ngebote, reicher zu werden, sind Der Alp(en)traum A für Finanzinvestoren so spekta- kulär wie für andere Manager das morgendliche Binden der Krawatte. Auch ein Londoner Großanleger erwar- BAYERNLB Habgier, Unfähigkeit und tete keine Sensationen, als sich Ende November 2006 Besuch ankündigte. Größenwahn haben aus der Ein gewisser Tilo Berlin (51), ein am Wörthersee lebender Vermögensverwal- einen Fall für Staatsanwälte gemacht. ter, bot dem Mann, der seinen Namen Und schon tauchen neue, bisher lieber für sich behalten will, einen Anteil an der Hypo Alpe Adria an. Die Kärnte- unbekannte Risiken auf – eine Abrechnung. ner Bank brauche Eigenkapital; für rund 250 Millionen Euro seien knapp 10 Pro- zent zu haben. Berlin wollte einsteigen, später sogar auf 25 Prozent aufstocken. Aber für ihn allein war die Sache zu groß. Er brauchte Ko-Investoren. Berlin brachte einen Überraschungs- gast mit: Wolfgang Kulterer (56), damals

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Weiß-blaue Affäre: 2007 kauften die früheren BayernLB-Manager Schmidt und Kemmer, unterstützt von Ministerpräsident Stoiber, die Hypo-Alpe-Adria-Bank. Der Deal, eingefädelt von Vermögensverwalter Berlin und dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Haider (v. l. n. r.), beschäftigt heute die Staatsanwälte. OO:[]CHRISTOF STACHE / AP, UWE LEIN HOFFMANN IMAGO, GERT EGGENBERGER PA DPA, ROMAN BABIRAD BABIRADPICTURE FOTOS: [M]

Aufsichtsratsvorsitzender und zuvor ihn. Die Bank stecke voller Giftmüll. nuar 2007 ernsthaft über einen Einstieg lange Vorstandschef der Hypo Alpe Er sagte ab. Hätte er investiert, hätte er der Bayern in Kärnten redeten. Berlins Äu- Adria. Kulterer sei „nicht in offizieller seinen Einsatz locker verdoppeln kön- ßerungen in London deuten jedoch dar - Funktion“ angereist, sagte Berlin, aber er nen. Denn es kam wie von Berlin wohl auf hin, dass die bayerische Bank schon habe doch gute Einblicke ins Geschäft. angekündigt. Im Mai 2007 kaufte die vor dem Berlin-Einstieg mit den Kärnte- So ganz inoffiziell wusste Kulterer al- BayernLB seine Anteile und weitere 25 nern anbändelte – zu einem Zeitpunkt, lerhand Gutes über die Bank zu berich- Prozent dazu, zu einem hohen Preis. zu dem sie die Anteile noch wesentlich ten. Dann, der Oberaufseher hatte den Glücklich allerdings, auch die österrei- billiger hätte bekommen können. Raum kurz verlassen, legte Berlin nach: chischen Warner behielten recht, wur- Tatsächlich, auch das spricht für frühe Es sei noch nichts unterschrieben, aber den die Bayern mit ihrer Tochter nicht. Gespräche mit der BayernLB, bot Berlin er sei sich ziemlich sicher, dass er die Seit Dezember 2009 gehört die Hypo die Hypo Alpe Adria auch anderen zum Beteiligung relativ schnell mit großem Alpe Adria der Republik Österreich, per Weiterverkauf an. So rief er im Herbst Gewinn weiterverkaufen könne. Notverkauf abgegeben für einen Euro. 2006 den Chef einer deutschen Groß- So erinnert sich zumindest der Lo- Schaden für die BayernLB: fast vier Mil - bank an. Berlins Angebot: Er wolle 10 doner Investor. Berlin habe ihm sogar liarden Euro. Prozent der Hypo Alpe kaufen und benö- den möglichen Käufer genannt: die Das Treffen in der britischen Haupt- tige dafür eine Finanzierung. Im Gegen- BayernLB. Berlin lässt ausrichten, diese stadt erschüttert sämtliche offiziellen zug biete er die Möglichkeit, später in die Schilderung treffe nicht zu. Darstellungen des Verkaufs der Hypo Kärntener Bank einzusteigen. Der Bank- Der Mann in London rief österreichi - Alpe Adria an die BayernLB. Die Beteilig- chef wollte nicht. Zu viel Schlechtes sche Geschäftspartner an. Die warnten ten sagen, dass die Banken erst seit Ja- hatte er schon über die Hypo Alpe gehört.

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vorbei. Fehlende Aufsicht, überforderte Manager, selbstherrliche Politiker: Jahre- langes Missmanagement brachte die Bank an den Rand der Pleite. Noch heu- te ist die Situation kritisch. Kommt es ganz schlimm, muss der designierte Vor- standschef Gerd Häusler (58) die zweit- größte deutsche Landesbank abwickeln.

BESIEGELT WURDE dieser beispiellose Niedergang ausgerechnet durch den Versuch, das Schicksal der Bank endlich zum Besseren zu wenden. Schon Mitte des Jahrzehnts hatten die BayernLB- Oberen auf einer Strategietagung ihr künftiges Wachstumsfeld identifiziert: Teures Prestigeprojekt: Das Luxushotel der BayernLB auf dem Obersalzberg Südosteuropa. Auf den Spuren der Wit- telsbacher wolle man wandeln, verkün- dete Bankchef Schmidt großspurig. Chronik des Schreckens Die Erfolgsbilanz der BayernLB in Wie die BayernLB von einem Skandal zum nächsten stolperte dieser Region war zu diesem Zeitpunkt mäßig; man könnte auch sagen: nieder- schmetternd. 2001 hatte man sich sang- April 2002: Die Kirch-Gruppe meldet Ende 2008 summieren sich die Verluste und klanglos aus der Tiroler Sparkasse Insolvenz an. Die BayernLB hat dem auf rund fünf Milliarden Euro. zurückgezogen, bei der die BayernLB Medienkonzern mehr als zwei Milliarden drei Jahre zuvor eingestiegen war. Der Euro geliehen. Es bleibt nicht der einzige Oktober 2008: Der Verkauf eines Versuch, die Gewerkschaftsbank Bawag Fall, bei dem sich die von der Politik ge- 25-Prozent-Pakets der Landesbank an komplett zu übernehmen, war 2004 ge- steuerte Landesbank verhebt. Auch bei Finanzinvestoren scheitert an scheitert. Die Wiener Arbeiterführer Pleitefällen wie Fairchild Dornier und Grun- mangelndem Interesse. kauften den 46-prozentigen Anteil der dig ist das Institut als Gläubiger dabei. Münchener zurück. November 2008: Bayern rettet seine Vollends zum Desaster geriet das En- März 2005: Auf dem Obersalzberg Landesbank mit einer Kapitalspritze von gagement bei der kroatischen Rijecka öffnet das „Berchtesgaden Interconti“ zehn Milliarden Euro. Weil sich die Spar- Banka: Nachdem Anfang 2002 kriminelle (Foto) seine Pforten. Das Luxushotel, kassen nicht an der Nothilfe beteiligen, Machenschaften eines Devisenhändlers mangels anderer Investoren im Besitz sinkt ihr Anteil auf etwa 6 Prozent. aufgeflogen waren, schickten die Mün- der BayernLB, hat die Landesbank bis chener eine Task-Force an die Adria. heute rund 15 Millionen Euro gekostet. Dezember 2009: Die BayernLB gibt die Doch die nadelbestreifte Eingreiftruppe 2007 erworbene Kärntener Tochter wurde bedroht und verließ das Land August 2007: Vom Sommer an mehren Hypo Alpe Adria an die Republik fluchtartig per Mietwagen. Kurz darauf sich die Meldungen über rote Zahlen der Österreich ab. Unterm Strich bleibt ein gab die BayernLB die Tochter an den Bayern aus Kreditersatzgeschäften. Bis Verlust von 3,7 Milliarden Euro. kroatischen Staat zurück. Schaden für die Münchener: rund 75 Millionen Dollar. Im Frühjahr 2006 bot sich eine neue Chance. Die Bawag, aus der sich Schmidt Die Übernahme des Kärntener Geld- gesteuert wurde. Da löschten Geschäfte erst zwei Jahre zuvor zurückgezogen hauses strotzt nur so vor dubiosen De- mit US-Hypothekenkrediten sämtliche hatte, stand zum Verkauf. Das Institut tails. Seit einigen Wochen untersuchen Gewinne der vergangenen 15 Jahre aus. hatte, noch unter den Augen des bayeri- die Staatsanwaltschaften in München Da musste die Bank allzu oft im Auftrag schen Großaktionärs, mit Devisenspeku- und Klagenfurt die genauen Umstände. der Politik den Feuerlöscher spielen und lationen in der Karibik Milliardenbeträge Es geht um den Verdacht der Untreue, bayerischen Unternehmen, die kaum versenkt und musste vom österreichi - vor allem darum, dass die BayernLB ei- noch kreditwürdig waren, viel Geld lei- schen Staat gerettet werden. nen zu hohen Preis bezahlte; aber es geht hen. Da führten Vorstandschefs wie der Mit der Investmentbank Rothschild auch um vermutete Bestechung. für das Kärnten-Desaster verantwortli- und dem Wirtschaftsprüfer Ernst & Young Die zweieinhalbjährige Liaison der che Werner Schmidt (66) die Bank nach heuerte Schmidt eine hochkarätige Bera- FOTO: BLICKWINKEL Münchener BayernLB mit der Hypo Alpe Gutsherrenart. tertruppe an. Rothschild schickte sogar reiht sich perfekt ein in die Historie einer Die Zeit, als die CSU-Granden die Bay- den früheren deutschen Bundeskanzler Bank, die in den vergangenen Jahren ziel- ernLB für das Bayern München der deut- Gerhard Schröder (65), mittlerweile im sicher von einem Desaster ins nächste schen Landesbanken hielten, ist lange Beraterkreis der Bank, als Lobbyisten

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dass die Hypo versucht hatte, Verluste aus Devisentermingeschäften zu ver- schleiern. Frontmann Kulterer musste abtreten. Als Aufsichtsratschef durfte er trotzdem bleiben. Der Mehrheitsaktio- när, das Bundesland Kärnten, wollte es so; allen voran der damalige Landes- hauptmann Jörg Haider. Die chronisch kapitalschwache Hypo brauchte dringend Geld – und das eben- falls klamme Kärnten einen Investor. Ein Selbstgänger war das nicht. Die Hypo hatte mit dubiosen Grundstücks- geschäften und fragwürdigen Leasing- Deals in den Nachfolgestaaten des frühe- ren Jugoslawiens zahlreiche Risiken in Kärntens Kreativfinanzierer: Jörg Haider ihre Bücher geladen. „Die hatten ihre Bi- lanz mit Schrottpapieren aufgeblasen“, sagt ein Londoner Investmentbanker; Die Haider-Bank sein Institut habe die Hypo damals auf Wie der Landeshauptmann die Hypo Alpe Adria nutzte einer schwarzen Liste nicht vertrauens- würdiger Geschäftspartner geführt. Auch diesseits der Alpen war man sich Der Landeschef: Jörg Haider, der 2008 Beteiligung des Landes an der Hy po- der Schwachstellen wohl bewusst. „Wir gestorbene Landeshauptmann, wusste Bank. Das Geldhaus streckte Haiders kannten die Risiken“, sagt ein mit dem sich in Kärnten beliebt zu machen. Nicht FPÖ die staatliche Parteienfinanzierung Deal befasster Banker. Trotzdem trieb zuletzt, indem er freizügig Geld verteilte. 2004 für zehn Jahre vor. 2006, der ge- die Truppe um Schmidt die Akquisition Seine Erben setzen das System fort. plante Börsengang der Hypo war in wei- mit Hochdruck voran. Da gibt es etwa den „Jugendtausender“ te Ferne gerückt, suchte sich das Land Ihre Analyse stützte die BayernLB da- für 16- bis 18-Jährige. Kinderreiche oder Ersatz. Die Hypo begab eine Anleihe bei zunächst vorrangig auf Daten, die arme Kärntener dürfen sich pro Jahr und reichte das Geld an ihre Eigentümer der findige Investor Tilo Berlin zur Ver- 100 Euro „Teuerungsausgleich“ abholen. weiter. Die Einnahmen aus dem Verkauf fügung gestellt hatte. Viel Zeit, den der Hypo an die BayernLB investierte Wahrheitsgehalt dieser Informationen Die Landesbank: Kärnten ist eines der Haider 2007 in einen Zukunftsfonds zur zu prüfen, ließen sich die Münchener ärmeren Bundesländer Österreichs, Finan zierung teurer Prestigeprojekte. Mit nicht. Berlin, vom Land Kärnten als entsprechend wenig gab es für Haider zu einem Teil des Geldes muss das Land Unterhändler mandatiert, drückte aufs verteilen. Also nutzte er die 50-Prozent- nun aber Verluste der Hypo decken. Tempo. Nur noch bis Mitte Mai werde er exklusiv mit den Bayern verhandeln, presste er. Danach werde er die Bank auch anderen Interessenten anbieten. nach Wien. Auch Bayerns damaliger gang Kulterer telefoniert. Und bereits Schmidts Berater zögerten. Sowohl Ministerpräsident (68) zwei Wochen zuvor soll Tilo Berlin Ernst & Young als auch Rothschild sahen machte sich für seine Landesbank stark. Investoren die Münchener Landesbank im Portfolio der Kärntener Bank er- Es half alles nichts. Obwohl Schmidt unter der Hand als ernsthaften Kauf- heblichen Wertberichtigungsbedarf. Sie 2,6 Milliarden Euro für die Bank bot – interessenten angepriesen haben. erwarteten Abschreibungen auf faule mehr als das Doppelte dessen, was er Schmidt muss früh geahnt haben, dass Kredite, befanden den Businessplan des zwei Jahre zuvor beim Ausstieg erhalten ihn Cerberus bei der Bawag überbieten Hypo-Managements als zu optimistisch. hatte –, entschieden sich die österrei- würde. Die Münchener wussten, dass der Am Ende waren sich die Berater einig: chischen Gewerkschafter am 14. Dezem- Hedgefonds sehr viel Geld für die Wiener Etwa 2,4 Milliarden Euro sei die Hypo ber 2006 für den amerikanischen Hedge- Bank bezahlen würde. Gleichzeitig hat- Alpe Adria wert. fonds Cerberus. ten die Verwaltungsräte der BayernLB Schon das war hoch gegriffen; nur

Schmidts Lehre daraus: „Auf Bieter - Schmidt klargemacht, dass er sein Gebot wenige Monate zuvor hatte die britische FOTO: LEONHARD FOEGER / verfahren lassen wir uns nicht mehr ein“, nicht erhöhen dürfe. HSBC-Bank im Auftrag der Kärntener schärfte er seinen Vorständen ein. Landesregierung den Wert der Hypo auf Vieles spricht dafür, dass Schmidt be- SPÄTESTENS AB JANUAR 2007 konzent - 1,8 bis 2,2 Milliarden Euro taxiert. reits ein anderes Ziel vor Augen hatte: rierte sich die BayernLB-Truppe voll und Berlin jedoch verlangte 3,6 Milliar- die Hypo Alpe Adria. Noch am Tag der ganz auf die Landesbank in Klagenfurt – den Euro. Schmidt geriet in Erklärungs- Bawag-Niederlage hatte der BayernLB- ein Geldhaus von zweifelhaftem Ruf. Erst not. Er wusste, dass Berlin für seine Chef mit dem Hypo-Mächtigen Wolf- im Frühjahr 2006 war publik geworden, Hypo-Aktien viel weniger gezahlt hatte.

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recht, wenn sich beim anvisierten Unter- nehmen unerwartete Probleme auftun. „Wir haben über eine solche Klausel dis- kutiert, das aber nicht weiter verfolgt“, erinnert sich ein Beteiligter. Zahlten Schmidt & Co. also in vollem Bewusstsein der Risiken einen Spitzen- preis für eine Bank, die sich im Nach- hinein als zutiefst marode herausstellte? Der frühere BayernLB-Chef mag sich nicht äußern. Einer der damaligen Vor- stände findet eine einfache Erklärung für die bizarren Umstände des Kaufs: Wer etwas unbedingt braucht, muss eben be- zahlen, was der Verkäufer verlangt.

Profitierte vom Verkauf der Hypo: Ingrid Flick EINE SELTSAME AUSSAGE; aber die Bank war damals auch in einer seltsamen Situation. Die BayernLB hatte viel Geld, Schnelles Geld aber sie wusste nichts damit anzufan- Wie eine illustre Investorengruppe am Hypo-Deal verdiente gen. Die Garantien der öffentlichen Ei- gentümer hatten den Landesbanken ein- zigartige Vorteile verschafft. Kaum eine Der Deal: Mit etwa 160 Millio nen Euro gemacht. Erster Aufsichtsratschef sei - andere Bankengruppe weltweit konnte Eigenkapital (der Rest war kreditfinan - ner Firma wurde der frühere Deutsche- sich derart günstig Geld leihen. ziert) erzielte eine Investorengrup pe um Bank-Vorstand Thomas Fischer. Bevor dieser Wettbewerbsvorteil 2005 Tilo Ber lin einen Gewinn von geschätzten auf Drängen der Brüsseler EU-Kommis- 160 Millio nen Euro. Nur wenige Monate Die Profiteure: Berlins Anlegertruppe sion gekippt wurde, pumpten sich Insti- nach ihrem Einstieg bei der Hypo Alpe war für einen Deal dieser Art unge- tute wie die BayernLB, die WestLB und Adria konnten sie die Kärntener Bank an wöhnlich. Für Privatleute wie die Erbin die HSH Nordbank noch einmal mit Kre- die BayernLB weiterreichen. Ingrid Flick stellte der Einstieg bei diten voll. Die Frage war nur: Wohin mit der Hypo eigentlich ein hohes Risiko dem Geld? Der Drahtzieher: Vor dem Hypo-Ein - dar. Auch der Hedgefonds Cheyne, ein Jahrelang hatten die BayernLB-Vor- stieg war Tilo Berlin in der Hochfinanz weiterer Geldgeber, investiert in der stände erfolglos versucht, über den Kauf kaum bekannt. Nach Karrierestationen Regel nicht in Finanzfirmen. Offenbar regionaler Sparkassen in das Geschäft bei diversen Ban ken hat te er sich 2002 gingen die Investoren davon aus, mit Privatkunden und mittelständischen als Vermögens verwalter selb stständig dass ihnen ein schneller Gewinn winkte. Firmen einzusteigen. Genauso wenig gelang es, über Bayerns Grenzen hinaus in anderen Regionen Deutschlands Fuß zu fassen. „Uns blieb gar nichts anderes Schließlich hatte der Vermögensverwal- Gesetz offenbar nach Belieben gedehnt übrig, als es im Ausland zu versuchen“, ter sein Aktienpaket nicht zuletzt mit ei- wurden. „Falschmeldungen“, „nicht ein- sagt ein früherer Topmanager der Bank. nem Kredit der BayernLB finanziert. bezahlte Konzerneigenmittel“ und Män- In der Tat hatte sich die BayernLB in Schmidt hatte Berlin das Geld gegeben, gel in der „Sorgfaltspflicht im Rahmen ihrem Heimatmarkt bis dahin von einem um zu verhindern, dass andere Banken von Geldwäschebestimmungen“ waren Skandal zum nächsten gehangelt, und Zugriff auf die Hypo bekamen. nur einige der „wesentlichen Gesetzes- meistens spielte die Politik eine gewich- Am Ende bezahlte er 1,625 Milliarden verletzungen“, die die Prüfer der Kärnte- tige Rolle. Seit Jahrzehnten schon nutz- Euro für 50 Prozent der Anteile. Die Bank ner Bank zur Last legten. ten CSU-Größen die Bank für ihre indus- wurde plötzlich auf 3,25 Milliarden Euro „Wir hatten den Bericht nicht gelesen, triepolitischen Ambitionen. Maxhütte, taxiert. Der Wert der Provinzbank aus wussten aber in etwa, worauf er hinaus- Kirch-Gruppe, Fairchild Dornier, Grun- Klagenfurt war innerhalb weniger Mo- lief“, sagt ein Schmidt-Vertrauter. Die dig; die Liste der bereitwillig vergebenen nate um mehr als die Hälfte gestiegen. von der Nationalbank monierten Schwä- und am Ende verlorenen Multimillionen- FOTO: VIENNAREPORT / ULLSTEIN BILD Schmidt unterschrieb am 22. Mai in chen der Hypo habe man „so ähnlich kredite an marode bayerische Unter- Klagenfurt den Kaufvertrag. Drei Tage auch gesehen“. nehmen ist lang (siehe Kasten Seite 62). später unterzeichneten neun Experten Trotzdem verzichteten die Bayern im „Für den jeweiligen Ministerpräsiden- der Oesterreichischen Nationalbank ei- Kaufvertrag auf eine bei Deals dieser Art ten, nicht zuletzt für Edmund Stoiber, nen Prüfbericht über die Hypo Alpe eigentlich übliche „MAC“-Klausel (Mate- war die BayernLB immer ein wunder- Adria. Das 72 Seiten lange Dokument rial Adverse Change). Derlei Vertragszu- barer Schattenhaushalt“, sagt Sepp Dürr, beschrieb eine Bank, in der Recht und sätze sichern dem Käufer ein Rücktritts- Landtagsabgeordneter der bayerischen

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Grünen. Tatsächlich war der Einfluss der Die Kreditersatzgeschäfte, also jene In- reagierten die Banker im fernen Bayern Politik wohl nirgends größer als im CSU- vestments, die die Bank Ende 2008 fast prompt zu langsam. Noch im März 2007, dominierten Bayern. Die Vorstandsmit- in die Pleite gezwungen hätten. andere Institute hatten die Kreditpakete glieder waren und sind noch immer vom Es geht dabei oft um Hunderte Einzel- längst auf die Tabuliste gesetzt, inves- Wohlwollen der Parteispitze abhängig. kredite, häufig Immobiliendarlehen, tierte die BayernLB für 1,4 Milliarden Gedeckt von Stoiber, tat Schmidt, teilweise so komplex gebündelt, dass es Euro. Die Bankmanager kauften, sie prüf- als gehöre ihm die Bank. Seinen 60. Ge- mitunter mehrere Wochen dauert, die ten, doch als sie – endlich aufgewacht – burtstag feierte er 2003 auf Kosten der wahren Risiken eines solchen Pakets zu wieder verkaufen wollten, war es zu spät. BayernLB im Nymphenburger Schloss in erkennen. Diese Bündel erhielten von Der Markt war kollabiert. Mitte 2007 München. Rund 50 000 Euro habe das Ratingagenturen lange Bestnoten in Sa- hatten viele der Kreditbündel am Fi- Fest gekostet, berichten Mitarbeiter. Da- chen Kreditwürdigkeit – ein verhängnis- nanzmarkt rund 90 Prozent ihres Werts bei hatte Schmidt sie in jener Zeit auf volles Fehlurteil. verloren. Das wahre Ausmaß des Dra- einen strikten Sparkurs eingeschworen. Mehr als 36 Milliarden Euro hatte die mas offenbarten die Banker erst Mitte Vorstandskollegen schüchterte der Bank zu Spitzenzeiten in solchen Kredit- 2008. Im Sommer waren sechs Milliarden Bankchef schon mal damit ein, er per- ersatzgeschäften angelegt. Die Landes- Euro Staatsgarantie fällig; kurz vor Weih- sönlich – und nicht etwa der eigentlich bank verfuhr dabei in aller Regel nach nachten gewährten Freistaat und Bund zuständige Verwaltungsrat – dürfe die dem Motto: erst kaufen, dann prüfen. zehn Milliarden Euro Eigenkapital und Vorstände bestellen und entlassen. Das Wobei das Prüfen schwerfiel: In New weitere 15 Milliarden Euro an Bürgschaf- habe er sogar schriftlich. York kümmere sich ein einziger Analyst ten. Als die BayernLB dann für 2008 gut um das gesamte Portfolio, monierten die fünf Milliarden Euro Verlust meldete, DIE POLITIKER BESCHAFFTEN der frei- Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse war das bereits keine Überraschung mehr. staatlichen Wirtschaft fragwürdige Kre- Coopers (PwC) in ihrem Jahresbericht für Schon im Herbst 2008, die Panik der dite; die Vorstände sorgten dafür, dass 2006. Sie gingen sogar noch weiter: Die Politiker erreichte den Siedepunkt, wä- es ihnen selbst gut ging: Die BayernLB Berichterstattung über Kreditrisiken sei ren die CSU-Granden ihre einst heiß- wurde zum Selbstbedienungsladen. mangelhaft, attestierten sie der Bank. geliebte BayernLB nur zu gern losgewor- Wie sorglos die Banker mitunter vor- Als der amerikanische Hypotheken- den. Man lud interessierte Investoren gingen, zeigt der vielleicht teuerste Flop: markt Anfang 2007 ins Trudeln geriet, zum Blick in die Bücher.

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Die Münchener Behörde ermittelt nicht nur gegen Schmidt; auch andere frühere und aktuelle Bankvorstände ste- hen unter Verdacht. Verwaltungsrat und eine Landtagskommission prüfen, ob die Bank Schadensersatz von Managern und Verwaltungsräten verlangen kann. Den Vorstandsvorsitz der BayernLB Auf Schrumpf- wird im April Gerd Häusler übernehmen. kurs: BayernLB- Der neue Mann gilt als kluger Kopf. Er Chef Häusler (l.) war Vorstand der Dresdner Bank, er ar- und Chefkon - beitete beim Internationalen Währungs- trolleur Fahren - fonds in Washington und als Finanz- schon müssen die investor. Doch was soll er aus einer Bank Bank sanieren wie der BayernLB machen? Die EU hat bereits angekündigt, dass sie der Bank einen weiteren Schrumpf- kurs verordnen wird. Die Stimmung im Institut ist desaströs. Der Zwang zum Sparen ist überall zu spüren: Leitenden Mitarbeitern wurden die bereits zu- gesagten Pensionen gestrichen; mittel- ständische Firmenkunden berichten, die Bank vergebe kaum noch Kredite. Auch Vorstände bangen um ihre Jobs. Doch die Investmentbanker wandten tragten die Wirtschaftsprüfer von PwC, Zumindest Risikochef Ralph Schmidt sich mit Schrecken ab, gar zu marode sich das Portfolio der Hypo anzusehen. (47), so Insider, sei für Häusler verzicht- erschien ihnen die Bank. Nicht nur die Das Ergebnis schockierte die Münche- bar. Er ist einer der wenigen im Institut Milliardenabschreibungen auf die Kredit- ner: Die Prüfer förderten einen erneuten verbliebenen Topleute, die den Kauf der pakete missfielen den Finanzexperten. Kapitalbedarf von bis zu 1,5 Milliarden Hypo noch mit begleitet haben. Vor- „Das Kerngeschäft in Bayern war massiv Euro zutage. standsmitglied Stefan Ermisch (44), der unter Wasser“, sagt einer der Interessen- Zu viel, befand Bayerns Ministerprä- sich Hoffnungen auf den Vorstandsvor- ten. „Im Firmenkundengeschäft gab es sident Horst Seehofer (60). Er fürchtete sitz gemacht hatte, soll sich ebenfalls mit hohen Wertberichtigungsbedarf, Töch- um sein politisches Überleben, falls er Abwanderungsgedanken tragen. ter wie die Online-Bank DKB oder die der Landesbank abermals mit Milliarden Münchener Ministerielle befürchten ungarische MKB waren nur unzuläng- helfen müsste. Im Dezember reisten Fah- zudem, der krisengeschüttelten Bank lich in die BayernLB integriert.“ renschon, Kemmer und der seit August könne bereits der nächste Skandal ins 2009 als Verwaltungsrat verpflichtete Haus stehen. In den Büchern der ungari- VERSENKTE MILLIARDEN in New York, faule frühere Bundesbanker Gerd Häusler schen MKB, der letzten noch verbliebe- Kredite in der Heimat, die EU-Kommis- nach Wien. Mit dem österreichischen nen größeren Auslandsbeteiligung der sion im Nacken – schon das genügt, um Finanzminister Josef Pröll (41) handel- BayernLB, schlummern offenbar erheb- eine Bank zum Sanierungsfall zu machen. ten sie die Bedingungen eines Ausstiegs liche Risiken. Doch Mitte 2009 wurde die BayernLB aus. Die Bayern schossen noch einmal Die Budapester Bank, berichten In - von einer weiteren Altlast eingeholt. Von 825 Millionen Euro Kapital nach. Insge- sider, habe sich in waghalsigen Projekt - einem Deal, dessen Drahtzieher – allen samt kostete das Kärntener Desaster die finanzierungen engagiert, ohne dass die voran Ex-Vorstandschef Schmidt – die BayernLB damit 3,7 Milliarden Euro. deutschen Mehrheitseigner ein wirksa- Bank längst verlassen hatten. Kemmer trat kurz darauf zurück. mes Kontrollsystem installiert hätten.

Franz Pinkl (54), seit Juni Chef der Schon im Oktober hatten Staatsan- Lieber vertraute die BayernLB auf die Ex- KARLHEINZ SCHINDLER / DPA, STEFFI LOOS DDP FOTOS: [M] Kärntener Bank, funkte SOS nach Mün- wälte die Büros und Privaträume aktiver pertise von MKB-Chef Tamás Erdei (56), chen. Die Hypo brauche abermals Kapi- und ehemaliger Vorstände durchsucht. der das Geldhaus seit 1994 leitet. tal, warnte der neue CEO. Zu diesem Dabei geht es längst nicht mehr nur um Von Erdei hatten die Münchener Zeitpunkt hatte die BayernLB die ma- die Frage, warum Werner Schmidt 2007 übrigens auch einen anderen guten rode Tochter bereits mit mehr als einer einen derart hohen Preis für die Hypo ge- Tipp erhalten: Sie sollten die Hypo Alpe Milliarde Euro gestützt. zahlt hat. Die Ermittler prüfen zum Bei- Adria „unbedingt kaufen, sofern sich die Michael Kemmer (52), seit März 2008 spiel auch die millionenschweren Wer- Chance ergibt“, hatte der ungarische BayernLB-Primus, und sein Aufsichts- beverträge von BayernLB-Töchtern mit Topbanker seinen deutschen Kollegen ratschef (42), seit dem unter Haider-Beteiligung neu ge- Anfang 2007 geraten. Er müsse es wissen, Herbst 2008 bayerischer Finanzminister, gründeten Fußballklub SK Kärn- schließlich kenne er die Bank gut. wollten es nun genau wissen. Sie beauf- ten. Sie sehen Hinweise auf Korruption. Michael Freitag/Ulric Papendick

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