SWR2 MANUSKRIPT

SWR2 Musikstunde

Gaetano Donizetti – Meister des Belcantos (5)

Mit Ulla Zierau

Sendung: 2. Februar 2018 Redaktion: Dr. Ulla Zierau

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SWR2 Musikstunde mit Ulla Zierau 29. Januar – 02. Februar 2018

Gaetano Donizetti – Meister des Belcantos (5)

Mit Ulla Zierau und einem Italiener in Wien. Auch am Kärntnertor-Theater liebt das Publikum den schönen Gesang. Die Wiener tragen Gaetano Donizetti auf Händen. Herzlich willkommen zur letzten Folge über den Meister des Belcantos. (0’15)

Titelmusik

Mit Mitte 40 will es Gaetano Donizetti noch einmal wissen. Er erobert neues Terrain. Der Theaterintendant und Jugendfreund lädt ihn nach Wien ans Kärntnertor-Theater ein. Eine willkommende Abwechslung. Zu Hause in Italien ist es ohnehin ein wenig ungemütlich geworden.

In Neapel hat sich Saverio Mercadante in den Vordergrund gedrängt und den Direktorenposten am Konservatorium ergattert. In Mailand macht ein neuer Opernstar von sich reden, der junge Giuseppe Verdi. Mit seinem Nabucco hat er Aufsehen erregt. Bereits in der ersten Spielzeit wird die Oper 40mal gegeben. Auch Donizetti war bei der Premiere mit dabei und zählt zu den aufrichtigen Bewunderern. Warum jetzt also nicht nach Wien ziehen, wo schon viele seiner Opern aufgeführt wurden, wo Donizetti seit Jahren geliebt und geschätzt wird und wo er selbst noch nie gewesen ist. "" soll die erste Oper sein, die Donizetti in der k.u.k. Stadt uraufführt.

Musik 1: Gaetano Donizetti: "Linda di Chamounix", Kavatine der Linda (1. Akt) Lucia Aliberti (Sopran) Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi Leitung: Patrick Fournillier SWR M9172695 001, 2‘40

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Lucia Aliberti und das Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi unter der Leitung von Patrick Fournillier mit der Kavatine der Linda aus dem ersten Akt der Oper "Linda di Chamounix", Donizettis erster Uraufführung in Wien.

Eigentlich verdankt es Donizetti Rossini, dass er an den Wiener Hof gerufen wurde. Das kam so. In Bologna dirigiert Donizetti die italienische Premiere von Rossinis Stabat mater. Bereits bei der Uraufführung in Paris war der Jubel über dieses Werk enorm groß und noch mehr über die Tatsache, dass Rossini nach jahrelangem Schweigen für dieses kurze Intermezzo ins öffentliche Musikleben zurückgekehrt ist. Die Italiener wollen das Werk auch kennenlernen und so wird die Erstaufführung in Bologna mit höchster Spannung und Aufmerksamkeit erwartet. Es ist ausdrücklich Rossinis Wunsch, dass Donizetti sein "Stabat Mater" dirigiert. Die zwei Top-Favoriten der italienischen Oper Hand in Hand. Für Donizetti eine große Ehre und für alle Beteiligten ein denkwürdiges Ereignis. Nach der Aufführung berichtet Donizetti aus Bologna:

„...Die Begeisterung kann unmöglich beschrieben werden. Nach der letzten Probe, der Rossini bei hellem Tageslicht beiwohnte, wurde er mit lauten Zurufen von mehr als 500 Leuten nach Hause begleitet. Das Gleiche ereignete sich unter seinen Fenstern nach der Premiere...“

Der Erfolg des "Stabat mater" in Bologna unter der Leitung von Donizetti dringt bis nach Wien vor und Erzherzog Franz Karl, der Bruder des Kaisers ist so beeindruckt, dass er dieses denkwürdige Ereignis in seinen Privatgemächern wiederholen möchte.

Musik 2 Gioacchino Rossini: Stabat mater, Fac, ut portem. Cavatina (Mezzo) Joyce DiDonato (Mezzosopran) Orchestra dell' Accademia Nazionale di Santa Cecilia Leitung: Antonio Pappano M0267110 007, EMI 613780316, 4‘31

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Joyce DiDonato mit der Cavatina “Fac, ut portem” aus Gioacchino Rossinis "Stabat Mater". Antonio Pappano leitete das Orchestra dell' Accademia Nazionale di Santa Cecilia.

Donizetti also auf dem Weg nach Wien. Mit dabei: die fertige Partitur der "Linda di Chamounix", die Noten von Rossinis Stabat mater und ein Empfehlungsschreiben Rossinis für den Fürsten von Metternich. Kurz nach der Ankunft schreibt Donizetti begeistert nach Hause:

"Wien ist herrlich, herrlich, herrlich."

Über Donizettis Wiener Debüt am Hofe des Kaisers mit Rossinis "Stabat Mater", kann ich Ihnen leider nichts Näheres erzählen. Aber wie es danach weitergeht, mit der Uraufführung der "Linda di Chamounix".

Am Wiener Kärtnertor-Theater gibt es seit vielen Jahren eine besondere Eigenheit. Ist die deutsche Spielzeit beendet, werden zwischen April und Juni Opern mit italienischen Sängern in Originalsprache aufgeführt. Zu dieser kurzen Saison kommt Donizetti nun gerade recht. Er nimmt sich für die Proben seiner Linda ausgiebig Zeit, bis ins kleineste Detail will er alles vorbereiten. Als besonders gelungen und wirksam beurteilt er die Duette seiner Oper.

Musik 3: Gaetano Donizetti: "Linda di Chamounix", Duett Carlo – Linda (1. Akt) Juan Diego Flórez () und Patrizia Ciofi (Sopran) Orquestra de la Comunita Valenciana ; Leitung: Daniel Oren M0093589 006, Decca 4780315, 3‘54

Juan Diego Flórez und Patrizia Ciofi im Duett Carlo – Linda aus dem 1. Akt der "Linda di Chamounix". Daniel Oren leitete das Orquestra de la Comunita Valenciana.

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Donizetti und seine Linda werden in Wien mit offenen Armen empfangen. An seinen Verleger Giovanni Ricordi, der die Oper veröffentlicht, schreibt er:

„Sie werden wohl von dem Erfolg Ihrer "Linda" gehört haben, mindestens am ersten und zweiten Abend, jetzt kann ich Ihnen vom dritten berichten. Die ganze Familie des Kaisers war gestern Abend da und ging nicht fort, bis sie mich zweimal herauskommen sahen und zusammen mit dem Publikum applaudiert hatten. Nach dem zweiten Akt wurde mir am zweiten Abend ein riesiger Kranz mit wunderbaren Blumen zugeworfen, und am nächsten Abend wurde ein Lorbeerkranz von unbekannter Hand abgeliefert."

Mit diesem Triumph erobert Donizetti nicht nur den Wiener Hof, sondern auch das Publikum. Er wird gefeiert und verehrt. Dem Kaiser komponiert er ein Offertorium für die Hofkapelle, der Kaiserin widmet er die "Linda". Für so viel Charmeoffensive wird ihm die Stelle des Wiener Hofkapellmeisters angeboten, ein Amt, das einst Mozart innehatte. Donizetti nimmt es an und verpflichtet sich zur Präsenz in Wien, von Anfang Januar bis Ende Juni. Da bleibt noch genug Zeit für andere Verpflichtungen.

Für Paris schreibt er eben mal schnell eine buffa, ein wahres Glanzstück, den "". Es ist seine letzte komische Opera buffa und seine drittletzte Oper überhaupt. Ein alter wohlhabender Junggeselle will die junge hübsche Witwe Norina heiraten. Sehr zum Missfallen seines Neffen Ernesto, der selbst ein Auge auf Norina geworfen hat. Der gewiefte Doktor Malatesta, Arzt und Freund der Beiden lässt sich ein Intrigenspiel einfallen, um den Alten von der Heirat abzuhalten. Während Ernesto nur Augen für die schöne Norina hat. Zur nächtlichen Stunde singt er ihr eine Serenade.

Musik 4 Gaetano Donizetti: "Don Pasquale", Serenade des Ernesto (3. Akt) Juan Diego Flórez (Tenor ) Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi; Leitung: Riccardo Frizza M0113376 005, Decca, 473440-2, 4‘00

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Juan Diego Flórez mit der Serenata des Ernesto aus Donizettis "Don Pasquale". Riccardo Frizza leitete das Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi.

Ein Tag nach der Uraufführung von Wagners fliegendem Holländer in Dresden findet in Paris die Uraufführung des Don Pasquale statt. Welten liegen dazwischen. Neben „“, „“, „Liebestrank“ und „Regimentstochter“ ist „Don Pasquale“ einer seiner größten Erfolge. Vielleicht sogar sein größter, weil er doch jetzt unangefochten als Maestro der italienischen Oper gilt. Italien wird zwar schon spürbar von Giuseppe Verdi ergriffen, aber der Neuling kann dem Meister des Belcantos nichst anhaben. Im Moment ist er der berühmteste Opernkomponist Europas, ja der Welt, denn auch in Amerika werden seineWerke immer häufiger gespielt.

Im Journal des débats steht drei Tage nach der Uraufführung des "Don Pasquale":

"Seit Bellinis Puritaner hat keine speziell für das Théâtre Italien komponierte Oper einen lauteren Beifall errungen. Vier oder fünf Nummern wiederholt, die Sänger herausgerufen, der Maestro herausgerufen - alles in allem ein Beifallssturm, wie er so ungeheuer und dutzendweise in Italien selbst den mittelmäßigsten kleinen Komponisten gespendet wird, während er in Paris für die wirklich großen reserviert wird."

Was den Don Pasquale heute noch spannend macht, sind nicht nur Musik und Witz, sondern das psychologische Geflecht. Hier komponiert einer, der komische und ernste Inhalte geschickt zu einander führt, der aus den Tiefen eines reichen Opernschaffens schöpft. Donizetti macht aus der Opera buffa eine gesellschafts- kritische Komödie und die Titelfigur zu einem Charakter.

Don Pasquale ist der lächerliche, liebestolle Alte, dem übel mitgespielt wird. Am Ende machen wir uns aber nicht lustig, sondern fühlen mit ihm, wenn er gedemütigt wird. Und Donizetti tut es auch, indem er das „E finita Don Pasquale“ in moll packt.

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Musik 5 Gaetano Donizetti: Don Pasquale, E finita (Bariton); Eva Mei (Sopran) Münchner Rundfunkorchester; Leitung: CD 336 6779, 2. CD, Take 4 2’32 / 2’33

Der arme Don Pasquale, am Ende der Oper erniedrigt. Renato Bruson in der Titelrolle, Eva Mei als Norina. Roberto Abbado leitete das Münchner Rundfunkorchester.

Nach der Premiere des "Don Pasquale" in Paris nimmt Donizetti weitere Aufträge an, obwohl es ihm gesundheitlich schlecht geht. Immer häufiger ist er leidend, ihn plagen Fieberanfälle, Magen-, Darmbeschwerden. Für das Teatro San Carlo in Neapel plant er eine Oper nach Victor Hugos "Ruy Blas". Gleichzeitig warten Paris und Wien auf neue Werke. Zeit und Kraft reichen nicht mehr aus.

Wen darf er am ehesten vertrösten. Neapel bietet er eine Umarbeitung an. Victor Hugos Schauspiel lässt er fallen, stattdessen vollendet er "Caterina Cornaro". Es wird Donizettis letzte Oper für Italien sein und seine letzte Oper, die zu seinen Lebzeiten - im Januar 1844 - uraufgeführt wird.

Musik 6: Gaetano Donizetti: "Catarina Cornaro", Romanze des Lusignano (1.Akt) Renato Bruson (Bariton) Radio-Symphonie-Orchester Berlin; Leitung: Roberto Paternostro M0062018 006, CAPRICCIO, 10247, 3‘03

Renato Bruson mit der Romanze des Lusignano aus dem 1. Akt der "Caterina Cornaro".

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Gleichzeitig arbeitet Donizetti an einem neuen Werk für die Grand Opera in Paris und als Hofkapellmeister muss er auch in Wien ein neues Werk liefern. In alt- gewohnter Schnelligkeit wirft er die Partitur der "" aufs Papier. Wie "Caterina Cornaro" für Neapel wird "Maria di Rohan" das Abschieds-Geschenk für Wien.

Als ob die Wiener es spüren, feiern sie die Oper besonders enthusiastisch. Sie schließen die leidenschaftlich bitter-süßen Melodien spontan ins Herz. Und fühlen sich hinein in das gefährliche Dreiecksverhältnis der beiden Freunde und der von beiden geliebten Frau.

Im finalen Terzett stehen sich die Männer als Rivalen gegenüber. Verzweifelt bittet Maria um den Tod.

Musik 7: Gaetano Donizetti: Maria di Rohan", Terzett (Finale) Edita Gruberova (Sopran); Octavio Arévalo (Tenor); Ettore Kim (Bariton) Radio Symphonieorchester Wien; Leitung: Boncompagni, Elio SWR M0321003 044 + 045, 3’11

Edita Gruberova als Maria di Rohan, Octavio Arévalo als deren Geliebter Chalais und Ettore Kim als ihr Ehemann Chevreuse im Finale der Oper "Maria di Rohan". Elio Boncompagni leitete das Radio-Sinfonieorchester Wien.

Donizetti hält "Maria di Rohan" für eines seiner gelungensten Werke, wenn nicht sogar für sein Bestes. Er widmet es seinem innig verbunden Schwager Toto.

Kaum ist die italienische Spielzeit am Kärtnertor-Theater beendet, macht sich Donizetti ruh- und rastlos auf den Weg nach Paris. Unter extremen Beschwerden, unter körperlichen und geistigen Leiden arbeitet er an seiner letzten Oper, dem "Dom Sebastien". Er quält sich durch die Partitur, hinzukommen Auseinandersetzungen mit dem Librettisten Eugène Scribe.

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Noch während der Proben arbeitet er die Oper um. Die Primadonna Rosine Stoltz fordert ständig Änderungen. Sie bringt Donizetti mit ihren Extravaganzen an den Rand seiner Beherrschung. Schließlich geht "Dom Sebastien" an der Grand Opera zum ersten Mal über die Bühne. Ein Tag später gibt es am Théâtre-Italien in Paris eine Neu-Fassung der "Maria di Rohan". Und damit geht Donizetti als erster Komponist in die Geschichte ein, der an zwei Pariser Theatern zur selben Zeit eigene Uraufführungen leitet.

"Dom Sebastien" gefällt den Franzosen nicht. Donizetti ist enttäuscht, ja sogar verstört. Doch er hält an der Oper fest.

Für seine letzte Spielzeit in Wien überarbeitet er sie und passt sie einem deutschen Text an. Auf Wunsch des Kaisers dirigiert Donizetti die ersten drei Aufführungen am Kärtnertor-Theater selbst. Eine große Ehre für den Komponisten. Was ihm allerdings Sorgen bereitet ist, dass er kein Deutsch versteht. Wie soll er da die Rezitative leiten. In mühevoller Kleinarbeit prägt er sich die Längen der Silben ein und meistert so diesen Drahtseilakt. Wichtig ist schließlich nur, dass es dem Kaiser gefällt, und dem hat es gefallen.

Zu guter Letzt gibt es auch noch eine italienische Version des "Dom Sebastien". Eine Oper, drei Fassungen, drei Sprachen.

Musik 8: Gaetano Donizetti: "Don Sebastien", Romanze des Sebastiano, 2. Akt Joseph Calleja (Tenor) Academy of St. Martin in the Fields; Leitung: Carlo Rizzi M0054217 012, Decca 475693-1, 5’00

Joseph Calleja mit der Romanze des Sebastiano aus dem 2. Akt de italischen Fassung des Don Sebastien. Carlo Rizzi leitete die Academy of St. Martin-in-the- Fields.

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Geschwächt von Kopf- und Gliederschmerzen fährt Donizetti von Wien wieder nach Paris. Das ist der Anfang seines qualvollen Endes.

Freunde aus Italien rufen den Bruder Giuseppe zu Hilfe. Der ist Musiker beim türkischen Sultan in Konstantinopel. Er schickt seinen Sohn Andrea. Erschüttert über den Zustand des Onkels zieht der junge Neffe einige Ärzte zu Rate. Die Diagnose: eine chronische Infektion des Nervensystems und des Großhirns, die zu einer sukzessiven Lähmung und dem geistigen Verfall führt. Eine spätere Autopsie bestätigt dies als Folge einer Syphiliserkrankung.

Gegen Donizettis Willen wird er in einer Nacht- und Nebelaktion in ein Sanatorium nach Ivry bei Paris gebracht. Dort sitzt er eingesperrt wie ein Gefangener, abgeschlossen von der Öffentlichkeit. Vergeblich bemühen sich Freunde, vor allem der Schwager Toto, um einen Transport Donizettis nach Bergamo. Pariser Bekannte und Ärzte verhindern dies - aus welchen Gründen auch immer. Schließlich meldet sich ein Mann aus Wien zu Wort. Der Baron Edouard von Lannoy, ein Mitglied des Verwaltungsrates des Wiener Konservatoriums. Er schreibt an Giuseppe Donizetti:

"Vor einem Jahr war die Gefangenschaft notwendig. Jetzt ist sie es nicht mehr. Gaetano kann nicht mehr gehen, ohne von seinen beiden Wächtern gestützt zu werden, und er kann ohne ihre Hilfe nicht einmal mehr vom Stuhl aufstehen, infolgedessen ist es ihm nicht mehr möglich, seine Freiheit zu missbrauchen. Man kann nicht mehr hoffen, ihn zu retten, aber was getan werden kann - und sollte - ist, das Bemühen, die letzten Monate seines Lebens weniger kummervoll, weniger melancholisch zu machen."

Das Schreiben verfehlt seine Wirkung nicht. Auch die Pariser Öffentlichkeit äußert sich zu Donizettis Gefangenschaft. Heinrich Heine schreibt:

"Die Nachrichten über den Zustand von Donizetti werden täglich trauriger. Während seine Melodien die Welt mit ihren heiteren Klängen bezaubern und überall gesungen und getrillert werden, sitzt er selbst, ein erschreckendes Bild des

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Wahnsinns, in einem Sanatorium nicht weit von Paris. So ist das Schicksal der armen Menschheit."

Musik 9 Gaetano Donizetti: „La Favortie“, Kavatine des Fernand (4. Akt) Piotr Beczala (Tenor) Orchestre de l'Opéra National de Lyon Leitung: Alain Altinoglu, 3‘43 M9174145 001, Deutsche Grammophon 4794101, 3‘43

Piotr Beczala mit der Kavatine des Fernand aus dem 4. Akt der Favorite.

Nach 17 Monaten wird Donizetti aus den engen Räumen seiner Gefangenschaft im Sanatorium in Ivry befreit und nach Paris gebracht. Am 19. September 1847 verlässt Donizetti Paris, in Begleitung seines Neffen, eines Pflegers und eines Arztes. In Bergamo wird er von Freunden liebevoll aufgenommen. Die letzten Monate seines Lebens verbringt der nun völlig verstummte Komponist in vollkommener Abgeschiedenheit. Der Sprache ist er nicht mehr mächtig, körperlich fast unbeweglich, von seiner Umgebung nimmt er kaum mehr etwas wahr.

Sein kämpferisches und zugleich ruhmreiches Leben für die Oper geht in aller Stille zu ende. Am Nachmittag des 8. April 1848, also vor bald 170 Jahren stirbt Gaetano Donizetti in den Armen seines Freundes Antonio Dolci.

Seine Musik, sein kultivierter Gesang, der Belcanto, seine Figuren, die Gefühle seiner Charaktere leben auf den Bühnen weiter. Sie lieben, leiden, lachen auf eine ganz eigene, Donizetti typische Art und Weise. Vieles ist uns vertraut und bekannt, manches haben wir in dieser Woche neu kennengelernt, einiges gilt es immer noch zu entdecken, wie die Oper „“.

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Mariella Devia mit der Arie aus dem Finale in einer live Aufnahme aus dem in Genua.

Musik 10 Gaetano Donizetti Adelia, Arie der Adelia (Finale) Mariella Devia (Sopran) Chor und Orchester des Teatro Caarlo Fellice; Leitung: John Neschling BMG, RFCD 2029, 3‘53

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