Thema: Die Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage

Verfasser: Johannes Niemeier Schule: Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium Stufe: 12 Schuljahr: 2008/2009 Fach: Evangelische Religion GK1 Betreuende Lehrerin: Frau Peren-Eckert Abgabezeitpunkt: 01.04.2009 Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung S. 3

1.1. Aktualität und Relevanz des Themas S. 3 1.2. Ziel der Arbeit S. 3 1.3. Überblick über den Aufbau der Arbeit S. 3

2. Die Deutsche Evangelische Kirche 1933 S. 4

3. Der Kampf um den Arierparagraphen S. 5 3.1. Der Pfarrernotbund S. 6 3.2. im Kampf um den Arierparagraphen S. 7 3.2.1. Drei Möglichkeiten kirchlichen Handeln S. 7 3.2.2. Das Betheler Bekenntnis S. 8 3.2.3. Das Flugblatt „Der Arierparagraph in der Kirche“ S. 8

4. Die Barmer Theologische Erklärung 1934 S. 9 4.1. Das Schweigen von Barmen S. 9 4.2. Ursachen für das Schweigen von Barmen S. 10 4.2.1.Antijudaismus der Kirche S. 10 4.2.1.1. Martin Niemöller S. 10 4.2.1.2. Otto Dibelius S. 11 4.2.2. Das politische Denken der Kirche S. 11 4.2.3. Die Disparität der kirchlichen Opposition S. 12

5. Die Zeit nach Barmen S. 13 5.1. Die Denkschrift der 2. Vorläufigen Kirchenleitung an Hitler S. 13 5.2. Die Reichskristallnacht -9.11.1938 S. 14

6. Hilfe durch einzelne Mitglieder der Bekennenden Kirche S. 15 6.1. Das „Büro Grüber“ S. 15 6.2. Dietrich Bonhoeffer S. 15 6.3. Aktive Hilfe S. 16

7. Fazit und Beurteilung S. 16 7.1. Resümee S. 16 7.2. persönliche Beurteilung S. 17 7.3. Ausblick auf die heutige Situation S. 17

2 1. Einleitung

1.1. Aktualität und Relevanz des Themas „Unter solchen Voraussetzungen wird es zwischen mir und der Kirche momentan sicher kein Gespräch geben.“1 Diese Aussage traf Charlotte Knoblauch, die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, im Laufe der Diskussion um die von Papst Benedikt XVI. vorgenommene Aufhebung der Exkommunizierung des den Holocaust leugnenden Bischofs Williamson. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden Stephan Kramer warnt des Weiteren vor einer „Eiszeit“ im jüdisch-katholischen Dialog2. Die Diskussionen der letzten Wochen sowie die Konflikte um die vom Papst veränderte Fassung des Karfreitagsgebets Anfang des letzten Jahres zeigen die Aktualität und Relevanz der Thematik des Verhältnisses zwischen Christen und Juden.

1.2. Ziel der Arbeit Hat es zu Zeiten des NS-Staats (1933-1945) klare Aussagen bezüglich des Antisemitismus der nationalsozialistischen Politik von Seiten der Kirche gegeben? Anlässlich des 75. Jahrestags der Barmer Theologischen Erklärung kommen folgende spezielle Fragen auf: Hat die Bekennende Kirche, die als Widerstandsbewegung in der evangelischen Kirche im nationalsozialistischen Staat angesehen wird, das Wort für die Juden ergriffen? Hat sie für die Juden gesprochen und die antijüdische Politik des NS-Regimes öffentlich verurteilt? Oder hat sie aus Angst vor der Staatsgewalt lieber geschwiegen, um selbst nicht das Opfer von Verfolgung zu werden? Um diese Fragen zu beantworten, befasse ich mich in dieser Arbeit mit der Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage.

1.3. Überblick über den Aufbau der Arbeit Die Arbeit ist chronologisch aufgebaut. Zunächst beschreibe ich die Ausgangssituation der evangelischen Kirche im Jahr 1933. Anschließend stelle ich den Kampf um den Arierparagraphen dar und gehe dabei genauer

1 http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/juden-papst-rehabilitation-von-holocaust-leugner-fuehrt-zur- eiszeit_aid_366177.html 2 Ebd. 3 auf den Pfarrernotbund, einen der Vorläufer der Bekennenden Kirche, und Dietrich Bonhoeffers persönlichen Kampf gegen den Arierparagraphen ein. Im Kernteil meiner Arbeit untersuche ich die Barmer Theologische Erklärung, das Grundbekenntnis der sich 1934 formierenden Bekennenden Kirche, dahingehend, ob sie Kritik und Ablehnung des Antisemitismus beinhaltet, und suche nach Gründen für das Schweigen von Barmen. Dann stelle ich unter Berücksichtigung der zunehmenden Diskriminierung der Juden das Verhalten der Bekennenden Kirche in der Judenfrage in der Zeit nach Barmen dar. Anschließend beschreibe ich die Judenhilfe einzelner Personen exemplarisch. Im Schlussteil fasse ich die Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage zusammen und bewerte sie abschließend.

2. Die Deutsche Evangelische Kirche 1933

Um die Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage zu verstehen, ist es sinnvoll sich zunächst die Situation der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) im Jahr 1933 vor Augen zu führen. Das Jahr 1933 wurde vor allem von der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ geprägt. Die Deutschen Christen waren ein vor den Kirchenwahlen in der Altpreußischen Union im November 1932 gegründeter ’“Ableger“ der NSDAP. Das große Ziel der Deutschen Christen war die Fusion der einzelnen Landeskirchen zu einer großen „Evangelischen Reichskirche“ mit einem Reichsbischof an der Spitze3 sowie die Verbindung von Nationalsozialismus und Christentum4. Die Deutschen Christen strebten also eine Gleichschaltung der Kirche mit dem nationalsozialistischen Staat an. In den Punkten 7 und 9 ihrer Richtlinien vom Mai 1932 richteten sie sich auch gegen die Juden. Einer „Rassenvermischung“ sei entgegenzutreten und die Judenmission abzulehnen. 5 Auch andere kirchliche Gruppierungen (z.B. „Jungreformatorische Bewegung“) strebten eine vereinte Reichskirche an. Im Laufe des Jahres

3 Fabricius, Volker, Kirche im Nationalsozialismus: Zwischen Widerstand und Loyalität, Frankfurt am Main, 1982, S. 22 4 Vgl. Wind, Renate, Dem Rad in die Speichen fallen: Die Lebensgeschichte des Dietrich Bonhoeffer, Weinheim und Basel, 1994, S. 65 5 Auszug aus den Richtlinien der Glaubensbewegung „Deutscher Christen“ abgedruckt in: Röhm/Thierfelder Evangelische Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz: Bilder u. Texte e. Ausstellung, Stuttgart, 1981, S. 25 4 kam es jedoch zu Auseinandersetzungen um die Besetzung des Amtes des Reichsbischofs.6 Letztendlich setzte sich Hitlers ’“Bevollmächtigter für die Angelegenheiten der evangelischen Kirchen“ Ludwig Müller durch, der vom Staat unterstützt eine neue Kirchenverfassung fertig stellte. 7 Am 23. Juli 1933 kam es zu Neuwahlen, welche die Deutschen Christen unterstützt durch die nationalsozialistische Propaganda klar für sich entschieden. Somit rissen die Deutschen Christen die Macht in der DEK an sich und besetzten nahezu alle führenden Stellen in den Kirchenregierungen.

3. Der Kampf um den Arierparagraphen

Zur ersten öffentlich-staatlichen Diskriminierung der Juden in Deutschland kam es am 1. April 1933 durch den Boykott jüdischer Geschäfte. Eine Woche später, am 7. April, trat das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in Kraft, welches alle Nichtarier und die mit Nichtariern verheirateten Arier von den Beamtenberufen ausschloss. In der Folge integrierten die deutsch-christlichen Kirchenleitungen der evangelischen Landeskirchen den „Arierparagraphen“ auch in die Kirchengesetzgebung. Die so genannte „braune Synode“ der preußischen formulierte etwa am 6. September 1933 den staatlichen Arierparagraphen in ein Kirchengesetz um8: „§ 1 Absatz 2: Wer nichtarischer Abstammung oder mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet ist, darf nicht als Geistlicher oder Beamter der allgemeinen kirchlichen Verwaltung berufen werden.“ Die Deutsche Evangelische Kirche schloss also alle Nichtarier von Kirchenämtern aus.

6 Fabricius, Volker, a. a. O., S. 23 7 Vgl. Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 21 8 abgedruckt in: Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 52 5 3.1. Der Pfarrernotbund Im Laufe der Diskussion um die Einführung des „Arierparagraphen“ in die Kirche formierte sich eine Opposition unter der Führung des Berlin- Dahlemer Pfarrers Martin Niemöller9. Am 21. September 1933, wenige Tage nach der Beschließung des kirchlichen Arierparagraphen, gründete Niemöller mit anderen Pfarrern den Pfarrernotbund, der „sich der Not derjenigen Brüder, die darunter leiden müssen, nach bestem Vermögen anzunehmen“10, verpflichtete. Alle Mitglieder des Pfarrernotbundes mussten folgende Erklärung unterschreiben11: „1. Ich verpflichte mich, mein Amt als Diener des Wortes auszurichten allein in der Bindung an die Hl. Schrift und an die Bekenntnisse der Reformation als die rechte Auslegung der Hl. Schrift. 2. Ich verpflichte mich, gegen alle Verletzung solchen Bekenntnisstandes mit rückhaltlosem Einsatz zu protestieren. 3. Ich weiß mich nach bestem Vermögen mit verantwortlich für die, die um solchen Bekenntnisstandes willen verfolgt werden. 4. In solcher Verpflichtung bezeuge ich, daß eine Verletzung des Bekenntnisstandes mit der Anwendung des Arierparagraphen im Raum der Kirche Christi geschaffen ist.“ Die Zahl der Mitglieder des Pfarrernotbundes stieg bis Januar 1934 schnell auf etwa 7000 an, was bei einer gesamten Zahl von 18000 deutschen Pfarrern eine beachtliche Zahl darstellte.12 Die Mitglieder des Pfarrernotbundes zahlten monatlich Beiträge, um die aus ihren Ämtern entlassenen Pfarrer zu unterstützen.

Vom kirchlichen „Arierparagraphen“ waren nur 23 deutsche Pfarrer direkt betroffen, sodass die Hilfe sich nur an einen kleinen Personenkreis richtete13, aber dennoch war ein erster Schritt zur Judenhilfe getan.

9 Fabricius, Volker, a. a. O., S. 28 10 Martin Niemöller im Brief an 2000 deutsche Pfarrer, zit. nach: Bentley, James, Martin Niemöller: Eine Biographie, München, 1985, S. 92 11 abgedruckt in: Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 53 12 Vgl. Bentley, James, Martin Niemöller: Eine Biographie, München, 1985, S. 93 13 Ebd. S. 91 6 Jedoch wird der Pfarrernotbund heute auch kritisch gesehen. Hans Prolingheuer14 z.B. kritisiert vor allem, dass der Pfarrernotbund sich nur für die getauften Juden eingesetzt hat, während er gegen die Einführung des Arierparagraphen im staatlich-öffentlichen Bereich nichts einzuwenden gehabt habe. Er habe mit „Antifaschismus nichts im Sinn“ gehabt und eher nur „rein kirchenintern“ gehandelt. Dem Antijudaismus der Deutschen Christen sei sogar von Seiten des Pfarrernotbundes Verständnis entgegen gebracht worden. Selbst Martin Niemöller, Leiter des Pfarrernotbundes, war antijüdisch geprägt, worauf ich später15 noch weiter eingehen werde.

3.2. Dietrich Bonhoeffer im Kampf gegen den Arierparagraphen Auch Dietrich Bonhoeffer kämpfte aktiv gegen die Einführung des „Arierparagraphen“ in das Kirchengesetz. Durch die Freundschaft mit dem halbjüdischen Pfarrer und seinem Schwager Gerhard Leibholz wurden ihm die Folgen der antijüdischen Gesetze, speziell die des „Arierparagraphen“, schnell klar, weswegen er sich stark für die Juden einsetzte und die nationalsozialistische Politik ablehnte.16

3.2.1. Drei Möglichkeiten kirchlichen Handelns Anders als den meisten Mitgliedern des Pfarrernotbundes ging es Bonhoeffer nicht nur um die getauften Juden, sondern um die Wahrung der Rechte aller Juden - nicht nur im kirchlichen, sondern auch im staatlichen Bereich.17 Dies wird deutlich in seinem im April 1933 vor einigen Berliner Pfarrern gehaltenen Vortrag „Die Kirche vor der Judenfrage“.18 Darin stellte Bonhoeffer „die dreifache Möglichkeit kirchlichen Handelns“ dar. Erstens müsse die Kirche die Legitimität staatlichen Handelns hinterfragen und zweitens sei die Kirche „den Opfern jeder Gesellschaftsordnung (…) verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde angehören“. Entscheidend ist Bonhoeffers dritter Punkt: „Die dritte Möglichkeit besteht 14 Vgl. Prolingheuer, Hans, Kleine politische Kirchengeschichte: 50 Jahre evangelischer von 1919-1969, Köln, 1984, S. 71ff. 15 4.2.1.1. (S. 10) 16 Vgl. Bethge, Eberhard, Bonhoeffer, Reinbek bei Hamburg, 1976, S. 42 17 Ebd. S. 47 18 D. Bonhoeffer, Die Kirche vor der Judenfrage, 1933 (Auszug), in: Ders., Gesammelte Schriften, hrsg. von E. Bethge. Bd. 2: Kirchenkampf und Finkenwalde. Resolutionen, Aufsaätze, Rundbriefe 1933-1943, München, 1965, S. 45ff. 7 darin, nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen.“ Diese Aussagen stellen einen Aufruf zu politischem Widerstand der Kirche dar.19 Mit dieser Vorstellung von politischem Handeln der Kirche stand Bonhoeffer größtenteils allein, was die Reaktion seiner Zuhörer verdeutlicht. Das Ende des Vortrags hielt Bonhoeffer vor nahezu leerem Saal, da die meisten Pfarrer aus Protest frühzeitig den Raum verlassen hatten.20

3.2.2. Das Betheler Bekenntnis Im August 1933 formulierte Bonhoeffer mit Hermann Sasse in Bethel einen Entwurf für ein Bekenntnis, der auch einen Abschnitt zu den Judenchristen beinhaltete. Jedoch ließ Pfarrer Friedrich von Bodelschwingh diesen Entwurf von einigen Gutachtern (u.a. Niemöller, Lilje, Jacobi und Barth) untersuchen, sodass schließlich eine vor allem im Abschnitt über die Juden stark veränderte Endform zustande kam, der Bonhoeffer seine Zustimmung verweigerte.21 Das Betheler Bekenntnis gilt als die erste „nicht bestandene Bewährungsprüfung“22 der kirchlichen Opposition, da sie sich im Kampf um den Arierparagraphen nicht auf ein einheitliches Wort für die Juden einigen konnte.23

3.2.3. Flugblatt „Der Arierparagraph in der Kirche“ Bonhoeffer kämpfte weiter und verfasste noch im August 1933 das Flugblatt „Der Arierparagraph in der Kirche“.24 Darin heißt es: „Kirche ist die Gemeinde (…), die kein Gesetz für die Zugehörigkeit zu ihr aufrichtet. Darum ist der Arierparagraph eine Irrlehre von der Kirche und zerstört ihre Substanz. Darum gibt es einer Kirche gegenüber, die den Arierparagraphen in dieser radikalen Form durchführt, nur noch einen Dienst zu erweisen, nämlich den Austritt. Dies ist der letzte Akt der Solidarität mit meiner Kirche, der ich nie

19 Vgl. Bethge, Eberhard, Bonhoeffer, Reinbek bei Hamburg, 1976, S. 47 20 Vgl. Wind, Renate, a. a. O., S .63 21 Vgl. Gerlach, Wolfgang, Als die Zeugen schwiegen: Bekennende Kirche und die Juden, Berlin, 1987, S. 57ff. 22 Ebd. S. 58 23 Vgl. Bethge, Eberhard, D. Bonhoeffer: Theologe, Christ, Zeitgenosse, München, 1967, S. 256 24 abgedruckt in: D. Bonhoeffer: Gesammelte Schriften Bd. II, München, 1965, S. 62ff. 8 anders als allein mit der ganzen Wahrheit und allen ihren Konsequenzen gedient habe.“ Bonhoeffer sieht den Austritt aus der Kirche als letzte verbliebene Möglichkeit an, was die Radikalität seines Handelns im Kampf um den Arierparagraphen besonders deutlich zeigt.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Pfarrernotbund, einer der Vorläufer der Bekennenden Kirche, sich im Kampf gegen den “Arierparagraphen“ zwar für die Judenchristen, aber nicht für das jüdische Volk an sich eingesetzt hat. Die kirchliche Opposition gab keine einheitliche Stellungnahme ab. Nur einzelne Mitglieder (vor allem Bonhoeffer) haben sich stark für die Juden engagiert.

4. Die Barmer Theologische Erklärung

4.1. Das Schweigen von Barmen 1934 formierte sich die Bekennende Kirche. Vom 29.-31. Mai kamen 138 Vertreter der bekennenden Opposition nach Barmen und verabschiedeten die Barmer Theologische Erklärung (BTE). Die BTE ist als das grundlegende Bekenntnis der Bekennenden Kirche anzusehen.25 Daher ist es wichtig, bei der Untersuchung der Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage die BTE dahingehend zu analysieren, ob und inwieweit sie etwas über die Juden sagt. Die meisten Experten bezweifeln jegliche Art von Stellungnahme zu den Juden in der BTE (u.a. Victoria J. Barnett, Wolfgang Gerlach). Auch , der Hauptverfasser der sechs Thesen, sah es „später ´als eine Schuld´: daß er in seinem Textentwurf nicht auch die Judenfrage ´als entscheidend geltend gemacht´ hatte.“26 Keine der in Barmen aufgestellten Thesen sagt explizit und eindeutig etwas über die Juden27. Trotz zunehmender staatlicher und kirchlicher Verfolgung der Juden konnte sich die Bekennende Kirche 1934 in Barmen nicht zu

25 Vgl. Gerlach, Wolfgang, a. a. O., S. 128 26 Busch, Eberhard, Karl Barths Lebenslauf, München, 1978, S. 260 27 Vgl. Gerlach, Wolfgang, a. a. O. S. 128 9 einer offenen Unterstützung der Juden durchringen.28 Während der Pfarrernotbund sich im Kampf um den Arierparagraphen für die von diesem betroffenen Judenchristen engagiert hatte, wurden selbst diese im Barmer Bekenntnis ignoriert: „Der Arierparagraph, einst das Samenkorn für eine heranreifende Opposition, war allmählich zu einer Frucht geworden, die man besser nicht mehr anrührte.“29

4.2. Ursachen für das Schweigen von Barmen Nun drängt sich die Frage auf: Warum hat die Bekennende Kirche, die doch oftmals als in gewisser Weise „heldenhafte“ kirchliche Widerstandsbewegung dargestellt wird, 1934 trotz der zu dieser Zeit schon recht offensichtlichen Diskriminierung der Juden nicht das Wort für die jüdischen Mitbürger ergriffen? Die Ursachen für das fehlende Eintreten der Bekennenden Kirche für die Juden liegen vor allem im Antijudaismus vieler Mitglieder der Bekennenden Kirche und im damals herrschenden politischen Denken der Kirche.

4.2.1. Antijudaismus der Kirche Viele Mitglieder der Bekennenden Kirche waren antijüdisch geprägt und konnten „mit [den] … politischen und sozialen Absichten [des Nationalsozialismus] sogar einig gehen oder doch weithin sympat[h]isieren“30.

4.2.1.1. Martin Niemöller Selbst Martin Niemöller, Begründer und Leiter des Pfarrernotbundes, war grundsätzlich antijüdisch eingestellt: 1935 sagte er, dass das jüdische Volk „´ein hochbegabtes Volk´“ sei, „´aber alles, was es anfasst, verwandelt sich in Gift, und alles, was es erntet, ist Verachtung und Haß.´“ Er glaubte, „daß

28 Vgl. Barnett, Victoria J., Barmen, die Ökumenische Bewegung und die Juden: Die fehlende These, In: Ökumenische Rundschau, Januar 2009, H . 1, S. 24 29 Gerlach, Wolfgang, a. a. O., S. 126 30 Barth, Karl, zit. nach Bekennende Kirche wagen: Barmen 1934-1984, Hrsg. von Jürgen Moltmann, München, 1984, S. 64 10 das deutsche Volk viel unter den Juden gelitten“ habe und behauptete, dass es „´wirkliche Selbstverleugnung´“ erfordere, „sich für sie einzusetzen“.31 Auch gegen den Nationalsozialismus hatte er zunächst nichts einzuwenden und wählte 1933 selbst die NSDAP.32 Niemöller und viele andere Pfarrer sahen die Jahre der Weimarer Republik als „´Jahre der Dunkelheit´“33 an. Durch das Ende des Kaiserreichs und dem damit verbundenen Ende des sog. „Landesherrlichen Kirchenregiments“ war es nämlich zu einer Neuordnung der evangelischen Kirche gekommen, die viele Protestanten nicht guthießen. Mit der Machtergreifung Hitlers verbanden sie daher viele Hoffnungen.34 So auch Niemöller: er „hatte sich zu lange nach einem Führer gesehnt, um Hitler jetzt allzu leicht und schnell abzuschreiben.“35.

4.2.1.2. Otto Dibelius Auch Otto Dibelius, führendes Mitglied der Bekennenden Kirche, war antijüdisch eingestellt. Er verteidigte den Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933 als „´natürliche´ Reaktion gegen jüdische Einflüsse“.36 „Der christliche Antijudaismus“ traf sich also „mit politischem und kulturellem Antisemitismus“37. Es fehlte außerdem eine „theologische Auseinandersetzung mit dem Judentum als einer eigenständigen Größe“38.

4.2.2. Das politische Denken der Kirche Eine andere Ursache war das zu dieser Zeit herrschende politische Denken der Kirche. Im Gegensatz zu Bonhoeffer, der mit seiner Forderung, im Notfall „dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“, aktives politisches Handeln der Kirche anstrebte39, nahm die Bekennende Kirche eine „weitgehend unpolitische Haltung“40 ein, die sie durch die BTE

31 Bentley, James, a. a. O, S. 85 32 Vgl. Wind, Renate, a. a. O., S. 68 33 Stein, Leo, I was in hell with Niemöller, New York, 1942, S. 80, zit. nach: Cornu, Daniel, Karl Barth und die Politik: Widerspruch und Freiheit, Wuppertal, 1969, S. 11 34 Schmidt, Dietmar, Martin Niemöller, Hamburg, 1959, S. 86f. 35 Bentley, James, a. a. O., S. 102 36 Barnett, Victoria J., a. a. O., S. 22 37 Ebd. S. 27 38 Ebd. S. 27 39 s. o. Fn. 13 40 Wind, Renate, a. a. O., S. 79 11 dokumentierte. „Die eigentliche Bedeutung des Kirchenkampfs“ lag „nicht im politischen Bereich, sondern in der durch den äußeren Druck erzwungenen Besinnung auf die Grundlagen von Kirche und Glauben.“41 Die Bekennende Kirche war also „nach innen gerichtet“42. „Sie redet[e] - wenn sie redet[e]- (…) nur in eigener Sache.“43 Es ging vor allem um theologische Auseinandersetzungen mit den Ansichten der Deutschen Christen und nicht um politische Konflikte.44 Die die Judenchristen betreffenden Punkte 3 und 4 der Pfarrernotbundverpflichtung traten immer weiter in den Hintergrund, während „das Thema Schrift und Bekenntnis (…) dominant in den Vordergrund“ 45 rückte. Auch Karl Barth meinte nur, Kirche müsse Kirche bleiben.46 Außerdem wollte die Bekennende Kirche eine Spaltung der Kirche vermeiden. Barth antwortete auf Bonhoeffers Vorschlag des Kirchenaustritts: „ Das Schisma muss, wenn es kommt, von der anderen Seite kommen“. Wie viele andere sah Barth die Judenproblematik nicht als die „zentralere Stelle“ des Kampfes an. 47

Eine weitere Ursache war, dass die Bekennende Kirche in starkem Maße an „organisatorische, rechtliche und faktische Fragen“48 gebunden war. Sie war zunächst zu sehr mit der Festigung der eigenen Position beschäftigt, als dass sie für andere hätte Partei ergreifen können.

4.2.3. Die Disparität der kirchlichen Opposition Des Weiteren kamen bei der Bekenntnissynode in Barmen die Vertreter unterschiedlicher Glaubensrichtungen (Reformierte, Lutheraner u. a.) und die sich daraus ergebenden verschiedenen theologischen Auffassungen zusammen. Die Barmer Theologische Erklärung war eher ein „geschickter

41 Fabricius, Volker, a. a. O., S. 28 42 Barnett, Victoria J., a. a. O., S. 25 43 Barth, Karl, zit. nach: Bekennende Kirche wagen: Barmen 1934-1984, a. a. O., S. 65 44 Vgl. Cornu, Daniel, a. a. O., S. 28 45 Gerlach, Wolfgang, a. a. O., S. 123 46 Vgl. Bekennende Kirche wagen: Barmen 1934-1984, a. a. O., S. 63 47 Ebd. S. 77 48 Gerlach, Wolfgang, a. a. O., S. 130 12 Kompromiss“49. Demgegenüber wäre eine These gegen die Diskriminierung der Juden „nicht konsensfähig gewesen“50. „Das protestantische Bestreben, zum ersten Mal seit der Reformation (…) mit einem Bekenntnis zu sprechen, muß größer gewesen sein, als die Bereitschaft, womöglich die ganze Synode (…) platzen zu lassen durch eine Kontroverse über die Behandlung der Judenchristen oder gar der Juden.“51 Festzuhalten bleibt, dass die Bekennende Kirche im Jahr 1934, speziell in der BTE, nicht das Wort für die Juden ergriffen hat.

5. Die Zeit nach Barmen

Auch in den nächsten Jahren des Kirchenkampfs gab es keine gezielte und einheitliche Judenhilfe von Seiten der Bekennenden Kirche. Eine Ausnahme stellte die „Denkschrift der 2. Vorläufigen Kirchenleitung an Hitler“52 vom 28. Mai 1936 dar. Die Situation der Juden hatte sich 1935 durch die am 15. September beschlossenen Nürnberger Gesetze, welche ihnen die Bürgerrechte absprachen, noch einmal deutlich verschlechtert. Auch in der Bekennenden Kirche gab es einige Veränderungen. Bei der 4. Bekenntnissynode in Berlin-Dahlem (17.-22. Februar 1936) kam es zur Spaltung der Bekennenden Kirche in einen gemäßigten und einen radikalen Flügel. Der gemäßigte Flügel schloss eine Zusammenarbeit mit dem Reichskirchenministerium nicht aus, während der radikale Flügel jedweden Eingriff des Staates in die Kirche ablehnte. Der gemäßigte Flügel schloss sich zum „Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche“ Deutschlands zusammen, während der radikale Flügel die 2. Vorläufige Kirchenleitung (VKL) bildete.

5.1. Die Denkschrift der 2. Vorläufigen Kirchenleitung an Hitler In ihrer Denkschrift an Hitler kritisierte die 2. VKL die „Entchristlichung des öffentlichen Lebens (…)(,) Rechtsunsicherheit, staatliche Willkür“, die Konzentrationslager und eben auch den Antisemitismus:

49 Barnett, Victoria J., a. a. O., S. 24 50 Wind, Renate, a. a. O., S. 79 51 Gerlach,Wolfgang, a. a. O., S. 130 52 abgedruckt in: Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 90ff. 13 „Wenn hier Blut, Rasse, Volkstum und Ehre den Rang von Ewigkeitswerten erhalten, so wird der evangelische Christ durch das erste Gebot gezwungen, diese Bewertung abzulehnen." „Wenn den Christen im Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung ein Antisemitismus aufgedrängt wird, der zum Judenhass führt, so steht für ihn dagegen das christliche Gebot der Nächstenliebe." Die Denkschrift war zunächst nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Zuerst sollte die Reaktion Hitlers abgewartet werden. Dies war jedoch dem Vikar Werner Koch und dem Pfarrer Ernst Tillich nicht genug, weswegen sie auf eigene Faust die Denkschrift veröffentlichten. Dies hatte weit reichende Konsequenzen für die Bekennende Kirche. Sie wurde schnell des „´Hoch- und Landesverrats´“ beschuldigt. Außerdem wurden Koch, Tillich sowie der jüdischstämmige Friedrich Weißler, Jurist der Bekennenden Kirche, verhaftet.53 Weißler starb nach einer Woche im Konzentrationslager Sachsenhausen. Er war, als Jude, „der erste Märtyrer der Bekennenden Kirche“54. Die Denkschrift war eine ungewohnt und einmalig deutliche Kritik am nationalsozialistischen Staat.55 Jedoch stellte sie kein öffentliches Eintreten der Bekennenden Kirche für die Juden dar, da sie ursprünglich nur an Hitler adressiert war und allein durch den Einsatz Kochs und Tillichs an die Öffentlichkeit gelangte.

5.2. „Reichskristallnacht“ Auch zu den grausamen Geschehnissen der sog. „Reichskristallnacht“ am 9. November 1938 schwiegen die leitenden Organe der Bekennenden Kirche. Es gab jedoch einige Pfarrer, die die Ereignisse in ihren Predigten kritisierten. So auch Julius von Jan:56

53 Vgl. Wind,Renate, a. a. O., S. 103ff. 54 Ebd. S. 105 55 Vgl. Fabricius Volker, a. a. O., S. 28 56 Jan, Julius, zit. nach: Gerlach,Wolfgang, a. a. O., S. 237 14 „Was der Mensch sät, das wird er auch ernten! Ja, es ist eine entsetzliche Saat des Hasses, die jetzt wieder ausgesät worden ist. Welche entsetzliche Ernte wird daraus erwachsen, wenn Gott unserem Volk und uns nicht Gnade schenkt zu aufrichtiger Buße“ Aber eine Stellungnahme der 2.VKL der Bekennenden Kirche blieb aus.57 Die Bekennende Kirche befand sich zu dieser Zeit in einer schweren Situation58. Der staatliche Druck hatte nach der Veröffentlichung der Denkschrift an Hitler stark zugenommen und ihre Leitungsorgane waren 1937 zerschlagen worden. Dennoch ist es aus heutiger Sicht unverständlich, dass die Bekennende Kirche nach diesen Gewalttaten schwieg. Dietrich Bonhoeffer unterstrich an diesem Tag in seiner Bibel bloß zwei Sätze eines Psalms und schrieb daneben das Datum 9.11.1938: „´Sie verbrennen alle Häuser Gottes im Land´ und ´kein Prophet redet mehr´“!59

6. Hilfe für Juden durch einzelne Mitglieder der Bekennenden Kirche

6.1. Büro Grüber Wenngleich die Leitung der Bekennenden Kirche nicht öffentlich das Wort für die Juden ergriff, initiierte sie 1938 die Gründung des „Büro Grüber“, das sich aktiv für verfolgte Juden einsetzte. Die nach ihrem Leiter Heinrich Grüber benannte Einrichtung half u. a. durch Auswandererberatung, Stellenvermittlung im Ausland, Rechtsberatung, finanzielle Unterstützung und Textilspenden. Zunächst arbeitete das „Büro Grüber“ nur in Berlin, dehnte seine Tätigkeit aber schnell über das ganze Land aus. Anfangs wurde es von den Behörden geduldet. Nach Grübers Verhaftung im Dezember 1940 musste es jedoch geschlossen werden.60

6.2. Dietrich Bonhoeffer Es gab außerdem einzelne Mitglieder der Bekennenden Kirche, die sich für die Juden einsetzten. Einer von ihnen war, wie anfangs schon erläutert,

57 Vgl. Ebd. S. 241 58 Vgl. Wind,Renate, a. a. O., S. 107 59 Ebd. S. 109 60 Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 125 15 Dietrich Bonhoeffer. Hatte er sich schon im Kampf um den Arierparagraphen sehr für sie eingesetzt, kämpfte er auch in der Folgezeit für die Juden. Aufgrund der passiven Haltung der Bekennenden Kirche distanzierte er sich nach und nach von seiner Kirche. Anders als die Bekennende Kirche kämpfte er nicht nur kirchenintern, sondern politisch, was ihm schließlich im Konzentrationslager den Tod brachte.

6.3. Aktive Hilfe Des Weiteren gab es viele Einzelpersonen, die den Juden direkte Hilfe leisteten. Ein Beispiel stellt die Bonnerin Hannelotte Reiffen dar. Reiffen, Studentin unter Karl Barth, versorgte ab 1941 mit großem Einsatz untergetauchte Juden mit Lebensmitteln, suchte Verstecke für Juden und brachte sie oft selbst zu diesen.61

Alles in allem wird durch diese drei Beispiele klar, dass es durchaus vereinzelt Hilfe für Juden durch Mitglieder der Bekennenden Kirche gab. Jedoch zeigen die Ermordung Bonhoeffers und die Festnahme Grübers auch, welch schwerwiegende Konsequenzen den Helfern drohten.

7. Fazit und Beurteilung

7.1. Resümee Die Haltung der Bekennende Kirche in der Judenfrage lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Bekennende Kirche hat bis auf wenige Ausnahmen zur Verfolgung und Diskriminierung der Juden geschwiegen. Wenn sie ihr Schweigen brach, dann nur im Kampf für die getauften Juden. Es gab zwar viele vereinzelte Mitglieder, die sich aktiv für die Juden eingesetzt haben, aber von den Leitungsorganen der Bekennenden Kirche gab es zu keiner Zeit ein öffentliches Eintreten für die Juden. Die anfangs gestellten Fragen muss ich also verneinen. Die Bekennende Kirche hat nicht das Wort für die Juden ergriffen, sie hat nicht für sie geschrieen und die antijüdische Politik des NS-Regimes nicht öffentlich verurteilt.

61 Jähnichen, Birgitt und Traugott, Gehorsam und Widerspruch: Der Lebensweg der Theologin Hannelotte Reiffen, Waltrop, 1996, S. 37ff. 16 7.2. Persönliche Beurteilung Vor dem Verfassen dieser Arbeit habe ich die Bekennende Kirche als in gewisser Weise „heldenhafte“ Widerstandbewegung in der evangelischen Kirche zur Zeit des NS-Regimes angesehen. Dieses Bild hat sich im Laufe meiner Recherchen stark verändert. Aus heutiger Sicht fragt man sich, wie die Bekennende Kirche bei so großen Verbrechen, wie sie an den Juden verübt wurden, stillschweigend zugucken konnte. Ich finde das Schweigen der Bekennenden Kirche in der Judenfrage bestürzend. Die Christen hätten doch allein schon wegen des Gebotes der Nächstenliebe protestieren müssen. Doch bis auf wenige Ausnahmen taten sie es nicht. Hätten sie nicht – vor allem zu Beginn des Dritten Reiches - starken Einfluss auf das Verhalten großer Teile der Bevölkerung nehmen können? Sie hätten zwar gewiss den Holocaust nicht verhindern, aber dennoch den Juden helfen können. Man muss sich natürlich auch in die Lage der Bekennenden Kirche in den Jahren 1933-1945 hineinversetzen. Wie der größte Teil der deutschen Gesellschaft war sie von der nationalsozialistischen Propaganda geblendet. Sie war mit der neuen Situation vollkommen überfordert und stand vor allem dauernd unter staatlicher Beobachtung. Vielen mag außerdem das Ausmaß der Verfolgung der Juden erst nach dem Krieg wirklich bewusst geworden sein. Dennoch ist es aus heutiger Perspektive unverständlich, warum die Bekennende Kirche, wie viele ihrer Mitglieder es später selbst im Stuttgarter Schuldbekenntnis formuliert haben, „nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt“62 hat.

7.3. Ausblick auf die heutige Situation Die Geschehnisse der letzten Wochen haben, wie die anfangs zitierte Aussage Charlotte Knoblauchs zeigt, den jüdisch-christlichen Dialog sehr strapaziert. Ich hoffe, dass der Dialog bald wieder aufgenommen wird. Es wäre aber vor allem wünschenswert, wenn der Papst in Zukunft klarer für

62 Abgedruckt in: Besier/Sauter, Wie Christen ihre Schuld bekennen: Die Stuttgarter Erklärung 1945, Göttingen, 1985, S. 62 17 die Juden spräche, damit sich solche Beeinträchtigungen des jüdisch- christlichen Dialogs nicht wiederholen. Schließlich wünsche ich mir, dass die Kirchen deutlicher zu politischen Geschehnissen Stellung beziehen, um schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Völkermord vorzubeugen, da ich Bonhoeffers Verständnis von kirchlichem Handeln teile: Die Kirche hat nicht nur eine theologische, sondern auch eine politische Verantwortung!

18 Literaturverzeichnis

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