Evelyne Gebhardt Mitglied des Europäischen Parlaments EUROPA AKTUELL Nr. 8/2014, 11. September 2014

Liebe Bürger und Bürgerinnen, INHALT „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“, lautet ein häufig angeführtes Prinzip. Ein sinnvolles Prinzip. „Zögerlichkeit statt Entschlossenheit“ scheint dagegen Seite 1 der fatale Leitsatz der EU-Mitgliedstaaten in der Europapolitik zu sein. Jüngs-  Kolumne tes Beispiel: die Benennung der Kandidaten und Kandidatinnen für die  Neue EU-Kommission Europäische Kommission, die sich quälend lange hinzog. Die Regierungen waren offenbar schlecht vorbereitet. Gerade so, als ob diese Frage urplötzlich auf die politische Agenda getreten wäre! Seite 2 Noch schlimmer: Kaum eine Regierung schickte eine Frau für einen der Kom-  Highlight Europafest missionsposten ins Rennen. Erst auf maßgeblichen Druck des Europäischen  Antikriegstag Parlaments hin und mit Unterstützung des bereits gewählten Kommissions- präsidenten Jean-Claude Juncker kommen wir auf gerade einmal neun Frauen. Ein Armutszeugnis für die europäischen Regierungen! Seite 3 Ein Armutszeugnis, das symptomatisch ist. Ob es um wichtige Personalent-  ist Berichterstatter für TTIP scheidungen, um Themen wie Gleichstellung und Klimaschutz oder um  Termine zentrale Herausforderungen wie eine bessere Koordinierung der europäi- schen Wirtschafts- und Finanzpolitik geht: Die Bremser kommen fast immer aus den Reihen der Staats- und Regierungschefs. Veränderung und Seite 4 Fortschritt werden blockiert, nicht die Besten und Stärksten werden vorge-  Diskussion mit Mehr Demokratie e.V. schlagen - aus innenpolitischem Kalkül oder schlicht aus Engstirnigkeit.  Neues aus Europa Das Europäische Parlament hält dagegen. Dass wir die Hinterzimmer-  Impressum Kungelei bei der Besetzung des Amtes des Präsidenten der Europäischen Kommission trotz des erbitterten Widerstands einiger Regierungschefs über- winden konnten, war ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Demokratie und zu mehr Europa. Dies ist Verpflichtung für die Zukunft. Wir werden diesen Weg weitergehen. Mehr gemeinsames europäisches Handeln tut Not – sei es in der Außen- und Sicherheitspolitik oder der Flüchtlingspolitik. Das sollten endlich auch Merkel und Co. erkennen! Ihre

Udo Bullmann: „Junckers Kommissionsvorschlag wirft Fragen auf“

Die Europäische Kommission soll würdige wirtschaftspolitische Signa- frequenzhandel, undurchsichtige umgebaut werden. Der gewählte le“, so , Vorsitzender Finanzprodukte und ausufernde EU-Kommissionspräsident Jean- der SPD-Europaabgeordneten. „Auf Millionengehälter für antisoziale Claude Juncker hat am Mittwoch Vorschlag der britischen Regierung Zockerei. Wenn wir eine weitere seine Pläne für eine neue Aufga- Jonathan Hill als Finanzstabilitäts- Finanzkrise verhindern wollen, darf benverteilung der designierten EU- kommissar zu benennen, ist eine diese Politik nicht weiter in Europa Kommissare vorgestellt. nicht nachvollziehbare Entschei- grassieren.“ „Mit einigen seiner Kommissionsan- dung. Die britische Regierung „Bei der Anhörung hatte Juncker wärter sendet Juncker äußerst frag- schützt computergestützten Hoch- versprochen, dass ein Kommissar , MdEP EUROPA AKTUELL Nr. 8/2014 , 11. September 2014 – Seite 2 verantwortlich für die Investitionsa- Einen Satz aus der Vorstellung von Juncker ausgeführt. Daran werden genda in Europa sein werde, der Junckers Team hebt Udo Bullmann wir ihn schon bei unseren baldigen einen politischen Kurswechsel hin hingegen hervor: „Ohne das Euro- Anhörungen der Kommissare erin- zu mehr Wachstum und Investitio- paparlament geht nichts in den nern.“ nen vollzieht. Man muss sich fra- kommenden fünf Jahren, hat gen, wie Juncker seine Verspre- chen umsetzen will“, so Udo Bull- mann. „Zwar plant der neue Kommissions- präsident, den Franzosen zum Wirtschaftskommis- sar zu ernennen - der bekommt allerdings gleich zwei austeritäts- gläubige Bosse.“ Der Finne Jyrki Katainen stehe ihm als Vize- Präsident für Wachstum, Investitio- nen und Wettbewerb offenbar ebenso vor wie der Lette Valdis Dombrovskis. „Juncker hat erklärt, dass er beim Thema Investitionen einen politi- schen Kurswechsel vollziehen will“, so Udo Bullmann. „Er muss uns jedoch jetzt erläutern, wie er ein Einer der Höhepunkte des politischen Sommers in Hohenlohe: Evelynes traditio- engagiertes Programm für Wachs- nelles Europafest Mitte Juli in Künzelsau. Zu Gast waren dieses Mal unter ande- tum und Arbeitsplätze in Euro- ren die beiden Bundestagsabgeordneten Dr. Dorothee Schlegel und Elke Ferner. pa mit ausgesprochenen Austeri- Die Saarländerin Elke Ferner, zugleich Parlamentarische Staatssekretärin bei tätsbefürwortern zum Erfolg führen der Bundesfamilienministerin, erläuterte die gleichstellungspolitische Agenda der will.“ Bundesregierung.

Evelyne Gebhardt: „Kriegerischen Konflikten den Nährboden entziehen“

Antikriegstag am 1. September in diesem Jahr von trauriger Aktualität

Am 1. September war Antikriegstag. tisches Engagement – besonders in ralischen Dilemma“. „Könnte Unter- Traurige Aktualität erhielt der Tag in seinen Nachbarregionen – erheb- stützung in Form von Waffenliefe- diesem Jahr nicht nur durch das lich ausweiten und so dem Frie- rungen in diesem Fall möglicher- Gedenken an den Beginn zweier densnobelpreis von 2012 auch in weise gerechtfertigt sein?“, fragt Weltkriege, sondern auch durch die seinen Außenbeziehungen gerecht sich Gebhardt. Sie habe die Sorge, vielen derzeit schwelenden kriegeri- werden, fordert Evelyne Gebhardt. dass eine vornehmlich auf militäri- schen Konflikte: von der Ukraine- Zur Diskussion über die von der sche Problemlösung zielende Logik Krise über den Nahost-Konflikt bis Bundesregierung beabsichtigten wieder zunehmend Verbreitung und hin zu Libyen, Syrien und dem Irak. Waffenlieferungen an die Kurden Akzeptanz finde. Hinzu komme, dass Waffen in falsche Hände gera- „Wie dauerhafter Frieden geschaf- im Nordirak erklärt die sozialdemo- ten könnten. fen werden kann, zeigt das Beispiel kratische Europaabgeordnete: Europas nach 1945“, betont die Ho- „Angesichts der beispiellosen Bru- Es reiche nicht, in Konflikte militä- henloher Europaabgeordnete Evely- talität der sogenannten risch einzugreifen und danach zur ne Gebhardt. Demgegenüber sei es IS-Terroristen, eines drohenden Tagesordnung überzugehen. „Wir „absurd anzunehmen, mit militäri- Völkermords und der Gefahr, dass müssen kriegerischen Konflikten schen Mitteln, mehr Waffen und diese weitere Gebiete unter ihre den Nährboden entziehen, indem kurzfristigem Agieren auf Dauer Kontrolle bringen, befindet man wir die Entstehungsursachen be- Probleme zu lösen“. Europa müsse sich als Gegnerin von Krieg und kämpfen“, so Evelyne Gebhardt. sein friedens- und entwicklungspoli- Waffengewalt in einem großen mo- Nötig seien auf höchster Ebene vo- Evelyne Gebhardt, MdEP EUROPA AKTUELL Nr. 8/2014 , 11. September 2014 – Seite 3 rangetriebene politische Initiativen Strukturen und des Dialogs zwi- TERMINE und langfristige Strategien zur Be- schen verschiedenen ethnischen friedung und nachhaltigen Entwick- und religiösen Gruppen, um wirt- lung konfliktreicher Regionen. „Da schaftliche Unterstützung und um geht es um Entwicklungspolitik, um gerechte Handelsbeziehungen“, ist 13. September 2014, 18.00 Uhr die Förderung demokratischer die Sozialdemokratin überzeugt. Was? Brückenfest der SPD Wo? Henkersbrücke, Schwäbisch Bernd Lange: „Das demokratische Gewissen der Hall EU stärken“

SPD-Europaabgeordneter federführend bei Handelsabkom- men zwischen EU und USA 15. September 2014, 15.00 Uhr Was? Besuchergruppe SPD Bernd Lange ist zum laufenden Be- Weitere Schwerpunkte, die Bernd Berghaupten richterstatter des Europäischen Par- Lange benennt: „Ich verstehe mei- Wo? EP, Straßburg laments für das Handelsabkommen nen Auftrag vor allem darin, die zwischen der EU und den USA europäischen Verbraucherstan- (TTIP) ernannt worden. Damit wird dards und Arbeitsbedingungen zu der SPD-Europaabgeordnete und verteidigen sowie die roten Linien 18. September 2014, 11.30 Uhr Vorsitzende des Handelsausschus- des Parlaments gegenüber den Was? Besuchergruppe Dr. Dorothee ses maßgeblich den Ton in der Chefunterhändlern immer wieder zu Schlegel MdB kontroversen Debatte um TTIP an- betonen. Denn allen Chancen zum Wo? EP, Straßburg geben. Das transatlantische Han- Trotz, die eine vertiefte Handels- delsabkommen ist eines der wich- partnerschaft auf beiden Seiten des tigsten und umstrittensten Projekte Atlantiks bieten könnte, wird das dieser Wahlperiode im Handelsaus- Europäische Parlament nicht um schuss. jeden Preis dem Abkommen zu- 20. September 2014, 18.00 Uhr Was? Podiumsdiskussion „Europa - Bernd Lange: „Die EU-Kommission stimmen.“ unsere Zukunft“ kann sich sicher sein, dass ich ihr Das Europaparlament hat Ende Mai als Berichterstatter ganz genau auf vergangenen Jahres in einer Reso- Wo? Altes Rathaus, Bretten die Finger schauen werde. Schließ- lution seine Positionen für ein Han- lich sind wir im Europäischen Parla- delsabkommen mit den USA verab- ment das demokratische Gewissen schiedet. So sind etwa weder die der EU-Handelspolitik.“ öffentliche Daseinsvorsorge, die 21. September 2014, 11.00 Uhr Ein besonderes Anliegen ist dem hohen Verbraucher- und Umwelt- Was? Treffpunkt Europa Sozialdemokraten, mehr Transpa- standards in der EU noch kulturelle Wo? Marktplatz, Bretten und audiovisuelle Dienstleistungen renz während den Verhandlungen zwischen der EU und den USA zu für das Parlament verhandelbar. erwirken und die in Teilen aufge- Davon werden die Parlamentarier ihre Zustimmung abhängig ma- heizte öffentliche Diskussion zu 2. Oktober 2014, 14.00 Uhr chen, ohne die das Abkommen mehr Sachlichkeit zurückzuführen: Was? KreislandFrauen SHA „Die Menschen hegen berechtigte nicht in Kraft treten kann. Darüber Wo? Landkreis Schwäbisch Hall Sorgen, die wir im Parlament sehr hinaus lehnen die SPD- ernst nehmen“, so Bernd Lange. Europaabgeordneten außergericht- liche Streitschlichtungsverfahren „Mehr Transparenz ist dringend nö- tig, da ein Großteil der Verunsiche- (ISDS), wie insbesondere seitens rung auf Gerüchten oder Missver- der USA gefordert, strikt ab. 3. Oktober 2014, 14.00 Uhr ständnissen beruht. Ich möchte mit Bernd Lange: „Ein derartiger Inves- Was? Multikulti-Fest Verbraucherorganisationen, Bürger- torenschutz, an dem vor allem US- Wo? Stadthalle, Lauda bewegungen und allen weiteren Großkonzerne ein Interesse hegen, Beteiligten eine sachliche Debatte könnte die Regulierungshoheit der führen, die auf Fakten basiert. Nur EU-Staaten in wichtigen Bereichen, so können wir alle gemeinsam ei- wie etwa im Umwelt- und Verbrau- nen konstruktiven Beitrag leisten.“ cherschutz, erheblich beeinträchti- Evelyne Gebhardt, MdEP EUROPA AKTUELL Nr. 8/2014 , 11. September 2014 – Seite 4 gen. Weder ich noch meine SPD- Kollegen werden einen solchen Vorstoß mittragen.“

Evelyne diskutierte kürzlich mit Ver- tretern des Vereins Mehr Demokratie e.V. an deren Infostand in Schwä- bisch Hall über TTIP. „Arbeitnehmerrechte, ein hohes Ver- braucherschutzniveau, strenge Um- weltvorschriften und die Achtung hoher Datenschutzstandards sind für mich nicht verhandelbar! Zudem dür- fen internationale Abkommen wie TTIP und CETA nicht Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aushebeln. Ganz klar: Einem Vertragswerk, das lange und hart erkämpfte Errungen- schaften über Bord wirft und das noch dazu in völliger Intransparenz ausgehandelt wird, werde ich definitiv nicht zustimmen können“, machte Evelyne dabei deutlich. Foto: Mehr Demokratie e.V. Baden-Württemberg

NEUES AUS EUROPA

MUTTERSCHUTZRICHTLINIE: dagegen auf, endlich Stellung zu beziehen und den besseren Schutz Kritik an Kommission und Mitgliedstaaten von Schwangeren, von Müttern und Neugeborenen zu gewährleisten. Es sind beinahe vier Jahre vergan- Dabei ist der Bericht ein unerlässli- gen, seit das Europäische Parla- cher Schritt für uns Frauen, um die Evelyne Gebhardt ment im Oktober 2010 seinen Be- Vereinbarkeit von Familie und Beruf richt zum Europäischen Mutter- zu verbessern. Bisher müssen viele IMPRESSUM schutz verabschiedet hat. Seitdem berufstätige Frauen europaweit blockieren die Mitgliedstaaten über noch immer allzu kurze Auszeiten den Ministerrat jede weitere legisla- aus dem Berufsleben in Kauf neh- Redaktion: Evelyne Gebhardt tive Entwicklung. Sie stemmen sich men und bereits nach kürzester und Frederick Wunderle gegen die Verabschiedung dieses Zeit zurück an den Arbeitsplatz Europabüro Gesetzesvorhabens, weil sie entwe- kehren. In der Aussprache des Eu- der den Mutterschaftsurlaub nicht ropäischen Parlaments erwog die Keltergasse 47 74653 Künzelsau auf 20 Wochen erhöhen wollen Europäische Kommission nun die oder, weil sie dagegen sind, Müttern Rücknahme des Vorschlags zur Tel.: 07940 59122 Fax: 07940 59144 für diese Zeit das volle Gehalt zu Europäischen Mutterschutzrichtli- [email protected] zahlen. nie. Wir Sozialdemokraten und So- zialdemokratinnen fordern den Rat Europäisches Parlament KOSTENLOSE SMARTPHONE-APP: 60, rue Wiertz B-1047 Brüssel Verbraucherrechte für unterwegs Tel.: 00 32 – 22 84 – 74 66 Fax: 00 32 – 22 84 – 94 66 Gepäck beschädigt, nicht das ver- eine neue kostenlose App des [email protected] sprochene Zimmer bekommen, ver- Netzwerks der Europäischen Ver- späteter Rückflug - Probleme, die braucherzentren. Mehr Infos hier: Bild-Einklinker Kopfbereich: den Urlaub ganz schön vermiesen www.eu-verbraucher.de/de/ Copyright PHOTO © European Union können. Gut, wenn man zumindest verbraucherthemen/reisen-in-der- seine Rechte kennt. Das erleichtert eu/reisen/die-ecc-net-travel-app/