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INHALTSVERZEICHNIS

STAB und BESETZUNG ...... 3 SYNOPSIS ...... 4 INHALT ...... 4 DREHBUCHAUTOR JEFFREY HATCHER ÜBER DIE ENTSTEHUNG DES FILMS ...... 7 UND SEINE „GEHEIMEN TAGEBÜCHER“ ...... 9 DAS ELISABETHANISCHE THEATER ...... 11

Impressum: Herausgeber, Medieninhaber: Filmladen Filmverleih Mariahilferstraße 58/7 1070 Wien Tel: 01/523 43 62-0 [email protected] Redaktion und Layout: Michael Roth Internet: www.kinomachtschule.at www.stagebeauty-derfilm.de www.filmladen.at

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Richard Eyre Stage Beauty

Großbritannien/Deutschland/USA 2004 110 Minuten / 35 mm / Cinemascope / Farbe / Dolby Digital englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Drehbuch Jeffrey Hatcher Kamera Andrew Dunn Schnitt Tariq Anwar Musik George Fenton Ton Jim Greenhorn, Ben Barker Ausstattung Jim Clay Kostüm Tim Hatley Produzenten Jane Rosenthal Hardy Justice Produktion Qwerty Films Icon Entertainment International Tribeca N1 European Film Produktion BBC Films Artisan Entertainment Verleih Filmladen, der Verleih des VOTIV KINOS

mit Billy Crudup (Ned Kynaston) Claire Danes (Maria) (King Charles II) (Betterton) Ben Chaplin (George Villiars) (Samuel Pepys) () Edward Fox (Hyde) Richard Griffiths (Sir Charles Sedley) u. a.

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SYNOPSIS INHALT

Wir schreiben die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts London in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts. In und auf englischen Bühnen sind ausschließlich einer Zeit, in der Frauen die Bühne nur zum Putzen Männer erlaubt. Maria ist die Garderobiere des betreten dürfen, ist der junge Ned Kynaston Englands berühmtesten Schauspielers seiner Zeit – Edward beliebteste leading lady. Mit seiner unvergleichlichen "Ned" Kynaston, der vor allem durch seine Darstellung der im Betterton Theatre Verkörperung der Desdemona in Shakespeares bringt er Frauen- wie Männerherzen gleichsam zum "" zu Starruhm gelangte. In Maria hat Ned Schwelgen und erfreut sich einer fast schon devot nicht nur eine glühende Verehrerin, sondern auch eine anmutenden Fangemeinde. Bisweilen jedoch geht heimliche Nachahmerin gefunden. das Interesse an seiner Person selbst dem wenig Da Frauen per königlichem Gesetz das Spielen ver- prüden Ned etwas zu weit und so schafft er sich mit boten ist, "borgt" sie sich die verschwenderischen seinen spitzzüngigen Retourkutschen mächtige Kleider von Kynaston und tritt heimlich in einer zwie- Feinde – wie etwa den selbstherrlichen Sir Charles lichtigen Schenke auf – mit großem Erfolg. King Sedley. Charles II ist inzwischen der klassischen Theaterinszenierungen müde, zumal niemand auf sei- Obwohl Ned mit seiner Eitelkeit und Egozentrik selbst nen Vorschlag eingeht, "Othello" mit ein paar Späßen den Theaterbetreiber und Co-Darsteller Thomas aufzulockern. Mit ein wenig Nachhilfe von seiner Betterton zur Verzweiflung treibt, ist ihm eine stets kecken, Theater begeisterten Mätresse Nelly Gwyn treu ergeben: seine Garderobiere Maria, die den entscheidet er, dass ab sofort nur noch "echte" attraktiven Schauspieler im Geheimen liebt. Frauen auf der Bühne Frauen verkörpern sollten. So muss Ned Kynaston buchstäblich über Nacht die Doch was kaum jemand weiß: Maria führt ein Bretter, die für ihn die Welt bedeuten, verlassen und geheimnisvolles Doppelleben. Abends tritt sie näm- Maria wird der neue Star am Theaterhimmel. Vom lich – in Neds Perücke und Kostüm – selbst und ver- Rampenlicht ausgeschlossen, scheint Ned den botenerweise als Desdemona in einer Untergrund- Boden unter seinen Füßen zu verlieren, bis Maria ihn Inszenierung von "Othello" in Killigrews Cockpit sucht und auf die Bühne zurückbringt. Tavern auf. Weil Frauen auf der Bühne in jener Zeit tabu sind, schafft es "Mrs. " – so

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Marias Künstlername – selbst mit einer eher mäßigen "Margaret Hughes" bestätigt, im Eilverfahren eine Leistung ihr Publikum zu begeistern, und Londons Order, die Frauen als Darsteller auf der Bühne eifrigster Chronist Samuel Pepys ist stets zur Stelle, erlaubt. um die außergewöhnlichen Ereignisse zu notieren. Charles Sedley wittert sofort seine Chance und spielt Unterdessen zeigt sich der aus dem französischen sich daraufhin als Marias Gönner auf. Trotz anfängli- Exil zurückgekehrte König Charles II. vom altherge- chen Widerstands packt diese die Gelegenheit beim brachten britischen Theater ziemlich gelangweilt. Er Schopf und spricht für die Rolle der Emilia in findet gar, dass Shakespeares "Othello" ein wenig Bettertons "Othello" vor. Allerdings liefert sie unter mehr Fröhlichkeit durchaus zu Gesicht stehen würde. Neds höhnischen Blicken und Kommentaren eine Da kommt ihm die sensationelle Meldung über eine wahrhaft erbärmliche Vorstellung ab, worauf Ned weibliche Bühnendarstellerin wie gerufen. schwört, er werde auch in Zukunft um keinen Preis der Welt die Bühne mit einer Frau teilen. Doch Nell Als Maria nach einer ihrer Abendvorstellungen ins Gwyn hat den ganzen Vorfall beobachtet und infor- Theater zurückeilt, um dem von einer Party heimkeh- miert umgehend ihren König. Dieser lässt aus Wut renden Ned zuvorzukommen, muss sie mit ansehen, über Neds Benehmen den eitlen Schauspieler auf der wie sich ihr Dienstherr mit seinem Liebhaber Villiars, Stelle feuern. Zudem erlässt er ein Gesetz, das von Duke of Buckingham, auf der verdunkelten Bühne nun an nur noch Frauen in Frauenrollen erlaubt. vergnügt – Eifersucht treibt ihr die Tränen in die Augen. Ned, bestürzt über seine plötzliche Arbeitslosigkeit und das Gefühl, nicht mehr erwünscht zu sein, wird Wenig später kommt es bei einer gewagten zu allem Überfluss am selben Abend auch noch von Performance von Nell Gwyn, des Königs Kurtisane, Sedleys Schlägern übel verprügelt. Während er sich zur offenen Konfrontation zwischen Maria und Ned, langsam von den Verletzungen erholt, muss er verbit- der sich ebenso wie des Königs höchster Geistlicher tert feststellen, dass weder die Öffentlichkeit noch über Frauen auf der Bühne erregt, ja schlimmer noch, sein kurz vor der Heirat stehender Geliebter Villiars lustig macht. Doch dem König steht der Sinn nach Interesse an einem "männlichen" Ned Kynaston Neuem und so fährt er den Ewiggestrigen übers Maul haben und Maria nun fest zu Bettertons Ensemble und erlässt, als sich zudem Marias Identität als gehört.

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Als Ned nach einer weiteren Auseinandersetzung mit Einige Zeit später findet Maria den angetrunkenen dem König die Gelegenheit bekommt, für die Rolle Ned auf der Bühne einer billigen Spelunke bei einer des Othello vorzusprechen, kann er die alten erbarmungswürdigen Persiflage, kauft ihn aus dem Gewohnheiten nicht ablegen und so blamiert sich der Vertrag frei und bringt ihn zur Erholung aufs Land. Die einstige Ausnahmeschauspieler durch seine hohe beiden kommen sich näher und näher, doch irgend- Stimme und die weiblichen Gesten bis auf die wann zerstört einmal mehr Neds Selbstherrlichkeit Knochen. Einzig Maria, die die Szene voller Mitleid die fragile Verbindung. beobachtet und von Selbstzweifeln über ihr eigenes Talent geplagt ist, hegt noch Sympathien für den Bald darauf bekommt Kynaston jedoch die Chance gebrochenen Mann, der nach seiner völlig verkorks- zur Wiedergutmachung. Denn Nell bittet ihn, Maria ten Vorstellung aus dem Theater flieht. bei ihren Vorbereitung für ihren Part der Desdemona zu helfen. Gegen einen Anteil an Bettertons Theater willigt Ned schließlich ein und gemeinsam gelingt Ned und Maria ein beruflicher wie persönlicher Triumph.

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DREHBUCHAUTOR JEFFREY HATCHER Masken eine große Rolle. Im 20. Jahrhundert bezieht ÜBER DIE ENTSTEHUNG DES FILMS man sein Wissen über Schauspieler und Stars aus Zeitungen, Magazinen und Talkshows. Während der Als mit Charles II. im Jahre 1660 die Dynastie der Restauration erfuhr man Neuigkeiten direkt aus dem Stuarts den Thron von England wieder in Besitz Alltagsklatsch, aus Satiren und von eingeweihten nahm, fand ein 18 Jahre andauerndes Verbot von Mitgliedern der zwei Kompanien persönlich." So öffentlichen Darbietungen sein Ende, das während gesehen scheint es eindeutig, dass Kynaston in sei- der strikt puritanischen Herrschaft Oliver Cromwells ner Zeit als Star galt. gegolten hatte. Der neue König hatte einen Großteil seines Exils in Frankreich zugebracht, wo er "Das Tolle an Ned Kynaston", schwärmt Geschmack am Theater im Allgemeinen und Drehbuchautor Jeffrey Hatcher, "besteht darin, dass Schauspielerinnen im Besonderen gefunden hatte. man zwar genug über ihn weiß, um seinen Charakter Schnell erteilte er zwei Londoner Theaterensembles spannend zu finden, aber nicht genug, um ihm den sein königliches Siegel, so dass Schauspieler, die Schleier des Geheimnisvollen zu entreißen." jahrelang nur im Geheimen und in der ständigen Angst vor Repressalien spielen konnten, nun wieder In einem Second-Hand-Buchladen stolperte Hatcher in vollen Häusern auftreten konnten. über eine Ausgabe von Samuel Pepys' "Diaries", die daraufhin sein Interesse an dem heutzutage ziemlich In ihrem Buch "The First English Actresses" erzählt in Vergessenheit geratenen Star des 17. Jahrhunderts Elizabeth Howe: "Das Publikum zu Zeiten der weckte: Restauration (der Wiederherstellung der Herrschaft der Stuarts) war es gewohnt, die Stücke auf zwei "Ich kannte bis dahin nur Auszüge aus Pepys' Werk, Ebenen zu verfolgen. Zum einen genoss es das doch das hübsche Buch gefiel mir und ich kaufte es. Geschehen um die Charaktere und deren Abenteuer, Ich überflog den Index und schlug aus rein berufli- zum anderen aber spielte auch die Persönlichkeit der chen Gründen unter 'Theatre' nach. Und so lernte ich Schauspieler und Schauspielerinnen hinter den kennen, den Pepys als 'die hüb-

STAGE BEAUTY 7 kino macht schule scheste Frau des ganzen Hauses' bezeichnete. Hughes gilt unter Fachleuten als erste Frau auf Kynaston taucht in den Tagebüchern drei oder vier Englands Bühnen, passenderweise in einer Mal auf. Zuerst als unglaublich schöner Junge in Inszenierung von 'Othello'. Das Letzte, was ich von Frauenrollen, später, als Pepys die Mängel seiner Kynaston weiß, ist die Nachricht von seiner Heirat Stimme erwähnt – ich denke, er war in den und dass er Kinder bekam. Wir haben es hier also mit Stimmbruch gekommen. Weiter wird Kynaston zitiert, einem Schauspieler zu tun, den man für seine als er sich beklagt, von Schlägern im Dienste des Frauendarstellungen rühmte, der zusammengeschla- aristokratischen Stückeschreibers Sir Charles Sedley gen wurde vom Liebhaber der ersten weiblichen verprügelt worden zu sein. Zuletzt, als bereits Frauen Darstellerin Englands, was auf eine gewisse Rivalität auf der Bühne stehen durften, hört man noch einmal hindeutet. An diesem Punkt meiner Recherchen von Kynastons gutem Aussehen. Aus verschiedenen wurde mir klar, dass schleunigst jemand ein Stück Quellen erfuhr ich, dass Kynaston während des puri- über diesen Herrn schreiben sollte und falls Tom tanischen Auftrittsverbots von einem ehemaligen Stoppard den Job nicht schon erledigt hatte, musste Schauspieler unterrichtet wurde. Dennoch erhielt man ich mich beeilen!" das Schauspiel in Kellern und Gewölben am Leben, ganz so, als ob das Volk sich bewusst war, dass das Verbot nicht von Dauer sein konnte und die Schauspieler für den Tag vorbereiten wollte, an dem sich die Bühnentüren wieder öffneten. Kynaston gehörte zu diesen Darstellern, ebenso wie James Nokes, der im Skript mehrmals genannt wird. Man munkelt, Kynaston sei der Geliebte des Duke of Buckingham gewesen und von Charles Sedleys Schlägern verprügelt worden. Sedley wiederum teilte kurzzeitig mit Margaret Hughes das Bett. Mrs.

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SAMUEL PEPYS der streng puritanisch geprägten St. Paul's School in aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie London und schließlich ab 1650 an der Universität Cambridge. Sein Studium beendete Pepys 1653 mit Samuel Pepys [pi:ps], * 23. Februar einem Bakkalaureusgrad, erhielt aber 1660 gegen 1633 in London; † 26. Mai 1703 in eine Geldzahlung nachträglich den Magistertitel zuge- Clapham bei London sprochen. Staatssekretär im britischen Marineamt, Präsident der Royal Society und Möglicherweise war Pepys seinem acht Jahre älteren Abgeordneter des englischen Unterhauses, wurde Vetter Edward Montagu, dem späteren Lord der Nachwelt aber vor allem als Tagebuchautor und Sandwich, schon als Kind erstmals begegnet. Dieser Chronist der Restaurationsepoche unter König Karl II. hatte sich im Bürgerkrieg an der Seite Cromwells von England bekannt. ausgezeichnet und bekleidete während der Republik hohe Staatsämter. Im ersten englisch-holländischen Pepys wurde in die Zeit hineingeboren, in der die Seekrieg war er Oberbefehlshaber der Flotte. Kämpfe zwischen dem immer selbstbewusster auftre- Nachdem Pepys sein Studium beendet hatte, stellte tenden englischen Parlament und dem nach absolu- Montagu ihn als eine Art Privatsekretär ein. Als tistischer Herrschaft strebenden Stuart-Königtum Protegé seines Vetters begann Pepys Aufstieg im eskalierten, in die Zeit des aufstrebenden Bürgertums Staatsdienst. Offenbar lebte er schon 1655 in halb- und des beginnenden Kapitalismus. wegs gesicherten Verhältnissen, die ihm eine damals eher seltene Liebesheirat mit einer sieben Jahre jün- Er selbst verkörperte dieses neue Bürgertum, das geren, weitgehend mittellosen Frau ermöglichte: Die sich in seiner Lebensart am Adel zu orientieren such- damals erst 15-jährige Elisabeth war die Tochter te, seine Welt aber zunehmend durch eigene eines verarmten französischen Hugenotten. Vorstellungen von Ehre, Religiosität und Moral, von arbeitsamer Rechtschaffenheit und Gewinnstreben Gefördert von Edward Montagu, stieg Pepys im Laufe prägte. Die teils gewollte, teils unfreiwillige Komik von der Jahre zum Leiter der "Beschaffungsabteilung" im Pepys' Tagebuch geht auf die Diskrepanz zurück zwi- Marineamt auf. Da England sich zu dieser Zeit auf die schen seinen Anfängen als prüder, lustfeindlicher Auseinandersetzung mit Holland um die Vorherrschaft Puritaner und seiner Verführbarkeit durch die baro- auf den Weltmeeren vorbereitete, war dies eine ein- cken Genüsse der Ära Karls II., die er bald in vollen flussreiche Position, die ihm viele Gelegenheiten zu Zügen genoss. Vom Anhänger Cromwells wandelte er "Nebeneinnahmen" bot. Pepys sprach Spanisch, sich schließlich zum überzeugten Tory. Italienisch und Französisch und interessierte sich für Theater, Literatur, Musik und Wissenschaften. So Samuel Pepys war das älteste der vier überlebenden wurde er auch Mitglied der Royal Society und erlebte von insgesamt elf Kindern des Schneiders John dort Vorträge und Experimente der zeitgenössischen Pepys und dessen Frau Margaret. Die Familie lebte in Forscher; 1684-1686 war er Präsident der Royal bescheidenen Verhältnissen, hatte aber wohlhabende Society. Zu seinem großen Bekanntenkreis gehörten und einflussreiche Verwandte in der Familie Montagu. unter anderem der Physiker Isaac Newton und der Diese gehörte dem Landadel an; ihr Gut Dichter John Evelyn. Hinchingbroke lag in Huntingdonshire, der Grafschaft, der auch Cromwell entstammte. Als 1642 der Bürgerkrieg ausbrach, schickte John Pepys seinen neunjährigen Sohn dorthin zu seinem Bruder Robert, der als Gutsverwalter der Montagus arbeitete. Wahrscheinlich wurden die reichen Verwandten schon damals auf den jungen Samuel aufmerksam und ließen ihm eine gute Ausbildung angedeihen - zunächst an der Lateinschule in Huntingdon, dann in

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Das geheime Tagebuch Editionsgeschichte Samuel Pepys war wenige Jahre nach seinem Tod Pepys machte seine geheimen Aufzeichnungen in nur noch Spezialisten für britische Marinegeschichte Kurzschrift und hielt die Tagebücher zu seinen bekannt. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er erst ein Lebzeiten streng unter Verschluss. Er ließ sie jedoch Begriff, nachdem 1818 in der von ihm testamenta- binden und seiner 3000 Bände umfassenden risch gestifteten Bibliotheca Pepysiana an der Bibliothek einverleiben, die sein Erbe aufgrund einer Universität Cambridge sein 3.100 Seiten umfassen- testamentarischen Verfügung von Pepys seinerseits des Tagebuch entdeckt wurde. der Universität Cambridge vermachen musste. Dort wurden die Tagebücher 1818 entdeckt; 1825 gelang Darin hatte er all seine Erlebnisse vom 1. Januar 1660 es dem Theologiestudenten Jonathan Smith Pepys' bis zum 31. Mai 1669 festgehalten, als er die tägli- Kurzschrift zu entziffern. Bereits die erste, von Lord chen Notizen wegen eines Augenleidens beendete. Baybrook eher nachlässig besorgte auszugsweise Der besondere Reiz des Werks besteht darin, dass Edition stieß auf großes Interesse der englischen sein Autor dies in einer stenographischen Schrift Leserschaft. Erst Ende des 19. Jahrhunderts brachte schrieb, die die meisten seiner Zeitgenossen inkl. sei- Henry Benjamin Wheatley eine Standardausgabe des ner Frau nicht lesen konnten. Damit dürften seine gesamten Werks in 10 Bänden heraus. Aufzeichnungen authentischer, unverfälschter, frei von Die heute maßgebliche Ausgabe ist die Latham & politischen Rücksichten und ehrlicher sein als die Matthews Edition. Sie wurde zwischen 1970 und meisten publizierten Tagebücher. Pepys soziale 1983 von Robert C. Latham, Pepys-Bibliothekar am Position erlaubte ihm, Staatsaktionen am Hof und im Magdalene College in Cambridge, und William Marineamt als Augenzeuge zu erleben aber ebenso Matthews, Professor für Englische Literatur an der auch alltägliche Erlebnisse zu beschreiben. Die University of California, Los Angeles, herausgegeben. Krönungsfeierlichkeiten für den aus dem Exil zurück- Sie umfasst elf Bände, darunter ein Begleitband gekehrten König Karl II. stehen neben Schilderungen (Band X) und ein Registerband (Band XI). Die ersten von Pepys' Liebschaften und den Streitereien mit sei- neun Bände enthalten je ein Jahr der Tagebücher. ner Frau Elisabeth, Betrachtungen über Krieg und Außenpolitik gleich neben Berichten über • Das geheime Tagebuch. - Leipzig: Insel Verlag Theaterbesuche, Lektüre, Klatsch und Tratsch, Anton Kippenberg, 1980 (hg. von Anselm Schlösser, Stimmungen im Volk, Moden, Speisepläne, Preise übertragen von Jutta Schlösser), als Lizenzausgabe usw. erschienen in Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1982 Pepys' Tagebuch erlaubt damit einen unverstellten ISBN 3-458-32337-6 Blick auf den Alltag im London des ausgehenden 17. • Die geheimen Tagebücher. - hg. Frankfurt am Main: Jahrhunderts und ist zugleich eine herausragende Eichborn, 2004 (hg. von Volker Kriegel und Roger Quelle zu bedeutenden Ereignissen seiner Zeit, etwa Willemsen, übersetzt von Georg Deggerich) ISBN zur Wiederherstellung der Monarchie nach dem Tod 382183742X Cromwells, zur Pestepidemie von 1665 oder zum Beide einbändigen deutschen Ausgaben beruhen auf Großen Brand von London im Jahr darauf. einer Auswahl aus der Latham & Matthews Edition.

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ELISABETHANISCHES THEATER ten zu einem einheitlich hohen Bildungsniveau. Dies aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie dürfte die Hauptvoraussetzung für das Entstehen einer Theaterkultur gewesen sein. Als Elisabethanisches Theater bezeichnet man Das Elisabethanische Theater war keineswegs elitär; gemeinhin das Theater der englischen Renaissance das Publikum der großen Amphitheater auf der unter Königin Elisabeth I. (reg. 1559 - 1603) und Bankside rekrutierte sich gleichermaßen aus ihrem Nachfolger Jakob I. (reg. 1603 - 1625). Lehrlingen, Handwerkern und Händlern, Gelehrten sowie Angehörigen des Adels. Dank vergleichsweise Ursprünge niedriger Eintrittspreise konnte sich auch die Insbesondere die mittelalterlichen Moralitäten , alle- Unterschicht den Zugang zu diesen Aufführungen gorische Darstellung des ewigen Kampfes zwischen leisten. Gut und Böse, sowie die - seit dem 14. Jahrhundert belegten - Mystery Plays, dramatische Fassungen Situation der Schauspieltruppen biblischer Ereignisse, scheinen großen Einfluss auf Um den enormen Anstieg der Zahl an das Elisabethanische Theater ausgeübt zu haben. Schauspieltruppen zu begrenzen, erlaubte das Dafür spricht u.a. die Publikumsnähe vieler Vagabundengesetz von 1572 in London nur mehr Shakespearescher Figuren, ein Überbleibsel der Vice- Auftritte von Truppen, die unter der Patronage eines Figur, des Lasters der Moralitäten. Auch die Adligen standen: Offensichtlich sahen gerade sozial Aufführungspraxis des Spiels auf kargen schlecht gestellte Personengruppen in der Bretterbühnen mag diese These unterstützen. Schauspielerei eine gute Verdienstmöglichkeit. Die Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstanden Kompanien waren als Aktiengesellschaften organi- die so genannten innyard-plays: Fahrende siert, man konnte Teilhaberschaften kaufen. Schauspielertruppen bespielten die Innhöfe von Shakespeare gelangte damit zu einem gewissen Pubs, wo sie hölzerne Gerüste errichteten. Eine (mitt- Reichtum, er hielt ab 1599 immerhin zehn Prozent an lerweile eher unpopuläre) Theorie macht hier den den Lord Chamberlain's Men (ab 1603 King's Men), Ursprung der Theaterarchitektur der Zeit der Truppe von Richard Burbage, die in direkter (Shakespearebühne) aus: Offensichtlich standen die Konkurrenz zu Philip Henslowes Lord Admiral's Men Zuschauer auf Galerien um den Hof. Die ersten spezi- (ab 1603 Sir Henry's Men) stand. Die Truppen fischen Theaterbauten (errichtet in den 1570er bestanden aus jeweils ca. zehn bis zwölf Jahren) trugen tatsächlich noch Merkmale der Schauspielern sowie den so genannten boy actors, Wanderbühnen, hatten eher provisorischen Charakter. den Darstellern der weiblichen Rollen (denn Frauen Auch die Tierkampf-Arenen, die sich seit mindestens auf der Bühne waren unerwünscht). Man hatte ein 1546 auf der Londoner Bankside befanden, hatten großes Repertoire, spielte häufig über 30 Stücke ihren Einfluss - zumindest insofern, als dass sie die gleichzeitig - nur zu schaffen durch das Infrastruktur für den späteren Boom des Theaters Rollenfachsystem, d.h. der Besetzung nach bestimm- bereitstellten; das Londoner Publikum war es ten Typenmustern. Regisseure dagegen waren dem gewohnt, sich außerhalb der City of London zu amü- Elisabethanischen Theater unbekannt. sieren. Dramatik Sozialer Hintergrund Grundsätzlich ordnete sich die Dramatik der histori- Die Herrschaft Elisabeths I. war geprägt durch den schen antiken Aufteilung in Komödie und Tragödie Interessensausgleich zwischen Bürgertum und Adel, unter. Mit dem zunehmenden Nationalbewusstsein der Weltmachtsstatus Englands brachte den Aufstieg der Engländer, das zurückging auf die Herrschaft der einer bürgerlichen Schicht mit sich - während feudale beliebten Königin und die weltpolitischen Erfolge (vor Strukturen nach und nach an Bedeutung verloren. allem im Hinblick auf den Krieg gegen Spanien), Wohlstand machte sich breit, eine entscheidende wuchs das Interesse am eigenen Land und dessen Voraussetzung für den wissenschaftlichen Fortschritt Geschichte. Daraus entstanden schließlich die der Zeit. Humanistische Bildungsbestrebungen führ- Historien oder historical plays. Shakespeares

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Königsdramen (z.B. Richard III. oder Henry V.) fallen Holzkonstruktion des Theatres ab - aus dem ebenso in diese Kategorie wie viele Stücke von Baumaterial entstand das Globe auf der Bankside, Christopher Marlowe, dessen Tragödien seinen Ruhm d.h. am südlichen Ufer der Themse. Hier sollte sich begründeten (The Tragical History of Dr. Faustus, The eine unglaubliche Theaterdichte herausbilden: Bereits Jew of Malta). Großen Anklang beim Publikum fanden 1587 stand das Rose, 1595 kam das Swan hinzu. insbesondere Rachedramen nach dem Vorbild 1600 folgte das Fortune, 1613 das Hope. 1613 Senecas, zu nennen wären hier Thomas Kyds brannte das Globe nieder - 1614 wurde an der glei- Spanish Tragedy oder John Websters Duchess of chen Stelle das zweite Globe errichtet (mit wesentlich Malfi - blutige Inszenierungen der verschiedensten veränderter Architektur). Gewalttaten. Thomas Dekker (The Shoemaker's Holiday) gilt (ebenso wie Thomas Middleton mit A Bauweise Chaste Maid in Cheapside) als Vertreter der city Die Grundriss der public playhouses war rund bzw. comedy, die sich satirisch mit dem Stadtleben ausei- polygonal (eine einzige Ausnahme bildete hier das nandersetzt. Ben Johnsons Lustspiele (Volpone, the Fortune mit seinem viereckigen Grundriss). Die Fox) thematisieren dagegen den Konflikt des Fachwerkkonstruktion dieser Gebäude bestand aus Individuums mit der Gesellschaftsordnung. einem hölzernen Grundgerüst mit ausgemauerten Zwischenräumen, das Dach wurde entweder mit Theaterbau Stroh oder hölzernen Schindeln bedeckt (thatch- oder Man unterscheidet public playhouses, also die allge- tile-roofing). In das Rund des Theaters integriert war mein bekannten Amphitheater (wie das Globe), sowie das Bühnengebäude (tiring house) mit Lagerräumen private playhouses. Bei letzteren handelt es sich um bzw. Umkleiden. Der offene Innenhof (yard), umgeben geschlossene Räume mit weitaus geringerer von drei Stockwerken an Galerien, beherbergte wäh- Besucherkapazität. Daneben existierte das court rend der Aufführung die soziale Unterschicht (ground- theatre - Theater bei Hofe. lings). Hier ragte die rechteckige bzw. deltaförmige Bühne hinein - eine hölzerne Plattform auf Säulenstümpfen, wahrscheinlich von einer Balustrade umgeben. Diese platform verfügte über bis zu vier Falltüren (traps), welche für Geisterauftritte genutzt wurden. Der Raum unter der Bühne wurde als hell bezeichnet - die Mysterienspieltradition machte sich bemerkbar. Die Bühnenfront (tiring house-facade) war durch - bis zu fünf - stage doors durchbrochen, über diesen befand sich ein Balkon (daneben Logen für adlige Zuschauer, genannt lord rooms). Die so genannte hut (= Hütte) ruhte auf großen Säulen über dem hinteren Teil der Plattform. Hier befand sich in manchen Rekonstruktion des Globe Theatre Theatern sogar eine Flugmaschine, außerdem hisste man bei Aufführungen über der hut eine Flagge. Geschichte Vom ersten permanenten Theatergebäude Londons private playhouses ist nur sehr wenig bekannt: 1567 errichtete John Die Spielästhetik in den private playhouses unter- Brayne das Red Lion in Whitechapel, also östlich der schied sich nicht wesentlich von der in den Innenstadt. Welche Truppe es bespielte, bleibt frag- Amphitheatern, auch hier war die Bühne auf drei lich. 1576 ließ James Burbage im Norden Londons Seiten von Zuschauern umgeben. Allerdings befan- das Theatre erbauen, ein Jahr später entstand ganz den sich seitlich so genannte lord boxes, d.h. Logen in der Nähe The Curtain. 1599 baute James für zahlungskräftige Zuschauer. (Generell waren die Burbages Sohn Richard Burbage die Eintrittspreise hier höher, was eine andere

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Besucherstruktur zur Folge hatte.) Die Theater bei Hofe Besucherkapzität war dagegen wesentlich geringer: Ein gänzlich unterschiedliches Repertoire (die allego- Fassten die public playhouses bis zu 3000 risch-opernhaften masques) bedingte hier andere Zuschauer, nimmt man für die Theaterhallen eher Aufführungsbedingungen. Inigo Jones' Banqueting Zahlen um die 800 an. Hall in Whitehall gilt als typisch für das höfische Theater, Zuschauer und Schauspieler saßen einander gegenüber. Bestrebungen einer Übernahme der italie- nischen Kulissenbühne sind belegt, so z.B. die Pläne Inigo Jones' für ein Theater in Cockpit-in-Court.

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