22. SEPTEMBER 2013, NR. 38 FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG SEITE 41

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„Lieber, was gibt’s Neues?“ M. R.-R. 2010, beim Buchmessenempfang in Frankfurt Foto Julia Zimmermann

ie Fragen hier, die hat er wer „Mein Leben“ gelesen hat, der gern gemocht. Spätestens weiß, wie einsam dieser Mann oft war. dienstags rief er immer an, Dass man ihn bei der „Zeit“ gern um sich zu erkundigen, ob schreiben ließ, man ihn aber nicht in neue Fragen gekommen der Redaktion haben wollte, hat ihn tief Dseien. Es waren immer neue Fragen ge- getroffen. Ja, und als er bei der F.A.Z. kommen, und dann wollte er wissen, ob seinen Vertrag unterschrieben hatte, es auch gute Fragen seien. Ich fand sie aber noch nicht dort arbeitete, kam es meist ganz gut, er fand sie oft fürchter- zu jener Einladung, in die Villa des Ver- lich. Er sagte das zumindest häufig. Ich legers Wolf Jobst Siedler in -Dah- glaube, er war manchmal gerne unzu- lem, aus Anlass des Erscheinens des frieden und kritisch. Und er war natür- Hitler-Buches des F.A.Z.-Herausge- lich anspruchsvoll. Die Fragen an ihn bers Joachim Fest. Nein, man hatte ih- sollten immer die allerbesten Fragen nen, Marcel und Tosia Reich-Ranicki, sein, und er hatte eben nie im Leben nicht gesagt, wen sie an jenem festli- Lust, etwas Mittelmäßiges zu loben, chen Abend in diesem Haus treffen nur weil es andere vielleicht gern hören würden. Es war für beide eine Überra- wollten, oder nur, um irgendwie nett zu schung. „Tosia wurde blass. Auch ich sein. Aber er liebte die Fragen. Er woll- Wir hätten noch so viele Fragen gehabt. Marcel Reich-Ranicki ist gestorben. Uns fühlte mich plötzlich nicht ganz wohl“, te gefragt werden, und er wollte Ant- Danke! schreibt Reich-Ranicki später. Der Eh- bleibt, außer einer großen Traurigkeit, das Staunen über diesen wunderbaren Mann worten geben, bis zuletzt. rengast begrüßt sie beide ganz beson- Ein kleiner Unglaube und Stolz ders herzlich. Wer war es? „Dieser de- schien auch immer mit dabei zu sein. Von Volker Weidermann zente Herr war ein Verbrecher, einer Dass er, der in Polen geborene Jude der schrecklichsten Kriegsverbrecher in Marcel Reich-Ranicki, der keine deut- der Geschichte Deutschlands. Er hatte sche Universität besuchen durfte und den Tod unzähliger Menschen verschul- det. Noch unlängst hatte er zu den der nach dem Willen vieler Deutscher engsten Mitarbeitern und Vertrauten längst nicht mehr hätte am Leben sein noch stimmt, dass er immer noch diese Wie es ihm gehe, hat ein Leser – ner Klaviertastatur anzuschlagen: „To- schönen, grünen Weide, die rings um- Adolf Hitlers gehört.“ Albert Speer. So sollen, dass er nun zu einer Art Ein- bewunderte Autorität ist, dass die Men- Reich-Ranicki hatte zuvor einige Ausga- nio Kröger“. Wer sonst. Das Buch sei- her liegt und doch unerreichbar bleibt, hat ihn Marcel Reich-Ranicki in sei- Mann-Sachverständigenrat geworden schen wirklich all diese Dinge von ihm ben pausieren müssen – ihn gefragt, nes Lebens. hat mich nie ganz verlassen. Diese nem Lebensbuch beschrieben. Er war, der Weise aus Frankfurt, ein Ora- wissen wollen. Und dass er diese Fra- „langsam wieder besser“ hat er geant- In seiner Autobiographie hatte er es Furcht und diese Sehnsucht gehören zu selbst habe damals nur entsetzt ge- kel, die höchste Autorität, das empfand gen immer noch beantworten kann wie wortet. Ob er immer noch den „Spie- so erklärt: Dieser Tonio Kröger sei ein den Leitmotiven meines Lebens.“ schwiegen. Ihm war an einem Streit er auch selbst wohl immer wieder als kein Zweiter. Aber er war müde, die gel“ so gern lese, fragte ein anderer, Mensch, „der an seiner Unzugehörig- Die Sehnsucht, dazuzugehören. Ge- mit Fest nicht gelegen. Er hat nie mit kurios. Wie sein ganzes Leben. Kräfte schwanden immer mehr. Seine sich wohl an Reich-Ranickis Satz erin- keit leidet und wie ein Fremdling im ei- hörte er denn nicht dazu? Sein Aufstieg ihm darüber gesprochen. Und er war sich niemals wirklich si- Antworten wurden immer kürzer und nernd, er wolle schon allein deshalb genen Haus lebt – in ihm habe ich im deutschen Kulturleben nach seiner Die Rettung fand er immer in der cher, dass das auch so bleiben würde, knapper. Zuletzt war es wie ein langsa- nicht sterben, weil er dann nicht mehr mich wiedererkannt. Seine Klage, er sei Rückkehr aus Polen 1958 war doch mär- Literatur. Immer. Das war schon vor dass er auf sicherem Boden stand. Je äl- mes, öffentliches Verschwinden, Sonn- erfahre, was im nächsten „Spiegel“ ste- oft sterbensmüde, ,das Menschliche dar- chenhaft. Bewundert, gefürchtet, über- dem Getto so. Wenn er dem Deutsch- ter er wurde, desto wichtiger wurden tag für Sonntag. Er wollte es so. Er tat, he. Ja, den lese er immer noch, antwor- zustellen, ohne am Menschlichen teilzu- all war er ja dabei, bei jedem Treffen lehrer gebannt zuhörte, wenn er, der ihm die Fragen der Leser. Dieses Drän- was er konnte. tete er. Und welche Figur im Werk von haben‘, hat mich tief getroffen. Die der Gruppe 47, bald schon auf wichti- Jude, der der beste Deutschschüler sei- gen und Hoffen auf neue Fragen jede Die letzten Fragen und seine letzten Thomas Mann ihm an nächsten stehe, Furcht, nur in der Literatur zu leben gem Posten bei der „Zeit“, dann Litera- ner Klasse war, als längst schon auf den Woche, das war, als wollte er sich im- Antworten – ich weiß nicht, ich glaube, fragte wieder ein anderer Leser, wie um und vom Menschlichen ausgeschlossen turchef der F.A.Z., dann im Fernsehen, Schandpfählen die Parole stand: mer aufs Neue vergewissern, dass es es musste so aufhören – gingen ja so: noch einmal seinen liebsten Ton auf ei- zu sein, die Sehnsucht also nach jener und der Ruhm wuchs und wuchs. Aber Fortsetzung auf Seite 42

FAZ-3KUMJ7OFAZ-1t5bvyü Premieren 46 ELEKTRISCH EKLEKTISCH ELASTISCH Kleine Meinungen 48 Pro & Contra 48 Das neue Album der stilsicheren Die „Berliner Art Week“ fordert mal wieder Ein Gespräch mit Klaas Heufer-Umlauf Die lieben Kollegen 49 Janelle Monáe, Seite 48 auf zum Galerien-Marathon, Seite 47 über das Fernsehen, Seite 49 Fernsehen 50 42 FEUILLETON FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 22. SEPTEMBER 2013, NR. 38

manchmal jahrelang gesessen hatten. Und dann Fortsetzung von Seite 41 kommt dieser Mann und zerreißt das Buch womög- lich auf dem Titelbild des „Spiegels“ oder in einer kleinen Notiz. Er kannte keine Kompromisse, keine Schmeicheleien. Abschied Ich fand immer am beeindruckendsten die Szene, die er selbst in „Mein Leben“ beschreibt, er war noch nicht lange in Deutschland, Heinrich Böll hatte ihm in seiner ersten Zeit viel und lebenspraktisch gehol- fen, und eines seiner nächsten Bücher verriss Reich- von M.R.-R. Ranicki in gebotener Deutlichkeit. Keine Reaktion von Böll. Bis sie sich wenig später auf einem Empfang „Wenn der Jude deutsch schreibt, dann lügt er.“ Im wiedersahen. Sie sehen sich schon von weitem. Reich- Schauspielhaus, das ihm das wichtigste Theater seines Ranicki befürchtet einen Skandal. Böll kommt auf ihn Lebens bleiben würde; dann bei den heimlichen Zu- zu, scheint ihn zu umarmen, flüstert aber nur in sammentreffen mit seinem Schwager Gerhard Böhm Reich-Ranickis Ohr: „Arschloch!“ und anderen jungen Lesern, als sie einander 1937, er Klar. Heinrich Böll hat aus seiner Perspektive innerlich vor Unruhe zitternd, den Brief Thomas recht. Was soll das? Wenn es ihm nicht gefällt, kann Manns an den Dekan der Bonner Universität vorla- er nicht wenigstens schweigen? Wenn ich doch so sen, in dem sich der Dichter des „Tonio Kröger“ erst- freundlich zu ihm war? Konnte er nicht. Wollte er mals öffentlich gegen die Machthaber des neuen nicht. Dafür war ihm Böll zu wichtig. Dafür war ihm Deutschlands stellte. Ja, zitternd. Denn was hätte es die Literatur zu wichtig. Und es ist völlig klar, dass die bedeutet, wenn der Autor des „TonioKröger“ sich wo- gesamte deutsche Literatur der Epoche, die er beglei- möglich doch an die Seite Nazi-Deutschlands gestellt tet hat, niemals die Bedeutung erlangt hätte ohne ihn. hätte? Was hätte er dann noch gehabt? Die Werke der stets so lautstark Leidenden Martin „Ich fühlte mich verlassen“, wird er viele Jahre spä- Walser und Günter Grass wären ohne diesen oft lästi- ter schreiben, als er vom Tod Thomas Manns erfährt. gen kritischen Begleiter und Verreißer und Lobredner Jetzt ist er noch bei ihm. Nach jenem Brief an den De- in der öffentlichen Wahrnehmung und damit auch in kan als größerer Schatz denn je. der Wirklichkeit viel unbedeutendere gewesen. Er Und danach, ja, dieses deutsche Märchen, es ist ja gab ihnen oft erst die herausragende Bedeutung, die so oft erzählt worden und in den letzten Tagen immer sie dann meinten, laut und weinerlich gegen ihn vertei- wieder. Die Kästner-Gedichte im Getto, überhaupt Gedichte, weil man nicht anfängt, einen Roman zu le- sen, wenn man nicht erwartet, lange genug zu leben, um noch das Ende lesen zu können. Der Auftrag an ihn, das Todesurteil für alle Juden des Gettos zu über- Jetzt sitzt er in seinem setzen; das Musikstück, das er während dieser Arbeit großen schwarzen hörte, und sein Gedanke, das sei doch eine gute Thea- ter-Szene, dessen Teiler ist. Und schließlich das Ums- Sessel, blaues Hemd und Überleben-Erzählen für jenen Bolek, der ihnen Unter- schlupf gewährt hatte, der sie aber jederzeit dem Tode Hosenträger, wartet auf übergeben konnte, für den Fall, dass er sich eines Ta- ges langweilen sollte, mit Marcels Geschichten. Er Neuigkeiten, auf eine gute langweilte sich nicht. Geschichte. Ich bemühe Daran haben sicher viele denken müssen, die das Glück hatten, mit ihm arbeiten zu dürfen – wenn er mich sehr, anrief oder wenn er angerufen wurde, immer diese Frage: „Lieber, was gibt es Neues?“ Es war ja eine manchmal lacht er. Spiegelung jener Bolek-Neugier. Der unbedingte Wil- le, sich nicht zu langweilen. Sich selbst nicht und ande- re erst recht nicht. Es ist ja schon ein paar Jahre her, dass er lange Texte für die Zeitung schrieb. digen zu müssen. Womit hier, nur weil dies ein Nach- Deshalb ist es auch wichtig, daran zu erinnern, wie ruf ist, natürlich keinen Moment behauptet werden unterhaltsam, klar und rasant noch der Text über das soll, dass er sich nicht oft, sicher sogar sehr oft, irrte, scheinbar langweiligste Thema war. Marcel Reich-Ra- lautstark irrte und nicht wenigen Büchern und Auto- nicki fühlte sich dem Leser verpflichtet. Er wusste, ren Unrecht getan hat. Lächerlich wäre es, das zu leug- dass dieser vor allem unterhalten werden wollte, weil 2009 bei der Filmpremiere von „Mein Leben“ Foto Thomas Kost nen. Lächerlich, nicht zu erkennen, dass solche laut- er selbst so rasend dringend Unterhaltung suchte und starken Irrtümer unbedingt dazugehören. die Langeweile so fürchtete. Wenn es beim Lesen um alles geht: Es gibt diesen Ich habe ihn zum ersten Mal persönlich erlebt im Film über eine Zugfahrt mit ihm durch Deutschland. Frühjahr 1994, als er in der Aula der Heidelberger Uni- Am Fenster rauscht die Loreley vorbei. Reich-Ranicki versität eine Rede auf Friedrich Schlegel hielt. Es wa- schaut und lacht: „Was wäre die Loreley ohne den ren mehr als tausend Studenten gekommen, sie saßen Dichter Heinrich Heine? Nur irgend so ein Felsen in auf der Empore, in den Gängen, überall. Bevor er der Landschaft. Völlig belanglos und unbedeutend.“ richtig anfing, erzählte er von seinen Zweifeln auf der So hat Marcel Reich-Ranicki die Welt gesehen. Fahrt hierher. „Ich habe mir gedacht: Hast du doch ei- Manchmal dabei ironisch lachend, meistens bitter nen Fehler gemacht. Es kommt doch sicher keiner. ernst. Und über diesen Heinrich Heine, der also die Hättest du mal eine Rede über Heine und die Lieder, Loreley erfunden hat und dessen Verse er so liebte Kafka und die Liebe oder Thomas Mann und die Kna- wie sonst nur noch die von Brecht, schrieb er einmal ben angekündigt. Dann wäre das Haus sicher voll ge- dies: Er dichte über „die Leiden eines Menschen, der, wesen. Aber Schlegel?“ Und er lachte, und der ganze hineingeboren in die deutsche Welt, integriert werden möchte. Der Schmerz dessen, den man nicht zulässt, überfüllte Saal lachte mit. Es war egal, worüber er der allein und einsam bleibt – das ist Heines Leit- sprach. Wir vertrauten ihm voll und ganz. Es würde motiv: Die aussichtslose Liebe, die er in seinen Lie- geistreich werden und interessant. Es war der beste dern und Gedichten besingt, symbolisiert die Situati- Vortrag, den ich während meines Studiums hörte. on des Verstoßenen und Ausgeschlossenen.“ Ein Natürlich hatte er, als er eine Stunde lang über Fremdling des Lebens, früher Bruder Tonio Krögers. Friedrich Schlegel sprach, vor allem auch über sich Einer, der sehnsüchtig zuschaut und gern ganz dazu- selbst gesprochen. „Rückblickend schrieb er, es sei gehören würde. sein vorzüglichster Wunsch gewesen, ,der großen „Na irgendwo muss man doch dazugehören“, hatte Kluft, welche immer noch die literarische Welt und Marcel Reich-Ranicki einmal gesagt, als ich ihn ge- das intellektuelle Leben des Menschen von der prakti- fragt hatte, warum er unbedingt zu dieser Gruppe 47 schen Wirklichkeit trennt, entgegenzuwirken . . .‘“ gehören wollte. Und auf die Frage, ob es nicht merk- würdig gewesen sei, in so einer Männergruppe, die zum großen Teil aus ehemaligen Wehrmachtssoldaten bestand, über neue Bücher zu diskutieren, statt einmal Immer intensiv. über die persönlichen Erlebnisse aus der Vergangen- heit, meinte er nur, nein, man sei eben zusammenge- Immer heftig. Im kommen, um über Literatur zu reden. Da habe er nicht noch Zeit gehabt, über die Vergangenheiten der Literarischen Quartett haben 1936 im Strandbad Stölpchensee Foto privat Reich-Ranicki mit seiner Frau Tosia Foto privat anwesenden Männer nachzudenken. Er wollte es auch nicht. Weil er eben einmal dazuge- ihn Millionen so erlebt. hören wollte. Es war schon schwer genug. Trotzdem Seine Widerreden, wurde der einzige echte Freund jener Mann, der auf- grund seiner asthmatischen Erkrankung kein Soldat sein Zeigefinger, sein Klopfen gewesen war. Walter Jens, der Schriftsteller und Kriti- ker und Rhetor. Er wurde Marcel Reich-Ranickis Le- auf die Sessellehne, „Das ist bensfreund. Lange vor der Erfindung des Telefonsex hätten sie beide die Telefonfreundschaft erfunden, hat gut! Das ist sogar sehr gut!“, er geschrieben. Sie telefonierten jahrelang beinahe je- den Tag miteinander. Irgendwann ging auch diese seine Empörung, Freundschaft auseinander. seine Begeisterung. Als ich Marcel Reich-Ranicki vor einigen Wochen zum letzten Mal in seiner Wohnung in Frankfurt be- suchte, war auch sein Sohn Andrew bei ihm. Reich-Ra- nicki erholte sich gerade mühsam von den Folgen ei- ner Lungenentzündung. Er war etwas schwach, etwas Das war ja sein eigenes Programm. Und auch wenn blass, aber heiter. Wissbegierig wie immer. Andrew er über die Jüdin Dorothea, die später Schlegels Frau zeigte mir an einer Wand im Arbeitszimmer ein Bild werden sollte, spricht, denkt er sicher auch an sich. von Jens und seinem Vater. Eine Lithographie. Sie tan- Denn sie, so Reich-Ranicki, „zeichnete sich durch zen, sie reden, vielleicht streiten sie auch. Alles zu- eine Eigenschaft aus, die oft bei Juden auffällt, sei es gleich. Wenige Tage vorher war Walter Jens gestor- günstig, sei es ungünstig, und die zur Folge hat, dass ben. Marcel Reich-Ranicki wollte unbedingt zu der sie, die Juden, für manche Menschen in ihrer Umge- Beerdigung fahren. Hatte das Jackett schon an, bereit bung nicht so leicht erträglich sind, und ihnen viel- zur Abfahrt. Aber er war schon zu schwach. Das ging leicht sogar auf die Nerven gehen, dass sie aber von nicht mehr. anderen aus demselben Grund für äußerst attraktiv Jetzt sitzt er in seinem großen schwarzen Sessel, gehalten werden. Was ich meine, lässt sich mit Wor- blaues Hemd und Hosenträger, wartet auf Neuigkei- ten wie ,Intensität‘ oder ,Heftigkeit‘ andeuten.“ ten, auf eine gute Geschichte. Ich bemühe mich sehr, Oh ja. Immer intensiv. Immer heftig. Im Literari- manchmal lacht er, tonlos aus dem tiefen Inneren schen Quartett haben ihn Millionen so erlebt. Seine scheint das Lachen zu kommen, er klopft auf die Leh- Widerreden, sein Zeigefinger, sein Klopfen auf die ne. „Das ist gut.“ Wir verabreden, mit neuen Antwor- Sessellehne, „Das ist gut! Das ist sogar sehr gut!“, sei- ten noch etwas zu warten. Wir wissen wohl beide, dass ne Empörung, seine Begeisterung. Wenn es um Lite- er keine mehr schreiben wird. Aber als ich ihm sage, ratur ging. Er gab der Literatur ja überhaupt erst die- dass sehr viele Fragen gekommen seien, scheint er se Bedeutung, dadurch, dass jeder, der ihn las, jeder sehr froh. der ihn sah, sofort spürte, dass es jedes Mal um alles Dann sagt Andrew, es ist Zeit zu gehen. Sein Vater ging, um Überlebensfragen. Auch in der Ablehnung winkt und lacht ein wenig. Dann ist der Vorhang zu. von Büchern. Natürlich war das immer wieder Und es bleibt, neben der großen Traurigkeit, ein Stau- schmerzhaft für Autoren, ihre Werke so vehement nen über diesen Mann, über sein Leben und eine gro- kritisiert zu sehen, ihre Werke, an denen sie ja Nach dem Krieg. Ein eigenes Auto mit „RR“ auf dem Nummernschild Fotoprivat ße, tiefe Dankbarkeit. FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 22. SEPTEMBER 2013, NR. 38 FEUILLETON 43

rwartet hatten diese Nach- her noch kein Mensch einfallen lassen richt alle, aber als sie ein- in Bezug auf meine Person, vielleicht trifft, trifft sie uns einzeln. früher einmal, zur Kindergartenzeit. Es Was mich angeht, so hörte dauerte, bis ich begriffen habe, dass das ich davon auf der A9, auf kein Grund war, beleidigt zu sein, viel- dem Weg nach Köln, wo ich für den mehr auf das Musikkritikermetier bezo- E gen und wohl auch mit einer Spur Besit- WDR zweimal das „Klassikforum“ mo- derieren soll. Das „Klassikforum“: Das zerstolz gesagt worden war, ich war sind drei Stunden live, ganze Werke, schließlich die Neuanschaffung, und er wer am Mikrofon sitzt, bestimmt selbst, sagte es so, wie Hundebesitzer zu sagen was gespielt wird. Und keine Unterbre- pflegen: Die beißt nicht! Die will ja nur chung durch Nachrichten, Jingles, Tea- spielen. Ein grausames Missverständ- ser. Ja, ich liebe das „Klassikforum“, es nis, für das ich mich bis heute entschul- ist übriggeblieben aus einer Zeit, als es digen möchte, gab es, als ich zu einem noch Pausenzeichen gab, und als das seiner runden Geburtstage die Musik Hören noch geholfen hat. Das „Klassik- organisieren sollte. Ich dachte, es hande- forum“ ist heute das einzige Vormittags- le sich um eine Art Hauskonzert, und musikformat dieser Sorte in der gesam- engagierte ein großartiges junges ten ARD-Radiolandschaft, das, bis Streichquartett, das Lotus Quartett, jetzt, die selbstmörderischen Relaunch- vier Musikerinnen, die sich gerade den letzten Schliff bei dem Quartettguru Marathons ahnungsloser Anstaltsdirek- Walter Levin holten. Sie spielten, plat- toren überlebt hat. Bis jetzt. Tapfere Re- ziert auf einem kleinen Podest, Beetho- dakteure kämpften dafür, einige sind ven und Schubert. Eine einzige Kata- jetzt im Ruhestand, andere wuchsen in- strophe. Die Party fand statt in einem zwischen nach. der großen Bankettsäle eines Frankfur- Es gibt keine Zufälle. Zwei Tage spä- ter Hotels, mit Hunderten von lärmen- ter, als die Arbeit getan ist, auf der A3 den, lachenden, quatschenden, besteck- Richtung Frankfurt, höre ich das „Klas- klappernden Gästen, und ab und zu bat sikforum“ auf WDR 3 mit Reich-Rani- jemand um Ruhe, aber das war sinnlos. cki. Die Stimme des Moderators ist Die Mädchen spielten tapfer und ver- jung, sie knarrt, singt und lebt. Marcel mutlich wunderschön. Aber man hörte Reich-Ranicki spricht im Radio, was er sie nicht. Nicht einmal, wenn man di- sonst nur am Telefon und privat tat, rekt daneben stand. Eine deutsche über die innere Faktur und über den his- Blechblaskapelle wäre passender gewe- torischen Kontext der Musik, die er sen. Oder: Die Berliner Philharmoni- liebt. Bruckner, Wagner und Beetho- ker. Er hat sich aber trotzdem hinterher ven, Wagner und Chopin, Strauss und nicht bei mir beklagt. Wagner. Und über die Gründe, warum Wenn wir telefonierten, was selten er sie liebt. genug vorkam, fragte er stets, was gibt Manches ist rein biographisch, längst es, oder, gibt es was Gutes, und dann er- bekannt. Dass im Warschauer Getto zählte ich ihm von dem Bariton Gerha- die Musik für ihn viel wichtiger gewor- her oder von der jungen Sopranistin den sei als die Literatur. Auch gegen Prohaska oder von dem Jerusalem Ende seines Lebens wird sie nach und M. R.-R. 1991 in Frankfurt Foto Action Press Chamber Music Festival oder von dem nach immer wichtiger. Dass er aus sei- Pianisten Bogdanov, der nur den vier- ner Kindheit erinnere, die Schwester ten Preis beim Tschaikowsky-Wettbe- habe Klavier gespielt, vielleicht gut, viel- zweimal sagt: Eine „deutsch-jüdische lieh das für mich aus. Die Sendung hat- switcht, unter Auslassung von mindes- werb gemacht hatte und deshalb wü- leicht schlecht, das wisse er nicht, aber Symbiose“, ob es die je gegeben habe, te damals schon genau die gleiche Mo- tens hundert Takten Wagnermusik; vor tend vor der Preisverleihung abgereist sie spielte viel, meist Chopin. Und dass sei fraglich, aber im romantischen deut- zart-Erkennungsmelodie am Anfang, allem fehlt die von Christian Thiele- war, zu Recht, weil er nämlich der Bes- das Chopin-Spielen im besetzten Polen schen Kunstlied gebe es sie sehr wohl, bei der noch heute die Moderatoren mann geliebte, gerühmte Überleitung te war, oder von „Schubert, Schumann während des Krieges verboten gewesen nämlich in den Liedern, die der Deut- sich vorstellen müssen, nur, dass jetzt mit den harmonischen Rückungen. und der Schnee“ bei der Ruhrtriennale. sei: „Was für ein Triumph für einen Das, sche Robert Schumann (der Antisemit diese knarzige, langsame Stimme auf- Aber musikalisch ist es gut gemacht. Wahrscheinlich nicht bei jedem dieser Komponisten, dass die Deutschen mein- war, aber das sagt er nicht) nach Ge- taucht aus dem Streicherplätschern und Wer nicht weiß, das was fehlt, merkt Gespräche, aber mir kommt es jetzt so ten, so lange nach seinem Tod sei seine dichten des Juden (und Emigranten) sagt: „WDR 3, das ,Klassikforum‘, heu- nichts. vor, als sei es bei jedem gewesen, lande- Musik noch gefährlich und könne die Heinrich Heine geschrieben habe. Die- te mit Marcel Reich-Ranicki“. So geht Weil Marcel Reich-Ranicki diese Mu- ten wir am Ende immer wieder bei be- Leute aufregen und zum Widerstand se Text-Musik-Verbindung sei wirklich das los. Drei Stunden Reich-Ranicki sik so bedingungslos und affektiv, so un- sagtem Quintett aus dem letzten Akt anstiften.“ Die Aufnahme des Chopin- symbiotisch. Denn: Im romantischen und Musik. Er ist noch nicht fertig, als kritisch liebte, deshalb las er auch Mu- der „Meistersinger“, oder wenigstens in was der Nähe. Von zeitgenössischer Musik schen Scherzos h-Moll rumpelt und Klavierlied sind Text und Musik gleich- ich ankomme, ich parke also auf dem sikkritiken. Toll finden und wegfließen hielt er nichts, obwohl ich es immer wie- rauscht, Reich-Ranicki hat Arthur Ru- berechtigte Partner. Das unterordnen- Seitenstreifen, um in Ruhe zu Ende zu genügt nicht. Man muss auch immer der damit versuchte. Für Reich-Ranicki binstein ausgewählt, der krabbelt mit de Wort „Begleitung“ für das, was das wieder den Diskurs führen über das, hören. Wie man das so machte, damals, musste es rauschen und singen, es muss- Leidenschaft und vielen Unregel- Klavier dabei tut, sei natürlich („natür- bei wirklich interessanten Sachen im Ra- was man liebt. Etwas schrecklich finden te wüste Harmoniewechsel geben, es mäßigkeiten sehr eilig über die Tasten. lich!!“) das völlig falsche Wort. Genau dio. und trotzdem aushalten. mussten Trompeten blasen und Hörner Einige Werke verurteilt Reich-Ranicki man das Gleiche, wortwörtlich, hatte gerade Er liebte sehr das Deutsche in der Als ich damals, es war etwa zur sel- locken. Nicht zu viel Rhythmus. Lieber scharf, und die Stimme bebt und hebt eben, am Morgen dieses Freitags, am Musik. Den deutschen symphonischen ben Zeit, als diese Sendung stattfand, viel Melodie. Und großer saftiger sinnli- sich. Doch Achtung! Nur der Text wird 20. September 2013, der Pianist András Klang. Die großen Auftritte der Hör- von der „Zeit“ zur F.A.Z. wechselte, cher Klang. Deutsche Musik eben. so verurteilt, nicht die Musik: „Ich habe Schiff gesagt, der vor langer Zeit ein- ner, das Flirren der Streicher. Reich-Ra- sagten mir Kollegen, es sei Reich-Rani- Kürzlich, ach nein, es ist doch schon eine große Schwäche für dieses etwas mal Schumanns „Dichterliebe“ mit Pe- nicki liebte Beethoven und Richard cki gewesen, der das betrieben habe. etwas länger her, schickte ich seiner missratene Stück“, sagt er, mit Tremo- ter Schreier und Schuberts „Schöne Strauss, er liebte ganz besonders und Ich konnte das nicht glauben und habe Frau, die Chopin noch viel mehr liebte lo, über Goethes „Egmont“. Beetho- liebt Müllerin“ mit Dietrich Fischer-Dies- immer wieder „Tristan“ und die „Meis- niemals nachgefragt, nicht bei ihm, bei als er, ein Päckchen mit den besten Neu- vens Schauspielmusik zum „Egmont“ kau gemacht hat und zu Gast war in tersinger“. Dabei identifizierte er sich niemandem. Ich lernte ihn kennen erst aufnahmen des Chopin-Institutes aus aber verzeiht Reich-Ranicki einfach al- Über den großen, meinem „Klassikforum“. Denn es gibt als Kritiker keineswegs mit der Rolle 1997 auf dem Buchmessentreff in Frank- Warschau, aufgenommen auf histori- les, auch das angestaubte Melodram, keine Zufälle. des Beckmesser. Er sah den Kritikerbe- furt, ich musste mich an seinen Tisch schen Instrumenten, im Lichte der his- selbst die hysterisch-kriegerischen leidenschaftlichen Reich-Ranickis „Klassikforum“ ruf verkörpert durch Hans Sachs, der setzen, zu all den wichtigen Leuten, torischen Aufführungspraxis. Das war Trompetenexzesse am Schluss. Dann stammt aus dem Jahr 1996, das ist jetzt dem jungen Dichter Stolzing, der nicht und er fragte mich aus. Erst über Polli- auch verkehrt. Von den neuen Geigern singt Fritz Wunderlich aus Schumanns Musikkenner siebzehn Jahre her. Einer der Redakteu- weiß, wie er es nach der Regel anfangen nis Beethoveninterpretation, dann ging „ohne Ton“ und von Klavieren, die „Dichterliebe“, grün und schlank und re hatte sich erinnert, und es gab zufäl- soll, sagt: „Ihr stellt sie selbst, und folgt es um die „Meistersinger“. Als ich mich nicht den fetten, brillanten Steinway- immerzu schnurgeradeaus. Dazu sagt lig, denn das ist keineswegs üblich, so- ihr dann.“ Für die Sendung hat Reich- wieder verabschieden durfte und ging, sound ausstrahlten, hielt er überhaupt Reich-Ranicki etwas, was ihm selbst gar einen Digitalmitschnitt der alten Ranicki eine krasse Kreuzblende veran- hörte ich ihn zu den anderen Herren sa- nichts. Er sagte: Ganz interessant. Aber nicht ganz geheuer vorkommt, dass Bandaufnahme im Archiv auf vier CDs, staltet, die direkt von diesem Duett in gen: „Na, eigentlich ist sie doch ganz nichts für mich. man das Papier rascheln hört und er es eine Redakteurin erbarmte sich und das „Morgentraumdeutweise“-Quintett niedlich.“ Diese Vokabel hatte sich bis- ELEONORE BÜNING

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„Er redete über Literatur ungern und knapp.“ Reich-Ranicki mit , 1961 Foto Roba Press Mit Hilde Spiel, 1984 Foto SZ-Photo Gratulation an Friederike Roth zum Gewinn des Bachmann-Preises 1983 Foto dpa

Ich habe Ihnen vor einiger Was erwarten wir als Nächs- deutung ist, ob ein Schriftsteller mit dem Das ist eine klare und einfache Frage. Den- 2003 Zeit meinen ersten Roman 2006 tes von Ihnen: Eine Litera- Computer schreibt oder mit der Hand? noch fällt es mir schwer, sie zu beantwor- zugeschickt, Sie aber haben mir nie geant- turgeschichte, ein belletristisches Werk? Ich habe in meinem langen Leben so gut ten. Denn eine Regel gibt es hier, glückli- wortet. Warum? Ich werde in den nächsten Tagen 86 Jah- wie nichts mit der Hand geschrieben, cherweise, nicht. So ist es denn eine ganz Ich lese kein einziges dieser Manuskrip- re alt. Ich habe in meinem langen Leben wohl aber viel diktiert – doch immer nur und gar individuelle Angelegenheit. Frei- te, keine einzige Zeile. Ich sende nichts viel publiziert, vielleicht sogar zu viel. Briefe, hingegen, von seltenen Ausnah- lich trifft es zu, dass Frauen ebenso wie zurück, auch dann nicht, wenn Rückpor- Glauben Sie nicht, dass für mich die men abgesehen, keine Artikel. Eine Männer oft im Alter ungeduldiger und to beigelegt ist. Das sei unschön? Nein, Zeit gekommen ist, sich etwas auszuru- Schreibmaschine habe ich schon als Kind nachlässiger werden. Das merkt man lei- unschön ist, dass mich rücksichtslose hen? Wie auch immer: Ich bereite tat- benutzt und sie erst aufgegeben, als es der, wenn es um Schriftsteller oder Journa- Menschen immer wieder belästigen. sächlich etwas Neues vor. Aber es wäre den Computer gab. listen geht, nicht selten auch an ihrem Stil. Wie auch immer: So ist es, und ich will leichtsinnig, darüber zu sprechen, da es Ich bin sicher, dass der Computer auf Es hat schon seinen Grund, dass Redakteu- und kann es nicht ändern. Der Grund doch sehr unsicher ist, ob es mir mög- den Stil einen starken und in der Regel re ungern an den Manuskripten der Sieb- ist sehr einfach: Meine Arbeit nimmt lich sein wird, meinen Plan zu verwirkli- günstigen Einfluss hat. Der wichtigste zig- und Achtzigjährigen arbeiten. Letzt- meine ganze Zeit in Anspruch. Ich chen. Grund: Auf die Korrekturen mit der Ma- lich kann sich jeder, auch der Kritiker, im muss, will ich meinen Beruf ausüben, schine verzichtet man oft, weil sie das Ma- Alter so verhalten, wie es ihm passt. Das alle Störungen konsequent abwehren. Dient der Kritiker der Qualitätssicherung nuskript unsauber und liederlich machen. mag eine enttäuschende Antwort sein, ich Darum handelt es sich: um Selbstvertei- der Literatur? Im Computer bleibt ja das Manuskript weiß es. Aber bisweilen sollte man den digung. Er versucht es immer wieder. stets ganz sauber. Also zögert man nicht, Mut zu eben solchen Antworten haben. Ich komme den Text zu ändern. Das ist beinahe im- Wie haben Sie seinerzeit das Verhältnis zwi- Wie schaffen Sie es, so viele Bücher zu le- Was bleibt von Kunst? schen der Gruppe 47 und Max Frisch er- mer gut für den Text. sen? Haben Sie eine bestimmte Methode, 2004 Robert Musil hat diese Fra- lebt? Welche Gründe gab es für seine dorti- Oder ein anderes Beispiel: Der Com- werden Sie nie abgelenkt? ge gestellt und gleich lapidar beantwor- ge Nicht-Präsenz? puter ermöglicht es, die Wiederholung Das möchte ich auch wissen. Jedenfalls tet: „Wir, als Geänderte, bleiben.“ So Von einem wie auch immer gearteten einzelner Wörter und Formulierungen habe ich keine besondere Methode. Übri- glaube auch ich, dass gute Bücher ihre Le- „Verhältnis“ zwischen der Gruppe 47 und zu vermeiden. Derartige unbeabsichtigte gens wird mir diese Frage immer wieder ser verändern. Sie machen die intelligen- mir recht Wiederholungen fallen oft in Bölls Prosa Max Frisch kann überhaupt nicht die gestellt. Und ob ich abgelenkt werde? Ja, ten Menschen intelligenter und die klu- Rede sein. Wahr ist hingegen, dass der auf. Sein Deutsch wäre, glaube ich, bes- natürlich. Aber ist das so schlimm? Brecht ser und schöner, wenn er sich entschlos- gen klüger. Sie machen die Erfahrenen Chef der Gruppe 47, Hans Werner Rich- hat einmal gesagt, er könne nur dichten, sen hätte, vom Computer zu profitieren. und die Feinfühligen noch erfahrener ter, mehrfach Frisch zu Gruppentagun- wenn ab und zu das Telefon auf seinem und noch feinfühliger. Und ist das nicht gen eingeladen hat. Doch Frisch hat je- Schreibtisch läutet. Die Anwesenden be- Warum bleibt ein originel- sehr viel? des Mal abgesagt, er war bei keiner die- fürchteten, Brecht habe sich einen Scherz Aber dass gute Romane oder Gedichte zahm vor ler, moderner, intelligenter geleistet und wolle sie verspotten. So war ser Tagungen dabei. 2007 und auch traditionsbewusster Lyriker wie oder Theaterstücke die Leser tatsächlich Warum? Für ihn wäre das purer Zeit- es aber nicht: Er meinte es ganz ernst. besser, wirklich edler machen – davon Seit 2003 beantwortete Durs Grünbein immer noch für ein breites Wenn er mit einem Gedicht beschäftigt verlust. Auch andere bekannte Schriftstel- Publikum ein Nischenlyriker? Meine Freun- bin ich nicht überzeugt. Es tut mir sehr ler der damals älteren Generation (Käst- sei, könne es passieren – erklärte er -, dass leid, dass ich mit einer optimistischeren Marcel Reich-Ranicki jede Woche de und Bekannten kennen ihn alle nicht. er steckenbleibt und nicht weiterweiß. Er ner, Koeppen, Nossack, Kaschnitz, Dür- Vielleicht überfordert er seine Leser. Aber Antwort hier nicht dienen kann. renmatt) waren auf diesen Tagungen nie grübelt, doch kommt dabei nichts raus. Ihre Fragen. Zu Goethe und er schreibt so, wie er es für richtig hält – Plötzlich läutet sein Telefon. Glücklich zu sehen. Sie hatten da auch nichts zu su- und niemand sollte es ihm verübeln. Nie- Was sagen Sie zu der uner- chen. Sie waren längst etabliert, aner- greift er zum Hörer. Er spricht mit jeman- warteten und verspäteten Af- Thomas Mann, Frauen, Liebe und mand sollte von ihm erwarten, dass er den dem fünf Minuten und kehrt dann zu sei- 2005 kannt und preisgekrönt. Sie brauchten Lesern entgegenkommt. Das tut Grün- färe im Zusammenhang mit dem Nobel- die Gruppe 47 nicht. nem Manuskript zurück. Und siehe: Jetzt bein natürlich nicht. Ihre Bekannten, die ist alles klar, jetzt weiß er genau, wie das preis für Elfriede Jelinek? Aber wie war es mit Frisch, warum Alkohol. Das Beste aus Damals, vor einem Jahr, als die Österrei- nicht einmal seinen Namen kennen, ha- Gedicht weitergehen muss. Auch mir ist es wollte er nicht kommen? Wahrscheinlich ben keine Ahnung von zeitgenössischer Li- bisweilen so ergangen: Mich hat das Tele- cherin Elfriede Jelinek den Nobelpreis er- hatte er keine Lust, sich tagelang Manu- „Fragen Sie Reich-Ranicki!“ hielt – was war das eigentlich: eine origi- teratur. Das gilt für sehr viele Bewohner fon nicht gestört, sondern erlöst. skripte jüngerer Autoren anzuhören oder dieses Landes und aller anderen Länder. nelle Farce, eine ganz große akademische gar an Diskussionen über deren Arbeiten Haben Sie schon einmal an der Entstehung Eselei oder, kurz gesagt, ein richtiger teilzunehmen. Seit etwa zehn Jahren stelle eines literarischen Werkes mitgeholfen? Mit Skandal? Dass es ein Skandal war, wurde Leser glauben häufig, dass Schriftstel- Rat, Änderungswünschen, Beschwerden und damals verheimlicht, weil alle den Fall als 2008 ich mir im Oktober immer ler sich brennend für Literatur interessie- wieder die gleiche Frage: Warum ignoriert so weiter? höchst peinlich empfanden. (. . .) ren. Das trifft schon zu, aber es betrifft Ja, aber es ist schon lange her. Ich wander- Auf jeden Fall ist in diesem Jahr ein das Nobelpreiskomitee so beharrlich Philip vorwiegend ihre eigene literarische Pro- Roth, obwohl er doch einer der würdigsten te mit einem bekannten Autor irgendwo Fortschritt feststellbar: Nachdem sich die duktion. (. . .) Frisch war von Beruf Archi- in Österreich und schlug ihm einen Ro- Jury mit dem italienischen Clown Dario Kandidaten für den Nobelpreis wäre? tekt und hat diesen Beruf auch dann Das hätte ich auch gern gewusst. Von man vor. Ich erzählte ihm diesen Roman Fo, mit dem Chinesen Xinjiang, den, wie noch ausgeübt, als er längst als Dramati- ziemlich genau. Er sagte, dies sei ein in- man in Hessen sagt, kein Schwein gele- Graham Greene wird erzählt, ihm sei der ker und Romancier anerkannt war. In Nobelpreis verweigert worden, weil er teressanter Vorschlag, gewiss, aber er kön- sen hat, und schließlich mit der zarten meinen Gesprächen mit ihm redete er ne diesen Roman nicht schreiben, er wer- Österreicherin Elfriede Jelinek lächerlich mit der Frau eines Stockholmer Akademi- über Literatur ungern und knapp. Ich hat- kers geschlafen habe. Mit wem hat nun de es bestimmt nicht tun. Und dann rede- gemacht hat, hat sie sich diesmal für ei- te den Eindruck, dass ihn Architektur ten wir über . – Etwa acht nen ernsten Schriftsteller entschieden. Al- der Philip Roth geschlafen? Wenn Sie mehr interessierte. das unbedingt wissen müssen, dann soll- oder neun Monate später erhielt ich per lerdings hätte er, der weltberühmte Dra- ten Sie sich direkt an ihn oder seinen Post eben diesen, bereits gedruckten Ro- matiker Harold Pinter, den Preis schon Wie schreiben Sie Ihre Texte? Diktieren Sie Agenten wenden. man. Ich las ihn aufmerksam. Er war vor zwanzig Jahren erhalten sollen. „Spät sie? Schreiben Sie mit der Hand oder direkt scheußlich. Ich beschloss, nie wieder ei- kommt ihr, doch ihr kommt“ heißt es im in die Maschine? Haben Sie einen Compu- Wird der Literaturkritiker im Alter eher nem Autor einen derartigen Vorschlag zu „Wallenstein“. ter zu Hause? Glauben Sie, dass es von Be- milde oder eher zornig? machen. Ich habe Wort gehalten.

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Gast DIE DEUTSCHE FILMAKADEMIE PRÄSENTIERT PAUL BREITNER Im Gespräch mit PETER LOHMEYER

Film PROFIS von Christian Weisenborn und Michael Wulfes Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur sprechen BRD 1979, Dokumentarfi lm, 87 Min., Farbe über einen Film, der in ihrem Leben und Denken eine große Rolle spielt. 26. SEPTEMBER 2013 Einlass 19:00 Uhr Beginn 19:30 Uhr ARRI KINO Türkenstraße 91, 80799 München FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 22. SEPTEMBER 2013, NR. 38 FEUILLETON 45

Als Juror in Klagenfurt 1983, links Rainald Goetz mit blutender Stirn Foto Isolde Ohlbaum Einer der wenigen, die von seiner Kritik verschont blieben: Reich-Ranicki mit Siegfried Lenz, 1981 Foto dpa

Warum glaubt eigentlich je- Welches der Kinder Thomas Manns war li- Was halten Sie von Ihrem Freund Kara- Ja, ich vermisse diese Zeit schon. Zu wert sind: Bücher etwa von Ingeborg 2009 der halbwegs Prominente terarisch am begabtesten? sek? Er schreibt oft über Frauen. Ist das Herrn Karasek besteht die allerfreund- Bachmann, Annette von Droste-Hüls- (und Nichtprominente) seine Autobiogra- Golo. ein interessantes Thema? lichste Beziehung und zu Frau Löffler hoff, Marie von Ebner-Eschenbach, Ka- phie schreiben zu müssen? Woher kommt Von Karasek halte ich sehr viel. In der die allerfeindlichste. Je mehr sich das roline von Günderrode, Ricarda Huch, Bei der erneuten Lektüre des „Doktor dieses Schreibbedürfnis? Fernsehen mit der Literatur beschäftigt, Franziska zu Reventlow, George Sand, Faustus“ hatte ich den Eindruck, dass das Tat, ich glaube, dass Frauen als Thema Ich glaube, das bereitet viel Spaß. Wer nicht desto besser. Selma Lagerlöf, Nelly Sachs, Jane Aus- Werk, das zu den Glanzstücken der Weltli- der Literatur interessant sind. Unter uns: will, kann ja auf solche Bücher verzichten. Ich kenne kein interessanteres Thema. ten, Emily und Charlotte Brontë, teratur zu rechnen ist, eine noch größere Was hast Du eigentlich mit dem Deutschen Wisława Szymborska, Christa Wolf, Haben Sie Jurek Becker persönlich kennen- ästhetische Wirkung entfalten könnte, Fernsehpreis gemacht, den Du damals Haben die Literaturkriti- Else Lasker-Schüler oder Patricia gelernt? War er ein fröhlicher Mensch? wenn der Autor auf umfängliche Bildungs- nicht haben wolltest? ker das kunstvolle Verrei- Highsmith. Wir werden wohl gelegent- Er war ein begabter, witziger, freundli- versatzstücke und auf die eine oder andere 2011 Den Glaspokal hat damals mein Sohn ßen verlernt? Sie kommen mir so zahm Homer, Sophokles, lich noch weitere Namen erwähnen. cher, liebenswürdiger Mensch. Ein fröh- Verschachtelung eines Satzes verzichtet an sich genommen. Aber er hat ihn auch vor. licher? Er war Jude, und ich bin nicht si- hätte. Euripides, nicht mehr. Er hat ihn vor einiger Zeit Ich ahne ja, dass Sie kein Fußballfan sind. Schon wahr, auch ich komme mir recht cher, ob ein Jude, der das erleben muss- Sie wollen also Thomas Mann belehren, dem „Haus der Geschichte der Bundes- Aber ich möchte doch gerne wissen, ob Sie „zahm“ vor, leider. te, was Becker erlebt hat, fröhlich sein wie man Deutsch schreiben sollte? Sie Horaz, Ovid, Vergil, republik Deutschland“ in Bonn ge- in Ihrem Leben einmal Sportbücher gelesen kann. Die Beziehungen zwischen ihm wissen vielleicht, dass man ihn für den Hatte Ingeborg Bachmann wirklich eine so schenkt, für deren Ausstellung „Humor haben, etwa Ror Wolfs Fußballgedichte. Dante, Petrarca, Molière, Ich wäre Ihnen doch dankbar, wenn Sie und mir waren zeitweise sehr gut, dann größten deutschen Stilisten seit Goethes außergewöhnlich starke Wirkung auf Män- in der Politik“. leider ziemlich kritisch. Das hatte einen Tod hält? Ich muss sagen, Sie sind sehr mir Ihre Ahnungen ersparen wollten. ner? Wie hat sie das gemacht? Und war Corneille, Racine, Nachdem ich mich durch die fast 1000 Sei- einfachen Grund: Er schätzte mich und mutig. die Wirkung auf Sie ebenso heftig? Kennen Sie einen Autor, der seinen Ruhm hatte mich, glaube ich, ganz gern, solan- Shakespeare, Cervantes, ten von René Schickeles Trilogie „Das Erbe Welches ist die schönste Strandszene in der Ich bin mehrfach bei Veranstaltungen am Rhein“ gearbeitet habe, bleibe ich ratlos und seine Kunst vor allem dem Drogenkon- ge ich seine Bücher lobte. Wenn ich an sum verdankt? Dem Alkohol wenigstens? Geschichte der Literatur? mit Ingeborg Bachmann zusammenge- zurück. einem Buch etwas auszusetzen hatte, Calderón, Voltaire, Mit dieser Problematik beschäftigen sich Ich kann mich an keine erinnern. Aber troffen, zumal auf Tagungen der Grup- Ich auch. wurde er gleich wütend. (. . .) meine Frau, um Rat in der Not gebeten, pe 47. Es trifft wohl zu, dass sie auf viele Goethe, Schiller, Balzac, viele Kenner. Muss ich mich auch damit rief mir aus dem Nebenzimmer zu: Männer eine starke Wirkung hatte. Ich Siegfried Lenz veröffentlicht jetzt seine Ta- befassen? Schiller mochte dazugehört ha- Warum sind Sie Literaturkritiker und ben. Ein außerordentlicher Alkoholiker nicht Literaturprofessor geworden? „Nenn doch den ,Tod in Venedig‘ und habe bei verschiedenen Gelegenheiten Stendhal, Flaubert, gebücher. Sie kommen doch sicher auch drin vor. Und – daraus ergibt sich eine Fra- war der in der ersten Hälfte des neun- Weil in Deutschland Adolf Hitler regier- sag dem Fragesteller, er soll dich in mit ihr gesprochen, kann aber die ande- ge: Haben Sie selbst eigentlich nie Tagebuch zehnten Jahrhunderts erfolgreiche Chris- te. In meinem Buch „Mein Leben“ ist Ruhe lassen.“ ren Fragen, die Sie mir gestellt haben, Puschkin, Dostojewskij, geführt? tian Friedrich Grabbe, dessen sehr gute das ziemlich genau erklärt. Wie auch im- nicht beantworten. Tolstoi, Proust, Brecht. Nein, ich habe nie Tagebuch geführt. Komödie „Scherz, Satire, Ironie und tie- mer: Ich glaube, es war nicht falsch, Kri- Was hat uns Goethes „Faust“ Wodurch zeichnet sich Ihrer Meinung nach fere Bedeutung“ oft gespielt wurde. tiker zu werden. 2010 heute noch zu sagen? Georg Büchner aus? Sie alle waren Männer. Macht es mehr Freude zu loben oder zu Meine Antwort: alles. Schreiben Männer besser als Frauen? Mit Büchner beginnt die moderne deut- verreißen, wenn Sie eine Kritik schreiben? Lesen Sie Blogs mit Litera- Genügt Was ist leichter? Homer, Sophokles, Euripides, Horaz, Ich wüsste gern, ob Sie eine wahrhaft ge- sche Literatur. Seine Werke führen zum 2013 turkritiken? Könnten Sie Ovid, Vergil, Dante, Petrarca, Molière, glückte Filmadaption eines Romans ken- Realismus, zum Naturalismus und zum die Antwort? Alles in allem bereitet es mehr Freude sich vorstellen, für meinen Blog (www.fisch- Corneille, Racine, Shakespeare, Cervan- nen? Expressionismus ebenso wie zum epi- zu loben, während das Verreißen oft ge- pott.de) eine solche als Gastbeitrag zu tes, Calderón, Voltaire, Goethe, Schil- Ach, liebe Frau Berben, Sie gefallen mir schen Theater, zum Theater der Surrea- nug eine schmerzhafte Aufgabe ist. schreiben? listen und zum Dokumentartheater. Marcel Reich-Ranicki auf die Frage: Fischpott? Ich fürchte, dass ich Sie nicht ler, Balzac, Stendhal, Flaubert, Pusch- sehr, ich bewundere Sie aufrichtig. Aber Kann man die jüngsten Gedichte von Gün- Büchner führt zu Gerhart Hauptmann, Schreiben Männer besser als Frauen? verstehen kann. Fragen Sie bitte jeman- kin, Dostojewskij, Tolstoi, Proust, die Frage, ob eine Filmadaption mich be- ter Grass als Literatur einstufen? Brecht. Sie alle waren Männer. Genügt glückt, ist mir ziemlich gleichgültig. zu Frank Wedekind und zu Ödön von den, der sich damit besser auskennt. Horváth und schließlich zu Franz Kafka Ich kann die jüngsten Gedichte von die Antwort? Mich faszinieren gute, schöne Filme. Günter Grass nicht als Literatur einstu- Hat es den Genuss von Wagners Musik nie Die Relation von literarischem Werk und Bertolt Brecht. Wolfgang Koeppen getrübt, dass er ein übler Antisemit gewe- Welche ersten und letzten Worte in Wer- bekannte: „Georg Büchner war mir am fen. Wenn er es tut, muss die Entschei- und Film ist meine Sache nicht. Ich dung jeder für sich selbst treffen. sen ist? ken der Weltliteratur beeindrucken Sie habe „Effi Briest“ in drei Fassungen gese- deutschen Himmel immer der nächste Doch, hat es. Was Sie schreiben, ganz besonders? hen, alle drei waren bemerkenswert und von allen Sternen.“ Sind Sie in Ihrem Leben einmal Thomas stimmt. Erste Worte: interessant. Sie haben vielleicht (und hof- Er war der Dichter meiner Jugend, Bernhard begegnet? War er persönlich so Prinzessin: „Du siehst mich lächelnd an, fentlich) diese drei Fassungen gesehen. und er ist bis heute mein Dichter geblie- bösartig und schimpfeslustig wie in seinen Ist Ihnen schon aufgefallen, dass Martin Eleonore, / Und siehst dich selber an Für die verschiedenen Adaptionen ha- ben. Büchern? Walser in letzter Zeit nur noch Unsinn und lächelst wieder“ (Goethe, „Torquato ben Sie wahrscheinlich keine Zeit. Ja, ich bin in meinem Leben mehr als schreibt? Sein letztes Buch, „Meßmers Mo- Tasso“) Sind Sie einmal in Her- einmal mit Thomas Bernhard zusam- mente“, ist eine Aneinanderreihung von „München leuchtete.“ (Thomas Mann: Bitte sagen Sie etwas zum Werk Ernst Jün- 2012 mann Burgers rotem Ferra- mengetroffen. Er war bei vielen Gele- Quatsch, finde ich. Stimmen Sie mir zu? „Gladius Dei“) gers. ri gefahren? genheiten auch persönlich so bösartig Oder lesen Sie Walser nicht mehr? Letzte Worte: Über Jünger möchte ich auf keinen Fall Nein. Ich habe Burger mehrfach getrof- und schimpfeslustig wie in seinen Bü- Ihre Frage gleicht einer Bemerkung. Alkmene: „Ach!“ (Heinrich von Kleist, etwas sagen. Wenden Sie sich bitte an an- fen, aber ich bin nie mit ihm Auto gefah- chern, allerdings waren unter seinen Äu- Was Sie schreiben, reicht völlig aus. „Amphitryon“) dere Schriftsteller. Und ersparen Sie ren. Allerdings habe ich Zigarren aus ßerungen immer auch interessante. Die Fragen stellten Sibylle Zöllner, Joachim Ross, sich Fragen wie: Ja, warum denn und Foto laif Ernst Breit, Sandra Fetsch, Volker Pommerening, „Dort hat er eine alte Frau weinen se- der Tabakfabrik der Familie Burger ge- F. W., Jens Grimstein, Joachim Albrecht, Axel Mül- hen.“ (Rilke: „Cornet“) wieso? raucht. Mir hat besonders sein Zigarren- Welche Autorinnen sollte man unbedingt gelesen haben? ler, Alois Lang, Marko P., Franz Keller, Peter Her- Kann ein Mann wie Gottfried Benn, der roman „Brenner“ gefallen. ting, Walter Rabe, Hermann Sattler, Hans F. Bre- Wenn Sie an Shakespeare und Mozart Ich muss Sie leider enttäuschen, aber mit dem Faschismus sympathisierte, über- meyer, Gerhard Bolzin, Bastian Nitzschke, Rainer glauben, also an die Schönheit, die Tiefe Vermissen Sie hin und wieder die Zeiten eine Antwort auf die Frage nach Bü- Hesse, Fred Lunzer, Axel Marko, Iris Berben, Ale- haupt ein guter Lyriker sein? und die Dauerhaftigkeit ihrer Werke, glau- des „Literarischen Quartetts“? Haben Sie chern von Frauen, die unbedingt gelesen xander Ramseger, Solveig Keller, Karoline Sander, Leider ja. Ich wiederhole: L e i d e r ja. ben Sie damit nicht auch an Göttliches? noch Kontakt zu Frau Löffler und Herrn werden sollten, kann ich nicht geben. Walter Kund, Konrad Sauer, Paul Gollnast, Vreni Zander, Marcus Volz, Thomas Gottschalk, Bernd Nein, keinesfalls. Ich habe noch nie gehört, War die Literatur der DDR wirklich die Karasek? Würden Sie sich mehr Sendefor- Aber ich kann Ihnen natürlich Autorin- Klasen, Horst Gerhardt, Prof. Dr. Klute, Gerd Fun- dass Götter „Romeo und Julia“ geschrie- bessere der deutschen Literaturen? mate im deutschen Fernsehen wünschen, nen nennen, deren Werke ich gelesen ken, Elisabeth Reigl, Franz Ude, Karl Walters, Fabi- ben hätten oder den „Don Giovanni“. Nein, natürlich nicht. die sich mit Literatur beschäftigen? habe und die auf jeden Fall empfehlens- an Mauruschat und Jochen Kleiner.

FAZ-2LgmCZ4 © Oliver Marc

Verliebt in Istanbul Von Männern hat Hatice Akyün erst mal die Nase voll – und irgendwie auch von Deutschland. Sind die deutschen Politiker schuld? Oder ihre türkische Familie? Oder ist es wieder einmal Kismet? Kurzerhand zieht sie von Berlin nach Istanbul und macht sich auf die Suche nach ihrem türkischen Ich. Doch das ist in der pulsierenden Metropole nicht so einfach zu fi nden ...

Klappenbroschur »Flott und scharfzüngig wird der Leser durchs € (D) 14,99 Verfügbar auch deutsch-türkische Kulturgestrüpp geleitet.« als Book ZDF

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