EVELYN HERLITZIUS Sopran
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14 / 15 H RDING AGner BR hms sch nberG herLii Zius SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Donnerstag 18.6.2015 Freitag 19.6.2015 8. Abo A Philharmonie 20.00 – ca. 22.15 Uhr 14 / 15 DANIEL HARDING Leitung EVELYN HERLITZIUS Sopran SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Konzerteinführung: 18.45 Uhr Moderation: Elgin Heuerding LIVE-ÜBERTRAGUNG in Surround auf BR-KLASSIK Donnerstag, 18.6.2015 PausenZeichen: Bernhard Neuhoff im Gespräch mit Daniel Harding On demand: danach 7 Tage abrufbar auf www.br-klassik.de 4 Programm Richard Wagner Vorspiel und Karfreitagszauber aus »Parsifal« • Sehr langsam • Feierlich bewegt Arnold Schönberg »Erwartung«, Monodram in einem Akt, op. 17 • I. Szene. Am Rand eines Waldes • II. Szene. Tiefstes Dunkel • III. Szene. Weg im Dunkel • IV. Szene. Mondbeschienene Straße Pause Johannes Brahms Symphonie Nr. 1 c-Moll, op. 68 • Un poco sostenuto – Allegro • Andante sostenuto • Un poco Allegretto e grazioso • Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio – Più Allegro 5 Programm Nun freut sich alle Kreatur Zu Vorspiel und Karfreitagszauber aus Richard Wagners Parsifal Jörg Handstein »Als ich keines Wortes Entstehungszeit fähig, aus dem Festspiel- Prosaentwurf im August 1865 in München; 19. April haus hinaustrat, da wußte ich, daß mir das Größte, 1877 Fertigstellung des Schmerzlichste aufgegangen war, und daß ich es Textbuches; komponiert unentweiht durch mein ganzes Leben tragen von Ende September 1877 bis Januar 1882 in Palermo; werde.« So wie dem jungen Gustav Mahler ging das Vorspiel bereits Ende es vielen Bayreuth-Pilgern, die am 26. Juli 1882 1878 inklusive des Konzert- der Uraufführung von Richard WagnersParsifal schlusses vollendet. Uraufführung des beiwohnten. Anders als 1876 der Ring des Nibe- Bühnenweihfestspiels lungen, der zu Wagners Leidwesen durchaus als 26. Juli 1882 im Festpielhaus Folge von Opern wahrgenommen wurde, erlebte zu Bayreuth unter der Leitung von Hermann Levi man das »Bühnenweihfestspiel« als transzendente im Rahmen der Zweiten Erfahrung und Offenbarung. Die Auswirkungen Bayreuther Festspiele. dieses Ereignisses auf die Musik- und Kulturge- Uraufführung des Vorspiels schichte sind kaum zu überschätzen. Nur Fried- November 1880 in einer rich Nietzsche, dem Einfluss des Meisters längst Privataufführung für König entwachsen, spottete: »Der alte Zauberer hat wie- Ludwig II. von Bayern in München der einen ungeheuren Erfolg, mit dem Schluch- Lebensdaten des zen alter Männer und so weiter …« Komponisten 22. Mai 1813 in Leipzig – 13. Februar 1883 in Leid und Erlösung: Aus diesem simplen, auch Venedig im Christentum steckenden Kern entfaltet sich das komplexe, musikalisch und philosophisch weit verästelte Werk. Wagner verwob religiöse Mo- tive und Symbole mit der Gedankenwelt Arthur Schopenhauers, der das Leid aus dem blind ego- istisch wirkenden Willen zum Leben erklärt: Nur ein umfassendes Mitleiden und asketische Entsa- gung könnten es überwinden. Mit Rückgriff auf den Pantheismus und die zeitgenössische Biolo- gie fand Wagner eine erstaunliche Verknüpfung: »Die Gottheit ist die Natur, der Wille, der Erlö- sung sucht und, mit Darwin zu reden, die Star- ken sich aussucht, um diese Erlösung zu vollbrin- gen.« Parsifal tritt zwar anfangs eher als Halb- starker in Erscheinung, aber sein Mitleid läutert 6 Richard Wagner Richard Wagner, Fotographie von Franz Hanfstaengl (1804 –1877), München um 1871 ihn zu dem Helden, der eben diese Tat vollbringen wird. Und er ist resi- stent gegen die verführerische Kundry: »Stark ist der Zauber des Begeh- renden, doch stärker der des Entsagenden.« Die geschlechtliche Liebe, das die meisten Opern beherrschende Gefühl, wird also im Sinne der Askese radikal verworfen. Auch dies bekräftigt den Anspruch des Parsifal als gleich- sam sakrales Drama. »Ich bin vernarrt in eine gewisse Farbe, die man nicht mehr findet: […] Was man einem anbietet, ist Chamois oder Fleischfarbe. Ach, wär es die Farbe Ihres Fleisches, dann hätt’ ich gleich das Rosa, das ich will ... Was die Parfümerien betrifft: hauen sie über die Stränge! Badeessenzen in reichem Schwalle, dutzendweis!« Während der Komposition des Parsifal war Wagner auch vernarrt in die charmante Autorin Judith Gautier, von der er sich gerne Luxuswaren aus Paris kommen ließ. Aber sich über seine gar nicht asketischen Ambitionen lustig zu machen, wäre zu billig. Gerade die Span- nung von Reinheit und Sinnlichkeit, die gleich das Vorspiel spüren lässt, verleiht der Parsifal-Musik ihren besonderen Zauber, ganz im Gegensatz 7 Richard Wagner Skizze des Vorspiels aus Richard Wagners Parsifal zu der meisten geistlichen Musik des 19. Jahrhunderts. Hier erreicht Wag- ners Instrumentationskunst ihre letzte Raffinesse. Mal äußerst subtil, mal »in reischem Schwalle« mischt er die Klangfarben. Dafür war etwa Claude Debussy sehr empfänglich: »Man hört da Orchesterklänge, die einmalig sind und ungeahnt, edel und voller Kraft.« Das gilt bereits für den ersten Akkord, der die verschiedensten Instrumentengruppen ineinander blendet zu einem mystischen Helldunkel. Die »sehr zart« beigemischte Trompete lässt die Melodie tatsächlich auf ungeahnte Weise hervorleuchten. Einem starren Takt scheint dieses Thema zunächst nicht unterworfen zu sein: Wie ein gregorianischer Gesang schwebt es frei durch Zeit und Raum. Leicht kann man sich den entsprechenden Weihrauchdunst dazu vorstel- len. Aber die scheinbar nahtlos fließende Linie, auf die später das »Neh- met hin meinen Leib« des Abendmahls gesungen wird, ist präzise konstru- iert aus einzelnen motivischen Bausteinen. Diese reichern sich während der Handlung zunehmend mit Bedeutung an: Der aufsteigende Dreiklang steht für Abendmahl und Erlösung. Die schmerzliche Wendung, mit der die Melodie wieder nach unten kippt, bezeichnet die blutende Wunde, wobei die fallende Quinte auch das Mitleid-Motiv prägt. Es folgen noch das Speer-Motiv und ein Motiv der Klage. Der ganze »Beziehungszauber« 8 Richard Wagner der Leitmotive steckt also schon in der Melodie. Diese geheimnisvoll ver- wobenen Bedeutungen verleihen der Parsifal-Musik eine gegenüber dem Ring neue, symbolistische Dimension. Die beiden anderen im Vorspiel exponierten Motive haben dagegen eine klar religiöse Konnotation: das auf dem »Dresdner Amen« beruhende Grals-Motiv und das choralartige Glaubens-Motiv des Mittelteils. Der Schlussteil geleitet sodann in ein wahres Mysterium des Schmerzes, wo auf dem Gipfel einer durchführungsarti- gen Entwicklung eine äußerst expressive Melodie, die »Heilands-Klage«, im Orchester aufglüht. Der innigen Gesangsfigur, dem so genannten »Doppelschlag« sollte in der Musik Gustav Mahlers noch eine besondere Rolle zukommen … Parsifal, Illustration von Willy Pogany (1912) 9 Richard Wagner König Ludwig II. von Bayern im Gewand des Großmeisters des Ordens des heiligen Georgs nach einem Gemälde von Gabriel Schachinger (1887) Auch König Ludwig II. fühlte sich dem Parsifal eng verbunden. Für ihn war 1865 der Handlungsentwurf entstanden, und er identifizierte sich selbst mit dem Titelhelden. Den Karfreitag verbrachte er gerne in seiner Gurnemanz-Hütte. »Das Frühjahr naht, [...] Lenzeslüfte wehen, die Vögel beginnen die Auferstehungslieder zu singen, die Blumen sprossen, Char- freitagszauber übt wieder seine heilige, unwiderstehliche Macht aus und zieht siegreich ein in die Menschenbrust.« Gewohnt schwülstig wandte sich der König am Karfreitag 1880 an Wagner, begierig, das Werk endlich zu hören. Und er glaubte an die Legende, die Wagner wohl extra für ihn aufgetischt hatte: Einst, im Frühjahr 1857, habe er in seinem Garten am Zürcher See gesessen, die Sonne genossen und den Vögeln gelauscht. »Hiervon erfüllt, sagte ich mir plötzlich, daß heute ja ›Karfreitag‹ sei, und entsann mich, wie bedeutungsvoll diese Mahnung mir schon einmal in Wolframs Parzival aufgefallen war.« Sodann habe Wagner das ganze Drama 10 Richard Wagner Die Einsiedelei des Gurnemanz bei Schloss Linderhof, von König Ludwig II. im Sommer 1877 nach einer Bühnenvorschrift Richard Wagners in Auftrag gegeben schon vor Augen gehabt. Obwohl er später zugab, dass dies »alles bei den Haaren herbeigezogen« war, beharrte er auf der Inspiration durch das schöne Frühlingswetter: »So müßte es sein am Karfreitag.« Bei Wolfram von Eschenbach aber heißt es in der entsprechenden Szene: »Da, wo einst lichte Blumen gestanden hatten, lag nun der Schnee.« Es herrschte Frost und Parzival fror in seiner Rüstung! Wagner stellt also die theologisch korrekte Vorlage meteorologisch auf den Kopf: Der vermeintliche »Schmer- zenstag« bringt erstmals Licht und Wärme in die bislang von Öde, Irrnis und Leid geprägte Handlung. Parsifal, mit dessen majestätischem Motiv der Ausschnitt beginnt, wird als neuer Gralskönig gesalbt und beginnt mit Kundrys Taufe sogleich sein Erlösungswerk. Die Reuetränen der Fluchbeladenen bewirken das Auf- blühen der Natur. Für einen magischen Moment sind Mensch und Natur versöhnt. »Nun freut sich alle Kreatur«, erklärt Gurnemanz, weit über das christliche Dogma hinausgehend, das nur den Menschen gilt. Musikalisch bilden die Takte nach der Taufe den wohl berührendsten Moment des ganzen Werkes: Wo Kundry »heftig zu weinen scheint«, senken sich die Vio- linen sanft nieder vom Glaubensmotiv in die »Heilandsklage«, die wiede- rum wundersam organisch in die fließende Melodie des Karfreitagszau- bers mündet. Die Zeit bleibt für diesen Moment stehen, und in die Stille 11 Richard Wagner tritt die folgende Naturszene. Jetzt kommt auf zart gewebten Klangflächen die bislang unerlöst schweifende Tonalität zur Ruhe, die Musik blüht für eine ganze Weile