Untersuchung Über Die Wirtschaftliche Bedeutung Von Nebenerzeugnissen Der Edelkastanie (Castanea Sativa Mill.)
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A. SCHABACKER et al. Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie forstarchiv 86, 13-21 (2015) Untersuchung über die wirtschaftliche Bedeutung von DOI 10.4432/0300- Nebenerzeugnissen der Edelkastanie (Castanea sativa Mill.) 4112-86-13 © DLV GmbH Study on the commercial importance of non-timber products of Sweet chestnut (Castanea sativa Mill.) ISSN 0300-4112 Korrespondenzadresse: ANTONIO SCHABACKER, SIMON EICHHORN und FRANTIŠEK HAPLA [email protected] Georg-August-Universität Göttingen, Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte, Büsgenweg 4, 37077 Göttingen, Eingegangen: 06.08.2014 Deutschland Angenommen: 02.12.2014 Die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Nebenerzeugnisse des Ökosystems Wald wurde in den letzten Dezennien Kurzfassung infolge mangelnder Wertschätzung kaum wahrgenommen. Während bei jeder Forst-Holz-Clusteranalyse das Haupterzeugnis, nämlich der Rohstoff Holz, im Vordergrund steht, werden die Nebenerzeugnisse in Deutschland im Unterschied zu verschie- denen Ländern der Europäischen Union vernachlässigt. Am Beispiel der Edelkastanie wurde analysiert, welchen Stellenwert die Nebenerzeugnisse dieser Wirtschaftsbaumart in der Region Haardt für die Bevölkerung haben. Es wurden die Neben- erzeugnisse Edelkastanienhonig und Marone charakterisiert, quantifiziert und in wirtschaftlicher Hinsicht bewertet. Dabei wurden die Forstwirtschaft, die Gastronomie, die Bäckereien und die Imkereien sowie der Tourismus als Nebenerzeugnisse bereitstellende, verwertende und nachfragende Faktoren in die Untersuchung einbezogen. Die Ökosystem-Dienstleistungen der Edelkastanienwälder sollten im Rahmen dieser Untersuchung hervorgehoben und dargestellt werden. Die Untersuchun- gen ergaben, dass die erntekostenfreien Erlöse aus der Vermarktung der Nebenerzeugnisse die erntekostenfreien Holzerlöse um ein Vielfaches übersteigen können. Der Stellenwert der Edelkastanie wird wegen der von der Bevölkerung begehrten Nebenerzeugnisse, der besonderen Holzeigenschaften, aber auch vor dem Hintergrund des Klimawandels zukünftig an Be- deutung gewinnen. Schlüsselwörter: Castanea sativa, Honig, Marone, Mengenkalkulation, Erlöse The cultural and economic importance of the by-products of the forest ecosystem is hardly noticed in the last decades due to Abstract the lack of appreciation. While in any forestry-wood cluster analysis, the main product, namely the raw material wood is in the foreground, the non-timber-products are neglected in Germany in contrast to various countries of the European Union. At the example of the Sweet chestnut (Castanea sativa) was analyzed, how important the non-timber-products of this tree species are for the population in the region Haardt (Rhineland-Palatinate). The non-timber-products honey and chestnut were characterized, quantified and valued in economic terms. Forestry, catering, bakeries, beekeepers and tourism were included as the non-timber-products-providing, -utilizing and -inquiring factors in the investigation. The ecosystem services of the Sweet chestnut forests will be highlighted and presented in this investigation. The results showed that the harvest cost-free revenue from the marketing of non-timber-products honey and chestnut can exceed by far the harvest cost-free round wood revenues. The importance of the Sweet chestnut will increase in the future not only because of the great non-timber-products demand of the population and its particular wood properties but also against the background of climate change. Key words: Castanea sativa, honey, chestnut, quantity calculation, revenues Einleitung beiden Weltkriegen. Nur ca. 150 ha sind weniger als 60 Jahre alt. Seit dem Beginn der 1990er-Jahre wurden die Flächen der Landes- forsten Rheinland-Pfalz naturnah bewirtschaftet, indem eine Nie- Die Edelkastanie (Castanea sativa Mill.) ist ursprünglich in Klein- derwaldwirtschaft mit Kahlhieben unterblieb. Dafür erfolgte eine asien, in der heutigen Türkei beheimatet und von dort vor allem Überführung der Niederwälder in Hochwaldbestände. Lediglich aus nach Süd- und Westeuropa verbreitet worden. In Rheinland-Pfalz Waldschutzgründen wurden aufgrund des Kastanienrindenkrebses wurde die Edelkastanie vor allem in der Haardt angebaut. Die Re- vereinzelte kleinere Freiflächen geschaffen. Mit einem Vorkommen gion erstreckt sich am Ostrand des Pfälzer Waldes auf einer Nord- von insgesamt 2.153 ha Edelkastanienbeständen gehört die Haardt Süd-Ausdehnung von ca. 80 km und einer durchschnittlichen Breite zu den edelkastanienreichen Regionen Deutschlands (Wambsganß von ca. 8 km in Ost-West-Richtung zwischen Bad Dürkheim im et al. 2013). Weitere bedeutende Vorkommen der Edelkastanie in Norden und Weißenburg an der deutsch-französischen Grenze im Deutschland befinden sich in Baden-Württemberg am Westrand des Süden (Wambsganß 2013). Alle Edelkastanienwälder in der Regi- Schwarzwaldes (Ortenau), in Hessen an der Bergstraße und in Nord- on Haardt sind Stockausschläge aus Hieben zu Notzeiten nach den rhein-Westfalen in der Niederrheinebene (Tabelle 1, Abbildung 1). forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 13 Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie A. SCHABACKER et al. Tabelle 1: Flächenverteilung der Castanea sativa in Deutschland (Quelle: Bouffier und Maurer 2009). Table 1: Distribution areas of Castanea sativa in Germany (source: Bouffier and Maurer 2009). Bundesland Region Typologie Fläche Zeitraum bzw. Jahr der (W)ald, (A)llee, (S)olitär [ha] Einführung Baden-Württemberg Westrand des Schwarzwaldes, W/A/S 3.285 Römerzeit Odenwald inkl. Bergstraße, 19. Jahrhundert Bodensee Bayern Spessart, Bodensee S 20 Berlin W/A/S Brandenburg Lübben, Sauen, Grubenmühle W/A/S 15 18. Jahrhundert Hessen Odenwald inkl. Bergstraße W/A/S 274 1389 Mecklenburg-Vorpommern Schildfeld, Gädebehn, W/A/S 45 17. Jahrhundert Mecklenburger Seenplatte Niedersachsen, Hamburg Hameln, Emmerthal, W/A/S 161 1850 und Bremen Schlosspark Schwöbber, Weserbergland Streuobstwiesen in 16. bis 17. Jahrhundert Grohnde Nordrhein-Westfalen Niederrheinebene, W/A/S 488 18. Jahrhundert Münsterland Hohe Mark (Haltern) Rheinland-Pfalz Haardtrand inkl. Pfälzerwald, W/A/S 3.169 Römerzeit Mosel, Mittelrhein, Donnersberg-Massiv 19. Jahrhundert Saarland Schloss Karlsberg Homberg (W)/A/S 39 17. Jahrhundert Sachsen Elbtal und Weißeritz W/A/S 30 16. Jahrhundert Sachsen-Anhalt Werningerode, (W)/A/S 25 1730 Blankenburg Wendgräben Schleswig-Holstein Lübeck, Eutin A/S 1 1850 Thüringen Ebeleben, Altenburg, Hümpfershausen, A/S 1 1800 Beichlingen Gesamt 7.553 In anderen Regionen ist die Edelkastanie meist als Allee-Baum (u. a. Arbeitsplätze werden dabei vor Ort geschaffen und erhalten, wo- Mecklenburg-Vorpommern) sowie in Gärten und Parkanlagen durch eine höhere Kaufkraft entsteht. vertreten. Insgesamt gibt es in Deutschland eine Anbaufläche von Das Ziel dieser Untersuchung besteht darin, die wirtschaftliche 7.533 ha (Bouffier und Maurer 2009). Bedeutung der forstlichen Nebennutzungen der Edelkastanie in Wein und Edelkastanie haben ähnliche klimatische Ansprüche der Region Haardt darzustellen. Die Edelkastanien-Nebenprodukte (Strallhofer et al. 2006). Aufgrund der Stockausschlagsfähigkeit der Honig und Marone werden dabei charakterisiert und deren mög- Edelkastanie wurden früher durch Niederwaldwirtschaft vorzugs- liche Produktionsmengen kalkuliert. Weiterhin wird der monetäre weise Rebpfähle erzeugt (Hahn 2004). Heute dient das Edelkasta- Wert der Nebennutzungen der Edelkastanie mit dem Erlös aus dem nienholz aus der Hochwaldwirtschaft (Abbildung 2) insbesondere Holzverkauf verglichen. Dabei werden die erntekostenfreien Erlöse zur Lawinenschutzverbauung in den Alpen (Wambsganß 2013). In sowohl für das Hauptprodukt „Holz“ als auch für die Nebenproduk- Plantagen wird die Edelkastanie in Italien, der Türkei, Portugal oder te „Honig“ und „Marone“ ermittelt. Dafür wurden unterschiedliche Spanien zur Fruchtproduktion angebaut. Insgesamt sind weltweit 13 Kalkulationsmodelle erstellt, von denen einige exemplarisch vorge- verschiedene Edelkastanienarten zu finden (Strallhofer et al. 2006). stellt werden. In der Clusterstudie Forst-, Holz und Papierwirtschaft werden im Sektor Forstwirtschaft hauptsächlich die Erlöse aus der Produktion und dem Verkauf von Holz für die stoffliche und energetische Nut- Material und Methoden zung betrachtet (Seegmüller 2005). Nebennutzungen wie Edelkasta- nienhonig und Maronen sowie Einnahmen aus der Tourismus-Bran- che werden hingegen derzeit weder erfasst noch monetär bewertet. Honigproduktion Die Erzeugung und der Verkauf von Holz durch die Forstverwal- tungen liefern relativ hohe Erlöse. Entlang der Wertschöpfungskette Die Datenerhebung erfolgte mittels schriftlicher Umfragen als stan- werden allerdings in der Weiterverarbeitung und im Holzhandel grö- dardisiertes Interview (Imkereien, Tourismusbranche u. a.) sowie in ßere Erträge meist außerhalb der Region erwirtschaftet. Die Erträge Form von Experteninterviews vor Ort. Eine ausführliche Literaturre- der Nebenprodukte verbleiben hingegen größtenteils in der Region. cherche ergänzte die verfügbaren Informationen aus den Umfragen. 14 forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !