Thema: Die Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage Verfasser: Johannes Niemeier Schule: Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium Stufe: 12 Schuljahr: 2008/2009 Fach: Evangelische Religion GK1 Betreuende Lehrerin: Frau Peren-Eckert Abgabezeitpunkt: 01.04.2009 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung S. 3 1.1. Aktualität und Relevanz des Themas S. 3 1.2. Ziel der Arbeit S. 3 1.3. Überblick über den Aufbau der Arbeit S. 3 2. Die Deutsche Evangelische Kirche 1933 S. 4 3. Der Kampf um den Arierparagraphen S. 5 3.1. Der Pfarrernotbund S. 6 3.2. Dietrich Bonhoeffer im Kampf um den Arierparagraphen S. 7 3.2.1. Drei Möglichkeiten kirchlichen Handeln S. 7 3.2.2. Das Betheler Bekenntnis S. 8 3.2.3. Das Flugblatt „Der Arierparagraph in der Kirche“ S. 8 4. Die Barmer Theologische Erklärung 1934 S. 9 4.1. Das Schweigen von Barmen S. 9 4.2. Ursachen für das Schweigen von Barmen S. 10 4.2.1.Antijudaismus der Kirche S. 10 4.2.1.1. Martin Niemöller S. 10 4.2.1.2. Otto Dibelius S. 11 4.2.2. Das politische Denken der Kirche S. 11 4.2.3. Die Disparität der kirchlichen Opposition S. 12 5. Die Zeit nach Barmen S. 13 5.1. Die Denkschrift der 2. Vorläufigen Kirchenleitung an Hitler S. 13 5.2. Die Reichskristallnacht -9.11.1938 S. 14 6. Hilfe durch einzelne Mitglieder der Bekennenden Kirche S. 15 6.1. Das „Büro Grüber“ S. 15 6.2. Dietrich Bonhoeffer S. 15 6.3. Aktive Hilfe S. 16 7. Fazit und Beurteilung S. 16 7.1. Resümee S. 16 7.2. persönliche Beurteilung S. 17 7.3. Ausblick auf die heutige Situation S. 17 2 1. Einleitung 1.1. Aktualität und Relevanz des Themas „Unter solchen Voraussetzungen wird es zwischen mir und der Kirche momentan sicher kein Gespräch geben.“1 Diese Aussage traf Charlotte Knoblauch, die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, im Laufe der Diskussion um die von Papst Benedikt XVI. vorgenommene Aufhebung der Exkommunizierung des den Holocaust leugnenden Bischofs Williamson. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden Stephan Kramer warnt des Weiteren vor einer „Eiszeit“ im jüdisch-katholischen Dialog2. Die Diskussionen der letzten Wochen sowie die Konflikte um die vom Papst veränderte Fassung des Karfreitagsgebets Anfang des letzten Jahres zeigen die Aktualität und Relevanz der Thematik des Verhältnisses zwischen Christen und Juden. 1.2. Ziel der Arbeit Hat es zu Zeiten des NS-Staats (1933-1945) klare Aussagen bezüglich des Antisemitismus der nationalsozialistischen Politik von Seiten der Kirche gegeben? Anlässlich des 75. Jahrestags der Barmer Theologischen Erklärung kommen folgende spezielle Fragen auf: Hat die Bekennende Kirche, die als Widerstandsbewegung in der evangelischen Kirche im nationalsozialistischen Staat angesehen wird, das Wort für die Juden ergriffen? Hat sie für die Juden gesprochen und die antijüdische Politik des NS-Regimes öffentlich verurteilt? Oder hat sie aus Angst vor der Staatsgewalt lieber geschwiegen, um selbst nicht das Opfer von Verfolgung zu werden? Um diese Fragen zu beantworten, befasse ich mich in dieser Arbeit mit der Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage. 1.3. Überblick über den Aufbau der Arbeit Die Arbeit ist chronologisch aufgebaut. Zunächst beschreibe ich die Ausgangssituation der evangelischen Kirche im Jahr 1933. Anschließend stelle ich den Kampf um den Arierparagraphen dar und gehe dabei genauer 1 http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/juden-papst-rehabilitation-von-holocaust-leugner-fuehrt-zur- eiszeit_aid_366177.html 2 Ebd. 3 auf den Pfarrernotbund, einen der Vorläufer der Bekennenden Kirche, und Dietrich Bonhoeffers persönlichen Kampf gegen den Arierparagraphen ein. Im Kernteil meiner Arbeit untersuche ich die Barmer Theologische Erklärung, das Grundbekenntnis der sich 1934 formierenden Bekennenden Kirche, dahingehend, ob sie Kritik und Ablehnung des Antisemitismus beinhaltet, und suche nach Gründen für das Schweigen von Barmen. Dann stelle ich unter Berücksichtigung der zunehmenden Diskriminierung der Juden das Verhalten der Bekennenden Kirche in der Judenfrage in der Zeit nach Barmen dar. Anschließend beschreibe ich die Judenhilfe einzelner Personen exemplarisch. Im Schlussteil fasse ich die Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage zusammen und bewerte sie abschließend. 2. Die Deutsche Evangelische Kirche 1933 Um die Haltung der Bekennenden Kirche in der Judenfrage zu verstehen, ist es sinnvoll sich zunächst die Situation der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) im Jahr 1933 vor Augen zu führen. Das Jahr 1933 wurde vor allem von der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ geprägt. Die Deutschen Christen waren ein vor den Kirchenwahlen in der Altpreußischen Union im November 1932 gegründeter ’“Ableger“ der NSDAP. Das große Ziel der Deutschen Christen war die Fusion der einzelnen Landeskirchen zu einer großen „Evangelischen Reichskirche“ mit einem Reichsbischof an der Spitze3 sowie die Verbindung von Nationalsozialismus und Christentum4. Die Deutschen Christen strebten also eine Gleichschaltung der Kirche mit dem nationalsozialistischen Staat an. In den Punkten 7 und 9 ihrer Richtlinien vom Mai 1932 richteten sie sich auch gegen die Juden. Einer „Rassenvermischung“ sei entgegenzutreten und die Judenmission abzulehnen. 5 Auch andere kirchliche Gruppierungen (z.B. „Jungreformatorische Bewegung“) strebten eine vereinte Reichskirche an. Im Laufe des Jahres 3 Fabricius, Volker, Kirche im Nationalsozialismus: Zwischen Widerstand und Loyalität, Frankfurt am Main, 1982, S. 22 4 Vgl. Wind, Renate, Dem Rad in die Speichen fallen: Die Lebensgeschichte des Dietrich Bonhoeffer, Weinheim und Basel, 1994, S. 65 5 Auszug aus den Richtlinien der Glaubensbewegung „Deutscher Christen“ abgedruckt in: Röhm/Thierfelder Evangelische Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz: Bilder u. Texte e. Ausstellung, Stuttgart, 1981, S. 25 4 kam es jedoch zu Auseinandersetzungen um die Besetzung des Amtes des Reichsbischofs.6 Letztendlich setzte sich Hitlers ’“Bevollmächtigter für die Angelegenheiten der evangelischen Kirchen“ Ludwig Müller durch, der vom Staat unterstützt eine neue Kirchenverfassung fertig stellte. 7 Am 23. Juli 1933 kam es zu Neuwahlen, welche die Deutschen Christen unterstützt durch die nationalsozialistische Propaganda klar für sich entschieden. Somit rissen die Deutschen Christen die Macht in der DEK an sich und besetzten nahezu alle führenden Stellen in den Kirchenregierungen. 3. Der Kampf um den Arierparagraphen Zur ersten öffentlich-staatlichen Diskriminierung der Juden in Deutschland kam es am 1. April 1933 durch den Boykott jüdischer Geschäfte. Eine Woche später, am 7. April, trat das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in Kraft, welches alle Nichtarier und die mit Nichtariern verheirateten Arier von den Beamtenberufen ausschloss. In der Folge integrierten die deutsch-christlichen Kirchenleitungen der evangelischen Landeskirchen den „Arierparagraphen“ auch in die Kirchengesetzgebung. Die so genannte „braune Synode“ der preußischen Landeskirche formulierte etwa am 6. September 1933 den staatlichen Arierparagraphen in ein Kirchengesetz um8: „§ 1 Absatz 2: Wer nichtarischer Abstammung oder mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet ist, darf nicht als Geistlicher oder Beamter der allgemeinen kirchlichen Verwaltung berufen werden.“ Die Deutsche Evangelische Kirche schloss also alle Nichtarier von Kirchenämtern aus. 6 Fabricius, Volker, a. a. O., S. 23 7 Vgl. Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 21 8 abgedruckt in: Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 52 5 3.1. Der Pfarrernotbund Im Laufe der Diskussion um die Einführung des „Arierparagraphen“ in die Kirche formierte sich eine Opposition unter der Führung des Berlin- Dahlemer Pfarrers Martin Niemöller9. Am 21. September 1933, wenige Tage nach der Beschließung des kirchlichen Arierparagraphen, gründete Niemöller mit anderen Pfarrern den Pfarrernotbund, der „sich der Not derjenigen Brüder, die darunter leiden müssen, nach bestem Vermögen anzunehmen“10, verpflichtete. Alle Mitglieder des Pfarrernotbundes mussten folgende Erklärung unterschreiben11: „1. Ich verpflichte mich, mein Amt als Diener des Wortes auszurichten allein in der Bindung an die Hl. Schrift und an die Bekenntnisse der Reformation als die rechte Auslegung der Hl. Schrift. 2. Ich verpflichte mich, gegen alle Verletzung solchen Bekenntnisstandes mit rückhaltlosem Einsatz zu protestieren. 3. Ich weiß mich nach bestem Vermögen mit verantwortlich für die, die um solchen Bekenntnisstandes willen verfolgt werden. 4. In solcher Verpflichtung bezeuge ich, daß eine Verletzung des Bekenntnisstandes mit der Anwendung des Arierparagraphen im Raum der Kirche Christi geschaffen ist.“ Die Zahl der Mitglieder des Pfarrernotbundes stieg bis Januar 1934 schnell auf etwa 7000 an, was bei einer gesamten Zahl von 18000 deutschen Pfarrern eine beachtliche Zahl darstellte.12 Die Mitglieder des Pfarrernotbundes zahlten monatlich Beiträge, um die aus ihren Ämtern entlassenen Pfarrer zu unterstützen. Vom kirchlichen „Arierparagraphen“ waren nur 23 deutsche Pfarrer direkt betroffen, sodass die Hilfe sich nur an einen kleinen Personenkreis richtete13, aber dennoch war ein erster Schritt zur Judenhilfe getan. 9 Fabricius, Volker, a. a. O., S. 28 10 Martin Niemöller im Brief an 2000 deutsche Pfarrer, zit. nach: Bentley, James, Martin Niemöller: Eine Biographie, München, 1985, S. 92 11 abgedruckt in: Röhm/Thierfelder, a. a. O., S. 53 12 Vgl. Bentley, James, Martin Niemöller: Eine Biographie, München, 1985, S. 93 13 Ebd. S. 91 6 Jedoch wird der Pfarrernotbund heute auch kritisch gesehen. Hans Prolingheuer14 z.B. kritisiert vor allem, dass der Pfarrernotbund sich nur für die getauften
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