Hermann Brill Und Die Neuanfänge Deutscher Politik in Thüringen 1945
MANFRED OVERESCH HERMANN BRILL UND DIE NEUANFÄNGE DEUTSCHER POLITIK IN THÜRINGEN 1945 „Ich bedauere, daß uns die von den Sowjets inaugurierte Politik von 1945 nicht die Zeit gelassen hat, Legenden zu zerstören, Herostraten zu beseitigen, Fehler einzusehen, Verantwortlichkeit festzustellen, Schuldige zu bestrafen und für uns selbst ein neues Geschichtsbewußtsein zu schaffen, ohne das eine neue Politik nicht möglich ist." Mit diesen Worten beschrieb Hermann Louis Brill im Früh sommer 1950 in einem Brief an den damaligen Vorsitzenden der SPD, Kurt Schumacher, das Dilemma der deutschen Geschichte nach 1945, so wie er es sah1. Brill konnte dabei mit einer gewissen Autorität sprechen, denn er hat 1945 in direkter Zusammenarbeit und Konfrontation mit Amerikanern und Russen, mit deutschen Sozialdemokraten und Kommunisten von Thüringen aus einen neuen Anfang genuin deutscher Politik zu setzen versucht. Er ist erster Regie rungspräsident dieses Landes nach dem Zweiten Weltkrieg geworden und einer der geistigen Väter und formaler Initiator jenes „Bundes demokratischer Sozia listen" (BdS), der, in Widerstandsgruppen seit 1933 theoretisch-programmatisch vorbereitet, am 8. Juli 1945 in Weimar gegründet wurde und eine der Zellen geistiger und politischer Erneuerung Deutschlands sein wollte. „Gegenwarts forderung" der durch den BdS vertretenen Politik sollte ein demokratischer Sozialismus sein2. Freunde haben Brill als „politischen Held" gefeiert, Gegner ihn mit der gleichen Stärke bekämpft3. 1 Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung (im folgenden: AsD), NL Schumacher Q 21: Brill an Schumacher, 12. 6. 1950. 2 Rede Brills vor dem BdS am 8. 7. 1945, AsD, NL Brill 1. Brill führte zur Begriffs bestimmung dessen, was er unter demokratischem Sozialismus verstand, u.
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