Alma Mahler-Werfel. Einige Aspekte Zu Leben Und Werk
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Alma Mahler-Werfel. Einige Aspekte zu Leben und Werk Wissenschaftliche Hausarbeit Zur Ersten (Künstlerisch-Wissenschaftlichen) Staatsprüfung Für das Amt des Studienrats mit dem Fach Musik Vorgelegt von: Christiane Ebeling Hausotterstr. 23 13409 Berlin e-mail: [email protected] Berlin, den 6. April 2000 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Quellenlage 4 2.1. Die Tagebuch-Suiten 4 2.2. Die Briefe 5 2.2.1.Die Briefe Gustav Mahlers an Alma Schindler-Mahler 6 2.2.2. Die Briefe Alexander Zemlinskys an Alma Schindler 7 2.3. Die Lieder 7 2.4. Autobiografische Schriften 8 2.4.1. Gustav Mahler. Erinnerungen und Briefe 9 2.4.2. And the bridge is love 9 2.4.3. Mein Leben 9 2.5. Biografien 10 3. Die Darstellung Alma Schindler-Mahlers 10 3.1. Die Selbstinterpretation in den Autobiografien 11 3.1.1. Die Darstellung der Jugend- und Ausbildungszeit 13 3.1.2. Die Darstellung des „Kompositionsverbots“ 17 3.2. Die Charakterisierung Alma Mahler-Werfels in den Biografien 20 3.2.1. Der Beginn der Biografien 21 3.2.2. Die Perspektive auf Alma Schindlers Jugend- und Ausbildungszeit 24 3.2.3. Die Darstellung des „Kompositionsverbots“ 28 4. Die Komponistin Alma Schindler in den Tagebuch-Suiten 34 4.1. Alma Schindlers Kindheit und Jugend in den Künstlerkreisen Wiens 34 4.1.1. Alma Schindlers Kunstrezeption 35 4.1.2. Alma Schindlers Literaturrezeption 36 4.1.3. Alma Schindlers Musikrezeption 38 4.2. Musikausübung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit 41 4.2.1. Alma Schindlers pianistische Tätigkeit 41 4.2.2. Selbstverwirklichung zwischen Ehe und Professionalisierung 46 4.3. Komposition zwischen Selbstausdruck und Professionalisierung 50 4.4. Das Kompositionsstudium bei Josef Labor und Alexander Zemlinsky 54 4.4.1. Prinzipien des Kompositionsunterrichts bei Josef Labor 55 4.4.2. Prinzipien des Kompositionsunterrichts bei Alexander Zemlinsky 58 4.5. Das „Kompositionsverbot“ in den Tagebuch-Suiten 63 4.6. Die Kompositionen 69 4.6.1. Versuch der zeitlichen Einordnung 70 4.6.2. Die Lieder 78 4.6.3. Aufführungen und Publikationen 84 5. Rezensionen 86 6. Fazit 90 7. Zeittafel 93 8. Literaturverzeichnis 100 1. Einleitung Wer war Alma Mahler-Werfel? Bei dieser Frage huschtüber die Gesichter der Befragten in den meisten Fällen ein tiefgründiges Lächeln. „Das war doch die...“ und im Folgenden sah ich mich oft in der Situation, mir die immer gleichen Episoden anzuhören: „Die war doch mit allen wichtigen Künstlern der Jahrhundertwende und des 20. Jahrhunderts verheiratet... oder waren es Affären?“ Alma Mahlers Bekanntheitsgrad gründet sich beständig auf die Rolle der Muse oder Femme fatale berühmter Männer, fast nie auf ihre Tätigkeit als Komponistin, um die es hier gehen soll. In dieser Arbeit wird unter einer Muse eine Frau verstanden, die das eigene schöpferische Talent dem Mann opfert, um sein „Genie“ inspirierend zu unterstützen. Die Rolle der Femme fatale bezeichnet eine erotisch faszinierende, aber grausame, die Männer ins Verderben stürzende Symbolfigur des 19. Jahrhunderts.1 Diese Weiblichkeitsbilder wurden im Wien des Fin de Siècle nicht nur Gegenstand intellektueller Auseinandersetzungen, sondern fanden sogar Eingang in die Alltagskultur: Suppenteller, Aschenbecher oder Tintengläser wurden mit der dämonischen Femme fatale geschmückt.2 Die außergewöhnliche Wirkungsgeschichte dieser Weiblichkeitsmythen in Dichtung, Malerei und Musik des 19. Jahrhunderts lässt sich psychoanalytisch als ambivalenter Ausdruck männlicher Sexualängste und –wünsche, aber auch als imaginäre Reaktion auf die Frauenbewegung deuten,3 die von vielen Männern als Verursacher des Zusammenbruchs der alten Ordnung angesehen wurden.4 Autoren, wie Otto Weininger verteidigten die männliche Domäne des Intellekts in Traktaten wie Geschlecht und Charakter.5 Die Darstellung der Person Alma Mahlers zur Zeit der Jahrhundertwende ist daher wenig erstaunlich. Verwunderlicher dagegen ist die heutige Rezeption: Es ist bedenklich, daß die heutige Rezeption der Komponistin noch immer von diesem Bild der zerstörerischen Verführerin – das allerdings keine Faszination mehr, sondern nur 1 Definitionen nach: Roster, Danielle: Allein mit meiner Musik. Komponistinnen in der europäischen Musikgeschichte, Echternach 1995, S.182 u. S.185/186. 2 Vgl. Schickedanz, Hans-Joachim: Femme fatale. Ein Mythos wird entblättert, Dortmund 1983, S.34. 3 Vgl. Artikel Femme fatale, in: Brockhaus Enzyklopädie Bd. 7, Mannheim 1988, S.189. 4 Vgl. Anderson, Harriet: Vision und Leidenschaft. Frauenbewegung im Fin de Siècle Wiens, Wien 1994, S.10. 5 Weininger, Otto: Geschlecht und Charakter. Eine prinzipielle Untersuchung, München 1997 [Reprint der 1. Aufl., Wien 1903]. 1 noch Empörung hervorruft – bestimmt wird und alle anderen Aspekte ihrer Persönlichkeit vollkommen in den Hintergrund gedrängt werden.6 Nicht nur das Bild der Femme fatale, sondern auch das der Muse erlebte in den Biografien der 1980er Jahre ihre Renaissance. Das Zeitalter der inspirierenden weiblichen Muse für das männliche Genie als Klischee des 19. Jahrhunderts wird dort reproduziert.7 In dieser Arbeit werde ich mich mit der Frage beschäftigen, welches Bild Alma Mahlers entworfen wurde, aber auch damit, welches Bild sie selbst in ihren autobiografischen Schriften von sich entworfen hat. Relevant ist dabei nicht die Suche nach einer vermeintlichen Wahrheit in ihrem Lebenslauf, sondern die Analyse dessen, was nach ihrem Tod durch sie selbst und durch andere von ihr verbreitet wurde, d.h. welches Bild oder welche Legende bis heute von dieser Frauengestalt gezeichnet wird. Da die Rezeption und Bewertung musikalischer Werke von der öffentlichen Wahrnehmung des Komponisten oder der Komponistin abhängig ist, wird es aufschlussreich sein, welchen Stellenwert ihre musikalisch-kompositorische Arbeit in den (auto-) biografischen Werken einnimmt. Meine These ist also, dass die geringe musikwissenschaftliche Beschäftigung mit den erhalten gebliebenen Liedern auf das Bild Alma Mahlers als Femme fatale oder Muse zurückzuführen ist, das andere Aspekte ihrer Persönlichkeit – wie ihre Tätigkeit als Komponistin – außer Betracht lässt. Nach der Beschreibung der Quellenlage und der Vorgehensweise im Umgang mit den Quellen werden die Autobiografien und Biografien auf den Aspekt hin analysiert, welche Sicht auf die Person Alma Mahlers dort entworfen wurde und welche Auswirkungen dies auf die Betrachtung ihrer Kunst hat. Diese Analyse folgt der jüngsten Autobiografieforschung, die die Autobiografie nicht mehr als einen Text versteht, „der auf einem privilegierten apriorischen Zugang des Autobiographen zu seinem Selbst beruhte, sondern [...] als fiktiver Entwurf betrachtet werden“ 8 muss. Die Besonderheit des Themas liegt darin, dass 1997 – etwa ein Jahrzehnt nach dem Erscheinen der meisten Biografien – Alma Schindlers frühe Tagebücher 6 Roster: S.182. 7 Vgl. Roster: S.185. 8 Finck, Almut: Autobiographisches Schreiben nach dem Ende der Autobiographie, hrsg. von Gerhard Neuman, Ina Schabert, (=Geschlechterdifferenz und Literatur, Publikationen des Münchner Graduiertenkollegs) Bd.9, Berlin 1999, S.11. 2 unter dem Titel Alma Mahler-Werfel: Tagebuch-Suiten 1898-1902 veröffentlicht wurden,9 dem Zeitraum also, in dem sie nachweislich am meisten komponiert hat. Der Inhalt dieser frühen Tagebücher wurde aus Gründen der schwierigen Lesbarkeit von Alma Schindlers Handschrift kaum in den Biografien verwendet, obwohl sie den BiografInnen zur Verfügung standen.10 Daher ist es besonders interessant, ob die Publikation der Tagebuch-Suiten an der Sicht auf die Person und die Komponistin Alma Schindler-Mahler-Werfel etwas geändert hat oder nicht. Die Tagebücher sind Quellen, die es ermöglichen, den Bedingungen ihrer künstlerischen Arbeit und ihrem Studium bei Josef Labor und Alexander Zemlinsky auf die Spur zu kommen. Im Mittelpunkt dieser Arbeit wird also die Komponistin Alma Schindler stehen, deren künstlerische Lehrzeit schwankend zwischen Selbstausdruck und Professionalisierung anhand der Tagebuch-Suiten nachgezeichnet werden wird. Professionalisierung der Kompositionstätigkeit meint in diesem Zusammenhang stets den Prozess, kompositorisches Talent durch musikalische Bildung zu vervollkommnen, aber dabei nicht unbedingt ein bestimmtes Berufsbild anzustreben. Vom Komponieren allein war das finanzielle Auskommen nicht gesichert. Die zum Verdienen des Lebensunterhalts notwendigen musikalischen Berufe – wie eine Stelle als Dirigent – waren aber Frauen nicht zugänglich. Um über Komponistinnen des 19. Jahrhunderts überhaupt sprechen zu können, darf deshalb nicht der ausgeübte Beruf im Vordergrund stehen, sondern der professionelle Umgang mit der Kompositionstätigkeit. Die Betrachtung von Alma Schindler als Komponistin wird sich von der Kunst-, Literatur- und Musikrezeption über ihre Musikausübung an die eigene kompositorische Tätigkeit und ihre Kompositionen annähern. Die erhaltenen Lieder werde ich im Rahmen der Tagebuch-Suiten als Dokumente ihrer Lehrzeit einordnen und exemplarisch analysieren. Dabei richtet sich das Augenmerk weniger auf musiktheoretische Aspekte, als auf ihren biografischen und gesellschaftlichen Kontext. 9 Mahler-Werfel, Alma: Tagebuch-Suiten 1898-1902, hrsg. von Antony Beaumont, Susanne Rode- Breymann, Frankfurt/ Main 1997. Aus den Tagebuch-Suiten zitierte Stellen werden im Folgenden durch „Tagebuch-Suiten und Datum“ ausgewiesen. 10 Vgl. Einleitung der Tagebuch-Suiten S.VII. 3 Anhand der mir vorliegenden Rezensionen der Tagebuch-Suiten werde ich abschließend diskutieren, ob sich das Bild Alma Mahler-Werfels als Muse oder Femme fatale fortgesetzt hat oder ob die Tagebuch-Suiten