A. SCHABACKER et al. Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie

forstarchiv 86, 13-21 (2015) Untersuchung über die wirtschaftliche Bedeutung von DOI 10.4432/0300- Nebenerzeugnissen der Edelkastanie (Castanea sativa Mill.) 4112-86-13 © DLV GmbH Study on the commercial importance of non-timber products of Sweet chestnut (Castanea sativa Mill.) ISSN 0300-4112 Korrespondenzadresse: ANTONIO SCHABACKER, SIMON EICHHORN und FRANTIŠEK HAPLA [email protected] Georg-August-Universität Göttingen, Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte, Büsgenweg 4, 37077 Göttingen, Eingegangen: 06.08.2014 Deutschland Angenommen: 02.12.2014

Die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Nebenerzeugnisse des Ökosystems Wald wurde in den letzten Dezennien Kurzfassung infolge mangelnder Wertschätzung kaum wahrgenommen. Während bei jeder Forst-Holz-Clusteranalyse das Haupterzeugnis, nämlich der Rohstoff Holz, im Vordergrund steht, werden die Nebenerzeugnisse in Deutschland im Unterschied zu verschie- denen Ländern der Europäischen Union vernachlässigt. Am Beispiel der Edelkastanie wurde analysiert, welchen Stellenwert die Nebenerzeugnisse dieser Wirtschaftsbaumart in der Region Haardt für die Bevölkerung haben. Es wurden die Neben- erzeugnisse Edelkastanienhonig und Marone charakterisiert, quantifiziert und in wirtschaftlicher Hinsicht bewertet. Dabei wurden die Forstwirtschaft, die Gastronomie, die Bäckereien und die Imkereien sowie der Tourismus als Nebenerzeugnisse bereitstellende, verwertende und nachfragende Faktoren in die Untersuchung einbezogen. Die Ökosystem-Dienstleistungen der Edelkastanienwälder sollten im Rahmen dieser Untersuchung hervorgehoben und dargestellt werden. Die Untersuchun- gen ergaben, dass die erntekostenfreien Erlöse aus der Vermarktung der Nebenerzeugnisse die erntekostenfreien Holzerlöse um ein Vielfaches übersteigen können. Der Stellenwert der Edelkastanie wird wegen der von der Bevölkerung begehrten Nebenerzeugnisse, der besonderen Holzeigenschaften, aber auch vor dem Hintergrund des Klimawandels zukünftig an Be- deutung gewinnen. Schlüsselwörter: Castanea sativa, Honig, Marone, Mengenkalkulation, Erlöse

The cultural and economic importance of the by-products of the forest ecosystem is hardly noticed in the last decades due to Abstract the lack of appreciation. While in any forestry-wood cluster analysis, the main product, namely the raw material wood is in the foreground, the non-timber-products are neglected in in contrast to various countries of the European Union. At the example of the Sweet chestnut (Castanea sativa) was analyzed, how important the non-timber-products of this tree species are for the population in the region Haardt (Rhineland-Palatinate). The non-timber-products honey and chestnut were characterized, quantified and valued in economic terms. Forestry, catering, bakeries, beekeepers and tourism were included as the non-timber-products-providing, -utilizing and -inquiring factors in the investigation. The ecosystem services of the Sweet chestnut forests will be highlighted and presented in this investigation. The results showed that the harvest cost-free revenue from the marketing of non-timber-products honey and chestnut can exceed by far the harvest cost-free round wood revenues. The importance of the Sweet chestnut will increase in the future not only because of the great non-timber-products demand of the population and its particular wood properties but also against the background of climate change.

Key words: Castanea sativa, honey, chestnut, quantity calculation, revenues

Einleitung beiden Weltkriegen. Nur ca. 150 ha sind weniger als 60 Jahre alt. Seit dem Beginn der 1990er-Jahre wurden die Flächen der Landes- forsten Rheinland-Pfalz naturnah bewirtschaftet, indem eine Nie- Die Edelkastanie (Castanea sativa Mill.) ist ursprünglich in Klein- derwaldwirtschaft mit Kahlhieben unterblieb. Dafür erfolgte eine asien, in der heutigen Türkei beheimatet und von dort vor allem Überführung der Niederwälder in Hochwaldbestände. Lediglich aus nach Süd- und Westeuropa verbreitet worden. In Rheinland-Pfalz Waldschutzgründen wurden aufgrund des Kastanienrindenkrebses wurde die Edelkastanie vor allem in der Haardt angebaut. Die Re- vereinzelte kleinere Freiflächen geschaffen. Mit einem Vorkommen gion erstreckt sich am Ostrand des Pfälzer Waldes auf einer Nord- von insgesamt 2.153 ha Edelkastanienbeständen gehört die Haardt Süd-Ausdehnung von ca. 80 km und einer durchschnittlichen Breite zu den edelkastanienreichen Regionen Deutschlands (Wambsganß von ca. 8 km in Ost-West-Richtung zwischen Bad Dürkheim im et al. 2013). Weitere bedeutende Vorkommen der Edelkastanie in Norden und Weißenburg an der deutsch-französischen Grenze im Deutschland befinden sich in Baden-Württemberg am Westrand des Süden (Wambsganß 2013). Alle Edelkastanienwälder in der Regi- Schwarzwaldes (Ortenau), in Hessen an der Bergstraße und in Nord- on Haardt sind Stockausschläge aus Hieben zu Notzeiten nach den rhein-Westfalen in der Niederrheinebene (Tabelle 1, Abbildung 1).

forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 13 Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie A. SCHABACKER et al.

Tabelle 1: Flächenverteilung der Castanea sativa in Deutschland (Quelle: Bouffier und Maurer 2009). Table 1: Distribution areas of Castanea sativa in Germany (source: Bouffier and Maurer 2009). Bundesland Region Typologie Fläche Zeitraum bzw. Jahr der (W)ald, (A)llee, (S)olitär [ha] Einführung Baden-Württemberg Westrand des Schwarzwaldes, W/A/S 3.285 Römerzeit Odenwald inkl. Bergstraße, 19. Jahrhundert Bodensee Bayern Spessart, Bodensee S 20

Berlin W/A/S

Brandenburg Lübben, Sauen, Grubenmühle W/A/S 15 18. Jahrhundert

Hessen Odenwald inkl. Bergstraße W/A/S 274 1389

Mecklenburg-Vorpommern Schildfeld, Gädebehn, W/A/S 45 17. Jahrhundert Mecklenburger Seenplatte Niedersachsen, Hamburg Hameln, Emmerthal, W/A/S 161 1850 und Bremen Schlosspark Schwöbber, Weserbergland Streuobstwiesen in 16. bis 17. Jahrhundert Grohnde Nordrhein-Westfalen Niederrheinebene, W/A/S 488 18. Jahrhundert Münsterland Hohe Mark (Haltern)

Rheinland-Pfalz Haardtrand inkl. Pfälzerwald, W/A/S 3.169 Römerzeit Mosel, Mittelrhein, Donnersberg-Massiv 19. Jahrhundert Saarland Schloss Karlsberg Homberg (W)/A/S 39 17. Jahrhundert

Sachsen Elbtal und Weißeritz W/A/S 30 16. Jahrhundert

Sachsen-Anhalt Werningerode, (W)/A/S 25 1730 Blankenburg Wendgräben Schleswig-Holstein Lübeck, Eutin A/S 1 1850

Thüringen Ebeleben, Altenburg, Hümpfershausen, A/S 1 1800 Beichlingen Gesamt 7.553

In anderen Regionen ist die Edelkastanie meist als Allee-Baum (u. a. Arbeitsplätze werden dabei vor Ort geschaffen und erhalten, wo- Mecklenburg-Vorpommern) sowie in Gärten und Parkanlagen durch eine höhere Kaufkraft entsteht. vertreten. Insgesamt gibt es in Deutschland eine Anbaufläche von Das Ziel dieser Untersuchung besteht darin, die wirtschaftliche 7.533 ha (Bouffier und Maurer 2009). Bedeutung der forstlichen Nebennutzungen der Edelkastanie in Wein und Edelkastanie haben ähnliche klimatische Ansprüche der Region Haardt darzustellen. Die Edelkastanien-Nebenprodukte (Strallhofer et al. 2006). Aufgrund der Stockausschlagsfähigkeit der Honig und Marone werden dabei charakterisiert und deren mög- Edelkastanie wurden früher durch Niederwaldwirtschaft vorzugs- liche Produktionsmengen kalkuliert. Weiterhin wird der monetäre weise Rebpfähle erzeugt (Hahn 2004). Heute dient das Edelkasta- Wert der Nebennutzungen der Edelkastanie mit dem Erlös aus dem nienholz aus der Hochwaldwirtschaft (Abbildung 2) insbesondere Holzverkauf verglichen. Dabei werden die erntekostenfreien Erlöse zur Lawinenschutzverbauung in den Alpen (Wambsganß 2013). In sowohl für das Hauptprodukt „Holz“ als auch für die Nebenproduk- Plantagen wird die Edelkastanie in Italien, der Türkei, Portugal oder te „Honig“ und „Marone“ ermittelt. Dafür wurden unterschiedliche Spanien zur Fruchtproduktion angebaut. Insgesamt sind weltweit 13 Kalkulationsmodelle erstellt, von denen einige exemplarisch vorge- verschiedene Edelkastanienarten zu finden (Strallhofer et al. 2006). stellt werden. In der Clusterstudie Forst-, Holz und Papierwirtschaft werden im Sektor Forstwirtschaft hauptsächlich die Erlöse aus der Produktion und dem Verkauf von Holz für die stoffliche und energetische Nut- Material und Methoden zung betrachtet (Seegmüller 2005). Nebennutzungen wie Edelkasta- nienhonig und Maronen sowie Einnahmen aus der Tourismus-Bran- che werden hingegen derzeit weder erfasst noch monetär bewertet. Honigproduktion Die Erzeugung und der Verkauf von Holz durch die Forstverwal- tungen liefern relativ hohe Erlöse. Entlang der Wertschöpfungskette Die Datenerhebung erfolgte mittels schriftlicher Umfragen als stan- werden allerdings in der Weiterverarbeitung und im Holzhandel grö- dardisiertes Interview (Imkereien, Tourismusbranche u. a.) sowie in ßere Erträge meist außerhalb der Region erwirtschaftet. Die Erträge Form von Experteninterviews vor Ort. Eine ausführliche Literaturre- der Nebenprodukte verbleiben hingegen größtenteils in der Region. cherche ergänzte die verfügbaren Informationen aus den Umfragen.

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! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! A. SCHABACKER et al. Wirtschaftliche! Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! 2640000 2645000 2650000 2655000 ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Bad Dürkheim ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Koenigsbach ! ! 5475000 Neidenfels 5475000 ! ! ! ! ! Lindenberg ! ! ! ! Doerrental ! ! ! ! ! Neue Maschine ! ! ! ! Lambrecht (Pfalz) ! ! ! Johanniskreuz ! ! ! ! !

Iptestal ! ! ! Erfenstein ! ! ! ! ! Neustadt a.d. Weinstrasse ! ! ! ! ! Schafhof! ! ! ! 5470000 5470000 !

! ! ! ! ! Iggelbach ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !

! ! ! Maikammer ! ! ! !

St.Martin Kirrweiler (Pfalz) ! ! ! ! !

! 5465000 5465000 ! ! ! ! ! ! ! ! Venningen Edenkoben ! ! !

! ! ! ! ! ! Rhodt unter Rietburg Grossfischlingen ! Haardt ! ! ! Weyher i. d. Pfalz ! !

! ! Edesheim ! ! ! ! Ramberg HainfeldEckel ! ! ! !

! ! 5460000 5460000 ! Burrweiler ! ! Roschbach ! ! Dernbach ! ! Flemlingen Eusserthal ! ! GleisweilerBestand Edelkastanie ! ! ! ! ! ! Boechingen Walsheim Essingen ! Datenbasis:! WÖFIS! 2009; ATKIS! ! Knoeringen ! ! ! ! Projektion: Transverse Mercator Frankweiler ! ! Datum: DHDN - Potsdam ! Bearbeiter: [email protected] ! ! Nussdorf Bornheim ! ! Graefenhausen ! ! ! ! Dammheim Albersweiler Wuchsbezirk Haardt ! ! Rinnthal ! ! ! Queichhambach Forstamtsgrenzen ! ! ! Siebeldingen Godramstein ! !

! 5455000 Sarnstall pro Waldort in [%] 5455000 ! ! Birkweiler AnnweilerAnnweiler am Trifels ! ! ! ! 0 - 5 ! ! Landau i. d. Pfalz ! ! ! ! Ranschbach 6 - 10 ! ! ! ! ! ! Arzheim Moerlheim ! ! ! ! ! 11 - 30 ¨ ! Wernersberg ! Bindersbach ! ! Leinsweiler Ilbesheim b. Landau i. d. Pfalz31 - 60 ! ! ! ! ! Wollmesheim ! ! ! 61 - 100 ! Abb. 1. Die Verbreitung der Edelkastanie in der Region ! ! ! Eschbach ! 00.5 1 2 Km ! Haardt (Quelle: Neussel 2009). Hinterweidenthal ! Moerzheim ! ! Voelkersweiler Waldrohrbach ! The distribution area of the Sweet chestnut in the Haardt ! ! ! ! !

! 5450000 ! ! ! region (source: Neussel 2009). 2640000 2645000 ! 2650000 2655000 ! ! ! ! ! ! ! ! !

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! ! ! ! Die Edelkastanie blüht normalerweise in der Zeitspanne Ende ! ! ! ! ! ! ! ! Mai bis Anfang Juli. Die Blüte dauert 3 bis 4 Wochen (Anonymus! ! ! ! ! 2002, Hahn 2004).! In der Region Haardt blüht die Edelkastanie ! ! ! ! ! ! meist ab dem Alter von 10 bis 12 Jahren, selten ab 15 Jahren (Edin- ! ! ! ! ger 2013, Abbildung 3). Warme Temperaturen und Trockenheit ! ! ! ! ! fördern die Bestäubung durch Insekten (Hahn! 2004, Abbildung 4). ! ! ! ! Aufgrund des anziehend wirkenden, stechend schweren Geruchs und des reichlichen! Pollenangebotes der Edelkastanienblüten sind diese ! ! ! für die Honigbienen besonders attraktiv.! Sammelflüge der Honigbie- !

! ! ne finden sich in einem Radius von 2.000 Metern. Bei ungünstigem ! Nektar- und Pollenangebot kann sich der! Flugradius! deutlich erhö- ! ! ! ! ! hen. Die täglich produzierte Nektarmenge! ! pro Blüte liegt im Bereich ! ! zwischen 12 und 30 mg (Horn 2009). Der Honig- bzw. Trachtwert ! ! der Edelkastanie ist stark abhängig! von äußeren Einflüssen und kann ! sehr stark schwanken. So! kann er bei der Edelkastanie zwischen 30 ! ! bis 500 kg pro Saison und Hektar betragen (Bogdanov und Bieri 2008). Die Einflussfaktoren sind unter anderen das Bestandesalter, ! ! Abb. 2. Hochwaldwirtschaft in der Region Haardt: 24-jähriger Edelkastanienbestand die Bestandesstruktur, die Standortverhältnisse, das Klima und die (Foto: R. Happe 2012). Witterung. Auch die Intensität der Ernte, die Verfassung des jeweili- High forest cultivation in the Haardt region: 24-year-old Sweet chestnut stand (photo: R. Happe gen Bienenvolkes und das fachliche Können des Imkers können die 2012). Honigmenge je Saison beeinflussen.

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! forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 15 ! Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie A. SCHABACKER et al.

Ein Imker kann zwischen 5 bis 15 kg, unter sehr guten Bedin- 2011). Typischerweise hat der Honig einen aromatisch-herben, fast gungen bis zu 20 kg Edelkastanienhonig pro Bienenvolk und Sai- bitteren und kräftigen Geschmack (Horn 2009). Er ist sehr wirksam son produzieren (Weiss 2013). Laut dem ortsansässigen Revierleiter gegen Reizhusten und Bronchitis und hat eine schleimverdünnende und Vorsitzenden des Imkervereins befinden sich zur Blütezeit der Wirkung. Er kann antiinfektiös, wundheilend und entzündungs- Edelkastanie schätzungsweise ca. 10.000 Honigbienenvölker in der hemmend wirken sowie die natürlichen Abwehrkräfte stärken (Feld- Region Haardt, wobei deren Besitzer schätzungsweise bis zu ca. 80 % meier 2004). Der hohe Enzymgehalt (Invertase, Diastase) im Honig Wanderimker aus ganz Deutschland sind (Hoffmann 2013, Abbil- ist ebenfalls gesundheitsfördernd. Seine antiseptische und antibak- dung 5). terielle Wirkung soll dem des australischen Manuka-Honigs ähneln Edelkastanienhonig bleibt aufgrund des hohen Verhältnisses (Lauer 2013). Die hohe elektrische Leitfähigkeit ist typisch für den von Fructose (42–63 %) zu Glucose (26–41 %) lange flüssig. Die Edelkastanienhonig und wird neben Geschmack und Pollengehalt Saccharose-Anteile liegen zwischen 8 und 18 % (Tabelle 2). Die- zur Bestimmung des Reinheitsgehaltes genutzt. Der Honig ist auf- se Honigsorte besitzt ebenfalls einen hohen Maltose-Gehalt. Auch grund seiner Seltenheit und seines besonderen Aromas beliebt und sind Turanose, Trehalose, Isomaltose, Erlose, Maltotriose und Me- wird häufig nachgefragt. lezitose enthalten. Der Melezitose-Anteil weist den Honigtaugehalt Üblicherweise wird in Deutschland der Edelkastanienhonig in nach. Honigtau und Nektar fallen meist zeitgleich an (Horn 2009). das Imker-Honigglas („Einheitsglas“) des Deutschen Imkerbundes Ein fast sortenreiner Edelkastanienhonig ist braun bis rotbraun, e. V. abgefüllt und zum Verkauf bereitgestellt. Das „Einheitsglas“ hat bei gleichzeitiger Honigtautracht dunkelbraun gefärbt (Dustmann ein Fassungsvermögen für 500 g Honig. Die Befragung der Berufs- imker aus der Region Haardt ergab, dass sich bei einer Entfernung von ca. 50 km zum Edelkastanienbestand derzeit insgesamt Kosten von etwa 2,50 Euro für die Herstellung von 500 g Honig ergeben. Für Edelkastanienhonig werden zurzeit regionale Preise von 4 bis 7 Euro (500 g Honig) erzielt. Raps-, Blüten- oder Akazienhonig sind im Preis meist etwas günstiger. Die höheren Preise des Edelkasta- nienhonigs entstehen aufgrund der Knappheit, der Nachfrage und den entstandenen Produktionskosten. Die Wanderimkerei in weit entfernte Trachtgebiete in Kombination mit geringen Produktions- mengen erhöht den Preis entsprechend. Der Edelkastanienhonig wird meist im Direktverkauf vermarktet. Insbesondere Freizeitimker verfügen über einen festen regionalen Kundenstamm. Teilweise er- werben Touristen Edelkastanienhonig beim Erzeuger direkt vor Ort. Größere Imkereien liefern auch an Bio-Läden, Fein-/Rohkostläden, Reformhäuser, Lebensmittelgeschäfte, Fleischereien, Bäckereien, Weinfachgeschäfte, Restaurants und Gärtnereien (Curic 2013).

Maronenerzeugnisse

Die Edelkastanie trägt als Früchte meist drei Nüsse, die bis zur Rei- Abb. 3. Blütenstand einer Edelkastanie in Oberbronn, Elsass (Foto: S. Eichhorn 2013). fe von einem großen stacheligen braungelben Fruchtbecher umge- Inflorescence of the Sweet chestnut in Oberbronn, Alsace (photo: S. Eichhorn 2013). ben sind (Abbildung 6). Den Inhalt der Nuss bildet der Embryo

Abb. 4. Eine Honigbiene bei der Bestäubung einer Edelkastanienblüte (Foto: S. Eich- Abb. 5. Bienenkästen am Rand eines blühenden Edelkastanienbestandes bei Eden- horn 2013). koben (Foto: S. Eichhorn 2013). A honey bee during the pollination of a Sweet chestnut blossom (photo: S. Eichhorn Honey bee boxes on the edge of a Sweet chestnut forest near Edenkoben (photo: 2013). S. Eichhorn 2013).

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Tab. 2. Chemisch-physikalische Werte des Edelkastanienhonigs (Quelle: Horn 2009). Chemical-physical values of the Sweet chestnut honey (source: Horn 2009). Inhaltsstoffe und Eigenschaften Werte Zucker 68–79 % Fructose (F) 42–63 % Glucose (G) 26–41 % Saccharose 8–18 % F/G-Verhältnis 1,3–1,9 Maltose enthalten Turanose enthalten Trehalose enthalten Isomaltose enthalten Erlose enthalten Maltotriose enthalten Melezitose enthalten Abb. 6. Reife Edelkastanienfrucht im Klausental bei Maikammer (Foto: S. Eichhorn 2013). Freie Säuren 7,0–22,5 meq kg-1 Ripe Sweet chestnut fruit near Klausental/Maikammer (photo: S. Eichhorn 2013). Ameisensäure 1.000 ppm Invertaseaktivität 100–200 Units kg-1

Diastaseaktivität 12–30 DZ Die Ernte kann händisch, händisch mit Netzen oder maschinell er- Aminosäuren 600–800 ppm folgen. In der Region Haardt findet bislang ausschließlich eine hän- Prolin 500–650 ppm dische Ernte statt. Erntehelfer schaffen je nach Standort, Gelände- neigung und Fruchtgröße eine Ernteleistung von ca. 40 bis 70 kg pro Wassergehalt 15–19 % Tag und Person (Bosch 2013). Elektrische Leitfähigkeit 0,6–1,7 mS cm-1 Die Maronen bestehen erntereif zu ca. 50 % aus Wasser und sind pH-Wert 4,0–5,3 im Vergleich zu anderen Nüssen kalorienärmer. Der Vitamin-C- Gehalt ist ähnlich wie bei der Kartoffel relativ hoch (Biesalski 2013, DZ: Diastasezahl (Kennzahl der Diastaseaktivität) Tabelle 3). Die Marone lässt sich zu sehr verschiedenen Produkten meq: Äquivalent, Einheit der Stoffmenge [nval = nmol × z] mS cm-1: Millisiemens pro cm (elektrische Leitfähigkeit) weiterverarbeiten. Sie kann sowohl als ganze Frucht wie auch in Units kg-1: Maß für die katalytische Aktivität Form von Mehl verwendet werden. Gewerblich in großen Mengen sind Maronen bisher nur über Händler zu erhalten, die sie meist in geschälter Form oder aber als Maronenmehl aus dem Ausland beziehen (Becker 2013). Bäckerei- en in der Region Haardt bieten inzwischen ganzjährig Produkte aus mit den beiden gefalteten Keimblättern. Diese sind umgeben von Edelkastanienmehl wie Edelkastanienbrot, -nudeln, -flocken, -ku- einer dünnen Innenhaut, der sogenannten Samenschale (Strallhofer chen, -gebäck oder -torten an. Im Jahr 2013 kostete ein normales et al. 2006). Diese ist besonders bei der Castanea sativa tief in die Bauernbrot (500 g) 2,10 Euro. Bei Verwendung von Maronenmehl Keimblätter mit eingewachsen und ungenießbar und sollte vor dem erhöhte sich der Preis auf 3,30 Euro (Becker 2013). Fleischereien ver- Verzehr entfernt werden (Edinger 2013). treiben Edelkastanienwurst und besonders den regionalen Edelkas- Edelkastanienfrüchte werden als Maronen bezeichnet, wenn sie tanien-Saumagen. Auf dem Landauer Wochenmarkt war 2013 der weniger als 90 Früchte pro kg ergeben. Neben einer Mindestgröße Preis für Saumagen mit Maronen um einen Euro je Kilogramm hö- müssen sie einen süßen und aromatischen Geschmack aufweisen. her als der für Saumagen ohne Maronen (entspricht ca. 8 % des Ge- Die größten Früchte haben die Kultursorten der Castanea crenata samtpreises). Nachfrage besteht aber nur während der Maronenreife und Castanea sativa, bei der Castanea mollissima und der Castanea im Spätherbst (Appel 2013). Französischer Ziegenkäse mit Maronen dentata soll hingegen die Qualität der Maronen besser sein. In dieser kostete auf dem Landauer Wochenmarkt mehr als das Doppelte im Untersuchung geht es ausschließlich um die Marone der Edelkasta- Vergleich zu dem gleichen Erzeugnis ohne Maronen (Wissmann nie (Castanea sativa). 2013). Auch Getränke wie Edelkastanienlikör, -geist oder -bier wer- Nördlich der Alpen reifen die Maronen nur unter besonders den in der Region Haardt angeboten. Blüten für Edelkastanienblü- günstigen Klima- und Witterungsbedingungen. Entlang der Wein- tenlikör werden meist vom Erzeuger selbst gesammelt. Dabei sind baugebiete sind oftmals ideale Voraussetzungen vorhanden (Anony- Preise von 5,20 Euro pro Flasche (200 ml) möglich (Schäfer 2013). mus 2002). Der erste Fruchtansatz erfolgt nach ca. 10 bis 15 Jahren, In der Region angebotene Süßwaren wie Maronenschokolade, -pra- danach trägt die Edelkastanie jedes Jahr (Bosch 2013). Zwischen der linen, -marmelade, -creme oder glacierte Maronen sind meistens im Bestäubung und der Fruchtreife vergehen meist ca. 75 bis 120 Tage. Ausland produziert und importiert worden. Die Fruchtreife erfolgt somit im September bis Oktober (Hahn Walderzeugnisse wie Maronen dürfen nach Gesetzeslage nur in 2004). geringen Mengen für den persönlichen Bedarf entnommen werden. Maronenerträge von 30 bis 60 kg je Baum und Jahr sind mög- Gewerbliches Sammeln ist ausschließlich mit vorheriger Erlaubnis lich. Bei freistehenden Bäumen kann der Ertrag auch bis zu 100 kg der Waldbesitzer gestattet (LWaldG 2000). Zurzeit sammeln nur je Baum und Jahr betragen (Strallhofer et al. 2006). In der Region Kinder in ihrer Freizeit Kleinstmengen. Die lange Tradition wird Haardt wurden Maronenerträge von 600 bis 1.800 Kilogramm pro von der ansässigen Bevölkerung sowie den Waldbesitzern akzeptiert. Hektar und Jahr im geschlossenen Bestand erzielt (Edinger 2013). Auf Märkten oder am Straßenrand verkaufen die Kinder ihre Maro-

forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 17 Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie A. SCHABACKER et al.

Tab. 3. Inhaltsstoffe (pro 100 g) der Edelkastanie im Vergleich zu anderen Grundnahrungsmitteln (Quelle: Biesalski 2013). Ingredients (per 100 g) of the Sweet chestnut fruit in comparison with other basic foodstuffs (source: Biesalski 2013). Inhaltsstoffe Einheit Kartoffeln Getreide Reis Teigwaren Kastanien Kastanien Nüsse (gegart) (gegart) (allgemein) (frisch gegart) (geröstet) (frisch) Energie [kcal] 70,3 313,4 93,1 352,6 173,2 241,9 562,2 Wasser [g] 79,6 13,0 76,7 10,7 50,1 44,5 5,2 Eiweiß [g] 2,0 11,7 2,0 12,3 2,5 2,3 25,3 Fett [g] 0,1 2,0 0,2 2,8 1,9 10,9 48,1 Kohlenhydrate [g] 14,6 61,0 20,5 68,3 36,0 33,4 8,3 unges. Fettsäuren [g] 0,1 0,9 0,1 1,3 0,7 3,6 13,7 Cholesterin [mg] 0,0 0,0 0,0 94,0 0,0 0,0 0,0 Alkohol [g] 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 Harnsäure [mg] 16,0 90,0 29,0 60,0 0,0 0,0 70,0 tier. Eiweiße [g] 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 Ballaststoffe [g] 2,3 10,3 0,4 5,0 8,6 7,8 10,9 Natrium [mg] 2,0 8,0 2,0 17,0 2,0 4,0 11,0 Kalium [mg] 341,0 381,0 19,0 164,0 300,0 557,0 660,0 Magnesium [mg] 19,0 128,0 21,0 67,0 27,0 37,0 160,0 Calcium [mg] 6,0 38,0 2,0 27,0 37,0 33,0 40,0 Phosphor [mg] 47,0 341,0 38,0 191,0 80,0 74,0 340,0 Eisen [mg] 0,4 3,3 0,2 1,6 0,9 0,9 1,8 Zink [mg] 0,3 2,7 0,2 1,6 0,4 0,5 2,8 Vitamin A [µg] 1,0 3,0 0,0 63,0 4,0 44,0 0,0 Carotin [mg] 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,3 0,0 Vitamin E [mg] 0,1 1,4 0,1 0,2 1,3 2,9 11,0 Folsäure [µg] 3,0 30,0 2,0 5,0 16,0 13,0 56,0 Vitamin B1 [mg] 0,1 0,5 0,0 0,2 0,1 0,1 0,9 Vitamin B2 [mg] 0,0 0,1 0,0 0,1 0,2 0,1 0,2 Vitamin B6 [mg] 0,2 0,4 0,0 0,1 0,3 0,2 0,4 Vitamin C [mg] 12,3 0,0 0,0 0,0 15,0 12,5 0,0

nen und erzielten im Jahre 2013 meist Preise von 3 Euro kg-1. Auch ist eine beliebte touristische Attraktion, da dies meist anderorts in Einheimische und Touristen sammeln Maronen für den Eigenbedarf Deutschland nicht möglich ist. Einnahmen durch den Tourismus, (Edinger 2013). Noch 2011 bewegte sich der erntekostenfreie Er- v. a. durch Restaurantbesuche, Übernachtungen, Besuch von Märk- lös je Kilogramm Maronen zwischen 1,44 und 2,11 Euro. Für den ten und Geschäften, spielen in der Region Haardt in Verbindung mit Waldbesitzer ist das Sammeln der Maronen aber zurzeit eher unat- dem Weinbau, der Weinvermarktung und den Wandermöglichkei- traktiv. ten eine übergeordnete Rolle für die ansässige Bevölkerung. Für viele Das Forstamt Haardt erntete im Jahre 2012 insgesamt 2.100 kg Bewohner der Region ist der Tourismus Arbeitgeber beziehungsweise Maronen-Saatgut. Das Saatgut wurde an Baumschulen geliefert Haupterwerbs- und Haupteinnahmequelle (Edinger 2013). sowie direkt von den Landesforsten in Rheinland-Pfalz verwendet Am Beispiel von Edenkoben kann die Bedeutung der Tourismus- (Wambsganß 2013). Teile der produzierten Maronen werden vom Branche aufgezeigt werden: Die Nettowertschöpfung der Verbands- Wild, vor allem Schwarzwild, verzehrt. Maronen sind im Spätherbst gemeinde Edenkoben betrug im Jahr 2011 9,4 Mio. Euro (Kiefer und den Wintermonaten eine beliebte nährstoffreiche Nahrungs- 2013). In den Verbandsgemeinden Annweiler am Trifels und Hau- quelle. enstein herrschen ähnliche touristische Voraussetzungen. Diese Ge- meinden begehen zur Maronenreife im Oktober und November gemeinsame Kastanientage (1. Oktober bis 15. November). Rund Tourismus um Annweiler am Trifels werden in dieser Zeit in zahlreichen Gast- häusern und Restaurants Maronengerichte angeboten. Zur Edelkas- Die Region Haardt ist durch ihr Klima und ihre landschaftlich reiz- tanienblüte im Juni finden kostenlos geführte Edelkastanien-Tages- volle Lage, im Übergang zwischen Deutscher Weinstraße im Osten wanderungen statt (Anonymus 2012). Die Edelkastanie gehört zur und Pfälzer Wald im Westen, besonders für Weinliebhaber sehr at- Pfälzer Kultur und Lebensart (Brendel 2013). Im Volksmund wird traktiv. Die Edelkastanienbestände in der Region Haardt am Ostrand sie pfälzisch „Keschde“ genannt. Auch wird jährlich im Oktober die des angrenzenden Pfälzer Waldes laden zum Wandern ein. Das Sam- „Keschdeprinzessin“ aus dem Trifelsland gekürt (Anonymus 2012). meln von Edelkastanienfrüchten während der Reifezeit im Herbst

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Annahmen für die Kalkulation der Erlöse die Rundholzverbauung genutzt. Größtenteils wird das Holz in der Lawinenverbauung sowie zur Schutzwaldsanierung im Hochgebirge Für den gesamten betrachteten Produktionszeitraum von 30 Jahren verwendet. Alternativ wird es auch u. a. für Spielgeräte auf Spiel- wurde angenommen, dass laufend Erträge in den blüh- und frucht- plätzen oder Palisaden genutzt. Für diese noch geringen Rohholzdi- fähigen Altersklassen anfallen. Dies betrifft alle Edelkastanienflächen mensionen wurde in den Jahren von 2004 bis 2011durchschnittlich ab dem Alter von 15 Jahren (94 % aller Edelkastanienbestände) in ein erntekostenfreier Holzerlös von 31 Euro Fm-1 erzielt (Tabelle 5). der Region Haardt. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach dem dauerhaften Holz Durch die Berücksichtigung der anteiligen Edelkastanienbesto- stieg der Preis je Festmeter im Jahr 2011 auf 42 Euro für erntekos- ckungsgrade wurde der Mischungsanteil mit in die Berechnung tenfreies Holz. Das Brennholzsortiment fiel mit einem Anteil von aufgenommen, um eine Überschätzung der Erntemengen und der 27 % am zweithäufigsten an und erbrachte im Jahr 2011 einen ern- daraus resultierenden Erlöse zu vermeiden. tekostenfreien Holzerlös von 21 Euro Fm-1. Aufgrund der hohen Es wurde mit einem theoretisch möglichen Honigertrag und Nachfrage nach Holz für die energetische Nutzung waren die Preise Maronenertrag (gemäß Umfrageergebnissen und Angaben in der Li- für Brennholz geringfügig höher als die erntekostenfreien Holzerlöse teratur) für einen voll bestockten Edelkastanienbestand kalkuliert. für Holz für Holzwerkstoffe wie u. a. Spanplatten. Das Sortiment Weiterhin wurde jeweils ein aktueller Mindestpreis für den Edel- Spanplatte ergab im Jahre 2011 einen erntekostenfreien Holzerlös kastanienhonig und die Maronen angenommen. Weiterhin wurde von 16 Euro Fm-1 und hatte einen mengenmäßigen Gesamtanteil angenommen, dass das Bienensterben zukünftig nicht dramatisch von 19 %. Während die Preise für Brennholz in den letzten Jahren zunimmt. anstiegen, nahmen die Preise für das Sortiment Spanplatte ab. Den Bezogen auf eine Produktionszeitspanne von 30 Jahren werden geringsten Anteil aller Rohholzsortimente hatte das Sägeholz (13 %). zukünftig Preisanstiege sowohl für das Hauptprodukt Edelkastanien- Ein durchschnittlicher erntekostenfreier Holzerlös von 77 Euro Fm-1 holz als auch für die forstlichen Nebenprodukte Edelkastanienhonig (2011) hatte etwa dreimal höhere Erlöse zur Folge als andere Roh- sowie Maronen erwartet. Für die Edelkastanien-Holzsortimente lag holzsortimente der Edelkastanie. Trotz eines Massenanteils von nur die Preisentwicklung für die Zeitspanne 2004 bis 2011vor (Wambs- 13 % erbrachte das Sägeholz einen Anteil von 24 % am Gesamterlös ganß et al. 2013). Ab 2012 wurde für die Sortimente Brennholz und (Wambsganß et al. 2013). Rundholzverbauung ein zweiprozentiger und für das Sägeholz ein Das Sortiment der Rundholzverbauung macht den größten An- fünfprozentiger Preisanstieg angenommen. Aufgrund der Preisent- teil (48 %) des erntekostenfreien Holzerlöses aus, gefolgt von Säge- wicklung für das Energieholz wurde für das Sortiment des Waldin- holz (29 %), Spanplatte (12 %) und Brennholz (11 %). Der durch- dustrieholzes (Spanplatte) von einer stagnierenden Preisentwicklung schnittliche erntekostenfreie Holzerlös über alle Sortimente hinweg ausgegangen. Für die forstlichen Nebenprodukte lagen die Preisent- lag im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2011 bei 37 Euro Fm-1 (2004 wicklungen für die Zeitspanne 2001 bis 2013 (Honig) und für die bis 2010), für 2011 betrug dieser sogar 39 Euro Fm-1. Zeitspanne 1998 bis 2013 (Marone) vor. Für die Nebenprodukte Honig und Marone wurde zukünftig eine zehnprozentige Preisstei- gerung angenommen. Erlöse für Honig Weiterhin wurde unterstellt, dass eventuelle zukünftige Witte- rungsextreme und Forstkalamitäten (z. B. Stürme, Dürreperioden, An der Umfrage zur Edelkastanien-Imkerei nahmen zehn Imker ak- Waldbrand) durch das mittlere Kalkulationsmodell berücksichtigt tiv teil (Tabelle 6). Unter Bezugnahme auf die Umfrageergebnisse werden. Eine weitere Voraussetzung für die Akzeptanz der verglei- suchte im Durchschnitt jeder von ihnen mit 10 Honigbienenvölkern chenden Berechnungen war die Annahme, dass die Edelkastanien- die Edelkastanienbestände auf und konnte dabei zwischen 10 und Pilzkrankheiten (z. B. Cryphonectria parasitica, Phytophtora cinna- 14,75 kg Honig je Bienenvolk und Saison ernten. Bei der Honig- moni) sowie der Insektenbefall (z. B. Dryocosmus kuriphilus) auch vermarktung wurden Preise von durchschnittlich 5,50 Euro je Glas zukünftig beherrschbar sind und die Bewirtschaftung der Edelkasta- verlangt. Für die Herstellung von einem Kilogramm Honig, verkauft nienbestände nicht gefährden werden. in zwei 500-Gramm-Gläsern, wurden Kosten von 5 Euro kg-1 ange- geben. Obwohl höhere Honigerträge möglich sind (zwischen 5 und 15 Ergebnisse Kilogramm je Bienenvolk und Saison), wurde für die Kalkulationen gezielt die untere Angabe für Honigerträge von 5 kg pro Bienenvolk und Saison angenommen. Zurzeit werden bei 10.000 Bienenvölkern Holzerlöse vor Ort, einem minimalen Honigertrag von nur 5 Kilogramm je Bienenvolk und einem Verkaufspreis von 11 Euro pro Kilogramm Zwischen 2004 und 2011 wurden auf der Fläche des Forstamtes Honig tatsächlich folgende Umsätze bei der Edelkastanien-Honig- Haardt insgesamt ca. 15.000 Fm (Erntefestmeter ohne Rinde) Edel- produktion in der Region Haardt erzielt: 10.000 Bienenvölker x 5 kg kastanienholz nachhaltig geerntet (Tabelle 4). Jährlich wurden in pro Bienenvolk und Saison x 11 EUR/kg = 550.000 Euro pro Saison. diesem Zeitraum durchschnittlich 1.875 Fm Edelkastanienholz ein- Bei durchaus möglichen Honigerträgen von 10 bis 15 kg je Bienen- geschlagen. Dabei wurden 41 % des insgesamt erzeugten Holzes für volk und Saison können sich die Einnahmen auf rd. 1 Mio. Euro pro

Tab. 4. Verkaufsmengen von Holz der Edelkastanie [Fm bzw. % der Holzsortimente] der Jahre 2004 bis 2011 im Forstamt Haardt (Quelle: Wambsganß et al. 2013). Sweet chestnut timber volumes [Fm resp. % of the round wood assortments] from 2004 to 2011 in the forest district Haardt (source: Wambsganß et al. 2013). Sortimente Brennholz Spanplatte Rundholzverbauung Sägeholz Gesamt Anteil [%] 27 19 41 13 100 Menge 2004 bis 2011 [Fm] 4.015 2.809 6.168 2.008 15.000 Menge 2011 [Fm] 795 194 652 493 2.134

forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 19 Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie A. SCHABACKER et al.

Tab. 5. Durchschnittserlöse [Euro Fm-1] und Holzsortimente der Edelkastanie für die Jahre 2004 bis 2011 im Forstamt Haardt (ergänzt nach Wambsganß et al. 2013). Average revenues [Euro Fm-1] and round wood assortments of Sweet chestnut of the years 2004 to 2011 in the forest district Haardt (completed after Wambsganß et al. 2013). Sortimente Brennholz Spanplatte Rundholzverbauung Sägeholz Erlös 2004 bis 2011 [Euro Fm-1] 38 43 59 99 Erlös 2011 [Euro Fm-1] 42 37 70 98 Kosten 2004 bis 2011 [Euro Fm-1] 21 21 28 21 Kosten 2011 [Euro Fm-1] 21 21 28 21 Erntekostenfreier Erlös 2004 bis 2011 [Euro Fm-1] 17 22 31 78 Erntekostenfreier Erlös 2011 [Euro Fm-1] 21 16 42 77

Saison verdoppeln bzw. auf rd. 1,5 Mio. Euro pro Saison verdreifa- Diskussion chen. Dabei werden zwischen 50 und 150 t Edelkastanienhonig pro Saison produziert. Die Mengen verteilen sich auf viele, meist nicht Die kalkulierten Honig- und Maronenerlöse erfolgten abzüglich der erfasste Imker aus ganz Deutschland. Vorleistungen. Dabei war es schwierig, die anfallenden Kosten auf In der Region Haardt können in blühfähigen Edelkastanienbe- eine Honigsorte umzulegen. Vor allem die variablen Kosten können ständen insgesamt Honigerlöse von minimal dem 1,6-Fachen und von Imker zu Imker stark schwanken. Der Anfahrtsweg zu den Edel- maximal dem 27,3-Fachen des Holzerlöses in einem Produktions- kastanienbeständen ist hierbei der entscheidende Kostenfaktor. Ein zeitraum von 30 Jahren erzielt werden. Durchschnittlich können Teil der Honigerlöse verlässt die Region Haardt mit den Wanderim- durch die Honigproduktion erntekostenfreie Erlöse des 14-Fachen kern. Dennoch verbleibt schätzungsweise ein großer Teil der Erlöse des erntekostenfreien Holzerlöses erzielt werden (Abbildung 7). in der Region. Insofern leisten die Erlöse des Nebenproduktes „Ho- nig“ im Vergleich zu „Holz“ und „Marone“ den höchsten Beitrag zu der regionalen Wertschöpfung. Erlöse für Maronen Die in den Kalkulationsmodellen hohen erntekostenfreien Erlöse aus der Nutzung der Nebenprodukte der Edelkastanie müssen al- In den fruktifizierenden Edelkastanienbeständen der Region Haardt lerdings kritisch betrachtet werden. Im Gegensatz zu den Kalkula- könnten neben den Honigerlösen auch Maronenerlöse von mini- tionen der Holzerlöse basieren die Berechnungen des Honig- und mal dem 7,5-Fachen bis maximal dem 33-Fachen des Holzerlöses Maronenumsatzes auf Daten, die großen Schwankungen unterliegen in einem Produktionszeitraum von 30 Jahren erzielt werden. Durch- und stark witterungsabhängig sind. Die kalkulierten Maronenmen- schnittlich könnten somit aus dem Maronenverkauf theoretisch gen sind zwar theoretisch möglich, die erntekostenfreien Erlöse je- erntekostenfreie Erlöse bis zum 19-Fachen des erntekostenfreien doch nur fiktiv, weil es derzeit keinen Markt für die einheimischen Holzerlöses erzielt werden. Allerdings gibt es für die Marone in der Maronen gibt. Die kalkulierten Honigmengen dagegen sind realis- Region Haardt im Unterschied zum Honig keinen geregelten Markt. tisch, zumal der Honig als Nebenprodukt einen eigenen Markt hat. Der Motor für die regionale Wertschöpfung ist der Tourismus. In der Südpfalz treffen viele günstige Faktoren zusammen (Klima, Landschaft, Weinanbau, Gastronomie, gut entwickelte Infrastruktur für Übernachtungen, die Nähe zu deutschen Großstädten und west-

Tab. 6. Edelkastanienhonigerträge und -erlöse. (Ergebnisse der Umfrage 2013). Yield and proceeds of the Sweet chestnut honey (results of the survey 2013). Teilnehmer Völker [Stück] Ertrag [kg pro Volk] Gesamtertrag [kg] Preis [Euro pro 500 g] Einnahmen 2012 [Euro] 1 4 15–20 60–80 5,00–6,00 600–960 2 4–6 10–25 40–150 4,00–6,00 320–1.800 3 15 10–20 150–300 5,00 1.500–3.000 4 4 3,5–18 14–72 5,00 140–720 5 11 9 99 5,20 1.030 6 10 12–15 120–150 5,00 1.200–1.500 7 10 15 150 7,00 2.100 8 2–3 10 20–30 6,00–7,00 240–420 9* 10 1,5 15 6,00 180 10 25 14 350 5,00 3.500 Durchschnitt 9,5–9,8 10–14,75 5,32–5,72 Summe 1.018–1.396 10.810–15.210 *Imkerei nach Demeter-Richtlinien (schonende Honigbehandlung, Naturwabenbau, Vermehrung über Schwarmtrieb, Verbot des Flügelbeschneidens der Bienen, Imkerei auf biologisch-dynamisch bewirtschafteten Flächen)

20 forstarchiv 86, Heft 1 (2015), 13-21 A. SCHABACKER et al. Wirtschaftliche Bedeutung von Nebenerzeugnissen der Edelkastanie

35 Bouffier V.A., Maurer W.D. 2009. Following Chestnut FootprintsCastanea ( Honig spp.). International Society for Horticultural Science. Leuven, Belgien. 30 33,0 Dustmann J.H. 2011. Zur botanischen Sortenbezeichnung des deutschen Maronen Honigs im Imker-Honigglas des Deutschen Imkerbundes e. V. Deutscher 25 27,3 Imkerbund e. V., Wachtberg Feldmeier H. 2004. Kastanienhonig als Medizin. Naturwissenschaftliche 20 Rundschau 57, 296 Hahn S. 2004. Die Esskastanien – Nahrungsquelle und bedrohte Naturres- 19,0 15 source. Books on Demand, Norderstedt Horn H. 2009. Die wichtigsten Trachtpflanzen und ihre Sortenhonige, Teil 14,0 6: Edelkastanie (Castanea sativa). ADIZ, Die Biene, Imkerfreund. Deut- 10 scher Landwirtschaftsverlag, München Verhältnis zum Holzerlös zum Holzerlös (x-fach) Verhältnis LWaldG (Landeswaldgesetz Rheinland-Pfalz) Teil 6: Rechte und Pflichten 5 7,5 1,6 der Waldbenutzenden. Fassung vom 30. November 2000. Mainz Neussel M. 2009. Bestand Edelkastanie pro Waldort [in %]. Karten- und 0 Minimum Maximum Durchschnitt GIS-Material. Abteilung Fernerkundung. Universität Trier Seegmüller S. 2005. Die Forst-, Holz- und Papierwirtschaft in Rheinland- Abb. 7. Erntekostenfreier Erlös von Honig und Maronen im Vergleich zum ernte- Pfalz. Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland- kostenfreien Holzerlös für die Edelkastanie in der Region Haardt nach 30-jähriger Pfalz. Trippstadt Produktionsdauer. Strallhofer P., Klement J., Rühmer T., Ecker H., Klug M., Schantl J. 2006. Multiple revenues honey and fruits (free of harvest costs) of Sweet chestnut in comparison to Edelkastanie – Waldbaum und Obstgehölz. Sorten, Anbau, Pflege, Pflan- the revenue of timber (free of harvest costs) in the Haardt region after 30 years production. zenschutz, Verarbeitung. Zoppelberg, Ehrenhausen/Österreich Wambsganß W., Eichhorn S., Hapla F. 2013. Vermarktung der Edelkastanie in der Region Haardt. AFZ-DerWald 68 (16), 517 europäischen Nachbarn), die sich positiv auf die Entwicklung der Mündliche Informationen Wertschöpfung auswirken. Alle diese Faktoren wirken synergistisch Appel R. 2013. Metzgerei, Fußgönnheim für die Tourismusbranche. Hier spielt die Edelkastanie mit ihren Ne- Becker S. 2013. De’Bäcker Becker, Edesheim benprodukten Edelkastanienhonig und Marone, die bislang nicht als Bosch K. 2013. Revierleiter Forstrevier Wellbachtal. Rinnthaler Wald Leistungen des Waldes wahrgenommen wurden, eine bedeutende GmbH, Rinnthal Rolle. Die Edelkastanie wird in der Region mehr als Kulturbaum Brendel C. 2013. Zentrale für Tourismus. Südliche Weinstraße e. V., Lan- wahrgenommen und nicht als Wirtschaftsbaumart. Intakte Edelkas- dau/Pfalz tanienbestände in ausreichender Qualität und Quantität bilden die Curic I. 2013. Berufsimker, Kleinalmerode Grundlage zur Honig- und Maronennutzung. Wenn möglichst viele Edinger J. 2013. Revierförsterei Edenkoben. Forstamt Haardt der Landes- Schritte der Produktions- und Handelskette in der Region erhalten forsten Rheinland-Pfalz, Burrweiler bleiben, kann davon auch die regionale Wirtschaft profitieren. Hoffmann H. 2013. Revierförsterei Klingenmünster. Forstamt Annweiler Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen vor allem verdeutli- der Landesforsten Rheinland-Pfalz. Vorsitzender Imkerverein Bad Berg- chen, welche Bedeutung den forstlichen Nebennutzungen nicht nur zabern e. V., Klingenmünster kulturell, sondern auch wirtschaftlich zukommt. Dieser Aspekt sollte Kiefer A. 2013. Tourismusbüro. Südliche Weinstraße Edenkoben e. V., Edenkoben auch bei zukünftigen regionalen „Forst und Holz-Cluster-Studien“ Lauer E. 2013. Freizeitimker, Reutlingen Berücksichtigung finden, zumal es sich um eine Stärkung der regio- Schäfer H. 2013. Weingut, Leinsweiler nalen Wertschöpfung handelt. Wambsganß W. 2013. Forstamtsleiter Forstamt Haardt. Landesforsten Rheinland-Pfalz, Landau Weiss J. 2013. Freizeitimker, Landau-Nussdorf Danksagung Wissmann G. 2013. Milch, Käse und Käseerzeugnisse, Die Autoren bedanken sich für die freundliche Unterstützung sowie die fi- nanzielle Förderung des Projektes durch die Forschungsanstalt für Waldöko- logie und Forstwirtschaft des Landes Rheinland-Pfalz (FAWF-RP).

Literatur Anonymus. 2002. Mitteleuropäische Waldbaumarten Artbeschreibung und Ökologie unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. Professur für Waldbau und Professur für Forstschutz und Dendrologie. ETH Zürich Anonymus. 2012. Kastanientage in der Südpfalz in den Urlaubsregionen Edenkoben, Hauenstein, Trifelsland. 01.10. bis 15.11.2012. Informati- onsbroschüre. Südliche Weinstraße e. V., Landau Biesalski H.K. 2013. Inhaltsstoffe für Getreideerzeugnisse, Hülsenfrüchte, Kartoffel und Teigwaren. Institut für Biologische Chemie und Ernäh- rungswissenschaft. Universität Hohenheim. https://www.uni-hohen- heim.de/wwwin140/info/interaktives/lebensmittel.htm (abgerufen am 2.8.2014) Bogdanov S., Bieri K. 2008. Schweizer Sortenhonige. Forschungsan- stalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras. Zentrum für Bienen- forschung, Institut für Pollenanalyse. Bern, Schweiz. http://www.ag- roscope.admin.ch/imkerei/01810/02085/02093/index.html?lang=de (abgerufen am 2.8.2014)

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