auf der Leine flatterte.

Zu jeder Wohnung gehörte ein Stück Garten. Die Gärten waren eingezäunt. Wir hatten einen Schäferhund, der dort eine Hundehütte hatte. Er war immer im Freien. Der Hund war mein Beschützer. Einmal kroch ich in seine Hütte und erst die Großmutter konnte mich dort herausholen, weil der Hund alle anderen anknurrte.

Im Garten lebten außerdem Hühner. Ich wollte einmal sogar das Hühnerhaus erobern. Kaninchen wurden in Ställen gehalten, gefüttert und geschlachtet.

Der Garten wurde mit Nützlichem bepflanzt. Die Familie besaß zudem in der Nähe eine Parzelle, auf der Gemüse angebaut wurde. Meine Großmutter liebte Spargel und so gab es ein Beet für den Anbau und in der Saison täglich Spargel.

Die Großeltern wohnten schon länger hier, meine Großmutter putzte beim Versorgungsamt, beim öffentlichen Dienst und bekam so wahrscheinlich die Wohnung, die für Postbedienstete gedacht war. Mein Vater arbeitete bei Borgward, dem Autobauer. Mutter trug Zeitungen aus. Erst fuhr der Vater mit dem Zug zur Arbeit, später gab es ein Moped.

So ganz einfach war das Zusammenwohnen nicht. Alle lebten eng aufeinander. Die Kontrolle über die Einzelnen war schon groß: Wurde am Sonntag das Sonntagskleid getragen und wessen Wäsche hing sonntags auf der Leine im Garten? Alle kannten sich und wussten, wo welche Kinder zu Hause waren.

Es gab kein Telefon in den Wohnungen. Ein Kaufmann im Umfeld besaß eines. Von dort konnte man anrufen oder er kam ins Haus und sagte, da wäre ein Anruf für die Familie.

Die Umgebung war nicht sehr verlockend. Es war Nachkriegszeit, Richtung Bahn gab es Abhänge. Ein Kind stieß mich den Abhang hinunter in die Brennnesseln. Meine Mutter war böse und ich hatte rote Haut.

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Viel Verkehr war nicht. Einmal lief ich – ohne zu schauen – im Sauseschritt aus dem Haus auf die Straße und wurde von einem Fahrrad angefahren. Ich fühlte mich überfahren.

Gegenüber wohnte ein Nachbar der hatte Ziegen, aber die waren nicht so spannend, doch er konnte zielsicher spucken, das imponierte uns.

Eine Tante wohnte nicht weit entfernt in der Eitzerstraße. Ich erinnere mich, dass sie mir in der Cluventalstraße einen kleinen Schneemann auf dem schrägen Fenster baute.

Kinder zum Spielen gab es genug. Wir spielten auf der Straße. Es gab wenig Spielzeug, einen Ball, Puppen, zum Teil von den Eltern übernommen, einen Puppenwagen aus Holz. Eben die richtigen Mädchendinge. Ich hatte außerdem einen Dackel aus Holz, der gezogen werden konnte und dessen Beine sich eiernd bewegten. Im Garten gab es Sand zum Buddeln und eine Zinkbadewanne voll Wasser. Wir spielten auch mit den Tieren: Hund, Katze, Hühnern, Kaninchen, Kanarienvögel

Als Spielkleidung hatte ich rote Pumphosen an. Alle hatten solche Hosen. Ich war nie allein, eine Person war immer zu Hause. Die Frauen arbeiteten, waren aber auch immer für die Kinder präsent. Die ganze Straße passte auf die Kinder auf.

Die andere Großmutter war Schneiderin und hatte so ihre eigene Familie als Kriegerwitwe und die Kinder ernährt. Wir hatten dadurch immer schicke Kleider, ich erinnere mich an ein Kleid rot mit Punkten und einem großen Kragen und ein „Hochzeitskleid“ gesmokt im Oberteil und eine Jacke mit Puffärmeln dazu – und das für ein kleines Kind.

Ich war oft bei den Nachbarn, die eine Katze hatten. Ich hatte sie in Besitz genommen und sie war auch oft in unserer Wohnung. Eines Tages wurde sie abgeholt, ich weiß nicht warum, nur dass ich sehr enttäuscht war, weil ich sehr an ihr gehangen hatte.

Eingekauft wurde zum großen Teil bei einem Kolonialwarenhändler in der Fabrikstraße. Ich war ganz stolz, weil ich dorthin allein einkaufen gehen konnte. In der Hand ein kleines Portemonnaies und einen Zettel.

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Ich könnte mir vorstellen, dass das Leben im AllerHaus sich ähnlich gestaltet. Alle wissen voneinander, unterstützen sich und beobachten sich auch.

Eine Nachbarin über ihre Erfahrungen mit den Umbaumonaten und Kontakt zum AllerHaus, Mai 2012

Bedingt durch die vorangehende Nutzung als Wohnungne für obdachlose Menschen waren die Nachbarn sehr gespannt welche Menschen sich für das Wohnprojekt AllerHaus zusammentun würden. Einige begleiteten aufmerksam das Projekt, kamen zu den Infoabenden und waren durchweg positiv gestimmt.

Guhl: Wie lange wohnen Sie schon in der Nachbarschaft der Cluventalstr. oder in der Nachbarschaft?

Nachbarin: Ich wohne seit Oktober 1999 in der Fabrikstr. 3, also angrenzend an das Haus in der Cluventalstr.

Guhl: Wohnen Sie gern hier?

Nachbarin: Ja, man wohnt sehr zentral hier, ob nun zum Bahnhof oder in die Stadtmitte - es alles zu Fuß gut erreichbar ist. Dabei ist es auch noch ruhig, manchmal hört man die Bahn, aber hauptsächlich nur, wenn der Wind falsch steht.

Guhl: Wie haben Sie das alte Haus in der Cluventalstraße gesehen?

Nachbarin: Als wir umgebaut haben, wurden wir häufiger von den Kindern, die dort in dem Haus wohnten, etwas gestört, zum Teil kletterten sie auf der Baustelle herum, als das Haus fertig war, bewarfen sie es mal mit Eiern oder Obstteilen, was schon lästig war. Sie kletterten gern über die Mauer, um dort Ninja-Reiter zu spielen. Tagsüber wurde dort viel gefeiert und gegrillt und wenn wir so um 18.00 h von der Arbeit nach Hause kamen, war der Rauch und auch die Lautstärke schon manchmal ätzend laut. Das Haus war in einem sehr schlechten Zustand.

Guhl: Gab es Kontakt/Probleme mit den Nachbarn?

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Nachbarin: Es gab viel Lärm- und Streitbelästigung - samstags war oft die Polizei dort, um irgendwelche Streitereien zu schlichten. Es gab wohl viele Nachbarn, die sich gestört fühlten und dem Radau ein Ende bereiten wollten. Wir haben aber auch sehr nette Leute kennengelernt. Eine albanische Familie mit einem 3jährigen Kind, das häufig den Ball bei uns herüberwarf, war dort untergebracht, obwohl diese Leute wirklich nett, gebildet und umgänglich waren. Das war zum Teil sehr traurig, in welche Missstände manche Menschen geraten waren und daher dort wohnen mussten.

Guhl: Wie erleben Sie die Umbaumaßnahmen?

Nachbarin: Was nicht nur mich sondern die ganze Nachbarschaft gewundert hat, war der Beginn des Dachabbaus Ende September/Anfang Oktober 2011. Der Herbst stand vor der Tür und das Dach wird abgeflext, wobei es ohne Ende Staub gab und die Nachbarschaft doch ziemlich "verstaubt" wurde. Da hätten wir uns schon gewünscht, dass der Bauherr hier mal ein paar Gutscheine für Fensterputzer oder ähnliches bereitstellt bzw. auch mal eine Entschuldigung ausspricht, dass es hier so staubt. Dann kam hinzu, dass nur Wenige - die aufmerksam Zeitung lesen - davon erfuhren, dass es nun losgehen sollte mit den Umbaumaßnahmen, ansonsten gab es keine Benachrichtigung. Die kurze Vorstellung im November geschah dann draußen, weil die Umbaumaßnahmen langsamer vorankamen als geplant. Ab Mitte Dezember stand dann alles still, was uns sehr wunderte, da das Wetter eigentlich ungewöhnlich mild war. Im Januar sollte es dann weitergehen und mir wurde zum Beispiel vom Architekten Elbers gesagt, dass das Gerüst, welches bei mir auf der Terrasse steht, dort max. 6-8 Wochen stehen würde und die Bauarbeiter auch alles schön wieder aufräumen würden. Nun haben wir Ende April, das Gerüst steht immer noch da, die Terrasse ist völlig verschmutzt, auch meine Pflanzen, und es sieht nicht so aus, als ob es dort bald weg käme. Mein Nachbar, der auf seiner Dachterrasse nichts machen konnte, hat sich schon beschwert und somit wurde es abgebaut. Bin gespannt, ob sich mal jemand bei mir entschuldigt oder mich aufklärt, wie lange alles noch so brach liegt. Die Umbaumaßnahmen sind m.E. sehr langsam und wenn ich mir die verputzte Wand ansehe, finde ich das nicht gerade fachmännisch gemacht. Ich bin gespannt, wie lange diese noch andauern.

Guhl: Was erwarten Sie sich von den neuen Mitbewohnern?

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Nachbarin: Ich denke, dass die neuen Mitbewohner durchaus verantwortungsbewusst sind und alle daran interessiert sind, ein gutes Miteinander zu leben.

Guhl: Kennen Sie schon einige neue Nachbarn?

Nachbarin: Frau Breuer kenne ich, weil ich im Liekedeeler schon ein paar Partys gefeiert habe. Ansonsten kenne ich nur einige Mitbewohner vom Treffen am Allerhaus und vom Liekedeeler-Treffen.

Guhl: Wie stellen Sie sich ein Wohnprojekt vor?

Nachbarin: Nach meinem Verständnis heißt es viel Miteinander, d.h. Aufgaben und Pflichten sind gemeinschaftlich zu erfüllen, aber auch nettes Miteinander - wie Feiern oder lockeres Zusammensein erleben. So z.B. Gartenarbeiten aber auch Gartenfeiern gemeinsam zu planen und durchzuführen.

Guhl: Wo sehen Sie Konfliktstoff?

Nachbarin: Konfliktstoff sehe ich dann, wenn die Meinungen auseinander gehen und kein Kompromiss gefunden werden kann. Ich hoffe, dass alle so erwachsen sind, dass ich da immer eine Lösung finden lässt.

Guhl: Wie sieht für Sie eine gelebte Nachbarschaft aus?

Nachbarin: Nachbarschaft bedeutet für mich, ein freundliches Miteinander zu leben, so z.B. auch mal einen Plausch über den Gartenzaun zu halten, sich gegenseitig auszuhelfen (z. B. wenn meine Nachbarin keine Eier mehr hat und der Supermarkt geschlossen ist oder ich mal Gartenstühle brauche, weil meine nicht ausreichen). Nachbarschaft heißt auch Rücksichtnahme und Absprachen bzw. ein Geben und Nehmen. Es gibt in der Fabrikstraße einige Nachbarn, die sehr eng miteinander verbunden sind (wie z.B. die alten Leute etc., die dort auch schon ewig wohnen, oder es gibt die neueren Nachbarn, die sich aneinander gewöhnt haben und zum Teil auch enger miteinander verbunden sind und es gibt diejenigen, die nur ganz oberflächlichen Kontakt halten. Der Grundsatz: Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu"!

Rosemarie Guhl – Gleichstellungsbeauftragte Stadt Verden – Oktober 2013

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Interview mit Hilde und Edward, Mitbewohnerin und Mitbewohner im AllerHaus, Februar 2013

Mittlerweile sind die ersten Bewohnerinnen ins Haus gezogen. Wie sind die ersten Erfahrungen im lebendigen Miteinander?

Guhl: Ihr seid jetzt eingezogen. Wisst Ihr noch, wie der erste Eindruck von der Gruppe war?

Hilde: Ich habe beim Seniorenbüro von dem AllerHaus erfahren und war dann zuerst bei Dir, Rosemarie. Noch am selben Tag habe ich beim Vereinsvorstand angerufen. Die Gruppe habe ich dann auf einer Informationssitzung erlebt. Ich fand die Menschen nett, normal und ausgeglichen. Ich hatte gleich spontan eine Idee, wen ich mir als Nachbarn vorstellen konnte und mein Wunsch ging auch in Erfüllung.

Bei einem Besuch lernte ich dann gleich Marlene (11 Jahre) kennen. Sie sollte etwas stricken und kam nicht damit zurecht. Ich konnte ihr Hilfe anbieten.

Insgesamt war ich sehr aufgeregt, ich wollte in das Haus einziehen und die Gruppe sollte mich aufnehmen. Mit meiner Tochter hatte ich hatte ich schon lange nach einer Wohnmöglichkeit in Verden gesucht und es war frustrierend nichts zu finden. Dreimal trifft man sich ja mit der Gruppe, die dann entscheidet, ob man aufgenommen wird. Die Gruppe wollte mich noch ein viertes Mal sehen, da hab ich gesagt, das halte ich nicht aus, sie müssen sich jetzt entscheiden. Und es hat geklappt. Mir fiel ein Stein vom Herzen.

Edward: Im April kam ich mit meiner ältesten Schwester zum Infotag. Ich wohnte damals Parterre in einer dunklen Wohnung in Syke. Über die Gruppe war ich zuerst erschrocken, die Sprache, dass sich vorstellen. Ich war sehr zurückhaltend. Habe mich mit Bekannten ausgetauscht, die nicht glaubten, dass ich umziehe. Ich war nicht so ganz überzeugt. Es hat lange gedauert, bis ich mich entschlossen habe, diesen Schritt zu wagen. Am wenigsten Sorgen machte ich mir darüber, mich einzubringen in die Gruppe, denn ich komme aus einer großen Familie und weiß, dass alle sich da einbringen und mithelfen müssen. Es ist ein stetes Geben und Nehmen.

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Dann habe ich als Elektromeister auch die Arbeit auf dem Bau gesehen und konnte die ja auch beurteilen und auch das, was nicht so gut lief. Die anderen waren sehr euphorisch und wir haben uns gegenseitig aufgebaut. Als ich dann umgezogen bin, wurde gerade erst meine Wohnungstür eingebaut.

Guhl: Ihr seid zurzeit die ältesten. Gibt es besondere Erwartungen an Euch?

Hilde/Edward: Nein überhaupt nicht. Wir leben wie Nachbarn zusammen, wenn es etwas zu tun gibt, wird es besprochen und wenn wir Zeit haben, übernehmen wir Dinge, wie ein Paket annehmen usw. Wir beide sitzen natürlich öfter zusammen, haben uns viel zu erzählen.

Guhl: Was ist Euch wichtig an dieser Art des Wohnens?

Hilde: Wir wohnen ja in einer Genossenschaft, da sind wir so eine Art Eigentümer und können nicht wegen Eigenbedarf, wie es mir geschehen ist, gekündigt werden. Im Alter muss man für das letzte Drittel alleine sorgen. Das entlastet auch die Kinder. Es braucht einen Platz zum Altwerden. Es ist ein Luxus, mit der Gruppe zusammen zu wohnen. Wir gehen als Gruppe spazieren, toben wie Kinder durch den Wald und lachen uns gesund.

Früher habe ich es auch in anderen Gruppen versucht, Chor oder Sportverein. Aber da kam ich nicht zwischen. Entweder sie schnackten Platt, was ich als Flüchtlingskind nicht kann, oder es wurde viele getrunken, was mir auch nicht gefiel. Schon aufgrund dieser Erfahrungen habe ich kaum geglaubt, es so gut zu treffen.

Edward: Ich bin sicher, ich werde nicht alleine sein, nicht hilflos bleiben. Das AllerHaus ist ein Ankerpunkt.

Guhl: Gefällt es Euch, mit Kindern zusammen zu leben?

Hilde: Doch und es ist schön, helfen zu können, wie beim Stricken. Doch ich brauche auch Ruhe, habe ja auch Enkelkinder. Und nicht zu vergessen Paul, meinen Dackel, der benötigt auch Zuwendung.

Edward: Ich mag mit den Kindern im Garten sein.

Guhl: Habt Ihr Kontakt zu den Nachbarn?

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Hilde/Edward: Mit einer türkischen Frau halte ich mal ein Schwätzchen. Insgesamt sehen die Nachbarn das Haus positiv, haben mit den vorgegangenen Mietern ja auch recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Wenn mal alle eingezogen sind, sollte es eine Feier geben mit den Nachbarn.

Guhl: Welche Erwartungen hättet Ihr an die Menschen, die jetzt neu einziehen?

Hilde: Sie sollen intellektuell zu uns passen und bereitwillig und gern, und vor allem nicht mit endlosen Diskussionen, die notwendigen Arbeiten übernehmen. Freundlichkeit ist auch wichtig. So eine gleiche Art um – wie Edward sagt – in unserer Großraumfamilie zu leben.

Edward: Sie müssen aktiv gestalten wollen, dann findet sich immer ein Weg. Ein paar jüngere Leute wären auch gut, so ein oder zwei Generationen jünger als wir, auch Kinder, aber dafür sind die Wohnungen wohl zu klein.

Guhl: Habt Ihr noch besondere Wünsche?

Hilde/Edward: Gesund zu bleiben, damit wir den Luxus unserer Großraumfamilien noch lange aktiv erleben und gestalten können.

Guhl: Ich dankte Euch für Eure Offenheit.

Interview mit Stephan, im Vorstand der Aller Wohnen Genossenschaft und Hausmeister AllerHaus und seiner Tochter Marlene (11Jahre, Januar 2013)

Guhl: Marlene, was findest Du gut an der neuen Wohnung?

Marlene: Wir haben nette Nachbarn. Die Wohnung liegt zentral, ich kann schnell mal ein Schulheft kaufen und muss es nicht vorher einplanen. In Morsum (früherer Wohnort) mussten wir für alle Einkäufe das Auto benutzen. Auch bis zur Bibliothek ist es nicht weit und meine Schule liegt um die Ecke.

Guhl: Was ist nicht so schön hier?

Marlene: Wir haben hier nicht so viel Platz. Unser alter Garten war größer und es hatte Kletterbäume.

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Guhl: Was wünscht du dir denn für die nächste Zeit?

Marlene: Der Garten soll fertig werden und die Gemeinschaftswohnung auch. Xenia und ich wollen gern über dem Fahrrad-Port ein Baumhaus.

Guhl: Stephan, wie hast Du vom Projekt erfahren?

Stephan: Wir waren auf der Suche, nach einer Stadtwohnung und da hat Dieter Mensen (Vorstand AllerHausverein), Susanne (Stephans Ehefrau) und mich auf das Projekt aufmerksam gemacht. Wir haben dann den Infotag genutzt, um uns selbst ein Bild zu machen.

Guhl: Ihr habt noch die Vorläufergruppe kennen gelernt. Wie war Euer Eindruck?

Stephan: Wir waren mit Abstand die Jüngsten und hatten andere Bedürfnisse, etwa zur Wohnungsgröße, Gartennutzung und Unterstützungsmöglichkeiten.

Guhl: Warum hat sich Deiner Meinung nach diese Gruppe getrennt?

Stephan: Die Gruppe hat sich zu wenig um die Strukturen der Aller Wohnen gekümmert. Sie waren in keinem Gremium, wie der Organisationsgruppe oder im Vorstand vertreten, obwohl das die Genossenschaftsregeln vorsehen. Durch das Wissen, wie die Genossenschaft funktioniert, was es heißt ökologisch zu leben und solidarisch zu handeln, hätte gerade im Bereich der Finanzen sich einiges entzerren können. Wenn man die Hintergründe versteht, kann man erstens die Umstände besser verstehen und kommt auch leichter zu Kompromissen, erhält ein anderes Bewusstsein. Die Aller Wohnen wird im Wesentlichen ehrenamtlich geführt. Für gewisse Aufgaben werden Vergütungen gezahlt. So arbeiten einige Menschen nur stundenweise an den unterschiedlichen Projekten.

Guhl: Welche Aufgaben hast du jetzt übernommen?

Stephan: Ich bin im Vorstand der „Aller Wohnen Genossenschaft“, als Hausmeister im Ökozentrum und auch im Haus tätig, koordiniere und überwache im Haus die Arbeiten und tausche mich mit den Architekten aus. Durch meine Ausbildung, ich bin Tischler, kann ich mich ganz gut in diese Arbeiten einfinden.

Guhl: Eigentlich sollte der Umbau ja viel schneller erfolgen. Jetzt hat es zwei Jahre gedauert. Woran liegt das?

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Stephan: Es gab doch einige Koordinationsschwierigkeiten zwischen der Aller Wohnen, als Bauherrn und den Architekten. Die Abstimmungen gelangen nicht immer und dann suchen sich die Handwerksbetriebe andere Aufgaben und stehen nicht zu jedem Zeitfenster zur Verfügung. Es musste dann einmal einen Krach geben, danach haben sich neue Wege gefunden.

Guhl: Du bist im Vorstand der Aller Wohnen und Susanne ist im Vorstand des Aller Haus Vereins. Hat die Gruppe nun besondere Erwartungen an Euch? Wie schafft Ihr es, offizielle Aufgaben zu haben und Hausmitglieder zu sein?

Stephan: Das ist schon eine Gratwanderung. Es ist nicht immer einfach nein zu sagen und die Verantwortung anderen zu überlassen. Aber wir haben jetzt Arbeitsgruppe gegründet, etwa für die Gartengestaltung oder die Errichtung des Fahrrad-Ports. Es haben sich noch zwei weitere Gruppenmitglieder gefunden die in der Organisationsgruppe mitarbeiten. Zwei betreuen das Telefon für Neuanfragen. Demnächst haben wir wieder eine Klausursitzung mit professioneller Unterstützung, um solche Fragen anzusprechen und Lösungen zu finden.

Dass Susanne und ich Vorstandsämter besetzen würden, war nicht geplant. Meine Frau kann gut einen Rahmen für den Zusammenhalt schaffen.

Guhl: Wie ist denn die Stimmung der Gruppe?

Stephan: Oh, wir sind uns ziemlich einig. Haben ähnliche Ideen. Es gibt Aktivitäten, wie gemeinsam zu essen, den Keller zu gestalten. Zur Zeit suchen wir ja noch neue Mitwohnende und da gilt es schon, gut abzuwägen, wer zu uns passt. Das Wichtigste ist das Zusammenleben. Die Menschen müssen zusammenpassen. Alles andere, wie die Wohnungsgestaltung und die Finanzen, ist nachrangig. Da findet sich schon eine Lösung.

Guhl: Ihr müsst einen Eigenanteil von 140 000 Euro aufbringen, wird Euch das gelingen?

Stephan: Es fehlt dazu nicht mehr so viel Geld und doch wünschen wir uns Menschen, die das Projekt mit Einlagen gegen Zinsen als Fremdanleger unterstützten. Es werden dazu jetzt verschiedene Modelle angedacht, wie das gelingen kann.

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Guhl: Was sagen die Nachbarn zu Euch?

Stephan: So viele haben wir bedingt auch durch das Wetter nicht getroffen. Da im Haus ja noch Bauarbeiter tätig sind, haben wir vor Ort genug zu tun. Für die Straße ist das Haus eine Aufwertung, schon rein optisch.

Guhl: Ich danke Marlene und Dir, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt.

Gespräch mit Claudia, Mitbewohnerin im AllerHaus, April 2013

Der Einzug der Mitwohnenden geht nicht so zügig voran, umso spannender die Vorfreude auf das was die einzelnen erwartet.

Guhl: Was sind deine Erwartungen an die Wohnform, gemeinsam wohnen?

Claudia: Ich erwarte, dass wir von vornherein bereit sind, in Kontakt zu treten, auch solche, die sich vielleicht nicht so sympathisch sind, dazu braucht man auch mal Überwindung – aber es ist wichtig! Ich mag nicht, wenn Schwierigkeiten nicht angesprochen werden und so vor sich hin gären. Ich erwarte auch Hilfsbereitschaft in Krisenzeiten, wenn man mal krank ist oder eine Mitfahrgelegenheit braucht oder ein paar Tipps, ob es nun im Garten ist, oder man wissen will, mit welchen Stromanbietern gute Erfahrungen gemacht wurden oder wenn man Hilfe beim Lesen von Verträgen oder Behördenbriefen gut gebrauchen könnte. Jeder hat seine Schwerpunkte, die anderen zugutekommen können.

Guhl: Was tut Dir an der Gruppe gut? Hast du Befürchtungen?

Claudia: Es tut mir jetzt schon gut, wenn ich fühle, dass mir Menschen entgegenkommen, die bereits im AllerHaus wohnen, die sich immer freuen, wenn ich angereist komme, ich komme meistens mit der Bahn aus dem Harz.

Meine Befürchtungen sind, dass ich mich noch eine ganze Zeit etwas fremd fühle einigen Mitbewohnern gegenüber, weil ich zu einer Gruppe stoße, die sich schon relativ lange kennt, zumindest im Kern – doch wenn ich Bereitschaft zeige, müsste es eigentlich klappen.

Da ich älter bin als andere, hoffe ich, dass das kein Hindernis ist im "generationen- übergreifenden Verständnis".

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Da ich Verden kaum kenne, werde ich mich vielleicht in der ersten Zeit etwas fremd fühlen, ich werde Mitbewohner ansprechen, ob sie mit mir die Stadt erkunden, an die gehen, in Ruhe im Garten überlegen, wie wir ihn schön gestalten können.

Guhl: Wie möchtest du dich in die Gruppe einbringen?

Claudia: Ich möchte bei lockeren Gesprächen erfahren, was ich und andere "bieten" und "geben" können, z.B. fahre ich gern Rad, bin gern im Garten, bin bereit, bei Bedarf für andere was mitzubringen vom Einkauf oder ich kann was aus der Apotheke holen, ich hätte Lust, an bestimmten Tagen einen großen Topf Eintopf zu kochen, nach vorheriger Absprache, beim Essen lässt es sich gut plaudern und es gibt bestimmt Leute, die nicht so gern kochen wie ich. Ich habe Erfahrung im Umgang mit blinden Menschen, was vielleicht gern angenommen wird. Ich will Sport treiben, z.B. Nordic-Walking, schwimmen, Reha-Sport und Zumba und es ist leichter, den inneren Schweinehund zu überwinden, wenn man das zu mehreren macht, mindestens zu zweit, dann hat man mehr Struktur, dann klappt das erfahrungsgemäß besser. Manches, was Spaß macht, wird sich erst entwickeln, wenn man erfährt, was die anderen gern machen.

Guhl: Hast du Interesse an Nachbarschafts-Aktionen?

Claudia: Grundsätzlich ja, denn ich halte es für wichtig, sich bekannt zu machen, auch weil die Gegend früher ein sozialer Brennpunkt gewesen sein soll, auf einem Sommerfest oder an einem Tag der offenen Tür kann man sich kennen lernen, aber am Anfang unseres Zusammenwohnens liegt für mich der Schwerpunkt bei den Allerhäuslern, die anderen Nachbarn lerne ich dann nach und nach kennen, da ich sehr gern Katzen mag, wird sowieso Gesprächsstoff mit der Nachbarschaft da sein, denn ich ziehe mit meinem Kater ein, auch er soll sich integrieren, auch das ist ein Abenteurer, so wie das ganze Projekt.

Da ich viele Jahre alleinerziehend war und mich oft überfordert fühlte und auch schlechte Erfahrung machte, wenn ich jemanden um Hilfe gebeten hatte, möchte ich jetzt diese unangenehmen Erfahrungen überwinden und neu und offen auf andere Menschen zugehen, mit der Gewissheit, dass die Allerhäusler grundsätzlich bereit sind, miteinander in Kontakt zu treten. Ich habe gemischte Gefühle, doch die Freude, andere Menschen und andere Lebensformen kennenzulernen überwiegt.

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Ich selbst habe 10 Jahre in der Altenpflege gearbeitet und beobachtet, dass Menschen, die in einem sozialen Netz eingebunden sind, viel länger selbstbestimmt leben und sich bei Bedarf professionelle Pflege Hilfe kommen lassen können, die Menschen, die aber erwarten, dass die professionellen Pflegekräfte Zeit haben für ein Gespräch oder eine andere Angelegenheit, die Ruhe und Geduld erfordert, werden enttäuscht, das können sie nicht leisten, und das hat mich oft traurig gemacht, ja ich war sogar wütend auf die Familienmitglieder, die denken, wenn der Pflegedienst kommt, sind sie von jeder Pflicht befreit. Da finde ich, dass das Prinzip des AllerHauses einfach viel mehr Möglichkeiten bietet.

In der Winterzeit, wenn draußen nichts mehr zu tun ist, hätte ich Spaß daran, die AllerHäusler zu fragen, ob sie nicht Lust hätten, mit mir eine Ausstellung im AllerHaus, in der Gemeinschaftswohnung zu machen, zu einem bestimmten Thema, z.B. Heimat, Leben im Alter, Freundschaft, Kraftorte, Vorbilder, faszinierende Landschaften. Vielleicht bringen die AllerHäusler noch viel mehr andere Themen zusammen. Das schwebt mir so vor und wenn wir dann diskutieren und uns Gedanken darüber machen, lernen wir uns auch besser kennen, vielleicht mal von einer ganz anderen Seite. Um die Wände nicht allzu sehr mit Schrauben und gewichten zu belasten, könnten wir Stellwände herstellen, ich habe noch ein paar Scharniere dafür.

Guhl: Danke für Deine Offenheit.

Interview mit Katharina Midasch,

Mediatorin, Mai 2012

Um sich über verschiedene Aspekte des zusammen Wohnens klar zu werden, Strukturen zu schaffen und kritische Punkte anzusprechen, traf sich die Gruppe mit einer Mediatorin.

Guhl: Katharina, seit fast vier Monaten begleitest Du die Wohngruppe im AllerHaus. Wie bist Du dazu gekommen?

Katharina: Eine Freundin möchte ins AllerHaus einziehen und da die letzte Gruppe sich gerade aufgelöst hatte, stand ein Neuanfang an. Die Freundin bat mich, die

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Gruppe anzuleiten, um einen roten Faden bei den offiziellen Gruppenabenden und beim internen Klausurtag zu bekommen. Im Internet sah ich mir dann die Seite Aller Wohnen – AllerHaus an, um zu wissen was dort geplant wurde.

Guhl: Was hast Du von der ersten Sitzung erwartet?

Katharina: So eine klare Vorstellung hatte ich gar nicht. Ich erlebte, dann einen Gruppenabend mit vielen neuen Anwesenden. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Viele Gespräche liefen zeitgleich und es war nicht klar, wer für was zuständig war. Der Vertreter der Aller Wohnen kam einfach hinzu und so nahm der Abend wieder einen neuen Verlauf. Für mich und sicher auch für die Menschen, die sich informieren wollten, sehr undurchsichtig. Es waren auch Nachbarsfrauen dabei, die wieder ein anderes Ziel, als die Einzugsinteressierten hatten. Dazu Menschen die das Projekt ideell unterstützen und sich auch einbringen möchten. Das sind viele unterschiedliche Interessenlagen.

Darüber hinaus bringen die potentiellen Mitwohnenden sehr unterschiedliche Vorerfahrungen mit. Wie werden Entscheidungen und Absprachen getroffen? Wie organisieren wir was? Was bedeutet selbstverwaltet, was ist das Konsensprinzip, wieso sind Respekt, Schutz und Integration statt Diskriminierung ein Thema.

Guhl: Welche Idee hast Du, daraus für die nächsten von Dir moderierten Abende entwickelt?

Katharina: Wichtig war mir, alle Anliegen zu beachten, aber mehr Struktur in den Ablauf zu bringen. Klare Absprachen helfen Allen sich zu orientieren. Ich habe dann drei Plakate angefertigt. Auf dem ersten habe ich den Ablauf des Abends mit zeitlichen Strukturen und wer sagt was zu welchem Thema aufgeschrieben.

Für die Vorstellungsrunde gibt es einen kleinen Leitfaden, was jede, jeder, wenn sie oder er möchte zu sich sagen sollte. Also etwas zur Person, zu den bisherigen Wohnerfahrungen und zu den Erwartungen an das Projekt.

Ein anderes Plakat zeigt, wer sich schon fest entschlossen hat im AllerHaus zu wohnen. Neben den Worten, gibt es damit durch die Plakate eine bildhaftere Begleitung durch den Abend.

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Wichtig ist mir auch die Zeit einzuhalten. Von 19 bis 20 Uhr können sich Interessierte Informationen holen. Danach ist die Gruppe unter sich und kann mit den Architekten, der Genossenschaft Interna besprechen. Ich habe auch angeregt, dass Interessierte sich anmelden mögen, dann weiß die Gruppe vorher, wer kommt und hat schon eine kleine Vorstellung von den Menschen. Daneben ist es wichtig, dass Gruppenmitglieder zur Begrüßung schon frühzeitig anwesend sind.

Guhl: Ich merke, dass die Struktur der Gruppe gut tut und sie gibt ihr Sicherheit in der Präsentation. Das ist sicher eine gute Vorarbeit für die späteren Hausabende, die ja auch eine Struktur benötigen.

Katharina: Strukturen sparen letztlich Zeit. Es ist klar, was geschehen soll. Das ist besonders wichtig, wenn die Befindlichkeiten der Einzelnen mit eingebracht werden. Die Abläufe sollten sich einprägen und zu einer Art Ritual werden.

Guhl: Neben den offiziellen Terminen hast Du die Gruppe an einem Klausurtag begleitet.

Katharina: Ja wir haben uns fünf Stunden lang zusammengesetzt und daran gearbeitet, wie das zusammen wohnen gestaltet werden kann. Es begann damit eine Geschichte zu schreiben unter der Überschrift: Wie sieht mein Leben in zwei bis drei Jahren im AllerHaus aus. Dann haben wir herausgearbeitet, was wichtig ist wie: gute Nachbarschaft, gegenseitige Unterstützung, sind Tiere erwünscht und anderes. Genauso müssen die Dinge benannt werden, die gar nicht möglich sind, wie etwa die gegenseitige Krankenpflege. Daraus hat die Gruppe dann einen Fahrplan entwickelt, wer was bis wann macht. So wird klarer, was zu tun ist und auch ein Ende der jeweiligen Arbeiten ist bezeichnet. Jede, jeder hat die Möglichkeiten, seine Fähigkeiten einzubringen und einen Beitrag zum Gemeinsamen zu leisten. Je klarer die Gruppe weiß was sie wie will, umso besser kann sie dies auch anderen Menschen nahebringen. Das ergibt dann eine Art Leitbild.

Guhl: Deine Begleitung ist jetzt erst einmal beendet. Was meinst Du, braucht die Gruppe, damit das Projekt gelingen kann?

Katharina: Wichtig ist, Lust aufeinander zu haben. Mit Spaß eine Idee zu verfolgen. Sich selbst nicht immer an erster Stelle zu sehen. Lockerer sein und vertrauen das

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100 einiges auch Zeit zum Werden braucht. Es soll ja keine Ideologie werden. Die Gruppe sollte aktive Worte für ihr Tun entwickeln, das bringt vorwärts und motiviert.

Guhl: Hast Du noch spontan Ideen, was die Gruppe unterstützen könnte?

Katharina: Mehr Werbung an den unterschiedlichsten Orten wäre sicher hilfreich. Vielleicht kann die Gruppe im Kino werben? Oder, bald ist doch Domweih. Ein Stand wäre gut oder mit einem Bauchladen durch die Menge zu gehen und Flyer oder Karten verteilen. Ich war erst kürzlich das erste Mal im Haus selbst. Da sieht es innen noch wild aus. Um die „alten verbrauchten Energien“ zu entfernen wäre ein „Einweihungsritual“ gut. Damit würden alle Winkel des Hauses erreicht. Ein paar Bilder vom Haus und den zukünftigen Bewohnenden wären schön.

Guhl: Katharina, ich danke für Deine Zeit und den interessanten Beitrag.

Interview Dieter Mensen, Vereinsvorstand und Fördermitglied seit Beginn, Mai 2012

Neben den Wohnenden gibt es unterstützende Menschen durch die Mitarbeit im Verein oder durch die finanzielle Unterstützung. Hier einige Worte vom Vorstandsvorsitzenden Dieter Mensen:

Guhl: Warum unterstützen Sie das Projekt sowohl ideell, als auch finanziell?

Mensen: Ich unterstütze das Projekt ideell und finanziell, weil ich der Meinung bin, dass es neuer Wohnformen bedarf, um der Vereinzelung der Mitmenschen, nicht nur aber besonders im Alter, entgegen zu wirken.

Guhl: Möchten Sie (oder wohnen Sie) in einem Wohnprojekt wohnen?

Mensen: Ich wohne seit fast dreißig Jahren in einer gemeinschaftlichen Wohnform (Hofgemeinschaft) und möchte auch später, wenn die Mobilität, die das Wohnen auf dem Lande erfordert, vielleicht nicht mehr gegeben ist, weiterhin in einer gemeinschaftlichen Wohnform wohnen.

Guhl: Wie erleben sie die Gruppe?

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Mensen: Die jetzige Gruppe erlebe ich als krisenfest, problemorientiert und solidarisch - außerdem als ausgesprochen menschlich und sympathisch.

Guhl: Was schätzen Sie an dieser Wohnform?

Mensen: Die Kombination von eigenen Rückzugsräumen und gemeinschaftlichem Bereich (Gemeinschaftswohnung, Garten).

Guhl: Wo sehen Sie mögliche Probleme?

Mensen: Mögliche Probleme sehe ich, falls materielle Fragen, wie Miethöhe, Genossenschaftseinlage, Kosten der Gemeinschaftswohnung in den Vordergrund rücken.

Guhl: Welche Möglichkeiten hat der Verein, auch andere Menschen zu ermutigen zusammen zu wohnen?

Mensen: Einfach durch ein positives Beispiel, dass diese Art des Zusammenlebens gelingen kann.

Guhl: Danke für die Antworten.

Ich danke allen Teilnehmenden für Ihre Offenheit und lade Sie, liebe Leserinnen

und Leser, ein das AllerHaus zu besuchen, sich selbst ein Bild vom Haus zu machen.

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LITERATUR UND WEITERFÜHRENDE ADRESSEN

Steffen Maretzke (Hrsg.),Städte im demografischen Wandel, Wesentliche Strukturen und Trends des demografischen Wandels in den Städten Deutschlands Dezembertagung des Arbeitskreises Städte und Regionen der Deutschen Gesellschaft für Demographie (DGD)in Kooperation mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vom 6. – 7. Dezember 2007 in Berlin

KGSt, Management des demografischen Wandels, Strategie und Organisation, Bericht Nr. 1/2009, Köln bpb, Otten/Melsheimer, Lebensentwürfe „50plus“, 5.10.2009

Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Kontrollierte Wohnungslüftung - Energiesparinformationen (August 2013)

Niedersachsenbüro “Neues Wohnen im Alter” Hildesheimer Str. 15 30169 Hannover 0511/ 165 91 080 http://www.neues-wohnen-nds.de (August 2013)

AllerHaus e. V. Cluventalstrasse 2-6 27283 Verden Anzusprechende: Hildegard Kloos T: 04231 – 98 58 636 und Edward Strzelecki T: 04231 – 9823758 und Birgit Breuers: [email protected]

AllerWohnen eG Artilleriestr. 6 27283 Verden Tel.: 04231-957-300 Fax.: 04231-957-400 E-Mail: [email protected]

Öcontur Unser Team in Verden Thomas Isselhard Dipl. Ing. Architekt [email protected] Frido Elbers Dipl. [email protected] Artilleriestr. 6 Tel. 04231/957-157 27283 Verden Fax. 04231/957-159

Netzwerk Nachhaltiges Bauen e.V. Artilleriestr. 6

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27283 Verden Tel.: 04231-957.559 Fax: 04231-957.556 E-Mail: [email protected] Web: www.nachhaltigbauen.org

Biber GmbH Artilleriestr. 6 27283 Verden Tel.: (0 42 31) 95 71 11 Fax: (0 42 31) 95 71 12 E-Mail: [email protected] Internet: www.biber-online.de

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Aller Haus in leichter Sprache

Das Haus heißt Aller-Haus,

weil es an einem Fluss liegt

Der Fluss heißt Aller

Es heißt auch Aller-Haus

weil Alle darin wohnen dürfen

Das Aller-Haus liegt in der Stadt

Die Stadt heißt Verden

Das Aller-Haus war ganz alt

es wurde schön gemacht

mit gesunden Farben

und gesunden Fussböden

Es ist nicht weit zum Supermarkt

Der Bahnhof ist nah

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Alle haben eine eigene Wohnung

Ein Rollstuhl kann in der Wohnung fahren

Es gibt Fahrstühle

Und einen großen Garten

Für alle

Die Gruppe macht viel gemeinsam

Es gibt Menschen zum Reden

Es gibt Menschen zum Zuhören

Es wird geredet

bis alle

einverstanden sind

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Für Feiern gibt es eine Wohnung, Gemeinschafts-Wohnung genannt

Niemand muss viel Geld haben

Die Miete ist niedrig.

Bilder: aus

Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V.

Illustrator Stefan Albers, Atelier Fleetinsel,2013

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ANHANG PRESSE

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Bis Ende März Option auf Grundstück VAZ 05.03.10

Verden (ahk) · Gemeinsam und doch eigenständig wohnen, selbstbestimmt leben, sich unterstützen, gemeinsame Unternehmungen planen und einfach nicht allein sein. Für viele Menschen ist gerade ab der zweiten Lebenshälfte diese Form des Wohnens interessant.

So könnte das Aller Haus aussehen.

So hat sich vor ungefähr einem Jahr die Gruppe Aller Haus gebildet. Ihr Ziel ist es, in naher Zukunft zusammenzuleben. Dieses Ziel könnte nun mit drei Häusern in der Cluventhalstraße realisiert werden.

Rosemarie Guhl, die als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden die Gruppe koordiniert und unterstützt, hatte am Mittwoch zu einem Informationsabend ins Rathaus eingeladen. Thomas Isselhard vom Netzwerk Nachhaltiges Bauen und Architekt Frido Elbers, die mit der Planung und Durchführung des Projektes betraut sind, erläuterten Details.

Isselhard wies besonders auf die zentrale Lage der Häuser und den großen Garten hin. Die Gebäude sollen komplett saniert und nach den neuesten ökologischen und energetischen Kriterien ausgebaut werden.

Angedacht sind zurzeit zwölf barrierefreie, zwischen 45 und 65 Quadratmeter große Wohnungen mit Fahrstuhl. „Die Wohnungen können noch den Bedürfnissen der Bewohner angepasst werden“, betonte Frido Elbers.

Finanziert werden soll das Projekt über Genossenschaftsanteile. Ulrich Steinmeyer war als Vertreter der Aller Wohnen e.G. anwesend. Diese Genossenschaft hat bereits in Stedorf, Neumühlen und im Ökozentrum selbstverwaltete Wohnprojekte realisiert und will sich auch der Gruppe Aller Haus annehmen. „Die Wohnungen sollen auch für Alleinstehende finanzierbar sein“, erklärte Steinmeyer. Die Miete werde etwa sechs Euro pro Quadratmeter betragen. Insgesamt müssten 20 Prozent der Kosten über Genossenschaftsanteile finanziert werden. Pro Wohneinheit seien das etwa 12 000 Euro, die aber flexibel unter den Mitgliedern aufgeteilt werden können.

Eigentümer des Grundstücks in der Cluventhalstraße ist die Stadt Verden. Sie würde es der Genossenschaft auf Erbpacht überlassen, daher könnten die Finanzierungskosten gering gehalten werden. Eine Option auf das Grundstück besteht bis Ende März, es ist also Eile geboten. „Wichtig ist, eine Gruppe zu finden, die sagt: Wir wollen“, so Steinmeyer.

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Die bisherigen Mitglieder von Aller Haus würden zudem wünschen, dass sich nicht nur Menschen jenseits der 50 ihrer Gemeinschaft anschließen. Auch Familien mit Kindern wären sehr willkommen. Alleinerziehende könnten mit Sicherheit ebenfalls von dieser Wohnform profitieren. Interessierte erhalten weitere Informationen bei Rosemarie Guhl, Telefon 04231/12432, E-Mail [email protected].

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Grünes Licht für Wohnprojekt Aller-Haus

Von Ulrich Tatje Verden 10.04.2010 © ULRICH TATJE

Verden. Das Aller-Haus, das gemeinschaftliche Wohnprojekt, ist einen Schritt weitergekommen. Die Genossenschaft Aller Wohnen hält die Rahmenbedingungen für so gut, dass eigentlich nichts schief gehen könne, wie Ulrich Steinmeyer bei einem Treffen der Gruppe im Rathaus am Donnerstag sagte. Deshalb wollen Genossenschaft und die 'Aller-Haus'-Gruppe am Dienstag beim Verwaltungsausschuss des Verdener Stadtrates vorsprechen.

Gruppe, Unterstützer und Genossenschaft sind sich seit Donnerstagabend einig: Das Aller-Haus in der Cluventalstraße soll gebaut werden.

Der Verwaltungausschuss (VA) könnte dann grünes Licht für das landesweit mit großem Interesse verfolgte Projekt geben. Denn der Stadt gehören die maroden Häuser Cluventalstraße 2 - 4, die die Genossenschaft unter ökologischen Gesichtspunkten und nach den Wünschen der künftigen Bewohner umbauen möchte. Unter einem Dach leben, zusammen etwas unternehmen, das ist das Ziel der 'Aller-Haus'Gruppe. 'Das Miteinander der Bewohner ist das Herz des Projektes', sagte Rosemarie Guhl. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden moderiert seit gut einem Jahr die Initiativgruppe, ging mit ihr auf die Suche nach geeigneten Immobilien und hörte sich in bereits existierenden Wohnprojekten in Hannover und Bremen um. Das Gebäude in der Cluventalstraße ist innenstadtnah und dennoch relativ ruhig gelegen. Die Genossenschaft, die bereits drei Wohnprojekte in Verden und Stedorf realisiert hat, würde das Gebäude umbauen. Es bietet Platz für zwölf Wohnungen plus Gemeinschaftsräume. Die Genossenschaft baut, die Bewohner müssen es mit Leben erfüllen und die passenden Mitbewohner finden. Steinmeyer: 'Die Genossenschaft ist nicht der Vermieter, das muss die Gruppe machen.' Ulrich Steinmeyer, Aufsichtsratsmitglied der Genossenschaft und im Management Netzwerk Nachhaltiges Bauen (Verden) tätig, sprach am Donnerstag von sehr guten Rahmenbedingungen und von der großen Aufmerksamkeit, die das Projekt auf sich ziehe. Denn es gebe nur ganz wenige Mietprojekte bei dieser Art zu Wohnen und zu Leben. Die Genossenschaft rechnet mit einem Mietpreis von etwa sechs Euro je Quadratmeter und dank des ökologischen Ausbaus mit geringen Nebenkosten. Damit sei das Wohnprojekt auch für Menschen mit Grundsicherung interessant. Ingeborg Dahlmann, Leiterin der Bundesgeschäftsstelle des Forums Gemeinschaftliches Wohnen (Hannover), will deshalb in der kommenden Woche erneut nach Verden kommen und sich über das Projekt informieren, sagte Steinmeyer.

Über die Finanzierung des Objektes macht sich weder die Gruppe noch die Genossenschaft Sorgen. Investoren, die in die Genossenschaft einzahlen wollen, seien reichlich vorhanden, so Rosemarie Guhl, und die Kredite seien derzeit besonders günstig zu bekommen, ergänzte Genosse Ulrich Steinmeyer.

Beim Treffen am Donnerstag war von Begeisterung über den Schritt nach vorne wenig zu spüren. Sie habe gemischte Gefühle, beschrieb Heide Rayzik ihre Empfindungen, ihr sei die Gruppe noch zu klein. Derzeit erklärten erst drei Frauen, einziehen zu wollen. Zwei andere Interessenten wollen erst in einigen Jahren dorthin umziehen, andere wollen in der Gruppe mitarbeiten. Aber 'spannend ist es allemal', sagte Rayzik. Je konkreter das Projekt werde, desto einfacher ließen sich geeignete Mitbewohner finden, gab sich Dieter Mensen zuversichtlich und Rosemarie Guhl und Ulrich Steinmeyer nickten zustimmend.

Sobald die Stadt einem Vertrag (auf Basis eines Erbbauvertrages) mit der Genossenschaft als Bauträger zustimme, könnte das Architekturbüro mit ersten Planungen und konkreteren Berechnungen beginnen, beschrieb Steinmeyer die nächsten Schritte. Im August könnte es dann zu unterschriftsreifen Verträgen kommen. Parallel dazu könnten die künftigen Bewohner und Genossen ihre Wünsche beispielsweise für die Wohnungen, die Lage und Größe der Gemeinschaftsräume, die Zahl der Aufzüge, die Zugänge zum Haus und die Gartenanlage

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18.4.2010 Verdener Nachrichten

AllerHaus in der Cluventhalstraße nimmt konkrete Formen an / Rat stimmte gestern Erbbaupacht zu

Ein Heim für alle Generationen VAZ 18.8.2010

Verden - (kp) · Jetzt wird‘s langsam ernst mit dem AllerHaus. Gestern Abend stimmte auch der Stadtrat zu, dem Wohnprojekt das Areal in der Cluventhalstraße in Erbbaupacht zu überlassen. Zum 1. Oktober soll der entsprechende Vertrag geschlossen werden. Dann könnte der Projektträger, die AllerWohnen-Genossenschaft, mit dem Entkernen und den Umbauarbeiten beginnen.

Rosemarie Guhl (l.) und Heide Rayzik betrachten Bilder von dem künftigen AllerHaus in der Cluventhalstraße. Verdens Gleichstellungsbeauftragte Rosemarie Guhl begleitet das Vorhaben von Beginn an. Sie ist optimistisch, dass das Haus mit dem schönen großen Garten zum Ende des kommenden Jahres bezugsfertig sein wird.

Für Heide Rayzik ist der Umzug ins AllerHaus schon beschlossene Sache. Die Ruheständlerin lebt allein und wird auch als Single in die Cluventhalstraße ziehen, um dort dann gemeinsam mit anderen „und doch eigenständig zu wohnen“, wie es in dem neuen Faltblatt heißt.

Menschen aller Generationen sollen hier ein neues Zuhause finden. „Wir sind kein Altenprojekt“, auf diese Feststellung legt Heide Rayzik großen Wert.

Die Verdenerin ist seit eineinhalb Jahren eine der treibenden Kräfte in der Gruppe AllerHaus. Hier treffen sich künftige Bewohner, Vertreter der Genossenschaft, Architekten und Menschen, die das Projekt unterstützen, um gemeinsam zu planen, Ideen zu sammeln und auch, um ein wenig zu träumen.

Etwa von einem Gemeinschaftsraum, von einem Zimmer mit Bad, in dem die Mieter ihre Gäste unterbringen können. Oder von gemeinsamen Aktivitäten, von gegenseitiger Unterstützung, sei es beim Einkaufen oder bei der Kinderbetreuung.

Fest steht: Hell und freundlich soll das stadtnah gelegene AllerHaus werden. Ein gemeinsam verwaltetes Heim für junge und alte Menschen, in dem eine gute Nachbarschaft gepflegt wird und

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115 vielleicht auch Freundschaften wachsen, wo aber jeder, wenn ihm danach ist, die Tür hinter sich schließen kann.

Gebaut wird nach den Standards eines Passivhauses. Das lässt niedrige Heizkosten erwarten. Außerdem ist eine Kaltmiete von sechs Euro pro Quadratmeter angepeilt, um beispielsweise Alleinerziehenden oder Menschen mit einer Standardrente das Wohnen im AllerHaus zu ermöglichen.

Zwölf Wohneinheiten sind möglich, verteilt auf drei Eingänge. Alle Wohnungen sollen Balkone erhalten. Auch Fahrstühle sind vorgesehen, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten.

Die Größen sind noch variabel: Zwischen 35 und 120 Quadratmetern ist laut Rosemarie Guhl einiges möglich, um sowohl dem Single als auch der Familie mit Kindern den Einzug zu ermöglichen. Soll heißen: Wer sich bis zum Ende dieses Jahres – dann sollen die konkreten Planungen abgeschlossen sein – für den Einzug in das AllerHaus entscheidet, kann auf Größe und Grundriss „seiner“ Wohnung noch Einfluss nehmen.

An jedem ersten Donnerstag im Monat, um 19 Uhr, trifft sich die Projektgruppe im Lokal Liekedeeler, in der Artilleriestraße (Ökozentrum). Wer die Mitstreiter und die Idee unverbindlich kennenlernen möchte, hat am morgigen Donnerstag, 19. August, um 19 Uhr, bei einem Schnuppertreffen Gelegenheit dazu.

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Rede der AllerWohnen eG anlässlich der Schlüsselübergabe für das Wohnprojekt Allerhaus am 6.12.2010.

Sehr geehrter Bürgermeister Herr Brockmann, sehr geehrte Frau Guhl und sehr geehrte Vertreter der Presse, ich freue mich sehr über das Zustandekommen des Projektes Allerhaus und möchte die Gelegenheit nutzen einige Dinge über das Projekt zu sagen.

Die Wohnprojektgruppe Allerhaus kam zustande durch die Initialzündung der städtischen Frauenbeauftragten Frau Guhl vor mehr als 1,5 Jahren, die das Projekt seither mit viel Engagement begleitet hat. Die Projektgruppe wollte gemeinschaftlich Wohnen mit einzelnen Wohnungen und einem Gemeinschaftsbereich für alle.

Die Gruppe wollte aber nicht Bauherr sein und suchte eine Möglichkeit, als Mieter zusammen mit einem Vermieter oder Investor ein Projekt zu gestalten.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen kam an dem Punkt die AllerWohnen ins Spiel, die wir vor 13 Jahren in Verden im Zusammenhang mit der Gründung des Ökologischen Zentrums als Dachgenossenschaft für gemeinschaftliche, ökologische und soziale Wohnprojekte gegründet hatten und der bisher 3 Projekte mit etwa 60 Bewohnern angehören.

Die AllerWohnen eG verfügt über fundierte Erfahrungen in der partizipativen Projektentwicklung, der rechtlichen und finanziellen Gestaltung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten und im ökologischen Bauen.

Das Projekt Allerhaus welches jetzt in der Cluventalstr. 2-6 entstehen wird, hat in mehrfacher Hinsicht Modellcharakter:

- Bei der energetischen Sanierung: Es ist als Passivhaus mit sehr niedrigem Energieverbrauch geplant. Bundesweit gibt es bisher nicht viele größere Altbauten, bei denen das tatsächlich erreicht wurde. - Bei dem ökologischen Standard: Die Wohnungen sollen ökologisch und wohngesund saniert werden. - Bei der Barrierefreiheit: Weitgehende Barrierefreiheit mit Fahrstühlen, breiten Wohnungstüren, entsprechenden Sanitäreinrichtungen etc. ist vorgesehen. . Diese drei Bereiche werden in enger Kooperation mit dem „Netzwerk Nachhaltig Bauen“ umgesetzt. - Bei der demokratischen Mitbestimmung: Als Teilautonomes Projekt der AllerWohnen verfügt Allerhaus über weitgehende Mitbestimmungsrechte bei der Auswahl neuer Mieter, bei der Planung der Wohnungsaufteilung und bei der Gestaltung der Gemeinschaftsbereiche. Außerdem soll das Projekt wie alle andere Projekte der AllerWohnen im Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft vertreten sein. - Bei der Miethöhe: Die Wohnungsmieten sollen nicht teurer sein als es beispielsweise mit Grundrente finanzierbar ist.

Bundesweit dürfte es kaum ein Projekt geben, welches alle diese modellhaften Komponenten in sich vereint. Das hat vor allem wirtschaftliche Gründe.

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Nur durch ein Maßnahmenpaket aus verschiedenen Elementen wurde die wirtschaftliche Umsetzung möglich:

- Günstige KFW-Kredite für energetische und barrierefreie Sanierung - Die Kreissparkasse, die dabei unkompliziert geholfen hat. - Einen Eigenbeitrag der Allerhaus-Gruppe in Form von Genossenschaftseinlagen, die die Finanzierung des Gemeinschaftsbereiches ermöglicht. - Eine verminderte Erbpacht der Stadt Verden, die an die günstigen Mieten gekoppelt ist. - Die AllerWohnen eG, die solide finanziert ist und Eigenkapital zum Projekt beisteuert. Als Neubau wäre das Projekt so nicht finanzierbar geworden. Insgesamt handelt es sich aber um Bedingungen, die auch an anderen Stellen herstellbar sind. Die AllerWohnen kann sich gut vorstellen, auch in anderen Städten der Region zusammen mit Projektgruppen vergleichbare Projekte zu entwickeln.

Landesweit wird das Projekt mit großem Interesse verfolgt. Es gibt zur Zeit eine Gründungswelle an Projekten mit älteren Menschen, die gemeinschaftlich und innenstadtnah ihren Lebensabend verbringen wollen, die auch im Alter am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen. Viele der Projekte werden über das Forum für Gemeinschaftliches Wohnen und das von der Landesregierung geförderten Niedersachsen-Büro Neues Wohnen im Alter koordiniert.

Viele Projektgruppen kommen nicht zur Umsetzung, weil passende Investoren fehlen und die teils notwendige kommunale Unterstützung fehlt. Daher wird das Projekt vom Forum für gemeinschaftliches Wohnen mit großem Interesse verfolgt und die AllerWohnen eG öfters als Projektentwickler angesprochen. Wenn das Projekt umgesetzt ist, hoffen wir daher auf möglichst viele Nachahmer.

Insofern bedanken wir uns bei allen Personen und Akteuren, die das Zustandekommen ermöglicht haben, wie der Projektgruppe selbst, Frau Guhl, dem Stadtrat für die Zustimmung zum Erbbauvertrag und der KSK für ihre unkomplizierte Unterstützung und wünschen uns eine unkomplizierte und erfolgreiche Umsetzung.

Noch sind übrigens einzelne Wohnungen frei und es können noch Menschen zu dem Projekt dazu stoßen und für Menschen, die das Projekt unterstützen wollen, gibt es die Möglichkeit eine mit 3% verzinsten Genossenschaftseinlage bei der AllerWohnen zu tätigen. Infos unter: www.allerwohnen.de .

Ulrich Steinmeyer, Dipl. Ökonom, Aufsichtsratsmitglied der AllerWohnen eG und Netzwerkmanager beim Netzwerk Nachhaltiges Bauen.

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Schlüssel für das Allerhaus 7.12.2010 VAZ

Verden - (kle) · Viele Ideale und die ewige Frage nach den Finanzen: Davon, dass es nicht so einfach ist, ein Wohnprojekt zu verwirklichen, konnte Rosemarie Guhl ein Lied singen. In Verden aber ist zumindest die finanzielle Frage offenbar etwas leichter zu lösen, und so konnten gestern schon einmal die Schlüssel für das künftige Allerhaus an alle, die sich um die Verwirklichung kümmern, übergeben werden.

Schlüsselübergabe im Garten (v. l.): Ulrich Steinmeyer, Karin Ammon, Lutz Brockmann, Rosemarie Guhl, Claudia Wöstheinrich, Wolfgang Leseberg und Jasmin Polednia.

Fünf Minuten vom Bahnhof und zehn Minuten Fußweg zum Rathaus: Zentraler kann eine ruhige Wohnung im Alter kaum liegen. Kein Wunder, dass die meisten der elf Apartments im künftigen Allerhaus in der Cluventhalstraße schon vergeben sind. „Das Interesse ist groß“, freute sich Guhl. 14 Aktive hätten sich zu einer Gruppe zusammengefunden und sechs bis acht Wohnungen seien quasi schon vergeben.

Zunächst ist aber noch viel zu tun in dem Altbau. Mieter und Obdachlose, die die Stadt dort früher untergebracht hatte, haben eine andere Bleibe gefunden. Jetzt soll das Gebäude mit Modellcharakter aufgemöbelt werden. In ein Passivhaus soll der Bau aus den 20ern des vergangenen Jahrhunderts bei der Sanierung umgebaut werden. 1,25 Millionen Euro, so erwartet Ulrich Steinmeyer, müssen aufgewendet werden.

Das meiste wird mit günstigen Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert. Kapital kommt aber auch von den künftigen Bewohnern, die sich mit ihrem Anteil an dem genossenschaftlich organisierten Projekt beteiligen. Das Ganze sei unter dem Dach der ebenfalls genossenschaftlichen AllerWohnen untergebracht, die bereits verschiedene Wohnprojekte in der Stadt verwirklicht hat.

Glück haben die Planer, dass die Stadt ihnen das Grundstück zu einem vergünstigten Erbbauzins überlässt. Statt der üblichen fünf nur drei Prozent, ergänzte Bürgermeister Lutz Brockmann: „bezahlbarer Wohnraum in günstiger Lage“.

„Das Gebäude selber hat keinen Wert mehr“, erklärte Steinmeyer, der im Aufsichtsrat von AllerWohnen sitzt. Für das Wohnprojekt ist der Altbau dennoch wertvoll, denn „mit einem Neubau wäre die Verwirklichung nicht möglich gewesen.“ Dafür hätte es die günstigen Kredite nicht gegeben. Das ganze sei so gerechnet, dass die Miete nicht teurer sein soll, als mit Grundrente oder Hartz IV zu finanzieren ist, erklärte Steinmeyer.

Elf Wohneinheiten von 50 bis 70 Quadratmetern und ein Gemeinschaftsbereich sollen jetzt entstehen. Alles ist barrierefrei geplant und wird in Kooperation mit dem Netzwerk nachhaltig Bauen realisiert. Die Bewohner werden als Mieter nicht aus der Verantwortung für das Projekt entlassen. Neue Mieter werden gemeinsam ausgewählt und auch für Renovierungen sind erstmals sie zuständig. „Gerade für Ältere ist diese gemeinsame Gestaltung des Wohnens eine Herausforderung“, wusste Guhl aus fast zwei Jahren Gruppenfindungsprozess.

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HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN AUF DER HOMEPAGE DER ALLERWOHNEN GENOSSENSCHAFT Im Internet seit 2010

ALLERHAUS

Mitte 2009 gründete sich in Verden die Projektgruppe Allerhaus und machte sich Gedanken über ein gemeinschaftliches Wohnprojekt. Angestrebt wurde und wird ein Projekt, welches eine gemeinschaftliche Lebenskultur mit individuellen Wohneinheiten verknüpft, besonders für Menschen mit geringem Einkommen, die sonst keine Möglichkeit fänden, ihr Zusammenleben individuell in einer Hausgemeinschaft zu gestalten. In der Cluventalstsraße, nahe der Verdener Innenstadt, fanden wir schließlich ein passendes Haus mit Garten, um diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Der dortige Altbau mit zurzeit 12 Wohnungen wird nun rollstuhlgerecht und ökologisch saniert. Es sind noch Wohnungen frei und wir freuen uns, wenn Sie uns bei Interesse ansprechen. Projekt Allerhaus

Häufig gestellte Fragen zum Wohnprojekt AllerHaus

1. Wie kam es zum Projekt AllerHaus? 2. Wo liegt die Cluventalstraße? 3. Was ist unter dem Wohnprojekt AllerHaus zu verstehen? 4. Wie viele Wohnungen gibt es? 5. Wie sind die Wohnungen ausgestattet? 6. Was muss ich tun, um eine Wohnung zu bekommen? 7. Wer entscheidet über mein Wohnungsgesuch? 8. Mit wem mache ich den Mietvertrag? 9. Welche Kosten fallen an? 10. Wer übernimmt die Kosten der Gemeinschaftswohnung? 11. Was bedeutetet: selbstverwaltetes Wohnprojekt? 12. Wie lerne ich die Gruppe kennen? 13. Wen sprechen Sie an?

1) Wie kam es zum Projekt AllerHaus? Im Januar 2009 trafen sich die Frauen einer Verdener Frauenrunde zu einem Vortrag Anders wohnen - als geWohnt, mit der Referentin Karin Ammon, die schon einige Wohnprojekte betreut hat. Leider verstarb Karin Ammon bevor das Projekt AllerHaus auch für sie zum Einzug bereit stand. Nach diesem Abend traten einige Frauen an die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden, Rosemarie Guhl, heran mit dem Wunsch, sich ausführlicher mit der Realisation eines gemeinsamen Wohnprojekts zu befassen. Es wurden im Verlauf der folgenden Monate unterschiedliche Wohnprojekte in Nachbarstädten besucht, um sich ein Bild zu machen und die dort Wohnenden nach ihren Erfahrungen anhand eines selbst entwickelten Fragebogens befragt. Die Stadt Verden bot der Gruppe den Standort Cluventalstraße an und dort entwickelt sich das Projekt AllerHaus seit Anfang 2010.

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2) Wo liegt die Cluventalstraße? Die Cluventalstraße liegt zentral zwei Straßen hinter dem Bahnhof in Richtung Innenstadt. Bis zum Bahnhof bzw. Busbahnhof, zum Einkaufscenter, zum Kino und der Verdener Stadthalle sind es etwa fünf Minuten zu Fuß. Um in die Innenstadt mit Fußgängerzone zu gelangen, werden ca. zehn Minuten Fußweg benötigt. Verschiedene Arztpraxen, Schulen und ein Kindergarten befinden sich in unmittelbarer Nähe.

3) Was ist unter dem Wohnprojekt AllerHaus zu verstehen? Das AllerHaus ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Frauen, Männern und Kindern unterschiedlichen Alters, die gemeinsam und nachbarschaftlich leben wollen. Die BewohnerInnen werden gemeinsam und doch eigenständig wohnen, sich gegenseitig unterstützen und einen Ort der Begegnung schaffen. Jede Person, Familie oder Lebensgemeinschaft hat eine eigene abgeschlossene Wohnung. Es gibt eine Gemeinschaftswohnung mit Küchenzeile. Diese Wohnung wird der Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens sein, um sich zu treffen, Vereinsabende abzuhalten oder einfach gesellig beieinander zu sein. Dort wird auch ein Gästezimmer mit Bad wird zur Verfügung stehen, damit Übernachtungen von BesucherInnen möglich sind. Die Einrichtung des Gemeinschaftsraums übernehmen die BewohnerInnen gemeinsam. Ein großer Garten lädt zum Verweilen ein und gibt auch den GartenfreundInnen Gelegenheit, sich einzubringen. Das AllerHaus ist ein selbstverwaltetes Projekt. Alle Fragen des Zusammenlebens, anfallende Hausverwaltungstätigkeiten und Aktivitäten werden in der Hausgemeinschaft besprochen und eigenverantwortlich gestaltet. Die Gruppe kümmert sich im Krankheitsfall in unterschiedlicher Form um erkrankte oder hilfebedürftige Mitwohnende, eine intensive Krankenpflege kann jedoch nicht geleistet werden. Dazu bedarf es der Hilfe von außen. . Das Projekt AllerHaus zeichnet sich in mehrfacher Hinsicht aus:

 Es ist ein genossenschaftliches Projekt mit Mietwohnungen. Die Wohnungsmieten orientieren sich an den Sätzen der Sozialbehörde, so dass auch Menschen mit geringem Einkommen in das Haus einziehen können.  Es ist ein Musterhaus für den ökologischen, energiefreundlichen und rollstuhlgerechten Umbau eines Altbaus.  Es ist ein selbstverwaltetes Hausprojekt.

4) Wie viele Wohnungen gibt es? DAs Haus in der Cluventalstraße beinhaltet elf Wohnungen unterschiedlicher Größe. Eine weitere Wohnung wird zum Gemeinschaftsraum ausgebaut.

5) Wie sind die Wohnungen ausgestattet? Alle Wohnungen sind rollstuhlgerecht. Es gibt ebenerdige Duschen. Die Küchen müssen selbst eingerichtet werden. Die Wohnzimmer werden sog. Französische Balkone mit einer bodentiefen Balkontür haben.Der Garten gehört zu allen

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Wohnungen und soll in Gemeinsamkeit gestaltet und gepflegt werden.Es wird mehrere Parkplätze geben.

6) Was muss ich tun, um eine Wohnung zu bekommen? Dazu ist es nötig, Mitglied im Verein AllerHaus zu werden. Er ist die MieterInnenvertretung gegenüber der Genossenschaft AllerWohnen. Eine Mitgliedschaft kostet für Mitwohnende 60,00 € im Jahr (vgl. Vereinssatzung). Es müssen Genossenschaftsanteile erworben werden. Diese betragen 200,00 €/m². Das heißt z.B. für eine 50m² große Wohneinheit 10.000,00 €. Ist die Wohnung größer oder kleiner als 50 m², erhöht bzw. vermindert sich die Einlage entsprechend. Wer die Einlage nicht in voller Höhe erbringen kann, ist darauf angewiesen, dass andere MitbewohnerInnen eine höhere Einlage erbringen oder Förderer des Projekts eine Genossenschaftseinlage tätigen, ohne selbst dort zu wohnen. Für diese Genossenschaftsanteile „nicht wohnversorgter Mitglieder“ wird eine Verzinsung von 3% gezahlt. Diese Verzinsung wird von denjenigen MieterInnen zusätzlich zur Miete aufgebracht, die nur die Mindestgenossenschaftseinlage von 1.000 € tragen können. Für eine 50 m²-Wohnung wären das z.B. 27,50 € pro Monat. Die Genossenschaftseinlage verbleibt im Eigentum der MieterIn. Sie ist vererbbar und wird - wie im Genossenschaftsgesetz geregelt - zwei Jahre nach Auszug oder Kündigung ausgezahlt (vgl. Genossenschaftssatzung). Die Genossenschaftseinlagen der Mitwohnenden werden inflationsverzinst.

7) Wer entscheidet über mein Wohnungsgesuch? Der Verein AllerHaus hat das Vorschlagsrecht für Mitwohnende. Die Hausgemeinschaft entscheidet zusammen mit den Wohnungssuchenden, wer ins Haus einzieht. InteressentInnen werden gebeten an den monatlichen Treffen und an Kennenlerntagen teilzunehmen.

8) Mit wem mache ich den Mietvertrag? Der Mietvertrag wird mit der Genossenschaft AllerWohnen geschlossen. Mit der Genossenschaft werden auch die Nebenkosten abgerechnet. In der jeweiligen Kaltmiete ist auch der Kaltmietanteil für die Gemeinschaftswohnung enthalten.

9) Welche Kosten fallen an? Damit das Objekt unter anderem auch von Menschen mit geringen Einkünften bewohnt werden kann, sind die Wohnungsgrößen an den Vorgaben der Sozialbehörde bemessen: Das bedeutet zur Zeit für eine Person 50 m², für zwei Personen 60 m² und für drei Personen 75 m². Für Familien mit mehreren Kindern sind auch andere Größenordnungen möglich. Die Wohnungsgrößen bedeuten aber nicht, dass z.B. eine 60 m² Wohnung auch von 2 Personen bewohnt werden muss. Sie kann auch von einer Person bewohnt werden. Da das Haus sehr gut gedämmt wird, fallen äußerst geringe Heizkosten an. Wir rechnen bei einer Wohnungsgröße von 60 m² mit ca. 10,00 € Heizkosten im Monat. Die Nebenkosten enthalten Abschlagzahlungen für die Heizkosten, die Müllabfuhr sowie alle anderen

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125 umlagefähigen Kosten. Die individuellen Verbräuche (Strom und Warmwasser) werden gesondert nachgewiesen und abgerechnet. So könnten Ihre monatlichen Kosten aussehen:

Beispielrechnung Wohnung

50 qm 60 qm 70 qm

1 Pers. 1 Pers. 2 Pers. 2 Pers. 3 Pers.

Kaltmiete, inkl. 330 € 396 € 396 € 462 € 462 € Gemeinschaftswohung

Heizung, Wasser, Müll, je nach Personenzahl und ca. 25 € ca. 27 € ca. 42 € ca. 44 € ca. 59 € persönlichem Verbrauch geschätzt

Strom, Warmwasser nach Verbrauch zusätzlich, ca. 40 € ca. 40 € ca. 45 € ca. 45 € ca. 50 € geschätzt

Vereinsbeitrag AllerHaus 5 € 5 € 10 € 10 € 15 € eventuell Umlage Betriebskosten Gemeinschaftwohnung 5 € 5 € 5 € 5 € 5 € (wenn der Verein sie nicht tragen kann)

Summe 405 € 473 € 498 € 567 € 597 €

Zinskosten für die Genossenschaftseinlage, falls diese geliehen werden 25 € 30 € 30 € 35 € 35 € muss und nicht mit eigenem Geld eingezahlt wird

Summe 430 € 503 € 528 € 601 € 631 €

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10) Wer übernimmt die Kosten der Gemeinschaftswohnung? Die Kaltmietkosten für die Gemeinschaftswohnung sind in der Miete der jeweiligen Wohnungen enthalten. Für die Gruppe fallen nur die Nebenkosten an. Diese muss der Verein aufbringen, etwa durch eine Umlage oder durch die Mitgliedsbeiträge.

11) Was bedeutetet: selbstverwaltetes Wohnprojekt? Alle Belange der Hausgemeinschaft und die Hausverwaltung werden von den Bewohnenden selbst geregelt. Dazu gehören unter anderem die Gartenpflege, die Pflege der Hausflächen, kleine Hausmeistertätigkeiten, die Gestaltung und Nutzung der gemeinschaftlichen Wohnung etc.. Regelmäßige Treffen, um die Angelegenheiten des gemeinsamen Wohnens zu besprechen, werden in der Gemeinschaftswohnung stattfinden. Es soll in demokratischer Abstimmung im Plenum der Vereinsmitglieder entschieden werden.

12) Wie lerne ich die Gruppe kennen? Der offizielle Gruppentreff ist jeweils der dritte Donnerstag im Monat um 19.00 Uhr im Restaurant Liekedeeler, im Ökozentrum in der Artilleriestr. 6 in Verden. Bei gemeinsamen Aktivitäten wie z.B. Spaziergängen und Frühstückstreffen, in Arbeitsgruppen und Arbeitseinsätzen können Sie die Gruppenmitglieder ebenfalls kennenlernen und im Gespräch näheres über das Projekt und die Menschen erfahren. Solche Termine erfragen Sie bitte bei der Ansprechpartnerin für die AllerHaus-Hausgemeinschaft (s.u.). Ebenso können Sie mit einzelnen Vereinsmitgliedern oder der Gleichstellungsbeauftragten Gesprächstermine vereinbaren.

13) Wen sprechen Sie an? Ansprechpartnerin für die AllerHaus-Hausgemeinschaft: Susanne Utikal Tel: +49 4204 68 76 05 [email protected] Für allgemeine Informationen zum Projekt AllerHaus: Rosemarie Guhl Gleichstellungsbeauftragte Große Str. 40 27283 Verden Tel: +49 4231 12 432 Fax: +49 4231 12 231 [email protected] www.verden.de Für die Genossenschaft und den Bauherrn: 126

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AllerWohnen Ulrich Steinmeyer Tel: 04231 957 559 [email protected] www.allerwohnen.de – Allerhaus Für den Vorstand vom Verein AllerHaus: Dieter Mensen, Tel: 04233 362, Email: [email protected] Susanne Utikal, Tel: 04204 68 76 05. E-Mail [email protected] Birgit Breuers, Tel: 04231 957 123 Email: [email protected] Für eine ökologische, nachhaltige Geldanlage

Richtfest beim AllerHaus 17.12.2011 VAZ

Wohnraum für Generationen

Von Henrik Schaper Verden. Bei nasskaltem Wetter mit reichlich Schneeregen sprach Zimmerermeister Andreas Thies gestern Nachmittag die traditionellen Worte zum Richtfest. Das Aller- Haus an der Cluventalstraße hat zwölf Wohnungen mit einer Größe von 40 bis 80 Quadratmetern soll von einer Wohnprojektgruppe genutzt werden. "Sie ist ganz neu und hat viele Ideen", freute sich Verdens Gleichstellungsbeauftragte Rosemarie Guhl.

© Hans-Henning Hasselberg Zimmerermeister Andreas Thies (links) sprach gestern Nachmittag bei widrigen Wetterbedingungen auf dem Außengerüst den Richtspruch für das AllerHaus in der Cluventalstraße.

Verden. "Das Gebäude soll Lebensqualität für mehrere Generationen bieten. Das alte Haus hätte nicht mehr in die Zeit gepasst," sagte Bürgermeister Lutz Brockmann gestern beim Richtfest. Der sanierte Altbau soll barrierefrei sein. Ulrich Steinmeyer, Aufsichtsratsvorsitzender von AllerWohnen und Projektsteuerer für das AllerHaus, erläuterte das Vorhaben. Die Wohnprojektgruppe entstand 2009 nach einer Veranstaltung über Wohnen im Alter, die von Guhl organisiert wurde.

Das Team um Susanne Utikal und Dieter Mensen wollte das gemeinschaftliche Wohnen im Alter realisieren, aber nicht selbst als Bauherr auftreten. So kam nach mehreren Anläufen die Kooperation mit AllerWohnen zustande, erklärte Steinmeyer. AllerWohnen wurde 1997 als Dachorganisation für selbstverwaltete Wohnprojekte gegründet. Das AllerHaus ist mittlerweile das fünfte Projekt, das sie realisiert haben.

Steinmeyers Dank galt den beteiligten Akteuren: Der Stadt Verden, die das Grundstück für das Wohnprojekt zu einem günstigen Erbbauzins zur Verfügung stellte. Der Kreissparkasse Verden, die unkompliziert die staatlichen Förderkredite für energetische und altengerechte Sanierung vermittelte, und dem Netzwerk

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Nachhaltiges Bauen - bei dem AllerWohnen Mitglied ist - und durch dessen Mitglieder der Umbau kostengünstig realisiert werden kann.

Das Aller-Haus habe in mehrfacher Hinsicht Modellcharakter, so Steinmeyer: Als Passivhaus sei es für sehr niedrigem Energieverbrauch geplant. Und die Bewohner sollen weitgehende Mitbestimmungsrechte bekommen. "Noch sind übrigens einzelne Wohnungen frei, und es können noch Menschen zum Projekt dazustoßen", so Steinmeyer. Der Einzug sei für Ende Mai geplant.

19.12.2011 Verdener Nachrichten

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© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: WESER-KURIER Seite: 17 Datum: 20.03.2012

Anders wohnen als gewohnt Genossenschaftliches Projekt Allerhaus in Verden baut altes Gebäude für Menschen mit geringem Einkommen um

Allerhaus – so nennt sich ein genossenschaftliches Wohnprojekt, das zurzeit in Verden entsteht und das in mehrfacher Hinsicht Modellcharakter hat. Die Genossenschaft Allerwohnen lässt ein fast 100 Jahre altes Gebäude von Grund auf sanieren und zu einem Energie-Effizienzhaus umrüsten. Im Sommer sollen die ersten Mieter in die zwölf barrierefreien Wohnungen einziehen. Alle Wohnungen sind „grundsicherungstauglich“, also besonders für Menschen mit geringem Einkommen gedacht. VON HANS ETTEMEYER Verden. Es bedarf schon einiger Fantasie, um den Grundriss von Wohnzimmer, Schlafräumen, Küche oder Flur zu erkennen. Doch Stephan Utikal weiß genau, wie es später einmal aussehen wird. Er hat die Umbaupläne im Kopf. Im Sommer will der 49-jährige Tischler mit seiner Frau und der elfjährigen Tochter in eine der elf Mietwohnungen des genossenschaftlichen Wohnprojektes Allerhaus einziehen. Aber noch ist das Gebäude in der Cluventalstraße 2 bis 6 in Verden eine einzige große Baustelle. „Anders wohnen als gewohnt“ – unter diesem Titel hatte die städtische Gleichstellungsbeauftragte Rosemarie Guhl Anfang 2009 eine Vortragsveranstaltung für Frauen organisiert – es war die Initialzündung für das Wohnprojekt Allerhaus. Längst sind die Frauen nicht mehr nur unter sich. Gemeinsam mit Stephan Utikal und anderen Männern bilden sie den Verein Allerhaus.

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Der Gemeinschaftsgedanke steht bei ihnen ganz oben an. „Wer ins Allerhaus einziehen will, muss bereit sein, sich miteinander zu beschäftigen“, sagt Rosemarie Guhl. Von den Mitbewohnern werde verlangt, dass sie sich auf den anderen einlassen und sie müssten Verständnis und Toleranz für Menschen in verschiedenen Lebensabschnitten und unterschiedlichen Lebenssituationen zeigen, heißt es in einer Vereinsbroschüre. „Das ist es, warum ich mit meiner Familie ins Allerhaus ziehen will“, sagt Stephan Utikal, „gute Nachbarschaft und gegenseitige Hilfe.“ Sozial gebundenes Eigentum Bauherrin ist die Genossenschaft Allerwohnen mit Sitz im Verdener Ökozentrum. Sie betreibt seit mehr als zehn Jahren alternative Wohnprojekte, darunter eine Siedlung mit zehn Häusern. Nach eigenen Angaben ermöglicht sie Hausgemeinschaften „preisgünstiges und ökologisches Wohnen in demokratischer Selbstverwaltung. Alle Objekte sind dauerhaft jeglicher Spekulation entzogen und bleiben sozial gebundenes Eigentum“. Das Grundstück in der Cluventalstraße, nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt, hat die Stadt der Genossenschaft zu einem verminderten Erbpachtzins überlassen. Das dreigeschossige Gebäude war Anfang des vergangenen Jahrhunderts für Postbedienstete gebaut worden. In den vergangenen Jahren hatte die Stadt dort Obdachlose untergebracht. „Das Haus selbst hatte keinen Restwert mehr“, sagt Architekt Thomas Isselhard, „ein Neubau wäre nicht teurer gekommen als jetzt die Sanierung.“ Man spare nun aber die Abbruchkosten und die Entsorgung des Bauschutts. Die Sanierung soll zum Vorzeigeobjekt für die Genossenschaft und das Netzwerk „Nachhaltiges Bauen“ werden, zu dem sich diverse junge und alteingesessene Handwerksbetriebe zusammengeschlossen haben. Sie wollen am Beispiel Allerhaus zeigen, wie alte Bausubstanz günstig und ökologisch korrekt auf den neusten Stand des energetischen Hausbaus gebracht werden kann. Und das fängt bei der äußeren Hülle an: „Die Dämmung am Dach ist bis zu 50 Zentimeter dick, an den Außenwänden sind es 30 bis 40 Zentimeter“, sagt Isselhard. Die Heizkosten würden dadurch auf ein Zehntel gesenkt. Der Architekt rechnet mit Heizkosten von einem Euro pro Jahr und Quadratmeter Wohnraum. Für die Wärme sorgt eine moderne Holzpellets-Zentralheizung. Im Gebäude bleibt kaum eine Wand an ihrem Platz. Die Bauherren haben die Grundrisse verändert und Wohnungen mit einer Größe von 47 bis 61 Quadratmetern geplant. Jeder der drei Treppenaufgänge erhält einen Aufzug. Und jede Wohnung bekommt ihre eigene Toilette, das Klo auf halber Treppe gehört der Vergangenheit an. Französische Balkone mit bodentiefen Türen erlauben einen Blick auf den Gemeinschaftsgarten hinterm Haus. Nach Angaben von Isselhard investiert die Allerwohnen 1,2 Millionen Euro in das alternative Wohnprojekt. Finanziert wird der Bau überwiegend durch Kredite der KfW Förderbank. Außerdem müssen die Mieter zusammen 140 000 Euro an Genossenschaftsanteilen zeichnen – im Schnitt 200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Wer das Geld für die Einlage nicht hat, kann sich Förderer suchen. Sie erhalten eine Verzinsung von drei Prozent, die der geförderte Mieter aufbringen muss. Pro Quadratmeter zahlen die Mieter 6,60 Euro Kaltmiete, sie soll pro Jahr um 1,5 Prozent steigen. „Größe und Mietkosten sind so berechnet, dass auch Menschen mit geringem Einkommen ins Allerhaus einziehen können“, sagt Rosemarie Guhl. Dazu gehören insbesondere Hartz -IV-Bezieher oder Rentner, die auf die staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Mit einem Teil ihrer Miete finanzieren die Allerhaus-Bewohner die zwölfte Wohnung im Haus. Sie soll „der Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens werden“, heißt es in einem Flyer des Vereins. Zudem können dort Hausgäste übernachten. Neben der Familie Utikal haben bislang zwei Frauen sowie ein Vater mit seinem Sohn Mietverträge für das Allerhaus unterschrieben. „Wenn die erste Wohnung fertig ist und besichtigt werden kann, kommen sicherlich noch weitere Interessenten hinzu“, sagt Thomas

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Isselhard. Wer ins Haus einziehen möchte, muss Mitglied des Allerhaus-Vereins werden. Die Hausgemeinschaft entscheidet, wer einziehen darf.

Enno Precht referiert im Allerhaus

Verden (fr). Am Dienstag, 5. Juni, referiert der Geschäftsführer der Agentur für nachhaltiges Bauen, Enno Precht, über wohngesundes Sanieren mit dem Sentinel- Haus-Konzept. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr im Allerhaus in der Cluventalstr. 2-6. Am konkreten Beispiel „Allerhaus“ wird aufgezeigt, welcher Weg beschritten wurde, um von einem zum Teil mit Holzschutzmitteln verseuchten Altbau zu vorbildlich wohngesund sanierten Wohnungen zu gelangen. Bei dem Weg dorthin wurde mit dem „Sentinel-Haus-Konzept“ gearbeitet, welches eine Schadstoffminimierung im Wohnraum garantiert. Es werden die Grundlagen des Konzeptes und die praktische Umsetzung erläutert. Um Voranmeldung wird gebeten: Telefon 0 42 31 / 95 71 30.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 02.06.2012

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Veranstaltungsreihe der Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten Herbst 2012

Mit 17 hat man noch Träume, und dann? 09.10.2012 Do, 15.00-17.00 Uhr Keine Kosten, Spenden sind gern gesehen Verden – AllerHaus - Cluventalstr. 2-6 Anmeldung bei: Susanne Utikal - T: 04204 - 687 605 - [email protected]

Gemeinsam wohnen - zusammen und immer wieder anders

Wir sind eine Gruppe von ganz unterschiedlichen Menschen in ganz verschiedenen Lebenssituationen von jung bis alt, die sich zusammengefunden haben, um ein gemeinsames Wohnprojekt zu realisieren. Wir leben in einzelnen Wohnungen, aber in einem Haus mit viel Platz für Gemeinschaft. Unser Haus (AllerHaus) ist energetisch auf einem Passivhaus-Niveau und behindertengerecht ausgestattet - zu bezahlbaren Mieten. Gerne stellen wir Ihnen uns und unser Haus vor und laden Sie herzlich zu uns ein!

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