Schwerpunktthema: Intelligenzminderung

medgen 2018 · 30:328–333 Andreas Tzschach https://doi.org/10.1007/s11825-018-0207-1 Institut für Klinische Genetik, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland Online publiziert: 17. Oktober 2018 © Der/die Autor(en) 2018 X-chromosomale Intelligenzminderung

Einleitung Fälle eine X-chromosomale Genverän- mologischen Aspekten insbesondere bei derung nachweisbar [25, 39]. der Bewertung unklarer Varianten und DieungleicheGeschlechterverteilungbei NeueKrankheitsgeneaufdemX-Chro- bei Patienten ohne nachweisbare geneti- Intelligenzminderung („intellectual dis- mosom sind in den letzten Jahren haupt- scheUrsacheauchweiterhineinezentrale ability“, ID) mit ca. 30% höherer Präva- sächlich für X-chromosomal dominante Rolle. lenz bei Knaben und die in den 1940er- Formen identifiziert worden, die über- Jahren beginnende Publikation großer wiegend Mädchen betreffen und meist Fragiles-X-Syndrom Stammbäume mit geschlechtsgebunde- durch De-novo-Mutationen verursacht nem Erbgang ließen das X-Chromosom werden. Diesem Thema ist der Bei- Das Fragile-X-Syndrom (FRAX, Martin- früh in den Mittelpunkt des Interesses trag von Anna Fliedner und Christiane Bell-Syndrom, OMIM 300624) ist die rücken[1,26].ErsteMeilensteinewurden Zweier in diesem Heft gewidmet. Die häufigste monogene Ursache für Intel- mit der zunächst zytogenetischen (1969) Grenze zwischen rezessiver und domi- ligenzminderung. Bei den meisten Pa- und dann molekulargenetischen (1991) nanter XLID ist jedoch unscharf. Fast tienten liegt eine Expansion des CGG- AufklärungdesFragilen-X-Syndromser- alle XLID- sind mit Manifestati- Trinukleotidrepeats in der 5’-UTR des reicht [25]. Die Bündelung von Familien onsformen sowohl im männlichen als FMR1-Gensvor,dieeineHypermethylie- mit vermutetem oder mittels Kopplungs- auch im weiblichen Geschlecht asso- rung und damit fehlende oder stark ver- analyse gesichertem X-chromosomalen ziiert, wobei aber meist Unterschiede minderte Expression des Gens zur Fol- Erbgang im Rahmen großer Konsorti- hinsichtlich Prävalenz und klinischem ge hat. Punktmutationen und Deletionen en (EUROMRX, IGOLD) bildete die Ba- Schweregrad bestehen. von FMR1 sind demgegenüber offenbar sis, auf der schon vor Einführung der Die Unterscheidung von syndroma- sehrseltenundtrotzdesinzwischenweit- Hochdurchsatzsequenzierungzahlreiche ler und nicht syndromaler XLID hat mit verbreiteten Einsatzes von Array-CGH weitere Krankheitsgene für nicht syn- Einführung der parallelen molekularge- und NGS erst bei weniger als zehn Pa- dromale ID identifiziert werden konn- netischen Diagnostik ihre frühere Be- tienten beschrieben worden [33]. Ohne ten [34]. Die X-chromosomale ID nahm deutung eingebüßt. Diese Abgrenzung die instabile CGG-Repeatregion würde damit gegenüber den zwar häufigeren, war ohnehin nie ganz streng gewesen, das Fragile-X-Syndrom zu den seltenen aber aufgrund ihres meist sporadischen weil a) mitunter auch intrafamiliär ei- XLID-Formen zählen. Ob in Analogie Auftretens erst mittels „next generation ne erhebliche klinische Variabilität vor- zu MECP2, wo sowohl Funktionsverlust- sequencing“ (NGS) in größerem Um- liegen kann, b) manche Merkmale erst mutationen als auch Duplikationen mit fang zugänglichen autosomal-dominan- ab einem bestimmtem Alter der Pati- kognitiven Einschränkungen einherge- ten Formen eine Vorreiterrolle ein. In- enten erkennbar werden, c) einige Syn- hen (siehe unten), auch die Überexpres- zwischen konnten XLID-assoziierte Mu- drome erst nach molekularer Aufklärung sion von FMR1 klinische Konsequen- tationeninmehrals100derca.800prote- vonausreichendvielenPatientenklinisch zen hat, ist aktuell noch unklar. Bis jetzt inkodierendenGenedesX-Chromosoms definiert werden konnten (Beispiele da- ist nur ein einziger männlicher Patient identifiziertwerden[29].DerrelativeAn- für sind das Martin-Bell/Fragile-X-Syn- mit FMR1-Duplikation berichtet worden teil ID-assoziierter Gene scheint damit drom sowie die OPHN1-assoziierte ze- [40]. auf dem X-Chromosom deutlich höher rebelläre Hypoplasie) und andererseits Das Genprodukt FMRP ist ein alsaufdenAutosomenzusein.Unterevo- d) vermeintlich klinisch distinkte Enti- mRNA-bindendes Protein mit regu- lutionären Gesichtspunkten könnte diese täten, die nicht selten anhand einer ein- latorischerFunktionbeiderTranslation BeobachtungdurcheinenhöherenSelek- zigen Familie definiert worden waren, insbesondere von Synapsenproteinen. tionsdruck auf das X-Chromosom hin- sich nach Aufklärung der ursächlichen Der Mangel an FMRP hat u.a. die sichtlich kognitiver Merkmale erklärbar Gene als allelische Varianten des gleichen Überexpression postsynaptischer meta- sein [13, 36]. Bei sporadischen männli- Krankheitsbildes herausstellten. Davon botroper Glutamatrezeptoren (mGluR) chen ID-Patienten (also ohne auffällige unbenommen, spielt aber die klinische zurFolge.InFraX-Tiermodellen(Droso- Familienanamnese) ist in ca. 10 % der Beurteilung der Patienten unter syndro- phila und Maus) konnten durch gezielte

328 medizinische genetik 3 · 2018 Hemmung dieser Rezeptoren eindrucks- don-Dudley-Syndrom (OMIM 300523) MED12 (FG/Opitz-Kaveggia-Syndrom, volle phänotypische Korrekturen erzielt assoziiert, einem Krankheitsbild mit OMIM 305450; Lujan-Fryns-Syndrom, werden, die Hoffnungen auf einen the- schwerer ID, Mikrozephalie und Spastik. 309520;Ohdo-Syndrom,OMIM300895), rapeutischen Einsatz beim Menschen Die Unterfunktion dieses Hormontrans- SLC9A6 (Christianson-Syndrom,OMIM geweckt haben [27]. Die daraufhin initi- porters hat erhöhte Werte für T3 bei 300243) und PHF6 (Börjeson-Forssman- ierten klinischen Studien konnten diese erniedrigtem T4 im Serum zur Folge. Lehmann-Syndrom, OMIM 301900) ein. Erwartungen aber leider nicht erfüllen Das Thyreoidea stimulierende Hormon Punktmutationen in MECP2 sind [5]. (TSH) ist allerdings meist im Normbe- nicht nur Ursache des Rett-Syndroms reich, und es liegt auch keine klinisch bei Mädchen, sondern werden auch bei Prävalenz von Mutationen in manifeste Hypothyreose vor. Inzwischen männlichen Patienten beobachtet, wobei einzelnen XLID-Genen sind mehr als 100 Familien mit Allan- der klinische Schweregrad in Abhängig- Herndon-Dudley-Syndrom publiziert keit von der von Enzepha- Häufige XLID-Gene worden. lopathie mit früher Letalität (OMIM Auch die SLC6A8-assoziierte Kreatin- 300673) bis zu moderater ID reicht Die Mutationshäufigkeiten in den ein- transporter-Defizienz (OMIM 300352) (PPM-X-Syndrom, OMIM 300055). Das zelnen XLID-Genen unterscheiden sich zählt mit mehr als 100 publizierten Fami- häufige MECP2-Duplikations-Syndrom erheblich. Nur für wenige Gene sind Mu- lien zu den häufigen XLID-Syndromen. wird unten im Kapitel Chromosomen- tationen in mehr als 100 Familien be- DieklinischenMerkmaleumfassenne- störungen besprochen. schrieben worden. ben schwerer ID u.a. Kleinwuchs, nied- Missense-Mutationen in IQSEC2 Mutationen in ATRX sind mit schwe- riges Körpergewicht, unterentwickelte (OMIM 309530) waren zunächst in vier rer ID, Mikrozephalie und Hypotonie Muskulatur, Hypotonie, Krampfanfälle Familien mit unspezifischer ID berichtet („X-linked mental retardation-hypoto- und Verhaltensauffälligkeiten. In Blut worden. Später wurden auch Nonsense- nic facies syndrome“, OMIM 309580) und Urin liegt ein erhöhtes Verhältnis Mutationen und Deletionen identifi- sowie in einigen Fällen zusätzlich auch von Kreatin zu Kreatinin vor. Hetero- ziert, die mit schwerer ID, Epilepsie und mit erythrozytären HbH-Einschluss- zygote Anlageträgerinnen für SLC6A8- Mikrozephalie assoziiert sind. De-novo- körpern (Alpha-Thalassämie-Retardie- Mutationen können Auffälligkeiten hin- Mutationen in IQSEC2 wurden inzwi- rungs-Syndrom, OMIM 301040) asso- sichtlich Kognition und Verhalten haben. schen auch mehrfach bei weiblichen ziiert. Es sind mehr als 200 Familien Funktionsverlustmutationen in ARX Patienten nachgewiesen und haben dort mit ATRX-Mutationen berichtet wor- sind mit Hirnfehlbildungen und Genital- u.a. eine dem Rett-Syndrom ähnliche den. ATRX-Mutationen können auch anomalien („X-linked lissencephaly with Symptomatik zur Folge. im weiblichen Geschlecht zu kognitiven ambiguous genitalia“, OMIM 300215) Einschränkungen führen. assoziiert. Bei mehreren großen Familien Seltene XLID-Gene Das Coffin-Lowry-Syndrom (OMIM mit im Vergleich dazu eher unspezifi- 303600) ist klinisch neben schwerer ID scher Symptomatik, die neben ID auch Die Mehrzahl der XLID-Gene scheint durch Kleinwuchs, grobe Gesichtszü- Dystonie und Epilepsie umfassen kann eine niedrige Mutationsrate zu haben, ge, prominente Lippen, Skoliose und (OMIM 300419 und 309510), wurde d.h. es sind sowohl beim Screening von spitz zulaufende Finger gekennzeichnet. eine rekurrente 24-bp-Duplikation in- XLID-Familienalsauchbeisporadischen Es wird durch Mutationen in RPS6KA3 nerhalb des Polyalanin-Trakts von ARX Patienten weniger als 20 Fälle berichtet verursachtundzähltmitüber150berich- nachgewiesen. Da diese Duplikation worden. Diese Beobachtung betrifft kei- teten Familien ebenfalls zu den häufigen bei der NGS-Diagnostik nicht sicher neswegs nur solche Gene, die erst vor XLID-Syndromen. erkannt wird, sind ARX-Mutationen kurzer Zeit aufgeklärt worden sind, wie Das Simpson-Golabi-Behmel-Syn- möglicherweise unterdiagnostiziert. Bis- z. B. ZC4H2 (Wieacker-Wolff-Syndrom, drom (OMIM 312870, Mutationen in lang sind über 100 Familien mit der 24- OMIM 314580; ID und Arthrogrypose) GPC3) ist ein Makrosomie-Syndrom bp-Duplikation beschrieben worden. oder LAS1L (Wilson-Turner-Syndrom, mit charakteristischen fazialen Merk- OMIM 309585; ID mit Kleinwuchs, Gy- malen und variablen weiteren körperli- Gene mit mittlerer Häufigkeit näkomastie und Adipositas), sondern chen Auffälligkeiten wie z.B. Herzfehler, auch Krankheitsbilder, deren Ursache Zwerchfellhernie, akzessorische Mamil- Gene mit mittlerer Prävalenz, für die schon seit vielen Jahren bekannt ist. len und Skelettanomalien. Die Ausprä- Mutationen in mindestens 20 Fami- Exemplarisch dafür steht das mit ID gung der Intelligenzminderung reicht lien berichtet worden sind, schließen und Verhaltensauffälligkeiten assozi- von schweren Formen bis zu unauffälli- u.a. CUL4B (Cabezas-Syndrom, OMIM ierte Gen MAOA (Brunner-Syndrom, ger kognitiver Entwicklung. Es sind über 300354), OPHN1 (XLID mit zerebellä- OMIM 300615), das eine zentrale Rolle 100 Familien publiziert worden. rer Hypoplasie, OMIM 300486), KDM5C im Serotoninstoffwechsel spielt. Die erste Mutationen in SLC16A2 (MCT8),das (Claes-Jensen-Syndrom,OMIM300534), Mutation wurde 1993 in einer großen für einen Schilddrüsenhormontranspor- IL1RAPL1 (OMIM 300143), PQBP1 holländischen Familie nachgewiesen [6]. ter kodiert, sind mit dem Allan-Hern- (Renpenning-Syndrom, OMIM 309500), Trotz großen wissenschaftlichen Inter-

medizinische genetik 3 · 2018 329 Zusammenfassung · Abstract

esses an diesem Gen, das sich u.a. in medgen 2018 · 30:328–333 https://doi.org/10.1007/s11825-018-0207-1 zahlreichen Assoziationsstudien zu Ver- © Der/die Autor(en) 2018 haltensphänotypen niederschlug, wurde die zweite MAOA-Mutation erst 20 Jahre A. Tzschach später berichtet [30]. X-chromosomale Intelligenzminderung

Chromosomenstörungen Zusammenfassung X-chromosomale Intelligenzminderung MECP2 sowie das Xp11.22-Duplikations- („X-linked intellectual disability“, XLID) Syndrom mit Überexpression von HUWE1.Mit Kopienzahlvarianten (CNVs) und ist eine heterogene Krankheitsgruppe; den aktuellen Untersuchungsmethoden kann strukturelle Aberrationen inzwischen sind mehr als 100 XLID-Gene bei ca. 10 % der männlichen Patienten mit identifiziert worden. Das Fragile-X-Syndrom Intelligenzminderung eine X-chromosomale Submikroskopische DeletionenoderDu- mit CGG-Repeatexpansion in der 5’-UTR Ursache nachgewiesen werden. Neue Erkenntnisse zu XLID sind für die nächsten plikationen stellen bei ca. 10% der männ- des FMR1-Gens ist die häufigste monogene Ursache für Intelligenzminderung. Weitere Jahre am ehesten in den nicht kodierenden lichen XLID-Patienten die Ursache dar, X-chromosomale Gene mit vergleichsweise Regionen zu erwarten, wo wahrscheinlich was in einer vergleichbaren Größenord- hohen Mutationsprävalenzen sind ATRX, ein weiterer Teil der Ursachen für das bislang nung wie bei autosomaler ID liegt (sie- RPS6KA3, GPC3, SLC16A2, SLC6A8 und nicht vollständig erklärte Überwiegen he auch den Beitrag von Hartmut En- ARX. Die Ursachen für XLID verteilen männlicher Patienten zu suchen ist. gels in dieser Ausgabe) [41]. Bei Segre- sich zu ca. 90% auf molekulargenetisch nachweisbare Mutationen und zu ca. 10% auf Schlüsselwörter gationsanalysen von CNVs mit unklarer chromosomale Kopienzahlvarianten („copy- Autismus · Fragiles-X-Syndrom · X-Inakti- Krankheitsrelevanz ist zu beachten, dass number variants“, CNVs). Häufige CNVs sind vierung · Kopienzahlvarianten · Balancierte der Nachweis der Variante bei der Mutter Duplikationen in Xq28 unter Einschluss von chromosomale Rearrangements zunächst keine definitive Aussage zur pa- thogenetischen Wertigkeit erlaubt. Von deutlich größerer Aussagekraft sind Un- X-linked intellectual disability tersuchungen männlicher Familienmit- Abstract glieder in der mütterlichen Linie (ma- X-linked intellectual disability (XLID) is a he- Using current investigative methods, ternaler Großvater, Brüder der Mutter, terogeneous disorder; more than 100 XLID in X-chromosomal can Brüder oder maternale Halbbrüder des genes have been identified so far. Fragile X be proven to be the underlying cause in Indexpatienten usw.). Der Nachweis der syndrome with CGG repeat expansions in approximately 10% of male patients with ID. Variantebeieinemgesundenmännlichen the 5’-UTR of FMR1, is the most frequent Over the next few years, new discoveries are monogenic form of ID. Other XLID genes to be expected, primarily in the noncoding Angehörigen ist in der Regel ein starkes with a comparatively high prevalence of regions of the X-chromosome, where further Argument für Benignität. mutations are ATRX, RPS6KA3, GPC3, SLC16A2, causes of the preponderance in male patients, SLC6A8,andARX. The causes of XLID are which has not yet been fully explained, are MECP2-Duplikations-Syndrom distributed as follows: molecular genetically presumably to be sought. proven mutations in 90% and copy-number variations (CNVs) in approximately 10%. Keywords Das MECP2-Duplikations-Syndrom Common CNVs are duplications of Xq28 that · · X-inactiva- (OMIM 300260, XLID Typ Lubs) ist include MECP2 and the Xp11.22 duplication tion · Copy number variants · Balanced häufig; es sind mehr als 150 Familien syndrome, with overexpression of HUWE1. chromosome rearrangements berichtet worden. Die Duplikationen in Xq28 haben eine Größe von 300kb bis über 4 Mb. Klinisch sind die Pa- tienten neben meist schwerer geistiger Krankheitsbildern. Hauptursache für PLP1-Duplikation (Pelizaeus- Behinderung, anfänglicher muskulärer die klinischen Auffälligkeiten ist die Merzbacher-Syndrom) Hypotonie und späterer Spastik durch Überexpression des Gens HUWE1,in häufige respiratorische Infekte charak- dem auch Punktmutationen beschrie- Duplikationen des PLP1-Gens in Xq22 terisiert. Inzwischen sind auch mehrere ben worden sind (XLID Typ Turner, sind bereits seit 1987 als Ursache des Pe- Patientinnen mit MECP2-Duplikationen OMIM 300706). Das Xp11.22-Mikrodu- lizaeus-Merzbacher-Syndroms (OMIM berichtet worden. plikations-Syndrom kann sich in beiden 312080) bekannt, bei dem neben den Geschlechtern manifestieren. Inzwi- kognitiven Einschränkungen die neu- Xp11.22-Mikroduplikations- schen überwiegen sogar die Berichte rologische Symptomatik (spastische Pa- Syndrom von Xp11.22-Duplikationen bei Mäd- raplegie, Hypotonie, Nystagmus) im chen, bei denen das klinische Spektrum Vordergrund steht. Punktmutationen Mit mehr als 50 publizierten Famili- von milder bis schwerer ID reicht und und Deletionen von PLP1 sind weite- en zählt auch das Xp11.22-Mikrodu- offenbar nur teilweise mit dem Muster re Ursachen für das variable klinische plikations-Syndrom (OMIM 300705) der X-Inaktivierung korreliert [11]. Spektrum des Pelizaeus-Merzbacher- zu den häufigeren X-chromosomalen Syndroms bzw. seiner milderen Ver-

330 medizinische genetik 3 · 2018 laufsform Spastische Paraplegie Typ 2 X-chromosomal rezessive sen erlauben. Ein Beispiel dafür ist die (SPG2, OMIM 312920). Krankheitsbilder und numerische Familie MRX3, in der die Mutationssu- Aberrationen des X-Chromosoms che auf ein schmales Kopplungsintervall Balancierte chromosomale vonnur5,6MbinXq28fokussiertwer- Translokationen Rezessive X-chromosomale Mutatio- den konnte. Dabei wurde eine Variante nenführeninVerbindungmitdem im Promotorbereich von HCFC1 identi- Balancierte chromosomale Translokatio- Turner-Syndrom (45,X) zum Vollbild fiziert, deren funktionelle Charakterisie- nen zwischen einem X-Chromosom und der Erkrankung auch bei Mädchen, rung mit Nachweis einer Überexpressi- einem Autosom führen im weiblichen und männliche Anlageträger werden onaufgrund veränderterBindungseigen- Geschlecht in der Regel zu präferenti- bei gleichzeitigem Vorliegen eines Kli- schaften des Transkriptionsfaktors YY1 eller Inaktivierung des normalen (d.h. nefelter-Syndroms (47,XXY) vor den zur Etablierung von HCFC1 als XLID- dem an der Translokation nicht betei- klinischen Auswirkungen weitgehend Gen beigetragen hat [17]. Auch bei der ligten) X-Chromosoms, weil andernfalls geschützt. Angesichts der Häufigkeit so- Identifizierung einer ursächlichen Mu- eine funktionelle Imbalance X-chromo- wohl von Turner- als auch Klinefelter- tation in der 5’-UTR von DLG3 war die somaler und autosomaler Segmente die Syndrom überrascht es nicht, dass beide Größe der Familie mit mehr als 140 In- Folge wäre [35]. Abweichungen von die- Szenarien schon mehrfach in Kombinati- dividuen von Vorteil [22]. ser Regel entstehen dann, wenn durch on mit verschiedenen X-chromosomalen den X-chromosomalen Bruchpunkt ein Krankheitsbildern beschrieben worden X-Inaktivierung essenziellesGenmitLetalitätbeivollstän- sind [4, 19]. digem Funktionsverlust inaktiviert wird Die Mehrzahl der Mädchen bzw. Frau- [7, 15, 28, 31]. Mutationen im nicht en ohne Anlageträgerschaft für eine Bruchpunktanalysen bei balancierten kodierenden Bereich X-chromosomal rezessive Erkrankung chromosomalen Rearrangements haben hat eine annähernd gleichmäßige Ver- zur Identifizierung mehrerer X-chromo- In Anbetracht der in den letzten Jahren teilung der X-Inaktivierung, d.h. es liegt somaler Krankheitsgene beigetragen [20, durchgeführten umfangreichen Whole- ein funktionelles Mosaik von Zellen mit 21, 23]. Balancierte Rearrangements ver- Exome-Studien sowohl bei XLID-Fami- aktivem maternalen und von Zellen mit dienen auch weiterhin wissenschaftliches lien als auch bei großen Kohorten mit aktivem paternalen X-Chromosom vor. Interesse, um beispielsweise Erkenntnis- sporadischen Patienten erscheint es zu- Eine Verschiebung dieses Verhältnisses se über regulatorische Elemente zu ge- nehmend unwahrscheinlich, dass es auf („skewing“) von mindestens 20:80 ist winnen [42]. dem X-Chromosom noch eine nennens- bei Neugeborenen selten (weniger als werteZahlunentdeckterGenemitMu- 5%),nimmtabermitdemAlterzuund Komplexe chromosomale tationen im kodierenden Bereich geben liegt bei erwachsenen Frauen bei über Rearrangements sollte [8, 16]. Im Gegensatz dazu sind 14% [3]. In der Routinediagnostik wird die nicht kodierenden Regionen bislang für die Analyse der X-Inaktivierung Neben Deletionen, Duplikationen und kaum untersucht worden. Krankheitsre- der Methylierungsstatus des hochpo- balancierten Translokationen gibt es levante Varianten in der nicht kodieren- lymorphen CAG-Repeats im Exon 1 auch komplexere chromosomale Re- den DNA könnten zumindest teilweise des Androgenrezeptor-Gens (AR) be- arrangements unter Beteiligung des die Diskrepanz der aufgrund der un- stimmt [2]. In Zukunft könnte durch X-Chromosoms, die aber – insbeson- gleichen Geschlechterverteilung zu er- umfassende Expressionsanalysen (z.B. dere im balancierten Zustand und in wartenden Rolle X-chromosomaler Ur- mittels RNA-Sequenzierung) auch eine submikroskopischer Größenordnung – sachenzum aktuell nachweisbarenAnteil differenziertere Berücksichtigung derje- mit den aktuellen Methoden der Routi- von nur ca. 10% erklären. Mutationen im nigen X-chromosomalen Gene möglich nediagnostik nicht zuverlässig detektier- nicht kodierenden Bereich beeinflussen werden, die der Inaktivierung ganz oder bar sind. Diese Analyselücke dürfte in i.d.R.dieGenexpression,wobeihinsicht- teilweise entgehen [38]. Zukunft durch „whole genome sequenc- lich der Ausprägungsstärke große Varia- Anlageträgerinnen für einen X-chro- ing“ (WGS) geschlossen werden [9, 10]. bilität besteht und auch subtile Effekte mosomal rezessiven Gendefekt weisen Ein illustratives Beispiel dafür ist der möglich sind. Aus diesem Grund dürf- häufig(aberkeineswegsimmer)eineVer- Nachweis einer Insertion von 62kb aus ten nicht kodierende Mutationen gerade schiebung des Inaktivierungsmusters zu- 4q34 in Intron 2 des XLID-Gens IQSEC2 auch bei Patienten mit einer eher mil- ungunsten des Chromosoms mit dem bei einem Patienten mit schwerer ID, denklinischenSymptomatikzuerwarten mutierten Allel auf. Die Überträgerin- Epilepsie und Mikrozephalie [14]. sein. nenzeigenindiesemFallentwedergar DieBewertungvonVariantenalspath- keine oder eine deutlich mildere Symp- ogen oder nicht pathogen ist im nicht ko- tomatik als die männlichen Mutations- dierenden Bereich alles andere als trivial. träger. Unter Berücksichtigung der oben Hilfreich sind in dieser Situation gro- genannten Einschränkungen kann daher ße Stammbäume, die Segregationsanaly- die Analyse der X-Inaktivierung bei Müt-

medizinische genetik 3 · 2018 331 Schwerpunktthema: Intelligenzminderung

tern männlicher ID-Patienten den Ver- Abschließend bleibt zu hoffen, dass translocation patient demonstrating Xq28 func- tionaldisomy.AmJMedGenetA149A:408–414 dacht auf eine X-chromosomale Ursache die immer präzisere molekulargeneti- 8. Deciphering Developmental Disorders Study entweder erhärten oder (bei unauffälli- sche und funktionelle Charakterisierung (2017) Prevalence and architecture of de novo gem Ergebnis) weniger wahrscheinlich X-chromosomaler Gendefekte über die mutations in developmental disorders. Nature 542:433–438 machen. unmittelbaren Konsequenzen für die ge- 9. Dong Z, Wang H, Chen H et al (2017) Identification In Ausnahmefällen kann die X-Inak- netische Beratung hinaus in absehbarer of balanced chromosomal rearrangements pre- tivierung aber auch in gegensätzlicher Zukunft auch zur Entwicklung neuer viously unknown among participants in the 1000 Genomes Project: implications for interpretation Richtung, also mit präferentieller Inakti- therapeutischer Ansätze beitragen wird. ofstructuralvariationingenomesandthefutureof vierung des normalen Allels, verschoben clinical cytogenetics. Genet Med. https://doi.org/ sein, und die Anlageträgerinnen sind in- Korrespondenzadresse 10.1038/gim.2017.170 10. Dong Z, Ye L, Yang Z et al (2018) Balanced folgedessenebensoschwerwiediemänn- Prof. Dr. med. Andreas Tzschach chromosomal rearrangement detection by low- passwhole-genomesequencing.CurrProtocHum lichenFamilienmitgliedermitdieserMu- Institut für Klinische Genetik, tationbetroffen.Abgesehenvondenoben Genet.https://doi.org/10.1002/cphg.51 Technische Universität Dresden 11. Evers C, Mitter D, Strobl-Wildemann G et al erwähnten X-Autosom-Translokationen Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, Deutschland (2015) Duplication Xp11.22-p14 in females: does liegen die Ursachen für dieses paradoxe [email protected] X-inactivationhelpinassessingtheirsignificance? Inaktivierungsmuster meistens im Dun- AmJMedGenetA167A:553–562 12. Fieremans N, Van Esch H, Holvoet M et al (2016) keln. Es wird u.a. ein „female X-linked Identification of intellectual disability genes in two hit model“ mit einer schwerwiegen- Einhaltung ethischer Richtlinien female patients with a skewed X-inactivation deren Mutation auf dem inaktiven Chro- pattern.HumMutat37:804–811 13. GeczJ,ShoubridgeC,CorbettM(2009)Thegenetic mosom diskutiert [12]. Bei der geneti- Interessenkonflikt. A. Tzschach gibt an, dass kein landscape of intellectual disability arising from schen Beratung von Anlageträgerinnen Interessenkonflikt besteht. chromosomeX.TrendsGenet25:308–316 mit Kinderwunsch sollte berücksichtigt 14. Gilissen C, Hehir-Kwa JY, Thung DT et al (2014) Dieser Beitrag beinhaltet keine vom Autor durchge- Genome sequencing identifies major causes of werden, dass nicht nur für Söhne, son- führten Studien an Menschen oder Tieren. severeintellectualdisability.Nature511:344–347 derninAusnahmefällenauchfürTöchter 15. Glaser B, Shirneshan K, Bink K et al (2004) ein Erkrankungsrisiko bestehen kann. Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Molecular cytogenetic analysis of a de novo Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz balanced X; translocation: evidence (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed. for predominant inactivation of the derivative X Ausblick de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfäl- chromosomeinagirlwithmultiplemalformations. tigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe AmJMedGenetA126A:229–236 in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern 16. Hu H, Haas SA, Chelly J et al (2016) X-exome Die aktuelle Detektionsrate von ca. 10% Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle sequencing of 405 unresolved families identifies für X-chromosomale Veränderungen bei ordnungsgemäßnennen,einenLinkzurCreativeCom- seven novel intellectual disability genes. Mol männlichen ID-Patienten kann die im mons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen Psychiatry21:133–148 vorgenommen wurden. 17. Huang L, Jolly LA, Willis-Owen S et al (2012) A Vergleich zu Mädchen deutlich höhe- noncoding,regulatorymutationimplicatesHCFC1 re Prävalenz von kognitiven Störungen in nonsyndromic intellectual disability. Am J Hum bei Knaben nicht vollständig erklären. Genet91:694–702 Literatur 18. Jacquemont S, Coe BP, Hersch M et al (2014) A Wahrscheinlich spielen hier auch noch higher mutational burden in females supports andere Faktoren eine Rolle, z.B. die Wir- 1. Allan W, Herndon CN, Dudley FC (1944) Some a“femaleprotectivemodel”inneurodevelopmen- examples of the inheritance of mental deficiency: kung androgener Hormone auf die Hirn- taldisorders.AmJHumGenet94:415–425 apparently sex-linked idiocy and . 19. Kaczorowska E, Zimowski J, Cichon-Kotek M et entwicklung [32, 37]. Möglicherweise ist AmJMentDefic48:325–334 al (2016) Co-incidence of Turner syndrome and das Überwiegen männlicher Patienten 2. Allen RC, Zoghbi HY, Moseley AB et al (1992) Duchenne —an important Methylation of HpaII and HhaI sites near the auch nicht in allen Fällen auf kogniti- problem for the clinician. Dev Period Med polymorphic CAG repeat in the human androgen- 20:273–278 ve Defizite im engeren Sinne zurückzu- receptor gene correlates with 20. Kalscheuer VM, Musante L, Fang C et al (2009) A führen. Die bei Knaben häufigeren Ver- inactivation.AmJHumGenet51:1229–1239 balanced chromosomal translocation disrupting 3. Amos-Landgraf JM, Cottle A, Plenge RM et al haltensauffälligkeiten, insbesondere De- ARHGEF9 is associated with epilepsy, anxiety, (2006) X chromosome-inactivation patterns of aggression, and mental retardation. Hum Mutat fizite bei der Aufmerksamkeit, können 1,005 phenotypically unaffected females. Am J 30:61–68 einen ungünstigen Einfluss auf die Er- HumGenet79:493–499 21. Kalscheuer VM, Tao J, Donnelly A et al (2003) 4. Balci YI, Turul T, Daar G et al (2008) Hematopoietic gebnisse von Intelligenztests haben und Disruption of the serine/threonine kinase 9 gene stem cell transplantation from a donor with Kli- causessevereX-linkedinfantilespasmsandmental damit zu einer diagnostischen Verzer- nefelter syndrome for Wiskott-Aldrich syndrome. retardation.AmJHumGenet72:1401–1411 rung führen. Bei Autismus beispielsweise PediatrTransplant12:597–599 22. Kumar R, Ha T, Pham D et al (2016) A non-coding 5. Berry-KravisEM,LindemannL,JonchAEetal(2018) ist die Geschlechterdifferenz sogar noch variant in the 5’ UTR of DLG3 attenuates protein Drug development for neurodevelopmental translation to cause non-syndromic intellectual stärker ausgeprägt als bei Intelligenzmin- disorders:lessonslearnedfromfragileXsyndrome. disability.EurJHumGenet24:1612–1616 derung [24]. Die Suche nach X-chromo- NatRevDrugDiscov17:280–299 23. Kutsche K, Yntema H, Brandt A et al (2000) 6. Brunner HG, Nelen M, Breakefield XO et al (1993) somalen Krankheitsursachen trägt damit Mutations in ARHGEF6, encoding a guanine Abnormal behavior associated with a point nucleotide exchange factor for Rho GTPases, in auch zum Verständnis für die physiolo- mutation in the structural gene for monoamine patients with X-linked mental retardation. Nat gischen Unterschiede zwischen den Ge- oxidaseA.Science262:578–580 Genet26:247–250 7. Cottrell CE, Sommer A, Wenger GD et al (2009) schlechtern hinsichtlich Kognition und 24. Lai MC, Lombardo MV, Auyeung B et al (2015) Atypical X-chromosome inactivation in an X;1 Sex/gender differences and autism: setting the Verhalten bei [18].

332 medizinische genetik 3 · 2018 Fachnachrichten

scene for future research. J Am Acad Child Adolesc Genetischer Auslöser für congenitales mesoblastisches Nephrom Psychiatry54:11–24 entdeckt 25. Lubs HA, Stevenson RE, Schwartz CE (2012) Fragile X and X-linked intellectual disability: four decades ofdiscovery.AmJHumGenet90:579–590 Das congenitale mesoblastische Nephrom Verlust einer Region, die für die Hemmung 26. Martin JP, Bell J (1943) A pedigree of mental (CMN) kann bereits in den ersten Lebensmo- der BRAF-Kinaseaktivität zuständig ist, mit defect showing sex-linkage. J Neurol Psychiatry naten von Säuglingen oder sogar schon vor der Folge, dass das Protein daueraktiv ist und 6:154–157 27. McBride SM, Choi CH, Wang Y et al (2005) der Geburt auftreten. Glücklicherweise ist der die MAP-Kinase-Kaskade angeschaltetbleibt. Pharmacological rescue of synaptic plasticity, Nierentumor sehr selten und lässt sich oft- courtship behavior, and mushroom body defects mals mit einem chirurgischen Eingriff heilen. Parallelen zu Tumoren inaDrosophilamodeloffragileXsyndrome. Neuron45:753–764 Weitere spezifische Behandlungsmöglichkei- bei Erwachsenen 28. MyszkaA,KarpinskiP,MakowskaIetal(2010)DNA ten existieren jedoch nicht – auch wegen der Dem Forscherteam ist es damit gelungen, methylation analysis of a de novo balanced X;13 bislang ungeklärten Ursachen dieses Tumors. diesen seltenen Tumor des Säuglingsalters translocation in a girl with abnormal : evidence for functional duplication of the whole Drei Unterarten dieses Nierentumors sind in nahezu allen Fällen auf die Aktivierung short arm of the X chromosome. J Appl Genet bekannt: das klassische, das zelluläre und eines zentralen Signalweges zurückzu- 51:331–335 das gemischte Nephrom. Für das zelluläre führen, der auch in vielen Tumoren des 29. Neri G, Schwartz CE, Lubs HA et al (2018) X-linked intellectual disability update 2017. Am J Med CMN ist seit Langem eine charakteristische Erwachsenenalters eine wesentliche Rolle GenetA.https://doi.org/10.1002/ajmg.a.38710 Veränderung der Chromosomen als Auslö- spielt. Insbesondere für CMN-Patienten, die 30. Piton A, Redin C, Mandel JL (2013) XLID-causing ser bekannt. In diesem Fall fusionieren zwei chirurgisch nicht ausreichend behandelt mutations and associated genes challenged in light of data from large-scale human exome Gene miteinander, was zu einer überschie- werden können, liefern diese Erkenntnisse sequencing.AmJHumGenet93:368–383 ßenden Aktivität eines Enzyms führt. Für die jetzt möglicherweise neue Behandlungs- 31. PodolskaA,KobeltA,FuchsSetal(2017)Functional klassische Variante des CMN waren bislang ansätze durch die Übertragung bewährter monosomy of 6q27-qter and functional disomy of Xpter-p22.11 due to X;6 translocation with an keine typischen genetischen Veränderun- Therapieprinzipien der Erwachsenenon- atypical X-inactivation pattern. Am J Med Genet A gen bekannt. Für das klassische CMN hat ein kologie auf die Therapie des congenitalen 173:1334–1341 internationales Forscherteam jetzt erstmals mesoblastischen Nephroms. 32. QuartierA,ChatrousseL,RedinCetal(2018)Genes and pathways regulated by androgens in human einen genetischen Auslöser identifiziert. Die neural cells, potential candidates for the male Ergebnisse werden in der aktuellen Ausgabe Literatur: Wegert J., Vokuhl C. et al (2018) excessinautismspectrumdisorder.BiolPsychiatry. der Fachzeitschrift Nature Communications Recurrent intragenic rearrangements of EGFR https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2018.01.002 33. Quartier A, Poquet H, Gilbert-Dussardier B et al vorgestellt. and BRAF in soft tissue tumors of infants. (2017) Intragenic FMR1 disease-causing variants: Durch Genomanalysen von Tumor- und Blut- Nature Communications, doi: a significant mutational mechanism leading to proben der Patienten konnte in gut 70% der 10.1038/s41467-018-04650-6 fragile-Xsyndrome.EurJHumGenet25:423–431 34. RopersHH(2010)Geneticsofearlyonsetcognitive klassischen CMN eine neuartige Mutation des impairment. Annu Rev Genomics Hum Genet Rezeptors für den epidermalen Wachstums- 11:161–187 faktor (EGFR) nachgewiesen werden. Die 35. Schluth C, Cossee M, Girard-Lemaire F et al (2007) Phenotype in X chromosome rearrangements: Wissenschaftler entdeckten im Erbgut der pitfallsofXinactivationstudy.PatholBiol55:29–36 betroffenen Zellen eine Verdoppelung der 36. Skuse DH (2005) X-linked genes and mental enzymatisch aktiven Kinase-Region. Dies hat functioning.HumMolGenet14(Suppl1):R27–R32 37. Skuse DH (2007) Rethinking the nature of genetic zur Folge, dass der EGF-Rezeptor überaktiv vulnerabilitytoautisticspectrumdisorders.Trends wird und die Tumorzellen dauerhaft zum Genet23:387–395 Wachstum angeregt. Wie weitere Untersu- 38. TukiainenT,VillaniAC,YenAetal(2017)Landscape of X chromosome inactivation across human chungen zeigten, weist auch die gemischte tissues.Nature550:244–248 VariantedesTumorsinderMehrzahlderFälle 39. Tzschach A, Grasshoff U, Beck-Woedl S et al (2015) eine solche Mutation auf. Next-generation sequencing in X-linked intellec- tualdisability.EurJHumGenet23:1513–1518 Sowohl bei der klassischen als auch bei 40. Vengoechea J, Parikh AS, Zhang S et al (2012) der zellulären Variante des CMN starten De novo microduplication of the FMR1 gene in die genetischen Veränderungen einen der a patient with developmental delay, epilepsy and hyperactivity.EurJHumGenet20:1197–1200 wichtigsten Signalwege für die Aktivierung 41. Whibley AC, Plagnol V, Tarpey PS et al (2010) Fine- des Zellwachstums: die MAP-Kinase- scale survey of X chromosome copy number vari- Kaskade. Dabei schalten sie unter anderem ants and indels underlying intellectual disability. AmJHumGenet87:173–188 dieinderZellevorliegendeBRAF-Kinase 42. Zepeda-Mendoza CJ, Ibn-Salem J, Kammin an. Das Gen für dieses Protein war auch T et al (2017) Computational prediction of in einigen der Tumoren mutiert, in denen position effects of apparently balanced human chromosomal rearrangements. Am J Hum Genet weder die für die klassische, noch die für die 101:206–217 zelluläre Variante verantwortliche Mutation nachgewiesen werden konnten. In diesen Fällen kam es im betroffenen Gen zum

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