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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database
Digitale Literatur/Digital Literature
Zeitschrift/Journal: Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen
Jahr/Year: 1997
Band/Volume: 23
Autor(en)/Author(s): Lenski Helmut (Hellmut)
Artikel/Article: Neu- und Wiederfunde von Gefäßpflanzen in der Grafschaft Bentheim 205-209 ©Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück e.V. Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen Jfi Band 23, S. 205-209, 1997
Neu- und Wiederfunde von Gefäßpflanzen in der Grafschaft Bentheim
Hellmut Lenski
Kurzfassung: Bei der Kartierung der Gefäßpflanzen im Landkreis Grafschaft Bentheim in den Jahren 1990-1996 wurden eine Reihe von Sippen neu entdeckt und einige verschollene wiederge funden; davon werden 36 Sippen mit Fundortangaben vorgestellt.
Abstract: Whilst investigating phanerogam plants in the district of the „Grafschaft Bentheim“, Lower Saxony, Northwest Germany between 1990 and 1996, a number of new taxa were disco vered and some absent taxa were found again, 36 of which will be dealt with in further detail.
Key words: flora, Grafschaft Bentheim, Lower Saxony, Northwest Germany
Autor: H. Lenski, Am Kuckuck 18, D-48455 Bad Bentheim
1 Einleitung 2 Neufunde
Der Atlas der „Farn- und Blütenpflanzen des Bei einigen der Neufunde handelt es sich um Landkreises Grafschaft Bentheim“ (1990) ist Sippen, die wahrscheinlich immer schon im das Ergebnis meiner langjährigen floristi- Gebiet vorkamen, wegen ihrer Seltenheit schen Untersuchungen sowie der Kartie oder Unbeständigkeit bisher aber unent- rung der Brombeeren durch H. E. Weber. deckt blieben. Darin werden 880 rezente und 50 ausge Dazu gehört Salix x ambigua (Zweifelhafte storbene oder verschollene Sippen vorge Weide), von der ich ein Exemplar an einem stellt. Die Untersuchung wurde in den Wegrand südlich von Itterbeck (3506.21) Jahren 1990-1996 fortgesetzt und brachte fand. eine Reihe von Neufunden sowie einige Ein alter Florenbestandteil ist wahrschein Wiederfunde verschollener Sippen. Die lich auch Rosa micrantha (Kleinblütige Ro Funde aus den Jahren 1990-1993 erwähnt se). Bei gezielter Suche nach Rosen an Weber bereits in seiner „Flora von Südwest- Waldrändern und alten Feldhecken auf den Niedersachsen und dem benachbarten Lehm- und Tonböden der Obergrafschaft Westfalen“. Von ihnen werden hier nur einige entdeckte ich je ein Exemplar am Isterberg Sippen mit ergänzenden Angaben nochmals (3608.24) und südlich des Samerrotts genannt. Zu den Fundorten wird jeweils (3709.22). Nebenbei wurde die bereits von der entsprechende Viertelquadrant ange anderen Stellen bekannte Rosa tomentosa geben. (Filz-Rose) mehrmals festgestellt und auf
205 ©Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück e.V. Hellmut Lenski Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 23 1997 dem Isterberg (3608.24), vermutlich ange- stellgleise von fünf Bahnhöfen auf: Schüttorf planzt, Rosa villosa (Apfel-Rose). (3609.34), Bad Bentheim (3608.44), Nord Im Spätherbst 1996 fand Krämer im El- horn (3508.32), Emlichheim (3307.33), berger Moor (3509.14) einen großen Be Laarwald (3306.41). Bei Stichproben in den stand von Lycopodium annotinum (Spros folgenden Jahren wurden jeweils nur wenige sender Bärlapp). Er wächst dort in einem Exemplare gefunden. lichten Mischwald mit hohem Deckungs Die nachstehend genannten Arten sind grad auf einer Fläche von rund 50 m2. Das nachweislich oder sehr wahrscheinlich erst Vorkommen wurde bei Kartierungen im in jüngster Vergangenheit eingewandert Sommer 1996 übersehen, weil es zu der Zeit oder eingeschleppt worden. völlig von Adlerfarn verdeckt war. Bei keiner anderen Art war die Einschlep Ganz im Norden der Grafschaft an der pung so gut zu beobachten wie bei Cochlea- Grenzaa (3306.42), dem Grenzflüßchen zu ria danica (Dänisches Löffelkraut). Nach Fer den Niederlanden, fand ich einige Exempla tigstellung der Autobahnstrecke Osna re von Carex aquatilis (Wasser-Segge). Nach brück-Niederlande (A 30) drang die Art von dem gegenwärtigen Kenntnisstand ist das Osten her bis in die Niederlande vor (3609.4, der südlichste Fundort der Art in Nieder 3609.3, 3608.4, 3608.3) und bildet heute sachsen. Wahrscheinlich handelt es sich um vorzugsweise auf dem Mittelstreifen Mas ein altes Vorkommen, das zwischen den Be senbestände, die während der Blütezeit ständen von Carex acuta (Schlank-Segge) selbst bei schneller Vorbeifahrt nicht zu übersehen wurde. übersehen sind. Besonders bemerkenswert ist der Fund Linaria repens (Gestreiftes Leinkraut) von Potamogeton x z/z/V (Schmalblättriges wurde 1993 von dem dortigen Revierinhaber Laichkraut, teste Wiegleb). In der Kleinen am Rande eines lichten Kiefernforstes süd Lee, einem Graben zwischen Klausheide lich von Lohne (3509.21) entdeckt, wo es und Wietmarschen (3508.21) wuchsen 1995 heute noch wächst. Ebenfalls heute noch auf einer Strecke von 250 m weit über 100 vorhanden ist Geranium pyrenaicum (Pyre- Exemplare. Aus Niedersachsen ist nur noch näen-Storchschnabel), der 1993 auf einer ein weiterer Fundort vom Säger Meer be ruderalen Wiesenfläche in Achterberg kannt. Es muß offenbleiben, ob es sich hier (3708.12) gefunden wurde. um ein altes oder neues Vorkommen han Rätselhaft ist die Herkunft von Senecio delt. Bei der Kartierung dieses Raumes in sarracenicus (= S. fluviatilis, Fluß-Greiskraut) den Jahren 1986-1987 habe ich die Sippe am Ufer der Vechte in Samern (3709.21). Die nicht gefunden, auch keine andere Potamo- nächsten bekannten Vorkommen liegen am geton-Art, mit der ich sie hätte verwechseln Niederrhein und an der Weser. Die Art ist im können. Mitunter bleiben allerdings die Un Zeitraum von 1986-1995 eingewandert und tersuchungsergebnisse wegen frühzeitiger bildet heute einen auffallenden und vermut Räumung der Gräben unvollständig. Die El lich dauerhaften Bestand von etwa 15 Ex ternarten Potamogeton lucens und P grami- emplaren. neus kommen im Gebiet, aber nicht in un Hieracium caespitosum (Wiesen-Ha- mittelbarer Nähe vor. bichtskraut) scheint sich auszubreiten. Unklar ist auch der Status von Saxifraga Bereits 1990 entdeckte ich es bei Twist tridactylites (Dreifinger-Steinbrech). Im Jahre im Emsland nördlich der Grafschaft. Hier 1992 trat er in Massen im Bereich der Ab fand ich es 1995 und 1996 an Wegrändern
206 ©Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück e.V. Gefäßpflanzen in der Grafschaft Bentheim und Grabenböschungen im Georgsdorfer Durch Gartenabfälle, vorzugsweise an Moor (3408.12) und südwestlich von Wiet Waldrändern und in den zahlreichen Sand- marschen (3408.43); H. Oldekamp stellte und Kiesgruben abgelagert, wird eine ganze die Art nördlich von Itterbeck (3406.42) Reihe von Gartenpflanzen in die freie Land fest. schaft verschleppt. Nur wenige von ihnen Ein besonders bemerkenswerter Fund ist werden sich bei geeigneten Standortbedin ein Bestand (> 50 Exemplare) von Hieracium gungen längere Zeit halten oder gar einbür fiagellare (Ausläuferreiches Habichtskraut, gern. teste Gottschlich) am Wegrand einer abge- Ersteres trifft für Parthenocissus inserta torften Fläche im Georgsdorfer Moor (Wilder Wein) zu, der in einer Hecke bei Ohne (3408.12). Diese Zwischenart von Hieracium (3709.23) üppig entwickelt ist. caespitosum und H. pilosella ist in der Roten Mimulus guttatus (Große Gauklerblume) Liste von Niedersachsen der Kategorie „0 wurde in Gölenkamp, nördlich von Uelsen (= ausgestorben oder verschollen)“ zuge (3407.43) , in einer aufgelassenen Sandgru ordnet. Von der Sippe sind gegenwärtig aus be gefunden, wo sie sich voraussichtlich nur Niedersachsen und dem Münsterland keine kurze Zeit halten wird. Westlich Schepsdorf weiteren Vorkommen bekannt. Da Hieraci (3409.43) dagegen befindet sich am Ufer um fiagellare hier zusammen mit den Eltern eines Weihers ein größerer, vermutlich dau arten wächst, dürfte die Bastardierung am erhafter Bestand. Fraglich ist allerdings, ob Fundort erfolgt sein. die Art hier verwildert vorkommt oder ange Eine weitere seltene /-//erac/i/m-Sippe pflanzt ist. entdeckte K. Kaplan an einem sandigen Die folgend kurz aufgeführten Sippen sind Wegrand westlich des Isterberges am Syen- unbeständig. Nicandra physalodes (Giftbee venn (3608.23), und zwar Hieracium longis- re): östlich Wilsum (3407.32), Nordhorn capum (Langschäftiges Habichtskraut, teste (3508.41), Bardel (3708.14); Physalis fran- Gottschlich). chetii (Lampionblume) und Polemonium Nur vorübergehend tauchten 1995 an der caeruleum (Blaue Himmelsleiter): Striepe, Uferböschung der Vechte in Ohne (3709.21) südwestlich Itterbeck (3506.12); Sisyrinchi- zahlreiche Exemplare von Dipsacus pilosus um graminifolium (Grasschwertel): östlich (Behaarte Karde) auf. Die Art ist seit langem Wilsum (3407.13); Echinops exaltatus (Ku von der Steinfurter Aa bekannt, die oberhalb geldistel): südlich Uelsen (3507.12), nördlich des hiesigen Fundortes in die Vechte mün Schüttorf (3609.32). det. Überraschend war der Fund zweier Tro Ebenfalls nur unbeständig wuchsen auf penpflanzen in einem Kleinweiher im neuen einer Ruderalfläche im Gebiet Löhner Sand Gewerbegebiet südlich von Nordhorn (3509.21) Cruciata laevipes (Kreuzlabkraut) (3508.34); hier schwammen Eichhornia cras- und auf einer lückigen Rasenfläche in Bad sipes (Wasserhyazinthe) und Pistia stratio- Bentheim (3708.22) Amaranthus blitum (Auf ides (Wassersalat) zusammen mit Salvinia steigender Amarant). natans (Schwimmfarn). Alle drei, wahr Auch Campanula rapunculoides (Acker- scheinlich aus Aquarien stammend, haben Glockenblume), gefunden im Herbst 1996 in unserem Klima keine Überlebenschance. an einem lichten Wegrand im Bentheinner Aus Anpflanzungen verwildert, vermutlich Wald (3609.33), dürfte nur als Passant auf- mit Ausbreitungstendenz, begegnet man im treten. Raum Itterbeck (3406.41, 3406.44) Vaccini-
207 ©Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück e.V. Hellmut Lenski Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 23 1997 um corymbosum (Amerikanische Heidel dacht auf Einschleppung durch eine Wild- beere). blumen-Saatmischung liegt nahe. Bestandteil mancher Saatmischungen für Von Myosurus minimus (Mäuseschwänz Wildäcker scheint neuerdings (?) Malva chen) ist ein Vorkommen südlich von Neuen mauritiana (Mauritanische Malve) zu sein. haus aus den Jahren 1961-1962 bekannt. Ich fand die ansehnliche Pflanze auf fünf Das kleine, unscheinbare Pflänzchen ist Wildäckern: Bentheinner Wald (3608.44), seitdem wahrscheinlich übersehen worden. südöstlich Bentheim (3709.12), nordwest Unübersehbar war es 1992 zwischen lich Isterberg (3608.23), südlich Lohne den Gleisen des Bahnhofs Veldhausen (3509.13) und nordwestlich Itterbeck (3407.44), wo einige Tausend Exemplare (3406.41). Bei angrenzenden Ruderalflächen den Boden stellenweise flächendeckend be wie aufgelassenen Sandgruben ist eine Ver siedelten. Bei einer Kontrolle 1994 wartrotz wilderung möglich. intensiver Suche kein Mäuseschwänzchen mehr zu finden. Auf einer Weide in Hagels hoek, westlich Bad Bentheim (3708.22), 3 Wiederfunde wächst die Art seit 1993 mit jährlich stark schwankender Individuenzahl. Während ei Von den 50 ausgestorbenen oder verschol ner Biotopkartierung fand J. Over 1994 lenen Sippen wurden nur sechs wiederge Myosurus an mehreren Stellen in einem Wei funden, und zwar solche, die immer schon degebiet der Alten Piccardie südlich von Ge selten oder unbeständig waren. orgsdorf (3408.32). Von zwei der wiedergefundenen Sippen Lithospermum arvense (= Buglossoides gibt es nur Angaben von Ehrhart (1783) aus arvensis, Acker-Steinsame) wurde von K. dem Jahre 1782: Gnaphalium luteo-album Sauvagerd 1950 südlich von Neuenhaus ge (Gelblichweißes Ruhrkraut) südlich von Neu funden. Ein Exemplar der Art stellte K. Ka enhaus und östlich von Bentheim. Ich ent plan 1992 in einem alten Garten in Bad deckte 1993 wenige Exemplare im Uferbe Bentheim (3609.33) fest. reich eines 1989 neu angelegten Bagger Am Süd-Nord-Kanal, ungefähr auf der sees südöstlich von Brandlecht (3608.22); Höhe von Wietmarschen (3408.43), wächst die Nachsuche in den folgenden Jahren war seit 1994 ein kleiner Bestand von Leonurus ergebnislos. - Phegopteris connectilis (Bu cardiaca ssp. villosa (Filziges Herzgespann, chenfarn) fand Ehrhart am Südhang des Löwenschwanz). Die Sippe wird heute von Bentheimer Berges. Heute wächst er im manchen Autoren als eigene Art angesehen, Heidfeld, einem Waldgebiet nördlich von ist aber in den gängigen Bestimmungsbü Schüttorf (3609.14). chern nicht verschlüsselt, allenfalls erwähnt. Anchusa officinalis (Gewöhnliche Och So wurde 1977, wenige hundert Meter süd senzunge) wurde von A. Buddenberg 1937 lich des heutigen Fundortes, Leonurus car nördlich von Nordhorn gefunden. Im Spät diaca ohne Bestimmung der Unterart kar sommer 1996 entdeckte ich sie am Ortsrand tiert. Es läßt sich also nicht sagen, ob hier ein von Emlichheim (3307.33) in einem lückigen, Neu- oder ein Wiederfund vorliegt. artenreichen Ruderalrasen zusammen mit Malva sylvestris (Wilde Malve), Malva mo- schata (Moschus-Malve) und Claytonia perfoliata (Tellerkraut, Kubaspinat); der Ver
208 ©Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück e.V. Gefäßpflanzen in der Grafschaft Bentheim
Literatur
Ehrhart, E (1783): Meine Reise nach der Graf schaft Bentheim und von da nach Holland, nebst der Retour nach Herrenhausen.- Han noversches Magazin 1783: 177-296. Koch, K. (1958): Flora des Regierungsbezirkes Osnabrück und der benachbarten Gebiete. 2. Auflage, LX + 543 S.- Rackhorstsche Buchhandlung: Osnabrück. Lenski, H. (1990): Farn- und Blütenpflanzen des Landkreises Grafschaft Bentheim. 226 S. - Heimatverein: Bad Bentheim. Weber, H. E. (1995): Flora von Südwest-Nieder sachsen und dem benachbarten Westfalen. 770 S. - Wenner: Osnabrück.
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